Seit China 1978 seine Märkte für viele ausländische Unternehmen geöffnet und sich zu einem zentralen Wachstumsmarkt im asiatischen Raum entwickelt hat, ist dort ein regelrechter Wirtschaftsboom zu beobachten. Viele deutsche Unternehmen wählen dabei, um sich auf dem chinesischen Markt zu etablieren, die Kooperationsform „Joint Venture“. Für den Erfolg solch deutsch-chinesischer Joint Ventures spielen neben den konjunkturellen und rechtlichen Rahmenbedingungen die sozio-kulturellen Faktoren für die Interaktionen des Managements mit dem chinesischen Umfeld, insbesondere die Einstellungen und Verhaltensweisen der chinesischen Kooperationspartner, eine entscheidende Rolle. Dabei zeigt sich immer häufiger, dass die kulturellen Differenzen speziell vor und während den Verhandlungsgesprächen zu interkulturellen Managementproblemen führen. Solche Probleme tragen nicht selten sogar zum Scheitern von Joint Venture Beziehungen bei, so dass der Bereich „Interkulturelles Management“ zunehmend in den Blickpunkt westlicher Unternehmen rückt. Dabei stellt sich für westliche Unternehmer immer häufiger die Frage, welche Kenntnisse und Charaktereigenschaften ihre Auslandsmitarbeiter haben müssen und welche Möglichkeiten bestehen, sich solche Kompetenzen anzueignen.
Inhalt
Zusammenfassung
Tabellenverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Abkürzungen
1 Einleitung und Problemstellung
1.1 Zielsetzung
1.2 Aufbau
2 Grundlagen des interkulturellen Managements
2.1 Vorbemerkung
2.2 Problembereich
2.3 Der Begriff Interkulturelles Management
2.4 Interkulturelles Management als Wettbewerbsfaktor multinationaler Unternehmungen
2.5 Das Aufgabengebiet des Interkulturellen Managements
2.6 Kulturfaktor als Einfluss des Interkulturellen Managements
2.6.1 Der Begriff der Kultur
2.6.2 Kulturdimensionen nach Hofstede
2.7 Interkulturelle Kommunikation
2.7.1 Was bedeutet „Kommunikation“?
2.7.2 Was bedeutet dann eigentlich „Interkulturelle Kommunikation“?
2.8 Interkulturelle Kompetenz
2.8.1 Die Bedeutung interkultureller Kompetenz im Kontext von Managementhand-lungen
2.8.2 Der Begriff interkulturelle Kompetenz
2.9 Interkulturelle Personalführung
2.9.1 Maslows Modell der Bedürfnishierarchie
2.9.2 Das Schichtenmodell von Dülfer
3 Interkulturelles Management in China
3.1 Vorbemerkung
3.2 Die chinesische Kultur
3.2.1 Konfuzianismus
3.2.2 Einhaltung der fünf Beziehungen als Basis der gesellschaftlichen Stabilität
3.2.3 Taoismus
3.3 Das Streben nach Harmonie
3.4 Das Gesicht bewahren
3.5 Guanxi
3.6 Hierarchiedenken
3.7 Gruppenverhalten
3.8 Mitarbeiterführung
3.9 Motivationsmanagmet
3.10 Zeitliche Vorstellungen
3.11 Verhandlungsführung und Verhandlungsablauf
3.11.1 Kommunikationsebenen
3.11.2 Verhandlungstaktiken
3.11.3 Die 36 Strategeme
3.12 Entscheidungsfindung
4 Deutsch-Chinesische Joint-Ventures
4.1 Vorbemerkung
4.2 Deutsch-chinesische Wirtschaftsbeziehungen
4.3 Joint Venture als spezielle Markteintrittsform für China
4.4 Chinesische und deutsche Kulturelemente im Vergleich
4.4.1 Machtdistanz
4.4.2 Individualismus versus Kollektivismus
4.4.3 Maskulinität versus Feminität
4.4.4 Unsicherheitsvermeidung
4.4.5 Konfuzianische Dynamik
4.5 Kommunikation deutsch-chinesischer Joint Venture Partner
4.6 Probleme bei der Mitarbeiterführung
4.7 Unterschiedliche Auffassungen von Management
5 L ösungsperspektiven
5.1 Vorbemerkung
5.2 Formen interkulturellen Trainings nach Bittner & Reisch
5.3 Darstellung interkultureller Seminare in der Praxis
6 Zusammenfassung und Ausblick
7 Literatur
Zusammenfassung
Seit China 1978 seine Märkte für viele ausländische Unternehmen geöffnet und sich zu einem zentralen Wachstumsmarkt im asiatischen Raum entwickelt hat, ist dort ein regelrechter Wirtschaftsboom zu beobachten. Viele deutsche Unternehmen wählen dabei, um sich auf dem chinesischen Markt zu etablieren, die Kooperationsform „Joint Venture“. Für den Erfolg solch deutsch-chinesischer Joint Ventures spielen neben den konjunkturellen und rechtlichen Rahmenbedingungen die sozio-kulturellen Faktoren für die Interaktionen des Managements mit dem chinesischen Umfeld, insbesondere die Einstellungen und Verhaltensweisen der chinesischen Kooperationspartner, eine entscheidende Rolle. Dabei zeigt sich immer häufiger, dass die kulturellen Differenzen speziell vor und während den Verhandlungsgesprächen zu interkulturellen Managementproblemen führen. Solche Probleme tragen nicht selten sogar zum Scheitern von Joint Venture Beziehungen bei, so dass der Bereich „Interkulturelles Management“ zunehmend in den Blickpunkt westlicher Unternehmen rückt. Dabei stellt sich für westliche Unternehmer immer häufiger die Frage, welche Kenntnisse und Charaktereigenschaften ihre Auslandsmitarbeiter haben müssen und welche Möglichkeiten bestehen, sich solche Kompetenzen anzueignen.
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Unterschiede in der Verhandlungsführung zwischen deutschen und chinesischen Geschäftspartnern (Zinzius, 1996, S. 198).
Tab. 2: Kommunikation in Unternehmen (Chung, in: Grünbaum, 1995, S. 32)
Tab. 3: Erwartungen von Mitarbeitern an gute Führunskräfte (Eigene Darstellung nach: Tang & Reisch, 1995, S. 164)
Tab. 4 Erwartungen von Führungskräften an gute Mitarbeiter (Eigene Darstellung nach: Tang & Reisch, 1995, S. 165)
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Bedürfnispyramide nach Maslow und Mc Gregor (Peill-Schoeller, 1994, S. 196)
Abb. 2: Vertikalschnitt des „Schichtenmodells“ (Dülfer, 1996, S. 218)
Abb. 3: Bedürfnispyramide nach Maslow übertragen auf chinesische Mitarbeiter (Peill-Schoeller, 1994, S. 197)
Abb. 4: Verhandlungsprozess in der VR China (Eigene Darstellung nach: Tang & Reisch, 1995, S. 98f.)
Abb. 5: Länderbewertung: Machtdistanz (Slevogt, 1997, S. 71)
Abb. 6: Länderbewertung: Individualismus versus Kollektivismus (Slevogt, 1997, S. 73)
Abb. 7: Länderbewertung: Unsicherheitsvermeidung (Slevogt, 1997, S. 79)
Abb. 8: Länderbewertung: Langzeitorientierung versus Kurzzeitorientierung (Slevogt,1997, S. 83)
Abkürzungen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
„Wenn China erwacht, erbebt die Welt“
(Napoleon)
1 Einleitung und Problemstellung
Diese Prophezeiung könnte heute erfüllt sein. Die VR China gehört inzwischen nicht nur zu den größten, sondern auch zu den dynamischsten und attraktivsten Wirtschaftsmärkten der Welt. Schon jetzt übertrifft China seine asiatischen Nachbarländer bei weitem, wenn es um Wachstum und Wirtschaftskraft geht (Meng, 2003, S. 1; Werner, 2004, S. 3). Seit dem Beginn der „ Reform- und Öffnungspolitik“ 1978 und dem WTO-Beitritt 2001, hat die VR China seine Tore für viele internationale Unternehmen geöffnet und sich somit zu einem zentralen Wachstumsmarkt im asiatischen Raum entwickelt (Schuchert, 1994; Tang & Reisch, 1995, S. 22; Lang 1998, S. 1; Vogl 2001; Seitz, 2002, S. 298ff.).
