Gegen Ende des 18. Jahrhunderts und während der französischen Besatzungszeit Anfang des 19. Jahrhunderts entwickelte sich in Deutschland eine nationale Bewegung, die in erster Linie die Einheit des Vaterlandes und die Befreiung des Volkes von der Fremdherrschaft zu ihren politischen Zielen erklärte. Im Zuge dieser Entwicklung entstand vor und während des Krieges 1813/1814 die „Lyrik der Befreiungskriege".
In den darauffolgenden Jahren entstanden auf der Basis dieser Lyriktradition im Umfeld einzelner Studentenbewegungen mehrere politische Schriften. Den Ausgangspunkt dieser Bewegungen bildete die in den Jahren 1815-1819 an der Gießener Ludivicana politisch aktive Gruppe der Gießener Schwarzen. Im Jahr 1817/1818 rekrutierte sich aus dem Kern dieser Verbindung der enge Kreis der sogenannten Unbedingten unter der Leitung der Brüder Karl und August Adolf Ludwig Follen. Aus diesem Kreis und dessen Aktivitäten ging eine Anzahl lyrischer Texte hervor, die bis heute in der literaturwissenschaftlichen Forschung nahezu unberücksichtigt geblieben sind. Die Hauptwerke der Lyrik der Unbedingten sind die 1819 in Jena herausgegebene Anthologie Freye Stimmen frischer Jugend und das sogenannte Große Lied.
Vor dem Hintergrund der Ideologie, der Ideen, Ansichten, Ziele und Aktivitäten dieser Gruppe ist die Untersuchung ihrer Lyrik hinsichtlich der Frage nach ihrer Form und vor allem ihrer Funktion bislang in keiner Weise befriedigend aufgearbeitet worden. Dieser Umstand wird zum Ausgangspunkt für die vorliegende Arbeit, deren Schwerpunkt bei der Analyse ausgewählter Lieder des Liederbuches Freye Stimmen frischer Jugend liegt.
Damit die Form und die Funktionen der Lieder umfassend herausgearbeitet werden können, erscheint eine induktive Vorgehensweise und die Formulierung einer allgemeinen Fragestellung notwendig. Die zentralen Fragen dieser Untersuchung lauten daher: Warum und mit welcher Absicht benutzen die Unbedingten Lyrik und warum insbesondere die Form des Liedes ?
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1.1. Zentrale Fragestellung, Aufbau der Arbeit, Abgrenzung des Themas
1.2. Angaben zum Forschungsstand
1.2.1. Forschungsstand und Quellenlage in bezug auf die Gießener Schwarzen und die Unbedingten
1.2.2. Einordnungsproblematik und Forschungsstand zur Untersuchung der Lyrik der Unbedingten
1.3. Erläuterung der Arbeitsweise
Teil I: Die Unbedingten als Kerngruppe der Gießener Schwarzen – eine Skizze der Umstände ihrer Entstehung und ihrer Ideologie
2. Historische und geistige Voraussetzungen für die frühe Turn – und Studentenbewegung in Gießen
2.1. Die politische Situation in Hessen bis 1815
2.2. Die Beschlüsse des Wiener Kongresses – die Situation in Hessen (1815 - 1820)
2.3. Die geistige Situation
2.3.1 Exkurs: Die Entwicklung der national-patriotischen Bewegung in Deutschland 1806-1814
2.3.2. Erste Organisationsformen der neuen geistigen Entwicklung
2.3.3. Die geistige Entwicklung in Gießen: der Einfluß Friedrich Gottlieb Welckers auf die späteren Führer der Unbedingten
2.3.4 Die geistige Situation 1814/15: die Deutschen Gesellschaften und der Hoffmannsche Bund
3. Die Organisationsformen der Gießener Schwarzen 1814-1818 und ihre Funktionen
3.1 Die Teutsche Lesegesellschaft zur Erreichung vaterländisch-wissenschaftlicher Zwecke
3.2. Die Germania
3.3. Der Deutsche Bildungs- und Freundschaftsverein
3.4. Der Ehrenspiegel und die Christlich-teutsche Burschenschaft
3.5. Exkurs: Die Bedeutung des Turnens und seine Funktionalisierung
3.5.1. Die Schwarzen als Initiatoren des Turnens in Gießen – Erweiterung des Wirkungskreises
3.5.2 Die Funktion des Turnens
3.5.3. Die Rezeption der Lyrik der Unbedingten
3.5.4. Die weitere Ausdehung der Gießener Turnbewegung
4. Geschichtsbetrachtung und Bedeutung der Gemeinschaft
4.1. Identität und Gemeinschaftsbildung durch Rückgriffe auf Traditionen
4.2. Die Bedeutung der Gemeinschaft
5. Die Unbedingten
5.1. Der Kreis um Follen: Konstituierung der Unbedingten und Politische Ansichten
5.2. Die Grundzüge für eine zukünftige teutsche Reichsverfassung
5.3. Der Grundsatz der Unbedingten
5.4. Die Belehrung des Volkes als Grundlage für eine politische Veränderung
5.5 Publikationsformen: Mittel und Medien der Erziehung
5.5.1. Petitionen
5.5.2. Zeitungen
5.5.3. Flugschriften
5.5.4. Lyrik
5.6. Verbreitung der Gesinnung an anderen Hochschulen und im Volk –Ausweitung des Wirkungskreises
Teil II.: Die Lyrik der Unbedingten
6. Das Liederbuch der Freyen Stimmen frischer Jugend
6.1. Entstehung
6.2. Verbreitung
6.3. Allgemeiner Aufbau
6.3.1. Form und Inhalt der Liedgruppen
6.4. Das Volkslied als literarische Gattung
6.5. Merkmale und Kriterien politischer Lyrik/des politischen (Volks-)Liedes
6.6. Fragestellung
7. Analyse exemplarischer Lieder
7.1. Turnlied: Turnreihen (Karl Heinrich Hoffmann)
7.1.1. Formaler Aufbau
7.1.2. Funktion des Inhalts und formaler Besonderheiten
7.1.3. Sprache
7.1.4. Gattungsmerkmale
7.2. Turnlied: Turnbekenntnis (Karl Follen)
7.2.1. Formaler Aufbau
7.2.2. Inhalt und Funktion formaler Mittel
7.2.3. Sprache
7.2.4. Gattungsmerkmale
7.3. Freiheitslied: Bundeslied der Schweizer auf dem Rütli (Karl Follen)
7.3.1. Formaler Aufbau
7.3.2. Funktion des Inhalts
7.3.3. Die Funktion formaler Ausdrucksmittel
7.3.4. Pathos und Sprache
7.3.5. Gattungsmerkmale
7.4. Helden- und Trostlieder
8. Die wichtigsten Einzelfunktionen der Lieder
8.1. Verwirklichung gesellschaftspolitischer Ideen und Ziele
8.2 Aktivierung der Opferbereitschaft – Die Bildung und Begründung einer Überzeugung
8.3 Bewußtseinsbildung als Voraussetzung für die Änderung der politischen Institution
8.4. Historische Legitimation – Bedeutung der Rückgriffe auf Traditionen
8.5. Gemeinschaftsbildung
8.6. Erzeugung von Emotionen
8.7. Die Funktionalisierung des Turnens
9. Die Form der Lyrik der Unbedingten
10. Fazit
11. Schlußbemerkung
1. Einleitung
1.1. Zentrale Fragestellung, Aufbau der Arbeit, Abgrenzung des Themas
Gegen Ende des 18. Jahrhunderts und während der französischen Besatzungszeit Anfang des 19. Jahrhunderts entwickelte sich in Deutschland eine nationale Bewegung, die in erster Linie die Einheit des Vaterlandes und die Befreiung des Volkes von der Fremdherrschaft zu ihren politischen Zielen erklärte. Im Zuge dieser Entwicklung entstand vor und während des Krieges 1813/1814 die „Lyrik der Befreiungskriege“, deren meinungs- und willensbildende Funktion in einer Untersuchung von Ernst Weber[1] bereits eingehend untersucht worden ist.
In den darauffolgenden Jahren entstanden auf der Basis dieser Lyriktradition im Umfeld einzelner Studentenbewegungen mehrere politische Schriften. Den Ausgangspunkt dieser Bewegungen bildete die in den Jahren 1815-1819 an der Gießener Ludivicana politisch aktive Gruppe der Gießener Schwarzen. Im Jahr 1817/1818 rekrutierte sich aus dem Kern dieser Verbindung der enge Kreis der sogenannten Unbedingten unter der Leitung der Brüder Karl und August Adolf Ludwig Follen. Aus diesem Kreis und dessen Aktivitäten ging eine Anzahl lyrischer Texte hervor, die bis heute in der literaturwissenschaftlichen Forschung nahezu unberücksichtigt geblieben sind. Die Hauptwerke der Lyrik der Unbedingten sind die 1819 in Jena herausgegebene Anthologie Freye Stimmen frischer Jugend und das sogenannte Große Lied.
Vor dem Hintergrund der Ideologie, der Ideen, Ansichten, Ziele und Aktivitäten dieser Gruppe ist die Untersuchung ihrer Lyrik hinsichtlich der Frage nach ihrer Form und vor allem ihrer Funktion bislang in keiner Weise befriedigend aufgearbeitet worden. Dieser Umstand wird zum Ausgangspunkt für die vorliegende Arbeit, deren Schwerpunkt bei der Analyse ausgewählter Lieder des Liederbuches Freye Stimmen frischer Jugend liegt. Aufgrund des vorwiegend privaten Gebrauches innerhalb der Gruppe wird hier auf eine zusätzliche Untersuchung des Großen Liedes verzichtet. Zudem ist davon auszugehen, daß sich sowohl im Inhalt als auch in den Funktionen, welche für die Anthologie Freye Stimmen frischer Jugend untersucht werden sollen, Ähnlichkeiten und Übereinstimmungen zum Großen Lied ergeben.
Damit die Form und die Funktionen der Lieder umfassend herausgearbeitet werden können, erscheint eine induktive Vorgehensweise und die Formulierung einer allgemeinen Fragestellung notwendig. Die zentralen Fragen dieser Untersuchung lauten daher: Warum und mit welcher Absicht benutzen die Unbedingten Lyrik und warum insbesondere die Form des Liedes ?
Um durch die Analyse der Lieder eine Antwort auf diese Fragen finden und diese glaubhaft herleiten zu können, erschien es mir nötig im ersten Teil dieser Arbeit auf die Vorbedingungen ihrer Entstehung einzugehen. Grundvoraussetzung für das Verständnis der Lyrik und somit auch für die Beantwortung der zentralen Themafrage ist daher eine umfassende Darstellung des historischen Kontextes und des geistigen Umfeldes, sowie der Umstände ihrer Rezeption. Dazu gehört ein Blick auf die politische und geistige Situation in Deutschland 1806-1820, auf die Bedeutung der Turnbewegung in Gießen, und vor allem auf die Entstehungsgeschichte der Unbedingten und deren Ideologie.
Im zweiten Teil der Arbeit sollen dann zunächst weitere Grundlagen für die Interpretation einzelner Lieder geschaffen werden, welche in ihrer Entstehungsgeschichte und dem Publikationsverhalten der Autoren zu sehen sind. Die Untersuchung des allgemeinen Aufbaus des Liederbuches, seines Inhaltes und der allgemeinen Form der Lieder soll eine allgemeine Gattungsbestimmung der Lieder ermöglichen. Damit nach der Interpretation eine genauere Klassifizierung der Texte vorgenommen werden kann, sollen anschließend die Kriterien einiger für die Untersuchung relevanten Liedformen abgehandelt werden.. Diese Aspekte dienen somit in Verbindung mit den Inhalten des ersten Teiles dieser Arbeit als Hintergrundinformationen für die folgende exemplarische Analyse der Lieder. Im Anschluß an die Analyse sollen dann die ermittelten Funktionen aus Gründen der Übersichtlichkeit nochmals kurz im Zusammenhang dargestellt werden, um so die Basis für eine abschließende Wertung zu schaffen.
Angesichts der formalen Grenzen einer Examensarbeit (Zeit und Umfang) ist es notwendig, sich auf diejenigen Aspekte zu beschränken, welche zum einen als Vorbedingungen für die Entstehung der Lyrik ausschlaggebend sind und welche zum anderen für die Untersuchung der Form und Funktion der Lyrik als immanent erachtet werden können. Daher wird es nicht möglich sein, auf die Wirkung und Folgen der politischen Aktivitäten der Unbedingten und ihrer Lyrik, wie etwa das Kotzebue-Attentat und die Karlsbader Beschlüsse, einzugehen. Dies trifft auch auf einen Vergleich der hier betrachteten Lyrik mit der „Lyrik der Befreiungskriege“ zu. Ein solcher Vergleich kann im Rahmen dieser Arbeit ebensowenig geleistet werden, wie die Untersuchung eines möglichen Einflusses der Lyrik der Unbedingten auf die spätere Entwicklung der Lyrik im Vormärz. Weitere Aspekte, die im folgenden nicht untersucht werden können, sind eine nähere Betrachtung der Entwicklung der Burschenschaften im allgemeinen und die Turnbewegung unter Friedrich Ludwig Jahn. Ferner muß auf eine umfassende Darstellung der Biographien der Autoren der hier betrachteten Lyrik verzichtet werden. Vielmehr sollen die biographischen Details, die vor allem für die Entwicklung der Ideologie und der Lyrik als bedeutend erachtet werden können, anhand der Entwicklung der Organisationsformen der Schwarzen und der Einflüsse des geistigen und politischen Hintergrundes dargestellt werden.
