Das Weisungsrecht des Arbeitgebers nach § 106 GewO betrifft nur die Konkretisierung der Arbeitspflicht, nicht aber den Inhalt des Arbeitsvertrags. Daher ist ein Arbeitnehmer nicht verpflichtet, auf Weisung des Arbeitgebers an einem Personalgespräch teilzunehmen, in dem es ausschließlich um Verhandlungen über vom Arbeitgeber gewünschte Änderungen des Arbeitsvertrags gehen soll. Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass der Arbeitgeber eine Abmahnung, die er wegen der Nichtteilnahme an einem solchen Personalgespräch ausgesprochen hat, aus der Personalakte entfernt.
Inhaltsverzeichnis
- Personalgespräch über Änderung des Arbeitsvertrags: Keine Teilnahmepflicht des Arbeitnehmers
- Aus Weisungsrecht folgt keine Verhandlungspflicht des Arbeitnehmers - Deswegen ausgesprochene Abmahnung unwirksam¹
- Das Weisungsrecht des Arbeitgebers nach § 106 GewO² betrifft nur die Konkretisierung der Arbeitspflicht, nicht aber den Inhalt des Arbeitsvertrags.
- Daher ist ein Arbeitnehmer nicht verpflichtet, auf Weisung des Arbeitgebers an einem Personalgespräch teilzunehmen, in dem es ausschließlich um Verhandlungen über vom Arbeitgeber gewünschte Änderungen des Arbeitsvertrags gehen soll.
- Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass der Arbeitgeber eine Abmahnung, die er wegen der Nichtteilnahme an einem solchen Personalgespräch ausgesprochen hat, aus der Personalakte entfernt.
- Mit der Klage setzt sich die Klägerin gegen eine Abmahnung zur Wehr.
- Die Klägerin ist seit 1982 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Altenpflegehelferin beschäftigt.
- Im Arbeitsvertrag der Parteien vom 8. 3. 2005 ist für das Dienstverhältnis die Geltung des BAT in der jeweils gültigen Fassung vereinbart.
- Nachdem die Beklagte für das Kalenderjahr 2005 bei der für die AVR-K zuständigen arbeitsrechtlichen Kommission wegen erheblicher wirtschaftlicher Schwierigkeiten eine Notlagenregelung erwirkt hatte, aufgrund der das 13. Monatsgehalt mit Ausnahme der 1 LAG Niedersachsen, Urteil vom 03.06.2008 - 3 Sa 1041/07; n. rkr; Az. beim BAG: 2 AZR 606/08.
- 2 § 106 S. 1 GewO regelt das Weisungsrecht des ArbG und dessen Schrenken.
- ArbG und ArbN können Abschluss, Inhalt und Form des Arbeitsverhältnisses frei gestalten, soweit keine zwingenden gesetzlichen oder kollektivrechtlichen Normen (etwa tarifvertragliche Regelungen) entgegenstehen § 105 GewO.
- Dies ist letztlich die gesetziche Voraussetzung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit im Arbeitsrecht und einfachgesetzliche Umsetzung des Grundsatzes der Privatautonomie und des Art. 2 Abs. 1 GG.
- Eine weitere einfachgesetzliche Konkretisierung des Grundsatzes der Vertragsfreiheit findet sich in § 241 Abs. 1 i .V. mit § 311 Abs. 1 BGB.
- Im Arbeitsleben bedarf es wegen der Machtverhältnisse im Wrtschaftsleben und der strukturellen Gefährdung der Privatautonomie rechtlicher Grenzen.
- Das Recht hat die Funktion, die geströrte Vertragsparität auszugleichen.
- § 105 S. 1 GewO regelt die Abschluss, Auswahl- und Gestaltungsfreiheit.
- Im Grundsatz kann das Arbeitsverhältnis formfrei abgeschlossen werden.
- Im Rahmen der Vertragsfreiheit steht es den Arbeitsvertragsparteien auch zu, die Schriftform (§§ 126, 127 BGB) für andere oder ergänzende Vereinbarungen festzulegen.
- Bei sog. Doppeltten Schriftformklauseln bedarf die Änderung oder Ergänzung der Schriftform wiederum einer der Schriftform genügenden Aufhebung.
- In der Rechtsprechung hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass qualfizierte Schriftformklauseln abweichende mündliche Vertragsänderungen verhindern, BAG, Urt. vom 24.06.2003 9 AZR 302/02, DB 2003, 2349; a.A. Rollof, Vertragsänderung und Schriftformklausel, NZA 2004, 1194f.