Mit ca. 1,3 Milliarden Menschen ist das „Reich der Mitte“ das bevölkerungsreichste Land der Erde. Die Bedürfnisse von 1,3 Milliarden Menschen sind mit nationalen Ressourcen allein nicht zu befriedigen. Insofern ist China auch aus diesem Grund für Investitionen internationaler Unternehmen ausgesprochen attraktiv (Zürl, 1999, S. 1; Li, 2003, S. 329; Meng, 2003, S. 1). Hinzu kommen die großen bevorstehenden Ereignisse wie die Olympischen Spiele 2008 in Peking und die Weltausstellung 2010 in Shanghai, die zunehmend Milliardenprojekte wahrscheinlich machen und weiterhin zu einem schnell wachsenden Volumen ausländischer Investitionen führen (Gassmann 2004, S. 3). Nur wer in China besteht, kann langfristig auf dem Weltmarkt gewinnen – eine Formel, die für internationale Firmen in der nahen Zukunft schon Gültigkeit erlangen könnte (Follath, Jung, Lorenz, Simons & Wagner, 2004).
Auch deutsche Unternehmen sind ohne den Erfolg auf dem chinesischen Markt nicht mehr überlebensfähig, obwohl der bilaterale Handel zwischen Deutschland und der VR China seit Beginn der Öffnungspolitik stark zugenommen hat (Trommsdorff, Schuchardt & Lesche, 1995). Deutschland ist zurzeit der größte europäische Handelspartner Chinas und ermöglicht somit seinen Unternehmen eine gute Ausgangsposition für zukünftige Investitionsaufträge (Werner 2004, S. 3f.).
So verkündete Staatspräsident Hu Jintao in einer Sonderausgabe der Wirtschaftswoche (2004):
Im Mai 2004 haben beide Länder eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht, worin sie ankündigten, im Rahmen der allseitigen strategischen Partnerschaft zwischen China und der Europäischen Union eine Partnerschaft in globaler Verantwortung aufzubauen (ebd., S. 5).
Eine zunehmende Zahl deutscher Unternehmen hat die Formen der Kooperationen und Joint Ventures[1] als Markteintrittsinstrument gewählt (Guan, 2004, S. 1).
Diese deutsch-chinesische Zusammenarbeit ist jedoch keine reine Erfolgsgeschichte. Viele solcher Kooperationsverhältnisse sind gescheitert. Der Grund liegt nach zahlreichen Studien und der praktischen Erfahrung von deutschen Unternehmen, neben einer hohen Wettbewerbsintensität und der Rechtsunsicherheit, in den unterschiedlichen kulturellen Prägungen der Kooperationspartner (Meng, 2003).
„Die Anzahl und die Variabilität interkultureller Kontakte zu fremden Kulturen und Ländern nimmt bei Fusionen und Joint Ventures ständig zu, was zu einem Wandel des Anforderungsprofiles an die betroffenen Manager führt“ (Hasenstab, 1999, S. 14).
Neben den weiterhin bestehenden klassischen Aufgabengebieten sind sie nun gezwungen, sich mit grenzüberschreitenden, kulturellen Unterschieden im Management auseinanderzusetzen. Es sind gerade die sog. „weichen Faktoren“, wie kulturelle Anpassung und kultureller Informationsaustausch zwischen chinesischen und deutschen Joint Venture Managern die immer öfter dazu führen, dass Verhandlungsgespräche letztlich scheitern (Schuppert, Papmehl & Walsh, 1994, S. 9; Brauchlin & Heene, 1995).
Günther (1993) beschreibt dieses Dilemma sehr treffend und sagt:
Die anfängliche Begeisterung westlicher Geschäftsleute über eine mögliche Erschließung des neuen Markts China nahm nicht selten rapide ab, sobald die ersten Verhandlungsgespräche mit chinesischen Geschäftspartnerinnen angelaufen waren. Soziokulturelle Diskrepanzen, wie beispielsweise unterschiedliche Formen und Auffassungen von Höflichkeit, divergierende Interaktionsformen sowie verschiedene Gesprächs – und Führungsstile beeinträchtigen und beendeten allzu schnell die wirtschaftlichen Hoffnungen und Träume (Günthner, 1993, S. 297, zitiert nach Hasenstab, 1999, S. 16).
Die Kenntnis der chinesischen Kultur und Geschäftsmentalität ist unter diesen Vorzeichen ein kaum zu überschätzender Erfolgsfaktor. Wer den Umgang mit chinesischen Joint Venture Partnern beherrscht, ist im Vorteil (Chen, 2004, S. 9).
So heißt es schon bei Sunzi[2]: „Wer sich selbst und seinen Gegner gut kennt, kann hundert Schlachten gewinnen“ (ebd., S. 10).
1.1 Zielsetzung
In Anbetracht der oben geschilderten interkulturellen Problematik wird das Ziel dieser Arbeit die Erforschung interkultureller Managementprobleme am Beispiel deutsch – chinesischer Joint Ventures sein.
Schwerpunktmäßig wird der Frage nachgegangen, inwieweit sozio-kulturell bedingte Einstellungen und Verhaltensweisen chinesischer Joint Venture Partner ein Managementproblem für deutsche Kooperationspartner darstellen und wo Lösungsmöglichkeiten in diesem Zusammenhang bestehen. Dabei werden vor allem die Verhandlungsprozesse bei Joint Ventures hinsichtlich der unterschiedlichen Kommunikationsweisen der Geschäftspartner unter Berücksichtigung ihrer kulturellen Differenzen in den Vordergrund gestellt. Das Hauptaugenmerk wird vor allem auf das Management gelegt, da dieses der Gestaltung der interorganisationalen Zusammenarbeit obliegt.
Wird dabei im Folgenden von Kultur gesprochen, ist immer, sofern nicht ausdrücklich anderweitig darauf hingewiesen wird, die Nationalkultur gemeint. Neben der Nationalkultur können auch die Branchen-, Professions- und die Unternehmenskultur mit ihren Subkulturen auf die Gestaltung von Unternehmungsabläufen einwirken, die letztendlich auch von den Nationalkulturen beeinflusst werden, da die Unternehmungsmitglieder parallel in mehreren dieser kulturellen Zusammenhänge leben (Antal, Dierkes & Helmers, 1993, S. 207ff.).
1.2 Aufbau
Die Bearbeitung des Themas „Erforschung interkultureller Managementprobleme am Beispiel deutsch – chinesischer Joint Ventures“ erfolgt in vier Schritten. Als Grundlage für diese Arbeit und zum allgemeinen Verständnis ihres weiteren Verlaufes, wird zum Beginn des zweiten Kapitels zunächst auf den Begriff Interkulturelles Management eingegangen. Im dritten Kapitel werden dann die zuvor behandelten allgemeinen Erläuterungen auf die VR China hin übertragen, woraufhin im nächsten Kapitel die Gegenüberstellung der deutschen mit der chinesischen Kultur, und die sich daraus ergebenden Problembereiche, vor dem Hintergrund von Joint Ventures erfolgt. Abschließend werden theoretische und praktische Lösungsperspektiven aufgezeigt und noch einmal die wichtigsten Thesen der Arbeit zusammenfassend dargestellt.
2 Grundlagen des interkulturellen Managements
2.1 Vorbemerkung
Wie bei den Erläuterungen bezüglich des Aufbaus bereits angekündigt, werden in diesem Kapitel die Grundlagen des Interkulturellen Managements dargestellt, die als Fundament für die folgenden Abschnitte dienen. Speziell das dritte Kapitel „Interkulturelles Management in China“ steht in direktem Bezug zu diesen Erörterungen. Insbesondere werden in diesem Zusammenhang folgende Begriffe definiert und erläutert:
Interkulturelles Management
Kultur
Interkulturelle Kommunikation
Interkulturelle Kompetenz
Interkulturelle Personalführung
2.2 Problembereich
Jede wirtschaftliche Aktivität, die Grenzen überschreitet – gleichgültig ob im Rahmen der Gründung von Niederlassungen, von Mergers und Acquisitions, Joint Ventures oder Exportleistungen – ist notwendigerweise interkulturelle [sic] variablen Determinanten ausgesetzt. Diesem Aspekt wird jedoch im Hinblick auf das Handeln und Verhalten von Menschen in Organisationen zu wenig Beachtung geschenkt (Bergmann & Sourisseaux, 2003, o.s.).
