Im Folgenden wird auf die digitale Transformation während der Corona-Pandemie eingegangen. Daraus lässt sich die zentrale Forschungsfrage ableiten: Inwieweit verändert die digitale Transformation in der Corona-Pandemie die Unternehmenskultur mit Hilfe des Drei-Ebenen-Unternehmenskulturmodells von Edgar H. Schein aus Sicht der Mitarbeiter und Führungskräfte?
Durch die weltweit anhaltende Corona-Pandemie und die damit verbundenen Vorsichtsmaßnahmen hat sich auch die Arbeitswelt in Unternehmen massiv verändert. Um das Pandemiegeschehen einzudämmen, mussten Hygienekonzepte und, soweit möglich, Arbeiten im Home-Office flächendeckend eingeführt werden. Dies hat insbesondere in weiten Bereichen der Unternehmenskultur, z.B. der Unternehmenskommunikation, der internen Kommunikation, der Unternehmensführung oder Organisationstruktur zu einem starken Wandlungsprozess geführt. Vor der Corona-Pandemie befanden sich 4% der Beschäftigten im Home-Office. Während der Pandemie, im ersten Lockdown, waren es bereits 7% der Beschäftigten, die von zuhause ausgearbeitet haben. Auch die interne Kommunikation hat sich, durch die voranschreitende Digitalisierung, immer stärker verändert. Dies hat sich durch die Pandemie nochmals beschleunigt. Mittlerweile sind Online-Videokonferenzen nicht mehr aus der Arbeitswelt wegzudenken. Diese Form der Kommunikation ersetzt zunehmend auch die klassischen standortgebundenen Meetings, die für externe Teilnehmer häufig mit einer Reisetätigkeit verbunden waren. Die weltweite Nutzerzahl des Videoportals Zoom ist von 91,9 Millionen im Januar 2020 auf ca. 2,4 Milliarden im Mai 2021 gestiegen. Neben der internen Kommunikation stehen auch die Führungskräfte eines Unternehmens vor neuen Herausforderungen, da aufgrund der weitgehenden Reduktion des Präsenzbetriebs die Führungsaktivitäten auf anderen Kommunikationswegen erfolgen müssen.
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
1.1 Ausgangssituation und Problemstellung
1.2 Zentrale Forschungsfrage
1.3 Methodische Vorgehensweise
1.4 Aufbau der Arbeit
2. Theoretische Grundlagen
2.1 Definitionen
2.1.1 Definition Unternehmenskultur
2.1.2 Definition Digitalisierung
2.1.3 Definition „Digitale Transformation“
2.2 Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Unternehmen
2.3 Wissenschaftliche Ansätze zur Unternehmenskultur
2.4 Forschungsstand
2.4.1 Entwicklung der Unternehmenskulturforschung
2.4.2 Aktueller Forschungsstand
2.5 Digitale Unternehmenskultur
2.6 Modell der Unternehmenskultur nach Edgar H. Schein
2.6.1 Erste Ebene: Artefakte
2.6.2 Zweite Ebene: Bekundete Werte
2.6.3 Dritte Ebene: Grundprämissen
2.6.4 Kritik am Modell von Edgar H. Schein
2.6.5 Die Relevanz des Schein-Modells in der Forschung und in der Praxis
2.7 Die Abgrenzung zu anderen bewährten Unternehmens
2.7.1 Eisberg-Modell nach Sackmann
2.7.2 Unternehmenskulturmodell nach Hofstede
2.7.3 Prozessmodell der Kultur nach Hatch
2.7.4 Diskussion der Modelle
3. Forschungsdesign
3.1 Auswahl der Forschungsmethoden
3.2 Quantitative Methodik-Beschäftigtenbefragung
3.2.1 Fragebogenaufbau
3.2.2 Durchführung
3.2.3 Vorgehensweise der Datenauswertung
3.3 Qualitative Methodik - Leifadengestütztes Interview mit Führungskräften
3.3.1 Auswahl der Interviewpartner
3.3.2 Aufbau des Interviewleitfadens
3.3.3 Der Interviewablauf
4. Auswertung und Diskussion der quantitativen und qualitativen Untersuchungen
4.1 Auswertung der quantitativen Untersuchung
4.1.1 Teilnehmeranalyse
4.1.2 Ergebnisse der Forschung
4.2 Auswertung der qualitativen Untersuchung
4.2.1 Teilnehmeranalyse
4.2.2 Ergebnisse der Forschung
4.3 Diskussion
4.3.1 Überprüfung der Hypothesen
4.3.2 Einordnung der Ergebnisse der Hypothesen
4.3.3 Einordnung der Ergebnisse der quantitativen und qualitativen Methodik
5. Fazit und Ausblick
Anhang
Literaturverzeichnis
Danksagung
Ich danke alle, die mich bei der Erstellung meiner Masterarbeit unterstützt haben.
Zuerst möchte ich mich bei Frau Prof. Arend-Fuchs für die Betreuung bedanken. Ihr Wissen und Ihre Konstruktive Kritik hat wesentlich zum Entstehen meiner Masterarbeit beigetragen.
Ein besonderer Dank gilt allen Teilnehmern meiner Befragung, ohne die diese Arbeit nicht hätte entstehen können.
Außerdem möchte ich mich bei Lars Konharens, Stefan Großebüter bedanken, die mir mit viel Geduld, Interesse und Hilfsbereitschaft zur Seite standen.
Abschließen möchte ich mich bei meinen Eltern, Schwester und Verwandten bedanken, die mir mein Studium durch ihre Unterstützung ermöglicht haben und stets ein offenes Ohr für mich hatten.
Saarbrücken, 28.02.2022
Abstract
This Master's thesis: "Effects of the digital transformation in the Corona pandemic on corporate culture - an analysis using the example of the corporate culture model according to Edgar H. Schein" deals with this topic on the basis of the three-level model of corporate culture by the American economist Edgar H. Schein.
The central research question can already be derived from the title: "How does the digital transformation in the Corona pandemic change the corporate culture from the point of view of employees and executives? This is to be answered with the help of 5 hypotheses, H1 to H5. In order to be able to verify or falsify the hypotheses, a quantitative survey of employees and a qualitative survey in the form of expert interviews with managers were conducted.
Hypothesis H1, "Visible behaviours, rituals and symbols change due to the Corona pandemic" (summarised under the term "artefacts"), attempts to analyse a change in the first level of Edgar Schein's corporate culture model. Looking at the results of the quantitative and qualitative methodology, hypothesis H1 can be verified to the effect that there have been significant changes in the visible artefacts of corporate culture for employees and executives due to the pandemic.
Hypothesis H2, "Corporate values such as environmental awareness, flexibility, reliability or innovation are embodied by employees and executives", can also be verified. Both employees and managers were able to identify an increase in sustainability aspects as well as a change in values concerning the "work-life balance".
Hypothesis H3, "The influence of executives on employees increases with the digital transformation in the Corona pandemic", could not be verified. Both groups could not perceive any increased influence of leaders due to digitalisation during the pandemic.
In contrast, hypothesis H4, "Employee satisfaction increases due to the increased flexible working arrangements", could be clearly confirmed or verified by both the employees (quantitative survey) and the executives (qualitative survey).
The last hypothesis H5, "The home office has a negative effect on the team spirit/cohesion of employees and executives", can also be confirmed by the results of the employee survey and the expert interviews.
The central research question formulated at the beginning can be adequately answered according to the research results (confirmation or rejection of the individual hypotheses). The results of the interviews demonstrate that in all three levels of the Schein model, the corporate culture has changed as a result of the digital transformation in the course of the Corona pandemic. Significant changes occurred that would probably have taken several years or decades without the Corona pandemic or would never have occurred in this way. The corporate culture has to constantly reorient and reinvent itself to match the spirit of the times. The future will reveal to what extent the digital transformation caused by the Corona pandemic will have a lasting impact on corporate culture.
Gender-Erklärung
Aus Gründen der Lesbarkeit wird auf die gleichzeitige Verwendung männlicher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Die männliche Sprachform wird im Verlauf der Arbeit verwendet, sämtliche Personenbezeichnungen gelten jedoch für beiderlei Geschlecht, sofern anwendbar.
