Die vorliegende Doktorarbeit im Fachbereich Linguistik behandelt ein Thema aus der Wortbildungslehre. Dabei geht es um die Erforschung der Wortschatzerweiterung in der deutschen Gegenwartssprache, basierend auf zwei Fachsprachen, die eine besondere Relevanz für den allgemeinen deutschen Sprachgebrauch aufweisen und in gewissem Maße einem Laienpublikum zugänglich sind, nämlich der Kraftfahrzeugtechnik und der Informationstechnologie. Gewählt wurden diese zwei Fachsprachen zum einen wegen der Dynamik, die sie in Sachen Wortschatzerweiterung, insbesondere durch Wortbildung, aufweisen, zum anderen wegen ihres allgemeinsprachlichen Charakters und ihrer relativen Zugänglichkeit außerhalb der reinen fachlichen Kommunikation.
Diese Forschungsarbeit versucht darauf zu antworten, welche Wortbildungstendenzen sich bei der Wortschatzerweiterung durch Wortneubildungen in den genannten Fachsprachen auffallen und besonders ausgeprägt sind und wie deren Lexikalisierungs- bzw. Etablierungsprozess im allgemeinen deutschen Sprachgebrauch vonstattengeht, wobei Wortbildungstendenzen jene Wortbildungsmuster einschließen, die entweder mit reinen nativen Konstituenten oder als Hybridbildungen mit nativen und fremdsprachlichen Konstituenten gebildet werden. Die Zielsetzung lässt sich in drei Fragen formulieren. 1. Welche Tendenzen bzw. Bildungsmuster weisen Wortneubildungen in den Fachsprachen der Kfz-Technik und der Informationstechnologie im 21. Jahrhundert auf? 2. Welches Ausmaß haben rein indigene Wortneubildungen im Vergleich zu Hybridbildungen in diesen Fachsprachen im 21. Jahrhundert? Erfolgt die Wortschatzerweiterung durch Wortneubildungen mit rein deutschen Wortbildungskonstituenten oder wird dabei auch Lehnwörtern eine besondere Bedeutung beigemessen? 3. Welche Verwendungsfrequenz weisen die neu aufgekommenen Wortbildungen in den verschiedenen Textkorpora auf? Wie sieht deren Lexikalisierungsgrad aus bzw. was spielt eine ausschlaggebende Rolle dabei, dass Wortneubildungen in Fachsprachen allgemein akzeptiert werden bzw. zur Allgemeinsprache hinzugetan werden?
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
1 Zur Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache
1.1 Überblick
1.2 Zur Wortbildung des Substantivs
1.2.1 Die Komposition
1.2.1.1 Stabilität der Wortstruktur
1.2.1.2 Lockerung der Stabilität
1.2.1.3 Morphologische Charakteristik
1.2.1.3.1 Substantiv als Erstglied
1.2.1.3.2 Adjektiv als Erstglied
1.2.1.3.3 Verbstamm als Erstglied
1.2.2 Die Derivation und die Konversion
1.2.3 Die Kurzwortbildung
1.2.3.1 Kurzworttypen
1.3 Zur Wortbildung des Adjektivs
1.3.1 Die Komposition
1.3.1.1 Stabilität der Wortstruktur und Schreibung
1.3.1.2 Morphologische Charakteristik
1.3.1.2.1 Substantiv als Erstglied
1.3.1.2.2 Adjektiv als Erstglied
1.3.1.2.3 Verbstamm als Erstglied
1.3.1.2.4 Sonstige Elemente als Erstglieder
1.4 Zu den Wortgruppenlexemen
1.5 Zum Affix- und Konfixbestand in der Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache
1.5.1 Zum Affixbestand
1.5.2 Zum Konfixbestand
1.6 Zu den Tendenzen der Wortbildung in der deutschen Gegenwartssprache
1.6.1 Tendenzen bei Komposita
1.6.1.1 Substantiv/Adjektiv-Komposita
1.6.1.2 Substantiv/Partizip I-Komposita
1.6.1.1 Substantiv/Partizip II-Komposita
1.6.2 Tendenzen nach Eichinger
1.7 Zur Wortneubildung
1.7.1 Begriffsbestimmung: Was ist eine Wortneubildung?
1.7.2 Neologismen und Okkasionalismen
1.7.3 Orthografische Auffälligkeiten bei komplexen Wortneubildungen
1.8 Englisches in der deutschen Wortbildung
1.8.1 Vorbemerkung
1.8.2 Hybride Wortneubildungen in der deutschen Gegenwartssprache
1.8.3 Gemeinsamkeiten der englischen und der deutschen Wortbildung
1.8.4 Ausprägung neuer Wortbildungsmodelle unter Einfluss des Englischen
1.8.5 Die Tendenz zu fremdsprachlichen Eigenbildungen bzw. Ersetzung deutschsprachiger Konstituenten durch englische Glieder
2 Zu den Fachsprachen der deutschen Gegenwartssprache
2.1 Begriffsbestimmung und Charakteristika
2.2 Gliederung von Fachsprachen
2.2.1 Kriterien fachsprachlicher Gliederung nach Roelcke
2.2.1.1 Horizontale Gliederung
2.2.1.2 Vertikale Gliederung
2.3 Wortbildungsmorphologie in Fachsprachen der deutschen Gegenwartssprache
2.4 Zur Fachsprache der Kraftfahrzeugtechnik
2.4.1 Begriffsbestimmung der Kraftfahrzeugtechnik
2.4.2 Klassifikationsschwierigkeiten der Kfz-Technik-Terminologie
2.4.3 Fachlichkeit und vertikale Gliederung von Texten in der Kfz-Technik
2.5 Zur Fachsprache der Informationstechnologie
2.5.1 Begriffsbestimmung
2.5.2 Fachlichkeit und vertikale Gliederung von Texten in der Informationstechnologie
2.5.3 Teilgebiete und Textsorten der Informationstechnologie
3 Empirische Untersuchungen
3.1 Methodisches Vorgehen
3.2 Aufbau des Belegmaterials
3.3 Das Korpus der Kfz-Technik
3.3.1 Untersuchungsergebnisse der exzerpierten Stichwörter in der Kfz-Technik
3.4 Das Korpus der Informationstechnologie
3.4.1 Untersuchungsergebnisse der exzerpierten Stichwörter
3.5 Ergebnisse
3.5.1 Bildungstendenzen bei Wortneubildungen
3.5.1.1 Wortbildungsverfahren
3.5.1.2 Bildungsmuster bei der Wortbildungsart Komposition
3.5.2 Das Ausmaß rein nativen Wortgutes gegenüber fremdsprachlichen Konstituenten bzw. Hybridbildungen
3.5.3 Die Lexikalisierung der untersuchten Wortneubildungen
3.5.3.1 Verwendungsfrequenz
3.5.3.2 Zusammenhang zwischen Verwendungsfrequenz und Lexikalisierungsprozess
3.5.3.3 Lexikalisierungszeit bezogen auf den Erstbeleg im Erfassungszeitraum
3.5.3.4 Empirische Erhebung durch Probandenbefragung
3.5.3.4.1 Soziale Verteilung der Probanden
3.5.3.4.2 Ergebnisse der Probandenbefragung hinsichtlich der Verbreitung und Lexikalisiertheit der untersuchten Stichwörter im mentalen Lexikon
4 Zusammenfassung und Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang
Danksagung
Meinem verstorbenen Betreuer, Herrn Prof. Ahcéne Abdelfettah, der mir bei dieser Doktorarbeit mit Rat und Tat beigestanden hat, möchte ich an dieser Stelle meinen besten Dank aussprechen.
Mein herzlicher Dank gilt auch Frau Prof. Nadia Bounafaka, die freundlicherweise die Weiterbetreuung meiner Doktorarbeit angenommen und mich dabei mit hilfreichen Ratschlägen unterstützt hat.
Ebenso möchte ich mich bei den Direktoren des Instituts für deutsche Sprache in Mannheim, Prof. Dr. Ludwig Eichinger und Prof. Dr. Henning Lobin sowie bei Frau Cornelia Pfützer-König und der Bibliotheksleiterin, Frau Monika Pohlschmidt, für deren nette Unterstützung durch Bereitstellung eines Arbeitsplatzes am IDS zu Forschungszwecken bedanken.
Widmung
Meinen Eltern, meiner Ehefrau „Ryma“ und meinen Kindern Fadi, Chahd und Kais
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 : Merkmalübersicht zum Klassenunterschied von Wortbildungseinheiten
Tabelle 2 : Übersicht fremdsprachlicher Affixe
Tabelle 3 : Konfixübersicht
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Dreidimensionale Gliederung von Fachsprachen
Abbildung 2: Auto überbrücken in 11 Schritten
Abbildung 3: Auszug Testbericht Mercedes C 220 d 9G-TRONIC
Abbildung 4: Untersuchungsbericht des TÜV
Abbildung 5: Einsatzgebiete bzw. Teilbereiche der Informationstechnologie
Abbildung 6: Wortbildungsverfahren bei Wortneubildungen
Abbildung 7: Bildungstyp bei wortneubildungen
Abbildung 8: Das Ausmaß nativen Wortgutes gegenüber fremdsprachlichen Konstituenten in der Informationstechnolgie
Abbildung 9: Das Ausmaß nativen Wortgutes gegenüber fremdsprachlichen Konstituenten in der Kfz- Technik
Abbildung 10: Verwendungsfrequenz im untersuchten Zeitraum
Abbildung 11: Lexikalisierungsquote bezogen auf die Verwendungsfrequenz in der Kfz-Technik . 234 Abbildung 12 : Lexikalisierungsquote bezogen auf die Verwendungsfrequenz in der Informationstechnologie
Abbildung 13: Verteilung der lexikalisierten Stichwörter nach Zeitraum zwischen Erstbeleg und Lexikon-Recherche (Referenzjahr 2019)
Abbildung 14: Verteilung der befragten Teilnehmer nach Geschlecht
Abbildung 15: Verteilung der befragten Teilnehmer nach Alter
Abbildung 16: Prozentsatz der befragten Teilnehmer mit akademischem Abschluss
Abbildung 17: Verteilung der befragten Teilnehmer nach Interessengebiet
Einleitung
Die Sprache ist ein dynamisches Konstrukt, das in keinem Moment der Menschheitsgeschichte aufgehört hat, sich zu verändern, auszuweiten und zu aktualisieren. So stößt man immer wieder auf neue Wörter, die einem neu vorkommen und z. T. (noch) nicht in Gesamtwörterbüchern verzeichnet sind. Solche neuen Wörter kann man in der Fachterminologie entweder als Okkasionalismen oder Neologismen bezeichnen. Aufgrund der großen technischen Revolution und der Umbrüche in der Wirtschaft wächst die deutsche Gegenwartssprache um viele neue lexikalische Einheiten an. Abstandregler, Berganfahrassistent, Vorratsdatenspeicherung, Hackerangriff sind einige Beispiele von Wortneubildungen aus den Fachsprachen der Kraftfahrzeugtechnik (Kfz) und der Informationstechnologie (IT), die im 21. Jahrhundert aufgekommen sind und eine bestimmte Verwendungsfrequenz aufweisen, dennoch lieferte die Suche nach deren Bedeutung in einem Gesamtwörterbuch bis vor einigen Jahren noch keine Ergebnisse, da sie mit dem Aufkommen des jeweiligen Denotats ans Tageslicht kamen, um eine Benennungslücke zu schließen, die es vorher nicht gab. Durch die neuen Informationstechnologien ist die Welt zu einem Globalen Dorf geworden, wo die Interaktion und die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Völkern dazu führen, dass neue Erfindungen und Sachverhalte gleich ins Ausland auswandern. Dies setzt voraus, dass man für das jeweilige Denotat die passende Benennung entweder mit übernimmt, das wäre dann ein Lehnwort, oder aber ein anderes Wort aus dem vorhandenen Sprachgut erschafft und sich damit der Wortbildung bedient. Gerade Ende der 90er Jahre und zu Beginn des 21. Jahrhunderts hat sich in der Welt grenzüberschreitend Einiges zugetragen, was sich massiv in verschiedenen Schriften des Deutschen niedergeschlagen hat. Bei der Diskussion über die Wortschatzerweiterung geht aus theoretischen Erkenntnissen hervor, dass die Wortbildung das erste Mittel zur Wortschatzerweiterung darstellt.
