In der ersten Aufgabe dieser Einsendeaufgabe befasst sich das Unterkapitel 1.1 mit der Erläuterung des „Leib-Seele-Problems“. Es wird auf die Wurzeln des sogenannten Problems eingegangen und darauf welche Sichtweisen es beeinflusst haben. Das Unterkapitel 1.2 beschäftigt sich mit den daraus folgenden Konsequenzen für die Therapie psychischer Störungen aus monistischer und dualistischer Perspektive.
In der zweiten Aufgabe wird im Unterkapitel 2 erklärt, warum das Experiment als „Königsweg“ in der psychologischen Forschung zur Gewinnung neuer Erkenntnisse betrachtet wird. Das Unterkapitel 2.2 beschäftigt sich mit den Vor- und Nachteilen psychologischer Experimente im Vergleich mit Feldstudien.
In der dritten Aufgabe befasst sich das Unterkapitel 3.1 mit der Erläuterung der Perspektivenveränderung in der kognitiven Wende im Vergleich zum Behaviorismus. Es wird auf die Sichtweisen eingegangen welche die Entwicklung beeinflusst haben. Das Unterkapitel 3.2 beschäftigt sich mit dem Beitrag von computergestützten bildgebenden
Verfahren zur Erforschung psychischer Prozesse.
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
1 Aufgabe A1
1.1 Erläuterung des „Leib-Seele-Problems“
1.2 Konsequenzen für die Therapie psychischer Störungen aus monistischer und dualistischer Perspektive
2 Aufgabe A2
2.1 Betrachtung des Experiments als „Königsweg“ in der psychologischen Forschung
2.2 Vor- und Nachteile psychologischer Experimente im Vergleich mit Feldstudien
3 Aufgabe A3
3.1 Erläuterung der Perspektivenveränderung in der „Kognitive Wende“ der 1960er und 1970er Jahre im Vergleich zum Behaviorismus
3.2 Beitrag von computergestützten bildgebenden Verfahren zur Erforschung psychischer Prozesse
Literaturverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Aristoteles
Abbildung 2: Engel’sche Systemaufbau
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1: Validität für (quasi)experimentelle Labor- und Feldstudien
Abkürzungsverzeichnis
EEG: Elektroenzephalogramm
MRT: Magnet-Resonanz-Tomographie
PET: Positronen-Emissions-Tomographie
1 Aufgabe A1
In der ersten Aufgabe befasst sich das Unterkapitel 1.1 mit der Erläuterung des „Leib-Seele-Problems“. Es wird auf die Wurzeln des sogenannten Problems eingegangen und darauf welche Sichtweisen es beeinflusst haben. Das Unterkapitel 1.2 beschäftigt sich mit den daraus folgenden Konsequenzen für die Therapie psychischer Störungen aus monistischer und dualistischer Perspektive.
1.1 Erläuterung des „Leib-Seele-Problems“
Mit der antiken griechischen Philosophie begann ein Wandel von mythisch-religiös geprägten Ansichten zu vernunftgesteuerten kritischen Beschäftigungen mit dem menschlichen Erleben und Verhalten.
Sokrates (ca. 470 – 399 v. Chr.) legte mit seiner methodischen Art zu fragen die ersten Wurzeln für das wissenschaftlich begründete psychologische Denken. Er bezeichnete seine dialogische Gesprächsführung als Mäeutik. Dieser griechische Begriff bedeutet „Hebammenkunst“, da aus Unkenntnis durch Rückmeldung des anderen, Schritt für Schritt Erkenntnis geboren wurde.1
Heute findet man Ansätze des sokratischen Dialogs in der Gesprächstherapie nach Carl Rogers und bei Techniken der kognitiven Umstrukturierung.