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Eisberg-Modell der Unternehmenskultur von Sonja Sackmann
Abbildung 2: Zwiebeldiagramm Geert Hofstede
Abbildung 3: Prozessmodell der Kultur nach M.J. Hatch
Abbildung 4: Teilnahmeübersicht
Abbildung 5: Geschlechterverteilung
Abbildung 6: Altersklassen
Abbildung 7: Bildungsabschlüsse
Abbildung 8: Beschäftigungsdauer im Unternehmen
Abbildung 9: Mobiles Arbeiten und Büroarbeitsplatz
Abbildung 10: Dresscode im Home-Office
Abbildung 11: Co-Working-Space
Abbildung 12: Rituale im Home-Office
Abbildung 13: Sprachgebrauch/Sprachstil in der Digitalisierung
Abbildung 14: Virtuelle Meetings aufgrund von Nachhaltigkeitsaspekten
Abbildung 15: Nachhaltigkeit und Home-Office
Abbildung 16: Work-Life-Balance in der Corona-Pandemie
Abbildung 17: Home-Office und ausländische Arbeitnehmer
Abbildung 18: Führungskräfte und Veränderung der Unternehmenskultur
Abbildung 19: Unterstützung von Führungskräften in digitalen Prozessen
Abbildung 20: Fehlerkultur bzw. Fehlerakzeptanz
Abbildung 21: Digitale Überwachung seitens der Führungskräfte
Abbildung 22: Flexible Arbeitszeiten durch Home-Office
Abbildung 23: Zufriedenheit durch Home-Office
Abbildung 24: Digitale Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung
Abbildung 25: Mitarbeiterfluktuation durch Home-Office
Abbildung 26 : Identifikation mit dem Unternehmen
Abbildung 27: Informeller Austausch unter Kollegen
Abbildung 28: Projektarbeiten im Home-Office
Abbildung 29: Zufriedenheit der aktuellen Unternehmenskultur
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Der Inhalt der grundlegenden Annahmen 30
1. Einleitung
Aufgrund der zunehmenden Digitalisierung und Globalisierung befindet sich die Unternehmenskultur in einem großen Wandel. Hierbei spielen Veränderungen im Bereich der Werte und Normen auch eine entscheidende Rolle, die sich auf die Kultur des Unternehmens nachhaltig auswirken.
1.1 Ausgangssituation und Problemstellung
Durch die weltweit anhaltende Corona-Pandemie und die damit verbundenen Vorsichtsmaßnahmen hat sich auch die Arbeitswelt in Unternehmen massiv verändert. Um das Pandemiegeschehen einzudämmen, mussten Hygienekonzepte und soweit möglich, Arbeiten im Home-Office flächendeckend eingeführt werden. Dies hat insbesondere in weiten Bereichen der Unternehmenskultur, z.B. der Unternehmenskommunikation, der internen Kommunikation, der Unternehmensführung oder Organisationstruktur zu einem starken Wandlungsprozess geführt. Vor der Corona-Pandemie befanden sich 4% der Beschäftigten im Home-Office.1 Während der Pandemie, im ersten Lockdown (April 2020), waren es bereits 7% der Beschäftigten, die von zuhause ausgearbeitet haben.2 Auch die interne Kommunikation hat sich, durch die voranschreitende Digitalisierung, immer stärker verändert. Dies hat sich durch die Pandemie nochmals beschleunigt. Mittlerweile sind Online-Videokonferenzen nicht mehr aus der Arbeitswelt wegzudenken. Diese Form der Kommunikation, ersetzt zunehmend auch die klassischen standortgebundenen Meetings, die für externe Teilnehmer häufig mit einer Reisetätigkeit verbunden waren. Die weltweite Nutzerzahl des Videoportals Zoom ist von 91,9 Millionen im Januar 2020 auf ca. 2,4 Milliarden im Mai 2021 gestiegen.3 Neben der internen Kommunikation stehen auch die Führungskräfte eines Unternehmens vor neuen Herausforderungen, da aufgrund der weitgehenden Reduktion des Präsenzbetriebs die Führungsaktivitäten auf anderen Kommunikationswegen erfolgen müssen.
Die Werte und Vorstellungen der Mitarbeiter als wichtige Aspekte der Unternehmenskultur befinden sich stark im Wandel. Aufgrund dessen muss auch die Unternehmenskultur eine gesteigerte Anpassungsfähigkeit entwickeln, sodass sie auch Krisen, Werte- und Technologiewandel begegnen kann. Auch im Bereich der Artefakte hat sich durch die Pandemie einiges verändert. Aufgrund der zunehmenden Home-Office-Tätigkeit verlieren klassische Unternehmensassets, wie Gebäude und Büros, an Bedeutung bzw. müssen sich neu erfinden. Hierbei geht der Trend hin zum „Desk-Sharing“ oder zu „Co-Working Spaces“. Durch die abnehmende Zahl an Präsenzveranstaltungen, wie Meetings oder Geschäftsessen, verliert zudem der Dresscode in Unternehmen zunehmend an Relevanz. Die angeführten Aspekte der Unternehmenskultur zeigen deutlich, in welchem Wandlungsprozess sich diese durch die Corona-Pandemie befinden. Es wird sich erweisen, in welchen Bereichen sich die Unternehmenskultur nachhaltig verändert, oder wo nach der Pandemie die vergangene Kultur wieder auflebt. Dieser Prozess wird zudem durch die stetige Globalisierung und Digitalisierung beeinflusst. Somit stellt die aktuelle Situation die Unternehmenskultur auf den Prüfstand.
1.2 Zentrale Forschungsfrage
Im Folgenden wird v. a. auf die „Digitale Transformation“ während der Corona- Pandemie eingegangen. Daraus lässt sich die Zentrale Forschungsfrage ableiten: „Inwieweit verändert die Digitale Transformation in der Corona-Pandemie die Unternehmenskultur mit Hilfe des Drei-Ebenen-Unternehmenskulturmodells von Edgar H. Schein aus Sicht der Mitarbeiter und Führungskräfte?“.
Um die zentrale Forschungsfrage zu beantworten, werden fünf Hypothesen (H1 bis H5) aufgestellt. Hierbei werden die drei Ebenen des Schein-Modells zugrunde gelegt, um alle Bereiche der Unternehmenskultur abzudecken.
Aus den einzelnen Elementen der Forschungsfrage leiten sich die Hypothesen wie folgt ab:
- H1: Sichtbare Verhaltensweisen, Rituale und Symbole verändern sich durch die Corona-Pandemie
- H2: Unternehmenswerte, wie Umweltbewusstsein, Flexibilität, Zuverlässigkeit oder Innovation werden von Mitarbeitern und Führungskräften verkörpert.
- H3: Der Einfluss von Führungskräften auf die Mitarbeiter nimmt mit der Digitalen Transformation in der Corona-Pandemie zu.
- H4: Die Mitarbeiterzufriedenheit durch die gestiegene flexible Arbeitsgestaltung nimmt zu.
- H5: Das Home-Office wirkt sich auf den Teamgeist/Zusammenhalt der Mitarbeiter und Führungskräfte negativ aus.
Die Hypothese H1 lässt sich der ersten Ebene des Schein-Modells (Siehe Kapitel zuordnen. Die Hypothesen H2 und H3 leiten sich aus der zweiten Ebene ab. Die zwei letzten Hypothesen, H4 und H5, decken die dritte Ebene des Unternehmenskulturmodells ab. Die Hypothesen werden mit Hilfe der quantitativen Methodik in Form von einer Beschäftigtenbefragung und der qualitativen Methodik in Form von Experteninterviews verifiziert oder falsifiziert. Die methodische Vorgehensweise wird im nächsten Abschnitt genauer erläutert.
1.3 Methodische Vorgehensweise
Um die zentrale Forschungsfrage zu beantworten, kommt in der vorliegenden Arbeit die quantitative und qualitative Methodik zum Einsatz. Dabei wird bei der Forschung induktiv vorgegangen. Die quantitative Methodik wird in Form einer Beschäftigtenbefragung im Zeitraum vom 06. November 2021 bis einschließlich 23. November 2021 durchgeführt. Hierbei wird eine Teilnehmeranzahl von n=50 mit Hilfe eines Online-Umfrage-Tools befragt. Ergänzend wird eine qualitative Methodik in Form von Experteninterviews angewandt. Diese wird videogestützt mittels Zoom im Zeitabschnitt von November bis Dezember 2021 geführt und aufgezeichnet. Die gewonnenen Daten der Beschäftigtenbefragung werden durch das OnlineTool in Excel eingepflegt und anschließend in Diagrammen grafisch dargestellt. Bei den Experteninterviews werden die Kernaussagen der jeweiligen Führungskraft herausgearbeitet und die Vorteile beider Felduntersuchungen somit vereint.