Davon ausgehend besteht das Ziel der vorliegenden Forschungsarbeit darin, Wortbildungstendenzen bei Wortneubildungen in den Fachsprachen der Kfz-Technik und der Informationstechnologie im 21. Jahrhundert sowie deren Akzeptanz und Lexikalisierung zu untersuchen. Mit Wortbildungstendenzen sind Wortbildungsmuster gemeint, die entweder mit indigenen oder fremdsprachlichen Konstituenten gebildet werden. Diesen Forschungsansatz begründet die Annahme, dass Wortneubildungen mit rein indigenen Konstituenten bei muttersprachlichen Sprachteilnehmern besser ankommen und somit auch akzeptiert werden können als Hybridbildungen1, mit denen manche ohne Fremdsprachenkenntnisse wenig anfangen können. Für die Wahl dieser Fachsprachen spricht die Tatsache, dass viele der im Alltag angetroffenen Wortneubildungen diesen Fachbereichen zuzurechnen sind, was für eine wissenschaftliche Untersuchung von großer Bedeutung ist. Es bleibt freilich noch zu klären, wie man eine Fachsprache von der Allgemeinsprache abgrenzen kann, denn viele Fachtermini sind aufgrund ihrer Relevanz im Alltagsleben in den Allgemeinwortschatz eingegangen, auch wenn der Zugang zu manchen Fachtermini weiterhin den Fachleuten vorbehalten ist. Sowohl in der Kfz- Technik als auch im IT-Bereich tut sich mit neuen Denotaten immer wieder eine Benennungslücke auf, die sofort mit einer neuen adäquaten Bezeichnung geschlossen werden muss. Davon ausgehend, dass Deutschland auf vielen technischen Gebieten als Vorreiter gilt und gerade in der Kfz-Technik sich in der Avantgarde befindet, gilt die deutsche Gegenwartssprache als ein besonders reichhaltiger Untersuchungsgegenstand in Sachen Wortschatzerweiterung, zumal der technische Fachwortschatz des Deutschen in den letzten Jahren um sehr viele neue lexikalische Einheiten angewachsen ist, deren empirische sprachwissenschaftliche Untersuchung mit Hinblick auf den Umfang von Wortneubildungen und ihren Lexikalisierungsgrad bei den Sprachteilnehmern noch ausbleibt. Nichtsdestoweniger wird kein Anspruch darauf erhoben, dass die vorliegende Arbeit das Ziel verfolgt, die Gesamtheit von Wortneubildungen in den genannten Fachsprachen zu erfassen. Dabei geht es lediglich um den Versuch, präferierte Wortbildungstendenzen bei Wortneubildungen in den genannten Fachsprachen sowie deren Lexikalisierungsgrad zu erforschen. Neue Lexeme wie Berganfahrassitent, heckangetrieben oder Bremsfading wurden mit der Entwicklung der relevanten Technik zur Schließung einer Benennungslücke hervorgerufen. Aber wie an den drei Beispielen deutlich gemacht wird, bedient man sich dabei sowohl indigener als auch entlehnter Wortbildungskonstituenten. Zu welchem Ausmaß Lehnwörter als Bezugs- oder Bestimmungswort in Wortneubildungen fungieren und wie sich dies auf ihre Akzeptabilität auswirkt, soll in der vorliegenden Arbeit auch untersucht werden. Da Wortneubildungen generell ad hoc und nur einer Kommunikationssituation entsprechend gebildet werden, soll hier erforscht werden, wie weit dies auf den technischen Fachwortschatz zutrifft. Eine Untersuchung der Verwendungsfrequenz von Wortneubildungen kann anhand von einer Online-Suche über Suchmaschinen erfolgen. Ergebnisse zur Verwendungsfrequenz sollen einen Überblick über den Lexikalisierungsgrad der ausgewählten Wortneubildungen verschaffen, wobei mit einem bestimmten weitverbreiteten Korpus aus der deutschen Presse gearbeitet wird. Besondere ausgewählte Textkorpora sollen auch dienen, relevante Textbelege zu den untersuchten Lexemen zu liefern. Dieses Korpus besteht u.a. aus Katalogen, Testberichten, Fachartikeln oder Zeitungsartikeln, in denen die ausgewählten Wortneubildungen vorkommen. Zusammenfassend lässt sich die Zielsetzung in drei Fragen formulieren:
1) Welche Tendenzen bzw. Bildungsmuster weisen Wortneubildungen in den Fachsprachen der Kfz-Technik und der Informationstechnologie im 21. Jahrhundert auf?
2) Welches Ausmaß haben rein indigene Wortneubildungen im Vergleich zu Hybridbildungen in diesen Fachsprachen im 21. Jahrhundert? Erfolgt die Wortschatzerweiterung durch Wortneubildungen mit rein deutschen Wortbildungskonstituenten oder wird dabei auch Lehnwörtern eine besondere Bedeutung beigemessen?
3) Welche Verwendungsfrequenz weisen die neu aufgekommenen Wortbildungen in den verschiedenen Textkorpora auf? Wie sieht deren Lexikalisierungsgrad aus bzw. was spielt eine ausschlaggebende Rolle dabei, dass Wortneubildungen in Fachsprachen allgemein akzeptiert werden bzw. zur Allgemeinsprache hinzugetan werden.
Dabei wird von drei Hypothesen ausgegangen. Die erste Hypothese besteht darin, dass die Technizität der Fachsprachen Kfz-Technik und Informationstechnologie besondere Wortbildungsmuster hervorbringen könnte, wie die Komposition mit zwei Substantiven als Vollformen oder einem Kurzwort und einer Vollform. Zweitens wird auch angenommen, dass Fachsprachen, in denen Deutschland eine Vorreiterrolle spielt, wie der Kraftfahrzeugtechnik, sich bei Wortneubildungen durch die Prädominanz nativen Wortgutes kennzeichnet, weil die jeweiligen Denotate erst im deutschen Sprachgebrauch entstehen und nicht aus anderen Sprachen übernommen werden. Als dritte Hypothese wird angenommen, dass die zu untersuchenden Wortneubildungen aufgrund ihres Neuheitscharakters und des engen Verwendungszeitraums keine hohe Verwendungsfrequenz aufweisen, was aber nicht zwangsweise auf deren Unbekanntheit im allgemeinen deutschen Sprachgebrauch schließen lässt, wobei deren Etablierung und Lexikalisierung bei den Mitgliedern der deutschen Sprachgemeinschaft von deren Relevanz im Alltagsleben bestimmt werden, was im Endeffekt deren Übergang vom fachsprachlichen in den allgemeinsprachlichen Gebrauch begründet.
Ein Beispiel für die Aufnahme fachsprachlicher Wortneubildungen in die Allgemeinsprache mag die Wortneubildung Antiblockiersystem kurz ABS aus dem Kfz-Bereich darstellen, die nur zu einer allgemeinsprachlichen Wortbildung gemacht wurde, weil das Auto als wichtiges Verkehrsmittel eine große Relevanz für alle Sprachteilnehmer aufweist. Anders verhält es sich in anderen Fachbereichen wie etwa in der Chemie oder Biologie, die für die allergrößte Mehrheit der Sprachteilnehmer irrelevant sind.
Die vorliegende Arbeit besteht aus einem theoretischen und einem empirischen Teil, die wiederum in verschiedene thematische Kapitel unterteilt sind. Zum theoretischen Teil gehört die Vorstellung der theoretischen Grundlagen und wissenschaftlichen Erkenntnisse in Sachen Wortbildung bzw. Wortneubildung. Dieser Teil soll dem vagen Thema der „Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache“ gewidmet werden. Um die Entwicklung der Wortneubildungstendenzen herauszuarbeiten, soll anhand einer synchronen Untersuchung dieser Entwicklungsprozess erforscht werden, um mögliche Unterschiede bei den Wortneubildungsmustern festzustellen.
Dieser Teil soll sich auf Quellen stützen, die aufgrund ihrer Relevanz eine interessante Fundgrube für diese Forschungsarbeit bieten können. Dazu zählt vor allem die Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache von Wolfgang Fleischer et al. Dennoch sollen andere in Sachen Wortbildung renommierte Werke herangezogen werden. Da die vorliegende Arbeit sich mit einem an Terminologie reichen Thema nämlich der Wortbildung beschäftigt, soll dies die Notwendigkeit nach sich ziehen, in einem umfangreichen Abschnitt auf die verschiedenen relevanten Termini einzugehen. Dies geht eben aus der Tatsache hervor, dass man in der Fachterminologie den vielen Wortbildungsarten keine einheitlichen Definitionen zuerkennt. Es gilt für diesen Teil auch aufzuzeigen, welche Wortneubildungstendenzen in den behandelten Fachbereichen vorherrschen. Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich auch mit dem Thema Fachsprachen, so dass in einem eigenen Kapitel auf den Forschungsstand zu den Fachsprachen und deren Abgrenzung von der Allgemeinsprache eingegangen werden soll. Dabei soll die Untersuchung in ein soziolinguistisches Gebiet einlenken, um eine genauere Definition von Fachsprache und Fachtermini sicherzustellen. Was ist eine Fachsprache? Wie kann man sie von der Allgemeinsprache abgrenzen? Auf diese und andere Fragen soll diese Forschungsarbeit eine Antwort geben.
1 Zur Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache
1.1 Überblick
Nach Fleischer, Barz und Schröder besteht das Ziel der Wortbildungslehre darin, die Struktur und Bedeutung sowohl lexikalisierter als auch okkasioneller Wortbildungen zu modellieren und auf der Grundlage der ermittelten Modelle nach Gesetzmäßigkeiten für die Bildung neuer Lexeme zu suchen.2 Zu diesem systembezogenen Forschungsansatz in Sachen Wortbildungslehre sind nach Fleischer et al.3 textbezogene Bildungs- und Verwendungsanalysen wie auch psycholinguistische Fragen nach Produktion und Rezeption von Wortbildungen hinzugekommen, die mit der Entwicklung der Textlinguistik in Verbindung stehen. Dennoch bestehen die Autoren darauf, dass aufgrund der Heterogenität, der Dynamik und des Umfangs des Wortschatzes eine Vollständigkeit bei einer gegenwartssprachlich-synchronen Darstellung nicht zur Zielsetzung gemacht werden kann. Von daher müsse man sich bei der Analyse auf eine Auswahl charakteristischer Wortbildungsmodelle beschränken. Sollte man die Hauptziele der Wortbildungslehre stichpunktartig darstellen, so werden sie folgendermaßen angeführt:
1) Die Beschreibung von Wortbildungsmodellen bei der Komposition, der Derivation, der Partikelverbbildung, der Derivation und der Kurzwortbildung nach strukturellen, morphologischen und semantischen Parametern.