Platon (427 – 347 v. Chr.) verschriftlichte die Ideen von Sokrates als sein Schüler. Er begründete den Dualismus indem er nach den eigentlichen „Ideen“ hinter den abgebildeten materiellen Gegebenheiten fragte. Das Wort „Idee“ leitet sich vom griechischen Wort „eidos“ ab. Erkenntnisgewinn bedeute für Platon das schattenhaft Erscheinende zu überwinden um zum Ideellen, das die Erscheinung ausmacht, Zugang zu gewinnen.2
Laut Platons Ideenlehre, mit dem damit verbundenen Dualismus, soll die Seele ihre Ideenkenntnis in Zeiten außerkörperlicher Zeit erlangt haben. Diese Ansicht beeinflusste auch das christliche Weltbild nachhaltig.3
Aristoteles (384 – 322 v. Chr.) war Mitglied in der platonischen Akademie und beschrieb in „Peri Psychés“ wissenschaftstheoretische Probleme, die noch heute als das „Leib-Seele-Problem“ präsent sind. Der lateinische Titel seines Werkes lautet „De Anima“ und der deutsche Titel „Über die Seele“ und hält fest:
„Zuerst muss man wohl eine Einteilung treffen, zu welcher Gattung die Seele gehört und was sie ist, ich meine damit, ob sie ein bestimmtes Etwas und eine Substanz ist oder ob sie etwas Qualitatives oder etwas Quantitatives oder auch eine andere der unterschiedlichen Kategorien ist. Ferner ab, ob sie zu dem in Möglichkeit Seienden gehört oder eher eine vollendete Wirklichkeit ist.“4
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Aristoteles5
Diese Thematisierung beschreibt das Problem des Verhältnisses von qualitativem Erleben und Verhalten zur quantitativ messbaren Materie.
Aristoteles postulierte kein hypothetisches Reich der Ideen wie Platon, sondern erkannte die Realität der Dinge in ihrer sich darstellenden Konkretheit durch genaue Beobachtung über die Sinne. Eine Einsicht zum Ideellen gelang Aristoteles bei der Untersuchung von Einzeldingen durch induktive Schlussfolgerungen.6
Laut Aristoteles Ursachenlehre soll die Seele die Entelechie eines potentiell lebendigen Wesens sein und ist vom Körper nicht abtrennbar. Aristoteles unterscheidet daher zwischen belebter und unbelebter Natur (einschließlich Pflanzen) und postuliert eine Stufenordnung von Potentialitäten je nach Lebensäußerung mit unterschiedlich komplexen Seelenvermögen.7
Aus dem menschlichen Seelenleben beobachtete Aristoteles Tugenden und beschrieb diese in der Nikomachischen Ethik. Die Tugenden sind Übungen der praktischen Vernunft und kennzeichnen das menschliche Streben nach Glück. Um Eudämonie zu erreichen ist das „richtige Maß“ von elementarer Bedeutung. Das „richtige Maß“ gründet sich in der Mitte des Zuwenigs oder des Zuviels im Zusammenhang mit Beherrschtheit und Unbeherrschtheit, wie Lust und Unlust. Es wird unterschieden zwischen ethischen Tugenden (Tapferkeit, Besonnenheit, Großzügigkeit, Großgeartetheit, Hochsinnigkeit, Ehrliebe, vornehme Ruhe, Aufrichtigkeit und Gerechtigkeit) und Verstandestugenden (Weisheit, Vernunft und Klugheit).8
Heute findet man Ansätze aus der Nikomachischen Ethik in der „Positiven Psychologie“. In den aktuellen Konzepten zur „Selbstwirksamkeit“ von Bandura (1977), zur „Flow-Theorie“ nach Csikszentmihalyi (2010) und zur Bedürfnispyramide nach Maslow (1943) entdeckt man weitere Kongruenzen.9
Die Erkenntnisse aus der antiken griechischen Philosophie wurden in Europa erst wieder mit der Renaissance durch die Scholastik aufgegriffen.
Thomas von Aquin (1224-1274) hatte als Scholastiker das Ziel die Theologie mit der Philosophie gegenseitig zu bestätigen.