1.2. Angaben zum Forschungsstand
1.2.1. Forschungsstand und Quellenlage in bezug auf die Gießener Schwarzen und die Unbedingten
In seiner Arbeit über das „Burschenturnen“ stellt Gissel fest, daß der Forschungsstand zur Untersuchung der Gießener Schwarzen und der Unbedingten als „unbefriedigend“[2] einzuordnen ist. Die Arbeiten von Krausch,[3] Krüger und Setter befassen sich mit einer allgemeinen Darstellung zur Burschenschaftsbewegung und verzichten zumeist auf detaillierte Quellenangaben. Neben diesen Arbeiten stützen sich auch die Untersuchungen Spindlers, Wüsts und Pregizers auf die Arbeiten von Marx, Schmuck und vor allem von Haupt. Die Untersuchungen Haupts besitzen zum Teil Sekundärquellencharakter und zählen noch heute als wichtigste Darstellungen zu der hier betrachteten Gruppe.
Besonderen Quellenwert besitzt eine von Fittbogen herausgegebene Edition von Briefen der Unbedingten. Auch die Arbeit von Schröder stützt sich auf fundierte Quellenaussagen. Dennoch sind seine Bewertungen der politischen Ziele der Unbedingten mit Vorsicht zu handhaben, da er versucht.[4] Auch viele von Wüst, Pregizer, aber auch von Haupt vorgenommene Bewertungen zur Ideologie und den politischen Handlungen dieser Gruppe müssen kritisch betrachtet werden, da zumeist eigene subjektive ideologische Vorgaben als Bewertungsgrundlage dienen.[5]
Quellenwert besitzen die älteren Darstellungen von Schmuck, Marx und Rocholz, die auf Überlieferungen von Zeitzeugen basieren und zum Teil auch Quellenaussagen der Gießener Schwarzen enthalten. Einige Mitglieder der Verbindung haben ihre Erinnerungen an die Zeit bei den Gießener Schwarzen schriftlich festgehalten. Problematisch erscheint jedoch, daß die Arbeiten von Wit, Friedrich Münch, Leo und Christian Sartorius[6] in großen zeitlichen Abständen zum eigentlichen Geschehen verfaßt worden sind. Haupt und Gissel konnten feststellen, daß der Quellenwert dieser Erinnerungen durch „Verklärungen über Lagerungen und Erinnerungsfehler eingeschränkt ist.“[7]
Somit ist zu konstatieren, daß fundierte Darstellungen zur Geschichte der Gießener Schwarzen praktisch nicht existieren.
Die im ersten Teil vorgenommene Untersuchung kann jedoch keine umfassende historische Aufarbeitung zur Geschichte der Gießener Schwarzen leisten. Vielmehr soll die Betrachtung unter dem Blickwinkel der zentralen Fragestellung dieser Arbeit erfolgen.
1.2.2. Einordnungsproblematik und Forschungsstand zur Untersuchung der Lyrik der Unbedingten
In seiner Untersuchung über die „Lyrik der Befreiungskriege“ spricht Ernst Weber von einem „Desinteresse der literaturwissenschaftlichen Forschung“[8] an dieser Dichtung. Die Lyrik der Unbedingten ordnet er in den Komplex der „Lyrik der Befreiungskriege“ ein, die den Zeitraum der Jahre 1806 bis 1815, oder enger gefaßt von 1813 bis 1815 umfaßt. Da die Lyrik der Gießener jedoch überwiegend in den Jahren nach 1815 entstand, erscheint eine derartige Einordnung nicht unproblematisch. Dennoch besteht die Möglichkeit eines Zusammenhangs zwischen der Burschenschaftsdichtung und der „Lyrik der Befreiungskriege“,[9] der in dieser Arbeit jedoch nicht näher untersucht werden kann.
Wie bereits erwähnt, ist der Forschungsstand zur Untersuchung der Gießener Schwarzen bzw. der Unbedingten als defizitär zu betrachten. Hinsichtlich der Lyrik dieser Gruppe kann von einem eigentlichen Forschungsstand nicht gesprochen werden. In neueren Liedersammlungen zur „Lyrik der Befreiungskriege“ oder zur Lyrik des Vormärz sind die Lieder der Unbedingten nicht enthalten. Die Klassifizierung der Texte erscheint daher als schwierig.
Während sich ein Teil der Forschung explizit mit der Lyrik der Jahre vor 1815 befaßt, beschäftigen sich die Untersuchungen über die Lyrik des Vormärz mit den Dichtungen, die in der Zeit vor der Revolution 1848 entstanden sind. Der hier vorliegende Untersuchungsgegenstand bleibt somit weitgehend unberücksichtigt.
Dies bestätigt auch Weber, der die „Vernachlässigung der Geschichtslyrik zwischen Vormärz und Klassizismus“[10] erwähnt. Infolgedessen finden sich nur sehr wenige Untersuchungen, die oft nur am Rande auf die Lyrik der Unbedingten eingehen.
Zu diesen Untersuchungen gehören die Arbeiten von Düding, Schröder und Werner. Auch in der Arbeit von Harzmann finden sich die Texte des Gießener Kreises. Eine Analyse ist jedoch in dieser Untersuchung nicht zu finden. In einem Aufsatz über die „Dichtung der Unbedingten“ beschäftigt sich Fittbogen ausführlicher mit der Anthologie Freye Stimmen frischer Jugend und dem Großen Lied. Zu letzterem nimmt Szepe eine Interpretation vor, die jedoch die meisten Aspekte der hier formulierten Fragestellung unberücksichtigt läßt.[11]
In den meisten dieser Untersuchungen fehlt eine genauere Darstellung der politischen und sozialen Hintergründe, so daß sich einige Analysen durch das Fehlen eines Bezuges zum historischen Kontext im geschichtsleeren Raum befinden. Dadurch, daß die Lieder nur unter ganz speziellen Fragestellungen untersucht, daß nur bestimmte Aspekte der Lieder betrachtet werden und daß in keiner einzigen Untersuchung qualitative exemplarische Analysen einzelner Lieder zu finden sind, können Form und Funktion der Lieder nur unzureichend bestimmt werden. Auch eine genaue Gattungsbestimmung der Lyrik der Unbedingten steht noch aus.
Abschließend muß festgestellt werden, daß der Forschungsstand zur Lyrik der Unbedingten als unbefriedigend betrachtet werden muß. Die Ursache hierfür könnte zum einen in ihrer Einordnungsproblematik liegen. Andererseits könnte auch der relativ geringe Bekanntheitsgrad der Unbedingten ein Grund für die Vernachlässigung ihrer lyrischen Texte sein.
1.3. Erläuterung der Arbeitsweise
Es wurde bereits im Einleitungskapitel darauf hingewiesen, auf welchem Weg sich der Interpretation der Gedichte genähert werden soll. In einem darstellenden Teil soll anhand der zur Verfügung stehenden Quellen und Untersuchungen der Sekundärliteratur der historische Kontext aufgearbeitet werden. Hier werden die wesentlichen Aspekte, die die inhaltlichen Schwerpunkte der Lieder bilden, untersucht. Vor dem Hintergrund dieser Darstellung baut die zentrale Fragestellung des Themas auf, die zur exemplarischen Analyse der Lieder überleitet. Bei der eigentlichen Interpretation soll auf einen Vergleich mit der Sekundärliteratur verzichtet werden. Dies geschieht aus folgenden Gründen: Zum einen steht eine eigenständige Untersuchung der Lyrik der Unbedingten noch aus. Zum anderen können die Form und die Einzelfunktionen in den in Kapitel 1.1.2. dargestellten Arbeiten nicht vollständig bestimmt oder begründet werden, so daß deren Forschungsthesen nicht den Ausgangspunkt dieser Arbeit bilden können. Der Anspruch des Kapitels 7 kann daher nur in einer eigenständigen Analyse liegen.
Teil I: Die Unbedingten als Kerngruppe der Gießener Schwarzen – eine Skizze der Umstände ihrer Entstehung und ihrer Ideologie
2. Historische und geistige Voraussetzungen für die frühe Turn – und Studentenbewegung in Gießen
Im folgenden Kapitel soll herausgearbeitet werden, vor welchem politisch-sozialen Hintergrund die Gruppe der Gießener Schwarzen entstand.
2.1. Die politische Situation in Hessen bis 1815
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts erfolgten in der in zahlreiche „Einzelterritorien“ zerrissenen Landgrafschaft Hessen mehrere Gebiets- und Machtverschiebungen.[12]
Um der Auflösung seines Territoriums zu entgehen, ging der hessische Landgraf Ludwig X. nach dem Einmarsch französischer Truppen in das hessische Staatsgebiet im Jahr 1806 ein Militärbündnis mit Frankreich ein. Durch den Anschluß an den Rheinbund wurde Hessen in ein Großherzogtum umgewandelt.[13] Großherzog Ludwig I. erhielt durch diese „Revolution von oben“ vergleichbar absolutistische Vollmachten, die seinen Souveränitätswillen in der Folgezeit steigern mußten.[14] Diese „Souveränität“ bedeutete jedoch auch Bereitstellung von Geld, Material und Menschen für die Besatzer. Insofern war die Selbständigkeit des Herrschers durch seine Abhängigkeit von Napoleon beschränkt.[15] Dementsprechend mußte der Großherzog in den Jahren 1806 bis 1813 hessische Truppenkontingente für den Krieg gegen Preußen, Spanien, Österreich und Rußland zur Verfügung stellen.[16] Erst im Herbst 1813 schlossen sich die Rheinbundfürsten beinahe unter Zwang den Alliierten an.[17]
2.2. Die Beschlüsse des Wiener Kongresses – die Situation in Hessen (1815 - 1820)
Auf dem Wiener Kongreß 1814/15 beschlossen die Siegermächte unter der Führung des österreichischen Staatskanzlers Metternich die Neuordnung der politischen Verhältnisse Deutschlands.[18] Die vielfältigen politischen, sozialen und gesellschaftlichen Unterschiede innerhalb Deutschlands, die Eigeninteressen der Großmächte und das Souveränitätsbedürfnis der deutschen Kleinstaaten sprachen gegen die Bildung eines einheitlichen deutschen Nationalstaates.[19] In völliger Übereinstimmung setzten die Großmächte die Auflösung des Reiches (1806) „als irreversiblen Einschnitt“[20] voraus. Durch die Schlußakte vom 10. Juni 1815 erfolgte daher die Aufteilung Deutschlands in 38 unabhängige, souveräne Einzelstaaten. Dieser unauflösbare Deutsche Bund bildete eine lockere völkerrechtliche Vereinigung. Mit einem Bundestag unter österreichischem Vorsitz knüpfte er in veränderter Form an die Korporationsformen der Rheinbundstaaten an.[21] Der Artikel 13 der Bundesakte sah die Einführung einer landständischen Verfassung in den einzelnen Staaten vor.[22] Braun schließt sich den Ausführungen Soldans an, daß Ludwig I. von Hessen die Bestimmungen des Artikels 13 in seinem Land nicht habe durchführen können, da er aufgrund der erneuten Gebietsveränderungen „erst die Zustände und Bedürfnisse in den neuen Landesteilen kennenlernen wollte“.[23]
Es ist jedoch sehr wahrscheinlich, daß der Großherzog die Einführung einer Verfassung gar nicht durchzuführen beabsichtigte, da dies seine souveräne Macht mehr oder weniger einschränken mußte. Diese These wird zudem durch die Tatsache belegt, daß in anderen deutschen Staaten trotz territorialer Veränderungen landständische Verfassungen eingeführt wurden.[24] Die in den folgenden Jahren durch die Bestrebungen zur Wiederherstellung der Stände und der Auswanderungswelle im Hungerjahr 1816/17 gekennzeichnete Situation beruhigte sich erst, nachdem der „widerstrebende“ Großherzog genötigt worden war, den von Staatsrat Heinrich Knaup bearbeiteten Verfassungsentwurf am 17. Dezember 1820 zu billigen.[25]
2.3. Die geistige Situation
2.3.1 Exkurs: Die Entwicklung der national-patriotischen Bewegung in Deutschland 1806-1814
Aufgrund der französischen Besatzung Anfang des 19. Jahrhunderts und der damit verbundenen wachsenden Erbitterung über „fremde Bevormundung und Willkür“[26] entstand zu dieser Zeit in Deutschland eine Bewegung, die die „Wiederherstellung der Selbständigkeit Deutschlands und eine nationale Einigung forderte“.[27]
Dabei nahmen sowohl äußere als auch innere Faktoren Einfluß auf das nationale Erwachen.[28] Der wichtigste Faktor für die Entstehung der nationalen Bewegung in Deutschland war der Glaube an die eigene Bedeutung: Man war stolz auf die geistigen Errungenschaften in Literatur, Sprache, Wissenschaft und Kunst, kulturell war man zu einer Nation geworden.