2) Die Untersuchung der Verwendung von Wortbildungsmodellen im Text und deren kommunikativen Potenzen.4
Nach Schippan besteht das Wesen der Wortbildung darin, den bestehenden Wortschatz an die neuen Aufgaben, Bedingungen und Bedürfnisse der Kommunikation anzupassen. Die Wortbildung stellt die wichtigste Quelle zur Bereicherung und zum Ausbau des Wortschatzes dar, wobei dieser Ausbau durch die Kommunizierenden unbewusst vollzogen wird. Ein neu gebildetes Wort, so S chippan, wird kontextgebunden verwendet und sich den Kommunizierenden aufgrund der kontextuellen und situativen Umgebung erschließen. Dies erlaubt den Kommunizierenden trotz Wortschatzveränderung Kommunikationsprobleme zu vermeiden. Die Autorin setzt fort, dass uns Elemente und Regeln (Modelle und Muster) zur Bildung neuer Wörter vertraut sind, sodass die Bedeutung von Wortbildungen schnell erschlossen werden kann. Dennoch mag die Bedeutung von Fachwörtern, die bestimmten fachlichen Adressatengruppen vorbehalten sind, erklärungsbedürftig sein.5 Es ist aber darauf hinzuweisen, dass durch die Wortschatzveränderung durch Wortbildung nicht nur neue lexikalische Einheiten nach bestehenden Mustern entstehen, sondern auch neue Wortbildungsmodelle, die sich z. B. unter dem Einfluss fremder Sprachen oder zu bestimmten Zwecken durchsetzen.
Die Wortbildung steht in engem Zusammenhang mit anderen Grammatikbereichen wie der Syntax, wobei systematische Äquivalenzbeziehungen zwischen Wortbildungen und Syntagmen zu erkennen sind wie die Wortneubildung aus dem Kfz-Bereich (Anfahrhilfe), die ohne jegliche Bedeutungsveränderung gegen die syntaktische Fügung (Hilfe beim Anfahren) oder (Hilfe, anzufahren) austauschbar ist. So können „Wortbildungen und Syntagmen als alternative Ausdrucksstrukturen fungieren“6. Ein weiterer Teilbereich der Sprachwissenschaft, der mit der Wortbildung interagiert, ist das Lexikon. Als uralte Möglichkeit, den Wortschatz einer Sprache zu schaffen, gilt die Wortschöpfung, die darin besteht, neue Lexeme aus Lautkomplexen zu schaffen, die nicht als bedeutungstragende Einheiten vorhanden sind. Auf den ersten Blick scheint dies, ganz von den Wortbildungsprinzipien abzuweichen. Es stellt sich aber bei näherer Betrachtung heraus, dass die Wortbildung auf die heutige Wortschöpfung einwirkt, indem man dabei auf bestimmte Wortbildungsmuster zurückgreift wie die Kontamination bei Ökonymen wie (Adidas aus Adi Dassler , Haribo aus Hans Riegel Bonn ). In dieser Hinsicht hält Munske Kurzwörter wie TÜV für ,die moderne Form der Wortschöpfung“7. Mit der Entlehnung steht auch die Wortbildung dadurch im Zusammenhang, dass man sich bei der Wortneubildung auch entlehnter Lexeme und Affixe zur Bildung neuer Lexeme bedienen kann (Hybridantrieb, Hyperschallbereich), wobei entgegen der Komposition, die keine Beschränkung bei der Verbindung von Indigenem und Entlehntem aufweist, die Derivation die Distribution der Affixe deutlich beschränkt.8 In anderer Hinsicht vertreten dieselben Autoren die Ansicht, dass die Existenz „von Entlehnungen im Deutschen an sich in bestimmter strukturell-semantischer Ausprägung“ zur Entwicklung neuer indigener Wortbildungsmodelle anregen könnte (Boom: boomen, Job:jobben), wobei beide Verben nicht als solche entlehnt worden sind, da sie im Englischen gar nicht existieren. Dies wiederum schlägt sich in der Konversion des Deutschen nieder und regt zur Bildung von Substantiven aus Verben (Dreh, Klau, Treff) an.9
Neben der Entlehnung steht die Wortbildungslehre in engem Zusammenhang mit der Lexikalisierung, worunter nach Feilke das Festwerden bzw. der Übergang von neuen Bezeichnungen zum festen sprachlichen Wissen der Sprachteilnehmer zu verstehen ist.10 Und dies geschieht vor allem durch das Aufnehmen neuer Bezeichnungen in neu erschienene Wörterbücher und Lexika. Es bleibt aber sehr unwahrscheinlich, dass viele Okkasionalismen trotz ihres hohen Anteils in heutigen Texten ins Lexikon eingehen.11 Nach Wellmann schaffen es nur 30% der Wortneubildungen eines beliebigen Zeitungstextes auf längere Sicht zum festen Teil des Lexikons.12 Auf die Frage, inwiefern dies auf Wortneubildungen aus den genannten Fachsprachen zutrifft, was dabei den Ausschlag gibt und nach welchen Kriterien man über deren Lexikalisierung und Akzeptabilität urteilen kann, soll die vorliegende Arbeit eine Antwort zu geben versuchen. Es geht in der vorliegenden Arbeit auch darum, präferierte Tendenzen von Wortneubildungen in Fachsprachen aufzuzeigen, wobei man auf Wortbildungsmodelle eingehen soll, die von Fleischer et al. als „morphologisch-syntaktische und lexikalisch-semantische bestimmte Strukturschemata“13 definiert werden, die als Muster für Neubildungen dienen können. Es wird dabei zwischen produktiven und unproduktiven Wortbildungsmodellen unterschieden. Bei den ersteren geht es um Muster, nach denen Neubildungen entstehen. Letztere beziehen sich auf Modelle, die zwar in lexikalisierten Einheiten vertreten sind, für Neubildungen aber nicht herangezogen werden. Im Zusammenhang mit der Zielsetzung dieser Forschungsarbeit werden die sogenannten produktiven Wortbildungsmuster auf ihre Produktivität bei Wortneubildungen in den Fachsprachen der Kfz-Technik und der Informationstechnologie überprüft.
1.2 Zur Wortbildung des Substantivs
1.2.1 Die Komposition
1.2.1.1 Stabilität der Wortstruktur
Nach Fleischer et al. kennzeichnet sich das typische substantivische Kompositum durch eine binäre Gliederung und eine stabile Wortstruktur, wobei Konstituenten zusammengeschrieben und auf morphologischer und syntaktischer Ebene untrennbar sind. Von diesen Regeln darfjedoch in Ausnahmefallen abgewichen werden:
1. Die Getrenntschreibung der unmittelbaren Konstituenten ist in bestimmten Fällen erlaubt, wie bei „komplexen Entlehnungen aus dem Englischen“, die aus einem Adjektiv und einem Substantiv bestehen (Big Data, Active Info Display)
2. Die Wortinterne Flexion kann nicht ganz ausgeschlossen werden, und zwar bei Phrasenkomposita, bestehend aus Adjektiv und Substantiv als Erstglied. Fleischer nennt hierzu Beispiele wie der Roten-Kreuz-Schwester, aus der Kalten-Kriegs-Zeit.
3. Bei bestimmten Kompositionstypen gilt ein anderes Akzentmuster: Bei „einzelnen Kopulativkomposita (Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg), Konfixkomposita mit Fremdelementen (Diskothek), Komposita mit Durchkopplungsbindestrich, unabhängig von der Komplexität des Erstgliedes (Hals-Nasen-Ohren-Arzt), sowie bei sonstigen plymorphemischen Komposita.14
Neben der allgemein geltenden Zusammenschreibung gilt auch die Bindestrichschreibung bei bestimmten Fällen. Barz15 nennt in der Duden-Grammatik folgende Fälle, in denen sich die Bindestrichschreibung als notwendig erweist:
a) Als Leseerleichterung oder zur Hervorhebung von Eigennamen (LottoAnnahmestelle, Opel-Werke).
b) Bei einem Buchstaben oder einem Buchstabenkurzwort als Erstglied ist die Bindestrichschreibung sogar obligatorisch (y-Achse, CO2-Ausstoß, Kfz- Steuer).
c) Bei syntaktischen Fügungen als Erstglied (Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, 12-Volt-Batterie)
d) Bei okkasionellen Neubildungen (E-Mobilitäts-Boom, Anti-Spam-Kampagne)
1.2.1.2 Lockerung der Stabilität
Nach Fleischer et al. kommt es zur Lockerung der Wortstruktur durch die sogenannte Destruktion bzw. Destabilisierung zur Vermeidung störender Redundanz auf der Ausdrucksseite, und zwar durch Eliminierung des gleichen Kompositionsgliedes und dessen Ersetzung durch einen Ergänzungsbindestrich, wie in Vorder- und
Hinterachse, Bremsbeläge- und scheiben. Fleischer et al. weist darauf hin, dass in der Regel, selbst bei „mehr als einer Auslassung derselben Konstituente keine Verstehensfragen“ zu erwarten sind, wie in Karosserie,- Getriebe- und Motorfertigung. Allerdings kann die Verständlichkeit des Kompositums aufgrund zunehmender Komplexität und der Eliminierung eines Segments beeinträchtigt sein, wie in Selbsthilfekontakt- und informationsstelle < Selbsthilfekontaktstelle und Selbsthilfeinformationsstelle.1
1.2.1.3 Morphologische Charakteristik
Das typische substantivische Kompositum kennzeichnet sich durch seine binäre Gliederung und besteht aus einfachen oder komplexen Konstituenten. Diese enthalten in den meisten Fällen zwei oder drei einfache oder derivierte Stämme, aber selten mehr:16 17 Untersuchungsfericht, Prüfplakette, Datenschutz\tandard, Schwachstellendatenbank.
Bei mehr als zwei Stämmen wird dabei zwischen Links- und Rechtsverzweigung unterschieden, wobei erstere öfter vorkommt: Spurwechselassistent = Assistent beim Spurwechsel, Notbremssystem = System bei der Notbremse, Arbeitsspeicherkapazität = Kapazität des Arbeitsspeichers. Hingegen kommt die sogenannte Rechtsverzweigung seltener vor18: Computerfachgeschäft = Fachgeschäft für Computer, Bundesdatenschutzgesetz = Datenschutzgesetz des Bundes / das bundesweit gültig ist.