In Anbetracht des Zitats von Bergmann und Sourisseaux sind international agierende Unternehmen durch den steigenden Trend der Globalisierung und Unternehmenskooperationen mit Problemen konfrontiert, die sich allein schon aus dem Kontext mit fremden Ländern, Kulturen, Wirtschafts- und Sozialsystemen ergeben (Dülfer, 1996; Rothlauf, 1999, S. 5). Dabei sieht sich das Management multinationaler Unternehmen neuen Aufgaben und Herausforderungen gegenübergestellt (Porter, 1989; Barmeyer, 2000, S. 94). Einerseits muss es sich auf die neuen Strukturen einer globalen Wirtschaft einstellen, andererseits muss es lernen mit der zunehmenden kulturellen Diversität umzugehen (Harbig, 1994, S. 87; Dülfer, 1996; Weinert, 1998, S. 30). International agierende Manager müssen sich daher die Frage stellen, ob gesellschafts – und kulturbezogene Verhaltensanpassungen erforderlich sind, und - wenn ja - wo und in welcher Art und Ausprägung entsprechende Anpassungen im Management durchzuführen sind (Hasenstab, 1998, S. 15). Diese Problemstellung trifft zwar grundsätzlich auf alle Formen des interkulturellen Kontakts zu (z.B. auch Studentenaustausch, Tourismus, etc), ist aber besonders für Manager von Bedeutung, da diese durch gemeinsames, kooperatives Handeln über unterschiedliche Kulturen hinweg berufliche Ziele und wirtschaftliche Erfolge anstreben (ebd., S. 15). Eine Vielzahl von Managern ist sich einig, dass die Berücksichtigung interkultureller Fragestellungen bei allen Aktivitäten, die als grenzüberschreitend eingestuft werden können, nicht mehr vernachlässigt werden dürfen (Rothlauf, 1999, S. 7). Zu einer ähnlichen Einschätzung gelangen Brauchlin und Heene (1995):
„To avoid intercultural conflicts (…), managers need to understand cultural differences and actively attempt to bridge them. In brief, Intercultural Management today appears to be an essential tool for leading international companies towards progress and success”.
Ausgehend von diesen Überlegungen hat sich in der Vergangenheit das Forschungsfeld „ Interkulturelles Management“ herausgebildet und innerhalb des Internationalen Managements stetig an Bedeutung gewonnen.
2.3 Der Begriff Interkulturelles Management
Der Begriff interkulturelles Management ist schwierig zu definieren, da definitorische Abgrenzungsversuche bisher relativ selten aufzufinden waren, was sich daran zeigt, dass Bergemann und Sourisseaux , sowie Engelhard und Rothlauf ihre Veröffentlichungen zwar jeweils „Interkulturelles Management“ betiteln, explizite Definitionen für diesen Begriff jedoch nicht anbieten. Zum anderen sind existierende Definitionen relativ allgemein.
So schreibt bspw. Kumar (1988):
„Gegenstand der Interkulturellen Managementlehre und –forschung sind die Ausprägung, Gestaltung und Praxis des Managements im Kontext unterschiedlicher Kulturen und Gesellschaften“ (ebd., S. 389).
Dülfer (1996) bietet eine etwas differenziertere Definition für internationales Management, welche dem interkulturellen Management in der hier verstandenen Form recht nahe kommt, weil sie u.a. den Faktor Kommunikation thematisiert:
Internationales Management liegt vor, wenn das Operationsgebiet der Unternehmung oder der vergleichbaren Institution über die Grenzen des eigenen Staatsgebiets, das hier als Stammland bezeichnet wird, hinausreicht. Wenn man nun davon ausgeht, dass Managementtätigkeiten i.d.R. nicht nur den Einsatz sachlicher Ressourcen, sondern auch die Koordination menschlicher Aktivitäten betreffen, die hier grenzübergreifend erfolgen muss, bedeutet internationales Management zielbezogene Kommunikation mit ausländischen Interaktionspartnern (ebd., S. 5).
Beide Definitionen kommen der in dieser Untersuchung vertretenen Auffassung sehr nahe. Nichtsdestotrotz erscheint die Definition von Kumar sehr allgemein gehalten, während bei Dülfer der Bezug zu kulturbedingten Aspekten durch die Verwendung von Begriffen wie „Staatsgebiet“, „grenzüberschreitend“ und „ausländisch“ nur eindimensional im Zuge der Gleichsetzung von Kultur und Nation zum Tragen kommt und der Begriff Kultur nicht erwähnt wird.
Für den weiteren Verlauf dieser Arbeit wird jedoch der Definitionsbegriff von Hasenstab (1998) verwendet, da dieser das Forschungsfeld „Interkulturelles Management“ einerseits genügend weit und andererseits genügend präzise deutet, um eine realitätsnahe Problembehandlung zu ermöglichen bzw. den Problembereich adäquat darzustellen.
Definition nach Hasenstab (1998) :
Das Forschungsfeld interkulturelles Management i.e.w.S. befasst sich mit sämtlichen Fragen und Problemen, die sich aus der Verschiedenartigkeit der kulturellen Umwelt und aus der Konfrontation von Personen und Institutionen mit unterschiedlichem kulturellen Hintergrund für den Managementprozeß, d.h. für die Lenkung betriebswirtschaftlicher Organisationen ergeben. Dazu gehören insbesondere Probleme des Transfers von Managementtheorien, Managementtechniken und Managern über kulturelle Grenzen hinweg und die wirtschaftsbezogene Kommunikation und Interaktion von Angehörigen unterschiedlicher Kulturkreise (ebd., S. 33).
2.4 Interkulturelles Management als Wettbewerbsfaktor multinationaler Unternehmungen
Kulturelle Differenzen zwischen unterschiedlichen Nationen müssen nicht, wie bereits erwähnt, zwangsläufig zu interkulturellen Problematiken führen. Im Gegenteil, sie stellen entscheidende Synergie-Potentiale und Chancen dar (Barmeyer, 2000, S. 95), wobei der Begriff Interkulturelle Synergie einen wichtigen Stellenwert einnimmt.
Interkulturelle Synergie kann definiert werden als „(…) das Zusammenspiel kultureller Charakteristika wie Einstellungen, Werte, Denk- und Verhaltensweisen in einer sich gegenseitig zielgerichtet verstärkenden Weise, so dass die hervorgebrachten Leistungen von höherer Qualität sind als die Summe der Einzelelemente“ (Zeutschel, 1995, Ansoff, 1965). Die Zusammenarbeit mit Angehörigen anderer Kulturen eröffnet die Möglichkeit, neue Arbeits- und Organisationsformen, Vorgehens- und Sichtweisen sowie neues Know-how in ein Unternehmen zu bringen (Stüdlein, 1997, S. 63). Synergiepotentiale entfalten sich allerdings nicht von selbst. Interkulturelle Synergien können nur dann entstehen, wenn die Beteiligten sich gegenseitig anregende und verstärkende Leistungspotentiale zu bieten haben (Zeutschel, 1996, S. 4; Bittner & Reisch, 1994, S.32). So stellt schon eine alte chinesische Volksweisheit fest:
„Die echte Einheit zieht ihre Stärke aus der Vielfalt.“ (Peill-Schoeller, 1994, S.3)
2.5 Das Aufgabengebiet des Interkulturellen Managements
Das Forschungsfeld Interkulturelles Management beschäftigt sich mit wirtschaftsbezogenen Aspekten beim Kontakt von Angehörigen unterschiedlicher Kulturkreise.
Dabei treffen die gewohnten, eigenkulturell geprägten Verhaltensweisen und Denkmuster mit denen des fremdkulturell geprägten Interaktionspartners zusammen (Engelhard, 1997, S. 112ff.). Zum Zweck der angemessenen Problembewältigung entsteht das entsprechende Aufgabengebiet des Interkulturellen Managements.