Laut Aquin ist die unmittelbar von Gott erschaffene unsterbliche Seele ein substantielles Prinzip, welches jedes lebendige Wesen bereits bei der Zeugung als die „Form-Idee“ seines Körpers besitzt. Sie ist eine geistige Substanz mit den Fähigkeiten zum vegetativen, sinnlichen und geistigen Leben, welche in Summe die Beseelung darstellen.10
Heute findet man diese Gedanken bei ethischen Fragen wie zum Beispiel der Stammzellenforschung.
Johannes Duns Scotus (1266 – 1308) war ein weiterer Scholastiker und prägte in seiner Rechtfertigungslehre das persönliche Wollen und Wirken und den Willen Gottes. Das Kernstück dieser Lehre bildet die Akzeptanztheorie, dass Gott vollkommen und gnädig ist und somit keiner Ergänzung von außen bedarf.
Martin Luther reformierte auf der Betonung der absoluten Unverfügbarkeit Gottes die Kirche. Dank des Buchdrucks von Johannes Gutenberg konnte die Luther Bibel mit dem Ziel das autonome Individuum zu fördern, rasch verbreitet werden.11
Heute noch beschäftigt die Psychologie die Frage nach dem „freien Willen“. Ein Beispiel liefert das Experiment des Physiologen Bejamin Libet. Hier konnten durch bildgebende Verfahren, Gehirnaktivitäten im motorischen Kortex noch vor der willentlichen Entscheidung den Zeigefinger zu bewegen, nachgewiesen werden.12
René Descartes (1596 – 1650) führte das Individuum durch den Substanzdualismus weiter aus. Eine Substanz ist eine eigenständige Entität mit notwendigen, das Wesen ausmachende Eigenschaften. Descartes definierte eine körperliche („res extensa“) und eine geistige Substanz („res cogitans“) und nannte ihre jeweiligen Untersuchungsmethoden. Die körperliche Substanz mit dem Attribut der Ausdehnung wird naturwissenschaftlich und experimentell untersucht. Bei der geistigen Substanz mit der Eigenschaft des bewussten Denkens kommen Introspektionen und Reflexion geistiger Prozesse wissenschaftlich zum Tragen.
Das „Leib-Seele-Problem“ ist die Grundfrage der Philosophie. Noch heute wird man trotz vieler Fortschritte in der Wissenschaft mit ungeklärten Aspekten in dieser Problematik konfrontiert. Das „Leib-Seele-Problem“ beschreibt eine Spannung im alltäglichen Weltbild. Diese entsteht da der Leib (Körper, Gehirn) und Seele (Geist, Bewusstsein) einerseits radikal getrennt wird und auf der anderen Seite in enger Wechselwirkung zwischen den Beiden gedacht wird.13
Es wird zwischen dem Dualismus und dem Monismus unterschieden. Beide Gruppen anerkennen die Realität des Körperlichen neben der Sonderstellung des Geistlichen und können daher auch psychophysisch genannt werden.
Den Dualismus gibt es in unterschiedlichen Schattierungen. Die Einigung untereinander besteht in der Überzeugung, dass die Seele eine vom Leib unabhängige Existenz besitzt.
Auch den Monismus gibt es in unterschiedlichen Erscheinungen. Hier wird mit der von Christian Wolff (1679 – 1754) geprägten Einheitslehre jedoch angenommen, dass ausschließlich eine Substanz existiert, oder dass der Leib aufgrund eines Grundprinzips seelische Phänomene erzeugt.14
1.2 Konsequenzen für die Therapie psychischer Störungen aus monistischer und dualistischer Perspektive
Mit Hilfe physiologischer und psychologischer Methoden kann man in der Psychosomatik nachweisen, dass seelische Einflüsse körperliche Erkrankungen mitbedingen und verursachen. Der Körper gibt somit eine Antwort auf einen zugrundeliegenden innerseelischen Konflikt, Stress oder Traumata. Man versuchte psychosomatische Erkrankungen nach Organsystemen und Fachgebieten einzuteilen, um Zusammenhänge im multifaktoriellen Geschehen festzustellen. Eine klare Unterscheidung zwischen psychischen, psychosomatischen und rein somatischen Krankheitsbildern ist jedoch nicht möglich.15
Heute entwickelt sich aus einem weltumspannenden wissenschaftlichen Netzwerk das biopsychosoziale Modell. Hier fällt das Suggerieren von den zwei Krankheitsklassen „psychosomatisch“ und „nicht psychosomatisch“ weg. Im biopsychosozialen Modell ist Krankheit und Gesundheit kein Zustand, sondern ein dynamischer Prozess auf biologischer, psychologischer und öko-sozialer Dimension.
