[...] Anfangs bestanden die Folgen noch aus ein- bis dreiminütigen
Kurzfilmen und drehten sich ausschließlich um die vier Familienmitglieder, nach und nach
wurden dann weitere Nebenfiguren eingeführt und in die Handlung integriert. Nach insgesamt
48 dieser Kurzfilme entschlossen sich die Produzenten, die Länge der Folgen auf 25 Minuten
auszudehnen und eine ganze Staffel mit 13 Folgen zu produzieren. „Die Simpsons“ erhielten
ihren eigenen Sendeplatz und liefen von nun an zur PrimeTime. Dort treiben sie nun schon
seit über 15 Jahren und in mittlerweile mehr als 300 Folgen in ihrer Heimatstadt Springfield
ihr Unwesen und avancierten damit zur beliebtesten und erfolgreichsten Zeichentrickserie
aller Zeiten.
Dennoch schieden sich an den „Simpsons“ immer wieder die Geister, widersprach sie
doch so ganz dem Familienbild, das bis dahin in anderen US-amerikanischen Produktionen
gezeigt wurde. Auch der damalige US-Präsident George Bush ließ es sich nicht nehmen, die
neue Lieblingsfernsehfamilie der Amerikaner mit kritischen Worten zu kommentieren:
„Amerika braucht mehr Familien wie die Waltons, nicht wie die Simpsons.“ (vgl. Pilz 2004).
Was im Kommentar von Bush implizit mitschwingt ist die Unterstellung, das Medienprodukt
„Die Simpsons“ wäre unmoralisch. Und auf den ersten Blick scheint er nicht ganz Unrecht zu haben. Da ist der Vater, der verantwortungslose Sicherheitsinspektor des Springfielder
Kernkraftwerks, der lieber mit Chips und bierrülpsend auf der Couch sitzt, als sich um seine
drei Kinder zu kümmern; und da ist der anarchistische Sohn, dem nichts und niemand hoch
und heilig scheint, der Wände beschmiert und ständig für Unruhe sorgt. Ohne Frage
widersprechen die Simpsons also den gängigen Familiennormen US-Gesellschaft.
„Nun dürfte es [...] kaum Probleme machen, in Fernsehserien Werte, Normen und was
der Dinge mehr sind, festzustellen [...]. Brisant und theoretisch anspruchsvoll wird erst der
Übergang zu konkreten Werten, d.h. der Versuch Profile von Wertmustern zu umreißen und
deren Genese und Funktion zu erklären.“ (Leschke 2001, S. 192). Es ist also hinfällig, klären
zu wollen, ob das Medienprodukt „Die Simpsons“ überhaupt Werte und Normen aufweist.
Vielmehr geht es im Folgenden darum, wie und mit welcher Absicht diese Werte und Normen
reproduziert werden. Die Frage, die der normativen Analyse also zugrunde liegt, ist, ob die
Kritik von George Bush berechtigt ist, daß heißt, ob „Die Simpsons“ wirklich so unmoralisch
sind, wie Bush ihr unterstellt.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Genredefinition
- 3. Normative Muster in den Figurenkonzepten
- 3.1. Die Hauptfiguren
- 3.1.1. Homer Jay Simpson
- 3.1.2. Marjorie „Marge“ Simpson
- 3.1.3. Bartholemew „Bart“ Simpson
- 3.1.4. Lisa Marie Simpson
- 3.1.5. Dialektik der Moral
- 3.2. Die Nebenfiguren
- 3.1. Die Hauptfiguren
- 4. Normative Oppositionsstrukturen
- 4.1. Egoismus versus Altruismus
- 4.2. Individualismus versus Konformismus
- 4.3. Subdominante Oppositionen
- 5. Normative Regulierung der Handlungsführung
- 5.1. Exposition
- 5.2. Entwicklung der Handlung
- 5.3. Restauratives Ende
- 5.4. Moral der Geschichte
- 5.5. Serielle Kontinuität
- 6. Normatives Profil der Serie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit analysiert die Fernsehserie „Die Simpsons“ normativ. Ziel ist es, die von George Bush geäußerte Kritik an der Serie – die Simpsons seien unmoralisch und stünden im Gegensatz zum idealisierten Familienbild der Waltons – zu untersuchen und zu bewerten. Die Analyse fokussiert auf die in der Serie präsentierten Werte und Normen und deren Funktion innerhalb der Erzählung.