- Bei Verwendung vorformulierter Arbeitsverträge ist bei der Inhaltskontrolle der Vorrang der Individualabrede nach § 305 b BGB zu beachten.
- Eine formularmäOige Schriftformklausel kann folglich eine hiervon abweichende individuelle Abrede nicht außer Kraft setzen und ist daher unwirksam, Becker, in HK-Arbeitsrecht, § 105 GewO, RN 6; BGH, NJW - RR 1995, 180.
- AGB können den Vorrang der Individaualabrede auch nicht durch Formerfordernisse beseitigen Diese verstoßen stattdessen gegen § 305 BGB.
- Trotz der Schriftformklauseln sind schriftliche oder konkludente Abmachungen selbst dann wirksamm, wenn in denAGB bestimmt ist, dass die Aufhebung der Schriftformklauseln nur schriftlich erfolgen kann, Däubler/Dorndorf, § 305 b, RN 12.
- 1,Mitarbeiter mit BAT-Verträgen um 46% vermindert wurde, versuchte sie für das Kalenderjahr 2005 eine ähnliche Regelung zu erzielen, wobei es ihr darum ging, diesmal auch die Mitarbeiter mit BAT-Verträgen einzubeziehen.
- Zu diesem Zweck fand am 01.11.2006 ein gemeinsames Gespräch mit allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern mit BAT-Verträgen statt.
- Dieses Gespräch führte nicht zu dem von der Beklagten gewünschten Ergebnis.
- Mit Schreiben vom 03.11.2006 lud die Beklagte die Klägerin für den 13.11.2006 zu einem Personalgespräch in Anwesenheit der Mitarbeitervertretung im Büro des Personalleiters ein.
- Die Klägerin erschien zwar zu dem vorgegebenen Zeitpunkt.
- Ebenso wie andere Mitarbeiter machte sie aber deutlich, dass sie nur bereit sei, ein gemeinsames Gespräch zu führen.
- Dies lehnte die Geschäftsleitung der Beklagten ab.
- Nachdem sie der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben hatte, erklärte die Beklagte unter dem 03.01.2007 eine Abmahnung.
- Die Abmahnung gegenüber der Klägerin mit Schreiben vom 03.01.2007 ist zu Unrecht erfolgt.
- Die Klägerin hat durch das von der Beklagten gerügte Verhalten nicht gegen ihre arbeitsvertraglichen Verpflichtungen verstoßen, weil sie nicht verpflichtet war, am 13.11.2006 an dem Personalgespräch mit der Geschäftsführung der Beklagten teilzunehmen.
- Thema dieses Gesprächs sollte ausschließlich eine Verhandlung darüber sein, ob sich die Klägerin mit einer Kürzung des 13. Monatsgehalts einverstanden erklären würde.
- Vertragsfreiheit ist auch die Freiheit, Verhandlungen über Änderungen des Arbeitsvertrags abzulehnen.
- Zu einer Teilnahme an einer solchen Verhandlung über den Inhalt des Arbeitsvertrags war die Klägerin jedoch nicht verpflichtet.
- Nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit, der letztlich Ausfluss der allgemeinen Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG ist,³ steht es jedermann frei zu entscheiden, ob er einen Vertrag abschließt oder einer inhaltlichen Abänderung eines bestehenden Vertrags zustimmt.
- Die Vertragsfreiheit ist Teil der im Zivilrecht geltenden Privatautonomie.
- Es ist dem Einzelnen überlassen, seine Lebensverhältnisse im Rahmen der Rechtsordnung eigenverantwortlich zu gestalten, Rechte und Pflichten zu begründen, zu ändern oder aufzuheben.
- Es war damit Sache der Klägerin zu entscheiden, ob sie der von der Beklagten gewünschten Vertragsänderung, nämlich der Absenkung des Weihnachtsgelds, zustimmen wollte oder nicht.
- Zur Vertragsfreiheit gehört dabei auch die freie Entscheidung darüber, ob man überhaupt Verhandlungen über den Abschluss oder die Änderung eines Vertrags aufnehmen will.
- Soweit es keinen gesetzlichen Kontrahierungszwang gibt, kann es auch keinen Zwang geben, Verhandlungen zu führen.