1.4 Aufbau der Arbeit
Die Masterthesis beginnt nach der Einleitung mit den theoretischen Grundlagen, wobei allgemeine Definitionen wie „Unternehmenskultur“, „Digitalisierung“, „Digitale Transformation“ und „Corona-Pandemie“ erläutert werden. Diese Definitionen geben dem Leser einen Überblick über die wichtigsten Begriffe sowie das Hintergrundwissen, um die Arbeit nachvollziehen zu können. Der Abschnitt 2.2 befasst sich mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Unternehmen. Im nächsten Abschnitt werden die wissenschaftlichen Ansätze zur Unternehmenskultur geschildert, gefolgt von Abschnitt 2.4, dem Forschungsstand, in dem die Entwicklung der Unternehmenskulturforschung und der aktuelle Stand der Forschung auf diesem Gebiet dargestellt werden. Die Arbeit befasst sich im weiteren Verlauf mit der Digitalen Unternehmenskultur (Abschnitt 2.5) als wichtigem und eigenständigem Abschnitt. Einen entsprechenden Raum nimmt auch die Darstellung des Unternehmenskulturmodells von Schein mit seinen drei Ebenen, der Kritik daran sowie der Betrachtung der Relevanz des Modells in Forschung und Praxis, ein (Abschnitt 2.6). Der Theorieteil schließt mit der Darstellung der anderen bewährten Unternehmenskulturmodelle von Sackmann, Hofstede und Hatch, der Diskussion dieser Modelle sowie deren Abgrenzung zum Modell von Edgar H. Schein (Abschnitt 2.7). Der Kern der Arbeit liegt in der quantitativen und qualitativen Methodik, die im Kapitel 3 (Forschungsdesign) beschrieben wird. Hierbei wird zunächst auf den Aufbau des Fragebogens, die Durchführung und die Vorgehensweise der Datenauswertung eingegangen sowie auch die Auswahl der Interviewpartner, der Aufbau des Interviewleitfadens und der Interviewablauf erläutert. Im Kapitel 4 werden die quantitative und qualitative Untersuchung ausgewertet. Darüber hinaus wird in der Diskussion die gewonnenen Daten mit den Hypothesen H1 bis H5 überprüft. Abschließend werden die gewonnenen Ergebnisse wissenschaftlich eingeordnet. Zum Schluss (Kapitel 5) endet die Thesis mit einem Fazit und einem Ausblick.
2. Theoretische Grundlagen
In diesem Kapitel werden zunächst die Definitionen „Unternehmenskultur“, „Digitalisierung“ und „Digitale Transformation“ erläutert. Im Anschluss wird auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Unternehmen eingegangen. Im darauffolgenden Abschnitt werden die wissenschaftlichen Ansätze zur Unternehmenskultur dargestellt. Der Abschnitt 2.4 beschäftigt sich mit dem Forschungsstand, indem er auf die Entwicklung der Unternehmenskulturforschung und den aktuellen Forschungsstand eingeht. Der nächste Abschnitt befasst sich mit der Digitalen Unternehmenskultur. Im vorletzten Abschnitt, Modell der Unternehmenskultur nach Edgar H. Schein, werden das Modell und die einzelnen Ebenen beschrieben. Des Weiteren wird aufgezeigt, welche Schwächen das Modell aufweist und welche Relevanz das Modell in der Forschung und in der Praxis aufweist. Die theoretischen Grundlagen werden mit dem Abschnitt 2.7 beendet. Dort wird das Unternehmenskulturmodell von Edgar H. Schein zu anderen bewährten Unternehmenskulturmodellen, wie das Eisberg-Modell nach Sackmann, das Unternehmenskulturmodell nach Hofstede und das Prozessmodell der Kultur nach Hatch, abgegrenzt. Zum Schluss werden die Vor- und Nachteile der Modelle diskutiert.
2.1 Definitionen
Im folgenden Abschnitt werden die Begriffe „Unternehmenskultur“, „Digitalisierung“ und „Digitale Transformation“ definiert sowie verschiedene wissenschaftliche Definitionsansätze dargestellt und diskutiert.
2.1.1 Definition Unternehmenskultur
Im Allgemeinen lässt sich der Begriff Kultur aus dem lateinischen Ausdruck „cul- tura“: „Bearbeitung, Anbau, Pflege“ ableiten. Darunter wird das vom Menschen materiell und immateriell Geschaffene verstanden.4
Zunächst wird der Begriff „Unternehmenskultur“ aus Sicht der Wissenschaft definiert. Hierbei gibt es viele unterschiedlich Definitionen. Dies zeigt, dass das Thema nicht leicht zu definieren ist und damit auch keine einheitliche Sichtweise bietet. Der Wissenschaftler Edgar H. Schein forschte zu diesem Thema seit Mitte der 1980er Jahre. Dabei entwickelte er die Definition des Begriffs Unternehmenskultur. Nach Edgar H. Schein ist Unternehmenskultur „ein Muster gemeinsamer Grundprämissen, das die Gruppe bei der Bewältigung ihrer Probleme externer Anpassung und interner Integration erlernt hat, das sich bewährt hat und somit als bindend gilt und das daher an neue Mitglieder als rational und emotional korrekter Ansatz für den Umgang mit Problemen weitergegeben wird.“5 Die Definition von Edgar H. Schein gibt einen ersten Anhaltspunkt für das wissenschaftliche Verständnis für den Begriff Unternehmenskultur, dies zeigt aber zugleich wie komplex das Thema ist.
Professor Dr. Jan Lies von der Hochschule für Ökonomie und Wirtschaft aus Essen beschreibt den Begriff Unternehmenskultur wie folgt: „Grundgesamtheit gemeinsamer Werte, Normen und Einstellungen, welche die Entscheidungen, die Handlungen und das Verhalten der Organisationsmitglieder prägen.“6
Ein weiterer bekannter Wissenschaftler auf dem Gebiet, Geert Hofstede, versteht unter dem Begriff Unternehmenskultur die kollektive Programmierung des Geistes, die die Mitglieder einer Organisation von einer anderen unterscheidet. Auch hier hebt er vor allem die kollektive Einstellung einer Organisation hervor.7
Der Wissenschaftler Josef Hergert beschäftigt sich in seinem Buch „Unternehmenskultur gestalten“ mit dem Begriff Unternehmenskultur noch tiefgreifender. Für Ihn bedeutet Unternehmenskultur: „ den Lebensraum einer Organisation. Lebensraum umfasst dabei den Mikrokosmos, wie er von den Organisationsangehörigen erlebt und gelebt wird. Dieser steht natürlich in einem steten Austausch mit verbundenen Umwelten, dennoch kristallisieren sich spezifische, kollektive Mindsets im Sinne vorherrschender Denk- und Interpretationsmuster heraus, die sich auf das Verhalten der Organisationsmitglieder auswirken. Diese Mindsets führen zu organisationalen (akzeptierten oder missbilligten) Verhaltensmustern. Damit wird der zentrale Stellenwert von Unternehmenskultur deutlich: sie definiert den Raum, in dem Ideen entstehen oder unterdrückt werden, Initiative befördert oder erstickt, Motivation gefördert oder vernichtet, Engagement belohnt oder entmutigt, Zusammenarbeit unterstützt oder behindert wird. Kurz gesagt, Unternehmenskultur schafft die Grundvoraussetzungen, unter denen erfolgreiches Arbeiten ermöglicht oder verunmöglicht wird.“8
Abschließend ist festzuhalten, dass der Begriff „Unternehmenskultur“ eine Vielzahl von Definitionen besitzt. Die Begriffsbestimmungen zeigen zum einen die Komplexität der Unternehmenskultur und zum anderen, dass sie sich im Kern ähnlich sind. Die „Unternehmenskultur“ wird vor allem durch Begriffe wie Werte, Normen und Einstellungen der Organisationsmitglieder beschrieben und geprägt. Die kollektive Grundeinstellung aller Mitglieder einer Organisation ist ein entscheidender Faktor der Unternehmenskultur. Da es bis heute in der Wissenschaft keine einheitliche Definition des Begriffes gibt, befasst sich der Abschnitt 2.7 mit den bewährten Modellen der Unternehmenskultur, um einen besseren Einblick in den Begriff Unternehmenskultur zu erlangen.
2.1.2 Definition Digitalisierung
Der Begriff „Digitalisierung“ besitzt in der Wissenschaft keine eindeutige Definition. Prof. Dr. Oliver Bendel von der Fachhochschule Nordwestschweiz beschreibt den Begriff im Gabler Wirtschaftslexikon wie folgt: „Der Begriff der Digitalisierung hat mehrere Bedeutungen. Er kann die digitale Umwandlung und Darstellung bzw. Durchführung von Information und Kommunikation oder die digitale Modifikation von Instrumenten, Geräten und Fahrzeugen ebenso meinen wie die digitale Revolution, die auch als dritte Revolution bekannt ist, bzw. die digitale Wende. Im letzteren Kontext werden nicht zuletzt "Informationszeitalter" und "Computerisierung" genannt.“9 Wie die vorangestellte Definition zeigt, wird der Fachausdruck „Digitalisierung“ in der Öffentlichkeit sehr breit und allgemein verwendet. Das zeigt auch die Definition der Bundeszentrale für politische Bildung: “Digitalisierung ist der Name für eine bestimmte Entwicklung: In immer mehr Dingen werden Computer eingebaut. Über die ganze Welt verteilt sind Dinge miteinander verbunden und können sich mit Hilfe ihrer Computer austauschen.“10 Eine spezifische Definition des Schlagwortes „Digitalisierung“ beinhaltet das Fachbuch „Digitalisierung in Unternehmen“ von Thomas Barton und Christian Müller. Diese definieren den Begriff wie folgt: „Digitalisierung ermöglicht den Austausch von Leistungen zwischen Marktteilnehmern zur Erbringung einer Wertschöpfung und zur Organisation einer Gesellschaft, indem Geschäftsmodelle, Prozesse, Produkte, Projekte und Dienstleistungen implementiert werden, die auf Software-Lösungen basieren. Die Software-Lösungen interpretieren hierbei die Semantik der ausgetauschten Daten. Damit übernimmt Software auch Aufgaben, die zuvor der Mensch bearbeitet hat. Bei der Digitalisierung spielen die Daten von und die Interaktion mit Marktteilnehmern eine herausragende Rolle. Die Gestaltung von Gesellschaft und Arbeitswelt sowie der Schutz von Privatheit und die Sicherheit von Anwendungen sind die Herausforderungen der Digitalisierung.“11 Diese Erläuterung des Begriffes beschreibt sehr deutlich die Digitalisierung in Unternehmen und dessen zugehörigen Anwendungsbereich. Die Vielzahl von Begriffsdefinitionen bei dem Fachausdruck „Digitalisierung“ zeigt, wie vielfältig der Begriff ist und welche Breite dieser sowohl im privaten wie im beruflichen Kontext abdeckt. Die Digitalisierung verändert somit fast alle Bereiche in einem Unternehmen. Sie hilft uns besser vernetzt zu sein und reduziert den Arbeitsaufwand. Mittlerweile ist die voranschreitende Digitalisierung nicht mehr aus dem beruflichen und privaten Leben wegzudenken. Des Weiteren geht aus den Erklärungen hervor, dass vor allem der Austausch bzw. die Interaktion im internen und externen Unternehmensbereich als Schlüsselfaktor der Digitalisierung angesehen wird.
