Das Hauptziel der Arbeit liegt in der Ermittlung wesentlicher Erfolgsfaktoren von Technologieregionen sowie daran anknüpfend in der Ableitung von Konsequenzen bzw. in dem Aufzeigen von strategischen Handlungsempfehlungen für die Technologie Region Ilmenau7. Dieses Ziel wird vorrangig auf der Grundlage von Fallstudien dreier deutscher Technologieregionen, darunter auch Ilmenau, zu erreichen versucht. Mit der Hinzuziehung neuer theoretischer Erklärungsansätze und der Untersuchung ihrer Bedeutung im Rahmen der Fallstudien sollen hier ergänzend zu Ansätzen der traditionellen Standortlehre neue Erklärungsversuche regionalen High-Tech-Wachstums unternommen werden. Auch ist zu ermitteln, welchen Stellenwert und welche Ausgestaltung das Regionalmarketing in den untersuchten Regionen besitzt.
Die Arbeit gliedert sich in drei inhaltlich verbundene Komplexe. Neben Begriffserläuterungen und der Vorbereitung der Fallstudien durch eine Klassifikation mehrerer deutscher Technologieregionen gehören auch die Kritik an traditionellen Erklärungsansätzen für regionales High-Tech-Wachstum und die Erläuterung von zwei neuen Ansätzen zu dem ersten Komplex. Anschließend beleuchten die Fallstudien Gegebenheiten und Maßnahmen „vor Ort“ vertiefend. Gleichwohl die Untersuchung sehr konkret und praxisnah erfolgt, macht es Sinn, diese Vorgehensweise durch den Rückgriff auf die vorher erläuterten neuen Erklärungsansätze zu flankieren bzw. diese auf ihre Ausprägungen zu untersuchen. Bestandteil dieses zweiten Komplexes sind auch die Identifikation und Erläuterung von Erfolgsfaktoren in den Vergleichsregionen bzw. von bestehenden Defiziten in der Technologie Region Ilmenau. Im letzten Teil der Arbeit werden ermittelte Probleme bzw. Erkenntnisse für die Technologie Region Ilmenau noch einmal reflektiert und daraus resultierende Konsequenzen und Perspektiven aufgezeigt.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung und Einführung in das Thema
1.1 Darstellung des Problemfeldes
1.2 Zielsetzung, Struktur und Vorgehensweise
2 Definition und Erläuterung zentraler Begriffe und Sachverhalte
2.1 Marketing für Regionen und Standorte
2.1.1 Die Region als Betrachtungsobjekt des Marketing
2.1.2 Zentrale Aspekte eines Regionalmarketing
2.2 Charakterisierung, Erfolg und Bedeutung von Technologieregionen
2.2.1 Erläuterung des Untersuchungsgegenstandes
2.2.2 Klassifikation ausgewählter deutscher Technologieregionen
2.2.3 High-Tech-Regionen im Fokus zunehmenden wissenschaftlichen Interesses
2.3 Erfolgsfaktoren
2.3.1 Begriffserläuterung, Probleme und Möglichkeiten der Erfassung
2.3.2 Allgemeine Erfolgsfaktoren von Technologieregionen und des Regional- marketing
3 Neue Erklärungsansätze für den potenziellen Erfolg von Technologie- regionen
3.1 Der Aufbau von Innovations- und Kooperationsnetzwerken
3.2 Das Konzept des „kreativen Milieus“
4 Erläuterung ausgewählter Technologieregionen – drei Fallstudien
4.1 Die TechnologieRegion Karlsruhe
4.1.1 Entwicklungsprozess, Strukturen und Ressourcen des Standortes
4.1.2 Ausgestaltung der interkommunalen Zusammenarbeit
4.1.3 Konzeptionelle Schwerpunkte und Problemfelder des Regionalmarketing
4.1.4 Ausprägungen von Netzwerken und „Milieu“-Beziehungen
4.2 Die Technologieregion Jena
4.2.1 Entwicklungsprozess, Strukturen und Ressourcen des Standortes
4.2.2 Ausprägungen von Netzwerken und „Milieu“-Beziehungen
4.2.3 Partielle Marketinginitiativen in der Biotechnologie – das Beispiel Biostart
4.3 Die Technologie Region Ilmenau
4.3.1 Entwicklungsprozess, Strukturen und Ressourcen des Standortes
4.3.2 Akteursstruktur zur Realisierung des zentralen Projekts „Technologie- und Forschungspark“
4.3.3 Die Ausgestaltung des Standortmarketing
4.3.4 Ausprägungen von Netzwerken und „Milieu“-Beziehungen
5 Auswertung der Fallstudien – Identifikation und Erläuterung von Erfolgs- faktoren in den analysierten Regionen
5.1 Objektiv fassbare Erfolgsfaktoren
5.2 Subjektive, personenabhängige Erfolgsfaktoren
5.3 Ganzheitliches Regionalmarketing als integratives Instrument für die Entwicklung einer Technologieregion
6 Perspektiven für die Technologie Region Ilmenau
6.1 Reflexion der ermittelten Erkenntnisse
6.2 Strategische Handlungsempfehlungen
7 Fazit
Anhang I
Anhang II
Anhang III
Anhang IV
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Regionalmarketingprozess
Abbildung 2: Endergebnis der Klassifikation
Abbildung 3: „Milieu“, „kreatives Milieu“ und Innovations-Netz
Abbildung 4: Regionales Unterstützungsnetz der Wirtschaft in der Technologie-
Region Karlsruhe
Abbildung 5: Das Unterstützungsnetzwerk Jena
Abbildung 6: Projektorganisation Technologie- und Forschungspark Ilmenau
Abbildung 7: Geplante, teilweise realisierte sowie vorhandene Einrichtungen zum Aufbau eines innovativen Netzes
Abbildung 8: Stellung und Wirkungsrichtungen eines ganzheitlichen Regional- marketing im Hinblick auf die Verbesserung zentraler Erfolgsfaktoren .
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Erfolgsfaktoren im Regionalmarketing
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1. Einleitung und Einführung in das Thema
1.1 Darstellung des Problemfeldes
Der europäische Einigungsprozess, insbesondere die Osterweiterung der Europäischen Union und die deutsche Wiedervereinigung stellen Regionen auch in Deutschland vor zunehmende Herausforderungen und verschärfen den Wettbewerb untereinander1. Hinzu kommt, dass Regionen größere Chancen bei der Bewältigung ökonomischer Transformations- und Anpassungsprozesse sowie der Gestaltung des Struktur- und Technologiewandels zugetraut werden als den dysfunktionalen und schwerfälligen Nationalstaaten2. In dem zunehmenden Standortwettbewerb konkurrieren sie um Ansiedlungen und Investitionen von Unternehmen, Niederlassungen staatlicher oder sonstiger privater Einrichtungen, die Sicherstellung von Fördermaßnahmen sowie den Erhalt eines attraktiven Umfeldes für Bewohner und Gäste3.