Eine Basis hierfür lieferte das Engel’sche Modell aus den 1970er Jahren, worin der Mensch als Teil von umfassenden Systemen dargestellt wird. Eine Person besteht wiederum aus einer hierarchischen Ordnung von Systemen, die miteinander verbunden sind. Aufgrund der parallelen Verschaltung kann eine Änderung in einem Steuerungssystem des Organismus auch eine Änderung an das angrenzende System bewirken.16
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Engel’sche Systemaufbau17
Auf der Grundlage dieser Kenntnisse können in der Psychotherapie Verhaltensinterventionsprogramme konstruiert werden, die Einfluss auf biochemische Körpernetzwerke nehmen. Zum Beispiel werden durch Bewegung und Sport verschiedenen Botenstoffen im Gehirn freigesetzt, welche sich positiv bei einer Vielzahl von Erkrankungen auswirken. Außerdem können Konditionierungsprozesse und Erwartungseffekte genutzt werden, um Medikamente mit unerwünschten Nebenwirkungen einzusparen und therapeutische Effekte zu maximieren.18
Bei der Betrachtung des Organismus mit sich selbst aufrechterhaltenden Systemen ist es wichtig, alle relevanten über- und untergeordneten Systeme als funktionale Ganzheit zu erfassen. Dazu gehören unter anderem das Physiologische (z.B. Gehirn oder endokrines System mit Veränderung des Hormonspiegels aufgrund von chronischem Stress), das Psychologische (z.B. Komponenten des Erlebens und Verhaltens mit Motivationsschwierigkeiten aufgrund von Depression) und auch der soziale Kontext (z.B. Unterstützung durch das soziale Umfeld).19
Selbst die Arzt-Patient-Beziehung ist eine Wirkung der Umwelt auf das Gehirn. Dabei besteht die Möglichkeit den Patienten dualistisch als Objekt zu sehen. Hier findet aufgrund der Spezialisierung auf die Krankheit und der Anwendung von wissenschaftlichen Techniken eine Versachlichung der Beziehung statt. Die Alternative ist den Menschen monistisch als Subjekt wahrzunehmen. Dies geschieht indem der Arzt sich zuerst im Gespräch dem Patienten zuwendet und versucht sich in diesen hineinzufühlen.20
Aspekte der Wirklichkeit können aus der Perspektive des Beobachters oder durch die Position des erlebenden Subjekts erfahrbar gemacht werden. Als Beobachter erfährt man Verhaltensdaten, die intersubjektiv bestätigbar sind. Das individuelle Subjekt beschreibt dieselbe Wirklichkeit aus der eigenen erfahrbaren Innenwelt und reagiert darauf mit typischen situations- und personengebundenen Schemata.21
Das multifaktorielle integrierte Modell von Weiner versteht den Organismus als eine dynamische Leib-Seele-Funktionseinheit. Die verschiedenen Subsysteme stehen durch den rhythmischen Signalsaustauch miteinander in Beziehung. Wie Hormone oder Neurotransmitter erfüllen die Kommunikationssignale analoge Funktionen.