2.1.3 Definition „Digitale Transformation“
Der Begriff „Digitale Transformation“ besitzt keine allgemeingültige Bedeutung, daher werden häufig die Begriffe „Digitale Transformation“ und „Digitalisierung“ als Synonym verwendet. Zudem gibt es eine Vielzahl von Definitionen, die die „Digitale Transformation“ beschreiben, wie zum Beispiel die von PricewaterhouseCoopers aus dem Jahre 2013: „Die digitale Transformation beschreibt den grundlegenden Wandel der gesamten Unternehmenswelt durch die Etablierung neuer Technologien auf Basis des Internets mit fundamentalen Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft.“12 Eine weitere Begriffsbestimmung wird in dem Fachbuch „Jetzt digital transformieren“ von Daniel R.A. Schallmo erwähnt: „Digitale Transformation verstehen wir als durchgängige Vernetzung aller Wirtschaftsbereiche und als Anpassung der Akteure an die neuen Gegebenheiten der digitalen Ökonomie. Entscheidungen in vernetzten Systemen umfassen Datenaustausch und -analyse, Berechnung und Bewertung von Optionen sowie Initiierung von Handlungen und Einleitung von Konsequenzen.“13 Des Weiteren listet er eine Reihe von Begriffsbestimmungen auf und zeigt somit die Interpretationsvielfältigkeit des Begriffes „Digitale Transformation“.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass es bei der „Digitalen Transformation“ auf die Vernetzung aller Beteiligten wie Mitarbeiter, Kunden, Lieferanten und Staat, unter Einsatz neuer Technologien, ankommt. Ferner sollte der Austausch von Daten erfolgen, um die Leistungen und Reichweite eines Unternehmens zu erhöhen.
Die Definitionen der „Digitalen Transformation“ beschreiben sehr prägnant, wie tiefgreifend und flächendeckend der Einsatz digitaler Technologien bei den Unternehmen ist und inwieweit diese die Unternehmenskultur beeinflussen.
2.2 Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Unternehmen
Die Corona-Pandemie hat unmittelbare Auswirkungen auf die Unternehmen gezeigt. Hierbei spielen viele verschiedene Faktoren eine Rolle. Das Markt- und Sozialforschungsinstitut Kantar, das im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie eine Erhebung zu Unternehmen in Deutschland in der Corona- Krise durchgeführt hat, befragte in der ersten Erhebungswelle 500 und in der zweiten Erhebungswelle 1.000 Unternehmen. In der zweiten Erhebungswelle wurde das Ausmaß der Auswirkungen der Corona-Pandemie bei negativ betroffenen Unternehmen festgehalten. Eine der größten Auswirkungen auf die Unternehmen ist der Nachfragerückgang von anderen Unternehmen im B2B Bereich.14 Dieser lässt sich auf die vielfachen Schließungen von Betrieben in China zurückführen, welche vor allem zu Beginn der Corona-Krise (Januar 2020) erfolgte. Viele produzierende Betriebe sind für die Beschaffungsseite verantwortlich, sodass es im Zuge der Corona-Pandemie zur Störung des Materialflusses zahlreicher deutschen Unternehmen kam. Ab Mitte März 2020 wirkten sich auch die Grenzschließungen in Europa und der restlichen Welt negativ auf die Nachfrage aus. Es zeigte sich in der Corona-Krise deutlich, dass die weltweiten Lieferketten erheblich beeinträchtigt sind. Zudem führte der anhaltende Handelsstreit zwischen China und USA und der anstehende Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union zusätzlich zu Verunsicherungen.15
Als zweithäufigste negative Auswirkung wurden Liquiditätsengpässe von den befragten Unternehmen genannt.16 Die häufigste Ursache hierfür waren Steuerzahlungen, Miet- oder Pachtzahlungen, sowie Lohnzahlungen.17 Um den Engpässen entgegenzuwirken, stellte jedes vierte Unternehmen einen Kreditantrag bei seiner Hausbank. Zum Teil wurden Darlehen bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau, kurz KfW, beantragt.18
Neben dem Nachfragerückgang und den Liquiditätsengpässen wurden auch vorübergehende Schließungen von Betriebsteilen oder ganzen Betrieben als dritthäufigste Auswirkung der Krise genannt.19 Weitere Auswirkungen der Corona- Pandemie wie „Schwierigkeiten beim Bezug von Vorleistungen“ oder „Zwischenprodukte und logistische Schwierigkeiten beim Absatz der eigenen Produkte“ wurden dagegen selten genannt. Erstaunlich ist auch, dass gemäß der Befragung personelle Engpässe aufgrund von Krankheiten, Quarantäne oder Kinderbetreuung kaum negative Auswirkungen auf die Unternehmen hatten.20
Eine weitere Studie (Blitzumfrage) der Deutschen Industrie und Handelskammer beschäftigte sich im Untersuchungszeitraum vom 17.11.2020 bis 20.11.2020 mit folgender Frage: „Welche Auswirkungen hat die COVID-19-Pandemie aktuell auf die Geschäfte Ihres Unternehmens?“. Hier wurde auch die geringere Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen als häufigste negative Auswirkung auf das Geschäft des Unternehmens genannt.21 Der Nachfragerückgang wird unterteilt in die sinkende Nachfrage nach eigenen Produkten und Dienstleistungen sowie der Stornierung von Aufträgen. Beides sind die meistgenannten Auswirkungen der Pandemie auf die befragten Unternehmen. Als dritte negative Folge der Corona- Krise wurde der Stillstand der geschäftlichen Tätigkeit erwähnt. Die Ursache ist mit den vorübergehenden Schließungen von Betriebsteilen oder ganzen Betrieben aus der Befragung des Markt- und Sozialforschungsinstituts gleichzusetzen.22 Am vierthäufigsten wurden die Ausfälle durch fehlende Mitarbeiter genannt.23 Diese spielten in der Erhebung des Markt- und Sozialforschungsinstituts dagegen nur eine sehr untergeordnete Rolle. Dafür wurden logistische Engpässe und fehlende Waren und Dienstleistungen, sowohl bei der Studie der Deutschen Industrie und Handelskammer als auch bei der Erhebung des Markt- und Sozialforschungsinstituts, als negative Auswirkung erwähnt. Die Punkte, „Steigende Nachfrage nach Waren/Dienstleistungen“, „Keine negativen Auswirkungen“ und „derzeit keine Einschätzung möglich“, spielten laut der Statistik nur eine nebensächliche Rolle.24
Schaut man sich aber die Größe der Unternehmen an, sieht man sehr deutlich, dass kleinere Unternehmen stärker von der Corona-Pandemie betroffen waren als größere Unternehmen. Die Pressestelle der KfW Bankengruppe machte deutlich, dass die Corona-Pandemie in vielen der 3,8 Millionen mittelständischen Unternehmen in Deutschland sichtbare Spuren hinterlassen hat. Sie wies zusätzlich darauf hin, dass die Auswirkungen der Krise nicht einheitlich sind, sondern verstärkt in einzelnen Segmenten auftreten. Die Analyse zeigt, dass kleine Unternehmen tendenziell stärker von der Krise betroffen sind als mittelständische. Die Unternehmen, die bereits vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie eine schwache Bonität aufwiesen, sind ebenfalls stärker von der Krise betroffen. Die kleinsten Unternehmen mit unter 5 Beschäftigten leiden am häufigsten an den Auswirkungen der Pandemie. So mussten 41% von ihnen Umsatzeinbußen hinnehmen; 24% von ihnen berichteten zudem von einer niedrigen Eigenkapitalquote. Die Chefvolkswirtin der KfW, Dr. Fritzi Köhler-Geib, beschreibt die Lage der kleinen Unternehmen wie folgt: „Sie haben aufgrund ihrer geringeren Unternehmensgröße grundsätzlich weniger Möglichkeiten, ausreichend große Reserven für die Überwindung von Krisen aufzubauen.“25
Um den ökonomischen Auswirkungen durch die Corona-Pandemie und daraus resultierenden Umsatzeinbußen der Unternehmen entgegenzuwirken, führte das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie Überbrückungshilfen ein. Sie dienen als finanzielle Unterstützung für Betriebe, die von den erheblichen Umsatzeinbußen durch die Corona-Pandemie betroffen sind.