Regionen im östlichen Teil Deutschlands sehen sich darüber hinaus nicht nur mit der Bewältigung des Wandels von einer Produktionswirtschaft zu einer Informations- und Dienstleistungsgesellschaft, wie in anderen hochindustrialisierten Volkswirtschaften4, sondern auch mit der Transformation von einer sozialistischen Planwirtschaft in die Marktwirtschaft konfrontiert5. Dort, wo diese Umbrüche und Veränderungen nicht passiv als unbeeinflussbares Schicksal, sondern als Chance begriffen werden, kann gerade die Ausrichtung auf die Förderung und Ansiedlung neuer Technologien auch neue Perspektiven für Regionen bzw. die dort lebenden Menschen eröffnen, die vom Strukturwandel betroffen und einem verstärkten Wettbewerb ausgesetzt sind.
Vor diesem Hintergrund wird seit 1996 die gezielte Entwicklung der Region Ilmenau zu einer High-Tech-Region verfolgt6. Heute, etwa sechs Jahre später, zeigt sich jedoch Unzufriedenheit hinsichtlich der bisher erzielten Erfolge. Welche Ressourcen und Potenziale fehlen der Region? Warum erfolgt die Ansiedlung technologieorientierter Unternehmen nicht in dem prognostizierten Umfang? Wo liegen organisatorische Defizite? Weshalb ist die Identifikation mit diesem Projekt, mit seinem Leitgedanken, bei den Bewohnern offenbar unvollständig? Wo liegen Defizite in der Vermarktung?
Fragen wie diese stellen sich Gestalter und Träger des Projekts, aber auch Menschen der Region. Besondere Bedeutung erhält dabei die Erkenntnis, dass andere sich als Technologieregion deklarierende Räume in Deutschland offenkundig auf größere Erfolge verweisen können. Was machen diese Regionen anders? Oder ist ihre Region bereits ohne gezielte (Marketing-)Maßnahmen schlicht besser – und warum ?
Diese Fragen gilt es zu beantworten und Lösungen aufzuzeigen, denn die Stadt Ilmenau und die sie umgebenden Gemeinden sind nicht nur dem eingangs erwähnten zunehmenden Wettbewerb regionaler Räume ausgesetzt, sondern konkurrieren zusätzlich, bedingt durch die Positionierung, mit anderen Technologieregionen. Es wird somit deutlich, dass ein großes praktisches Interesse an einem Erkenntnisgewinn in diesem aktuellen und relativ neuen Themenfeld besteht.
1.2 Zielsetzung, Struktur und Vorgehensweise
Das Hauptziel der Arbeit liegt in der Ermittlung wesentlicher Erfolgsfaktoren von Technologieregionen sowie daran anknüpfend in der Ableitung von Konsequenzen bzw. in dem Aufzeigen von strategischen Handlungsempfehlungen für die Technologie Region Ilmenau7. Dieses Ziel wird vorrangig auf der Grundlage von Fallstudien dreier deutscher Technologieregionen, darunter auch Ilmenau, zu erreichen versucht. Mit der Hinzuziehung neuer theoretischer Erklärungsansätze und der Untersuchung ihrer Bedeutung im Rahmen der Fallstudien sollen hier ergänzend zu Ansätzen der traditionellen Standortlehre neue Erklärungsversuche regionalen High-Tech-Wachstums unternommen werden. Auch ist zu ermitteln, welchen Stellenwert und welche Ausgestaltung das Regionalmarketing in den untersuchten Regionen besitzt.
Die Arbeit gliedert sich in drei inhaltlich verbundene Komplexe. Neben Begriffs- erläuterungen und der Vorbereitung der Fallstudien durch eine Klassifikation mehrerer deutscher Technologieregionen gehören auch die Kritik an traditionellen Erklärungs- ansätzen für regionales High-Tech-Wachstum und die Erläuterung von zwei neuen Ansätzen zu dem ersten Komplex. Anschließend beleuchten die Fallstudien Gegebenheiten und Maßnahmen „vor Ort“ vertiefend. Gleichwohl die Untersuchung sehr konkret und praxisnah erfolgt, macht es Sinn, diese Vorgehensweise durch den Rückgriff auf die vorher erläuterten neuen Erklärungsansätze zu flankieren bzw. diese auf ihre Ausprägungen zu untersuchen. Bestandteil dieses zweiten Komplexes sind auch die Identifikation und Erläuterung von Erfolgsfaktoren in den Vergleichsregionen bzw. von bestehenden Defiziten in der Technologie Region Ilmenau. Im letzten Teil der Arbeit werden ermittelte Probleme bzw. Erkenntnisse für die Technologie Region Ilmenau noch einmal reflektiert und daraus resultierende Konsequenzen und Perspektiven aufgezeigt.
2 Definition und Erläuterung zentraler Begriffe und Sachverhalte
Trotz der Betonung des Praxisbezugs der Arbeit ist es unverzichtbar, sich Klarheit über grundlegende Begriffe und Entwicklungen sowie theoretische Überlegungen zu verschaffen. Dies liefert gemeinsam mit der Klassifikation von Technologieregionen das erforderliche Hintergrundwissen, welches für das Verständnis der neuen Erklärungsansätze, den Aufbau der Fallstudien und auch die anschließende Auswertung erforderlich ist.
2.1 Marketing für Regionen und Standorte
2.1.1 Die Region als Betrachtungsobjekt des Marketing
Der Begriff „Region“ wird in der Literatur äußerst unterschiedlich und unter Zweckmäßigkeitsüberlegungen definiert8. Eine vielschichtige und vielseitig verwendbare Definition liefern Balderjahn/Aleff. Sie wird dieser Arbeit im weiteren zugrunde liegen. Regionen lassen sich danach als „(...) historisch gewachsene Einheiten, kulturell und wirtschaftlich verflochtene geographische Räume, die sich auch unabhängig von Landes-, Kreis- und Stadtgrenzen herausbilden und Bestand haben“9 charakterisieren. Dem ist konkretisierend hinzuzufügen, dass die räumliche Größe von Regionen zwischen den Gebietskörperschaften Kommune und Bundesland gesehen wird10.
Seit Mitte der achtziger Jahre gewinnt der Einsatz des Marketing zur Begegnung der eingangs skizzierten Entwicklungen in der Wissenschaft und Praxis verstärkt an Bedeutung11. Um die Anwendbarkeit des Marketing für in dieser Arbeit zu behandelnde Problemstellungen zu begründen, ist der Entwicklungsverlauf des Marketingbegriffs von den Anfängen als einem Instrument der Absatzförderung zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts bis zu dem heutigen Verständnis als marktorientiertes Führungskonzept kritisch nachzuvollziehen12. Somit lässt sich Marketing heute als eine Konzeption der Unternehmensführung begreifen, nach der sich alle unternehmerischen Aktivitäten an den Anforderungen des Marktes, respektive den Bedürfnissen der Kunden, orientieren13.