- Damit kommt auch kein Anspruch des anderen Vertragsteils auf das Führen von Vertragsverhandlungen in Betracht.
- 3 Vgl. hierzu BVerfG vom 12.11.1958 - 2 BvL 4/56 u. a., BVerfGE 8 S. 274 = NJW 1959 S. 475; vom 16.05.1961-2 BvF 1/60, BVerfGE 12, 341 = NJW 1961 S. 1395.
- 2,Das Weisungsrecht des § 106 GewO erfasst die Festlegung der Leistungspflicht im Rahmen des Arbeitsvertrags, nicht dessen Änderung.4
- Etwas Anderes ergibt sich auch nicht aus dem Direktionsrecht des Arbeitgebers gem. § 106 Satz 1 GewO.5
- Danach kann der Arbeitgeber Ort und Zeit6/7 der Arbeitsleistung nach billigem 4 © Die Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber verstößt gegen § 106 S. 3 GewO, wenn er einen Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz zur Vermeidung eines Produktionsausfalls einsetzt und dabei nicht die persönlichen Interessen des Arbeitnehmers, insbesondere seinen gesundheitlichen Zustand, berücksichtigt, LAG Hamm, Urteil vom 01.06.2007 - 10 Sa 249/07.
- Der ArbG hat regelmäßig einen weiten Raum zur einseitigen Gestaltung der Arbeitsbedingungen.
- Insbesondere hat der Arbeitgeber das Recht, die arbeitsvertraglich nur rahmenmäßig umschriebene Leistungspflicht des Arbeitnehmers im Einzelnen festzulegen und dabei Zeit, Art und Ort der Arbeitsleistung zu bestimmen.
- Der Arbeitgeber darf auch einen Wechsel in der Art der Beschäftigung des Arbeitnehmers herbeiführen oder den Arbeitsbereich des Arbeitnehmers verändern, soweit dies arbeitsvertraglich zulässig ist.
- Im Übrigen darf das Direktionsrecht aber nur nach billigem Ermessen gemäß § 315 BGB ausgeübt werden.
- Dabei hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen, § 106 S. 3 GewO.
- Die Ausübung billigem Ermessens nach § 315 BGB setzt dabei voraus, dass die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt werden (BAG, Urteil vom 27.03.1980 - AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 26; BAG, Urteil vom 23.06.1993 - AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 42; BAG, Urteil vom 29.10.1997 - AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 51; ErfK/Preis, a.a.O., § 611 BGB RN 74 ff., 278.
- 5 Die geschuldete Arbeitsleistung muss im Arbeitsvertrag benannt sein.
- Eine klauselartige Direktionsrechtserweiterung ist dennoch nicht zu beanstanden.
- Die Beschreibung der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit als solche unterliegt grundsätzlich keiner Inhaltskontrolle.
- Erweiterungsklauseln müssen jedoch präzise und transparent sein und dürfen den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen.
- Dies gilt umso mehr, wenn es um die Zuweisung geringwertiger Tätigkeiten oder um unerwartete Ortsveränderungen geht.
- Ist die Weisung des Arbeitgebers nicht von dessen Direktionsrecht gedeckt, kommt nur eine Änderungskündigung in Betracht, Senne/Hegner, AUA 2009, Vertragliche Regelung und Rechtsprechung – Das Weisungsrecht, 81-83.
- 6 Weigert sich ein Arbeitnehmer, an einem Sonntag entsprechend dem Schichtenplan seiner Arbeit nachzukommen, weil der Sonntag Gott gehöre, berechtigt diese durch Art 4 GG geschützte Überzeugung des Arbeitnehmers nicht zur verhaltensbedingten Kündigung.
- Verweigert ein Arbeitnehmer die Sonntagsarbeit aus religiösen Gründen, berechtigt dies unter Berücksichtigung des Ultima-Ratio-Prinzips nur dann zur Kündigung, wenn andere Möglichkeiten, den Arbeitnehmer unter Beachtung seiner religiösen Überzeugungen zu beschäftigen, nicht mehr bestehen (hier: aufgrund der Möglichkeit einer anderen Schichteinteilung Berechtigung zur Kündigung abgelehnt).
- Zu beachten ist weiter, dass die Gewissensentscheidung des Klägers die Beklagte im Rahmen der durch die Schichteneinteilung erfolgten einseitigen Leistungsbestimmung nicht umfassend daran hindert, ihm eine an sich geschuldete Arbeit zuzuweisen.
