Geschäftsprozesse, die den Betrieb auf einer stark abstrahierten Ebene darstellen, können ihre Funktionalität entfalten, wenn die Menschen als Glieder einer Organisation vollumfänglich mit ihren Stärken, Charakteristika und Ressourcen eingebunden werden. Hierfür bedarf es der Betrachtung des Menschen mit seinen Fähigkeiten, seinen Bedürfnissen oder Ängsten.
Anhand einer kurzen Vorstellung des Riemann-Thomann-Modells soll diese Arbeit erklären, wie dieser betriebswirtschaftliche, die Organisation formende, Anspruch in Sozialen Organisationen gelingen kann. Anschließend wird in Kombination mit dem Modell nach Riemann-Thomann sowie anhand von Praxisbeispielen einer Sozialen Organisation auf mikropolitische Prozesse innerhalb einer Organisation eingegangen.
Denn Störungen von Geschäftsprozessen finden oftmals ihre Ursache in der praktischen Ausführung. Daher ist es von besonderer Bedeutung, einen ganzheitlichen Betrachtungsansatz einer Organisation unter der Berücksichtigung des arbeitenden Individuums zu betrachten und zu verstehen.
Inhalt
1. Einführung
2. Riemann-Thomann-Modell
3. Die Mikropolitik der Sozialen Organisation erklärt am Riemann-Thomann-Modell
3.1 Was ist Organisation, wer macht Organisation?
3.2 Mikropolitik macht Organisation
3.3 Die Organisation macht nichts
4. Fazit
Literaturverzeichnis
1. Einführung
Geschäftsprozesse, die den Betrieb auf einer stark abstrahierten Ebene darstellen, können ihre Funktionalität entfalten, wenn die Menschen als Glieder einer Organisation vollumfänglich mit ihren Stärken, Charakteristika und Ressourcen eingebunden werden. Hierfür bedarf es der Betrachtung des Menschen mit seinen Fähigkeiten, seinen Bedürfnissen oder Ängsten.
Anhand einer kurzen Vorstellung des Riemann-Thomann-Modells soll diese Arbeit erklären, wie dieser betriebswirtschaftliche, die Organisation formende, Anspruch in Sozialen Organisationen gelingen kann. (Vgl. Stracke 2015 S. 140) Anschließend wird in Kombination mit dem Modell nach Riemann-Thomann sowie anhand von Praxisbeispielen einer Sozialen Organisation auf mikropolitische Prozesse innerhalb einer Organisation eingegangen.
Denn Störungen von Geschäftsprozessen finden oftmals ihre Ursache in der praktischen Ausführung. Daher ist es von besonderer Bedeutung, einen ganzheitlichen Betrachtungsansatz einer Organisation unter der Berücksichtigung des arbeitenden Individuums zu betrachten und zu verstehen.
2. Riemann-Thomann-Modell
Die Bedürfnisse von MitarbeiterInnen innerhalb einer Organisation sind individuell unterschiedlich. In seinem Buch „Grundformen der Angst“ entwickelte erstmals der Tiefenpsychologe Fritz Riemann vier Formen der persönlichen Grundstrebungen. Diese erfassen die grundlegenden Bedürfnisse und Ängste von MitarbeiterInnen in einer Organisation, die, so sie berücksichtigt werden, dazu beitragen, dass sie ihre Ressourcen optimal in einer Organisation entfalten können. (vgl. Gasche 2016 S 50)
Um unterschiedliche Zusammenarbeit von Menschen in einer Organisation zu verstehen, soll hier das Riemann-Thomann Modell betrachtet und grob umrissen werden. Dieses versucht die Bedürfnisse von Menschen in vier Unterschiedliche Grundstrebungen, Bedürfnisse und Ängste, zu unterscheiden. Alle vier, in gegensätzliche Richtungen strebende, Grundausrichtungen, kommen bei jedem Menschen in unterschiedlicher Ausrichtung vor. (vgl. Baller und Schaller 2017 S 45):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.: 4.12 Riemann-Thomann-Modell. (Schulz vonThun1998)
Die 4 Grundstrebungen sind