„Die Überzeugung, daß diese geistige Gemeinschaft auch zu politisch-
staatlichem Zusammenschluß gelangen sollte, brach sich angesichts der
jammervollen Zerklüftung und Ausschaltung Deutschlands [...] Bahn [...] .“[29]
Zur Ausbildung dieser Überzeugung trugen dabei die Ideen und Lehren mehrerer gelehrter Persönlichkeiten bei. Fichte forderte dazu auf, das deutsche „Urvolk“ zur wirklichen Gemeinschaft zu erziehen, „damit ein deutscher Volksstaat als Kern des Vernunftreichs der Menschheit entstehe.“[30] Auch Herders Erkenntnisse über die geschichtlichen Eigentümlichkeiten und das organische Wachstum der Völker beeinflußte die Romantiker: Sie entwickelten „philosophisch die Lehre vom Volksgeist als schöpferischen Kern nationalen Lebens“.[31] Gleichzeitig postulierten sie eine religiöse und nationale Besinnung für die Gegenwart durch Rückwendung zum christlich-deutschen Mittelalter.
Eine weitere Anregung gab Friedrich Schleiermacher, indem er von der Erneuerung des protestantischen Christentums sprach und eine sittliche Umkehr predigte. Zudem forderte er die lebendige Teilnahme am „Vaterlandsleben“ und die „bewußte Ausbildung des Nationalcharakters als Voraussetzung für die Wiedererringung der Freiheit [...] .“[32]
Maßgeblichen Einfluß auf die Entwicklung dieser Bewegung hatte Ernst Moritz Arndt. In seinem Werk „Geist der Zeit“ (erste Teile 1805/1806) und in mehreren Flugschriften forderte er in allgemein verständlicher Sprache die Liebe zum Vaterland, die Sicherung des Volkstums und die Gemeinschaft des zum Selbstbewußtsein erwachenden Menschen. Seiner Meinung nach sollte der Staat durch die Gesinnung der vaterländisch-sittlichen Gemeinschaft umgestaltet werden. Insbesondere die Jugend sollte für den Patriotismus und nationale Interessen begeistert werden.[33] Mit seinen meinungs- und willensbildenden Liedern und Schriften[34] wollte er das Volk auf die Stunde der Befreiung vorbereiten. Auch Jahn vertrat das von Arndt formulierte Ziel eines deutschen monarchischen Nationalstaates. Durch geistige und körperliche Ertüchtigung (Turnen) gedachte er die Jugend für die Befreiung des Vaterlandes vorzubereiten.
Aus dieser kurzen Skizze wird deutlich, daß die Begriffe der Einheit und Freiheit als Ausdruck einer nationalen Kultur interpretiert wurden und zunächst, durch äußere Umstände bedingt, eine vaterländische, sittliche und religiöse Argumentation und Agitation auslösten, welche letztlich eine realpolitische Bedeutung erhielten.
2.3.2. Erste Organisationsformen der neuen geistigen Entwicklung
Als Produkt der hier skizzierten Entwicklung, die durch die Niederlage Preußens ihren ersten Höhepunkt erreicht hatte, entstanden noch während der Besatzungszeit mehrere oft geheime Organisationen, die den Willen zum Widerstand verbreiten und wachhalten wollten.
Der 1808 gegründete Tugendbund diente der Belebung von Sittlichkeit, Religiosität und des Gemeingeistes.[35] Laut Huber verbarg sich hinter dem Begriff des Gemeingeistes
„das Bekenntnis zu aktivem staatsbürgerlichem Verantwortungssinn und zur
Opferbereitschaft für das Ganze, aber auch der Anspruch auf staatsbürgerliche
Teilnahme an der Staatsgestaltung.“[36]
Eine radikalere Gruppe stellte der von Jahn 1810 ins Leben gerufene Deutsche Bund dar. Seine Mitglieder traten für die politischen Ideale der Einheit und Freiheit ein. Gegenüber den unvolkstümlichen Landmannschaften sollten in dieser Vereinigung eine volkstümliche Ausbildung, akademische Freiheit und gleicher Sinn gefördert werden, um die geistige Einheit des Vaterlandes weiter vorantreiben zu können.[37] Der Bund mußte daher in der Folgezeit auch für die verschiedenen deutschen Landesregierungen eine Gefahr darstellen.[38] Er war zudem als Ausgangszelle späterer weitreichender Verbindungen von großer Bedeutung.
2.3.3. Die geistige Entwicklung in Gießen: der Einfluß Friedrich Gottlieb Welckers auf die späteren Führer der Unbedingten
Auch in Hessen fanden die nationalen und patriotischen Ideen Anklang. Einen maßgeblichen Anteil an der Verbreitung dieser Ideen hatte der Gießener Gymnasiallehrer und Privatdozent Friedrich Gottlieb Welcker.
Er erzog seine Schüler zu einer deutsch-vaterländischen Gesinnung.[39] Daß er einen nicht geringen Einfluß auf die Entwicklung der späteren geistigen Führer der Unbedingten, Karl und August Follen, und auf die zukünftigen Studenten im allgemeinen hatte, läßt sich an zwei Aufsätzen Karl Follens aus den Jahren 1810 und 1811 nachweisen: Diese Aufsätze zeigen den damals 14jährigen Follen „von grimmigem Hasse gegen die französischen Unterdrücker erfüllt und auch entschlossen, sich bis zum äußersten im Kampfe gegen das Vaterland einzusetzen.“[40] Welckers Erziehung und der damit einhergehende Gedanke, Deutschland von der Fremdherrschaft zu befreien, hinterließ nachhaltigen Eindruck bei seinen Schülern.
Beide Faktoren mußten das Selbstwertgefühl und den vaterländischen Enthusiasmus der studierenden Jugend steigern.[41] Als sich Hessen Ende 1813 „endlich“ den Alliierten angeschlossen hatte, beteiligte sich Welcker mit seinen Schülern und Studenten, darunter auch die Brüder Follen, an der Aufstellung einer freiwilligen Jägereinheit, die jedoch nicht mehr zum Kampfeinsatz kam. Laut Haupt dürfte die Mitwirkung an dieser militärischen Einheit, welche das Einhalten von Zucht, Sitte, Gehorsam und Disziplin gebieten mußte, erhebliche Auswirkungen auf die Mentalität der beteiligten Gießener Studenten gehabt haben.[42] Trotz des Sieges der Alliierten erhielt die Heimkehr der Freiwilligen einen bitteren Beigeschmack.
Ein festlicher Einzug und ein Verweilen in der Landeshauptstadt Darmstadt wurde ihnen verweigert, und die geforderte nationale Freiheit und Einheit, für die man „gekämpft“ hatte, harrten ihrer Verwirklichung.
Die politische Entwicklung und die von der hessischen Regierung eingenommene Haltung mußte in prinzipiellem Gegensatz zur deutsch-vaterländischen Bewegung in Hessen stehen[43] und begründete – wie noch zu zeigen sein wird – die Entstehung oppositioneller Kräfte vor allem an der Gießener Universität. Dorthin zurückgekehrt, sahen sich die „Freiheitskämpfer“ mit den Landsmannschaften konfrontiert, deren Verhalten man als roh und unsittlich bezeichnete. Da sie außerdem mit den partikularstaatlichen Tendenzen sympathisierten, war eine Konfrontation prinzipiell schon vorprogrammiert.
2.3.4 Die geistige Situation 1814/15: die Deutschen Gesellschaften und der Hoffmannsche Bund
Schon im Frühjahr 1814 forderte Ernst Moritz Arndt die Gründung sogenannter Deutscher Gesellschaften zur Erhaltung von Zucht, Sitte, Moral und Frömmigkeit.[44] Die Aktivitäten dieser Gesellschaften dienten vor allem der Verbannung französischer Einflüsse in Sprache und Kultur. Zweifellos wollte man mittels dieser Organisation den nationalen Einheitsgedanken wachhalten und fördern.[45]
Zu diesem Zeitpunkt trafen sich in Usingen einige patriotisch gesinnte Akademiker, darunter auch Friedrich Gottlieb Welcker, sein Bruder Theodor, Karl Hoffmann und der Butzbacher Pfarrer Ludwig Weidig. Ziel dieses sogenannten Usinger Vereins unter der Führung von Wilhelm Snell war es, die Bildung von Arndts Deutschen Gesellschaften zu initiieren.[46]
Noch während der Verhandlungen in Wien kam es im März 1815 abermals zu eines Auseinandersetzung mit dem wiedererstarkten Napoleon, der jedoch durch das entscheidende Einwirken Preußens geschlagen werden konnte.[47] Aus dem bald nach seiner Gründung verbotenen Usinger Verein konstituierte sich ein Geheimbund unter der Führung der liberal und national gesinnten Persönlichkeiten Karl Hoffmann aus Rödelheim und Wilhelm Snell.[48] Nach Wit gehörten auch die Brüder August und Karl Follen zu diesem Kreis.[49] Der Hoffmannsche Bund sah in Preußen eine volkstümlich und liberale Macht, die nach dem zweiten Sieg über Napoleon am geeignetsten erschien, anstelle Österreichs die Führung in Deutschland zu übernehmen.
Neben der Ausbildung der vaterländischen Gesinnung stand daher das politische Ziel der Konstituierung eines deutschen Nationalstaates unter Preußens Führung im Vordergrund.[50] Im Kontrast zu den partikularstaatlichen und reaktionären Tendenzen der deutschen Regierungen auf dem Wiener Kongreß sollte der Bund für die nationale Selbständigkeit und monarchisch-liberale Regierungsformen in Deutschland eintreten.[51]
Preußen nahm jedoch die gewünschte Stellung nicht ein. Der Anschluß an die Heilige Allianz, dem Bündnis der europäischen Großmächte und Österreichs am 26.11.1815, zerstörte jede Hoffnung auf ein liberales Preußen.[52] Nur kurze Zeit später löste sich der Hoffmannsche Bund auf. Die Sympathien für Preußen schlugen bald nach der Verhärtung der preußischen Politik in eine feindselige Haltung gegenüber der „deutschen Großmacht“ um.[53] Dennoch blieben die Mitglieder des Geheimbundes, wie später noch zu zeigen sein wird, auch in der Folgezeit noch politisch aktiv. Die Beschlüsse des Wiener Kongresses und die zunehmende Verhärtung der preußischen Politik mußten die Hoffnungen der nationalen und liberalen Bewegung maßlos enttäuschen und gleichzeitig zur Radikalisierung der politischen Zielvorstellungen einiger Teile der patriotisch-nationalen Bewegung führen. Dies soll am Beispiel der Gießener Schwarzen noch aufgezeigt werden.
3. Die Organisationsformen der Gießener Schwarzen 1814-1818 und ihre Funktionen
Um eine Basis für das Verständnis der Ideologie und der Lyrik der Unbedingten zu schaffen und das soziale Umfeld, in dem ihre Lyrik entstand darzustellen, sollen im folgenden Kapitel die näheren Umstände der Entstehung der Gruppe, ihrer Lyrik und die Entwicklung ihrer Ideen und Ansichten betrachtet werden.
3.1 Die Teutsche Lesegesellschaft zur Erreichung vaterländisch-wissenschaftlicher Zwecke
Nach dem Ende des Krieges erfolgte an der Gießener Universität die Gründung einer Teutschen Lesegesellschaft zur Erreichung vaterländisch-wissenschaftlicher Zwecke nach dem Vorbild Arndts. Neben Friedrich Gottlieb Welcker müssen vor allem die Brüder August und Karl Follen als Initiatoren dieser Gesellschaft angesehen werden.[54]
In einem von der Universität zur Verfügung gestellten Versammlungsraum, in dem politische Zeitungen und Broschüren auslagen, wurden neben der Rezeption der Nibelungen vor allem politisch-patriotische Schriften von Arndt und Körner gelesen und diskutiert, um „sich durch Lesung deutscher Schriften und Übung in deutschen Aufsätzen volkstümlich auszubilden.“[55] Auch wurden Turnübungen, jedoch ohne Geräte und ohne festere Organisationsformen, durchgeführt.[56] Äußeres Kennzeichen der Mitglieder der Lesegesellschaft war eine einheitliche schwarze Tracht nach dem Vorbild Arndts und Jahns[57], deren Bedeutung jedoch in Kp. 4.1. näher erläutert werden soll.