1.2.1.3.1 Substantiv als Erstglied
Laut Fleischer et al. können beim substantivischen Kompositum Erst- und Zweitglieder sowohl einfache als auch komplexe Stämme sein. Bei den komplexen Stämmen handelt es sich um Komposita, Derivate oder Konversionen. Wenn Komposita als unmittelbare Konstituenten beim Kompositum auftreten, so werden rechts,- links- oder beidseitig verzweigte Konstituenten unterschieden, und zwar je nach der Position der komplexen Stämme.19 Linksverzweigung liegt vor, wenn das Erstglied die komplexere Konstituente ist und das ist meist bei mehr als zwei Stämmen der Fall, z. B. Datenschutz\recht, Spurwechsel\assistent, Festnetz\anschluss, Keyless-Go-\System. Die Rechtsverzweigung ist seltener anzutreffen, z. B. Vorrats\datenspeicherung, Auto\werkstatt, Handyfachgeschäft. Die beidseitige Verzweigung liegt bei Komposita mit vier oder mehr Stämmen vor, z. B. Datenschutz\grundv er ordnung, SD-Karten-\Navigationssystem, Dreipunkt\sicherheitsgurt. Es steht einem nicht weiterhin frei, den Komplexitätsgrad von Komposita durch die Anreihung mehrerer Stämme zu erhöhen, was VerstehensSchwierigkeiten zur Folge haben kann. Die Verwendung solcher komplexeren Zusammensetzungen beschränkt sich daher meist auf Gelegenheitsbildungen, z. B. Südseesehnsuchtsschnappschuss, Sonnenuntergangspanormafester (Die Zeit 2003). Hingegen werden komplexere substantivische Zusammensetzungen in Fachwortschätzen zu Systematisierungs- und Präzisierungszwecken der Terminologie eingesetzt, z. B. Stammzelltransplantation, Heizölrückstoßabdämpfung, Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft.20
Bei den obengenannten drei Verzweigungen kommen lau Fleischer et al. folgende Strukturen vor:21
a) Bei beiden Konstituenten handelt es sich um Simplizia: Scheibenwischer, Autobahn, Datenschutz, Betriebssystem
b) Die erste und/oder die zweite Konstituente ist eine Zusammensetzung mit Linksverzweigung: Leichtmetall\rad, Datenschutz\recht, Kryptowährungs\börse; mit Rechtsverzweigung: Tagfahrleuchte, Not\bremsassistent, Vorrats\datenspeicherung;22 mit beidseitiger Verzweigung: Autobahn\raststätte, Haushalts\steckdose.
c) Beim Erst- oder Zweitglied handelt es sich um ein Suffixderivat, beim jeweils anderen Glied um ein Simplex oder Kompositum: Entwicklerplattform, Entwicklungsteam, Geschwindigkeitslimit.
d) Erst- und Zweitglied sind Suffixderivate: Geschwindigkeitsanpassung, Fahrerausbildung, Serververbindung. Außer -er (Fahrerausbilder) und -ung (Lösungsfindung) lassen sich kaum andere Beispiele belegen, bei denen das gleiche Suffix im Erst- und Zweitglied vorkommt.
e) Entgegen alten und wiederholt zu findenden Bemerkungen über die Ungeläufigkeit eines Erstgliedes mit Diminutivsuffix, finden sich heute laut Fleischer et al. Komposita mit demotivierten Diminutiva, wie Mädchenschule, Kaninchenfell. Auch fachsprachliche Begriffe lassen sich nach diesem Muster bilden, z. B. Teilchenstrahlung, Teilchenstrom. Hingegen kommt die Kombination zweier Diminutiva in beiden Konstituenten sehr beschränkt vor.
f) In der deutschen Gegenwartssprache kommen Erstglieder mit dem Motivierungssuffix -in sehr oft vor, allerdings immer mit dem Fugenelement -en, was dann zu -innen wird: Kindergärtnerinnenschule, Käuferinnenschicht, Raucherinnenkinder, Studendinnenwohnheim, Wissenschaftlerinnen- Aussparche, Kanzlerinnengipfel.
g) Beim Erst- oder Zweitglied handelt es sich im ein Präfixwort: Urwaldweg, Reiseunkosten. Komposita, bei denen zwei Präfixwörter vorkommen, sind selten: Urwaldunruhe, Unschuldsurzustand, Misserfolgsurerlebnis, wobei diese Modelle produktiv sind. Die von Fleischer et al. genannten Beispiele weisen eine sehr unterschiedliche Verwendungsfrequenz auf, was auch Fragen zu deren Lexikalisierung und zur Produktivität dieses Bildungsmodells aufwirft. Eine Google-Suche ergibt folgende Ergebnisse: Unschuldsurzustand = zwei Treffer (im Duden-Online nicht verzeichnet), Misserfolgsurerlebnis = kein Treffer (im Duden-Online nicht verzeichnet), Urwaldunruhe = 4000 Treffer (im Duden-Online nicht verzeichnet). Daraus kann geschlossen werden, dass es sich dabei meistens um Okkasionalismen handelt.
h) Erstglieder in Form von Infinitiven werden nach Fleischer et al. in der Regel als Substantive aufgefasst, wobei auch deren Auflösung in verbale Wortgruppen teilweise möglich ist. Das Kompositum Überlebensmethode kann nominal (Methode des Überlebens) oder verbal (Methode zu überleben) paraphrasiert werden. Als A-Konstituenten kommen auch Adjektive und Partizipien, die zu Substantiven konvertiert werden. Hierzu nennt Fleischer et al. folgende Beispiele: Studierendenvertretung, Promovierendenrat, Interessenvertretung von Doktorandinnen und Doktoranden, Angestelltenvertrag.
i) Es existieren zwei Modelle, nach denen Komposita mit substantiviertem Infinitiv entstehen; entweder als Kompositum: Das Autobahnfahren = Das Fahren auf der Bahn, oder als Konversion einer syntaktischen Fügung bzw. eines verbalen Syntagmas: Das Kopfzerbrechen = sich den Kopf zerbrechen, das Rechtsüberholen = auf der rechten Seite überholen.
j) Es gibt drei Modelle, nach denen Wortbildungen, bei denen ein substantivisches Derivat als B-Konstituente auftritt, entstehen. Beim ersten Modell geht es um das Derivat eines Kompositums Datenschutz > Datenschützer. Beim zweiten um ein Kompositum mit einem Suffixderivat Fahrer von Lastkraftwagen > Lastkraftwagenfahrer. Beim dritten um ein Suffixderivat aus einer syntaktischen Fügung bzw. einem Syntagma (in Betrieb nehmen > Inbetriebnahme). Warum aber Fleischer et al. diese Modelle unter dem Punkt Substantiv als Erstglied bei der substantivischen Komposition einordnen, obwohl es sich dabei um ein eindeutiges Derivat handelt, ist fraglich.
k) Komposita entstehen auch mit Fremdelementen. Dabei geht es entweder um ausschließlich aus Fremdelementen bestehenden Zusammensetzungen oder um sogenannte Hybridbildungen, bei denen native Grundmorpheme bzw. Morphemkomplexe mit Fremdelementen zu Komposita kombiniert werden. Dieses Modell erweist sich in der deutschen Gegenwartssprache als sehr produktiv: Cloudlösung, Hautcreme, Haarspray, Soft Drink, Happy End. Bei Komposita mit einem Fremdelement als Erst- und Zweitglied tendiert man zur Getrenntschreibung. Es kann auch bei einer Hybridbildung zu einem Normverstoß hinsichtlich der Kompositionsfuge kommen, wie in: Stabilitäts Controll (Kfz-Technik).
l) Aufgrund des Binaritätsprinzips der Komposition und zu Erleichterungszwecken tendiert man in bestimmten Fällen zur Meidung bzw. Tilgung eines dritten Grundmorphems. Bei identischen Gliedern werden Konstituenten nicht doppelt verwendet: (Wasser-)Leitungswasser, (Sporthallensport, S-(Bahn)-Bahnhof. Das Bestimmungswort beim Substantiv entfällt tendenziell, wenn das ganze Kompositum als Erstglied bei einem erweiterten Kompositum auftritt: (Eisen)-Bahndamm, -körper, -polizei, -post. Hierzu muss angemerkt werden, dass die von Fleischer et al. genannten Beispiele Bahndammpolizei und Bahndammpost auf der Basis einer GoogleSuche nicht ein einziges Mal belegt sind, wobei hier nicht verifiziert werden kann, in welchem Korpus entsprechende Beleg ausfindig gemacht werden können. Aus sprachökonomischen Gründen kommt es auch vor, dass bestimmte Glieder, meistens in der Mittelposition, entfallen: Atomenergiebehörde > Atombehörde, Ärztekammerpräsident > Ärztepräsident.
1.2.1.3.2 Adjektiv als Erstglied
Laut einer empirischen Erhebung auf der Basis des Innsbrucker Korpus beträgt der Anteil von Komposita mit adjektivischem Erstglied nach Wellmann weniger als 10%,23 was auf eine Beschränkung dieses Bildungstyps schließen lässt. Nach Fleischer et al. entstehen beim Typ Adjektiv/Substantiv folgende Formativstrukturen:24
a) Als Erstglied tritt üblicherweise ein adjektivisches Simplex auf: Schnellstraße, Großstadt, Leerlauf
b) Trotz der Präferenz von einsilbigen Adjektiven als Erstgliedern treten auch zweisilbige als A-Konstituenten auf, und zwar z. T. in zahlreichen lexikalisierten Komposita. Dazu zählen z. B. Doppel (-achse, -agent, -ehe, - spitze), Dunkel (-kammer, -zelle, -ziffer), Edel (-gas, -holz, -stein), Mittel (bau, -punkt, -wert), Eigen (-art, -bau, -bedarf, -kapital, -regie), Trocken (anlage, -bau, -dock, -element, -hafen), Bitter (-klee, -salz, -geschmack, - wasser), Bieder (-mann, -sinn), Mager (-milch, -käse, -kost, -sucht), Sauer (braten, -brunnen, -kraut, -milch, -topf). Die Ungeläufigkeit bestimmter zweisilbiger Adjektive als Erstglieder wie heikel, eitel, simpel, düster, finster, hager, heiser, heiter, lauter, munter, sicher, teuer führt Fleischer et al. auf deren Semantik und mangelnde begriffliche Relevanz und nicht auf deren prosodische Struktur zurück.