Nach Rothlauf (1999) sollte das Aufgabengebiet des Interkulturellen Managements die konkrete Gestaltung von funktionalen, strukturalen und personalen Managementprozessen umfassen (ebd., S. 8). Das Ziel dabei sei die kulturbedingten Managementprobleme durch Bereitstellung entsprechender Lösungsvorschläge erfolgreich zu bewältigen und damit effizientes interkulturelles Handeln zu ermöglichen (Perlitz, 1995, S. 318). Dabei müssen Fach- und Führungskräfte der internationalen Unternehmen nicht nur über juristischen, fachlichen und ökonomischen Sachverstand verfügen und Fremdsprachenkenntnisse haben, sondern sie müssen ihr Verhalten an interkulturellen Standards ausrichten, die ein erfolgreiches Agieren in einer fremdkulturell geprägten Umwelt erleichtern (Böning, 2000, S. 23). Die Manager in international bestehenden Unternehmen müssen vorausschauend einschätzen können, welche Auswirkungen kulturelle Unterschiede u.a. auf die Managementpraxis, die individuellen Arbeitseinstellungen, die Kommunikation und die Verhandlungsführung haben (Weidmann, 1995, S. 41). Nur wenigen Führungskräften gelingt es, sich von Verallgemeinerungen über die fremde Kultur zu befreien und die Unterschiede des Verhaltens als kulturell geprägt hinzunehmen (Heiming, 1999, S. 44). Der bewusste Umgang mit Kulturunterschieden und daran angepasste Managementstrukturen beeinflusst und verbessert den Arbeitsablauf in interkulturellen Unternehmen (Peill-Schoeller, 1994, S. 5).
Die Manager sollten sich nicht nur der Existenz von Kulturunterschieden, sondern auch ihrer Auswirkungen auf das Arbeitsleben bewusst sein. Auch wenn die zusammentreffenden Spezialisten und Manager alle nach internationalen Standards ausgebildet wurden und die englische Sprache beherrschen, stammen sie immer noch aus verschiedenen Kulturen (Heiming, 1999, S. 43f).
Aufgrund der internationalen Branchenverflechtungen und den damit verbundenen kulturellen Überschneidungen (Schuppert, Papmehl & Walsh, 1994 S. 10; Reinecke & Fussinger, 2001) ist in Zukunft davon auszugehen, dass die Anzahl geschäftlicher Kontakte, bei denen die Akteure aus kulturell verschiedenen Ländern stammen, zunehmen wird (Mauritz, 1996, S. 1). Die Mitarbeiter in einem Unternehmen stammen aus verschiedenen Kulturen, und sie sollen integriert kooperativ zusammenarbeiten. Die dabei auftauchenden neuen Fragestellungen und Lösungsansätze gehören ebenfalls zum Aufgabengebiet des Interkulturellen Managements.
2.6 Kulturfaktor als Einfluss des Interkulturellen Managements
Kultur ist ein wichtiger Einflussfaktor für die Kooperation in Joint Ventures, denn Unternehmen sind Subsysteme von Gesellschaften, die wiederum kulturell geprägt sind (Meng, 2003, S. 27). Insofern ist auch ein Management von Unternehmen kulturell geprägt. Um das Verhältnis Kultur – Management zu verstehen, wird im folgenden Abschnitt näher auf den Begriff Kultur eingegangen.
2.6.1 Der Begriff der Kultur
„Human beings draw close to one another by their common nature, but habits and customs keep them apart.” (Konfuzianisches Sprichwort)
Kultur ist einer der Ausdrücke, die man aus dem alltäglichen Sprachgebrauch zu kennen scheint und die doch gleichzeitig einer festen Bedeutung entgleiten. Bei eingehender Suche findet sich eine außerordentlich große Anzahl an Definitionen, da dieser Begriff genau wie der des „Interkulturellern Managements“ schwierig einzugrenzen ist.
Kroeber und Kluckholm (1952) haben zu Beginn der 50er Jahre 154 verschiedene inhaltliche Auslegungen des Begriffs Kultur zusammengetragen (ebd., S. 43ff, zitiert nach, Rothlauf, S.14). Auch in der kulturvergleichenden Managementforschung finden sich unterschiedliche begriffliche Festlegungen (Dülfer, 1996; Staehle, 1999).
Der Ethnologe E.B. Tylor stellte im 19. Jahrhundert eine der ersten Definitionen von „Kultur“ auf, die von Heiming (1999) wie folgt zitiert wird:
„Culture (…) is that complex whole which includes knowledge, belief, art, morals, law, custom and any other capabilities and habits acquired by a man as a member of society“ (ebd., S. 38f.).
Diese Definition betrachtet Kultur als eine in sich geschlossene Einheit. Es wird vernachlässigt, dass innerhalb einer Kultur ebenfalls Grenzen verlaufen, die durch soziale Komponenten wie die Schichtzugehörigkeit oder hierarchische Unterschiede determiniert werden (Guan, 2004, S. 7). In der nachfolgenden Zeit ist der Kulturbegriff dann erneuten inhaltlichen Wandlungen unterworfen worden und in unterschiedlicher Weise mit verschiedenen Schwerpunkten neu interpretiert (Heinen, 1987, S. 52).
Die kulturneutralste Version konzipierte Geert Hofstede. Für seine Analyse „Interkulturelle Zusammenarbeit“ fasst Hofstede (1993) Kultur als gruppenspezifische “mentale Programmierung“ auf, die die Mitglieder einer Gruppe oder einer Kategorie von einer anderen unterscheidet (ebd., S. 18f.). Nach Hofstede bezieht sich also die Kultur auf eine Gruppe, die Erfahrungen aus demselben sozialen Umfeld miteinander teilt. Damit wird auch deutlich, dass Kultur nicht vererbt wird, sondern das Ergebnis eines Lernprozesses in Abhängigkeit von der jeweiligen sozialen Umgebung darstellt und dass diese im Laufe eines Sozialisierungsprozesses erworben wird (Keller, 1982, S. 118ff.; Hofstede, 1993, S. 20 )
Der Begriff Kultur bleibt dennoch in der Regel sehr vage und wird erst präziser, wenn man sich bemüht, ihn inhaltlich zu fassen und zu konkretisieren (Büschges, Abraham & Funk, 1996, S. 57, zitiert nach Rothlauf, 1999, S. 15).
2.6.2 Kulturdimensionen nach Hofstede
Hofstedes Untersuchungen sind die wohl aufwendigsten und anerkanntesten der kulturvergleichenden Management- Forschung. Er fand heraus, dass Unterschiede zwischen nationalen Kulturen auf vier Faktoren zurückgeführt werden können. Diese vier Dimensionen[3] umfassen arbeitsbezogene Werte und menschliches Verhalten in Organisationen (ebd., S. 27). Aufgrund von zwei weiteren Untersuchungen wurde die Theorie später um eine weitere Dimension, die besonders in östlichen Kulturen und somit für den weiteren Verlauf dieser Arbeit besonders relevant ist, erweitert. Er identifizierte somit 5 kulturelle Dimensionen, die als Vergleichskriterien für die Beschreibung und den Vergleich unterschiedlicher Kulturen in einzelnen Länder dienen sollen: Machtdistanz [Hervorhebung v. Verf.], Individualismus versus Kollektivismus [Hervorhebung v. Verf.], Maskulinität versus Feminität [Hervorhebung v. Verf.], Unsicherheitsvermeidung und Kurzzeit-und Langzeitorientierung [Hervorhebung v. Verf.]; (Hofstede, 1993, S. 29), wobei das letztgenannte auch bekannt ist als die Konfuzianische Dynamik (ebd., S. 188).
Im Folgenden sollen nur die Dimensionen vorgestellt werden. Im 4 Kapitel werden dann mittels der Dimensionen zentrale Kulturunterschiede zwischen Deutschland und China herausgearbeitet.
Machtdistanz
Hofstede (1993) definiert Machtdistanz als „(…) das Maß an Bereitschaft, ungleiche Machtverteilung in einer Gesellschaft oder Organisation hinzunehmen, bzw. zu erwarten“ (ebd., S. 42). Das bedeutet, in Gesellschaften mit einer größeren Machtdistanz haben die schwächeren Mitglieder eine größere Toleranzgrenze in Bezug auf ungleiche Machtverteilung, als in einer Gesellschaft mit einer kleinen Machtdistanz. Länder, wie z.B. China, in denen Menschen blind den Anweisungen ihrer Vorgesetzten gehorchen, Widerspruchsmöglichkeiten nicht wahrgenommen werden oder ein eher autokratischer Führungsstil vorherrscht, gehören zu der Gruppe mit einer hohen Machtdistanzausprägung. In betrieblichen Organisationen spiegelt sich dies an dem Grad an Macht oder Einfluss wider, den Vorgesetzte in der Unternehmenshierarchie über ihre Mitarbeiter haben. In einem Unternehmen aus einer Gesellschaft mit einer großen Machtdistanz erwartet der Untergebene nur Anweisungen und Vorschriften, wohingegen in einem Unternehmen aus einem Land mit kleiner Machtdistanz, wie z.B. Deutschland, der Untergebene erwartet, dass man ihn in Bezug auf wichtige Entscheidungen konsultiert (ebd., 41ff.).
