Mit der Gründung der Freien Deutschen Jugend (FDJ) als Einheitsorganisation erfüllte sich im März 1946 die Idee der kommunistischen Exilanten, eine antifaschistische Jugendbewegung in der SBZ zu gründen. Durch eine frühzeitige organisatorische Erfassung der Heranwachsenden sollte Einfluss auf die Herausbildung konkreter politischer Leitbilder und grundlegender Handlungsorientierungen ausgeübt werden. In Abstimmung mit den jugendpolitischen Zielsetzungen der SED wurden dem Jugendverband bestimmte Aufgaben zugedacht und die Erziehungsziele unmittelbar aus den Aufbau-, Entwicklungs-, Stabilisierungs- und Sicherheitserfordernissen der Gesellschaft abgeleitet. Die FDJ verstand sich als sozialistischer Jugendverband an der Seite der SED, deren Führungsanspruch seit den frühen 1950er Jahren in den Statuten der Jugendorganisation festgeschrieben war.
In der DDR wurde die Funktion des Staates als Instanz der politischen Sozialisation nicht geleugnet, vielmehr diente die staatliche Sozialisation, die die Erziehung sozialistischer Persönlichkeiten zum Ergebnis haben sollte, der Integration des Individuums in das Gesellschaftssystem. Erziehung wurde demnach als ein „umfassender Prozeß der zielgerichteten Einwirkung auf die allseitige Entwicklung der sozialistischen Persönlichkeit“ verstanden.
Dem Werben der FDJ konnte sich kaum ein Jugendlicher in Schule, Hochschule oder Betrieb entziehen. Die Mitgliedschaft im Jugendverband entsprach angesichts des diktatorischen Systems eher einem Zwang, da diese zugleich das Kriterium für „gesellschaftliches Engagement“ darstellte, das eine wesentliche Voraussetzung für die berufliche Entwicklung war. Millionen junger Menschen wurden in den 40 Jahren des Bestehens der DDR Mitglied in der Massenorganisation, die als
„Transmissionsriemen“ die Funktion der Verwirklichung der SED-Ziele innehatte, und durchliefen die politischen Schulungen, die auf den Erhalt des Systems ausgerichtet waren.
Bemerkenswert erscheint heute die Diskrepanz zwischen der positiven Beurteilung der Wirksamkeit der Arbeit des Jugendverbandes in den offiziellen Erklärungen von FDJ und SED und dem dramatischen Absinken der Mitgliederzahlen sowie dem Versagen der FDJ im Herbst 1989, als so viele Menschen der DDR die Gefolgschaft aufkündigten und das System zusammenbrach.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Erkenntnisinteresse und Fragestellung
- Forschungsstand und verwendete Literatur
- Aufbau der Arbeit
- Die theoretischen Konzeptionen
- Politische Kultur
- Politischen Sozialisation
- Analyse der offiziellen politischen Kultur
- Das politisch-ideologische Erziehungsziel
- Merkmale der sozialistischen Persönlichkeit
- Das Bild des Jugendlichen in der DDR
- Sozialisationsagenturen
- Familie
- Bildungssystem
- Jugendorganisation FDJ
- Der Jugendverband
- Aufgaben der FDJ
- Anbindung der FDJ an das Bildungswesen
- Herausbildung des Kadernachwuchses
- Betreiben massenwirksamer Politik und vormilitärische Erziehung
- Ökonomische Aufgaben
- Kontrolle des Freizeitbereiches
- Organisationsstruktur
- Geschichte der FDJ
- Der Weg zur Freien Deutschen Jugend 1945 - 1947
- Die Stalinisierung der FDJ 1948 – 1953
- Revolutionäre Avantgarde oder Freizeitverband? 1954-1961
- Jugendpolitik im Schatten der Mauer 1961-1976
- Stagnation, Agonie und Untergang 1976-1989
- Mitgliederstruktur der FDJ
- Entwicklung der Mitgliederzahlen
- Alters- und Sozialstruktur
- Die Sozialisationsleistung der FDJ
- Sozialisationserfolge
- Beurteilung der Aufgabenerfüllung
- Beurteilung der Struktur und Organisation der FDJ
- Beurteilung der Mitgliedszahlen
- Fazit
- Schlussbemerkung
- Abkürzungsverzeichnis
- Tabelle zur Mitgliederstruktur
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende wissenschaftliche Hausarbeit befasst sich mit der politischen Sozialisation in der DDR am Beispiel der Freien Deutschen Jugend (FDJ). Ziel ist es, die Rolle der FDJ als Sozialisationsagentur im Kontext der SED-Herrschaft zu analysieren und die Wirksamkeit ihrer politischen Erziehung zu bewerten. Die Arbeit untersucht, wie die FDJ zur Verinnerlichung sozialistischer Werte und zur Stabilisierung des Systems beitragen sollte.
- Die politische Kultur der DDR und ihre Auswirkungen auf die Jugend
- Die Rolle der FDJ als Instrument der politischen Sozialisation
- Die Methoden und Strategien der politischen Erziehung in der FDJ
- Die Geschichte der FDJ und ihre Entwicklung im Laufe der DDR-Geschichte
- Die Sozialisationsleistung der FDJ und ihre Auswirkungen auf die Jugend
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der politischen Sozialisation in der DDR ein und erläutert das Erkenntnisinteresse und die Fragestellung der Arbeit. Sie beleuchtet den Forschungsstand und die verwendete Literatur sowie den Aufbau der Arbeit.
Das zweite Kapitel befasst sich mit den theoretischen Konzeptionen von politischer Kultur und politischer Sozialisation. Es werden die relevanten Definitionen und Theorien vorgestellt, die für die Analyse der FDJ als Sozialisationsagentur relevant sind.
Das dritte Kapitel analysiert die offizielle politische Kultur der DDR. Es werden das politisch-ideologische Erziehungsziel, die Merkmale der sozialistischen Persönlichkeit und das Bild des Jugendlichen in der DDR beleuchtet.
Das vierte Kapitel untersucht die verschiedenen Sozialisationsagenturen in der DDR, darunter die Familie, das Bildungssystem und die Jugendorganisation FDJ.
Das fünfte Kapitel widmet sich der FDJ als Jugendverband. Es werden die Aufgaben der FDJ, ihre Organisationsstruktur und ihre Rolle im Bildungswesen, in der Kaderbildung und in der Kontrolle des Freizeitbereiches dargestellt.
Das sechste Kapitel beleuchtet die Geschichte der FDJ von ihrer Gründung bis zu ihrem Untergang. Es werden die verschiedenen Phasen der Entwicklung der FDJ und ihre Anpassung an die politischen Vorgaben der SED beschrieben.
Das siebte Kapitel analysiert die Mitgliederstruktur der FDJ. Es werden die Entwicklung der Mitgliederzahlen und die Alters- und Sozialstruktur der Mitglieder untersucht.
Das achte Kapitel befasst sich mit der Sozialisationsleistung der FDJ. Es werden die Sozialisationserfolge der FDJ, die Beurteilung ihrer Aufgabenerfüllung, ihrer Struktur und Organisation sowie ihrer Mitgliedszahlen diskutiert.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die politische Sozialisation, die DDR, die FDJ, die SED, die sozialistische Persönlichkeit, die politische Erziehung, die Jugendpolitik, die Sozialisationsagenturen, die Mitgliederstruktur und die Sozialisationsleistung.
- Quote paper
- Anke Herrmann (Author), 2007, Die politische Sozialisation in der DDR am Beispiel der FDJ, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/130568