Im Vordergrund der Bemühungen stand die von Arndt und Jahn angeregte Erhaltung deutscher Art, Zucht, Sitte und der Abwehr der französischen Geistesart.[58] Durch eine sittlich-moralische Erziehung und eine gemeinsame, freie Ausbildung, sollte das „christlich-teutsche Freiheitsstreben“[59], vor allem auf die Studentenschaft übertragen und die Liebe zum Vaterland geweckt werden. Um das in den Freiheitskriegen gesteckte politische Ziel der Einheit und Freiheit Deutschlands zu vergegenwärtigen, strebte die Gesellschaft bzw. ihre Initiatoren daher offensichtlich die Bildung einer christlichen Gemeinschaft mit einer sittlich-religiösen, nationalen Gesinnung an. Auch Haupt erklärt, das wesentliche Ziel des Vereins sei der Aufbau eines die ganze Studentenschaft umfassenden vaterländischen Bundes gewesen.[60]
Bereits im Frühjahr 1815 erfolgte die Spaltung der Gesellschaft, als sich innerhalb des Vereins „scharfe prinzipielle Gegensätze herausgebildet hatten“.[61] Neben den von Haupt angegebenen persönlichen Reibereien und der Opposition gegen den Führer August Follen dürfte die Spaltung jedoch vor allem auch auf den Gegensatz zwischen der unnachgiebig zur Einheit strebenden Gruppe um die Brüder Follen und den mit den partikularistischen Tendenzen sympathisierenden Landsmannschaften zurückzuführen sein.[62]
Nach einer Vielzahl von Auseinandersetzungen zwischen den Mitgliedern der neu gegründeten landsmannschaftlichen Teutonia und den übrigen Mitgliedern der Lesegesellschaft erfolgte jedoch die Auflösung beider Verbindungen durch die Universitätsleitung unter der Führung des konservativ-reaktionistischen Rektors Ahrens.[63] August Follen verließ die Universität, um der Relegation zu entgehen, und ging nach Heidelberg.
3.2. Die Germania
Die Spaltung der Lesegesellschaft hatte gezeigt, daß die Mehrheit der Studenten noch nicht für das von ihr geforderte Streben durch eine Gemeinschaft zu einer „höheren Lebensstufe“ vorzudringen bereit gewesen war.[64]
Im Juni/Juli 1815 gründete der Kern der ehemaligen Lesegesellschaft eine neue Verbindung mit dem Namen Germania.[65] Als einer der sieben Gründungsmitglieder, zu denen auch Christian von Buri gehörte, übernahm zunächst der Student und ehemalige Kriegsfreiwillige Karl Christian Sartorius die Führung des Vereins.[66] Die Mitglieder wurden aufgrund ihrer Kleidung nun zum ersten Mal als Gießener Schwarze bezeichnet.[67]
Die Beschlüsse des Wiener Kongresses bestätigten ihre Überzeugung, „daß Deutschlands Aufgabe nicht erfüllt sei, daß das Volk vergebens gekämpft habe“.[68]
Deshalb erklärten die Mitglieder die Einheit Deutschlands zu ihrem politischen Ziel.[69] Die Gründung des Germanenbundes war mit großer Wahrscheinlichkeit von Führern der freiheitlichen und nationalen Bewegung – im besonderen des Hoffmannschen Bundes – beeinflußt worden. Es ist daher durchaus möglich, daß sich die Germania zunächst (Juni bis Herbst 1815) für ein einiges, monarchisches Deutschland unter Führung Preußens einsetzte.[70]
Die Begeisterung für vaterländische Ideen und sittliche Ideale sowie für das Deutschtum wurden durch Lesungen, Diskussionen, Turnübungen und das Tragen der altdeutschen Tracht weiter gefördert.[71] Die „Freundschaft, der gegenseitige Wetteifer, die Begeisterung für das Vaterland“ und die Ablehnung von „Roheit und Gemeinheit“ sollten „die Hebel“ sein, „um das Hauptziel zu erreichen.“[72] Diesem Ziel standen in den Augen der Vereinsgründer noch immer die „Torheiten und Roheiten des Burschenlebens“[73], personifiziert durch die Landsmannschaften, gegenüber. Daher trat der studentische Charakter der Verbindung hinter den vaterländischen und sittlichen Tendenzen stark zurück.[74] Wenn Sartorius in diesem Zusammenhang die Pflicht jedes einzelnen betont, „einen besseren Geist des Burschenlebens anzubahnen“,[75] wird deutlich, daß man die Erziehung einer Elitegruppe mit sittlich-nationalem Bewußtsein anstrebte, die sich mit den gesteckten Zielen identifizieren sollte. Gleichzeitig verpflichtete man sich dazu, neue Mitglieder zu werben, „um die Tüchtigsten unter den jungen Studenten für das gleiche Streben heranzuziehen.“[76] Erst vor diesem Hintergrund erhält die in der Forschung oft ohne die Angabe von Belegen formulierte These, das Hauptziel sei die „Beherrschung der Gießener Studentenschaft durch das moralische Übergewicht des Germanenbundes“[77] gewesen, ihre Bestätigung. Erleichtert wurde die erzieherische Einflußnahme auf die Studentenschaft dadurch, daß die Germania durch die Beschränkung ihrer Mitgliederzahl eine größere Handlungsfähigkeit besaß.[78]
Die politische Zielsetzung der Verbindung wurde bereits im Wintersemester 1815/16 modifiziert und radikalisiert. Die Idee von der Einführung einer konstitutionellen Monarchie sollte verbreitet und verwirklicht werden: „Deutschland muß eins sein, nicht durch 30 kleinere oder größere Regierungen getrennt; dem Volke steht allein das Recht zu, durch seine Vertreter Gesetze zu geben.“[79] Für dieses Ziel sollten die Mitglieder des Vereins nach ihrer Überzeugung mitwirken.[80]
Zweifellos wollten die Schwarzen auf die Verwirklichung eines demokratischen deutschen Einheitsstaates hinarbeiten.[81]
Diese Änderung der Zielsetzungen ist nachweisbar auf den Einfluß ehemaliger Führer des Hoffmannschen Bundes zurückzuführen, die nun neben Welcker als Berater der Verbindung in Erscheinung traten.[82] Begründet wurde sie offensichtlich durch die Beschlüsse des Wiener Kongresses, durch die Enttäuschung über den Anschluß Preußens an die Heilige Allianz und die nach wie vor unveränderte politische Situation in Hessen.
Zu diesem Zeitpunkt trat Sartorius auf die Empfehlung Snells mit Karl Follen in Verbindung, der dem Verein beitrat und bald darauf die führende Rolle übernehmen sollte.[83] Doch die „Organisationsform einer burschenschaftlichen Verbindung“[84] wurde von den Landsmannschaften wegen angeblicher politischer Verschwörungstätigkeit beim Disziplinargericht der Universität denunziert. Um der Relegation zu entgehen, sahen sich die Mitglieder genötigt, den Verein auflösen.[85]
3.3. Der Deutsche Bildungs- und Freundschaftsverein
Durch die Gründung des Deutschen Bildungs- und Freundschaftsvereins sollten Aktivitäten der Germania fortgesetzt und die neu entwickelten politischen Ziele weiterverfolgt werden. Sartorius, Karl Hoffmann, Christian von Buri, Karl Follen und der im Frühjahr 1816 zurückkehrende August Follen waren auch hier neben anderen Persönlichkeiten die treibenden Kräfte. Der Paragraph 4 der Vereinsstatuten, die von Karl Follen verfaßt wurden, informiert über den Zweck der Verbindung, für die folgender Grundsatz galt:
„Vereint rastlos fortzustreben für alles, was uns als Christen, Deutsche,
Studenten zu wirken und zu werden obliegt, und Geist und Leib durch
Mittheilung und Zusammenwirken aller Gefühle, aller Geistes- und Leibeskräfte
in brüderlicher Vereinigung, für Glauben, Freiheit, Vaterland, ungestört
auszubilden, und daß das feurige Jugendstreben durch das ganze Leben verewigt
werde, durch ein christliches, wissenschaftliches und deutsches Streben, so wie
durch das Beispiel eines sittlich feinen und ehrenfestes Betragens, auf der
Universität einen wahrer Ehre und wissenschaftlicher Bildung entsprechenden,
ächt deutschen Ton und Sinn und Wandel zu gründen und zu befestigen, daß er
von der Universität auch in das Leben übergehe durch geistige und leibliche
Bildung, welche letztere durch Fechten ec.ec., erstere durch Lesen und
wechselseitiges Erörtern guter deutscher Schriften, durch Unterhaltung und
gegenseitige Belehrung, so wie durch Vorträge über gemeinschaftliche
Gegenstände erstrebt werden sollte.“[86]
Daraus wird ersichtlich, daß neben dem Nationalismus vor allem Christentum und religiöser Patriotismus die „zentralen Eckpfeiler des moralischen Normensystems“ waren, „dem sich die Mitglieder dieser Verbindung unterwarfen.“[87]
Die Ideen und Absichten der Vereinsmitglieder wurden in einer wöchentlich stattfindenden Versammlung durch Unterredungen verarbeitet. Wesentlicher Beratungsgegenstand waren vor allem religiöse und kirchliche Fragen.[88] Haupt macht deutlich, daß der Arndtsche Gedanke der Vereinigung der Konfessionen zu einer deutschen Nationalkirche Bestandteil der politischen Zielsetzungen wurde.[89]
Wie in den Versammlungen der Germania wurden auch politische Schriften erörtert und diskutiert, um sich gegenseitig zu belehren.
Doch bereits nach wenigen Wochen mußten die Schwarzen den Bildungsverein zu Anfang des Jahres 1816 der Form nach auflösen.[90] Die Grundsätze und Ziele des Vereins wurden jedoch auch weiterhin verfolgt, der Freundschaftsbund nahm bis Pfingsten 1816 die Form eines Geheimbundes an.[91]
„Diese Entwicklung [...] war zum Teil durch die Behörden aufgezwungen, zum
Teil aber auch bewußt eingeschlagen worden, um als kleine einheitliche Gruppe
die [...] politischen Aktionen in einer größeren Beweglichkeit durchführen zu
können.“[92]
Friedrich Gottlieb Welcker hielt in den geheimen Versammlungen Privatvorlesungen über die Zeitverhältnisse und ihre Zusammenhänge, die religiöse, politische, moralische und pädagogische Fragenkomplexe umfaßte.
Laut Schröder gaben sie Anlaß „zu einer scharfen Kritik der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse.“[93] Man begeisterte sich außerdem an Schillers Dramen, las politische, philosophische sowie wissenschaftliche Schriften und diskutierte über die Verfassungen verschiedener Völker.[94]
Diese Aktivitäten verdeutlichen, daß sich die Schwarzen immer stärker gegen die auf dem absolutistisch-monarchischen Herrschaftssystem bestehenden Landesfürsten richteten. Die Mitglieder sollten von der Notwendigkeit einer politischen Neugestaltung Deutschlands überzeugt werden.[95] Da die politischen Verhältnisse als moralisch verwerflich bzw. als unsittlich bezeichnet wurden, verlangten Sitte und Moral eine Besserung der in den Vorlesungen und Versammlungen dargelegten Situation. Aus diesem Grund herrschten innerhalb der Verbindung – im Gegensatz zu den landsmannschaftlichen Organisationen – strenge sittliche Verhaltensgrundsätze.[96]
Schon im Wintersemester 1815/16 hatte Friedrich Gottlieb Welcker auf Wunsch der Schwarzen eine Vorlesung gehalten, in der er die „Schlaffheit und Verdorbenheit der Regierungen anprangerte und an die Pflicht der Regierungen, die Sittlichkeit zu fördern und Verfassungen einzuführen“[97], erinnerte. Nach Haupt erklärte Welcker, eine Besserung der Situation sei nur durch eine
„Verständigung über das, was not tut, und durch Bereinigung in der Gesinnung
herbeizuführen, wodurch am Ende auch die Regierenden selbst wider Willen
gezwungen würden, die gewünschten Konzessionen zu machen.“[98]
Diese Ansichten ihres Mentors übernahmen die Schwarzen nicht nur, sondern sie setzten sie auch in die Tat um.[99]
Die Erziehung zur Frömmigkeit und Sittlichkeit in Verbindung mit der Bildung einer nationalen Gesinnung, die gemeinsame geistige und körperliche Ertüchtigung (Fechten) diente offenbar der „Schaffung eines Bundes zu unendlichem Vollkommenheitsstreben zum Heile des Einzelnen und der Allgemeinheit.“[100]
Auf der Grundlage des durch „wissenschaftliche, politische und theologische Unterweisung“ erzeugten christlichen, sittlichen, patriotischen und nationalen Bewußtseins sollte der sittlich-religiöse Mensch die Realisierung der für die damalige Zeit radikalen politischen Ziele[101] mit Nachdruck erstreben. Denn nur dann könnten die Ideale „Glaube, Freiheit, Vaterland“ verwirklicht werden.[102]
3.4. Der Ehrenspiegel und die Christlich-teutsche Burschenschaft
Im Sommer 1816 hatte die Jenaer Burschenschaft die Gießener Verbindungen aufgefordert, eine einheitliche deutsche Burschenschaft zu gründen. Als Karl Follen von der Studentenschaft beauftragt worden war, für diesen Zweck eine neue Burschenverfassung aufzusetzen, nutzten die Schwarzen im November des Jahres erneut die Gelegenheit, um Einfluß auf die Umgestaltung des Studentenlebens zu nehmen.[103] Follens Satzung, der Ehrenspiegel der Burschenschaft zu Gießen[104], sah die Gleichberechtigung und Gleichheit der Studierenden sowie deren Zusammenfassung in einer christlichen Brüdergemeinde vor.[105] Sie sollte darüber hinaus einen Gültigkeitsanspruch für die gesamte deutsche Studentenschaft haben.[106] Die Bestimmung des Studenten war, „sich alle Zeit geistlich und leiblich auszubilden zu einem tüchtigen Menschen, insbesondere zu einem ächten Christen und deutschen Bürger.“[107]
Einerseits zielte der Ehrenspiegel auf eine Organisation der Studenten in einer christlich-deutschen Burschenschaft ab, um eine „freie Entwicklung des Geistes“[108] und eine „Kräftigung des Körpers“[109] im öffentlichen Gemeindeleben erstreben zu können. Deshalb sollten die alten Traditionen des landmännischen Komments, die man als „mittelalterliche Barbarismen“[110] bezeichnete, ersetzt werden.