Individualismus versus Kollektivismus
Diese Dimension bezeichnet den Integrationsgrad der Individuen in Gruppen (Weidemann, 1995, S. 47). Individualismus drückt sich darin aus, dass Menschen sich vor allem um sich selbst und das unmittelbare Umfeld kümmern. Die Mitglieder einer Individualistischen Gesellschaft ziehen die Verwirklichung ihrer eigenen Interessen und Ziele denen der Gruppe oder Gemeinschaft vor, die Bindungen zwischen den Individuen sind locker, jeder sorgt für sich selbst und seine unmittelbare Familie (Hofstede, 1993, S. 67).
Die kollektivistische Gesellschaft wiederum wird in Verbindung gebracht mit Menschen, die sich einer Gruppe oder einem Kollektiv zugehörig fühlen und sich den Belangen der Mitglieder annehmen.
In ihr ist der Mensch in starke, geschlossene Wir-Gruppen[4] integriert, die die Hauptquelle seiner Identität bilden und dafür bedingungslose Loyalität verlangen. Ein starkes Bedürfnis nach interpersoneller Harmonie geht damit einher (ebd., S. 66).
Maskulinität versus Feminität
Die dritte Dimension nennt Hofstede Maskulinität gegenüber Feminität. Mit „maskulin“ und „feminin“ soll man sich hier nicht auf den biologischen Unterschied zwischen Mann und Frau beziehen, sondern auf bestimmte soziale und kulturelle Wertvorstellungen, die von Hofstede als feminine und maskuline Charakteristika kategorisiert werden.
Maskulinität wird von Hofstede (1980) definiert als ”a situation in which the dominant values in society are success, money and things“ (ebd., S. 420ff.), während er Feminität als “a situation in which the dominant values in society are caring for others and the quality of life“ (ebd., S. 420ff.) umschreibt. Eine Gesellschaft wird demnach als maskulin bezeichnet, wenn sie leistungsbezogen ist, die Individuen erfolgsbezogen und selbstbewusst auftreten. Dagegen steht eine feminine Kultur für die eher zwischenmenschliche Beziehungen, die Bewahrung der Umwelt und Lebensqualität (Hofstede, 1993, S. 100ff.).
Unsicherheitsvermeidung[5]
Die vierte Dimension bezieht sich auf die Toleranz einer Gesellschaft hinsichtlich Ungewissheit und Ambiguität (Weidmann, 1995, S. 47f.). Die Dimension der „Unsicherheitsvermeidung“ lässt sich definieren als „(…) der Grad, in dem die Mitglieder einer Kultur sich durch ungewisse oder unbekannte Situationen bedroht fühlen “ [Hervorhebung v. Verf.] (Hofstede, 1993, S. 133). Sie bestimmt, in welchem Ausmaß sich eine Kultur bzw. Gesellschaft von unvorhersehbaren und nicht eindeutigen Situationen bedroht fühlt. Die Mitglieder der Gesellschaft mit stärkerer Unsicherheitsvermeidung versuchen unklare Situationen in der Zukunft zu kontrollieren oder zumindest durch bestimmte Gesetzgebungen und schriftlichen Richtlinien, wie auch durch Sicherheits- und Schutzmaßnahmen zu reagieren (ebd., S. 130). Weniger motivierte Mitarbeiter und risikoscheue Manager gehören ebenfalls zu dieser Einschätzung. Sie sind häufig von einem starken inneren Willen, hart zu arbeiten, gekennzeichnet. In solchen Kulturen sehen sich die Personen ständig im Stress. Im Gegensatz hierzu sind die Menschen aus den Kulturen, mit einer schwach ausgeprägten Ungewissheitsvermeidung gelassener und toleranter gegenüber abweichenden Meinungen und veränderter Situation und versuchen, mit so wenig Regulation wie möglich auszukommen. Sie haben eine stärker ausgeprägte Risikobereitschaft, sowie eine höhere Motivationsbereitschaft, erwarten keinen Stress und sehen Zeit in erster Linie als Freizeit an (ebd., S. 136).
Konfuzianische Dynamik
Die fünfte Dimension ist auf die Konfrontation mit der konfuzianischen Lehre zurückzuführen und lässt sich im Kontinuum zwischen kurz- und langfristiger Orientierung abbilden. Sie beschreibt „(…) den Grad, in dem eine Gesellschaft eine pragmatisch- zukunftsorientierte Grundhaltung gegenüber einer dogmatisch- gegenwartsbezogenen Perspektive aufweist“ (Weidmann, 1995, S. 50). Kurzfristig orientierte Kulturen bzw. Gesellschaften legen demzufolge sehr viel Wert auf Aspekte wie Wahrung des Gesichtes und Respekt vor Traditionen, während langfristig orientierte Kulturen statusorientierte Beziehungsstrukturen aufbauen und erhalten. Weiterhin wird in einer langfristig orientierten Gesellschaft mit einem flexibleren Zeitrahmen an den Aufbau von Geschäftsbeziehungen herangegangen als in einer Gesellschaft mit kurzfristigen Tendenzen (ebd., S. 50).
2.7 Interkulturelle Kommunikation
„Communication does not necessarily result in understanding. Cross-cultural communicaiton continually involves misunderstanding caused by misperception, misinterpretation, and misevaluation” (Adler, 1997, S. 71).
Nach einschlägigen Untersuchungen verwenden Manager durchschnittlich 70 Prozent ihrer täglichen Arbeitszeit alleine mit mündlicher Kommunikation (Wahren, 1987). Management gilt als „Kommunikationsarbeit“ und stellt daher einen notwendigen Bereich unternehmerischen Handelns dar (Knoblauch, 1995). Die zunehmende Internationalisierung des Wirtschaftslebens bringt es mit sich, dass auch diese Kommunikation immer internationaler wird. Dabei werden Personen zueinander Kontakte aufnehmen bzw. zusammenarbeiten müssen, die unterschiedlichen Umweltgegebenheiten entstammen, d.h. insbesondere unterschiedlicher kultureller Herkunft sind (Shearer, 1974, S. 9, zitiert nach Jahnke, 1996, S. 25). Sie kommunizieren somit in verschiedenen kulturellen Systemen (Barmeyer, 2000, S. 104). Nach Scholz (2000) ist Kommunikation immer kulturell geprägt, weil sie von Menschen vollzogen wird, die an einer (oder mehreren) Kulturen teilhaben (ebd., S. 82). Deren Kommunikation stellt interkulturelle Kommunikation dar.
Formen und Inhalte von Kommunikation sind also kulturabhängig, so dass die Intensivierung internationaler Kontakte zugleich eine Zunahme der interkulturellen Kommunikation bedeutet (Knapp, 2003).
Der kommunikative Aspekt steht folglich im Vordergrund, wie es auch der Mitbegründer der Interkulturellen Kommunikationsforschung Edward T. Hall (1960) formuliert: „Culture is communication“. Da Kommunikation als „exchange of meaning“ (Adler, 1991, S. 64) verstanden wird, besteht jedoch ständig die Gefahr von gegenseitigen Fehleinschätzungen, Fehlinterpretationen, falschen Erwartungen oder Bewertungen, etc. (Hasenstab, 1999, S. 16). Nicht selten führt dies zu Enttäuschungen über den Verlauf einer anfangs erfolgsversprechenden Geschäftsbeziehung bis hin zu Konfliktsituationen, die eine weitere Kooperation unmöglich machen (ebd., S.16).
2.7.1 Was bedeutet „Kommunikation“?
Kommunikation soll nach Schuchardts Definition (1994) aufgefasst werden als „wechselseitiger Informationsaustausch, der verbale oder non-verbale Verständigung und Koordination des Verhaltens zum Ziel hat“ (ebd., S. 180).