Durch das Verwenden von materiellen Begriffen für körperliche Funktionen und von nicht-materiellen Begriffen für die Funktionen von geistigen Phänomenen erscheint das Leib-Seele-Problem dualistisch, da die Sprache der Materie und nicht die Sprache der Funktion benutzt wird.22
2 Aufgabe A2
In der zweiten Aufgabe wird im Unterkapitel 2.1 erklärt, warum das Experiment als „Königsweg“ in der psychologischen Forschung zur Gewinnung neuer Erkenntnisse betrachtet wird. Das Unterkapitel 2.2 beschäftigt sich mit den Vor- und Nachteilen psychologischer Experimente im Vergleich mit Feldstudien.
2.1 Betrachtung des Experiments als „Königsweg“ in der psychologischen
Die experimentelle Psychologie wurde von Wilhelm Wundt (1832-1920) ins Leben gerufen, indem er 1879 das erste psychologische Labor an der Universität Leipzig gründete. Zur Erkenntnisgewinnung orientierte sich Wundt bei seinem experimentellen Vorgehen an den naturwissenschaftlichen Methoden aus der Physiologie und Psychophysik.
Aus dem Teilgebiet der Psychophysik stammte 1860 das Weber-Fechner’sche-Gesetz, welches den logarithmischen Verlauf der Sinneseindrucksstärke zur Intensität des physikalischen Reizes beschreibt.23
Wundt kennzeichnete, die Wiederholbarkeit, das willkürliche Einwirken und die Variation der Bedingungen als Merkmale von kontrollierbaren Experimenten.24
Die Aufgabe der modernen Psychologie als empirische Wissenschaft ist es, menschliches Erleben sowie Verhalten zu beschreiben, zu erklären, vorherzugsagen und gegeben falls Anleitungen zur Veränderung zu geben.
Dabei gibt es einerseits das induktive Vorgehen, wobei vom Besonderen auf das Allgemeine geschlossen wird (qualitativ), um neue Hypothesen zu finden.
Andererseits werden beim deduktiven Vorgehen, wobei man vom Allgemeinen auf das Spezifische schlussfolgert (quantitativ), Hyperthesen überprüft.25
Um die theoretische Ebene mit der empirischen Ebene zu verknüpfen bedarf es außerdem der Operationalisierung. Darunter versteht man alle Vorgänge („Operationen“), wie z.B. das Verwenden von Skalen, mit denen ein theoretischer Begriff für die wissenschaftliche Untersuchung beobachtbar und messbar gemacht wird.26
Um Kausalhypothesen zu überprüfen ist das Experiment der Königsweg zur Erkenntnis, da damit die postulierten Ursache-Wirkungs-Relationen unter Ausschaltung von Störeinflüssen aktiv hergestellt werden können.
Laut einem definierten Versuchsplan verwendet man als Ursachenfaktoren eine oder mehrere unabhängige Variablen, die man verändert, um die Wirkung auf eine oder mehrere abhängige Variablen zu untersuchen.
Um die interne Validität nicht zu gefährden, wird darauf geachtet, dass die abhängigen Variablen nicht ohne das Zutun von unabhängigen Variablen beeinflusst werden. In diesem Zusammenhang spricht man von der Registrierung und dem Umgang mit personengebunden und umwelt- bzw. untersuchungsbedingten Störvariablen.27
Um personenbezogene Störfaktoren auszuschließen werden die Versuchspersonen per Zufallsprinzip (Randomisierung) einer Experimental- und einer Kontrollgruppe zugeteilt. Man achtet darauf, dass alle Personen hinsichtlich relevanter Merkmale ähnlich sind.
Experimente finden oft im Labor statt, da dort die umwelt- bzw. untersuchungsbedingten Störfaktoren eliminiert oder konstant gehalten werden können.28
Bei den Versuchspersonen als auch bei den Versuchsleitenden können Erwartungseffekte das Ergebnis beeinflussen. Um dies zu vermeiden arbeitet man mit „blinden“ Versuchspersonen, die kein Detailwissen über den Versuchsablauf haben. Teilweise verwendet man auch eine Coverstory, die zur Ablenkung eine andere Zielsetzung mitteilt.