Andererseits hatte er jedoch auch politische Bedeutung: Karl Follen formulierte den Zweck der Verfassung dahingehend,
„einen freien christlichen Burschenstaat zu gründen, welcher aufhebend alle
Stammesverschiedenheit, alles auf bloße Gewalt oder Gewohnheit sich
stützende Ansehen, im Großen alle Universitäten Deutschlands mit gleichen
Grundgesetzen umfassen und besonders wiederum auf jeder einzelnen
Universität bestehen und sich ausbilden sollte als Bild und Teil des Ganzen.“[111]
Auch im Ehrenspiegel selbst erscheint die Burschenschaft als „Urbild eines Freistaats“, als brüderliche Einigung aller, „welche auch wirklich eines Vaterlandes und Glaubens teilhaftig, in einer Liebe und Freiheit sich umfassen.“[112] Der politische Idealzustand sollte demnach in bündischer Form vorgelebt werden, der akademische Idealstaat mit den Prinzipien Einheit (Brüderlichkeit), Gleichheit, Glaube und Freiheit galt somit als Vorbild für den wirklichen Staat.[113]
Die Bestimmungen des Ehrenspiegels könnten als religiös-sittliches Erziehungsprogramm zur Verwirklichung politischer Ziele angesehen werden: Die Universität als Glied eines freien Bildungsstaates sollte durch religiöse, sittliche und vaterländische Erziehung einen Geist wecken, „der nachher in das Leben und in die Geschichte des Volks eingreift.“[114] Die Satzung forderte vom einzelnen einen reinen wissenschaftlichen und ritterlichen Bildungseifer und ein „heiliges Streben für den Glauben und das Vaterland“.[115] Der rechtliche und sittliche „Freiheitsadel“, der in der Überzeugung des Studenten feststehen müsse, sollte ihn dazu bewegen, „für das Wahre, Gute und Schöne, für seines Glaubens, Vaterlands und Standes Heil und Heiligtümer alles zu tun und zu wagen.“[116] Oder anders formuliert: Die Liebe zu Gott und Vaterland sollte eine Überzeugung hervorrufen.
Diese Überzeugung diente der Rechtfertigung einer Kritik an den politischen Verhältnissen und forderte die Verwirklichung der „Wahrheit“, d. h. der im Studentenstaat vorgegebenen Prinzipien: Freiheit, Glaube, Gleichheit und Einigkeit in einem deutschen demokratischen Staat, und legitimierte sie als göttlichen Auftrag und sittliche Pflicht.[117]
Die hier formulierte These bestätigt auch Follens einleitendes Motto zum Ehrenspiegel:
„Die Liebe, die uns All’ in Gott verbündet, / [...] Sie gibt das Feuer uns zum kühnen Handeln, / Das Licht, um frei der Wahrheit Bahn zu wandeln.“[118]
Auch die folgende Aussage Follens verweist auf das primäre Ziel der Ausbildung sittlich-religiös vollkommener Menschen, die nach ihrem Gewissen gemäß, d. h. sittlich und rechtlich handeln sollten:
„Wenn in der Weisheit die Einheit alles Wissens, in der Sittlichkeit die Einheit
alles Handelns lebt: so erhält Beides, Wissen und Handeln, seine höchste
lebendige Einheit nur in der reinsten Gottesliebe, welche der Tat nach in der
Vaterlandsliebe sich bewähren muß.“[119]
Der nationale Gedanke erhielt demnach eine religiöse Ideologie, der Dienst für das Vaterland wurde als Gottesdienst definiert. Mit dem Ehrenspiegel wollte man offensichtlich die Studentenschaft durch gezielte Vorgabe von Gesinnungs- und Verhaltensgrundsätzen geistig auf die Verwirklichung politischer Zielsetzungen vorbereiten.[120]
Die geplante Vereinigung der Studentenschaft mit dem neuen Ehrengesetz als Grundlage mußte jedoch scheitern, da die Vertreter der Landsmannschaften auf dem alten Komment beharrten und die Versammlung, in der die Verabschiedung der Statuten erfolgen sollte, verließen. Daraufhin gründeten die etwa 70 übriggebliebenen Anhänger des Ehrenspiegels eine neue studentische Verbindung, die Christlich-teutsche Burschenschaft. Ihr Führer wurde Karl Follen.[121]
Schon bald – im Januar 1817 – kam es erneut zu heftigen Auseinandersetzungen mit den Landsmannschaften, die den Verruf über die Schwarzen erklärten und sie als gefährliche politische Vereinigung beim akademischen Senat anzeigten. Um dem durch ein Disziplinarverfahren drohenden Verweis von der Universität zu entgehen, mußten die Schwarzen ihre verbotene Verbindung auflösen. Der Ehrenspiegel, dessen Bestimmungen in der Folgezeit die Satzungen mehrerer deutscher Burschenschaften beeinflußte, wurde verboten.[122] Seine Anhänger standen fortan unter strenger Kontrolle durch die akademischen Behörden.
3.5. Exkurs: Die Bedeutung des Turnens und seine Funktionalisierung
Es ist eine in der wisschenschaftlichen Literatur umfassend aufgearbeitete Tatsache, daß die frühe Turnbewegung in Deutschland von Beginn an Träger politischer Zielsetzungen gewesen war. Auch die Gießener Schwarzen treten während ihrer Tätigkeit in Gießen als Turner in Erscheinung. Vor diesem Hintergrund soll dargestellt werden, welche Bedeutung die Gruppe dem Turnen beigemessen hat. Neben der Frage warum sie turnten, sollen die Umstände der Rezeption ihrer Lyrik betrachtet werden. Dadurch können auch für die Interpretation wichtige Erkenntnisse über die Rezeption der Lieder gewonnen werden.[123]
3.5.1. Die Schwarzen als Initiatoren des Turnens in Gießen – Erweiterung des Wirkungskreises
Ein im Sommer 1816 von den Schwarzen errichteter Turnplatz in Gießen bot ihnen die Möglichkeit, ihre politischen Ansichten einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen.[124] In einem Brief vom 9. Juli 1816 schreibt der Schwarze Ernst Welcker seinem älteren Bruder Friedrich, man wolle eine Turnschule anlegen und nach Jahnschem Vorbild „durch eine Grundumbildung der Erziehung ein neues Deutschland“[125] bilden. In einem Zeitungsbericht der Wiesbadener Rheinischen Blätter vom 30. Juli 1816 heißt es:
„Es erhebt sich zugleich hier unter den Studierenden eine Turnanstalt, die in
ihrem Entstehen ein schnelles freudiges Wachstum verspricht. Es bedurfte nur
einer kleinen Anregung, dann fasste die Lust und Liebe dazu bei den meisten
Wurzel. Nun zieht schon täglich ein Haufe auf den Turnplatz und übt sich mit wackerem Eifer in allen Turnkünsten [...] “[126]
Daß nicht nur unter den Studierenden, sondern auch unter Schülern und im öffentlichen Leben stehenden Personen offensichtlich ein großes Interesse am Turnen geweckt wurde, bestätigt ein Brief vom Juni 1817:
„Scharenweise ziehen die Leute, besonders die Gymnasiasten, hinaus und sehen
den Turnübungen mit großem Wohlgefallen zu, viele freuen sich schon auf ihre
Studentenzeit, um daran teilzunehmen, andere turnen schon jetzt mit. Auch
manche Professoren [...] sollen sehr für diese ganze Anstalt eingenommen
sein.“[127]
Trotz einiger Sabotageakte der landsmannschaftlichen Verbindungen gegen das Turnen[128] erfreute sich das Turnen in Gießen auch 1818 großer Beliebtheit:
„Sehr tüchtig schaffen wir jetzt jeden Tag an unserem Turnplatz. Von
Darmstadt und anderen Orten haben wir mehrere recht wackere Brüder
bekommen.“[129]
Aus diesen Quellen geht deutlich hervor, daß der Versuch der Schwarzen, sich einen Sympathisantenkreis auch außerhalb der Universität aufzubauen, teilweise erfolgreich gewesen war. Es gelang der Gießener Verbindung in diesen Jahren, viele Studenten, Gymnasiasten, aber auch junge Kaufleute und Handwerker für das Turnen zu begeistern.[130]
3.5.2 Die Funktion des Turnens
Die Aussage Ernst Welckers läßt vermuten, daß das Turnen im Dienste politischer Zielsetzungen gestanden haben könnte.
August Follen erklärt in einem Brief vom 14. Oktober 1818:
„Was ist wichtiger in unserer Zeit als alles das, was zu Nutz und Frommen der
Turnerei geschieht? [...] Vom Turnplatz aus muß sich unser ganzes Staatsleben,
sowie unsere ganze Kunst, kerngesund neu entwickeln [...] .“[131]
Diese Äußerung kommentiert er später in einem Verhör:
„Ich meine, die Erziehung ist in jedem Staate die Basis der Verfassung. Ist die
Erziehung naturgemäß gewesen, so wird sich aus der naturgemäß entwickelten
Eigenthümlichkeit des erwachsenen Menschen die vorzüglichste Verfassung
entwickeln. Nun betrachte ich die Turnkunst als das lebendige Band von
Erziehung und Unterricht, und glaube, daß der jetzigen Erziehung dieses Band
fehlt.“[132]
Das Turnen war demnach ein Mittel zur politischen und moralischen Erziehung bzw. ein Mittel zur körperlichen und geistigen Vorbereitung auf eine fiktive politische Zukunft Deutschlands.
Aus den Erinnerungen von Wit geht hervor, daß diese Reorganisation des Staatslebens vom Turnplatz aus auf verschiedenen Ebenen erfolgen sollte. Neben der körperlichen Ausbildung sollte etwas mittelbar „viel größeres“ erreicht werden:
„Auf dem Turnplatz herrschte unbedingte Gleichheit; [...] und alle verband das
brüderliche Du. Nicht etwa der Älteste oder Vornehmste, nein, nur der
Geschickteste wurde Vorturner – mit einem Worte, die vollkommenste
republikanische Gleichheit fand statt. Zweierlei noch wurde von den Turnern
gefordert, glühende Liebe für’s Vaterland und Reinheit der Sitten.“[133]
[...]
[1] Weber, E.: Lyrik der Befreiungskriege (1812-1815). Gesellschaftspolitische Meinungs- und Willensbildung durch Literatur. Stuttgart 1991.
