Büchner, einer der politisch radikalsten Schriftsteller des Vormärz, lässt „die abgelebte moderne Gesellschaft zum Teufel“ gehen und fordert „die Bildung eines neuen geistigen Lebens im Volk“ (II, 440). Seine Kritik richtet sich „gegen die, welche verachten“ (II, 379). Büchners deterministische Grundhaltung, der Mensch sei das Produkt seiner sozialen Umstände, bewegt ihn zu einer schonungslosen Beurteilung der politisch-ökonomischen Lage Deutschlands und der sozialen Missstände, die er als Ursache für das Leid der Menschen sieht.
Büchners kritische Bekundungen finden ihren Ausgangspunkt nicht in der rein theoretischen Auseinandersetzung mit einem Gegenstand, sondern in praktischer Lebensanschauung. Dabei bemüht sich der revolutionäre Dichter um Wahrheit und Wirklichkeitstreue und empfindet Mitleid für das „Leben des Geringsten“ (I, 234). Seine Literatur ist das Resultat einer intensiven Auseinandersetzung mit der Gesellschaft seiner Zeit, die er mit der „Autopsie, die aus allem spricht“ (II, 441) und ohne Rücksicht auf bürgerliche Moral und herrschaftliche Macht kritisiert.
Die vorliegende Arbeit möchte aufzeigen, wie gerade Büchners kritische Grundhaltung die sein, wenn auch kurzes, Leben durchzieht konstitutiv für das literarische Schreiben wurde. Zu erarbeiten ist, inwiefern die verschiedenen kritischen Diskurse, die Büchner beschäftigen sich in Inhalt und Aufbau seines literarischen Werks manifestieren.
Im folgenden Kapitel werden zunächst die wichtigsten Forschungspositionen resümiert und besonders divergierende Meinungen gegenübergestellt.
Die weitere Arbeit gliedert sich in zwei inhaltliche Schwerpunkte. Kapitel 3 befasst sich in einem ersten Schritt mit den gesellschaftlichen, historischen sowie persönlichen Voraussetzungen, die an der Entwicklung einer kritischen Grundhaltung mitgewirkt haben. In einem zweiten Schritt werden die kritische Positionen Büchners zu den einzelnen Gesellschaftsbereichen - gesondert vom literarischen Werk - erarbeitet. Grundlage der Untersuchung bilden die theoretischen Schriften Büchners, zu denen das Briefwerk, die Schulschriften, die naturwissenschaftlichen und philosophischen Schriften sowie die revolutionäre Flugschrift „Der Hessische Landbote“ gezählt werden. Im Anschluss erfolgt die Analyse des Werkkomplexes, um zu zeigen, inwiefern Büchners Gesellschaftskritik als Konstituente wirkte.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung in die Thematik
- Überblick über die Forschungslage
- Probleme der Büchner-Philologie
- Tendenzen der Rezeptions- und Wirkungsgeschichte
- Forschungsperspektiven
- Anmerkungen zum Briefwerk
- Der zeitgeschichtliche Hintergrund im Spiegel persönlicher Erfahrungen
- Die politische Lage des Vormärz
- Bedeutung des Elternhauses für Büchners Entwicklung
- Schul- und Studienzeit: Entfaltung des kritischen Bewusstseins
- Büchners als Gesellschaftskritiker
- Kennzeichen und Methodik der Büchnerschen Kritik
- ,,Die politischen Verhältnisse könnten mich rasend machen“.
- Aufruf zur Revolution - Der Hessische Landbote
- Entstehungshintergrund
- Sozialkritische Inhalte
- Einsicht in den Fatalismus der Geschichte
- Kritik an der „jungdeutschen“ Bewegung
- Aufruf zur Revolution - Der Hessische Landbote
- Kritische Betrachtung der Religion
- „Ich werfe mich mit aller Gewalt in die Philosophie"
- Determinismus und Materialismus
- Kritik am teleologischen Standpunkt
- Frage der Theodizee
- ,, Was noch die sogenannten Idealdichter anbetrifft...“.