Um Versuchsleitereffekte auszuschließen arbeitet man ebenfalls mit „blinden“ Versuchsleitern und spricht dann von einem Doppelblind-Versuch. Bei einem Dreifachblind-Versuch wissen zusätzlich die Auswerter nicht, welche Daten sie analysieren.
Die Teilnahme an Experimenten muss stets freiwillig sein und den Richtlinien der Forschungsethik entsprechen. Die im Rahmen einer Verblindung eingesetzten Methoden erfordern eine nachträgliche Aufklärung (Debriefing).29
Neben dem klassischen Experiment gibt es auch das Quasi-Experiment. Hier verwendet man zur Überprüfung des kausalen Einflusses vorgefundene Gruppen um die unabhängigen Variablen zu verändern. Da keine Randomisierung stattfindet, können Gruppenunterschiede in Bezug auf die abhängigen Variablen nicht eindeutig auf die unabhängigen Variablen zurückgeführt werden. Somit verringert sich die interne Validität hinsichtlich personengebundener Störvariablen.30
Um diese Einbußen auszugleichen muss der Einfluss intervenierender Drittvariablen kontrolliert werden.
Bei nur zwei Versuchsbedingungen geschieht dies durch Parallelisierung anhand eines blockbildenden Merkmals zu Paaren, die dann gleichmäßig auf die Experimental- und Kontrollgruppe verteilt werden. Blockbildende Merkmale sind immer unveränderbare unabhängige Organismusvariablen, die Eigenschaften eines Individuums beschreiben und nur sortiert werden können.
Beim „Blockbildung“ oder „Matched Samples“ werden die Versuchspersonen anhand eines blockbildenden Merkmals zufällig zu verschiedenen Versuchsbedingungen zugeordnet. Auf diese Weise wird eine gematchte Kontrollgruppe gebildet.
Durch Parallelisieren und Matching entstehen abhängige Stichproben für die weitere statistische Auswertung.
Eine weitere Kontrolltechnik besteht darin, dass Störvariablen in das Untersuchungsdesign aufgenommen werden, nachdem sie in eine weitere unabhängige Variable oder in eine Kontrollvariable umgewandelt wurden.
Außerdem können durch Wiederholungsmessungen die personengebunden Störvariablen bei verschiedenen Stufen der unabhängigen Variablen kontrolliert und konstant gehalten werden.31
2.2 Vor- und Nachteile psychologischer Experimente im Vergleich mit Feldstudien
Als Untersuchungsort kann neben dem Labor auch das Feld gewählt werden. Die Feldstudie findet in einem natürlichen Umfeld statt und dies erhört die externe Validität, da die Ergebnisse aufgrund der natürlichen Bedingungen besser generalisiert werden können.
Das Laborexperiment findet in einer kontrollierten Umgebung statt und hat durch die damit gegebene kausale Interpretierbarkeit den Vorteil einer hohen internen Validität. Laborexperimente sind vorteilhaft, wenn man für die Messung der abhängigen Variablen Apparaturen braucht oder Usability-Tests durchführen möchte, in denen die Gebrauchstauglichkeit von technischen Geräten geprüft wird.
Durch das Ausschließen der Störvariablen kommt es im Laborexperiment jedoch zum Nachteil der geringen externen Validität, da künstliche Effekte nicht auf den Alltag übertragbar sind. Ein weiterer Nachteil besteht darin, dass ein passendes Labor mit Personal für die Experimentdurchführung benötigt wird und dass die Probanden zum Aufsuchen des Forschungslabors motiviert werden müssen.
Feldstudien treten je nach Forschungsdesign in unterschiedlichen Formen auf.
Es gibt die nicht-experimentelle Feldstudie, in der vorgefundene Gruppen hinsichtlich vorgefundener Unterschiede auf den abhängigen Variablen verglichen werden. Somit findet weder eine Randomisierung noch eine Veränderung der unabhängigen Variablen statt. Naturgegebene Ursachenfaktoren, die auf bestimmte Menschen einwirken (Experimentalgruppe) und auf andere nicht (Kontrollgruppe) werden im Nachhinein konstatiert. Deshalb bezeichnet man nicht-experimentelle Studien auch als Ex-post-facto-Studien.