Neben dieser klassischen, allein auf ökonomische Sachverhalte ausgerichteten Philosophie (Business-Marketing), setzt sich zunehmend eine moderne, generische Interpretation durch. Sie erweitert den Anwendungsbereich des Marketing auf sämtliche soziale Einheiten, die miteinander den Austausch von Werten anstreben.14 Unstrittig ist somit in der Literatur die grundsätzliche Anwendbarkeit, z.B. auf Austauschprozesse zwischen Standortanbietern und -nachfragern. Über das „Wie“ bestehen allerdings unterschiedliche Auffassungen. So kann Regionalmarketing auch als eine Form des Non-Profit-Marketing oder gar als eigenständige Disziplin verstanden werden15.
In dieser Arbeit wird es jedoch als eine Variante des unternehmerischen Marketing gesehen. D.h. Grundprinzipien des unternehmerischen Marketing werden auf das Regionalmarketing übertragen. Diese Auffassung teilen und begründen u.a. Meffert, Manschwetus und Spieß.16 Allerdings ist die Übertragbarkeit nicht uneingeschränkt möglich, da die Region ein äußerst vielschichtiges sozioökonomisches System darstellt, das durch eine Vielzahl Determinanten (Menschen, Lage, Klima, etc.) bestimmt ist. Es kann folglich nicht wie ein Wirtschaftsgut verändert, geplant und dargestellt werden.17
Entsprechend herrscht in der Literatur bei der Bestimmung eines passenden Produktbegriffs für das Regionalmarketing eine lebhafte Diskussion, die hier jedoch nicht weiter verfolgt werden soll.18 Es wird in Anlehnung an Manschwetus die Auffassung vertreten, dass die unkritische Übernahme des betriebswirtschaftlichen Produktbegriffs auf die Ebene der Region (Produkt=Region) zu kurz greift. Gleichwohl ist der Autor dieser Arbeit der Meinung, dass auch die Region als Ganzes (z.B. beim Image oder Bekanntheitsgrad) und nicht nur verschiedenste regionale Teilleistungen (z.B. Gewerbeflächen, Forschungs- und Technologieinfrastruktur), wie Manschwetus ausführt, Gegenstand von Austausch- bzw. Transaktionsprozessen sein können. 19
Der häufig synonyme Gebrauch des Regional- und Standortmarketing ist auf Grund des ähnlichen Betrachtungsobjekts nicht verwunderlich. Nach Kotler/Haider/Rein können sowohl Städte als auch Regionen oder Nationen Standorte sein, für die ein Standortmarketing betrieben werden kann20. Demgegenüber sieht Meyer das Standortmarketing als eine Teildisziplin des Regionalmarketing, die sich auf die Zielgruppe der Investoren konzentriert. Letzteres würde hingegen mehrere Zielgruppen ansprechen und entsprechend umfassender ausgerichtet sein.21 Seine Aufgabe liege darin, Beziehungen der Region mit ihren Marktpartnern zu gestalten22.
Regionalmarketing wird in dieser Arbeit somit als „(...) ein marktorientiertes Steuerungskonzept zur Entwicklung von Regionen“23 verstanden. Der außerdem bestehende Begriff „Regionenmarketing“ wird in der Arbeit synonym mit dem des Regionalmarketing verwendet.
2.1.2 Zentrale Aspekte eines Regionalmarketing
Während noch vor einigen Jahren das Schalten von Werbung oder Promotionsaktionen zur Erhöhung des Bekanntheitsgrades und Verbesserung des Images unter dem Begriff Regionenmarketing subsumiert wurden, liegt dem Problemfeld heute auch in der Praxis zunehmend ein anderes, integriertes, Marketingverständnis zugrunde24. Insbesondere regionalwirtschaftliche Probleme sollen mit Hilfe eines entsprechend zugeschnittenen Marketingansatzes gelöst werden25. Zentrale regionalentwicklungspolitische Ziele sind u.a. die gezielte Entwicklung eines regionalen Spezifikums, sprich eines Allein- stellungsmerkmals, die Integration nichtökonomischer und langfristiger Ziele sowie die Vertretung der Bevölkerung26.
Als Ausgangs- bzw. Orientierungspunkt für die Erarbeitung einer Marketingkonzeption für Regionen eignet sich das Referenzmodell für entsprechende Konzeptionen marktorientierter Unternehmen mit seinen Elementen und Schrittfolgen. D.h. auch der Planungsprozess einer Marketingkonzeption für Regionen beinhaltet eine Analyse der nachstehenden Abbildung dargestellt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Regionalmarketingprozess (eigene Darstellung in Anlehnung an Meyer, 1999, S. 62)
Ein wesentlicher Unterschied zwischen Regionen- und Business-Marketing besteht jedoch hinsichtlich der Machtstrukturen und daraus folgend bei der Koordination und Durchsetzung des Marketing28. Insbesondere das für ein Unternehmen übliche Koordinationsinstrument Hierarchie29 entfällt bei der Initiierung und Durchsetzung des Regionenmarketing. Stattdessen ist es auf freiwillige Unterstützung gleichberechtigter und vielstimmiger Akteure aus der Region angewiesen30. Es wird das Kunststück verlangt, eine längerfristige kooperative Trägerschaft aufzubauen, an der sämtliche relevanten regionalen Akteure zu beteiligen sind31.
Abschließend sind die Ziele und Aufgaben, die Zielgruppen und die Träger des Regionalmarketing zu benennen. Es ist einsichtig, dass sich in der Praxis spezifische und individuelle Ausgestaltungen ergeben. Folglich vermitteln die nachfolgenden Aufzählungen und Ausführungen einen Überblick.
Zu den Trägern des Regionenmarketing zählen etwa Vertreter der Verwaltung und Politik, der Wirtschaft, verschiedener Verbände und Organisationen, wie Industrie- und Handelskammern, Wirtschaftsförderungsinstitute, eventuell eine Marketingagentur und natürlich die Bewohner32.
Zielgruppen des Regionenmarketing liegen sowohl innerhalb als auch außerhalb der Region. Typisch sind Meinungsführer aus Journalismus, Kultur, Politik und Wirtschaft, Investoren, Bewohner und Arbeitnehmer, Besucher und die allgemeine Öffentlichkeit33. Zielgruppen können natürlich auch gleichzeitig Träger des Regionalmarketing sein.