[2] Gissel, N.: Vom Burschenturnen zur Wissenschaft der Körperkultur. Struktur und Funktion der Leibesübungen an der Universität Gießen 1816-1945. Gießen 1995. S. 51 zum folgenden vgl. ebd. S. 51
[3] Vgl. zu den in diesem Abschnitt genannten Autoren: Krausch, R.: Die Turnbewegung in der Stadt Gießen in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. In: Vereinsnachrichten MTV 1846 Gießen, Heft 3-6 (1963); Krüger, P.: ´Hochverräterische Unternehmungen´ in Studentenschaft und Bürgertum des Vormärz in Oberhessen (bis 1838). In: Mitteilungen des Oberhessischen Geschichtsvereins. Doppelband 49/50. Gießen (1965) S. 73-136; Setter, J.: Kleine Geschichte der Verbindungen in Gießen. Gießen 1983.; Spindler, G.W.: Karl Follen. University of Illinois 1916.;Wüst, J.: Karl Follen. In: Mitteilungen des Oberhessischen Geschichtsvereins. Bd. 35. Gießen (1936) S. 7-139; Pregizer, R.: Die politischen Ideen des Karl Follen. Ein Beitrag zur Geschichte des Radikalismus in Deutschland. In: Beiträge zur Parteigeschichte 4. Hg. v. H. Wahl. Tübingen 1912.; Marx, F.: Die Giessener sog. ´Schwarzen´ als Verbreiter des Turnwesens. In: Jahrbücher der deutschen Turnkunst (1881) S. 106-113; Schmuck, F. (Hg.): Geschichte des Turnes in Gießen. Offizielle Festschrift zum vierzehnten Mittelrheinischen Turnfest in Gießen. Gießen 1883.Im besonderen hier: Haupt, H.: Karl Follen und die Gießener Schwarzen. Beiträge zur Geschichte der politischen Geheimbünde und der Verfassungsentwicklung der alten Burschenschaften in den Jahren 1815/1819. In: Mitteilungen des Oberhessischen Geschichtsvereins NF. Band 15. Gießen (1907) S. 1-156 und im besonderen für Haupt: Haupt, H.: Karl Follen und die Gießener Schwarzen. Beiträge zur Geschichte der politischen Geheimbünde und der Verfassungsentwicklung der alten Burschenschaften in den Jahren 1815/1819. In: Mitteilungen des Oberhessischen Geschichtsvereins NF. Band 15. Gießen (1907) S. 1-156
[4] Gissel (1995), S. 51: „... im Paradigma der marxistischen Geschichtsforschung, die Gießener Gruppe für die sozialistische Tradition zu vereinnahmen.“
[5] „Haupt gelingt es in keiner Weise, seine eigenen politisch-ideologischen Vorstellungen, die als extrem nationalistisch und monarchistisch charakterisiert werden können, zu verbergen.“ (Gissel (1995), S. 52)
[6] folgende Literaturangaben zu den Autoren der letzten beiden Abschnitte: Fittbogen, G.: Die Dichtung der Unbedingten. In: Euphorion 26 (1925) S. 75-100; Fittbogen, G. (Hg.): Briefe aus dem Lager der Unbedingten. In: Euphorion 27 (1926); Schröder, W.: Burschenturnen im Kampf um Einheit und Freiheit. Berlin (Ost) 1967 und Schröder, W.: Politische Ansichten und Aktionen der ´Unbedingten´ in der Burschenschaft. In: Wissenschaftliche Zeitschrift der Friedrich-Schiller-Universität Jena, Gesellschafts- und sprachwissenschaftliche Reihe. Heft 2, Jahrgang 15 (1966) S. 223-246; Rocholz: Die Ergebnisse der Untersuchung in Bezug auf den Bund der Unbedingten oder der Schwarzen und die anderen geheimen politischen Verbindungen in Deutschland bis zur Errichtung der Mainzer Commission. Leibzig 1831.; Wit, J.: Fragmente aus meinem Leben und meiner Zeit. Leipzig 1830.; Münch, F.: Erinnerungen aus Deutschlands trübster Zeit. Dargestellt in den Lebensbildern von Karl Follen, Paul Follen und Friedrich Münch. St. Louis 1873.; Leo, H.: Meine Jugendzeit. Gotha 1880. und Haupt, H. (Hg.): Das Leben und Wirken des Gießener Schwarzen Karl Christian Sartorius 1814-1824. Nach seinen eigenen Aufzeichnungen herausgegeben von H. Haupt/H. Schneider 1931. S. 7-40
[7] Gissel (1995), S. 53 vgl. auch Pregizer (1912), S. 92
[8] Weber (1991), S. 5
[9] Vgl. ebd. S. 37
[10] Weber (1991), S. 7
[11] Düding, D.: Organisierter gesellschaftlicher Nationalismus in Deutschland (1808-1847). Bedeutung und Funktion der Turner- und Sängervereine für die deutsche Nationalbewegung. München 1984.; Werner, H.G.: Geschichte des politischen Gedichts in Deutschland von 1815 bis 1840. Berlin. 1969.; Harzmann, F.: Burschenschaftliche Dichtung. In: Quellen und Darstellungen Band XII. Hg. v. H. Haupt. Heidelberg 1930. und Szepe, H.: Zur Problematik von Karl Follens ´Großem Lied´. In: Monatshefte. A Journal Devoted to the Study of German Language and Literature. Vol. 63 No. 4. (1971) S. 335-340
[12] Vgl. Franz, E.G.: Der Staat der Großherzöge von Hessen und bei Rhein 1806-1918. In: Das Werden Hessens. Hg. v. W. Heinemeyer. Marburg 1986. S. 481 vgl. auch Gissel (1995), S. 55. Durch die mittels des Reichsdeputationshauptschluß 1803 gewonnenen Territorien konnte das starkenburgische Gebiet abgerundet und mit dem Anschluß der Reichsstadt Friedberg die Position in Oberhessen verstärkt werden. Vgl. dazu Demandt, K.E.: Geschichte des Landes Hessen. 2. Auflage Kassel/Basel 1972, S. 561 und Franz (1986), S. 481
[13] Vgl. Demandt (1972), 562ff. Ludwig erhielt abermals mehrere kleine Grafschaften. Zwar konnte dadurch der frühere Zustand verbessert werden, ein einheitliches Staatsgebilde wurde es dadurch jedoch noch immer nicht.
[14] Vgl. Braubach, M.: Von der Französischen Revolution bis zum Wiener Kongreß. In: Gebhard. Handbuch der deutschen Geschichte. Bd. 3. 9. Auflage. Stuttgart 1973. S. 53 und Krüger (1965), S. 81. Der von Napoleon zum Großherzog erhobene Ludwig I. wurde in seiner Souveränität bestätigt. Bereits im Oktober ordnete er die Aufhebung und Auflösung der althessischen Landstände an, die sich schon 1803 vergeblich um die Bestätigung ihrer durch die Neuorganisation gefährdeten Privilegien bemüht hatten. Außerdem hob er die Steuerfreiheit auf (Vgl. Demandt (1972), S. 563). Weitere Maßnahmen im Rahmen der großherzoglichen „Reformen“ waren die Teilbarkeit bäuerlicher Güter und die Beschränkung der Weiderechte (Vgl. Franz (1986), S. 483).
[15] Vgl. Franz (1986), S. 483 und Braubach (1973), S. 52.
[16] Die Hessischen Truppen mußten den Franzosen teilweise unter hohen Verlusten zur Seite stehen. Vgl. Franz (1986), S. 483 und Gissel (1995), S. 55
[17] Wentzke, P.: Geschichte der Deutschen Burschenschaft. Vor- und Frühzeit bis zu den Karlsbader Beschlüssen. In: Quellen und Darstellungen Band VI. Hg. v. H. Haupt. Heidelberg 1919. S. 103 erklärt, daß dieser Anschluß „fast gezwungenermaßen“ zustande kam. Vgl. auch Darstellung von Wentzke (1919), S. 105: Hessen-Darmstadt hatte notgedrungen eine Landwehr und freiwillige Jäger aufgestellt, da die Bündnisverträge mit den siegreichen Monarchen es dazu verpflichteten. Zum Übertritt vgl. auch Demandt (1972), S. 564 und Franz (1986), S.483
[18] Zum Folgenden vgl. Wehler, H.-U.: Deutsche Gesellschaftsgeschichte. München 1987. 324 ff. und Braubach (1973), S. 89 und 92ff.
[19] Vgl. Schieder, T.: Vom Deutschen Bund zum Deutschen Reich. In: Gebhard. Handbuch der deutschen Geschichte. Stuttgart 1975. S. 97ff. und Wehler (1987), S. 324; Braubach (1973), S. 92 erwähnt in seinen Ausführungen zwar die Forderung einiger Kleinstaaten nach Einheit. Die größeren Staaten hatten jedoch durch die politische Situation nun die Möglichkeit, die unter Napoleon gewonnene Souveränität weiter zu festigen und auszubauen. Vor diesem Hintergrund fiel die Forderung nach Einheit gegenüber dem Willen, das einmal Erreichte nicht aufzugeben, offensichtlich stärker ins Gewicht.
[20] Wehler (1987), Bd. 2, S. 323 Vgl. auch Braubach (1973), S. 91: „An eine Restauration des alten Reiches war nicht zu denken.“ Zur territorialen Neuordnung durch den Wiener Kongreß vgl. Braubach S. 90ff. und Wehler (1987), S. 323 Metternich strebte ein gegen die Flügelmächte gesichertes Mitteleuropa unter österreichischer Führung an, die seiner Meinung nach nur durch die Rückkehr der gesellschaftlichen Ordnung des 18. Jahrhunderts erreicht werden konnte (Vgl. Braubach (1973), S. 89). Da er die Großmachtstellung Österreichs zu sichern gedachte, nannte er die Errichtung eines deutschen Nationalstaates eine „Revolution in legislativer Form.“ (Vgl. Wehler (1987), S. 324).
[21] Die vielfältigen Einflußmöglichkeiten seitens der Siegermächte und die Tatsache, daß ein Bundesgericht sowie die für eine konstruktive Politik notwendige Exekutive fehlte, beschränkten die Handlungsmöglichkeiten des Bundes enorm (Vgl. Braubach (1973), S. 93 und Wehler (1987), S. 326). Die Politik des Bundes wurde eindeutig durch die Großmächte Österreich und Preußen bestimmt (Vgl. Demandt (1972), S. 565). Ohne Zweifel war diese Konstruktion der „Vollstrecker der Restaurationsideen“ (Schieder (1975), S. 103).
[22] Nur wenige Fürsten interpretierten diese Verfassungsform als eine Gewaltenteilung anvisierende, auf die Mitwirkung der durch das Wahlrecht zugelassenen Bürger beruhende Konstitution. In den meisten Staaten bestanden nach 1815 jedoch die überkommenen altständischen Verfassungen weiter fort, die aus der Sicht der Fürsten als landständische Verfassungen im Sinne des Artikels 13 aufgefaßt wurden und ihre Souveränität indirekt bestätigten. „Dieser Dualismus zog vor allem die verfassungslosen Staaten in Mitleidenschaft und rechtfertigte in Metternichs Augen ihren rücksichtslosen Verteidigungskampf gegen die Konstitution, das Parlament und eine letztlich revolutionäre Legitimationsbasis.“ (Wehler (1987), S. 333).
[23] Soldan, F.: Geschichte des Großherzogtums Hessen. Gießen 1896. S. 199 Vgl. Braun, H.: Das turnerische und politische Wirken von Alexander Friedrich Ludwig Weidig 1791-1837. Ahrensburg 1977. S. 44 – Hessen war 1815 in drei Provinzen eingeteilt worden: Das linksrheinische Rheinhessen, die rechtsrheinische Provinz Starkenburg mit dem Regierungssitz Darmstadt und das von den anderen beiden Territorien abgetrennte Oberhessen. (Vgl. Franz (1986), S. 485 und Braun (1977), S. 44.). Diese Aufteilung bedeutete zwar eine wesentliche Verbesserung des früheren Zustandes; die Feststellung Krügers (1965), S. 81, daß das Großherzogtum nun einen geschlossenen staatlichen Charakter erhielt, trifft jedoch aufgrund der zu diesem Zeitpunkt noch immer bestehenden Trennung der Gebiete nördlich und südlich des Mains meiner Ansicht nach nicht zu. Vgl. auch Demandt (1972), S. 564ff.
[24] So zum Beispiel in Bayern, Würtemberg, Baden, Nassau (1814), Waldeck (1815) und in Sachsen-Weimar (1816) (Vgl. Wehler (1987), 329ff.; Krausch (1963), (ohne Seitenangabe) und Schieder (1975), S. 103ff.). Außerdem entwarf die hessische Regierung keinerlei Verfassungspläne für die Zeit nach einer möglichen Sondierung der sozialen und wirtschaftlichen Struktur des Landes. Im Gegenteil: Die Ignoranz gegenüber der Verarmung des Landes und der Bevölkerung veranlaßte sogar die Angehörigen des standesherrlichen Adels dazu, den Großherzog zur Einberufung einer Ständeversammlung zu drängen. „Die seit 1806 ohne ständische Kontrolle regierende Bürokratie habe es verlernt, ihre Ausgabenpolitik an den Bedürfnissen und Möglichkeiten des Landes zu orientieren“, bemerkte Fürst Wilhelm von Solms-Braunfels im Februar 1816 (Zitiert nach Franz (1986), S. 485).
[25] Vgl. Demandt (1972), S. 565 und Franz (1986), S. 484. Zur Vorgeschichte der Entstehung dieser Verfassung vgl. Franz (1986), S. 485
[26] Braubach (1973), S. 55
[27] Ebd. S. 55
[28] Zum Folgenden vgl. ebd. S. 55ff. Frankreich hatte das Beispiel des nationalen Zusammenschlusses gegeben und gleichzeitig Freiheit und Gleichheit der Völker postuliert. Diese von Schiller und Kant aufgenommenen Ideen war man angesichts der „Despotenherrschaft“ gewillt zu verwirklichen; die Erhebung des spanischen Volkes gegen Napoleons Unterwerfungsversuch mußte großen Eindruck auf diejenigen Deutschen gemacht haben, die mit der Situation unzufrieden gewesen waren.
[29] Ebd. S. 55ff.
[30] Braubach (1973), S. 56. vgl. Schon zuvor wurde Humbold angesichts der Not und Demütigung des Vaterlandes „zum Vorkämpfer der Erziehung der Menschen zu nationaler Gemeinschaft.“ (ebd. S. 56)
[31] Ebd. S. 56
[32] Ebd. S. 57. Auch in den Werken Kleists findet sich immer wieder ein elementarer Haß gegen die französischen Besatzer, der die geistige Haltung vieler Rezipienten beeinflußt haben dürfte.