Auch der Gesetzgeber regierte auf die Auswirkungen der Corona-Pandemie und versuchte den Schutz der Arbeitnehmer in den Unternehmen während der Pandemie weiter zu gewährleisten. Als wirksames Mittel zur Pandemie Bekämpfung erwiesen sich die Kontaktbeschränkungen.26 So trat in der SARS-CoV-2-Arbeits- schutzverordnung vom 27.01.2021 eine Home-Office-Pflicht für Arbeitgeber in Kraft. Mit dieser Verordnung wurde der Arbeitgeber verpflichtet, seinen Mitarbeitern die Möglichkeit des Home-Office anzubieten, sofern keine betrieblichen Gründe dagegensprechen. Den Beschäftigten stand es jedoch frei, dieses Angebot wahrzunehmen.27 Erst mit Übernahme der Home-Office-Pflicht in das Infektionsschutzgesetz waren die Arbeitnehmer verpflichtet, dass Home-Office Angebot wahrzunehmen.28 Zunächst endete diese Pflicht am 30.02.2021, wurde am 24.11.2021 aber aufgrund steigender Infektionszahlen wieder eingeführt. Die Home-Office-Pflicht ist befristet bis zum 19. März 2022. (Stand: Februar 2022).29
Die Folgen der Corona-Pandemie lassen sich zusammenfassend als sehr einschneidend für die Unternehmen und deren Unternehmensalltag bezeichnen. Führungskräfte sowie Beschäftigte waren unmittelbar betroffen. Durch die ökonomischen Auswirkungen kam es zu Kurzarbeit oder zu Nichtverlängerungen von Zeitarbeitsverträgen. Die Home-Office-Pflicht führte zu einer Verlagerung des Arbeitsortes vom Büro in den privaten Bereich der Beschäftigten und einer Aufrüstung digitaler Technologie bei den Unternehmen.
2.3 Wissenschaftliche Ansätze zur Unternehmenskultur
In der Wissenschaft haben sich zu dem Forschungsgebiet der Unternehmenskultur verschiedene Ansätze, auch Denkschulen genannt, etabliert. Sie entstanden durch den Wandel der Betrachtungsweisen auf das Thema.
Herausgebildet haben sich insbesondere folgende Ansätze:
- Funktionalistischer Ansatz
- Interpretativer Ansatz
- Integrativer Ansatz.30
Zum Teil werden in der einschlägigen Fachliteratur ebenfalls Synonyme für die Begriffe verwendet. Hierbei wird bei dem integrativen Ansatz oftmals von integrierter Perspektive oder dynamischem Konstrukt gesprochen.
Bei dem funktionalistischen Ansatz wird davon ausgegangen, dass Unternehmen und Organisationen eine Kultur „haben“.31 Die Vertreter dieses Ansatzes bezeichnen den funktionalistischen Ansatz auch als Variablenansatz. Auf die Kultur kann aktiv Einfluss genommen werden. Sie wird bei diesem Ansatz gleichwertig wie Struktur, Technik, Führung etc. angesehen. Der Unternehmenskultur werden beim funktionalistischen Ansatz spezielle Funktionen und Auswirkungen, wie die Identität der Leistungsmotivation der Mitarbeiter oder die Identifikation mit dem Unternehmen, nachgesagt.32 Ursprünglich stammt dieser Ansatz aus Japan, das in den 1970er Jahren einen wirtschaftlichen Erfolg erlebte. Als zentrale Annahme gilt die starke Korrelation von Länderkultur, Managementstil und Unternehmenserfolg. Demzufolge wird die Unternehmenskultur als veränderbare Variable angesehen, die mithilfe von Kulturmanagement bewusst eingesetzt wird, um die Unternehmensziele bewusst zu beeinflussen bzw. zu gestalten. Es wird auch von einer „machbaren“ Kultur gesprochen.33 Kritisch wird bei diesem Ansatz vor allem das vorzeitige Eingreifen der Unternehmensführung in die Gestaltung der Kultur betrachtet, wodurch Reaktionen und Aktionen der Mitarbeiter außeracht gelassen werden.34
Der zweite Ansatz ist der Interpretative oder auch Metapher-Ansatz. Dieser geht von der Annahme aus, dass ein Unternehmen eine Kultur ist.35 Bei diesem Ansatz wird der Begriff „Kultur“ als Metapher für Unternehmen benutzt, mit dem Ziel, ein besseres Verständnis von Organisationen und deren Prozesse zu gewinnen. Dem Ansatz liegen drei grundsätzliche Annahmen zugrunde:
1. Unternehmenskultur ist eine Perspektive, die dem Verständnis von Organisationen dient.
2. Unternehmenskultur ist eine soziale (kollektive) Konstruktion organisatorischer Wirklichkeit.
3. Unternehmenskultur besteht aus Orientierungshilfen für Wahrnehmung, Denken, Fühlen und Handeln.36
Den Stellenwert der Unternehmensmitglieder im Metapher-Ansatz hebt Sackmann hervor, indem sie feststellt: „Jedes Organisationsmitglied ist zugleich Kulturträger und Kulturgestalter, da jeder aktiv die organisatorische(n) und damit auch kulturelle(n) Wirklichkeit(en) einer Unternehmung mit konstruiert. Der Unternehmensführung und den Führungskräften allgemein wird daher weniger direkter Einfluss als im Variablenansatz zugesprochen.“37
Die Wissenschaftlerin Ingrid Matthäi betont bei diesem Ansatz die philosophische Interpretierbarkeit. Dabei wird von der subjektiven Sichtweise der Unternehmenskultur ausgegangen, bei der jeder Mitarbeiter seine eigene Sichtweise hat, wie eine Organisation auszusehen hat. Die Unternehmenskultur wird als komplexes Konstrukt angesehen. Sie lässt sich durch diese Perspektive viel schwieriger (um-)ge- stalten als beim funktionalistischen Ansatz.
Der letzte Ansatz ist der Integrative Ansatz. Er wird gleichfalls als dynamisches Konstrukt bezeichnet. Dieser ist die Synthese des Funktionalistischen und des Interpretativen Ansatzes.38 Laut Sackmann sind Unternehmen Kulturen und haben zugleich kulturelle Aspekte.39 Sie beschreibt die vier wesentlichen Annahmen wie folgt:
„1. Kultur im Kontext von Unternehmen ist ein komplexes, dynamisches Konstrukt, das sich in menschlichen Interaktionen und Aktion gegenüber Problemen entwickelt und das aus verschiedenen ideellen und materiellen Facetten besteht.
2. Einzelne dieser Facetten sind sichtbar, andere nur in Form ihres Einflusses nachvollziehbar, den sie auf Wahrnehmung, Denken, Fühlen und Handeln haben.
3. Die einzelnen Facetten sind in komplexer, multikausaler Weise miteinander verknüpft.
4. Jedes Unternehmen ist und hat Kultur, die für sich genommen weder gut noch schlecht ist. Durch ihr Vorhandensein erfüllt sie quasi automatisch gewisse Funktionen in förderlicher oder hinderlicher Weise, während andere Funktionen durch ihr entsprechendes „Sein“ (Art, Gestalt, Form, Ausprägung, Subkulturbildung, etc.) wahrgenommen werden können, doch nicht müssen“.40
Der Einfluss auf die Kultur hängt nicht allein von den Einstellungen der Mitarbeiter ab, sondern auch von den Entscheidungen und Verhalten der Führungskräfte. Die Kultur kann demzufolge als Prozess verstanden werden, der von individuellen Interessen der Mitarbeiter und von den Machtbeziehungen der Führungskräfte beeinflusst wird.41
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Integrative Ansatz in vielen Fällen der wahrscheinlich realistischste Ansatz ist, da ein rein objektiver oder subjektiver Ansatz zu einseitig ist und dem komplexen Konstrukt der Unternehmenskultur nicht gerecht wird. Zudem können im Integrativen Ansatz Führungskräfte und Beschäftigte gleichermaßen Einfluss auf die Unternehmenskultur nehmen.
2.4 Forschungsstand
Das folgende Unterkapitel setzt sich mit dem Forschungsstand der Unternehmenskultur auseinander. Dabei wird zunächst auf die Entwicklung der Unternehmenskulturforschung eingegangen und anschließend der aktuelle Forschungsstand dargestellt.