Hinsichtlich der Ziele bietet sich die grundsätzliche Unterscheidung in interne und externe Ziele an. Während letztere die Förderung des Images, des Bekanntheitsgrades und der Attraktivität der Region nach außen umfassen, konzentrieren sich interne Ziele vor allem auf die Identifikation der Bürger mit ihrer Region.34 Die Innen- und Außenorientierung setzt sich bei den aus den Zielen resultierenden Aufgaben fort. Zu nennen sind hier integrierende und konstituierende, initiierende und gestaltende, steuernde und kontrollierende sowie informative und kommunikative Aufgaben.35
Die Entwicklung und die Komplexität des Regionenmarketing sollten in diesem Abschnitt deutlich geworden sein. Das Ziel bestand in der Schaffung eines Ein- und Überblicks, nicht in der detaillierten Schilderung der Strukturen und Prozesse.
2.2 Charakterisierung, Erfolg und Bedeutung von Technologieregionen
2.2.1 Erläuterung des Untersuchungsgegenstandes
Die Begriffe „Technologie“ oder „Technologieregion“ sind ebenso schillernd wie vage hinsichtlich dessen, was sich hinter ihnen verbirgt. Die nachstehenden Erläuterungen sollen zur Konkretisierung und Versachlichung beitragen.
Das aus dem Griechischen stammende Wort „Technik“ lässt sich mit der Gesamtheit der Kunstgriffe, Regeln oder maschinellen Verfahren auf einem Gebiet übersetzen. Heute werden die Begriffe Technik und Technologie häufig synonym verwendet, wobei letzterer präzise als die Lehre von den in der Technik angewendeten und anwendbaren Produktionsverfahren zu beschreiben ist. Die Unterschiede zwischen den Begriffen (Hoch-/Spitzen-)Technologie und High-Tech sind zu vernachlässigen und werden an dieser Stelle nicht weiter erläutert36.
Obwohl diese grundsätzliche Klärung im weiteren nicht ausreicht, wird deutlich, dass Technologien auf den vielfältigsten Gebieten menschlichen Wirkens zu finden sind. Heute gehören zu den Zukunftstechnologien die sogenannten „Life Sciences“ (insbes. Biotechnologie), Neue Materialien und Werkstoffe, ressourcenschonende Energie- techniken, die Informations- und Kommunikationstechnologie, die Mikro- elektronik und –systemtechnik, die Nanotechnologie sowie die Photonik. Diese Bereiche werden für die kommenden Jahrzehnte als entwicklungsprägend beurteilt. Interessant ist dabei, dass diese Technologien häufig nicht nebeneinander bestehen, sondern sich gegenseitig ergänzen, bedingen oder fördern.37
Eine vollständige und detaillierte Erfassung sämtlicher derzeitiger Forschungsgebiete der Hoch- und Spitzentechnologie ist kaum möglich und auf Grund des permanenten Wandels und Fortschritts sowie der hohen Spezifität wenig hilfreich. Folglich genügt es für den Außenstehenden, einen Überblick über zentrale Forschungsgebiete zu besitzen.
Um die Technologieorientierung einer Region zum Ausdruck zu bringen, findet sich in Literatur und Praxis eine begriffliche Verwandtschaft zwischen „Technologie-, High- Tech- und Innovationsregion“. Eine Trennung ist sowohl empirisch wie auch theoretisch kaum möglich.38 Ihnen gemein ist eine im nationalen Vergleich überdurchschnittliche Zahl an Betrieben und Beschäftigten in Hoch- und Spitzentechnologiebranchen39. Charakteristisch sind außerdem eine steigende Zahl technologieorientierter Unternehmensgründungen sowie internationale High-Tech- Investitionen40.
Das inzwischen schon legendäre Beispiel einer typischen Technologieregion ist sicher das US-amerikanische „Silicon Valley“. Aus der Bewunderung über die spektakulären Erfolge solcher Standorte sind auch in anderen Landesteilen der USA sowie anderen Industrieländern wirtschafts- und technologiepolitische Anstrengungen unternommen worden. Häufig nicht mit dem gewünschten Erfolg.41
2.2.2 Klassifikation ausgewählter deutscher Technologieregionen
Die Technologie Region Ilmenau ist in besonderem Maße Gegenstand dieser Arbeit. Bevor theoretische Ansätze und vor allem die Fallstudien mit den sich daraus ableitenden Konsequenzen behandelt werden, ist es sinnvoll, sich zunächst einen Überblick zu verschaffen. D.h. zu ermitteln, wo die Technologie Region Ilmenau im Vergleich zu anderen Regionen mit einer Konzentration auf die Förderung und Unterstützung von Hoch- und Spitzentechnologie und ihrem diesbezüglichen Erfolg einzuordnen ist. Die zu untersuchenden anderen Regionen wurden durch ein Internet- Screening sowie unter Hinzuziehung von Literatur ermittelt.
Mit Hilfe dieser Klassifizierung können ferner Regionen identifiziert werden, die später im Rahmen der Fallstudien und des Vergleichs als Referenzregionen herangezogen werden können. Es ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass die Einordnung weder ein breites Spektrum von Indikatoren benutzt, noch einen Anspruch auf die Berück- sichtigung sämtlicher Einrichtungen und Maßnahmen einer Region besitzt. Gleichwohl werden wissenschaftliche Einzelbetrachtungen, Sonderauswertungen und unterstützend sogenannte „Rankings“ bei der Einordnung berücksichtigt.
Ein wesentliches Problem stellt die Wahl geeigneter Indikatoren dar. Theoretische Ansätze liefern eine Fülle von Bestimmungsfaktoren, liegen in der Bewertung derselben aber weit auseinander. Häufig genannt werden die Zahl hochqualifizierter Arbeitskräfte sowie Forschungs- und Bildungseinrichtungen. Hinzu kommen die Zahl/der Anteil der High-Tech Beschäftigten und der High-Tech Betriebe.42 Da Technologieregionen in manchen Fällen nicht mit Raumordnungsregionen, Arbeitsamt- und IHK-Bezirken, Landkreisen etc. übereinstimmen, liegen nur sehr eingeschränkt statistische Daten vor. Die Wahl der Indikatoren ist hier somit das pragmatische Ergebnis einer Zusammen- führung häufig in Theorien genutzter Bestimmungsfaktoren einerseits und der entsprechenden Datenverfügbarkeit in den untersuchten Regionen andererseits. Aus den genannten Gründen besitzt die vorgenommene Klassifikation letztlich den Charakter – untermauerter – Tendenzaussagen.
Die gesamte Übersicht der Indikatoren sowie sämtlicher Ressourcen aller untersuchten Technologieregionen sind dem Anhang I zu entnehmen. Daran schließt sich im Anhang II die Darstellung der für die Klasseneinteilung nutzbaren Indikatoren mit ihren jeweils gewählten Ausprägungen an. Die Festlegung, dass beispielsweise eine Region mit 0-2 Hochschulen der Klasse C zuzuordnen ist, ist nicht frei von Kritik. Schließlich wird damit noch nichts über die Größe sowie die Ausrichtung auf technisch- naturwissenschaftliche Ausbildung und Forschung ausgesagt. Allerdings ist abermals auf den Zeck dieser Klassifikation zu verweisen. Im Anhang III schließlich befindet sich das Zwischenergebnis, welches sich aus der Einordnung der relevanten Ressourcen in die entsprechend der Ausprägung vorgesehenen Klassen ergibt.