c) Aus morphologischen Gründen sind Komposita mit adjektivischem Derivat bei Verwendung von nativen Suffixen, wie -bar, -ig, -isch, -lich, als Erstglieder sehr selten. Bei der Bildung von Komposita tritt dann die Derivationsbasis des entsprechenden adjektivischen Derivats als Erstglied auf: pflanzliche Kost > Pflanzenkost und nicht Pflanzlichkost, menschliches Herz > Menschenherz, steiniger Weg > Steinweg (Hier wird die Wortgruppe entgegen der Zusammensetzung aber meistens in übertragenem Sinne verwendet), schulische Probleme > Schulprobleme, eiserne Truhe > Eisentruhe. Komposita mit dem Erstglied Teil + Nomina Actionsis können mit teilweise + Substantiv paraphrasiert werden: Teilautomatisierung > teilweise Automatisierung, Teilrevision > teilweise Revision. Nicht aber Teilbetrag, Teilkonzern. Zu den Ausnahmen zählen, neben Einzelfällen wie Chemischreinigung, Derivate von Volks- und Ländernamen: Englischkenntnisse, Französischkurs, Spanischlehrer 25. Dabei, betont Fleischer et al, ist das Erstglied als substantiviertes Adjektiv aufzufassen. Dieses Modell gilt auch für Farbbezeichnungen, wie Rötlichblond. Schließlich fallen darunter auch Fachausdrücke insbesondere mit Adjektiven auf -ig: Billigflug, Billigangebot, Billigware, Fertigbeton, Fertiggericht, Fertigbau, Fertighaus, Fertigprodukt, Flüssiggas, Flüssigdünger, Flüssigstoff, Niedriglohn, Niedrigenergiehaus, Niedrigverbrauch. Als Erstglieder kommen sehr oft adjektivische Derivate mit einigen Fremdsuffixen wie -al (Kapitalverbrechen, Kolossalbau, Kollateralschaden ), -ar (Elementarereignisse, Primärenergie, Sekundärmarkt), -at (Privatvermögen), -iv (Exklusivrecht, Kursivdruck, Intensivmedizin). Davon ausgeschlossen sind aber andere adjektivische Derivate mit den Fremdsuffixen - abell/ -ibel (komfortabel, reparabel), -ant/ent (tolerant , frequent), -esk (grotesk, clownesk), -os/ös (grandios, seriös). Das Adjektiv modern tritt auch nicht als Erstglied auf und adjektivische Derivate auf -it beschränken sich auf bestimmte Fachwörter wie Indefinitpronomen, Infinitkonstruktion.
d) Partizipialformen, insbesondere als Partizip-II, kommen auch als Erstglieder bei substantivischen Komposita vor, allerdings in sehr geringem Maße im Vergleich zu Adjektiven (Belebtschlamm, Gebrauchtwagen, -fahrzeug, -teile, Gemischtwaren, Vergriffenmeldung, Vermisstmeldung), wobei z. B. das Partizip-II gebraucht mal als unmittelbare Konstituente mal als attributives Adjektiv innerhalb einer Wortgruppe verwendet wird (Gebrauchtwagen aber gebrauchter Computer, gebrauchtes Handy) . Das Partizip I kommt noch seltener als Erstglied zum Einsatz, wobei dessen Verwendung sich auf bestimmte Fachbegriffe beschränkt (Liegendwasser, Lebendgewicht, -masse, -vieh).
e) Als Erstglieder kommen in der deutschen Gegenwartssprache auch Superlativformen von Adjektiven öfter vor (Kleinstmenge, Mindestbetrag, Höchstgrenze, Tiefstpreis, Tiefstwert, Schwerstarbeit, Schwerstbehinderung, wobei z. B. beim Adjektiv hoch nur die Superlativform nicht aber die Grundform als Erstglied üblich ist (Höchstpreis, -grenze, -angebot und nicht Hochpreis, -grenze, -angebot).
1.2.1.3.3 Verbstamm als Erstglied
Fleischer et al. weisen darauf hin, dass die Wortbildungsaktivität des Verbs formativstrukturell die Eigenschaft hat, dass das Verb verschiedene Stammformen bei Kompositionen hat, sodass dieses mit Fugenelement oder ohne (Lesebuch, Bindfaden), mit Vokaländerung oder ohne (Fährhafen, Fuhrpark, Fahrwerk) zum Einsatz kommt. Von dieser Kategorisierung ausgeschlossen sind die volle Form des Infinitivs (Lebenslauf), Präterital- und Partizipialstämme (Schusswaffe), ebenso wie Konversionen aus Partizipien, die den adjektivischen Erstglieder zugeordnet werden.26
Ähnlich wie beim Substantiv und Adjektiv als Erstglied kommen laut Fleischer et al. bestimmte Formativstrukturen vor, die im Folgenden zusammengefasst werden:27
a) Verbstämme kommen in der Regel als Simplizia, Präfixverben oder Partikelverben als Erstglieder bei substantivischen Komposita vor: Tauchroboter, Entladerampe, Verkaufsabteilung, Anfahrassistent, Anschnallpflicht, Ausgehverbot. Nach Kienpointer gelten vor allem die folgenden Verbstämme als besonders produktiv: Abbau- [(Abbauprodukt], Abhör- [Abhörskandal], Back- [Backofen, Backwurst, Backstube], Bade- [Badetuch, Badezimmer, Badewanne], Bau- [Baukosten, Bauplan, Bauwerk], Bohr- [Bohrarbeiten, Bohrmaschine], Denk- [Denkweise, Denkvermögen], Dreh- [Dreharbeiten, Drehmoment], Druck- [Druckpatrone, Druckversion], Fahr- [Fahrschule, Fahrzeug], Flimmer- [Flimmerkasten, Flimmerhärchen], Förder- [Förderband, Fördermenge], Gefrier- [Gefrierpunkt, Gefrierschrank], Heil- [Heilmittel, Heilmethode], Heiz- [Heizöl, Heizleistung], Koch- [Kochkunst, Kochtopf], Les(e)- [Lesebuch, Leseecke], Leucht- [Leuchtmasse, Leuchtturm], Reit- [Reitsport, Reitstiefel], Sammel- [Sammelband, Sammelrechnung], Schreib- [Schreibgerät, Schreibmaschine], Schwimm- [Schwimmweste, Schwimmbad], Sprech - [Sprechstunde, Sprechfertigkeit], Sterb(e)- [Sterbeurkunde, Sterbegeld], Stink(e)- [Stinkbombe, Stinkdrüse], Wander- [Wanderschuhe, Wanderweg], Wasch- [Waschmaschine, Waschpulver], Werbe- [Werbeanzeige, Werbebotschaft].28
b) Grundsätzlich können auch fremdsprachliche Verbstämme als Erstglieder bei substantivischen Komposita vorkommen, auch wenn deren Frequenz im Vergleich zu nativen Verbstämmen geringer ausfällt: Charterflug, Mixgerät. Dies gilt aber nicht für Verbstämme auf -ier: Chiffriersprache, Kodierstecker, Experementierfreude, Kopiervorlage, Passierschein, Rasierapparat, Visierobjekt. Seit der massenhaften Verbreitung des Internets haben sich manche Verbstämme englischen Ursprungs als besonders produktiv und kompositionsfähig erwiesen. Dabei geht es z. B. um die Verbstämme download, upload und surf: Downloadgeschwindigkeit, Uploadgeschwindigkeit, Surfverhalten.
c) Bei substantivischen Komposita des Typs Verb/Substantiv kommt es selten zu Kopplungen mehrerer Verbstämme. Diese kommen besonders in der technischen Fachsprache vor, wie Mischsortierverfahren, Streckspinnverfahren.
d) Verbstämme, die mit einem Substantiv oder Adjektiv gekoppelt sind, kommen häufiger als Erstglieder bei substantivischen Komposita vor. Bei diesem Bildungstyp gilt die erste unmittelbare Konstituente als Syntagma: Brötchenbacklinie, Schrottholedienst, Lasthebemagnet. Wortbildungen, in denen erst die zweite unmittelbare Konstituente den Verbstamm enthält, d.h. in denen diese als solche lexikalisiert ist, wie Betonmischmaschine, Qualitätstrinkmilch oder Müllsortieranlage, gelten als Komposita nach dem Typ Substantiv/Substantiv.29
e) Bei manchen Komposita liegt dem simplizischen Verbstamm als Erstglied ein komplexes Verb, meist mit Linkserweiterung, zugrunde: Lösegeld> auslösen, Rieselfeld > berieseln, Flammpunkt > entflammen, Zerrbild > verzerren. Auch mit Links- und Rechtserweiterung beim Verbstamm Schad-: Schadfraß, Schadholz > beschädigen.29
1.2.2 Die Derivation und die Konversion
Die zweite Möglichkeit zur Wortneubildung beim Substantiv im Deutschen ist die Derivation30. Hierzu wird zwischen expliziter und impliziter Derivation unterschieden. Nach Elsen geht es bei der expliziten Derivation um das Anhängen eines Derivationsaffixes an die Derivationsbasis (Suffix oder Präfix) (Reich tum, Miss ernte). 31 Nach Fleischer et al. bestehen Derivate aus Derivationsbasis und Derivationsaffix. Die Derivationsbasis tritt oft als Wortstamm auf (Un glück, Wissen schaft). Derivationsaffixe kommen vor als: 1. Präfixe (Miss glück, Urwald) 2. Suffixe (Mann schaft) 3. Zirkumfixe (Ge lach e). Aus der Derivationsbasis (Erfolg) lässt sich durch das Anhängen eines Affixes (Miss) das Derivat (Misserfolg) bilden.32 33 Charakteristisch bei der Derivation gegenüber der Konversion ist die Tatsache, dass im Derivationsprozess ein Wortartwechsel nicht zwangsweise auftritt. Klugheit aus Klug (Wortartwechsel), Misserfolg aus Erfolg (kein Wortartwechsel). Bei der substantivischen Konversion geht es lediglich um die Bildung eines Substantivs aus einer anderen Wortart oder einer syntaktischen Fügung, und zwar ohne Beteiligung von Affixen. Laut der Duden-Grammatik gehören zur Konversion folgende Typen: 1. Bildung von Substantiven: A. Adjektiv zu Substantiv: krank > ein Kranker / der Kranke. B. Partizip zu Substantiv: ein Reisender, der Angestellte. C. Verb zu Substantiv: das Essen, das Spiel, die Reise. D. Syntaktische Fügungen zu Substantiv: das So-tun-als-ob. E. Andere Wortarten zu Substantiv: kein wenn-und-aber3 In der Wortneubildung kommt der substantivischen Derivation keine große Bedeutung zu, wobei es sich aber als erwähnungswert erweist, dass z. B. substantivische Derivate den größten Anteil an der Gesamtzahl bei Derivaten in der Neologismen-Stichwortliste des Instituts für deutsche Sprache ausmachen, was darauf schließen lässt, dass das Substantiv nicht nur bei der Komposition sondern auch bei der Derivation die produktivste Wortart bei Wortneubildungen darstellt. Bei der Bildung von Substantiven tendiert man bei Wortneubildungen zu den fremdsprachlichen Affixen (Anti-, Hyper-, Ko-, -ismus, -ment, -ie, -ing, -ur, -ent, -ät) sowie zu Konfixen. Dagegen haben die nativen Affixe einen kleinen Anteil daran. Zur besseren Veranschaulichung des Affixbestandes bei Wortneubildungen liegen entsprechende Anhänge mit anschaulichen Tabellen bei.