- Manifestation der Kritik im Werk
- Kritik als Werkkonstituente
- Dantons Tod
- Entstehung und Hintergründe
- Ästhetik des Dramas
- Politisch-sozialer Diskurs
- Philosophischer Diskurs
- Hedonismus versus Altruismus
- Der,,Fluch des Muß“.
- Analogien zwischen Autor und Figur
- Die Erzählung „,Lenz“
- Entstehungshintergrund
- Gesellschaftskritische Aspekte
- ,,der Wahnsinn packte ihn“.
- ,,Leiden sei mein Gottesdienst"
- ,,Ich verlange in allem Leben..."
- Leonce und Lena
- Entstehung
- Parodie der feudalen und bürgerlichen Gesellschaft
- ,,nichts als Pappendeckel und Uhrfedern!“
- ,,O wer sich einmal auf den Kopf sehen könnte!“.
- ,,ein entsetzlicher Müßiggang"
- Woyzeck
- Büchners Umsetzung der historischen Stoffvorlage
- Menschliche Natur versus Tugend des Bürgers
- Determination versus Selbstbestimmung
- Gegenüberstellung zum idealistischen Drama
- Schlusswort
- Literaturverzeichnis
- Quellen
- Forschung
- Nachschlagwerke
- Internetquellen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit der Gesellschaftskritik Georg Büchners und deren Bedeutung für sein literarisches Schaffen. Ziel ist es, die kritische Grundhaltung Büchners als konstitutives Element seines Werkes aufzuzeigen und zu analysieren, wie sich seine verschiedenen kritischen Diskurse in Inhalt und Aufbau seiner literarischen Werke manifestieren.
- Die politische und soziale Lage des Vormärz als Ausgangspunkt für Büchners Kritik
- Büchners deterministische Grundhaltung und seine Kritik an der Gesellschaft
- Die Rolle der Religion und Philosophie in Büchners Gesellschaftskritik
- Die Manifestation der Kritik in Büchners Werken, insbesondere in „Dantons Tod“, „Lenz“, „Leonce und Lena“ und „Woyzeck“
- Die Verbindung zwischen Büchners persönlicher Lebensgeschichte und seiner literarischen Kritik
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Hausarbeit ein und stellt die zentrale These vor: Büchners Gesellschaftskritik ist ein konstitutives Element seines literarischen Schaffens.
Kapitel 2 bietet einen Überblick über die Forschungslage zu Georg Büchner und beleuchtet die Herausforderungen der Büchner-Philologie, die sich aus der Textüberlieferung und der Vielschichtigkeit seiner Werke ergeben.
Kapitel 3 untersucht den zeitgeschichtlichen Hintergrund von Büchners Kritik. Es werden die politische Lage des Vormärz, die Bedeutung des Elternhauses für Büchners Entwicklung und seine Erfahrungen während der Schul- und Studienzeit beleuchtet, die maßgeblich zur Entwicklung seiner kritischen Grundhaltung beigetragen haben.
Kapitel 4 analysiert die kritischen Positionen Büchners zu den einzelnen Gesellschaftsbereichen. Es werden seine Kritik an der politischen und sozialen Lage, seine Auseinandersetzung mit der Religion und seine philosophischen Ansichten, insbesondere der Determinismus und Materialismus, untersucht.
Kapitel 5 widmet sich der Manifestation der Kritik in Büchners Werken. Es werden die Dramen „Dantons Tod“, „Leonce und Lena“ und „Woyzeck“ sowie die Erzählung „Lenz“ analysiert, um aufzuzeigen, wie Büchners Gesellschaftskritik in den Inhalt und die Form seiner Werke eingegangen ist.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen Georg Büchner, Gesellschaftskritik, Vormärz, Determinismus, Materialismus, Literatur, Drama, „Dantons Tod“, „Lenz“, „Leonce und Lena“, „Woyzeck“, politische und soziale Missstände, Religion, Philosophie, Werkbiographie.
- Quote paper
- Martina Esterhaus (Author), 2009, Georg Büchners Gesellschaftskritik als werkbiographische Konstituente , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/128503