Im Theorieteil der folgenden Arbeit wird der Begriff depressive Störung zunächst näher erläutert. Mithilfe von Grafiken werden verschiedene Daten wie Prävalenzzahlen, Arbeitsunfähigkeitstage und Todesfälle aufgrund von depressiven Störungen veranschaulicht. Es werden Geschlechterunterschiede zwischen Frauen und Männern unter die Lupe genommen und verschiedene Ätiologiemodelle der depressiven Störung dargeboten. Im nächsten Schritt wird anhand eines Fallbeispiels eine horizontale und vertikale Verhaltensanalyse unternommen. Herr O. ist ein 43-jähriger sportlicher, gut-gekleideter und pflichtbewusster Mann mit einem gesicherten Einkommen. Allerdings leidet er seit über 20 Jahren immer wieder unter verschiedenen depressiven Symptomen. Wie es dazu kommen konnte, lässt sich aus seiner biografischen Lerngeschichte entnehmen. Herr O. wird dafür auf Mikro- und Makroebene analysiert. Daraus wird anschließend eine Therapieplanung abgeleitet. Im letzten Teil dieser Arbeit werden die Ergebnisse der Arbeit kritisch reflektiert und Empfehlungen zur Prävention depressiver Störungen diskutiert. Zum Abschluss erfolgt ein kurzer Ausblick, wie die Ergebnisse weiterverwendet werden können.
Depressionen gehören aufgrund Ihrer Häufigkeit und schwerwiegenden Folgen zu den bedeutsamsten psychischen Erkrankungen. Dabei ist auffällig, dass Frauen fast doppelt so häufig mit einer Depression diagnostiziert werden wie Männer. Gleichzeitig ist die Suizidrate bei Männern dreimal höher als bei Frauen. Fast jeder 50. Todesfall eines Mannes ist eine Selbsttötung. Häufige Gründe dafür sind Leistungsdruck, ständige Erreichbarkeit und soziale Krisen. Die Unterschiede in der Häufigkeit depressiver Störungen bei Frauen und Männern beruhen auf einer Vielzahl komplexer biologischer, psychosozialer, soziokultureller und sozioökonomischer Faktoren. Dabei stellt sich auch die Frage, ob es diese Unterschiede tatsächlich gibt oder ob Prävalenzzahlen der Depression aufgrund verschiedener Ursachen bei Frauen künstlich höher sind. Depressionen werden häufig unterschätzt. Ob Frau oder Mann, fast 20% der Deutschen erkranken mindestens ein Mal in ihrem Leben an einer depressiven Störung. Wichtig ist daher nicht nur eine angemessene Behandlung, sondern auch die Prävention.
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1. Einleitung
2. Theorie
2.1. Depressive Störungen
2.2. Geschlechterunterschiede bei der Depression
2.3. Ätiologie der Depression
3. Einzelfallanalyse am Fallbeispiel Herr 0
3.1. Makroanalyse - Horizontale Verhaltensanalyse
3.1.1. Biografische Anamnese
3.1.2. Biografische Lerngeschichte
3.2. Mikroanalyse - Vertikale Verhaltensanalyse
3.3. Zusammenfassung Fallkonzeption und Therapieplanung
4. Diskussion
4.1. Empfehlungen zur Prävention depressiver Störungen
4.2. Ausblick
Literaturverzeichnis
Anhang A
Anhang B
Hintergrund:
Eine Depression (im ICD-10 unter F32. oder als rezidivierende, d.h. wiederkehrende Form unter F33. verschlüsselt) geht mit gedrückter Stimmung, Antriebslosigkeit, Verlust von Freude, körperlicher Abgeschlagenheit und Energielosigkeit, häufig Selbstzweifeln und Schuldgefühlen, Konzentrations- und Schlafstörungen sowie weiteren psychosomatischen Reaktionen einher (Margraf & Schneider, 2018). Unipolare, depressive Störungen zählen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen und stellen in einkommensstarken Ländern wie Deutschland immer häufiger die Ursache (oft langer) Krankheitsausfälle oder vorzeitiger Berentung von Arbeitnehmern dar. Auffällig sind Geschlechterunterschiede bei der Depression: Studien zeigen typischerweise, dass Männer seltener als Frauen erkranken. Aufgrund der insgesamt höheren Selbsttötungsrate bei Männern im Vergleich zu Frauen (Depression kann als ein Hauptrisikofaktor für Suizid gesehen werden) ist jedoch von einer höheren Dunkelziffer auch bei Männern auszugehen. Als Gründe für die Unterschätzung der Rate bei Männern werden Unterschiede in der Stresswahrnehmung und -verarbeitung und im hilfesuchenden Verhalten, aber auch typische Geschlechterrollen, Rollenerwartungen und Stereotypen sowie Unterschiede in der Diagnostik diskutiert (Zülke, Kersting, Dietrich, Luck, Riedel-Heller, & Stengler, 2018).