1.2.3 Die Kurzwortbildung
In der Wortneubildung greift man sehr oft aus sprachökonomischen Gründen auf die Kurzwortbildung zurück34 35. Nach Fleischer et al. ist die Kurzwortbildung eine Wortbildungsart, deren Ausgangseinheiten bzw. die Vollformen entgegen der Komposition, der Derivation und der Konversion semantisch mit ihren Wortbildungen, den Kurzwörtern, übereinstimmen. Durch die Kurzwortbildung entstehen weder semantische Subklassen noch eine veränderte Bedeutungsklasse (Antiblockiersystem > ABS, Auszubildender >Azubi).35 Die Duden-Grammatik definiert Kurzörter als Substantive, und zwar Appellative (Gattungsbezeichnungen) und Eigennamen, die aus der Kürzung von komplexeren Wörtern oder syntaktischen Fügungen entstehen (Datenschutz-Grundverordnung > DSGVO, Bayrische Motorenwerke > BMW). 36 Die Kurzwortbildung bringt somit Kurzwörter hervor, die den Wortschatz erweitern und in manchen Fällen anstelle der vollen Wortformen verwendet werden. So verwendet man heutzutage z. B. bei vielen Nomen und Eigennamen, insbesondere Institutionsnamen eher die Kurzform z. B. EZB statt Europäische Zentralbank und Fußball-WM statt Fußballweltmeisterschaft. Bei der Auseinandersetzung mit Pressetexten stellt sich heraus, dass besonders bei Eigennamen auf Kurzwörter zurückgegriffen wird, die aus fremdsprachlichem Wortgut zusammengesetzt sind (UNO für die Vereinten Nationen, UNESCO, HIV). Hierzu ist Barz in der Duden-Grammatik der Ansicht, dass man hier mit Grenzfällen der Wortbildung zu tun hat, die darauf zurückzuführen sind, dass es sich dabei um entlehnte Kurzwörter handelt, die als solche aus der Gebersprache entlehnt wurden, wobei deren Vollform in der deutschen Sprache selten oder gar nicht verwendet wird. Demzufolge und da die deutsche Sprache Kurzwort und Vollform nicht als Ausdrucksalternativen betrachtet, haben diese Kurzwörter den Status eines Lehnwortes (Aids, HIV, Laser, Radar, PC). Die Tatsache, dass diese Wörter in der Gebersprache durch Kürzung entstanden sind, spielt für ihre Verwendung in der deutschen Sprache außer in fachsprachlicher Kommunikation keine Rolle.37
1.2.3.1 Kurzworttypen
Kurzwörter lassen sich nach der Anzahl der Segmente der Vollform und ihrer Aussprache klassifizieren:38
a) Nach der Anzahl der Segmente: Nach Fleischer et al. unterscheidet man auf dieser Ebene drei Kuzworttypen. Die erste Gruppe bilden die multi segmentalen Kurzwörter, die mehrere Segmente enthalten (Allgemeiner Deutscher Automobil-Club > ADAC, Datenschutz-Grundverordnung > DSGVO, Allgemeine Geschäftsbedingungen > AGB). Die zweite Gruppe bilden die unisegmentalen Kurzwörter, die aus einem einzigen Segment der Vollformen bestehen (Solidaritätszuschlag > Soli). 39 Als dritte Gruppe bezeichnet man partielle Kurzörter, die aus einem gekürzten Teil und einem unveränderten Teil der Vollform zusammengesetzt sind (Untergrundbahn> U- Bahn, Untersuchungshaft > U-Haft, Elektromotor > E-Motor, Atombombe > A-Bombe)40
b) Nach ihrer Aussprache: Laut Barz in der Duden-Grammatik werden hierbei drei Typen unterschieden: 1. Phonetisch gebundene Kurzwörter werden zusammenhängend wie ein Wort ausgesprochen (DAX > Deutscher Aktienindex) 2. Phonetisch ungebundene Kurzwörter werden nach den Anfangsbuchstaben ausgesprochen (DIHK > Deutscher Industrie- und Handelskammertag, BWL > Betriebswirtschaftslehre) 3. Mit beiden Aussprachevarianten (FAZ)41 Laut Fleischer et al. weisen Kurzwörter in der Wortbildung eine besonders große Produktivität auf, indem sie mit anderen Wortstämmen oder Affixen kombiniert werden. Sowohl in usuellen als auch in okkasionellen Wortbildungen sind Kurzwörter als Kompositionsglieder sehr verbreitet und fallen gegenüber anderen Kompositionsgliedern kaum auf, wie TÜV-Bericht, EU-Parlament, UNO-Beschluss. Dieselben Autoren führen die hohe Frequenz von Komposita mit Kurzwörtern darauf zurück, dass sie trotz ihrer mehrfachen Komplexität eine einfachere syntaktische Struktur anbieten als die jeweiligen Vollformen42, wobei der Anteil der Initialkurzwörter 90% des Gesamtbestandes bei Namen von ,Staaten, Parteien, Vereinen, Verbänden, Organisation, Institutionen, Publikationsorganen und Wirtschaftsunternehmen4 beträgt.43 Die hohe Verwendungsfrequenz gilt besonders für Ad-hoc- Bildungen in der Politik (BSE-Skandal, NSA-Spionageskandal): „ NSASpionageskandal: Snowden-Partner Greenwald kündigt neue Enthüllungen an “ (Spiegel Online, 19.07.2013) . Bei der Wortschatzerweiterung wird sehr oft auf Kurzwörter zurückgegriffen, so dass viele ins Lexikon aufgenommen werden. Fleischer et. erklären dies unter Anlehnung an Eroms mit ,eine[r] Antwort auf die immer größer werdende Komplexität, unserer modernen Welt‘.44 Sie fügen hinzu, dass Kurzwörter einen schnellen Zugriff auf komplexe Bezeichnungen von Dingen, Sachverhalten oder Personen ermöglichen und ein sogenanntes ,Eigenleben gewinnen4 (ARD> Arbeitsgemeinschaft der Rundfunkanstalten Deutschlands oder ver.di > Vereinigte Dienstleistungsgewerkschaft), so dass dafür lexikografische Inventare auch online erstellt werden, um sie den Sprachbenutzern durchschaubar zu machen.45 In der Kurzwort-Neubildung unterscheidet man nach Fleischer et al. drei Typen von Kurzwörtern:46
1. Appellativa im Allgemeinwortschatz: AG > Aktiengesellschaft, Alg I > Arbeitslosengeld 1, Azubi > Auszubildender, BLZ > Bankleitzahl, e.V. > eingetragener Verein, GmbH > Gesellschaft mit beschränkter Haftung, ICE > Intercityexpress, Kfz > Kraftfahrzeug, MwST > Mehrwertsteuer.
2. Eigennamen im Allgemeinwortschatz: Firmennamen VW > Volkswagen, Parteien FDP > Freie Demokratische Partei, Vereine BVB > Ballspiel-Verein Borussia, Veranstaltungen WM > Weltmeisterschaft. Bemerkenswert ist bei Eigennamen die Tatsache, dass die meisten Namen nur gekürzt verwendet werden und deren Vollform so gut wie nie auftaucht, wobei vielen Sprachteilnehmern die Vollformen gar nicht bekannt sind.
3. Fachwörter: Sie bestehen zum größten Teil aus Buchstaben- oder Initialkurzwörtern und gehen größtenteils auf fremdsprachliche Vollformen zurück: HIV> human immunodeficiency virus, HTML > Hypertext Markup Language. Fremdsprachliche Initialkurzwörter kommen besonders in bestimmten Fachgebieten wie der Informationstechnologie bzw. der Informatik (BIOS > Basic Input/Output System, DSL > Digital Suscriber Line) vor. Dies trifft aber wenig auf Fachgebiete zu, in denen traditionell deutsche Unternehmen eine Vorreiterrolle spielen, wie in der Kfz-Technik (ABS > Antiblockiersystem, G-Kat > geregelter Katalysator).
Neben den usuellen Neuaufnahmen an Kurwörtern in Standardwörterbüchern weist die Pressesprache eine sehr große Verwendungsfrequenz von als Ad-hoc- Bildungen bezeichneten Wortneubildungen auf, die über einen relativ langen Zeitraum hinweg mehrfach belegt sind, aber nicht zu den lexikalisierten Neuaufnahmen gehören (SPD-Parteichef, UNO-Mission, ADAC-Bericht). Als Neologismen geltende Kurzwörter aus der IDS-Stichwortliste weisen z. B. eine hohe Verwendungsfrequenz auf und sind zum Teil lexikalisierte Neuaufnahmen in Wörterbüchern (E-Banking> electronic Banking, E-Cash, Mc-Job > niedrig bezahlter Job als Anspielung auf solche Jobs bei McDonalds, MP3-Player, Meck-Pom > Mecklemburg-Vorpommern, Mechtronik > Mechanik und Elektronik: interdisziplinäres Fachgebiet der Ingenieurwissenschaften, TFT-Bildschirm). Auffallend dabei ist die Tatsache, dass sowohl Okkasionalismen als auch Neologismen sehr oft als Erstglieder in Komposita mit anderen Vollformen auftreten, wie in den bereits genannten Beispielen veranschaulicht.
1.3 Zur Wortbildung des Adjektivs
1.3.1 Die Komposition
1.3.1.1 Stabilität der Wortstruktur und Schreibung
Laut Fleischer et al. gelten die Charakteristika substantivischer Komposita in großem Maße für adjektivische, wobei das adjektivische Kompositum sich durch die prinzipielle Stabilität der Wortstruktur kennzeichnet.47 Somit gelten adjektivische Komposita als stabile und wortintern nicht flektierbare Wörter. Sie werden zusammengeschrieben, wobei die Bindestrichschreibung für Kopulativkomposita erlaubt ist: schneebedeckt, himmelblau, rostgeschützt, goldbeschichtet, österreichisch-italienisch(e Grenze). Die Bindestrichschreibung ist bei bestimmten Erstgliedern sogar obligatorisch: Bei Kurzwörtern TÜV-geprüft, bei Einzelbuchstaben x-beliebig und Ziffern 18-jährig. Weiterhin könnte man sich bei departizipialen Adjektiven als Erstgliedern, nach eigenem Ermessen, für die Schreibung als Kompositum oder syntaktische Fügung entscheiden, da hierbei Grenzen mitunter unscharf sind: Ein Besorgnis erregendes Szenario (syntaktische Fügung) oder ein besorgniserregendes Szenario (Kompositum).
Anders verhält es sich bei formalen Differenzen zwischen syntaktischer Fügung und Kompositum, wenn sich z. B. durch eine Präposition in der syntaktischen Fügung, die im Kompositum eingespart wird, klare Unterschiede erkennen lassen: Eine durch die Maschine gestützte Übersetzung (Syntaktische Fügung) oder eine maschinengestützte Übersetzung ( Kompositum). Bei einem dritten Fall sind beide Schreibungen ohne weitere Auflagen zulässig, d.h. entweder als Kompositum oder als syntaktische Fügungen. Dabei geht es um Verbindungen, die solche Differenzen nicht erkennen lassen: weit reichend oder weitreichende Zuständigkeit, weit verbreitet oder weitverbreitete Auffassung.48
Diese stabile Wortstruktur lässt laut Fleischer et al. eine gewisse Relativierung zu, die im Folgenden beschrieben wird:
a) Durch konstruktionsinterne Komparativ- und Superlativformen (hoch-, höher, höchstempfmdlich)
b) Durch Infigierung des Negationselements -un- (rostunbeständig')
c) Durch Zusammensetzungen mit Durchkopplungsbindestrich und gleichmäßiger Akzentuierung der Konstituenten (unter landsmännisch- heimatlich-festlichen Umständen, Thomas Mann)
d) Durch Zusammensetzungen mit onymischem Erstglied (goethefreundlich, karzugewandte Person, berlinfreundliche Jugend), wobei solche Wortbildungen kaum Lexikalisierungschancen haben.