- Bei der Kollision der unternehmerischen Betätigungsfreiheit mit der nach Art 4 GG geschützten Gewissensbetätigung des Arbeitnehmers kann sich der Arbeitgeber nicht auf eine Beeinträchtigung der Unternehmerfreiheit wegen Betriebsstörungen berufen, wenn es zu diesen lediglich deshalb kam, weil der Arbeitgeber trotz vorheriger Ankündigung des Arbeitnehmers, die Sonntagsarbeit wegen seiner religiösen Überzeugungen nicht abzuleisten, die Schichteinteilung nicht geändert hat, sondern auf einem Erscheinen des Arbeitnehmers bestanden hat.
- Zu diesen Störungen ist es gekommen, weil die Beklagte trotz vorheriger Ankündigung des Klägers, die Sonntagsarbeit wegen seiner religiösen Überzeugungen nicht abzuleisten, die Schichteinteilung nicht geändert hat, sondern auf einem Erscheinen des Klägers bestanden hat.
- Die Betriebsstörungen hätten möglicherweise durch Besetzung der fraglichen Sonntagsschichten anstelle des Klägers mit einem anderen Arbeitnehmer vermieden werden können.
- Hierzu ist die Beklagte auch bei Urlaub oder Arbeitsunfähigkeit des Klägers gezwungen.
- Dass dies in der Vergangenheit zu Betriebsstörungen geführt hat, hat die Beklagte nicht vorgetragen.
- Auch die derzeitige Beschäftigung des Klägers im Rahmen eines Prozessarbeitsverhältnisses belegt, dass ein Einsatz des Klägers ohne Sonntagsarbeit organisatorisch durchaus möglich ist.
- Inwieweit dies nur unter Inkaufnahme von Betriebsstörungen möglich ist, war für die Kammer nicht erkennbar.
- In Anbetracht des besonders hohen Stellenwertes der grundrechtlich und auch nach Art. 9 der Europäischen Menschenrechtskonvention gewährleisteten Glaubens- und Religionsfreiheit, vgl. BAG, Urteil vom 10.10.2002 - 2 AZR 472/01 bedarf es hierzu der Darlegung realer Gefährdungen; bloße Vermutungen oder Befürchtungen können insoweit nicht genügen, vgl. LAG Schleswig-Holstein, Urteil vom 22.06.2005 4 Sa 120/05; LAG Hamm, Urteil vom 08.11.2007 - 15 Sa 271/07.
- 7 Bei der Bestimmung der Lage der Arbeitszeit muss der Arbeitgeber nach Möglichkeit auch auf die Personensorgepflichten des Arbeitnehmers Rücksicht nehmen, sofern betriebliche Gründe oder berechtigte Belange anderer Arbeitnehmer nicht entgegenstehen.
- Ist keine abschließende arbeitsvertragliche Regelung getroffen, ist der Arbeitgeber im Rahmen seines Weisungsrechts befugt, die Lage der Arbeitszeit einseitig festzulegen.
- Der Arbeitgeber hat insoweit einen weiten Spielraum.
- Die Bestimmung muss nach billigem Ermessen erfolgen.
- Bei der Bestimmung der Lage der Arbeitszeit muss der Arbeitgeber nach Möglichkeit auch auf die Personensorgepflichten des Arbeitnehmers Rücksicht nehmen, sofern betriebliche Gründe oder berechtigte Belange anderer Arbeitnehmer nicht entgegenstehen, vgl. BAG vom 23.09.2004, 6 AZR 567/03 m. w. N.
- Das BAG stellte fest, der Arbeitgeber kann die Lage der Arbeitszeit hinsichtlich ihrer Dauer und Lage festlegen.
- Sie ist wegen der Verpflichtung zur Erbringung einer Tätigkeit statt eines Erfolges von besonderer Bedeutung, MünchArbR/Blomeyer, § 48 RN 101 (für das Arbeitsverhältnis kennzeichnend ist die zeitliche Fixierung der Arbeitszeit, BAG v. 17.3.1988 - 2 AZR 576/87, AP Nr. 99 zu § 626 BGB.
- Zum Wandel der Bedeutung der Arbeitszeit für das Arbeitsverhältnis s. Heinze, NZA 2001, 1 (2); Trittin, NZA 2001, 1003 ff.