[33] Vgl. Huber, E.R.: Deutsche Verfassungsgeschichte seit 1789. Berlin/Köln/Mainz 1967. S. 699 und Braubach (1973), S. 57ff. Als Begründung und Legitimation seines national-patriotischen Gedankens, diente Arndt die christliche Lehre.(Vgl. Wüst (1936), S. 38)
[34] Zur Meinungs und Willensbildenden Funktion der Lyrik der Befreiungskriege vgl. vor allem die Untersuchung von Weber „Lyrik der Befreiungskriege“ vgl Anmerkung 1
[35] Vgl. Huber (1967), S. 706ff. Der Tugendbund wurde von den preußischen Reformern Scharnhorst und Stein unterstützt.
[36] Huber (1967), S. 702
[37] Vgl. Huber (1967), S. 706ff. und Mannsdorf, I.D.F.: Aktenmäßiger Bericht über den Deutschen Bund und das Turnwesen nebst einleitenden Bemerkungen über die früheren geheimen Verbindungen. In: Geschichte der geheimen Verbindungen der neusten Zeit. Leipzig 1831. S. 165ff. Jahn hatte schon hier den Grundgedanken der Burschenschaft gelegt.
[38] Vgl. Huber (1967), S. 703 Vgl. dagegen Mannsdorf (1831), S. 181: Seiner Meinung nach hatte der Bund angeblich keinen bestimmten politischer Zweck.
[39] Gissel (1995), S. 56 spricht sogar vom Aufbau eines nationalistisch-politischen Bewußtseins, indem Welcker unter anderem mit seinen Schülern politische Schriften von Schiller, Arndt und Jahn las und diskutierte. Vgl. dazu auch Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907), S. 6; Braun (1977), S. 33 und Schröder: Politische Ansichten (1966), S. 223; Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907), S. 21 erklärt, die Rezeption politischer Schriften diente als Mittel zur „Stärkung des vaterländischen Geistes.“ Zur Bewunderung, die Karl Follen Friedrich Schiller entgegenbrachte vgl. Wüst (1936), S. 123ff.
[40] Haupt: Follen und die Gießener Schwarzen (1907), S. 25
[41] Vgl. ebd. S. 110 und Haupt: Sartorius (1931), S. 8. Ähnlich wie Welcker trug der Rektor des Darmstädter Gymnasiums Zimmermann bei einem anderen Mitglied der späteren Unbedingten, Karl Christian Sartorius, zur Stärkung des deutsch - vaterländischen Sinnes bei. Auch Sartorius schrieb einen ähnlichen Aufsatz wie sein späterer Freund und Gesinnungsgenosse Karl Follen (Vgl. Haupt: Sartorius (1931), S. 7)
[42] Vgl. Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907), S. 25
[43] Bereits 1807 waren die Antipathien zwischen Studenten und der französischen Garnison groß vgl. Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907), S.109 Vgl. auch Gissel (1995), S. 55, dessen Darstellung der politischen und geistigen Situation die Voraussetzungen für die Entwicklung der Gießener Bewegung jedoch nur ansatzweise erkennen läßt.
[44] Zu den Deutschen Gesellschaften allgemein vgl. Meinecke, Fr.: Die Deutschen Gesellschaften un der Hoffmansche Bund. Stuttgart 1891. S. 8ff., Huber (1967), S. 703 und Meinecke, Fr.: Zur Geschichte des Hoffmannschen Bundes. In Haupt, H.: Quellen und Darstellungen zur Geschichte der Burschenschaft und der deutschen Einheitsbewegung. Band I. Heidelberg 1910. S. 5) Arndts Idee von der Bildung dieser Gesellschaften dürfte auf den Einfluß des Staatsrats Körner aus Dresden zurückzuführen sein. Er forderte Arndt dazu auf, „den auf das Volkstum bezogenen Gedanken der deutschen Einheit in einer Schrift zu fördern.“ (Haupt: Quellen und Darstellungen Band 2 (1911), S. 114ff. Vgl. auch Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907), S. 6, Wüst (1936), S. 14 und Braun (1977), S. 23
[45] Vgl. Braun (1977), S. 23 Der Zweck dieser Vereinigung sollte in erster Hinsicht moralisch, in zweiter Linie jedoch auch politisch sein: die Wirksamkeit war „auf den Geist und das Gemüth und das innere Leben gerichtet.“ Ohne den Geist sei jede Form, d.h. ein staatliche Konstruktion, tot.
[46] Vgl. Gissel (1995), S. 57; Braun (1977), S. 24; Krüger (1965), S. 76; Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907), S. 6 und Mannsdorf (1831), S. 167
[47] Vgl. Braubach (1973), S. 95ff.
[48] Zum Hoffmannschen Bund vgl. vor allem Meine>
[49] Vgl. Wit (1830) S. 22ff.
[50] Um dieses Ziel zu erreichen, knüpfte man sogar zunächst vielversprechende Kontakte zu preußischen Regierungsbeamten, die den Bund inoffiziell unterstützten (Vgl. Meine>
[51] Vgl. Meine>
[52] Vgl. Mannsdorf (1831), S. 170 und Braun (1977), S. 28
[53] Vgl. Meine>
[54] Dies geht aus dem Untersuchungsbericht der Mainzer Untersuchungskommission hervor: „Es wurden Statuten entworfen und unterm 17. November 1814 deren Existenz durch A. Follenius, welcher nebst seinem Bruder C. Follenius bei der Errichtung besonders thätig erscheint, dem akademischen Senat angezeigt.“ (Rocholz (1831), S. 3). – Zählte der Verein bei seiner Gründung etwa 70 Mitglieder, zu denen auch einige Nichtstudierende Einwohner Gießens gehörten (Vgl. Rocholz (1831), S. 3, so scheint sich ihm „im Laufe des Semesters der größte Teil der Gießener Studentenschaft angeschlossen zu haben [...].“ (Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907), S.8).
[55] Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907) S. 7ff. Vgl. dazu auch Rocholz (1831), S. 3; Marx (1881), S. 24 und Gissel (1995), S. 58
[56] Vgl. Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907) S. 8
[57] Vgl. Braun (1977), S. 27
[58] Vgl. Setter (1983), S. 30 und Wüst (1936), S. 14
[59] Follen, K.: Beiträge zur Geschichte der teutschen Sammtschulen seit dem Freiheitskriege 1813. O.O. 1818. S. 9
[60] Vgl. Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907) S. 26. Vgl. auch Setter (1983), S. 30 und Wüst (1936), S.15. Gissel (1995), S. 57ff. erklärt, das Ziel dieser Vereinigungen sei es gewesen, „die zahlreichen, bislang meist unpolitischen Studentenverbindungen an den Universitäten unter einer einheitlichen Organisationsform zusammenzuschließen und gleichzeitig die tradierten Gebräuche zu reformieren.“. Vgl. auch Haupt: Ehrenspiegel (1911), S. 202: Die Bestrebungen der Verbindung seien der erste auf den deutschen Hochschulen unternommene Versuch gewesen , „den burschenschaftlichen Gedanken der Einigung der gesamten Studentenschaft auf der Grundlage vaterländischer Gesinnung in die Wirklichkeit umzusetzen.“
[61] Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907), S. 8
[62] Vgl. Gissel (1995), S. 59 Vgl. auch die Diffamierung der Landsmannschaften und ihrer Ansichten durch Karl Follen bei Karl Follen: Beiträge (1818), S. 8. Zur Geschichte landsmannschaftlichen Verbindungen vgl. Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907), S. 1ff. und Setter (1983), S. 15ff.
[63] Vgl. Gissel (1995), S. 59; Setter (1983), S. 31 und Wüst (1936), S. 17
[64] Vgl. Setter (1983), S. 32
[65] Vgl. Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907), S. 9ff. Ihre Bundesfarben waren Schwarz, Blau und Rot und bedeuteten Liebe und Treue bis in den Tod. Vgl. auch Haupt: Sartorius (1931), S. 15 und Setter (1983), S. 31
[66] Auch er sollte wie Buri und die Brüder Follen später den Unbedingten angehören. Vgl. Rocholz (1831), S.3ff.; Haupt, H.: Quellen und Darstellungen zur Geschichte der Burschenschaft und der deutschen Einheitsbewegung. Band XIII. Heidelberg 1931. S. 179 und Gissel (1995), S. 59
[67] Vgl. Gissel (1995), S. 60 zur Bedeutung der Tracht vgl. Kapitel 4.1.
[68] Haupt: Sartorius (1931), S. 14
[69] Vgl. Haupt: Sartorius (1931), S. 14ff. Sartorius erwähnt hier den Einfluß der ehemaligen Mitglieder des Tugendbundes. Zum Tugendbund vgl. Huber (1967), S. 702
[70] Vgl. Krüger (1965), S. 39. Gissel (1995), S.58 vermutet, daß sich bereits die Lesegesellschaft für dieses Ziel eingesetzt hatte. – Offensichtlich hatte der Butzbacher Pfarrer Weidigs einen nicht geringen Einfluß auf die Entwicklung der Ideologie der Verbindungsmitglieder: „Schulz und Konrektor Weidig ließen sich recht willig finden, manchen guten Rath zu ertheilen, und so ist das Ganze bis hierher recht gut gediehen.“ (Zitiert nach Braun (1977), S. 34). Daß sich die Germania das oben genannte Ziel gesteckt hatte, vermutet auch Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907), S. 40. Haupt vertritt die These, daß der Aufbau der Germania gezielt von Snell und Hoffmann gesteuert worden sei, um ihren Einflußkreis auf die Universität zu erweitern. (Vgl. Haupt: Snell (1932), S. 174ff.) Auch Brandt (1979), S. 17 sieht die Germania als Filiale des Hoffmannschen Bundes. – Sartorius führt „die Trennung von den übrigen Studenten und die beständige Verfeindung“ als Grund für das Zusammentreten zu einer förmlichen Verbindung an (Rocholz (1831), S. 3ff.).
[71] Vgl. Rocholz (1831), S.4 und Haupt: Sartorius (1931), S. 15
[72] Haupt: Sartorius (1931), S. 15
[73] Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907), S. 26
[74] Vgl. ebd. S. 10: „Erst nachdem wir mit dem Ganzen im Reinen zu sein glaubten, dachten wir daran, das Studentsein bei der Sache nicht ganz vergessen zu dürfen.“ zitiert Haupt die Aussage eines der Mitglieder bei der Gründung der Verbindung. – Wie bei der Lesegesellschaft partizipierten auch im bürgerlichen Leben tätige Männer, Politiker und Gelehrte an den Aktivitäten des Vereins (Vgl. Wentzke (1919), S. 132).
[75] Haupt: Sartorius (1831), S. 15
[76] Haupt: Sartorius (1931), S. 15
[77] Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907), S. 11 Vgl. auch Gissel (1995), S. 60
[78] Vgl. Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907), S. 11; Setter (1983), S. 32 und Gissel (1995), S. 60
[79] Haupt: Sartorius (1931), S. 17
[80] Snell betonte gegenüber Sartorius die „Notwendigkeit des Zusammenhaltens der besseren, damit nicht alle Früchte des Freiheitskampfes zugrunde gingen, des Wirkens für die Idee einer Einheit Deutschlands im Gegensatz zu den dynastischen Bestrebungen der Fürsten, die ihrem Sonderinteresse alle Rechte des Volkes aufopfern würden.“ (Haupt: Sartorius (1931), S. 17).
[81] Vgl. auch Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907), S.115; Treitschke, H. v.: Deutsche Geschichte im Neunzehnten Jahrhundert. Zweiter Teil bis zu den Karlsbader Beschlüssen. In: Staatsgeschichte der neuesten Zeit. Band 25. Verlag G. Hirzel: Leipzig 1882. S. 437 und Wüst (1936), S. 39
[82] Vgl. Haupt: Sartorius (1931), S. 16ff.; Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907), S. 115 und Treitschke (1882), S. 437
[83] Zur Klärung des Widerspruchs, daß sich Sartorius und Follen, obwohl sie beide Mitglieder der Lesegesellschaft gewesen waren, bis zu diesem Zeitpunkt nicht gekannt hatten vgl. Gissel (1995), S. 60 ff. Wenn Karl Follen die Führung der Lesegesellschaft während der Streitigkeiten übernommen hätte, wie Rocholz (1831), S. 3 bemerkt, dann hätten sich beide kennen müssen. Diese Vermutung steht jedoch im Widerspruch zu den eigenen Angaben von Sartorius, nach denen er Karl Follen erst nach der Gründung der Germania kennengelernt hatte (Vgl. Haupt: Sartorius (1931) S. 17).