Ein Ziel von Kommunikation ist, den Sinn einer Handlung für andere verständlich zu machen. So ist Kommunikation als eine Ebene der Interaktion zu begreifen, wobei Interaktion definiert werden soll als „Beziehung zwischen mindestens zwei Personen oder Gruppen, die ihre Handlungen interdependent und sinngemäß aneinander orientieren“ (Schuchardt, 1994, S. 179). Damit entfernt sich der im Folgenden genutzte Kommunikationsbegriff von der technisierten Sicht reiner Datenübermittlung (Watzlawick, Beavin & Jackson, 1990, S. 51).
2.7.2 Was bedeutet dann eigentlich „Interkulturelle Kommunikation“?
„Cross-cultural communication is like trying to follow a route on which someone has turned the signposts around. The familiar signs are there, but when you follow them, they take you in the wrong direction” (Tannen, 1979, zitiert nach, Nagels, 1996, S. 7).
Den oben aufgestellten Definitionen von Kultur und Kommunikation folgend kann nun interkulturelle Kommunikation als Kommunikation zwischen verschiedenen Kulturen verstanden werden (Hasenstab, 1999, S. 15)
Im Kommunikationsprozess wird Kommunikation, der wesentliche Faktor menschlicher Interaktion, als die Übertragung einer Nachricht vom Sender an den Empfänger betrachtet (Rothlauf, 1999, S. 88f.).
Eine solche Nachricht lässt sich in verbale, para-verbale sowie in non-verbale Kommunikation unterteilen (Knapp, 2003, S. 110ff.).
Verbale Kommunikation
Für die Betrachtung der interkulturellen Kommunikation ist vor allem das persönliche Gespräch von Interesse, das im internationalen Geschäftsalltag des Managements eine bedeutende Rolle spielt (Trompenaars, 1993, S. 104). Problematisch ist, dass sich in der Praxis zur Kommunikation auf internationaler Ebene dem Englischen, der lingua franca im Geschäftsleben, bedient wird (Knapp, 2003, S. 122), auch wenn keiner der Gesprächsteilnehmer aus einem englischsprachigen Land stammt. Dann kommunizieren alle in einer fremden Sprache, was die Gefahr birgt, dass die übermittelten Nachrichten nicht richtig ankommen, da der Sender bei der Kodierung und auch der Empfänger bei der Dekodierung Fehler machen können (ebd., S. 114f.).
Paraverbale Kommunikation
Eine andere Fehlerquelle ist die paraverbale Kommunikation. Hier geht es nicht darum was, sondern in erster Linie wie etwas gesagt wird, z.B. durch eine bestimmte Intonation, Tonhöhenmodulation, Lautstärke etc. (Ronen, 1986, S. 98; Knapp, 2003, S. 116; Heringer, 2004, S. 96).
Europäer werden von Asiaten aufgrund ihres lauten und engagierten Sprechens häufig als unhöflich, gereizt oder sogar aggressiv erlebt, wohingegen z.B. Sprechpausen von Asiaten umgekehrt oft als Ende der Aussage fehlinterpretiert werden, was dazu führt, dass asiatische Kommunikationspartner in ihren Äußerungen unterbrochen werden (Knapp, 2003, S. 116).
In den meisten Fällen werden in entscheidenden Gesprächen Dolmetscher eingesetzt, so dass alle Gesprächsteilnehmer in ihrer Muttersprache kommunizieren können. Mittels eines Dolmetschers kann man keine Emotionen ausdrücken und sich daher nur einer neutralen Gesprächsbasis bedienen (Peill-Schoeller, 1994, S. 74). Diese Abhängigkeit von Dolmetschern führt aber oft zu einer unerwünschten Distanz zwischen den Verhandlungspartnern und folglich nicht selten zu Fehlhandlungen im Managementbereich (Vermeer, 2002, S. 149f.).
Im Gegensatz zur Sprache sind nonverbale Kommunikationsmittel nicht durch Dolmetscher übersetzbar.
Nonverbale Kommunikation
Nonverbale Kommunikation wird von den Interaktionsteilnehmern in der Regel noch weniger bewusst wahrgenommen als die verbale. Zur nonverbalen Ebene der Kommunikation gehören z.B. Gestik, Mimik und Körpersprache (Knapp, 2003, S. 117; Ronen, 1986, S. 98ff.; Harris & Moran, 1987, S. 43ff.; Heringer, 2004, S. 81ff.). In der Regel findet ihr Einsatz unbewusst statt, er kann jedoch auch bewusst gesteuert werden (Jahnke, 1996, S. 35). Körperhaltung oder Gesichtsausdrücke können viel über die inneren Empfindungen eines Menschen aussagen. Der Bedeutung bestimmter Ausdrücke wird eine Universalität unterstellt. Beispielsweise werden sich Gesichtsausdrücke, die Interesse, Freude oder Angst symbolisieren, in ihrer Art interkulturell kaum unterscheiden, wohl aber in der Intensität (Ronen, 1986, S. 98).
Die Unkenntnis der jeweiligen kulturellen Besonderheiten führt leicht dazu, dass Botschaften nicht verstanden oder fehlinterpretiert werden. Zum Beispiel wird ein fehlender Augenkontakt von Westeuropäern oder Amerikanern als Zeichen von Unsicherheit oder Verschlagenheit interpretiert (Herbrand, 2000, S. 62). Auch bei der Mimik, die als Ausdruck menschlicher Emotionen vielfältige Formen des Feedbacks ermöglicht, führt die Unkenntnis kulturspezifischer Gepflogenheiten oft zu Fehlinterpretationen (Heringer, 2004, S. 81f.). Das Lächeln eines Asiaten beispielsweise zeigt nicht nur positive Emotionen wie Sympathie oder Freude an, sondern stellt ein ansozialisiertes Muster dar, „(…) mit dem in der Befolgung kultureller Konventionen negative Emotionen wie Ärger, Verwirrung, usw. oder Überraschung verborgen werden“ (Knapp, 2003, S. 117).
Dieser Art der Kommunikation wird man sich umso mehr bedienen, je stärker die verbale Kommunikation behindert ist. Oft werden über den non-verbalen Kanal interpersonale Einstellungen übermittelt, die nicht offen ausgesprochen würden. Gerade im Bereich interkultureller Kommunikation kommt non-verbalen Nachrichten eine große Bedeutung zu, deren Gewichtung jedoch vom jeweiligen kulturellen Kontext abhängig ist (Herbig & Kramer, 1991, S. 26). So wird im chinesischen Kulturraum der non-verbalen Verständigung eine weitaus höhere Bedeutung zugemessen als etwa in Deutschland (Kap. 3 & 4).
Interkulturelle Kommunikation ist ein wesentlicher Faktor im internationalen Geschäftsleben, der von allen Beteiligten sehr viel Sensibilität und gegenseitiges Verständnis verlangt. Dieses Verständnis kann nur entwickelt werden, wenn man lernt, warum sich jemand so verhält, wie er es tut. Dabei ist ein Kennen und Verstehen der kulturell bedingten Wertvorstellungen sehr wichtig.
2.8 Interkulturelle Kompetenz
Wie verhalte ich mich unter fremdkulturellen Bedingungen besonders zielführend und kompetent? Diese Frage mag vorbehaltlos als eine der wichtigsten Problemstellungen angesehen werden, mit denen sich unter fremdkulturellen Bedingungen agierende Manager konfrontiert sehen (Hasenstab, 1999, S. 136).
2.8.1 Die Bedeutung interkultureller Kompetenz im Kontext von Managementhand-lungen
Es geht heute nicht mehr nur darum, dass man irgendwie mit Partnern im Ausland kooperiert oder standardisierte Produkte zu einem günstigen Preis absetzt, gefragt ist vielmehr, neben Produkt- und Dienstleistungsqualität, die Kundenorientiertheit. Im internationalen, grenzüberschreitenden Geschäft bedeutet dies in jedem Fall kulturspezifische Denk- und Verhaltensgewohnheiten auf Seiten der Verbraucher und Nutzer, aber auch der einheimischen Mitarbeiter und Geschäftspartner zu beachten. Das, was in diesem Zusammenhang an Qualifikation verlangt wird, lässt sich in dem Begriff „interkulturelle Handlungskompetenz“ bzw. „interkulturelle Kompetenz“ zusammenfassen (Thomas, Kinast & Schroll-Machl, 2000, zitiert nach, Götz 2000, S. 97).