- Weil die Tätigkeit in Zeitabschnitten zu bemessen ist und davon im Regelfall die Gegenleistung des Arbeitgebers abhängt.
- Von deren Bestimmung oder Bestimmbarkeit ist die Frage, welche Tätigkeiten auf die Arbeitszeit angerechnet werden können oder müssen zu unterscheiden.
- Der Begriff der Arbeitszeit wird durch das Gesetz nicht inhaltlich definiert; § 2 Abs. 1 S. 1 ArbZG enthält lediglich eine terminologische Ein- und Abgrenzung, die durch die Gegenüberstellung zu den Ruhepausen eine erste Eigenschaft der Arbeitszeit benennt, aber nicht erschöpfend bestimmt, wodurch die Arbeitszeit charakterisiert wird; im Übrigen gilt diese Begriffsbestimmung allein für das ArbZG.
- Die Dauer der Arbeitszeit ist grundsätzlich Gegenstand freier Vereinbarung bei Vertragsschluss Zu den Grenzen der Gestaltung betrieblicher Arbeitszeitmodelle s. Lohbeck, ZTR 2001, 342 ff, der jedoch vor allem durch die Bestimmungen des ArbZG, außerdem sehr häufig durch tarifvertraglich Normen, Grenzen gezogen werden.
- Nach § 2 Abs. 1 Nr. 7 NachwG gehört die „vereinbarte Arbeitszeit❞ zu den schriftlich niederzulegenden Arbeitsbedingungen.
- Fehlt im Arbeitsvertrag dennoch eine Arbeitszeitregelung und ergibt sich die regelmäßig geschuldete Arbeitszeit auch nicht aus den weiteren Umständen, gilt die nach § 3 ArbZG gesetzlich zulässige Höchstarbeitszeit als Regelarbeitszeit LAG Schl.-Holst. v. 31.5.2005 - 5 Sa 38/05, NZA-RR 2005, 458.
- Es besteht kein Recht des ArbG, kraft Direktionsrecht den Umfang der Arbeitszeit einseitig zu ändern Vgl. Staudinger/Richardi, § 611 BGB RN 315, mit Einschränkung für Ausnahmefälle; ErfK/Preis, § 611 BGB, RN 817.
- Dies gilt auch dann, wenn dem ArbG ein solches Recht im Einzelarbeitsvertrag eingeräumt wird.
- Allerdings soll die Erhöhung der Unterrichtverpflichtung eines angestellten Lehrers vom Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt sein, wenn die Gesamtarbeitszeit nicht verlängert, sondern die von ihm nach dem Arbeitsvertrag zu erfüllenden Aufgaben zeitlich neu gewichtet werden BAG v. 14.10.2004 6 AZR 472/03, ZTR 2005, 330.
- Nach Auffassung des BAG stellt eine arbeitsvertragliche Vereinbarung, die den Arbeitgeber berechtigen soll, die zunächst festgelegte Arbeitszeit später einseitig nach Bedarf zu reduzieren bzw. zu erhöhen, eine objektive Umgehung von zwingenden Vorschriften des Kündigungs- und Kündigungsschutzrechts (etwa § 2 KSchG i.V.m. § 1 Abs. 2 u. Abs. 3 KSchG) dar und ist daher nach § 134 nichtig BAG v. 12.12.1984 7 AZR 509/83, AP Nr. 6 zu § 2 KSchG 1969; LAG Düsseldorf v. 17.09.2004 - 18 Sa 224/04, LAGE § 315 BGB 2002 Nr. 1.
- Umstritten ist ferner, ob im Einzelvertrag wirksam eine längere Arbeitszeit vereinbart werden kann, als ein anwendbarer Tarifvertrag vorsieht, Wiedemann/Wank, § 4 TVG RN 479 ff.; eingehend Buchner, RdA 1990, 1 (8 ff.).
- Die Beantwortung der Frage hängt nicht zuletzt von dem Verständnis des Günstigkeitsprinzips (§ 4 Abs. 3 TVG) ab Ausf. Joost, ZfA 1985, 173 ff.
- Gegen eine Begrenzung durch TV und für den Vorrang der individuellen Vereinbarung wird mit zutreffender Argumentation vorgebracht, dass nur aus Sicht des einzelnen ArbN beurteilt werden kann, ob eine längere Arbeitszeit und damit eine kürzere Freizeit für den ArbN günstiger ist MünchArbR/Berkowsky, § 48 RN 118 f.