e) Durch Erscheinungen der Dekonstruktion (lese- und schreibkundig).48
1.3.1.2 Morphologische Charakteristik
Bei adjektivischen Komposita treten meistens Substantive und Adjektive als Erstglieder auf. Verben, Konfixe und Funktionswörter kommen seltener als Bestimmungswörter vor. Als Zweitglieder können primäre und sekundäre Adjektive sowie Konfixe fungieren.49
1.3.1.2.1 Substantiv als Erstglied
Laut Fleischer et al. können einfache und komplexe Wörter als Erst- oder Zweitglieder vorkommen. Dabei führen die Autoren folgende Formativstrukturen auf:50
a) Die Verwendung von Simplizia als unmittelbare Konstituenten: wesensfremd, artenreich, cyberkriminell (IT-Sicherheit), glanzgedreht (Kfz).
b) Ein Kompositum als Erstglied: kornblumenblau, zigarrenkistengroß. Die Kombination zweier Komposita ist sehr selten: bierflaschendunkelgrün, wobei laut Donalies solche komplexen Bildungen eher okkasionellen Charakter haben.51
c) Ein Suffixderivat als Erst- oder Zweitglied: preisehrlich, stellungsfest, höhenverstellbar
d) Das Erstglied ist ein Kompositum und das Zweitglied ein Suffixderivat: datenschutzrechtlich (e) (Bestimmungen).
e) Die beiden unmittelbaren Konstituenten sind Suffixderivate: berührungssensitiv es (Display), produktionstechnisch.
f) Eine der beiden Konstituenten ist ein Präfixwort: unschuldsvoll.
g) Infinitive als Erstglieder: sterbenselend. Auch in Verbindung mit -wert: empfehlens-, lobens-, nennenswert.
h) Fremdsprachliche Elemente verbinden sich in gleicher Weise zu Komposita mit ihresgleichen oder mit indigenen Grundmorphemen, bzw. Morphemkomplexen: systemimmanent, medienproportional, computergestützt, serverbasiert (IT), Crash-gestestet (Kfz). Dabei kommen Fremdelemente in einem fachsprachlichen Kontext mitunter auch als Kurzwörter vor: LTE-fähig, IP-basiert, NFC-basiert(e) (Zahlung)
i) Partizipialkomposita haben eine ähnliche Struktur wie Komposita mit adjektivischem Zweitglied: preisverbilligend, glasfaserverstärkt, chromumrandet.
j) Eigennamen als Erstglied: Siehe oben 1.3.1.1 d
1.3.1.2.2 Adjektiv als Erstglied
Tritt beim adjektivischen Kompositum ein Adjektiv als Erstglied auf, so werden hier Determinativ- und Kopulativkomposita unterschieden. Laut Fleischer et al. lassen sich u.a. folgende Formativstrukturen erkennen:52
A) Determinativkompositum: Beim Determinativkompositum werden laut Fleischer et al. fünf Formativstrukturen unterschieden, die im Folgenden beschrieben werden:
1) Beide unmittelbare Konstituenten des Kompositums sind Simplizia oder Derivate: dünnflüssiges Öl, knusprig-braunes Spanferkel, objektivwissenschaftliche Grundlagen, physikalisch-mechanische Reaktion. Partizipalstrukturen weisen ähnliche Strukturen auf: schwerverletzt, linkssteigende, rechtssteigende Ausführung.
2) Bei Bindestrichschreibung von adjektivischen Determinativkomposita können bei Auflösung in eine Wortgruppe z. T. entweder das Erst- oder Zweitglied oder beide Glieder in ein Substantiv umgesetzt werden: mathematischnaturwissenschaftliche Gesichtspunkte - auf Mathematik und Naturwissenschaften basierende Gesichtspunkte, wissenschaftlichtechnischer Fortschritt - Fortschritt in Technik und Wissenschaft. Die Möglichkeit dieser Umsetzung führt Fleischer auf die engen semantischen Beziehungen zwischen den adjektivischen Derivaten und ihrer substantivischen Basis. Hingegen ist eine solche Paraphrasierung in anderen Fällen unmöglich, und zwar bei Komposita, bei denen Konstituenten sich ergänzen oder verstärken: freundschaftlich-kameradschaftlicher Händedruck.
3) Eine Besonderheit beim adjektivischen Erstglied ist die Verwendung von Superlativformen, insbesondere in Kombination mit möglich: kleinstmöglich, schnellstmöglich. Bei einem Partizip II als Zweitglied treten oft die Superlativform meist- und best- auf: Der meistverkaufte Kleinwagen, besterzielte Ergebnisse.
B) Kopulativkompositum: Ähnlich wie substantivische Determinativkomposita lassen sich adjektivische Kopulativkomposita paraphrasieren. Dabei sind laut Fleischer et al. wie beim Substantiv verschiedene Interpretationen möglich, ob subordinativ oder koordinativ. Dazu führen Fleischer et al. folgende Interpretationen auf:53
1) Zur Benennung von zwei Eigenschaften einer Person: Dummdreist, -stolz, -faul; blöd-robust (J.R. Becher).
2) Koppelungen mit relativen Adjektiven, die bei Paraphrasierung in eine substantivische Wortgruppe mit semantischer Äquivalenz aufgelöst werden: Deutsch-französische Grenze (Grenze zwischen Deutschland und Frankreich). Bei Sprachbezeichnungen gilt die semantische Relevanz der Reihenfolge: Deutsch-Arabisches Wörterbuch.
3) Bei der Kombination mehrerer Farbadjektive geht es entweder um
Determinativkomposita mit subordinativer Bedeutung (grauweiß, rotbraun) oder Kopulativkomposita mit koordinativer Wortbildungsbedeutung (schwarzweiß). Bei einer subordinativen Wortbildungsbedeutung wird die Bindestrichschreibung bevorzugt (schwarz-rot-goldene Fahne).
4) Die sog. verdeutlichenden Gleichsetzungskomposita stellen ein weiteres Modell von Kopulativkomposita dar mit der Wortbildungsbedeutung äquativ-explikativ. Dabei steht das Zweitglied in appositionellem Verhältnis zum Erstglied: Komplexvielschichtiges Gebiet, rundlichherzförmige Blätter.
Dieses Wortbildungsmodell mit koordinativer Wortbildungsbedeutung ist besonders bei okkasionellen Bildungen etwas produktiv. Dazu nennt Wellmann et al. in der DWb 5 u.a. folgende Beispiele: rythmischtaktmäßig, langweilig-eintönig.
1.3.1.2.3 Verbstamm als Erstglied
Laut Fleischer et al. kommt die adjektivische Komposition mit verbalem Erstglied insbesondere in technischen Fachsprachen, in der Werbung und in der Lyrik zum Einsatz,54 wobei der Anteil verbaler Erstglieder bei adjektivischen Komposita z. B. im Innsbrucker Korpus mit nur 1,6 % im Vergleich zu den substantivischen und adjektivischen Erstgliedern sehr gering ausfällt.55 Mit einem Verbstamm lassen sich insbesondre die Adjektive fähig (ausbaufähig, tragfähig,), fest (bügelfest, zerreißfest, knitterfest), sicher (rutschsicher, fahrsicher), kundig (schreibkundig) verbinden. In Anlehnung an Kienpointner56 entstehen laut Fleischer et al. folgende Wortbildungsbedeutungen, wobei folgende Symbole verwendet werden: A = verbales Erstglied, B = adjektivisches Zweitglied, X = substantivisches Bezugswort:
1) Konsekutive Wortbildungsbedeutung: X ist so B, dass A eintritt: siedeheiß hüpfgesund, treffgenau;
2) Limitativ-relationale Wortbildungsbedeutung: X ist B in Bezug auf A: bremssichere Straße, rutschsicherer Bodenbelag, reißfestes Material, denkfauler Mensch, redegewandter Politiker, schreibgewandtes Kind, schreibgeschützte Datei (EDV).
3) Kausal-modale Wortbildungsbedeutung: X ist B wegen A: lachheiße Wangen, saufselige Nächte.
1.3.1.2.4 Sonstige Elemente als Erstglieder
Neben den Substantiven, Adjektiven und Verbstämmen können sonstige Erstglieder bei der adjektivischen Komposition auftreten. Dabei geht es um Pronomen, Adverbien und Präpositionen, Buchstabenkurzwörter, Konfixe und Syntagmen. Da diese Wortbildungselemente gerade bei fachsprachlichen Wortneubildungen nicht selten zum Einsatz kommen, erweist es sich als notwendig, im Einzelnen und ausführlich darauf einzugehen. Die vorgenannten Erstglieder werden von Fleischer et al. wie folgt zusammengefasst erläutert:
1) Pronominale Erstglieder: Das Pronomen selbst ist dabei das produktivste Element (z. B. selbstsicher, selbsttätig, selbstverständlich). Im Wörterbuch der deutschen Gegenwartssprache sind 17 Komposita mit Partizip II (z. B. selbstgebacken, selbstgemacht, selbstgestrickt) und zwei mit Partizip I als Zweitglied (selbstredend, selbsttragend) verzeichnet. Die meisten Bildungen haben hier eine demotivierte Wortbildungsbedeutung.
2) Unflektierbare Erstglieder: Dabei geht es um Adverbien und Präpositionen, die sich auch mit adjektivischen Zweitgliedern verbinden lassen.
A) Adverbien: Das Adverb wohl als Erstglied bei adjektivischen Komposita stellt eine aktive Ausnahme unter den Adverbien, die sonst nahezu kompositionsinaktiv sind. Das Adverb lässt sich überwiegend mit dem Partizip I und II verbinden (wohllautend, wohlriechend, wohltuend, wohlausgewogen, wohlbedacht), wobei diese keine semantischen Differenzierungen zu den entsprechenden Wortgruppen mit wohl oder gut aufweisen (wohlbegründet = sehr gut begründet).
B) Präpositionen lassen sich als Erstglieder insbesondere mit Partizipien verbinden. Auf semantischer Ebene: abgelegen, abgeneigt, abgeschottet, angeschlagen, umstritten, umstellt.
C) Buchstabenkurzwörter treten bei der adjektivischen Komposition als Erstglieder auf und bewahren ihre Großschreibung: EU-weit, PVC- beschichtet, wobei bei abgekürzten Substantiven mit kleingeschriebenen Kurzwörtern auch in Verbindung mit einem Adjektiv die Kleinschreibung gilt (Kfz-technische Ausbildung). Der Bindestrich ist in allen Fällen obligatorisch. Es ist auch auf den hohen Anteil fremdsprachlicher Buchstabenkurzwörter als Erstglieder bei adjektivischen Komposita hinzuweisen, und zwar insbesondere in einem fachsprachlichen Kommunikationskontext, etwa in der Informationstechnologie (LTE-fähig, WLAN-fähig, IP-basiert, IoT-basiert). Dabei erweisen sich die Zweitglieder -fähig und -basiert als besonders produktiv.