- Analyse der Figurenkonzepte und ihrer moralischen Ambivalenz
- Untersuchung der in der Serie dargestellten normativen Oppositionsstrukturen (z.B. Egoismus vs. Altruismus)
- Beurteilung der narrativen Struktur und ihrer Funktion bei der Vermittlung von Werten
- Eingrenzung des Genres und die Bedeutung der Animation für die satirische Darstellung
- Gesamtbewertung des normativen Profils der Serie im Kontext der satirischen Absicht
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung stellt die Ausgangssituation dar: George Bushs Kritik an „Die Simpsons“ als unmoralisch im Vergleich zu „Die Waltons“. Sie führt die Forschungsfrage ein: Ist Bushs Kritik berechtigt? Die Arbeit wird als normative Analyse der Serie positioniert, die nicht die bloße Feststellung von Werten und Normen, sondern deren Reproduktionsweise und Intention untersucht.
2. Genredefinition: Dieses Kapitel definiert „Die Simpsons“ genre-theoretisch. Es wird die Serie als eine Mischform aus Komödienserie, Familienserie und Animationsserie eingeordnet, wobei der humoristische Aspekt im Vordergrund steht. Die Arbeit argumentiert für die Einordnung als „heitere Familienserie“ nach Bolls Kriterien. Die Wahl der Animationsform wird als entscheidend für die Möglichkeiten der satirischen Überzeichnung und Überspitzung hervorgehoben.
3. Normative Muster in den Figurenkonzepten: Dieses Kapitel analysiert die Haupt- und Nebenfiguren der Simpsons hinsichtlich ihrer moralischen Eigenschaften. Es werden die einzelnen Familienmitglieder (Homer, Marge, Bart, Lisa) hinsichtlich ihrer Handlungen und Werte untersucht. Die „Dialektik der Moral“ wird als zentrales Thema hervorgehoben. Die Analyse beleuchtet die Widersprüche und Ambivalenzen der Figuren, die nicht klar moralisch einzuordnen sind.
4. Normative Oppositionsstrukturen: Hier werden die zentralen normativen Gegensatzpaare in der Serie untersucht, wie Egoismus versus Altruismus und Individualismus versus Konformismus. Die Analyse zeigt, wie diese Oppositionen in den Handlungen der Figuren und der narrativen Struktur der Serie zum Ausdruck kommen. Die Bedeutung von subdominanten Oppositionen wird ebenfalls diskutiert.
5. Normative Regulierung der Handlungsführung: Dieses Kapitel konzentriert sich auf die narrative Struktur der Serie und wie sie die Vermittlung von Werten steuert. Es werden die Exposition, die Handlungsentwicklung, das restaurative Ende und die „Moral der Geschichte“ analysiert, sowie die Bedeutung der seriellen Kontinuität für die normative Aussage der Serie.
6. Normatives Profil der Serie: Dieses Kapitel fasst die Ergebnisse der vorherigen Kapitel zusammen und zeichnet ein Gesamtbild des normativen Profils der Serie „Die Simpsons“. Es wird die Frage nach der Berechtigung von George Bushs Kritik noch einmal aufgegriffen und im Kontext der umfassenden Analyse bewertet. Die satirische Natur der Serie und ihre Funktion werden als zentraler Aspekt hervorgehoben.