- Gemäß § 106 Satz 1 GewO ist nach billigem Ermessen näher darüber zu bestimmen, soweit hierüber keine vertraglichen oder kollektivrechtlichen Vereinbarungen getroffen sind.
- Die Grenzen billigen Ermessens sind eingehalten, wenn der Arbeitgeber bei der Bestimmung der Zeit der Arbeitsleistung nicht nur eigene, sondern auch berechtigte Interessen des Arbeitnehmers angemessen berücksichtigt hat.
- Auf schutzwürdige familiäre Belange des 4,Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrags oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.
- Nach § 106 Satz 2 GewO gilt dies auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens des Arbeitnehmers im Betrieb.
- Die Beklagte macht in diesem Zusammenhang geltend, sie habe durch ihr Schreiben vom 03.11 2006 in Ausübung des Direktionsrechts eine Konkretisierung der Arbeitsverpflichtung vorgenommen, und zwar in der Weise, dass die Klägerin sich zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort zu einem Gespräch mit der Geschäftsführung einzufinden habe.
- Wie die Klägerin jedoch zu Recht ausführt, lässt sich das Weisungsrecht in Bezug auf Ort und Zeit der Arbeitsleistung nicht vom Inhalt der Weisung, hier: Inhalt des geplanten Personalgesprächs trennen.
- Gegenstand der Weisung war nicht die Konkretisierung der Arbeitspflicht, sondern die Aufforderung zum Führen von Vertragsverhandlungen über eine Änderung der geltenden arbeitsvertraglichen Bestimmungen.
- Das Weisungsrecht des Arbeitgebers nach § 106 GewO umfasst aber nur die Festlegung der Leistungspflicht des Arbeitnehmers im Rahmen des geltenden Arbeitsvertrags³, nicht dagegen den Inhalt des Arbeitnehmers hat er Rücksicht zu nehmen, soweit einer vom Arbeitnehmer gewünschten Verteilung der Arbeitszeit nicht betriebliche Gründe oder berechtigte Belange anderer Arbeitnehmer entgegenstehen.
- 2. Erfordert die Verteilung der Arbeitszeit eine personelle Auswahlentscheidung des Arbeitgebers zwischen mehreren Arbeitnehmern, finden die Grundsätze zur sozialen Auswahl im Rahmen einer betriebsbedingten Kündigung keine Anwendung.
- Im Falle einer alleinerziehenden Mutter eines Kleinkindes treffen den Arbeitgeber hierbei verstärkte Fürsorgepflichten, die zu einer Verdichtung des Arbeitgeberermessens auf Null führen können, LAG Mecklenburg – Vorpommern, Urteil vom 26.11.2008 - Sa 217/08.
- 8 Die vorformulierte Versetzungsklausel im Arbeitsvertrag eines Unternehmens eines international tätigen Konzerns ist nach § 307 Abs. 1 BGB wegen unangemessener Benachteiligung der Arbeitnehmerin unwirksam, wenn sich der Arbeitgeber einen Einsatz der Arbeitnehmerin in einem anderen Betrieb oder einem anderen Unternehmen des Konzerns im In- und Ausland vorbehält, ohne eine vom Arbeitgeber zwingend einzuhaltende angemessene Ankündigungsfrist für eine Versetzung an einen weit entfernten Arbeitsort im In- oder Ausland festzulegen.
- Der Zusatz, bei der Versetzung würden die persönlichen Belange der Arbeitnehmerin angemessen berücksichtigt, ist intransparent (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) und deshalb unzureichend, LAG Hamm, Urteil vom 11.12.2008 - 11 Sa 817/08.
- eine Versetzung in einen anderen Betrieb an einem anderen nur schwer erreichbaren Ort, eine Versetzung in ein anderes konzernangehöriges Unternehmen sowie eine Versetzung ins Ausland nicht vom allgemeinen Direktionsrecht nach § 106 GewO umfasst sind (Preis, Der Arbeitsvertrag, 2. Aufl. 2005, II D 30 RN 110, 242 [Preis] = S. 824, 858; Däubler/Dorndorf, AGB-Kontrolle im Arbeitsrecht, 2. Aufl. 2008, § 307 BGB RN 193 [Dorndorf/Bonin]; anders aber offenbar: Preis/Genenger, NZA 2008, 969 ff., 970/971).