Fallbeispiel: Der Fall des Herrn O.
Herr O., ein gepflegter, gut gekleideter 43-jähriger Mann von eher sportlicher Statur, kommt auf Anraten seiner Hausärztin in ihre ambulante Behandlung. Er berichtet auf Nachfrage, dass er schon seit Jahren immer wieder depressiven Symptomen leide. Gerade sei es wieder schlimmer- Er sei „dünnhäutig“, oft traurig, weine z-T- bei Kleinigkeiten, grübele viel (er bezeichnet sich selbst als „Overthinker“) und neige zum Katastrophisieren. Er sei häufig niedergeschlagen mit Stimmungstiefs und empfinde selten oder nur kurzfristig „echte“ Freude, auch wenn ihm bestimmte Aktivitäten „eigentlich doch Spaß machen“ oder ihn „eigentlich entspannen“ sollten- Aufgrund des ausgeprägten Interessenverlustes ziehe er sich in den letzten Monaten wieder vermehrt in seine Wohnung zurück. Auch von seinem Freundes- und Bekanntenkreis habe er sich distanziert, um diese nicht durch seine Stimmung „runterzuziehen“- Mit im Vordergrund stünden starke selbstabwertende Gedanken, insbesondere wenn er alleine in seiner Wohnung sei- Oft fühle er sich im Vergleich zu „sportlicheren Freunden“ oder „schlaueren Kollegen“ minderwertig- Er habe Schuldgefühle gegenüber sich selbst, auch weil er nun wieder auf Ärzte und Psychologen angewiesen sei („Ich bin der Loser“, „Jetzt heulst du wieder rum“, „Stell dich nicht so an“) und leide unter ständigen Selbstzweifeln. Vor ca. einem halben Jahr habe er einen Zusammenbruch bei der Arbeit erlebt. Kurz davor habe ein Kollege gekündigt und er habe einige Aufgaben mit übernehmen müssen, da es bislang keinen Ersatz gebe. Etwa zur gleichen Zeit sei seine Mutter wegen einer Blinddarmentzündung operiert worden. Er mache sich schon immer enormen Druck durch seinen Perfektionismus und eine hohe Anspruchsund Erwartungshaltung an sich selbst. Er erledige am liebsten alles gleichzeitig, werde v.a. in Stresssituationen innerlich unruhig und nervös und leide unter Kon- zentrations- und Schlafstörungen- Das nächtliche „Gedankenkarussell“ halte ihn wach. Er leide fast täglich unter Kopfschmerzen und schmerzhaften Verspannungen. Er achte nicht auf seine Grenzen, gönne sich keine Ruhe und dürfe nicht krank sein.
In seiner Freizeit zwinge er sich häufig dazu, Sport zu machen. Immer öfter liege er jedoch nur noch lustlos und antriebslos auf der Couch und grübele darüber nach, was in seinem Leben falsch laufe.