D) Als Erstglieder bei adjektivischen Komposita begegnen auch Konfixe, die sonst bei substantivischen Komposita stärker ausgebaut sind. Besonders produktiv die Präkonfixe uni- und multi- (unilateral, multilateral, uniform, unikal). Die Präkonfixe mono- und poly- sind ebenfalls produktiv, jedoch vorwiegend in Verbindung mit anderen Konfixen (monogam, polygam, monochrom, polychrom). Andere Konfixe sind z. B. semi- (semilateral), thermo- (thermostatisch, thermoelektrisch), elektro- (elektromechanisch, elektrochemisch, elektromagnetisch).5
1.4 Zu den Wortgruppenlexemen
Da der Gegenstand der vorliegenden Arbeit in der Untersuchung von Wortneubildungen der Kfz-Technik und der Informationstechnologie liegt, erweist es sich als notwendig, auf den Forschungsstand der Wortgruppenlexeme einzugehen, da es sich im Vorfeld der empirischen Untersuchungen herausgestellt hat, dass dieses Verfahren zur Wortschatzerweiterung eine hohe Produktivität bei Wortneubildungen in Fachsprachen der deutschen Gegenwartssprache aufweist. Hierzu können Begriffe wie Dynamische Stabilitäts Control aus der Kfz-Technik oder Embedded System aus der Informationstechnologie erwähnt werden.57 58
Nach Möhn, wie von Elsen zitiert, geht es bei den Wortgruppenlexemen, die auch unter dem Begriff „Mehrworttermini“ bekannt sind, um lexikalisierte feste Fügungen, die aus mindestens zwei getrennt geschriebenen Wörtern zusammengesetzt sind. Von den Komposita unterscheiden sie sich durch ihre getrennte Schreibung. Mehrwortlexeme bleiben somit beieinander und sind nicht austauschbar. Sie bezeichnen eine begriffliche Einheit, die eine spezialisierte Bedeutung innehat.59 60 Elsen fügt hinzu, dass die Bedeutung von Mehrwortlexemen entgegen den Phraseologismen aus den Einzelwörtern erschlossen werden kann (Allgemeine Sprachwissenschaft, der Eiserne Vorhang, die Europäische Gemeinschaft). Aus Mehrwortlexemen können ähnlich wie aus Einzellexemen Kurzwörter entstehen (ZDF)6 Aus persönlichen Beobachtungen gilt das besonders bei Eigennamen (ZDF: Zweites Deutsches Fernsehen, DFB: Deutscher Fußballbund). Da Mehrwortgruppenlexeme besonders in Fachsprachen zum Einsatz kommen, charakterisieren sie sich gegenüber Komposita dadurch, dass sie keine Konnotationen oder pragmatischen Interpretationen offenlassen, indem sie neue spezielle Referenten schnell und exakt bezeichnen. Dies geschieht auch durch den Gebrauch von definitorischen durch den fachlichen und theoretischen Hintergrund fixierten Lexemen. Diese theoretische Hypothese bedarf eines konkreten Beispiels. Hört man das Kompositum Gerechtigkeitslücke, so lässt das mehrere Interpretationen offen (eine Lücke im Justizwesen, eine Lücke in einem Gerichtsurteil, eine Lücke in der Gleichbehandlung verschiedener Personen). Hingegen erschließt sich die Bedeutung aus einem Mehrwortlexem wie Globales Dorf viel einfacher und ohne weitere Konnotationen. In der Neologismen-Forschung zählt die Bildung von Wortgruppenlexemen zu den Wortbildungstechniken, die in den 90er Jahren einige Neologismen hervorgebracht haben (goldener Handschlag, Globales Dorf). Im Online-Wörterbuch des Instituts für Deutsche Sprache sind solche Stichwörter wie goldener Handschlag und robustes Mandat als Phraseologismen verzeichnet, ähnlich wie den Ball flach halten und bis der Arzt kommt, die eine komplexere syntaktische Struktur aufweisen. Nach einem Schriftwechsel per E-Mail mit Frau Dr. Doris Steffens, der ehemaligen Leiterin des Projekts „Lexikalische Innovationen“ im IDS Mannheim, über die Zuordnung der Einheiten goldener Handschlag und robustes Mandat zu den Phraseologismen, meinte sie:
Im Bereich der Phraseologismen gibt es eine großen [sic!] terminologische Uneinheitlichkeit. Wir nennen diese Einheiten Phraseologismen, andere nennen sie Phraseme, Wortgruppenlexeme oder Mehrwortlexeme, feste Wortverbindungen usw. Wir verstehen unter Phraseologismen neue feste Wortverbindungen, die im Deutschen entstanden sind.61
[...]
1 Als Hybridbildung gilt eine Wortbildung, die aus einer nativen und einer fremdsprachlichen Konstituente besteht, z. B. Softwarelösung.
2 Vgl. Fleischer, Wolfgang / Barz, Irmhild / Schröder, Marianne: Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache, 4. Aufl. / völlig neu bearb. von Irmhild Barz. Unter Mitarb. von Marianne Schröder, Berlin/Boston: Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, 2012, S. 5.
3 Vgl. Fleischer et al. (2012), S. 5.
4 Vgl. Fleischer et al. (2012), S. 5 f.
5 Vgl. Schippan, Thea: Lexikologie der deutschen Gegenwartssprache, Tübingen: Max Niemeyer Verlag, 2002, S. 102.
6 Fleischer et al. (2012), S. 5.
7 Munske, Horst Haider: Über den Wandel des deutschen Wortschatze, in: Besch, Werner (Hrsg.): Deutsche Sprachgeschichte. Grundlagen, Methoden, Perspektiven. Festschrift für Johannes Erben zum 65. Geburtstag, Frankfurt am Main, 1990, S. 398, zit. nach Fleischer et al. (2012), S. 20.
8 Vgl. Fleischer et al. (2012), S. 20.
9 Vgl. Fleischer et al. (2012), S. 21 f.
10 Vgl. Feilke, Helmut: Sprache als soziale Gestalt. Ausdruck, Prägung und die Ordnung der sprachlichen Typik, Frankfurt am Main Frankfurt am Main: Suhrkamp-Verlag, 1996, S.81, zit. nach Fleischer et al. (2012), S. 23.
11 Vgl. Feilke, (1996), S.81, zit. nach Fleischer et al. (2012), S. 24.
12 Vgl. Wellmann, Hans: Die Wortbildung, in: Duden. Grammatik der deutschen Gegenwartssprache. Dudenredaktion (Hrsg.), 6. neu bearbeitete Auflage, Mannheim/Leipzig, 1998, S. 409.
13 Fleischer et al. (2012), S. 68.
14 Vgl. Fleischer et al. (2012), S. 127 f.
15 Vgl. Barz, Irmhild: Die Wortbildung, in: Duden. Die Grammatik, Dudenredaktion (Hrsg.), 8. überarbeitetet Auflage, Mannheim: Bibliografisches Institut GmbH, 2009, S. 711.
16 Vgl. Fleischer et al. (2012), S. 128 f
17 Vgl. Barz (2009), S. 716 f
18 Vgl. Barz (2009), S. 716 f
19 Vgl. Fleischer et al. (2012), S. 136.
20 Vgl. Barz (2009), S. 716 f.
21 Vgl. Fleischer et al. (2012), S. 136 ff.
22 Bei bestimmten Komposita ist die Links- bzw. Rechtsverzweigung nicht eindeutig, sodass beides plausibel scheint: Cloud|speicherdienst = Speicherdienst im Cloud oder Cloudspeicher|dienst = Dienst für einen Cloudspeicher.
23 Vgl. Wellmann (1998), S. 488, zit. nach Fleischer et al. (2012), S. 152.
24 Vgl. Fleischer et al. (2012), S. 152 f
25 Vgl. Willmanns, Wilhelm: Deutsche Grammatik. Gotisch, Alt-, Mittel- u. Neuhochdeutsch. 2. Abt.: Wortbildung. Straßburg: Karl. J. Trübner, 1899, S.514, zitiert nach Fleischer et al. (2012), S. 154.
26 Vgl. Fleischer et al. (2012), S. 159.
27 Vgl. Fleischer et al. (2012), S. 161 f
28 Kienpointner, Maria: Wortstrukturen mit Verbalstamm als Bestimmungsglied in der deutschen Sprache, Innsbruck: Institut für Germanistik, 1985, S. 390 ff., zitiert nach Fleischer et al., 2012, S. 161.
29 Dies wirft aber Fragen auf, denn auch bei Brötchenbacklinie und Lasthebemagnet darf es sich um ein Kompositum mit zwei Substantiven handeln, wenn man bedenkt, dass dabei Backlinie und Hebemagnet als zweite unmittelbare Konstituente zu betrachten sind, da diese lexikalisiert sind und als solche verwendet werden.
30 Vgl. Hamreras (2014), S. 26.
31 Vgl. Elsen (2004), S. 29.
32 Vgl. Fleischer et al. (2012), S. 86.
33 Vgl. Barz (2009), S. 667.
34 Vgl. Hamreras (2014), S. 28-31.
35 Vgl. Fleischer et al. (2012), S. 277.
36 Vgl. Barz (2009), S. 733.
37 Vgl. Barz (2009), S. 733.
38 Vgl. Barz (2009), S. 734.
39 Vgl. Fleischer al. (2012), S. 277.
40 Vgl. Bellmann, Günter: Zur Variation im Lexikon: Kurzwort und Original, in: Wirkendes Wort, Deutsche Sprache und Literatur in Forschung und Lehre, Nr. 30. 1980, S. 369-383, zit. nach Fleischer et al. (2012), S. 277.
41 Vgl. Barz (2009), S. 734.
42 Vgl. Fleischer et al. (2012), S. 283 f.
43 Starke (1997), S. 93, zit. nach Fleischer et al. (2012), S. 278.
44 Eroms, Hans Werner: Kurzwörter und Kunstwörter, in: Neue Beiträge zur Germanistik. Im Auftrag der japanischen Gesellschaft für Germanistik, Yoshito Takahashi (Hrsg.), Ikubundo, 2002, S. 22, zit. nach Fleischer et al., (2012), S. 284 f.
45 Vgl. Fleischer et al. (2012) S. 284 f
46 Vgl. Fleischer et al. (2012), S. 285 f
47 Vgl. Fleischer et al. (2012), S. 320.
48 Vgl. Fleischer et al. (2012), S. 320.
49 Vgl. Barz (2009), S. 744.
50 Vgl. Fleischer et al. (2012), S. 322 f.
51 Vgl. Donalies, Elke: Die Wortbildung des Deutschen: ein Überblick, Tübingen Gunter Narr Verlag, 2005, S. 76.
52 Vgl. Fleischer et al. (2012), S. 325 f.
53 Vgl. Fleischer et al. (2012), S. 326 f
54 Vgl. Fleischer et al. (2012), S. 328.
55 Vgl. Wellmann, Hans: Morphologie der Adjektivkomposita und Partizipialbildungen, in: DWb 5 Adjektivkomposita und Partizipialbildungen, Berlin, New York: Walter de Gruyter, 1992, S. 19.
56 Fleischer et al. (2012) S. 328.
57 Vgl. Fleischer et al. (2012), S. 329 f
58 Vgl. Hamreras (2014), S.31 f.
59 Vgl. Möhn, Dieter: Determinativkomposita und Mehrwortbenennungen im deutschen Fachwortschatz, in: Jahrbuch Deutsch als Fremdsprache 12, 1986, S. 111-133, zit. nach Elsen (2004), S. 27.
60 Vgl. Elsen (2004), S. 27.
61 Steffens, Doris: Persönliche E-Mail zum Thema Phraseologismen, 2013.
- Arbeit zitieren
- Aimen Hamreras (Autor:in), 2022, Fachsprachliche Wortneubildungen im heutigen Deutsch der Kraftfahrzeugtechnik und der Informationstechnologie, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1302397
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