Es wurden drei Klassen gewählt. In der Klasse A finden sich jene Regionen mit dem größten Erfolg bei den untersuchten Indikatoren. Räume in der Klasse B nehmen eine mittlere Position ein, während Technologieregionen in der Klasse C klare Defizite aufweisen. Die Klassengrenzen sind als durchlässig zu betrachten. Das Endergebnis ist der nachfolgenden Übersicht zu entnehmen. Verschiebungen innerhalb einer Klasse bringen tendenzielle, sich aus Anhang III ergebende, Unterschiede zwischen den Regionen zum Ausdruck.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: Endergebnis der Klassifikation (eigene Darstellung)
Als ein zentrales Ergebnis dieser Klassifikation ist die Belegung des letzten Ranges für die Technologie Region Ilmenau festzuhalten. Interessant ist, dass Jena, ebenfalls in Thüringen und damit in den neuen Bundesländern gelegen, eine erheblich günstigere Position einnimmt. Die Kapitel 4 und 5 der Arbeit widmen sich detailliert dem Auf- spüren von Gründen.
2.2.3 High-Tech-Regionen im Fokus zunehmenden wissenschaftlichen Interesses
„The nation state has become an unnatural, even dysfunctional, unit for organizing human activity and managing economic endeavor in a borderless world.“43 Mit dieser kritischen Einschätzung weist Ohmae auf eine weltweit zu beobachtende Entwicklung hin. Nämlich die Entstehung und das Wachstum prosperierender (Technologie-) Regionen innerhalb nationalstaatlicher Gebilde. Derartige Standorte finden sich in den unterschiedlichsten Staaten, wie z.B. in den USA, Deutschland oder Japan, aber auch in Malaysia oder Indien. Ihnen allen gemein ist, trotz ihrer Individualität, der Besitz von Schlüsselfaktoren bzw. –bestandteilen, der ihnen eine erfolgreiche Teilnahme an der globalen Ökonomie ermöglicht. Von diesen Regionen sind ferner positive Wirkungen auf andere Gebiete eines Staates zu vermuten.44
Trotz dieser aufgezeigten Entwicklung konstatiert Sternberg noch 1995 das Fehlen generalisierender Arbeiten, welche die Genese von Technologieregionen zum Untersuchungsgegenstand haben45. Dennoch herrscht die Erkenntnis, dass die Entstehung und Entwicklung solcher Regionen mittels bisher üblicher Standorttheorien allenfalls unzureichend erklärt werden kann46. Im Fokus dieser traditionellen Theorien stehen entweder einzelne Unternehmen oder ganze Nationen. Willoughby fasst entsprechende Untersuchungen unter den Begriffen „Micro bzw. Macro Level Inqiry“ zusammen.47
Wichtige Erklärungsansätze dieser traditionellen Standorttheorie sind u.a. die Analyse der betrieblichen Standortfaktorwahl (Standortlehre), die regionale Variante der Produktzyklustheorie und die Theorie der Langen Wellen wirtschaftlicher Entwicklung. Sie liefern alle interessante und notwendige Erkenntnisse, können das dynamische Wachstum der hier zu untersuchenden Technologieregionen jedoch nur zum Teil erklären.48 D.h. diese Modelle erweisen sich hinsichtlich der Beantwortung von Fragen regionaler Innovationsfähigkeit und Kreativität als nachteilig49.
Gänzlich unstrittig ist, dass Kataloge „harter“ und „weicher“ Standortfaktoren auch für High-Tech-Unternehmen und somit für Technologieregionen von Relevanz sind. Erstere treffen Standortentscheidungen multifaktoriell. Gute Infrastruktureinrichtungen, die Verkehrsanbindung, Wirtschaftsförderung und Steuern sowie das Potenzial an qualifizierten Arbeitskräften haben weiterhin Bedeutung. Daneben wird die Nähe zu Universitäten und Instituten für den Wissenstransfer zunehmend wichtiger. Insbesondere High-Tech-Unternehmen besitzen auf Grund des Qualifikations- und Bildungsniveaus ihrer Mitarbeiter höhere Ansprüche an Kultur, Freizeit bzw. allgemein an die Lebensqualität.50 Kritik müssen sich Standortanalysen u.a. wegen ihrer Theoriedefizite, der Aggregationsproblematik, einer mangelnden Repräsentativität und ihres statischen Charakters gefallen lassen. Ihr Vorteil ist die Beschreibung des Ist, nicht die Erklärung des Warum.51 Dennoch sind sie für die Fallstudien unverzichtbar.
Festzuhalten bleibt, dass die Mesoebene lange Zeit nur geringe Aufmerksamkeit erfuhr. In einem geographischen Kontext meint dies die Stadt oder Region. Erst der oben bereits skizzierte Erfolg einzelner Regionen, welcher im wesentlichen auf der Ansiedlung und dem Wachstum von Unternehmen der Hochtechnologie basiert, rückt jenes Meso-Level zunehmend in den Blickpunkt.52
Hotz-Hart spricht von einem parallel verlaufenden Prozess einer „(..) Wechselwirkung zwischen Globalisierung/Angleichung und Regionalisierung/Differenzierung (...)“53.
D.h. auf der einen Seite weicht die räumliche Konzentration aller Unternehmens- aufgaben zunehmend einer Verteilung auf mehrere Standorte; entsprechend der optimalen Passfähigkeit von Arbeitsaufgabe oder Unternehmensstrategie, den örtlichen Gegebenheiten und der räumlichen Ausweitung der Geschäftstätigkeit54. Andererseits haben es verschiedenste Regionen bewusst oder unbewusst verstanden, trotz der „Bindungslosigkeit“ von Hochtechnologieindustrien, in diesen Bereichen tätige Unternehmen räumlich zu konzentrieren, so dass es nicht zu einer gänzlichen Aufhebung lokaler Bezüge und einer Standortungebundenheit ökonomischer Aktivi- täten durch die Globalisierung kommt55.