[84] Gissel (1995), S. 61
[85] Vgl. ebd. S. 60 und Schröder: Politische Ansichten (1966), S. 224
[86] Rocholz (1831), S. 4ff. Vgl. dazu Haupt 1907, S.12 und Gissel S. 60ff. Vgl. auch die Anmerkung Gissels (1995), S. 61, Anm. 31: „Haupt hat diesen Text bei seiner Transkription z. T. erheblich verfälscht!“ – Nur nach sorgsamer Prüfung und nach der Verpflichtung zur Geheimhaltung und der Verfolgung gemeinsamer Ziele in beständiger Übereinstimmung mit den Statuten und dem Geiste des Vereins erfolgte die Aufnahme der Mitglieder. Diese mußten sich dazu verpflichten, „einen christlich deutschen Wandel in sich und im Verein immer mehr zu festigen, keinem allgemeinem Aufgebote des Vaterlandes sich ohne genügenden Grund zu entziehen, geistig und leiblich sich für dasselbe auszubilden, und in Sitte, Sprache, Tracht und Geberde alles Unsittliche und Undeutsche sorgsam zu vermeiden.“ (Rocholz (1831), S. 5) Innerhalb der Verbindung fiel alle Stammesverschiedenheit weg. Als Christ, als Deutscher und als Student dürfe der Aufzunehemende keinen Schandfleck an sich haben. (vgl. Haupt: Quellen und Darstellung Band XIII (1937), S. 181 und Wüst (1936), S. 22)
[87] Gissel (1995), S. 61
[88] Vgl. Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907), S. 17
[89] Vgl. ebd. S.15ff. Zu den religiösen Aktivitäten sollen nach Haupt auch gemeinsame Kirchgänge und Abendmahlsfeiern gehört haben. Dieser Darstellung widerspricht jedoch das Gutachten E.T.A. Hoffmanns, nachdem die Durchführung der Abendmahlsfeiern zwar geplant, jedoch offenbar aufgrund der Gefahr, dadurch zu viel Aufsehen zu erregen, nicht realisiert wurde. (Vgl. Hoffmann in Schnapp, F.: E.T.A. Hoffmann. Juristische Arbeiten. München 1973. S. 157)
[90] Es kam zu erneuten Auseinandersetzungen mit den Landsmannschaften, die eine gerichtliche Untersuchung der Universitätsbehörden auslöste. Die Auflösung erfolgte, um den verhängten Strafen zu entgehen. Zu den Auseinandersetzungen und Duellen vgl. Münch (1873), S. 8. Nach Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907), S. 13 waren die Schwarzen ihren Gegnern im Fechten weit überlegen und konnten die meisten der in der Nähe von Wetzlar ausgetragenen Duelle für sich entscheiden. Die hier angesprochene Überlegenheit belegt, daß die körperliche Ertüchtigung in Form von Fechtübungen und „Trainingskämpfen“ neben der geistigen offensichtlich ein wichtiger Bestandteil der Aktivitäten des Vereins gewesen ist.
[91] Vgl. Rocholz (1831), S. 5ff., Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907), S. 13 und Münch (1873), S. 8
[92] Gissel (1995), S. 63
[93] Schröder: Politische Ansichten (1966), S. 225
[94] Vgl. Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907), S. 15 und Haupt: Sartorius (1931), S. 18
[95] Denn das „Heil“ Deutschlands wurde nicht mehr von den Fürsten, sondern vom Volk selbst erwartet (Vgl. Haupt, H.: Karl Follen. In: Hundert Jahre Deutsche Burschenschaft. Hg. v. H. Haupt u. P. Wentzke. Heidelberg 1921. S. 27).
[96] Vgl. Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907), S. 15 Die Statuten und auch die Aktivitäten lassen den Einfluß der Arndtschen Ideologie erkennen, denn die Betonung der Vaterländischen Gesinnung, gepaart mit einer ernsthaften Frömmigkeit und sittlicher Erziehung entsprach den Forderungen Arndts und Jahns (Vgl. ebd. S.14) . Zum Einfluß der Grundsätze der Deutschen Gesellschaften auf die Verbindung vgl. Schröder: Politische Ansichten (1966), S. 225; Krüger (1965), S. 77; Braun (1977), S. 41 und Setter (1983), S. 34
[97] Wentzke (1919), S. 133
[98] Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907), S.17ff.
[99] Vgl. ebd. S. 17ff. und Spindler (1916), S. 29: „He [Welcker Anm. d. Verf.] demanded constitutional government and declared, that the social structure of Europe rested upon the estates, that the mysticla idea of the princely power baneful in ist effects, and that a neglect of duty on the part of the rulers would turn the nation toward republicanism.“ Es ist offensichtlich, daß Welckers „discussion of religion, moralty, education, and public opinion were similar in their tendency to Fichte’s Adresses and made a deep impression upon the members of Follen’ s circle.“
[100] Setter (1983), S. 33
[101] Von einer radikalen politischen Zielsetzung sprechen Rocholz (1831), S. 13; Gissel (1995), S. 62, Anm. 34, und Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907), S. 115. Sartorius spricht von „demokratischen Neuerungen“ (Haupt: Sartorius (1931) S. 18)
[102] Vgl. Braun (1977), S. 41 vgl. auch Wüst (1936), S. 21
[103] Vgl. Haupt S. 27ff. und Rocholz (1831), S. 7 zur Einflußnahme vgl. Haupt: Sartorius (1931) S. 18: „Unser nächstes und Hauptaugenmerk war auf eine Umgestaltung des Studentenlebens gerichtet.“
[104] Zum Folgenden vgl. insbesondere die Bestimmungen der Ehrenspiegels in Follens: Beiträge (1818), S. 62ff.! Laut Sartorius (Haupt: Sartorius (1931), S. 18) waren zur Förderung des geselligen Wetteifers „wissenschaftliche Vorlesungen angeordnet, in welchen von Studierenden populäre Vorträge [...] gehalten werden sollten, Versammlungen für Körperbildung (Turnen, Exerzieren, Scheibenschießen), Versammlungen des Vergnügens bei Wein, Bier und Gesang, Kommerse usw.“ Zur Interpretation des Ehrenspiegels vgl. Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907), S. 69ff. und Haupt: Ehrenspiegel (1911), S. 203-214 vgl. auch Schröder: Politische Ansichten (1966), 225ff.; Gissel (1995), 63ff. und Rocholz (1831), 7ff.
[105] Vgl. Haupt: Sartorius (1931) S. 18
[106] Vgl. Follen: Beiträge (1818), S. 67 Art. 1
[107] Rocholz (1831), S. 7 Die Leitsätze des Ehrenspiegels stimmten vielfach mit denen des Bildungsvereins überein.
[108] Haupt: Sartorius (1931), S. 18. Zum Gedanken der Zusammenfassung der Studentenschaft zu einer christlichen Burschenschaft vgl. Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907) S. 29 und 68
[109] Haupt: Sartorius (1931), S. 18 vgl. Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907) S. 29 und 68
[110] ebd. S. 18
[111] Zitiert nach Haupt: Ehrenspiegel (1911), S.203ff. Vgl. auch Rocholz (1831), S. 8
[112] Follen: Beiträge (1818) S. 9 und 19
[113] Wobei diese Grundsätze sehr wahrscheinlich weniger vor dem Hintergrund der Französischen Revolution formuliert wurden, wie Wentzke (1919), S. 135 vermutet sondern vielmehr aus der Lehre des Christentums abgeleitet wurden. Dies soll in Kapitel 5. 4. noch verdeutlicht werden. E.T.A. Hoffmann berichtet über die Staatspolitische Dimension dieses studentischen Verfassungswerkes: „Diesen Grundsätzen, die schon nach ihrem Inhalt sich auf mehr als auf bloße Studenten Wesen beziehen mußten, gaben dann die Glieder des Ehrenspiegels eine tiefere Deutung (...) Deutschland sei ihr gemeinsames Vaterland du müsse wieder zu einem Staate vereinigt werden. Jeder der künftig ein Staatsamt erhalten wolle, müsse kräftig dahin wirken. Im CollisionsFall zsichen Deutschland und dem PartikularVaterlande stehe letzeres nach und was dessen Regent gegen Moral und Ueberzeugung verlange, müsse unterlassen werden.“ (Hoffmann in Schnapp 1973, S. 161) vgl. Gissel (1995), S. 76 Anm. 2
[114] Follen: Beiträge (1818) S. 62 Vgl. auch Rocholz (1831), S. 7. Wüst (1936), S. 22 erklärt, daß durch die Bestimmungen des Ehrenspiegels dem neuen Geist der Religiosität, Sittlichkeit und Vaterlandsliebe zum Sieg verholfen werden sollte
[115] Nur in Kirche und Staat allein könne „der Deutsche seine sittliche Freiheits-Bestimmung vollenden“.(Follen: Beiträge (1818), S. 19).
[116] Follen: Beiträge (1818), S. 63. Die „freie Selbstachtung“ galt als Bedingung für das innere Wohl einer Persönlichkeit (Vgl. Schröder: Politische Ansichten (1966), S. 226)
[117] Vgl. Wüst S. 29ff.
[118] Follen: Beiträge (1818), S. 57
[119] ebd. S. 20ff. Vgl. auch S. 63
[120] Diese Zielsetzung war sehr wahrscheinlich die Durchsetzung demokratischer Verfassungen in den deutschen Einzelstaaten. Vgl. auch Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907), S. 32 und Haupt: Karl Follen (1921), S. 27
[121] Zum Ablauf der Ereignisse in der Studentenversammlung vgl. besonders Münch (1873), S. 8. Follen leitete die Gründerversammlung der Burschenschaft. Vgl. Follen: Works I. (1842), S. 35ff.
[122] Vgl. Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907), S. 29-35; Follen: Beiträge (1818), S.32ff.; Rocholz (1831), S. 8ff.; Haupt: Sartorius (1931), S. 18 und Schröder: Politische Ansichten (1966), S. 226. Zu den Auflagen der Behörden vgl. Follen: Beiträge (1818), S.43ff. und Rocholz (1831), S. 9ff. Haupt konnte nachweisen, daß die Satzung des Ehrenspiegels in der Folgezeit die Organisationsstruktur und Mentalität des deutschen Verbindungswesens erheblich beeinflußte: Die vom Ehrenspiegel „geforderte Regelung des Duellwesens durch Ehrengerichte, die Anerkennung der unbedingten Gleichberechtigung aller Mitglieder, die bestimmte Ausprägung des christlich-germanischen Charakters der Burschenschaft unter Ausschluß der Juden und Ausländer, endlich die Durchführung einer strengen sittlichen Zucht drangen in den meisten Hochschulen trotz des heftigen Widerstandes der konservativen Elemente im Kreis der Burschenschaft siegreich durch.“ (Haupt: Ehrenspiegel (1911), S. 204) Vgl. dazu auch Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907), S. 32, S. 60ff. und bes. S. 80ff. (Einfluß auf Verfassungen in Jena, Heidelberg und Leipzig!) sowie Wüst (1936), S. 31 und Gissel (1995), S. 64
[123] Die Entstehung und Entwicklung der Jahnschen Turnbewegung kann hier nicht in aller Ausführlichkeit besprochen werden. Vgl. dazu die Artikel von: Neumann, H.: Leibesübungen im Dienste nationaler Bestrebungen: Jahn und die Deutsche Turnbewegung. Und Stump, W.: Deutschland und Europa in der Epoche des Umbruchs: Vom Ancien Regime zur bürgerlichen Revolution und nationalen Demokratie – Friedrich Ludwig Jahn in seiner Zeit. Beides in: Überhorst (Hg.): Geschichte der Leibesübungen. Berlin 1980.
[124] Die Leitung übernahmen Karl Follen und Christian Sartorius. Initiator des Turnens in Hessen waren jedoch nicht die Schwarzen, sondern der Butzbacher Pfarrer Weidig, der bereits 1814 in Butzbach einen Turnplatz eröffnet hatte. Da er mit den Schwarzen in Verbindung stand, ist nicht auszuschließen, daß die Gründung des Turnplatzes in Gießen möglicherweise auf seinen Einfluß zurückgehen könnte.
[125] Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907), S. 18
[126] Marx (1881), S. 67 Vgl. auch Schmuck (1883), S. 5. Zunächst wurden die Turnübungen im Garten einer Gastwirtschaft durchgeführt. Ein Gesuch der Schwarzen vom August 1816 an den Rektor der Universität, Gelände für ihre Turnübungen zur Verfügung gestellt zu bekommen, wurde abgelehnt. (Vgl. Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907), S. 18ff.) Daraufhin wandte man sich an die Stadtverwaltung, die den Turnern Erlaubnis erteilte, das Gelände „am Trieb“ offiziell für ihre Übungen nutzen zu dürfen. Gissel weist darauf hin, daß die Gießener Schwarzen innerhalb „der Bevölkerung und bei den städtischen Behörden einige Sympathien besaßen.“ (Gissel (1995), S. 104)
[127] Zitiert nach Haupt: Follen und Gießener Schwarzen (1907), S. 19
[128] Vgl. Marx (1881), S. 68
[129] Zitiert nach Braun (1977), S. 37
[130] Vgl. Schröder: Politische Ansichten (1966), S. 225 und Schmuck (1883), S. 4
[131] Fittbogen: Briefe (1926), S. 368
[132] Rocholz (1831), S. 66
[133] Wit (1830), S. 164
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