2.4.1 Entwicklung der Unternehmenskulturforschung
Die ersten Studien zur Unternehmenskultur wurden bereits in den 1930er Jahren veröffentlicht. Der Ursprung der Entwicklung sogenannter Unternehmenskulturkonzepte stammt aus den USA.
Eine der ersten Untersuchungen wurde von Mayo im Jahre 1933 unter dem Titel „The Human Problems of an Industrial Civilization“ veröffentlicht. Ebenfalls in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts veröffentlichte der Wissenschaftler Barnard die Studie „The Functions of the Executive“. In beiden Studien wird sehr früh auf die kulturellen Aspekte in Unternehmen hingewiesen. Dabei wird die Bedeutung von Werten und Wertvorstellungen und den daraus resultierenden Verhaltensweisen, Erwartungen und Handlungen in Unternehmen hervorgehoben. Im Jahr 1938 stellte Barnard bereits fest, dass „große Unternehmen nur dank der informellen Organisation überhaupt funktionieren könnten.“42
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden vereinzelte Untersuchungen hinsichtlich kultureller Komponenten in Unternehmen durchgeführt. In der Studie „The social psychology of organizations“ aus dem Jahre 1966 von Katz und Kahn gehen die Autoren auf die Entwicklung einer Kultur in jedem Unternehmen ein.43
In den 1970er Jahren wurden aufgrund des rasanten Wachstums der japanischen Wirtschaft und der zeitgleichen Rezession in den USA interkulturelle Untersuchungen zwischen amerikanischen und japanischen Unternehmen durchgeführt. Der Erfolg japanischer Unternehmen wurde vielfach als „Japan-Schock“ bezeichnet. Die Ergebnisse der Untersuchungen waren die Grundlage für die These, dass die Wettbewerbsstärke eines Unternehmens durch die Unternehmenskultur beeinflusst wird.44 Zudem wurde das erfolgreiche Agieren japanischer Unternehmen auf dem Weltmarkt vor allem auf die ausgeprägte soziale Integration innerhalb der japanischen Arbeitswelt zurückgeführt. Demzufolge wurde von den McKinsey-Beratern Tom Peters und Robert Waterman nach intensiver Beschäftigung mit der japanischen Konkurrenz das Unternehmensmodell „7S-Modell“ entwickelt, welches drei harte und vier weiche Faktoren als Standbein beinhaltet, die für den Erfolg eines Unternehmens von Bedeutung sind. Einer dieser Faktoren ist die Unternehmenskultur.45
Erst in den 1980er Jahren findet der Begriff „Unternehmenskultur“ bei den Managern, Organisationstheoretikern und Betriebswirtschaftlern zunehmend an Beach- tung.46 Hier lassen sich auch die Anfänge einer systematischen wissenschaftlichen Erforschung finden, wodurch die Unternehmenskulturforschung in den 1980er Jahren Einzug in die betriebswirtschaftliche Führungslehre erhielt.47 48 In dieser Zeit wurde eine Vielzahl von Veröffentlichungen und Bücher publiziert. Bekannte Autoren waren Deal & Kennedy mit dem Buch „Corporate Cultures: The Rites and Rituals of Corporate Life“ aus dem Jahre 1982. Ferner waren auch die Autoren Neu- berger und Kompa Vertreter der ersten Stunde im Bereich der Unternehmenskulturforschung, mit dem Buch, „Wir die Firma: Der Kult um die Unternehmenskultur“, das 1987 erschien. Der Organisationspsychologe Edgar H. Schein, der im Jahr 1985 das Buch „Organizational Culture and Leadership“ veröffentlichte, ist wichtiger Mitbegründer unternehmenskultureller Ansätze. Schein formulierte eine der wichtigsten und bis heute in der Literatur sehr häufig verwendete Definitionen von Unternehmenskultur (siehe Kapitel 2.1.1).
2.4.2 Aktueller Forschungsstand
Nachdem im vorangegangenen Abschnitt die historische Entwicklung der Unternehmenskulturforschung behandelt wurde, werden bei der Auseinandersetzung mit dem aktuellen Forschungsstand ausschließlich Veröffentlichungen ab dem Frühjahr 2020 herangezogen und beurteilt.
Der deutsche Informationswissenschaftler Prof. Dr. Josef Hergert stellte am 06. Mai 2021 sein Fachbuch, „Digitale Unternehmenskultur - Strategien für die moderne Arbeitswelt“, vor. Herget beschäftigt sich mit den folgenden Fragen:
- Wie kann in digitalen Arbeitswelten effektiv und effizient kommuniziert und kollaboriert werden?
- Wie kann man die verschiedenen Kulturen (Präsenzkultur, digitale Kultur, virtuelle Unternehmenskultur) in ein flexibles Konzept integrieren?
- Wie kann die Kulturarbeit einer hybriden Arbeitswelt harmonisieren?
- Was bedeuten Digitalisierung und Dislokation für die Arbeitswelt? Welche Ansätze eröffnen sich? Welches Anforderungspotenzial wird an die Mitarbeiter gestellt?49
Seine Erkenntnisse sind zum einen, dass die Digitalisierung ein neues Paradigma für die moderne Arbeitswelt darstellt. Des Weiteren sind digitale Kollaborationen das neue Leitprinzip für erfolgreiches Arbeiten. Zudem verdeutlicht das „Digitale Präsenz-Modell“ den Gestaltungsspielraum. Bei diesem Modell wird die Kommunikation und Interaktion im realen und virtuellen Raum beschrieben. Eine weitere Schlussfolgerung des Fachbuches ist die Erkenntnis, dass eine digitale Kultur andere Prinzipien verfolgt als die Präsenzkultur. Daher müssen Unternehmen hybride Unternehmenskulturen schaffen. Mittelpunkt dieser hybriden Unternehmenskulturen sind, die Synergien der verteilten Arbeitswelten, von zuhause und im Büro, zu ermöglichen. Darüber hinaus schafft ein systematisches Vorgehenskonzept die Basis, um mit einer Roadmap die modernen Arbeitswelten zu gestalten. Abschließend schlägt Prof. Dr. Hergert vor, das „Culture Canvas“ als Managementinstrument bei der digitalen Transformation unterstützend einzusetzen und den Wandel mit diesem Instrument zu begleiten.50
„Bei Culture Canvas handelt es sich um einen lebendigen Impuls- und Richtungsgeber für die Entwicklung der eigenen Unternehmenskultur. Er hilft Überlegungen zur Kulturentwicklung mit verschiedenen Beteiligten anzustellen, Ergebnisse spontan festzuhalten und zu visualisieren.“51
Eine wissenschaftliche Umfrage wurde von dem Unternehmen XING am 19. April 2021 veröffentlicht. Bei dem Unternehmen XING handelt es sich um ein führendes berufliches Netzwerk im deutschsprachigen Raum.52 Seit Mai 2020 befragt das Unternehmen in seinen sogenannten „XING Corona Barometers“ regelmäßig seine Mitglieder zu ihrer Stimmung und zur aktuellen Arbeitssituation.
Die im April 2021 publizierte Umfrage beschäftigte sich mit der Unternehmenskultur nach einem Jahr Corona-Pandemie. An der Umfrage nahmen im März 2021 1.176 aktive XING Mitglieder teil. Sie kamen alle aus dem deutschsprachigen Raum (348 aus Deutschland, 424 aus Österreich und 404 aus der Schweiz).53
Im Fokus der Umfrage stand die These, dass eine funktionierende Unternehmenskultur ein Büro, einen physischen Ort für Interaktion, kreatives Miteinander und mehr braucht.54
Aus den Forschungsergebnissen lässt sich entnehmen, dass insgesamt 70% der Befragten angaben, dass für sie der persönliche Kontakt im Büro wichtig ist, um Unternehmenskultur entstehen zu lassen und spüren zu können. Darüber hinaus war ein Viertel der Teilnehmer der Auffassung, dass die Unternehmenskultur von der Unternehmensleitung und den Mitarbeitern gesteuert wird. Für 49% der deutschen Xing-Mitglieder hat sich die Unternehmenskultur verändert, für 20% sogar zum Positiven. Ein weiteres Forschungsergebnis ist die Befürwortung von ca. 60% der Umfrageteilnehmer des Berufsbildes des „Feelgood-Manager“, dass die Unternehmenskultur aktiv gestaltet. Trotzdem sind ca. 54% mit der aktuellen Unternehmenskultur im Unternehmen sehr oder eher zufrieden. Zum Schluss wurden die Teilnehmer gefragt, was für sie eine gute Unternehmenskultur ausmacht: Kollegialer Umgang im Unternehmen, Vertrauensverhältnis mit den Führungskräften, Lob und Wertschätzung für die eigene Arbeit, positiver und offener Umgang mit Fehlern bzw. Fehlertoleranz, Klarheit über den Unternehmenszweck (Mission/Vi- sion) und die strategischen Ziele. Alle aufgestellten Thesen wurden bestätigt.