Begründen lässt sich diese Aussage damit, dass durch Innovationen geprägte Regionen spezifische immobile Wettbewerbsfaktoren aufweisen. So etwa hochqualifizierte Arbeitskräfte, vorhandene Forschungseinrichtungen und regional-ökonomische Traditionen.56 Persönliche, vertrauensvolle Kontakte gewinnen hier an Bedeutung57. Generell fördert die räumliche Nähe der Akteure die Bildung kreativer Milieus und regionaler Innovationsnetzwerke, wie noch gezeigt wird, und somit gemeinsame Lern- und Innovationsprozesse. Sie begünstigt auch die Diffusion von Kenntnissen und Innovationen.58
2.3 Erfolgsfaktoren
2.3.1 Begriffserläuterung, Probleme und Möglichkeiten der Erfassung
Die Frage nach den Erfolgsursachen exzellenter Unternehmen steht schon lange im Interessenfeld von Wissenschaft und Praxis. Dabei gerieten die Suche und Identifikation jener Faktoren in den achtziger und neunziger Jahren oft zu einer populär- wissenschaftlichen Diskussion.59 Einen Höhepunkt markiert in diesem Zusammenhang Peters und Watermans populäres Werk „In Search of Excellence“. Ungeachtet der Tiefe des wissenschaftlichen Diskurses sehen sich Unternehmen und, wie aufgezeigt, auch Regionen, einem an Dynamik und Intensität zunehmenden Wettbewerb gegenüber. Um in diesem bestehen zu können, sind möglichst exakte Kenntnisse der Realität erforderlich. Auf Grund der Menge relevanter Daten ist diesem Anspruch jedoch kaum gerecht zu werden. Das Wissen um grundlegende Erfolgsursachen liefert hier ein komplexitätsreduzierendes Informationsgerüst für realitätsnahe Planungsaktivitäten. Um Transparenz und Handhabbarkeit zu erhalten, ist aber davon abzusehen, sämtliche identifizierbaren Erfolgsfaktoren zu berücksichtigen. Steinle/Schmidt/Lawa. plädieren für die Auswahl sogenannter kritischer Erfolgsfaktoren, die über eine sehr starke Erfolgswirkung verfügen.60
Fritz versteht unter Erfolgsfaktoren die Determinanten, welche maßgeblich über den Erfolg oder Mißerfolg von Aktivitäten entscheiden. Sie können sowohl durch die betrachtete Untersuchungseinheit selbst als auch durch deren Umwelt bestimmt sein.61 Ein Erfolgsfaktor kann somit als eine unabhängige Stellvariable (z.B. Durchführung von Events) und die Erfolgsgröße (z.B. touristische Attraktivität) als abhängige Zielvariable verstanden werden. Im weiteren ist eine Spezifizierung in beobachtbare (z.B. Zahl der technologieorientierten Unternehmensansiedlungen) und nicht beobachtbare Erfolgsfaktoren (z.B. Zufriedenheit) zu beachten. Letztere sind über sinnvolle Indikatoren zu operationalisieren.62
In jedem Fall besteht jedoch eine allgemeine Kausalitätsproblematik hinsichtlich der Ursache-Wirkungsbeziehungen zwischen Erfolgsfaktoren und Erfolgsgrößen bzw. – potenzialen. Dahinter steht die Frage, ob ein betrachteter Erfolgsfaktor tatsächlich die Ursache für eine bestimmte Wirkung besitzt oder diese vielleicht durch vorgelagerte oder intervenierende Faktoren erzielt wird. Ein Dilemma, dass durch eine hohe Umweltdynamik zusätzlich verstärkt wird.63 Neben der Schwierigkeit einer präzisen Beurteilung der Ursache-Wirkungszusammenhänge besteht das Problem der Multidimensionalität. D.h. eine Ursache besitzt häufig mehrere Wirkungen, welche sich wiederum aus mehreren Ursachen zusammensetzen. Zusätzlich bestehen zwischen Erfolgsfaktoren selbst wechselseitige Abhängigkeiten. Außerdem ist auf die Unsicherheit bezüglich der Bedeutung eines einzelnen Faktors auf eine von verschiedenen Ursachen bestimmte Erfolgsgröße hinzuweisen.64
Auch Lange kommt auf Grund dieser Verflechtungen und Unklarheiten zu dem Ergebnis, dass die Berücksichtigung sämtlicher bestimmbarer Erfolgsfaktoren nicht zwingend sei. Diesem idealen Anspruch sei vielmehr die Forderung nach Transparenz und Handhabbarkeit entgegenzuhalten.65
Zur Ermittlung von Erfolgsfaktoren sind vielfältige Ansatzpunkte zu identifizieren, die in bezug auf die Zuverlässigkeit variieren. So können neben theoretischen Erkennt- nissen und empirischen Untersuchungen Erfolgsfaktoren auch aus Plausibilitäts- überlegungen oder situationsspezifischem Wissen ermittelt werden. Das methodische Spektrum reicht dabei von Einzelfallstudien, wie sie auch in dieser Arbeit Anwendung finden, bis zur einzelfallübergreifenden Erfolgsfaktorenforschung.66 Somit lässt sich eine Uneinheitlichkeit in der methodischen Vorgehensweise feststellen.
Wendet man diese allgemeinen Erkenntnisse auf die Region und das Regionalmarketing an, so ist vor allem die Frage nach regionalen Möglichkeiten der Beeinflussbarkeit von Erfolgsfaktoren zu stellen. Die Lage der Weltkonjunktur, die Steuergesetzgebung oder auch die Auflage spezifischer Förderprogramme, als beispielhafte Einflussfaktoren auf die Situation einer betrachteten Region, können von dieser nicht oder allenfalls marginal beeinflusst werden.67 Ein zentrales Problem ist darüber hinaus die Erfolgskontrolle. Während in Unternehmen, unabhängig ihrer Branche oder Größe, Umsatz, Gewinn und Marktanteil zentrale Erfolgsgrößen darstellen, lassen sich für das regionale Marketing keine einheitlichen, allgemeingültigen Größen festlegen.68
Insgesamt kommen in den Ausführungen Komplexität und Schwierigkeiten bei der Ermittlung zentraler Erfolgsfaktoren zum Ausdruck. Diesen Gegebenheiten können sich auch die später im Kapitel 5 erfolgenden Festlegungen zentraler Erfolgsfaktoren nicht gänzlich entziehen. Anstöße für die Praxis vermögen sie in jedem Fall zu geben.
2.3.2 Allgemeine Erfolgsfaktoren von Technologieregionen und des Regional- marketing
Bornemeyer/Temme/Decker stießen bei einer umfassenden auf das Stadtmarketing bezogenen Literaturauswertung vor allem auf Einzelfallstudien und durch den Erfahrungsaustausch in Kolloquien gewonnene Erkenntnisse. Allerdings auch auf empirische Studien. Aus letzteren stellten die Autoren wichtige Erfolgsfaktoren in einer Übersicht zusammen.69 Auf Grund des allgemeinen Charakters der ausgewählten Faktoren erscheint eine Übernahme auf die Ebene der Region als Orientierungspunkt angemessen. Die folgende Tabelle ist außerdem um im Rahmen einer weiteren empirischen Studie des Deutschen Seminars für Städtebau und Wirtschaft ermittelte Erfolgsfaktoren im Regionalmarketing ergänzt70.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 1: Erfolgsfaktoren im Regionalmarketing (eigene Darstellung in Anlehnung an Bornemeyer/Temme/ Decker S. 212 u. Deutsches Seminar für Städtebau und Wirtschaft S. 46 f.)