- Von der Beklagten kann bei der formularmäßigen Vereinbarung einer derart erweiterten Versetzungsbefugnis eine weitergehende Rücksichtnahme auf die Belange der Klägerin verlangt werden, als dies im Regelfall für die Ausübung des Direktionsrechts nach § 106 GewO zu fordern ist.
- Für eine einseitige örtliche Versetzungsbefugnis ist in einem solchen F ist zu fordern, dass die vorformulierten Vertragsbedingungen für eine einseitig verfügte Versetzung an einen weit entfernten Ort eine vom Arbeitgeber zwingend zu beachtende Ankündigungsfrist zumindest von der Länge der für den Arbeitnehmer maßgeblichen Kündigungsfrist festlegen (eine Ankündigungsfrist empfehlend: Hunold, AGB-Kontrolle einer Versetzungsklausel, NZA 2007, 19, 21/22 für eine Unwirksamkeit bei Erforderlichwerden eines Umzugs Ebeling, AGB-Kontrolle von Arbeitsverträgen: Gegenstand und Maßstab, 2006, S. 141, 142 unter bb) i. V. m. aa); für Zulässigkeit eines bundesweiten Versetzungsvorbehaltes innerhalb des Unternehmens: Fliss, Die örtliche Versetzung, NZA-RR 2008, 225 ff., 228).
- Nach der "Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung" braucht der Arbeitnehmer einer Versetzungsanordnung - hier: Versetzung auf Dauer in eine andere, etliche Kilometer entfernte Filiale eines Einzelhandelsbetriebes - nicht nachzukommen, wenn und solange der 5
- Fazit
- Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Der Text befasst sich mit der Frage, ob ein Arbeitnehmer verpflichtet ist, an einem Personalgespräch teilzunehmen, in dem es um Verhandlungen über Änderungen des Arbeitsvertrags geht. Der Autor analysiert das Weisungsrecht des Arbeitgebers und argumentiert, dass dieses Recht nur die Konkretisierung der Arbeitspflicht, nicht aber den Inhalt des Arbeitsvertrags betrifft.
- Vertragsfreiheit im Arbeitsrecht
- Weisungsrecht des Arbeitgebers
- Direktionsrecht
- Änderung des Arbeitsvertrags
- Teilnahmepflicht an Personalgesprächen
Zusammenfassung der Kapitel
Der Text beginnt mit der Darstellung des Sachverhalts: Die Klägerin, eine Altenpflegehelferin, wurde von ihrem Arbeitgeber zu einem Personalgespräch eingeladen, in dem es um eine mögliche Kürzung des 13. Monatsgehalts gehen sollte. Die Klägerin erklärte sich jedoch nur zu einem gemeinsamen Gespräch mit anderen Mitarbeitern bereit, was der Arbeitgeber ablehnte. Daraufhin erhielt die Klägerin eine Abmahnung.
Der Autor argumentiert, dass die Abmahnung zu Unrecht erfolgt ist, da die Klägerin nicht verpflichtet war, an dem Personalgespräch teilzunehmen. Er stützt sich dabei auf den Grundsatz der Vertragsfreiheit, der es jedem Arbeitnehmer freistellt, ob er einem Vertrag zustimmt oder nicht.
Der Autor erläutert, dass das Weisungsrecht des Arbeitgebers nach § 106 GewO nur die Festlegung der Leistungspflicht im Rahmen des bestehenden Arbeitsvertrags betrifft, nicht aber dessen Änderung. Daher kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nicht zu Verhandlungen über Änderungen des Arbeitsvertrags zwingen.
Der Text beleuchtet verschiedene Aspekte des Weisungsrechts und des Direktionsrechts, um die Argumentation zu untermauern. Er bezieht sich dabei auf verschiedene Rechtsquellen, darunter das Grundgesetz, das Bürgerliche Gesetzbuch und das Gesetz über die Arbeitszeit.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen das Weisungsrecht, das Direktionsrecht, die Vertragsfreiheit, die Änderung des Arbeitsvertrags, die Teilnahmepflicht an Personalgesprächen und die Abmahnung. Der Text beleuchtet die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Gestaltung von Arbeitsverhältnissen und die Grenzen des Arbeitgeber- und Arbeitnehmerrechts.
- Quote paper
- Prof. Dr. Dr. Assessor jur., Mag. rer. publ. Siegfried Schwab (Author), 2009, Personalgespräch über Änderung des Arbeitsvertrags, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/129996
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