Eine weitere Studie mit dem Titel „Arbeiten in der Corona-Pandemie auf dem Weg zum new normal“ wurde vom Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) in Kooperation mit der deutschen Gesellschaft für Personalführung DGFP e.V. 2020 veröffentlicht. Beim Befragungsaufruf haben sich in einem Zeitraum von drei Wochen knapp 500 Unternehmen aus verschiedensten Branchen beteiligt.55
Es wurden unter anderem die Veränderung in der internen und externen Zusammenarbeit, eine voraussichtliche Veränderung des Home-Office-Angebots, Lernerfahrungen zum Home-Office in der Corona-Krise und eine Veränderung in der Führungsarbeit in der Corona-Krise untersucht. Die Bedeutung einer Unternehmenskultur wurde ebenfalls untersucht. So gaben 94% der Befragten an, dass ein guter Zusammenhalt und eine starke Kultur gut durch krisenhafte Phasen tragen können. Dieses Ergebnis stellt in der Umfrage insgesamt die deutlichste Zustimmung zu einer der genannten Fragen dar. Ebenfalls hohe Zustimmungswerte weist die These auf, dass die Corona-Krise einen starken Impuls für gemeinsam entwickelte innovative Lösungen darstellt. Festzuhalten ist, dass die Autoren eine tragende und gute Unternehmenskultur als wichtigsten Robustheitsfaktor für Unternehmenserfolg ansehen. Ausgenommen von den negativen Wirkungen der Corona- Pandemie ist eine gute Unternehmenskultur, ein Beweis für die gemeinsame kreative Kraft, die Mitarbeitende und Führungskräfte in Krisensituationen entwickeln können.56
Zudem veröffentlichte die Bertelsmann-Stiftung im Mai 2021, in Zusammenarbeit mit Ipsos, eine aktuelle Studie zum Thema „Home-Office und Unternehmenskultur“. Es wurden rund 1.000 Arbeitnehmer nach ihrer Wahrnehmung der Unternehmenskultur, nach etwa einem Jahr Pandemie und der Etablierung von HomeOffice, befragt.57
Die Einführung von Home-Office wird eher als „positiv“ oder „sehr positiv“ bewertet. Ausschlaggebend für die durchweg positive Bewertung ist gemäß der Umfrage die Verbesserung der Work-Life Balance und der Produktivität. Anders sieht es bei den jüngeren Arbeitnehmern unter 25 Jahren aus.58 Sie bewerten die Arbeit im Home-Office als nicht besonders positiv, da sich für sie die beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten verschlechtert haben. Die allgemeine Stimmung wird in der Umfrage als eher schlecht bezeichnet. 42% der Befragten gaben an, besorgt zu sein, 12% deprimiert und 7% wütend.59 Die schlechte Stimmung resultiert laut Ber- telsmann-Studie aber nicht in einer Verschlechterung im Unternehmenskontext wie Unternehmenskultur, Beziehungen zu Kollegen oder Wohlbefinden. Hinsichtlich der Unternehmenskultur spricht die Bertelsmann-Stiftung allerdings von den ersten Haarrissen. Dies lässt sich vor allem auf die fehlenden sozialen Kontakte im Home-Office zurückführen. Zudem wird angenommen, dass sich dieser Trend mit jedem weiteren Tag im Home-Office verschlechtern wird. Dies kann somit zu einer Verschlechterung der Unternehmenskultur führen, die dann von Entfremdung, sozialem Neid und selteneren sozialen Kontakten geprägt ist. In der aktuell anhaltenden Corona-Pandemie haben die Unternehmen allerdings die Chance, ihre Unternehmenskultur auf die zwangsläufig geforderte und erhöhte Flexibilität (wo und wann Arbeit bspw. erledigt wird) auszurichten. Letztendlich setzt eine gesunde Unternehmenskultur auf Kommunikation und Kritikfähigkeit und ist für Alternativen offen. Sie denkt Undenkbares, fördert Diversität und berücksichtigt auch die Interessen derjenigen, die nicht modern und agil arbeiten können, so Jörg Habich.60
Sowohl die Studie der Bertelsmann-Stiftung als auch die Umfrage von Xing teilen die Einschätzung, dass es den sozialen Austausch vor Ort braucht, um die Unternehmenskultur entstehen zu lassen und zu stärken.61 62
Beide Umfragen kommen zu dem Ergebnis, dass sich eine gute Unternehmenskultur durch eine offene Kommunikation, kollegialen Umgang, Kritikfähigkeit sowie dem Umgang mit Fehlern (Fehlertoleranz) auszeichnet.63 64
In den neuesten Studien und der aktuellen Fachliteratur (Stand: Februar 2022) lag der Schwerpunkt vor allem auf der gesamtheitlichen Betrachtung der Unternehmenskultur. Es wurden oftmals nur die Faktoren genannt, die für eine gute Unternehmenskultur sorgen. Zugleich wurden die Störfaktoren, wie die fehlende soziale Interaktion der Beschäftigten, oder der gewachsene Leistungsdruck etc. vielfach erwähnt. Nicht durchgeführt wurden allerdings Untersuchungen, bei denen die einzelnen Bereiche der Unternehmenskultur beleuchtet wurden, die sich durch die digitale Transformation im Zuge der Corona-Pandemie verändert haben. Hier weisen die Studien und die Literatur noch Forschungslücken auf.
2.5 Digitale Unternehmenskultur
Im Jahre 2017 wurde die Change-Management Studie „Culture First“ veröffentlicht. Diese reagiert auf die ständig wachsende Anzahl an Menschen, die einen Internetzugang haben. Das Jahr 2017 markiert einen Meilenstein in der digitalen Welt, denn 3,7 Milliarden Menschen, also etwa die Hälfte der damaligen Weltbevölkerung, besaßen zu diesem Zeitpunkt einen Zugang zum World Wide Web.65 Nach wie vor nimmt die Digitalisierung rasant zu, sodass dies zu den zentralsten Herausforderungen des unternehmerischen Handels zählt. Ziel der Studie war es, den Stand der digitalen Kultur zu erfassen, die Treiber zu verstehen und einen Erfolgsweg für Unternehmen aufzuzeigen.66 Die Autoren Dominique Schaefer und Ursula Bohn definieren eine digitale Unternehmenskultur wie folgt: „Eine digitale Kultur ist jener Geist der Führung und Zusammenarbeit von Managern und Mitarbeitern, der sich aus solchen Unternehmen bereits entwickelt hat, die die digitale Transformation erfolgreich umgesetzt haben.“67 Eine digitale Unternehmenskultur besteht demnach aus acht verschiedenen Dimensionen. Diese sind:
- Kundenorientierung
- Digitale Technologien und digitalisierte Prozesse
- Entrepreneurship
- Agilität
- Autonome Arbeitsbedingungen
- Digital Leadership
- Kollaboration
- Lernen und Innovation68
Bei der Kundenorientierung wird der Kunde ins Zentrum von Denken und Handeln gestellt. Dabei wird auf einen engen Austausch, individuelle Interaktion und Kommunikation seitens der Unternehmen mit den Kunden gesetzt. Der Dialog mit den Kunden wird durch digitale Tools gefördert. Fortlaufend werden die Kundenbedürfnisse und Wünsche anhand von Daten und digitalen Tools analysiert.69
Eine weitere wichtige Dimension ist die Verwendung von digitalen Technologien und digitalisierten Prozessen. Es werden digitale Plattformen erschaffen, um die Weiterentwicklung von internen und externen Prozessen voranzubringen. Offenheit gegenüber neuen Technologien gilt dabei als Basis für zukunftsorientierte Geschäftsmodelle.70
Bei der Dimension „Entrepreneurship“ wird die Integration aktueller Marktimpulse und Trends in das bestehende Geschäftsmodell in den Fokus gestellt. Zudem werden die Mitarbeiter dazu motiviert, Risiken einzugehen und eigene Ideen voranzutreiben. Somit spielt der Mitarbeiter eine aktive Rolle in der Mitgestaltung des Unternehmens.71
Die Agilität zählt ebenfalls zu einer entscheidenden Dimension der digitalen Unternehmenskultur. Eine wichtige Rolle spielen dabei dynamisches Handeln und Denken. Dieses zeichnet sich vor allem durch eine schnelle Anpassungsfähigkeit auf die sich verändernde Umwelt und Kundenbedürfnisse aus. Neue Impulse werden schnell aufgenommen, bewertet und umgesetzt. Kern der Dimension „Agilität“ ist die hohe Veränderungsbereitschaft des Unternehmens.72
Bei den autonomen Arbeitsbedingungen gewähren die Unternehmen den Mitarbeitern eine hohe Flexibilität, indem sie flexible Arbeitsmodelle mittels digitaler Tools ermöglichen. Sie können selbst über Arbeitszeiten sowie den Arbeitsort entscheiden. Selbständigkeit, Eigeninitiative und Selbstführung wird bei den Mitarbeitern gefördert.73
Die Kollaboration zeichnet sich durch den disziplinären und bereichsübergreifenden Austausch von Mitarbeitern mit Kunden, den Wettbewerbern und weiteren Unternehmen aus.74
Bei der Dimension „Digital Leadership“ liegt ein starker Fokus auf der Entwicklung und Förderung von Mitarbeitern. Dabei bringen Führungskräfte eine ausgeprägte Mitarbeiterorientierung mit. Sie zeichnet sich durch ein hohes Maß an Vertrauen seitens der Führungskräfte gegenüber ihren Mitarbeitern aus. Zudem werden Mitarbeiter in ihrer Entwicklung von den Führungsverantwortlichen gefördert und digital unterrichtet.75
Die letzte Dimension bezieht sich auf die Innovations- und Lernorientierung von Unternehmenskulturen. Im Mittelpunkt dieser Dimension steht die Weiterentwicklung des Unternehmens und ihrer Mitarbeiter. Neue Ideen werden gefördert. Darüber hinaus wird versucht, sich an veränderte Gegebenheiten anzupassen, indem Gewohnheiten und gleichbleibende Prozesse kritisch hinterfragt werden. Es wird ein kreativförderndes Umfeld geschaffen, sodass Experimentierfreudigkeit und Aufgeschlossenheit ein fester Bestandteil der Unternehmenskultur sind. Dadurch soll die Bereitschaft, Neues zu wagen, entstehen.76
Das Fazit der Studienautoren: "Je ausgeprägter die digitale Kultur der Unternehmen ist, desto erfolgreicher sind sie finanziell. Und je stärker die Unternehmenskultur die Bedingungen des Digitalzeitalters erfüllt, desto zufriedener sind die Mitarbeiter. Das hat natürlich wiederum einen positiven Rückkopplungseffekt auf den Unternehmenserfolg zur Folge. Insofern hängen die beiden Einzelresultate eng miteinander zusammen."77
Festzuhalten ist, dass die Studie bewiesen hat, dass eine digitale Unternehmenskultur sowohl finanzielle Erfolge als auch eine höhere Mitarbeiterzufriedenheit erzielen kann. Jedoch weist die Studie hinsichtlich der Grundprämisse der Unternehmenskultur noch unzureichende Erkenntnisse auf.