Schlüsselwörter
Die Simpsons, Normative Analyse, Fernsehserie, Familienserie, Animationsserie, Satire, Moral, Werte, Normen, Egoismus, Altruismus, Individualismus, Konformismus, Familienbild, George Bush, Wertmuster, Inversionsstrategien, Ironie, Parodie.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur normativen Analyse von "Die Simpsons"
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert die Fernsehserie "Die Simpsons" normativ. Im Mittelpunkt steht die Untersuchung und Bewertung der Kritik von George Bush, der die Serie als unmoralisch und im Gegensatz zum idealisierten Familienbild der Waltons darstellte. Die Analyse fokussiert auf die in der Serie präsentierten Werte und Normen und deren Funktion innerhalb der Erzählung.
Welche Aspekte der Serie werden untersucht?
Die Analyse umfasst die Figurenkonzepte und deren moralische Ambivalenz, die dargestellten normativen Oppositionsstrukturen (z.B. Egoismus vs. Altruismus), die narrative Struktur und ihre Funktion bei der Vermittlung von Werten, das Genre der Serie und die Bedeutung der Animation für die satirische Darstellung, sowie eine Gesamtbewertung des normativen Profils der Serie im Kontext der satirischen Absicht.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in sechs Kapitel: Einleitung, Genredefinition, normative Muster in den Figurenkonzepten (inkl. Analyse der Haupt- und Nebenfiguren), normative Oppositionsstrukturen, normative Regulierung der Handlungsführung und das normative Profil der Serie. Jedes Kapitel wird in einer Zusammenfassung detailliert beschrieben.
Welche Figuren werden im Detail analysiert?
Die Hauptfiguren Homer, Marge, Bart und Lisa Simpson werden hinsichtlich ihrer Handlungen und Werte im Detail untersucht. Die Analyse beleuchtet die Widersprüche und Ambivalenzen der Figuren und deren moralische Einordnung.
Welche normativen Oppositionsstrukturen werden behandelt?
Zentrale normative Gegensatzpaare wie Egoismus versus Altruismus und Individualismus versus Konformismus werden untersucht. Die Analyse zeigt, wie diese Oppositionen in den Handlungen der Figuren und der narrativen Struktur zum Ausdruck kommen. Subdominante Oppositionen werden ebenfalls diskutiert.
Wie wird die narrative Struktur analysiert?
Die Analyse der narrativen Struktur konzentriert sich auf die Exposition, die Handlungsentwicklung, das restaurative Ende und die "Moral der Geschichte". Die Bedeutung der seriellen Kontinuität für die normative Aussage der Serie wird ebenfalls berücksichtigt.
Wie wird George Bushs Kritik bewertet?
Die Arbeit untersucht die Berechtigung von George Bushs Kritik an "Die Simpsons" im Kontext der umfassenden normativen Analyse. Die satirische Natur der Serie und ihre Funktion werden als zentraler Aspekt hervorgehoben.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Die wichtigsten Schlüsselwörter sind: Die Simpsons, Normative Analyse, Fernsehserie, Familienserie, Animationsserie, Satire, Moral, Werte, Normen, Egoismus, Altruismus, Individualismus, Konformismus, Familienbild, George Bush, Wertmuster, Inversionsstrategien, Ironie, Parodie.
Welche Genre-Einordnung wird für "Die Simpsons" vorgenommen?
Die Serie wird als Mischform aus Komödienserie, Familienserie und Animationsserie eingeordnet, wobei der humoristische Aspekt im Vordergrund steht. Die Arbeit argumentiert für die Einordnung als "heitere Familienserie" nach Bolls Kriterien.
Welche Rolle spielt die Animation?
Die Wahl der Animationsform wird als entscheidend für die Möglichkeiten der satirischen Überzeichnung und Überspitzung hervorgehoben.
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- Diplom-Medienwirt Martin Stachel (Author), 2004, Eine normative Analyse der Fernsehserie 'Die Simpsons', Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/129679