Es sind auch experimentelle Studien im Feld realisierbar.32
Dazu gehört die quasi-experimentelle Felduntersuchung, die unter möglichst natürlichen Bedingungen stattfindet und dadurch einer zusätzlichen Kontrolle der umwelt- und untersuchungsbedingter Störvariablen bedarf. Im Rahmen von Pretests werden die Qualität des Erhebungsdesigns, der Erhebungsinstrumente und der Umsetzung gesichert. Durch unterschiedliche Fragen an die Probanden werden mögliche Schwierigkeiten im Vorhinein identifiziert und berücksichtigt, um die Standardisierung nach Beginn der Feldphase nicht zu gefährden.33
Das Feldexperiment erfüllt hingegen alle experimentellen Kriterien und weist somit eine hohe interne und externe Validität auf. Ein bekanntes Beispiel ist das „Stanford-Prison-Experiment“, bei dem die Feldbedienungen als Gefängnis simuliert wurden.34
Je nach Untersuchungsfeld und Untersuchungsdauer entstehen für den Forschenden ein entsprechender Zeit- und Kostenaufwand. Einen weiteren Nachteil der Feldstudien stellt der Kooperationszwang mit den Verantwortlichen vor Ort dar, wenn es sich nicht um öffentlich frei zugängliche Plätze handelt.
Tabelle 1 stellt eine Zusammenfassung der Unterschiede von psychologischen Experimenten und Feldstudien dar. Die Vor- und Nachteile ergeben sich hauptsächlich aus den unterschiedlichen Ausprägungen der internen und externen Validität.
[...]
1 Vgl. Pritzel (2016), S. 96, 282
2 Vgl. Reuter (2014), S. 33-35
3 Vgl. Werner (2021), S. 25-26
4 Aristoteles (2011), S. 8-9
5 Universität Göttingen (2022)
6 Vgl. Pritzel (2016), S. 105
7 Vgl. Werner (2021), S. 28-31
8 Vgl. Erdmann (1878), S. 139-141
9 Vgl. Mühlfelder (2017), S. 10
10 Vgl. Kopp (1935), S. 179
11 Vgl. Dettloff (1983), S. 90-91
12 Vgl. Universität Bielefeld (2005)
13 Vgl. Brüntrup (2008), S. 9, 28
14 Vgl. Bunge (1984), S. 7-8; Pritzel (2016), S. 283, 343
15 Vgl. Klußmann (2002), S. 3-6
16 Vgl. Pauls (2013), S. 17-18
17 Egger (2015), S. 57
18 Vgl. Schedlowski (2007), S. 129-131
19 Vgl. Lurija (1978), S. 640-647
20 Vgl. Meyer (2005), S. 59-60
21 Vgl. Egger (2015), S. 67
22 Vgl. Weiner (1991), S. 465-481
23 Vgl. Pritzel (2016), S. 316, 344
24 Vgl. Bredenkamp (1996), S. 37-38
25 Vgl. Bak (2015), S. 7
26 Vgl. Steinbrecher (2022), S. 197
27 Vgl. Döring/Bortz (2016), S. 196
28 Vgl. Eifler/Leitgöb (2019), S. 209
29 Vgl. Döring/Bortz (2016), S. 197-198
30 Vgl. Engelschalk et al . (2019), S. 545
31 Vgl. Technische Universität Dresden (2005)
32 Vgl. Döring/Bortz (2016), S. 206-207
33 Vgl. Weichbold Baur/Blasius (2019), S. 349
34 Vgl. Social Psychology Network (2015)
- Quote paper
- Nadine Zippusch (Author), 2022, Das Leib-Seele-Problem, das Experiment als "Königsweg" und die kognitive Wende. Eine Übersicht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1301195
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