Bedürfnisse nach Nähe
(Streben nach sozialem Kontakt, Harmonie und einem Miteinander mit der Angst vor mangelnder Anerkennung und Zurückweisung. Hohe emphatische Kompetenzen)
Dem Bedürfnis nach Distanz
(Streben nach Autonomie und Abgrenzung mit der Angst bevormundet zu werden. Besonders Analytische Talente in Teams)
Die Bedürfnisse nach Dauerhaftigkeit
(Bedürfnis, immer wiederkehrende, planbare Verhältnisse, Abläufe und Ordnung herzustellen, mit der Angst vor spontanen Veränderungen und Unordnung. Sie können gut strukturieren und arbeiten)
Dem Bedürfnis nach Wechsel
(Mit dem Streben nach Abwechselung. Sie sind ein Talent zur Improvisation, mit der Angst, in engmaschigen Strukturen arbeiten zu müssen)
(vgl. Baller und Schaller 2017 S 46 ff.)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
In einer Organisation bringt so jeder/jede MitarbeiterIn besondere Talente und Schwächen mit. Ausgerichtet nach den oben beschriebenen vier Grundstrebungen des Riemann-Thomann Modells. Eine Organisation wird so von den Bedürfnissen und Ängsten ihrer AkteurInnen geformt. Nähe und Distanz Typen bilden innerhalb einer Organisation die größten Gegensätze. Sie arbeiten nicht gut zusammen. Wo der Eine sich abgrenzen möchte, strebt der andere nach dem „Wir“. Zuviel Nähe Typen innerhalb einer Organisation wiederrum neigen dazu, ihr Bedürfnis nach Nähe mit “Kaffeekränzchen“ auszuleben. Betriebswirtschaftlich betrachtet kann darunter der Arbeitsprozess auch leiden und nicht nur das Teamgefüge stärken. Der Distanztyp hat die Kompetenz offen in Konflikte gehen zu können. In einer Sozialen Organisation sammeln sich Mitarbeiter aus dem „Nähe Quadrant“. Das heißt Menschen, die nicht gern offen Konflikte austragen und nach Sozialen Beziehungen streben. Dies führt zu einer guten Kompetenz für Soziale Berufe in Bezug auf Bindung und Beziehungsaufbau, kann unter MitarbeiterInnen aber auch zur sogenannten „stillen Post“ und narzisstischen Verhalten führen. MitarbeiterInnen, die wiederrum das Bedürfnis nach Dauerhaftigkeit haben können, sind wiederum dysfunktional in einer Organisation, wenn diese direkt mit einem Wechseltypen agieren. Die Ordnung des einen kann die Arbeitsfähigkeit des anderen paralysieren. Diese vier genannten Bedürfnisse formen die Mikropolitik der Organisation und strukturieren folglich auch betriebswirtschaftlich die Leistung, Produktivität und Funktionalität. Ein Team, indem ausgeglichen alle Grundstrebungen vorkommen, gilt als das funktionalste Team, auch wenn unterschiedliche Berufsgruppen definierte Fähigkeiten verlangen (vgl. Gasche 2016 S 50 ff)
3. Die Mikropolitik der Sozialen Organisation erklärt am Riemann-Thomann-Modell
3.1 Was ist Organisation, wer macht Organisation?
Sind die Menschen als Glieder einer Organisation austauschbar, mit der Begründung, dass Organisation und deren Arbeitsabläufe durch die formelle Organisationskultur gesichert wird?
Es gibt betriebswirtschaftliche Argumente darüber, dass „Organisation macht“, was sie aufgeschrieben, genau definiert, geregelt und festgelegt hat. Unter dem Begriff Organisation wird in der Betriebswirtschaftslehre das formale Regelwerk eines arbeitsteiligen Systems verstanden. Hierbei sind die verteilten Arbeitshandlungen einzelner Personen so aufeinander abzustimmen, dass nach den gemeinsamen Zielen des Betriebes gestrebt wird. Insofern kann man von Organisation sprechen, wenn in einem Prozess kontinuierlich und arbeitsteilig an gemeinsamen Aufgaben und Zielen gearbeitet wird. (vgl. Gabler Wirtschaftslexikon 2018 o.S.)