So wie Führungskompetenz, Kommunikationskompetenz, Organisationskompetenz oder Managementkompetenz moderne Schlüsselqualifikationen für Fach und Führungskräfte sind, so gilt interkulturelle Kompetenz bei internationalen Kooperationen als Schlüsselqualifikation für die internationale Unternehmenstätigkeit und das internationale Management (ebd; S. 97; Barmeyer, 2000, S. 269). Denn die Kooperationspartner eines Unternehmens bringen neben ihren Mitarbeitern, Produkten oder Märkten auch ihre eigene Kultur mit, wodurch interkulturelle Kompetenz immer mehr einen wichtigen Stellenwert im Managementhandeln einnimmt (Doppler, 2002, S. 364f.)
2.8.2 Der Begriff interkulturelle Kompetenz
Wie so häufig in der Wissenschaft, findet sich auch für diesen Begriff keine einheitliche Definition. Trotz vielfältiger Thematisierung fehlt eine spezifische und umfassend anerkannte Theorie über interkulturelle Kompetenz (Eder, 1996, S 411).
Jedoch sind sich Forscher weitgehend darin einig, dass man interkulturelle Kompetenz folgendermaßen definieren kann:
Interkulturelle Handlungskompetenz zeigt sich in der Fähigkeit, kulturelle Bedingungen und Einflussfaktoren im Wahrnehmen, Denken, Urteilen, Empfinden und Handeln, einmal bei sich selbst und zum anderen bei kulturell fremden Personen, zu erfassen, zu würdigen, zu respektieren und produktiv zu nutzen. Diese produktive Nutzung zeigt sich in einem wechselseitigen interkulturellen Verstehen und einer daran anschliessenden Anpassung an die jeweiligen kulturellen Gewohnheiten und Selbstverständlichkeiten des Partners, und zwar so, dass die Zusammenarbeit für beide Seiten erträglich wird und dass die Produkte dieser Zusammenarbeit für beide Seiten nützlich und produktiv sind (Götz, 2000, S. 99).
Eder (1996) legt seine Forschungen über den Begriff interkulturelle Kompetenz auf die Grundlagen der „sozialen Handlungskompetenz“ fest und definiert diese als: „ [die] Fähigkeit des Individuums, in der sozialen Interaktion so handeln zu können, dass unter Beachtung der geltenden sozialen Normen und Verhaltensregeln eigene Ziele verwirklicht, sowie für alle Interaktionsbeteiligten positive Konsequenzen maximiert und negative minimiert werden“ (ebd., S. 411).
Gemäß dieser Definition sozialer Handlungskompetenz gilt erfolgreiches Interaktionsverhalten als kooperatives Verhalten. Erfolgreiches Interaktionsverhalten im interkulturellen Kontext erfordert also von den Individuen sowohl die erforderlichen Kenntnisse, um sich in sein Gegenüber hineinzuversetzen, als auch die Reflexion der eigenen Handlungsmuster, um sich bei der Entscheidung über Handlungsalternativen zu orientieren (ebd., S. 413).
Ein weiteres Element sozialer Kompetenz ist das Vermögen zur Empathie. Empathie bezeichnet die Bereitschaft und Fähigkeit sich in die Denkweisen und das Verhalten anderer Menschen einzufühlen (Loiselle, 2000).
Die Eigenschaften der sozialen Handlungskompetenzen reichen jedoch meist nicht aus, um den Handlungsprozess im interkulturellen Kontext erfolgreich zu gestalten. Soziale Handlungskompetenz in interkulturellen Zusammenhängen setzt Lernfähigkeit und Anpassungsfähigkeit voraus. So bedarf es z.B. seitens des Individuums, eines gewissen Grades an Offenheit und Neugier gegenüber anderen verbalen und nonverbalen Kommunikationssignalen, anderen Wertsystemen, Denk-, Handlungs- und Deutungsmustern. Das Individuum muss lernen, die Handlungsweisen, Beweggründe und Motive seines Gegenübers zu verstehen, und das eigene Verhalten an den kulturspezifischen Strukturen und Standards der Interaktionssituation zu orientieren (Eder, 1996, S. 413).
Interaktionsverhalten, z.B. in deutsch-chinesischen Joint Ventures, wird in dieser Arbeit als zielgerichtetes Handeln verstanden. An die Akteure wird eine hohe Anforderung gestellt, nämlich die Balance zwischen der Durchsetzung der eigenen Erwartungen und der Erfüllung und Ziele der anderen herzustellen, um eine harmonische Kooperationsbeziehung zu gewährleisten. Im Hinblick auf Joint Ventures bezieht sich die Zielsetzung oder Erwartung auch auf Interessen, die nur vor dem jeweiligen kulturellen Hintergrund nachvollziehbar sind. Vor den Anforderungen einer kooperativen Interaktion müssen derartige kulturspezifische Interessen von beiden Partnern berücksichtigt werden (Götz, 2000, S. 100ff.).
So muss geprüft werden, inwieweit das Eigene und das Fremde miteinander übereinstimmen (kulturelle Identität), in welchem Maße Eigenes und Fremdes voneinander abweicht (kulturelle Differenz), inwieweit Elemente des Eigenen und des Fremden miteinander verbunden werden können (kulturelle Kompatibilität) und inwieweit Eigenes und Fremdes nebeneinander existieren kann (kulturelle Tolerierbarkeit) (ebd., S. 100).
Diesen Balanceakt zwischen den beiden Seiten zu meistern ist ein weiteres tragendes Element interkultureller Handlungskompetenz.
2.9 Interkulturelle Personalführung
Wie bereits in der Einleitung erwähnt, sorgt die fortschreitende Internationalisierung dafür, dass Mitarbeiter aus unterschiedlichen Kulturen zusammenarbeiten.
Besonders hohe Anforderungen werden dabei an Führungskräfte gestellt, die sich im Ausland bewähren wollen. Dabei müssen sie in interkulturellen Unternehmen nicht nur über juristischen, fachlichen und ökonomischen Sachverstand verfügen und Fremdsprachenkenntnisse vorweisen; vielmehr gewinnt für sie zunehmend das Kulturmanagement in der Begegnung mit Unternehmensvertretern anderer Länder an Bedeutung und wird zu einem entscheidenden Erfolgsfaktor im internationalen Wettbewerb (Rothlauf, 1999, S. 110; Böning, 2000, S. 23).
Führungstheorie
Einer der entscheidenden Gründe, warum Manager sich in bestimmten Situationen verschiedenartig verhalten, liegt in ihren jeweiligen Vorstellungen über ihr Führungsverhalten begründet (Rothlauf, 1999, S. 112). Diejenigen die glauben, dass Mitarbeiter nur aufgrund von extrinsischen Faktoren wie z.B der Bezahlung (Weinert, 1998, S. 149) motiviert sind zu arbeiten, zeigen einen anderen Führungsstil als Manager, die von der Annahme ausgehen, dass Mitarbeiter sich ihrer Arbeit durch intrinsische Faktoren (ebd., S. 150) erfreuen und bereit sind, auch Verantwortung zu übernehmen (ebd., S. 415ff.).
Wie genau diese Motivationsphilosophie aussieht, wird im folgenden Abschnitt durch die Bedürfnishierarchie von Maslow gezeigt.
2.9.1 Maslows Modell der Bedürfnishierarchie
Das Modell von Maslow gehört im Rahmen der Organisationspsychologie zum Bereich der Arbeitsmotivation, genauer gesagt zur Kategorie der “Inhalts/Ursachen-Theorien” (Weinert, 1998, S. 141ff.), die sich mit der Frage auseinandersetzt, was und welche spezifischen Faktoren den Menschen zur Arbeit motivieren (ebd., 143f.). In Anbetracht dieser Motivationstheorie geht Maslow davon aus, dass alle Menschen eine Reihe von Grundbedürfnissen haben nach deren Befriedigung sie streben (ebd., S. 144f.):
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1 : Bedürfnispyramide nach Maslow und Mc Gregor (Peill-Schoeller, 1994, S. 196)
Der Mensch versucht zunächst seine physiologischen Bedürfnisse zu befriedigen. Erst wenn diese gesättigt sind, werden die nächsthöheren aktiviert. Zu erwähnen ist allerdings, dass dieses Modell in der Forschung heftigen Kontroversen ausgesetzt ist (ebd., S. 145) und empirische Untersuchungen darauf hinweisen, dass die Bedürfnishierarchie interkulturell nicht übertragbar und in einem hohen Maße kulturgebunden ist (Welge & Holtbrügge, 1998, S. 186). So wird diesem Modell z.B. eine Universalität der Bedürfnisse unterstellt, dem aber im Laufe dieser Arbeit, durch die Festlegung der Existenz unterschiedlicher Bedürfnisse deutsch-chinesischer Mitarbeiter, widersprochen wird.