Die erste depressive Phase mit Schlafstörungen, innerer Unruhe, Dünnhäutigkeit (er habe oft heimlich geweint), Grübeln und Selbstwertproblemen habe Herr O. bereits mit Anfang 20 erlebt. Damals sei eine Liebesbeziehung gescheitert, er habe sich mit seinen Eltern gestritten, sei von zu Hause aus und in eine neue Stadt und weg von seinem Freundeskreis gezogen und unzufrieden mit seiner Berufswahl gewesen. In dieser Zeit habe er sich bereits erstmals in therapeutische Behandlung begeben; seither sei er „immer mal wieder in Therapie“ gewesen. Nach Schwankungen im weiteren Verlauf sei es vor 10 Jahren dann erneut zu einer deutlichen Verschlechterung gekommen. Er habe immer mehr unter beruflichem Stress und auch körperlichen Symptomen wie Kopfschmerzen etc. gelitten. Er sei damals über 2 Jahre lang in ambulanter psychotherapeutischer Behandlung gewesen. Bis 2015 habe er auch Medikamente genommen; aktuell jedoch nicht mehr. 2017 habe es nach einer „Eskalation“ am Arbeitsplatz einen ersten Zusammenbruch gegeben; damals habe er sich jedoch lieber selbst „herauskämpfen“ wollen. Nun habe er sich aber doch entschieden, die Erkenntnisse aus der letzten Therapie aufzufrischen und damit für die Zukunft Vorsorgen. Ihm sei mittlerweile klar, dass nur er selbst etwas an seiner Situation ändern könne, fühle sich jedoch immer wieder blockiert, frustriert und sei enttäuscht von sich selbst. Oft sei er überzeugt, dass es eh nicht mehr besser werde. Auch wolle er anderen keinen Therapieplatz wegnehmen, die es nötiger hätten.
Zu seiner Biografie berichtet Herr O., dass er im Jahr 1976 als Sohn eines Bankangestellten und einer Hausfrau geboren sei. Geschwister habe er keine. Seine Eltern seien bei seiner Geburt schon etwas älter (Ende 30) gewesen. Er sei bis zum 23. Lebensjahr bei den Eltern aufgewachsen. Der Vater sei freundlich, jedoch pessimistisch, penibel, meist wortkarg und „humorlos“. Er habe sowohl gegenüber seinem Sohn als auch seiner Frau kaum Gefühle gezeigt. Die Mutter sei sehr fürsorglich, ordnungsliebend, verlässlich, harmoniebedürftig, gastfreundlich und gesellig gewesen; wie der Vater sei sie wenig selbstbewusst. Beide Eltern seien immer sehr sparsam und auf Sicherheit bedacht gewesen. Die Beziehungen von Herrn O. zu den Eltern seien generell gut gewesen. Dennoch beschreibt Herr O. häufige Spannungen, besonders in der Schulzeit. Damals hätten seine Eltern wegen seiner Schulnoten oft „Psychoterror“ gemacht- Während er sich für Sport und Geschichte interessiert habe, hätte sein Vater ständig ein Auge auf seine Mathematiknoten gehabt und mit ihm gelernt, damit Herr O. später für das Berufsleben eine gute Grundlage habe. Neben christlichen und sozialen Werten hätten Pflichterfüllung, Sparsamkeit, Sicherheitsdenken, das Bedürfnis sich anzupassen und nicht aufzufallen („Wir sind die kleinen Leute“) sowie Durchhalten („Ein Indianer kennt keinen Schmerz“) einen hohen Stellenwert in der Familie und Herr O’s Kindheit gehabt- Bis heute gebe es immer wieder Spannungen zwischen ihm und seinen Eltern (v.a. mit dem Vater), da diese kein Verständnis für seine Situation hätten.
Nach dem Abitur habe er auf Wunsch seiner Eltern eine Lehre als Bankkaufmann gemacht. Später habe er noch studiert. Seit fast 15 Jahren sei er in einer höheren Position als Analyst in der Zentrale einer großen Bank tätig. Er wolle alles besonders gut machen, bekomme aber keinen „Lohn“ dafür- Sein Perfektionismus führe dazu, dass er häufig mehr Zeit brauche und viele Überstunden mache. Oft sei er unzufrieden mit seinem Job. Einerseits habe er eine verantwortungsvolle Aufgabe mit gesichertem Einkommen und ein gutes Verhältnis zu seinen Kollegen. Andererseits sei er zu viel im Büro, bekomme zu wenig Unterstützung und würde schon zu lange nur das Gleiche machen. Früher habe er gelegentlich an eine Umschulung gedacht und daran, etwas ganz anderes zu machen- In ihm herrsche oft ein „innerer Kampf', aber aktuell habe er sich eher „damit abgefunden“- Er sei eher hoffnungslos und versuche sich zu arrangieren.