Allerdings wird diese formelle Organisation und Organisationskultur, die in der Regel in Organigrammen, schriftlichen Festlegungen und Handhabungen nachzulesen ist, stark von der informellen Organisation beeinflusst. Nicht auf dem Papier festgehalten sind die Beziehungen der Mitarbeiter untereinander, soziale Interaktionen und Rollendefinitionen. Bei näherer Betrachtung können mithilfe des Riemann Thomann Modells Handlungsmuster und Verhaltensmuster dieser informellen Organisationskultur sichtbar gemacht werden, die letzten Endes die Arbeit in der Organisation strukturieren. (vgl. Dokumentation und Transfer der Verwaltungsmodernisierung in Schleswig - Hostein 2007 o.S.)
Ein Beispiel:
Frau M., die Schulleiterin einer Schule für Lernförderung, ist genervt. Prinzipiell kommt sie mit ihrem 30-köpfigen Team gut zurecht. Als Leiterin einer Schule ist sie immer sorgfältig darin, aktuelle Absprachen in der Dienstberatung zu diskutieren und am Ende für jeden formell schriftlich zu fixieren. Auch wenn es als Schulleiterin viel Briefe, Statistik und andere bürokratische Aufgaben zu erledigen gibt, fühlt sie sich in ihrem Team wohl. Zumindest wenn nicht diese eine neue Sozialarbeiterin wäre die anders, als die vorherige Mitarbeiterin, die ihre Stelle besetzte, gefühlte 100 mal pro Tag im Büro steht, um etwas zu erfragen, weil es ein Problem gibt. Formell sollte das Sekretariat nur im Notfall besucht werden, weil die Schulleitung genügend Zeit zum Bearbeiten ihrer Aufgaben benötigt. Frau M. versucht bereits im Stillen der neuen Sozialarbeiterin aus dem Weg zu gehen. Alles Wichtige wurde ihr in vielen klaren Unterlagen zur Einarbeitung gegeben. Aber nicht nur spontane Aufgaben, die die Kollegin noch nervöser machen, scheinen die neue Kollegin nicht davon abzuhalten, ständig im Büro vorbeizuschauen und Frau M. in ihrer Arbeit zu stören. Die alte Sozialarbeiterin hat praktisch nie etwas nachgefragt und übernahm von Klasse 1 – 9 alle Klassen. Egal wie sie sich vorbereiten konnte, hat sie immer einen reibungslosen Ablauf improvisieren können.
Formal ist der Ablauf im Betrieb geregelt. Das Regelwerk sagt, was die Organisation machen soll. Zwischen Soll-Organisation und Ist-Organisation herrscht Dissens satt Konsens. Macht das Regelwerk die Organisation, wie es soll? Die informelle Organisationskultur offenbart etwas anderes: Der Arbeitsprozess einer Mitarbeiterin wird ständig gestört, da eine neue Mitarbeiterin keine Routine entwickeln will, so wie es sich im Gegensatz dazu bei der Vorgängerin zugetragen hat.
Hinter der Störung des Prozesses durch die neue Mitarbeiterin könnte laut Riemann-Thomann das Bedürfnis nach Nähe liegen. Hinter ihrer Unfähigkeit, spontan eine Klasse zu übernehmen, könnte das Bedürfnis nach Dauerhaftigkeit liegen. Höchstwahrscheinlich wäre die Leitung gut darin beraten, häufiger von allein die neue Mitarbeiterin zu besuchen und ihr zu Beginn weniger spontane, sondern eher planbare Aufgaben zu übergeben, damit der Arbeitsablauf für alle MitarbeiterInnen der Organisation optimiert werden kann. Auch wenn der Personalschlüssel und die Absprachen exakt dieselben sind, funktioniert die Soziale Organisation nach dem Austausch eines Gliedes nicht gleich. (vgl. Gasche 2016 S 50)
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- Quote paper
- Cindy Rosenthal (Author), 2018, Riemann-Thomann-Modell. Soziale Arbeit und Wirtschaft, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1297774
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