Es ist in diesem Zusammenhang auf unterschiedliche Ebenen bei der Identifikation von Erfolgsfaktoren hinzuweisen. So kann ein erfolgreiches Regionalmarketing ein wesentlicher Faktor für den Erfolg einer Technologieregion - neben anderen, sein. Dennoch gibt es innerhalb des regionalen Marketing Faktoren, welche wiederum für den Erfolg desselben verantwortlich sind71. Eine strikte Trennung der Ebenen erscheint jedoch nicht möglich. Es ist vielmehr eine mehr oder weniger enge Verzahnung der Erfolgsfaktoren von Technologieregionen mit denen des sich auf viele Felder erstreckenden Regionenmarketing anzunehmen. Eine tiefergehende Analyse der Annahmen erfolgt unter Bezug auf die untersuchten Technologieregionen im Gliederungspunkt 5.3.
Wo liegen unabhängig von der Existenz eines Regionalmarketing Erfolgsfaktoren von Technologieregionen? Sternberg nennt im Rahmen einer empirischen Studie einen umfangreichen Ursachenkatalog, anhand dessen er seine Untersuchung von zehn unterschiedlichen Technologieregionen aufbaut. U.a. werden:
- die Verfügbarkeit von Risikokapital,
- die Existenz von Forschungs- und Technologieparks,
- die private/öffentliche Nachfrage nach Technologieprodukten,
- die Forschungs- und Bildungsinfrastruktur,
- die Ausprägung „weicher“ Standortfaktoren,
- die Rolle von Schlüsselpersonen,
- Zusammenarbeit von Großbetrieben mit jungen Technologieunternehmen, d.h. auch die Existenz intraregionaler Netzwerke,
- sowie die Einflüsse der Politik genannt.72
Einige dieser Faktoren dienen später als Anhaltspunkte für die Analyse von Erfolgsfaktoren in den untersuchten Regionen. Allerdings gelangt Sternberg in seiner Studie zu sehr differenzierten Erkenntnissen, die eine generelle Vergleichbarkeit und damit die Evaluierung allgemein gültiger Erfolgsfaktoren fraglich erscheinen lassen73.
Dies legt den Schluss nahe, dass auch aus den noch folgenden Fallstudien ermittelte Erfolgsfaktoren nur eine eingeschränkte Allgemeingültigkeit besitzen, was ihre Relevanz für den Einzelfall aber keineswegs verringert.
3 Neue Erklärungsansätze für den potenziellen Erfolg von Technologieregionen
Die Untersuchung der Verbindung zwischen neuen Technologien und regionaler Entwicklung stellt ein zentrales Themenfeld in der Meso-Level-Literatur dar74. Im Gliederungspunkt 2.2.3 wurde bereits auf die Unzulänglichkeit traditioneller Ansätze für die Erklärung des Entstehens und Wachstums von Technologieregionen hingewiesen. Die nachfolgend skizzierten neuen Ansätze ersetzen nicht, sondern erweitern frühere Konzepte um zusätzliche Aspekte. Ihr Vorteil liegt insbesondere in der originären Fokussierung auf die Region. Trotz ihrer zu benennenden Schwächen bieten sie vielversprechende Handlungsanstöße.
3.1 Der Aufbau von Innovations- und Kooperationsnetzwerken
In der Wissenschaft beschäftigt man sich bereits seit Ende der siebziger Jahre mit der Bedeutung industrieller Netzwerke75. In Ostdeutschland erhält die Frage nach der Relevanz von Netzwerken für die Bewältigung des Strukturwandels und die Generierung von Innovationen nach dem dortigen industriellen Zusammenbruch zunehmend Gewicht. Deshalb, weil sich heute, ein gutes Jahrzehnt nach der wiedererlangten Einheit, zum einen feststellen lässt, dass sich wirtschaftliche Erfolge vor allem an Standorten mit grundsätzlich vorhandener Industriestruktur zeigen. Als ein ebenso wichtiges Erfolgskriterium des ökonomischen Transformationsprozesses erweist sich aber daneben die Einbettung der Betriebe in ein übergreifendes Beziehungs- netzwerk.76
Was sind die charakteristischen Züge dieser Netzwerke? Zunächst lässt sich feststellen, dass Netzwerke gewissermaßen eine Mittelstellung zwischen den beiden prinzipiell möglichen Koordinationsformen Organisation und Markt einnehmen77. Keine der beiden wird jedoch außer Kraft gesetzt. Sie werden vielmehr durch stabile, interaktionsintensive und multilaterale Beziehungsnetzwerke ergänzt78. Diese gründen auf einer bewussten und langfristig ausgerichteten Zusammenarbeit ohne die Ausschaltung des Wettbewerbs untereinander und der Aufgabe der eigenen Autonomie79. Sinnvoll erscheint diese Kooperationsform insbesondere für kleine und mittelständische Unternehmen, aber zunehmend auch große Konzerne, da notwendige finanzielle Investitionen oder benötigtes Know-how oft nicht mehr allein intra- organisational generierbar sind.
Neben diesen industriellen Netzwerken, wie strategischen Allianzen, Produktionsnetzen und Zulieferketten, gewinnen auch High-Tech-Industriedistrikte an Bedeutung80. Interessant für das Untersuchungsfeld dieser Arbeit sind insbesondere wissensbasierte Kooperationen innovativen Charakters. Diese innovativen Netzwerke umfassen nicht nur Kooperationen technologieorientierter Unternehmen, sondern auch Beziehungen zu (außer-)universitären und wirtschaftsnahen Forschungseinrichtungen. Die intensive Zusammenarbeit mit Hochschulen und Forschungsinstituten ist insbesondere am Anfang einer Technologieentwicklung von Bedeutung81. Der Aufbau und die Nutzung von Beziehungsnetzen dieser Art, in denen gemeinsame Lernprozesse und der Austausch von Know-how vollzogen werden, stellt eine wesentliche Chance dar, sonst nicht zu verwirklichende Innovationen auf diesem Weg zu realisieren82. In Netzwerken stehen somit einer Verstärkung von Abhängigkeiten erhöhte Chancen zur Innovation gegenüber.83
In einer allgemein gefassten Definition können Netzwerke als „(...) das Austausch- verhältnis einer kritischen Masse von Akteuren (..), die miteinander in unterschiedlicher Intensität und Form in Beziehung stehen“84 definiert werden. D.h. Akteurs- konstellationen sind das zentrale Kennzeichen. Eine klar abgegrenzte geographische Dimension ist jedoch nicht zwingend.85
Mit der genannten sehr weit gefassten Definition lassen sich auch regionale Akteure, wie die Industrie- und Handelskammern, die Handwerkskammern, Finanzdienstleister, die öffentliche Verwaltung und die Politik in die Betrachtung einbeziehen. Auch sie besitzen, wie sich noch zeigen wird, auf Grund ihrer Aufgabenfelder erhebliche Bedeutung für die Entwicklung von Technologien und Innovationen in der Region insgesamt. Allerdings handelt es sich hier nicht mehr um Innovationsnetzwerke im engeren Sinne, sondern eher um regionale Kooperationsnetzwerke. Folglich können in Regionen mehrere innovative und kooperative Netzwerke unterschiedlicher Größe, Zielrichtung und Akteurskonstellationen parallel bestehen und sich entwickeln.