In Anlehnung an dieses Modell hat Peill-Schoeller die Motivationsstrukturen der Chinesen analysiert und wie in Abb. 3 in Abschnitt 3.9 zu sehen ist, dargestellt.
2.9.2 Das Schichtenmodell von Dülfer
„ To see China as it is, is the first step towards success“ (Guopei, 1993, S. 225).
Das Zitat beschreibt sehr treffend die Bedeutung dieses Abschnitts. Plant ein ausländisches Unternehmen den Markteintritt, in China, so ist die Kenntnis über die Rahmenbedingungen, mit denen es dort konfrontiert wird, unerlässlich. Unterbleibt diese Vorabinformation und vollzieht sich der Markteintritt unter nur sehr vagen bis falschen Vorstellungen, dann scheint z.B. ein Joint Venture von vornherein zum Scheitern verurteilt zu sein. Die chinesische Umwelt ist aus westlicher Sicht einfach viel zu fremd und zu komplex, als dass sie ohne intensive Vorbereitung bewältigt werden könnte (Kutschker, 1997, 45). Führungskräfte, die nach China entsandt werden, sollten sich deshalb mit den traditionellen und kulturellen Gepflogenheiten und Hintergründen, dem Konfuzianismus, sowie den wirtschaftlichen und kommunistischen Organen der Politik auseinandersetzen. Um diese natürlichen und mensch- gemachten Umwelteinflüsse der VR China besser darstellen zu können, wird das Schichtenmodell von Dülfer herangezogen (Dülfer, 1996, S. 216ff.). Dieses Modell wird als übereinanderliegende Schichten dargestellt, die sich durch Interdependenzen untereinander beeinflussen können. Dabei stellen die natürlichen Gegebenheiten die Basis dar. An sie knüpfen die menschlichen Tätigkeiten bei der Nutzung und Veränderung der Natur an. Alle weiteren menschgemachten Umwelterscheinungen sind als darüber liegende Schichten anzuordnen. Sie bilden zusammen den (im weiteren Sinne) kulturellen Komplex im Unterschied zu den natürlichen. Die oberste Schicht umfasst die Aufgaben-Umwelt, die von den vier Schichten der Kultur und durch die Naturschicht beeinflusst wird (ebd., S. 217).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2 : Vertikalschnitt des „Schichtenmodells“ (Dülfer, 1996, S.218)
Im folgenden Kapitel wird ausschließlich auf die Schichten der kulturbedingten Wertvorstellungen und der sozialen Beziehungen und Bindungen eingegangen. Eine vollständige Bearbeitung aller Schichten in Bezug auf China erfolgt nicht. Dies würde z.B. auch eine geographisch-länderkundliche Orientierung bedingen, die nicht beabsichtigt ist. Auch rechtlich- politische Aspekte sollen in dieser Arbeit nicht berücksichtigt werden. Schwerpunkt dieser Arbeit ist allein, die sozio-kulturell bedingten Einstellungen und Verhaltensweisen chinesischer Verhandlungspartner zu untersuchen.
3 Interkulturelles Management in China
“Die Natur der Menschen ist immer die gleiche, was sie trennt, sind ihre Bräuche.“
( Konfuzius, 551 – 478 v. Chr.)
„Der Weise macht nicht viele Worte.“
(chinesisches Sprichwort)
3.1 Vorbemerkung
In der Einleitung wurde bereits dargestellt, dass harmonische Geschäftsbeziehungen zwischen westlichen und chinesischen Unternehmen, aufgrund gravierender kultureller Differenzen schwierig aufzubauen sind und interkulturelle Managementprobleme zunehmend bei Verhandlungsgesprächen auftreten. So hat z.B. der bekannte Schweizer Logistikkonzern Kühne & Nagel sein Kooperationsverhältnis zu seinem chinesischen Partner Sembcorp Logisitcs aufgrund eben solcher kulturell bedingter Managementprobleme beendet (Grabitz 2004, S. 8).
Um in die chinesische Geschäftswelt, wie beispielsweise Hongkong, Eingang zu finden, muss man nicht nur die Sprache verstehen können, sondern sich auch intensiv mit den geschichtlichen und kulturellen Hintergründen der VR China beschäftigen (Peill-Schoeller, 1994, Lang, 1998; Zürl, 1999; Gebhart, 2000; Vermeer, 2002; Chen ,2004) Denn vielen deutschen Managern erscheinen die Verhandlungsweisen ihrer chinesischen Partner sonst unverständlich und nicht immer rational (Lang, 1998, S. 28).
Somit treten dann Fragen auf wie: Warum „Harmonie“, „hierarchische“ Denkweisen und das „Gesicht wahren“ für Chinesen eine so wichtige Rolle spielen und wieso erfolgreiche Geschäfte nur auf Basis schwer transparenter Beziehungen (Guanxi) durchzuführen sind (Weggel, 1987, S. 16ff.; Thomas, 1996, S. 125ff.; Dichtl & Li, 1998, S. 293ff.; Chen, 2004; Guan, 2004).
Wie aus Abschnitt 2.6 bereits ersichtlich ist, hat die Kultur eines Landes großen Einfluss auf die Wertvorstellungen und Verhaltensweisen von Individuen eines Volkes. So gibt es sprichwörtlich sog. typisch deutsche bzw. typisch chinesische Verhaltensweisen (Vogl, 2001, S. 55).[6]
Neben der Kulturwissenschaft ist die asiatische Denk- und Verhaltensweise besonders von philosophischen und religiösen Strömungen, wie dem Konfuzianismus, Taoismus und Buddhismus geprägt. (Chung, 1995, S. 51;Vermeer, 2002, S. 67ff.).
So erwähnt eine deutsche Managerin gegenüber der Financial Times Deutschland (FTD):
Ich habe viele [Manager] gesehen, die nie Zugang [in den chinesischen Markt] fanden und China nach zwei Jahren frustriert wieder verlassen haben. Damit das nicht passiert, sollte man auch im Wirtschaftsleben wissen, wer Konfuzius ist und was die Elemente seiner Lehre sind. Das macht es leichter, gesellschaftliche Prägungen zu verstehen, etwa das stark hierarchische Denken im Land (Kühl, 2004, S. 5)
Vor diesem Hintergrund ist es die Aufgabe dieses Kapitels sich auf die Aspekte des Interkulturellen Managements bezüglich der VR China zu konzentrieren und zu strukturieren. Dabei soll zunächst auf die chinesische Kultur und ihre philosophischen Wurzeln eingegangen und in weiteren Schritten die oben erwähnten Fragen, auch anhand von anschaulichen Beispielen, beantwortet werden.
[...]
[1] Joint Ventures können in „domestic“ und „international“ unterteilt werden (Harrigen, 1986, S. 1). Diese Arbeit bezieht sich ausschließlich nur auf deutsch-chinesische (international) Joint Ventures.
[2] Sunzi war ein bedeutender chinesischer Militärstratege aus dem 4. Jahrhundert vor unserer Zeitrechnung (Vermeer, 2002, S. 138).
[3] Unter Dimensionen versteht Hoftede (1993) einen „ (…) Aspekt einer Kultur, der sich im Verhältnis zu anderen Kulturen messen lässt“ (ebd., S. 29).
[4] Wir Gruppen: „ Eine Gruppe, in der das Zusmmengehörigkeitsgefühl stark ausgeprägt ist, die den Mitgliedern Schutz für deren Loyalität gewährt und ihnen ein Identitätsgefühl vermittelt (Hofstede, 1993, S. 66).
[5] Hofstede (1993) hat den Begriff der Unsicherheitsvermeidung aus der amerikanischen Organisationssoziologie abgeleitet und ihn als Kulturdimension verallgemeinert (ebd., S. 129f.).
[6] z.B. das sprichwörtliche „chinesische Lächeln“ oder die „deutsche Gründlichkeit“ (ebd., S. 55).
- Quote paper
- Siamak Mohtachemi (Author), 2009, Management-Entscheidungen in deutsch-chinesischen Joint Ventures, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/128852
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