2.6 Modell der Unternehmenskultur nach Edgar H. Schein
Eines der bekanntesten Modelle der Unternehmenskultur stammt von dem Wissenschaftler Edgar H. Schein. Das Modell wird ebenfalls als „Schein-Modell“, „Drei-Ebenen-Modell“ oder „Kultur-Modell nach Schein“ bezeichnet. Dabei teilt der Autor die Unternehmenskultur in drei Ebenen ein. Die erste Ebene sind die Artefakte, die zweite Ebene sind Normen/Werte, und die dritte Ebene sind die grundlegenden Grundannahmen/Grundprämissen.78
2.6.1 Erste Ebene: Artefakte
Bei den Artefakten handelt es sich um sichtbare Symbole oder Zeichen. Hierzu zählen unter anderem die Sprache, die Kleidung, die Umgangsformen, das Unternehmenslogo, die Rituale, die Unternehmensgeschichte und die Architektur. Das Unternehmenslogo und die Symbole erschaffen für die Kunden und Mitarbeiter einen Wiedererkennungswert. Zudem stiftet es eine gewisse Form von Identifikation. Es werden auch eine Reihe von Vorstellungen und Ideen geweckt.78 79 Die Gebäude und Architektur sind ebenfalls sichtbarer Ausdruck einer Unternehmenskultur. Moderne, helle Gebäude werden oftmals mit Weltoffenheit und Transparenz assoziiert. Dagegen werden alte, dunkle Gebäude tendenziell als negativ wahrgenommen. Die Sprache gibt zusätzlich Aufschluss über die herrschende Unternehmenskultur. Siezen sich die Kollegen untereinander, wird das Unternehmen eher als konservativ eingestuft. Duzen zeigt dagegen tendenziell eine offene und lockere Unternehmenskultur.
Edgar H. Schein beschreibt als wichtigste Erkenntnis dieser Ebene, dass sie leicht zu beobachten ist, sich aber nur schwer entschlüsseln lässt. Er zieht Vergleiche mit den Ägyptern und Mayas, die beide Pyramiden bauten, diesen aber eine unterschiedliche Bedeutung beimaßen. Um die Bedeutung der Artefakte zu erschließen, muss man sich als Beobachter lange genug in den Unternehmen aufhalten. Schnellere Erkenntnisse lassen sich nur gewinnen, wenn man eine Analyse der nächsten Ebenen „Bekundete Werte“ und „Grundprämissen“ vornimmt.80 Demzufolge reicht es nicht aus nur die Artefakte zu analysieren, um Rückschlüsse auf die vorherrschende Unternehmenskultur zu ziehen.
[...]
1 Vgl. (Department, 2021)
2 Vgl. ebd.
3 Vgl. (Rabe, 2021)
4 Vgl. (Bendel, 2021)
5 (Schein, 1995, S. 25)
6 (Lies, 2018)
7 Vgl. (Homma Norbert B. R., 2015, S. 3)
8 (Herget, 2020, S. 4)
9 (Bendel, 2021)
10 (bpb, o.J.)
11 (Barton Thomas, 2018, S. 4)
12 (Schallmo, 2016, S. 4)
13 Ebd.
14 Vgl. (Bundesministerium für Wirschaft und Energie , 2020)
15 Vgl. (Schnelle Johannes, 2021)
16 Vgl. (Bundesministerium für Wirschaft und Energie , 2020)
17 Vgl. ebd.
18 Vgl. ebd.
19 Vgl. (Bundesministerium für Wirschaft und Energie , 2020)
20 Vgl. (Bundesministerium für Wirschaft und Energie , 2020)
21 Vgl. (Rudnicka, 2021)
22 Vgl. (Rudnicka, 2021)
23 Vgl. ebd.
24 Vgl. (Rudnicka, 2021)
25 (Volk, 2021)
26 Vgl. (Alipour Jean-Victor, 2021)
27 Vgl. ebd.
28 Vgl. ebd.
29 Vgl. (Bundesministerium für Arbeit und Soziales , 2022)
30 Vgl. (Matthäi, 2005, S. 2 f.), (Fichtner, 2008, S. 23)
31 Vgl. (Matthäi, 2005, S. 2)
32 Vgl. (Neubauer, 2004, S. 19)
33 Vgl. (Voigt, 1996, S. 46)
34 Vgl. (Sackmann, 1990 , S. 159)
35 Vgl. (Sackmann, 1990 , S. 161)
36 Vgl. ebd.
37 (Sackmann, 1990 , S. 161)
38 Vgl. (Matthäi, 2005, S. 2 f.)
39 Vgl. (Sackmann, 1990 , S. 162)
40 (Sackmann, 1990 , S. 162)
41 Vgl. (Matthäi, 2005, S. 2 f.)
42 (Sackmann, 1990 , S. 141)
43 Vgl. (Bachinger, 1990 , S. 11)
44 Vgl. (Ulrich, 1993, S. 4352)
45 (Reineke, 2018)
46 Vgl. (Sackmann, 1990 , S. 154)
47 Vgl. (Fichtner, 2008, S. 15)
48 Vgl. (Fichtner, 2008, S. 16)
49 Vgl. ebd.
50 Vgl. (Herget, 2021, S. 51 f.)
51 (bildwerkk GbR, 2018)
52 Vgl. (XING, 2021, S. 2)
53 Vgl. ebd.
54 Vgl. (XING, 2021, S. 1)
55 Vgl. (Hofmann Josephine, 2020)
56 Vgl. (Hofmann Josephine, 2020)
57 Vgl. (Habich Jörg, 2021)
58 Vgl. ebd.
59 Vgl. ebd.
60 Vgl. (Habich Jörg, 2021)
61 Vgl. ebd.
62 Vgl. (XING, 2021)
63 Vgl. (Habich Jörg, 2021)
64 Vgl. (XING, 2021)
65 Vgl. (Schäfer Dominique, 2017, S. 6)
66 Vgl. (Schäfer Dominique, 2017, S. 7)
67 (Schäfer Dominique, 2017, S. 22)
68 Vgl. (Schäfer Dominique, 2017, S. 22)
69 Vgl. ebd.
70 Vgl. (Schäfer Dominique, 2017, S. 22)
71 Vgl. (Schäfer Dominique, 2017, S. 24)
72 Vgl. ebd.
73 Vgl. (Schäfer Dominique, 2017, S. 25)
74 Vgl. ebd.
75 Vgl. (Schäfer Dominique, 2017, S. 25)
76 Vgl. (Schäfer Dominique, 2017, S. 25)
77 (Schäfer Dominique, 2017, S. 29)
78 Vgl. (Homma Norbert B. R., 2014, S. 5)
79 Vgl. (Homma Norbert B. R., 2014, S. 6)
80 Vgl. (Schein, 1995, S. 30)
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- Anonymous,, 2022, Auswirkungen der digitalen Transformation in der Corona-Pandemie auf die Unternehmenskultur. Das Unternehmenskulturmodell nach Edgar H. Schein, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1304169
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