Der Dualismus mitgliedstaatlicher und supranationaler Interessen zeigt sich insbesondere im Bereich der direkten Steuern. Zu den direkten Steuern zählen grundsätzlich die Steuern auf Einkommen und Vermögen (Einkommen- und Kirchensteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer), bei denen Steuerschuldner und Steuerträger identisch sind und die hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Belastungswirkung im Gegensatz zu den indirekten Steuern (Umsatzsteuer, Verbrauchsteuer, Verkehrssteuer) nicht auf ein andere Person überwälzt werden können. Obwohl eigentlich nicht vom EG-Vertrag umfasst, müssen die Mitgliedstaaten bei der nationalen Ausgestaltung der direkten Steuern, die Grundfreiheiten des EG-Vertrages beachten. Dies ist nicht immer einfach und häufig konträr zu den nationalen Interessen.
Direkte Steuern im Kontext der Europäischen Gemeinschaft
Haan, 30.8.08
Frank Winnenbrock, MBL-HSG
Der Dualismus mitgliedstaatlicher und supranationaler Interessen manifestiert sich insbesondere im Bereich der direkten Steuern. Zu den direkten Steuern zählen grundsätzlich die Steuern auf Einkommen und Vermögen (Einkommen- und Kirchensteuer, Körperschaftsteuer, Gewerbesteuer), bei denen Steuerschuldner und Steuerträger identisch sind und die hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Belastungswirkung im Gegensatz zu den indirekten Steuern (Umsatzsteuer, Verbrauchsteuer, Verkehrssteuer) nicht auf ein andere Person überwälzt werden können.[1] Die hinsichtlich ihres Volumens für die Bundesrepublik Deutschland vergleichsweise ergiebigste Einkommensteuer lässt sich ebenso wie die Körperschafts- und Gewerbeertragssteuer auch als Ertragssteuer qualifizieren. Der Begriff der Ertragssteuer setzt das Vorhandensein von Einkünften voraus und knüpft in der betriebswirtschaftlichen Steuerlehre an den erwirtschafteten Gewinn[2] eines Betriebs an.[3] Die steuerlichen Belastungswirkungen betreffend muss die entsprechende Steuer aus dem Vermögensertrag (Einkommenserwerb, Einkommensverwendung und Einkommensbestand) entrichtet werden können, um eine im Hinblick auf die Eigentumsgarantie verfassungswidrige Substanzbesteuerung zu vermeiden.[4]
Es gilt das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung[5], da der EG-Vertrag der Gemeinschaft keine spezielle Kompetenz für die direkten Steuern zuweist.[6] Zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union besteht ein Wettbewerb der Steuersysteme um Investoren und Steuerzahler[7], der letztlich zu den ausschlaggebenden Momenten dafür zählt, dass das Referendum über den EU-Reformvertrag von Lissabon am 12. Juni 2008 in der Republik Irland[8] gescheitert ist und den europäischen Integrationsprozess zum (zeitweiligen) Erliegen gebracht hat.
[...]
[1] Vgl. Tipke/ Lang/ Lang, Steuerrecht, 2005, § 8, Rn. 20, 29.
[2] § 4 Abs. 1 EStG
[3] Vgl. Tipke/ Lang/ Lang, Steuerrecht, 2005, § 8, Rn. 22.
[4] Vgl. BVerfG, Beschluss vom 22.06.1995 - 1 BvL 37/91 -, BVerfGE 93, S. 134 f..
[5] Art.5 Abs. 1 EGV
[6] Vgl. Mitschke, FR 2008, S. 165, 166.
[7] Vgl. Fehrenbacher, Steuerrecht, 2005, § 2, Rn. 29; Mitschke, FR 2008, S. 165, 165.
Häufig gestellte Fragen zu "Direkte Steuern im Kontext der Europäischen Gemeinschaft"
Was sind direkte Steuern im Kontext des Textes?
Direkte Steuern umfassen Steuern auf Einkommen und Vermögen, bei denen Steuerschuldner und Steuerträger identisch sind. Beispiele sind Einkommen-, Kirchen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer. Im Gegensatz zu indirekten Steuern (Umsatz-, Verbrauchs-, Verkehrssteuer) können direkte Steuern nicht auf andere Personen überwälzt werden.
Warum wird die Einkommensteuer als Ertragssteuer bezeichnet?
Die Einkommensteuer, Körperschaftsteuer und Gewerbeertragssteuer können als Ertragssteuern qualifiziert werden, da sie das Vorhandensein von Einkünften voraussetzen und an den erwirtschafteten Gewinn eines Betriebs anknüpfen. Die Steuer muss aus dem Vermögensertrag entrichtet werden, um eine verfassungswidrige Substanzbesteuerung zu vermeiden.
Welches Prinzip gilt im Hinblick auf die Kompetenzen der Europäischen Gemeinschaft im Bereich der direkten Steuern?
Es gilt das Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung, da der EG-Vertrag der Gemeinschaft keine spezielle Kompetenz für die direkten Steuern zuweist.
Welchen Wettbewerb gibt es zwischen den EU-Mitgliedstaaten im Steuerbereich?
Zwischen den Mitgliedstaaten der Europäischen Union besteht ein Wettbewerb der Steuersysteme um Investoren und Steuerzahler. Dieser Wettbewerb kann die Integrationsprozesse beeinflussen, wie das gescheiterte Referendum über den EU-Reformvertrag von Lissabon in Irland zeigt.
Welche Rolle spielt der Körperschaftsteuersatz in Irland im europäischen Kontext?
Der vergleichsweise niedrige Körperschaftsteuersatz von 12,5 % in Irland trägt wesentlich zur Attraktivität des Landes für internationale Investoren bei. Eine Harmonisierung der direkten Steuern könnte zu einer Angleichung an höhere Sätze in anderen EU-Ländern führen, was Bedenken hinsichtlich der irischen Souveränität und Wettbewerbsfähigkeit hervorrufen kann.
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- Frank Winnenbrock (Author), 2008, Direkte Steuern im Kontext der Europäischen Gemeinschaft, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/129124