[...]
1 Vgl. Balderjahn/Aleff, 1996, S. 13; Meyer, 1999, S. 2.
2 Vgl. Ohmae, 1993, S. 78.
3 Vgl. Kotler/Haider/Rein, 1994, S. 24.
4 Vgl. ebenda, S. 21 f.
5 Vgl. Fernau, 1997, S. 175.
6 Vgl. Landesentwicklungsgesellschaft Thüringen mbH, 1996, S. 6.
7 Die Schreibweise ergibt sich aus dem Eigennamen des Projekts und wird im folgenden verwendet.
8 Vgl. Meyer, 1999, S. 17 f.
9 Balderjahn/Aleff, 1996, S. 13.
10 Vgl. Batt, 1994, S. 208.
11 Vgl. AKTION MÜNSTERLAND e.V., 1996, S. 21.
12 Für eine ausführliche Darstellung siehe Meffert, 1998, S. 3 ff.
13 Vgl. Balderjahn, 2000, S. 55.
14 Vgl. Kotler, 1972, pass., besonders S. 53; Meffert, 1998, S. 8 f.; Balderjahn, 2000, S. 55 f.
15 Vgl. Meyer, 1999, S. 10 ff.
16 Vgl. Meffert, 1989, S. 274; Manschwetus, 1995, S. 23 f.; Spieß, 1998, S. 9 f.
17 Vgl. Meffert, 1989, S. 274; Deutsches Seminar für Städtebau und Wirtschaft, 2000, S. 6.
18 Für einen Überblick siehe Manschwetus, 1995, S. 57 ff.; Meyer, 1999, S. 23 ff.
19 Vgl. Manschwetus, 1995, S. 63.
20 Vgl. Kotler/Haider/Rein, 1994, S. 13.
21 Vgl. Meyer, 1999, S. 19 ff.
22 Vgl. Manschwetus, 1995, S. 39.
23 Manschwetus, 1995, S. 39.
24 Vgl. AKTION MÜNSTERLAND e.V., 1996, S. 22.
25 Vgl. Deutsches Seminar für Städtebau und Wirtschaft, 2000, S. 6.
26 Vgl. Deutsches Seminar für Städtebau und Wirtschaft, 2000, S. 7; Meyer, 1999, S. 57.
27 Vgl. Meyer, 1999, S. 61.
28 Vgl. ebenda, S. 40.
29 Für eine Begriffserläuterung siehe Oelsnitz, von der, 2000, S. 98.
30 Vgl. Meyer, 1999, S. 40.
31 Vgl. Balderjahn/Aleff, 1996, S. 16.
32 Vgl. Kotler/Haider/Rein, 1994, S. 54; Meyer, 1999, S. 34.
33 Vgl. ebenda, S. 42; ebenda, S. 29 f.
34 Vgl. Tietz, 1981, S. 130.
35 Vgl. Meyer, 1999, S. 28 f.
36 Vgl. Sternberg, 1995a, S. 7.
37 Vgl. Lessat/Schürfeld, 2001, S. 30; s.a. Delphi’98 - Umfrage der Fraunhofer-Gesellschaft, 1998, pass.
38 Vgl. Hilpert, 2000, S. 47.
39 Vgl. Sternberg, 1995a, S. 7.
40 Vgl. Hilpert, 2000, S. 47.
41 Vgl. Sternberg, 1995a, S. 1 f.
42 Vgl. ebenda, S. 76.
43 Ohmae, 1993, S. 78.
44 Vgl. Ohmae, 1993, S. 83 f.
45 Vgl. Sternberg, 1995a, S. 3.
46 Vgl. Hilpert, 2000, S. 5.
47 Vgl. Willoughby, 2000, S. 2 f.
48 Vgl. Gehrung, 1996, S. 5 ff.; Sternberg, 1995a, S. 29 ff.
49 Vgl. Maier/Rösch, 1997, S. 237.
50 Vgl. Töpfer, 1993, S. 44 f.
51 Vgl. Sternberg, 1995a, S. 68 f.
52 Vgl. Willoughby, 2000, S. 3.
53 Hotz-Hart, 2001, S. 164.
54 Vgl. Matuschewski/Zoche, 2001, S. 155; Willoughby, 2000, S. 7.
55 Vgl. Matuschewski/Zoche, 2001, S. 155.
56 Vgl. Hilpert, 2000, S. 49 f.; Hotz-Hart, 2001, S. 164.
57 Vgl. Hilpert, 2000, S. 55.
58 Vgl. Matuschewski/Zoche, 2001, S. 155 u. 157.
59 Vgl. Meffert, 2000, S. 1.
60 Vgl. Steinle/Schmidt/Lawa, 1995, S. 311.
61 Vgl. Fritz, 1993, S. 1.
62 Vgl. Bornemeyer/Temme/Decker, 1999, S. 208.
63 Vgl. Lange, 1982, S. 28.
64 Vgl. Lange, 1982, S. 29.
65 Vgl. ebenda, S. 29.
66 Vgl. ebenda, S. 31; Meffert, 2000, S. 3.
67 Vgl. Lange, 1982, S. 29 f.
68 Vgl. Bornemeyer/Temme/Decker, 1999, S. 210.
69 Vgl. Bornemeyer/Temme/Decker, 1999, S. 211 f.
70 Vgl. Deutsches Seminar für Städtebau und Wirtschaft, 2000, S. 46 f.
71 Vgl. Fritz, 1993, S. 5 ff.
72 Vgl. Sternberg, 1995b, S. 55 ff.
73 Vgl. ebenda, S. 53 ff.
74 Vgl. Willoughby, 2000, S. 10.
75 Vgl. Hessinger, 2000, S. 32.
76 Vgl. ebenda, S. 13 ff.
77 Vgl. ebenda, S. 36.
78 Vgl. Dolata, 1999, S. 137.
79 Vgl. Sternberg, 1995a, S. 51.
80 Vgl. Hessinger, 2000, S. 36 f.
81 Vgl. Lessat/Schürfeld, 2001, S. 75.
82 Vgl. Schmalholz, 2001, S. 3.
83 Vgl. Hessinger, 2000, S.35.
84 Eichener, 2000, S. 43.
85 Vgl. Eichener, 2000, S. 42 f.
- Quote paper
- Christian Schneider (Author), 2002, Erfolgsfaktoren im Regionalmarketing von Technologieregionen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/13070
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