Herr O. sei ledig und seit einigen Jahren alleinstehend; er habe keine Kinder. Er habe drei längere Beziehungen gehabt, die letzte sei jedoch vor 8 Jahren gescheitert. Dem Wunsch nach einer Partnerschaft und Familie stünden oft sein geringer Selbstwert und hohes Anspruchsdenken im Wege. Die Wohnsituation, eine Mietwohnung in der er alleine lebe, sei zufriedenstellend. Schwierigkeiten bei der Selbstversorgung bestünden nicht. Soziale Kontakte gingen sowohl von ihm als auch anderen aus. Er sei eigentlich ein geselliger Typ, habe einen großen Freundes- und Bekanntenkreis und auch mehrere gute Freunde, die ihn unterstützen und mit denen er auch vereinzelt über Probleme sprechen könne. Wegen Umzügen seien in den letzten Jahren einige Freundschaften auseinander gebrochen oder man sehe sich nur noch selten. Immer wieder ziehe er sich aber auch von seinen Freunden zurück, einerseits weil diese z.T. Familie und wenig Zeit hätten, andererseits aufgrund von Interessenverlust und dem Gefühl, anderen lästig und „keine gute Gesellschaft“ zu sein. Zum erweiterten Familienkreis (z.B. Nichten, Patenkinder) bestehe guter Kontakt. Er treibe gerne Sport (früher Karate, Badminton; heute Fitnessstudio, Laufen, Rennrad fahren, Schwimmen, Triathlon), fit zu sein sei ihm sehr wichtig. Weiterhin reise er gerne und verbringe gerne Zeit in der Natur, z.B. beim Wandern. Viele Freizeitaktivitäten habe er in letzter Zeit jedoch immer mehr vernachlässigt. Die finanzielle Situation sei gesichert.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Prävalenz von Depressionen in Deutschland nach Geschlecht, Alter und sozialem Status 2011
Abb. 2: AU-Tage aufgrund psychischer Erkrankungen nach Einzeldiagnose in Deutschland 2012 bis 2020
Abb. 3: Todesfälle aufgrund der häufigsten depressiven Erkrankungen in Deutschland 1998 bis 2019
Abb. 4: Konzeptuelles Ätiologiemodell der Depression
Abb. 5: Tiefenpsychologisch-psychodynamischen Modell der Depressionsentstehung nach Wolfersdorf 1995
Abb. 6: Biopsychosoziales Krankheitsmodell bei Depression
Abb. 7: Wirkprinzip der Klassischen Konditionierung am Beispiel Herr 0
Abb. 8: prädisponierende, auslösende und verlaufsbestimmende Faktoren der Depression im Fall Herr 0
Abb. 9: Biopsychosoziales Krankheitsmodell bei Depression im Fall Herrn 0
Abb. 10: Operationalisierte Diagnosesellung der Depression nach ICD-10
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Symptome des depressiven Syndroms nach Funktionsbereichen
Tab. 2: Vorgehen der vertikalen Verhaltensanalyse
Tab. 3: Wirkprinzip der Operanten Konditionierung mit Beispielen
Tab. 4: Bestandteile des SORC-Modells
Tab. 5: Fallkonzeption und Therapieplanung im Fall Herr 0
Tab. 6: Relevante Symptome zur Diagnosestellung der Depression nach ICD-10
1. Einleitung
Depressionen gehören aufgrund Ihrer Häufigkeit und schwerwiegenden Folgen zu den bedeutsamsten psychischen Erkrankungen. Dabei ist auffällig, dass Frauen fast doppelt so häufig mit einer Depression diagnostiziert werden wie Männer. Gleichzeitig ist die Suizidrate bei Männern drei Mal höher als bei Frauen (Möller-Leimkühler, 2008, S. 40). Fast jeder 50. Todesfall eines Mannes ist eine Selbsttötung. Häufige Gründe dafür sind Leistungsdruck, ständige Erreichbarkeit und soziale Krisen (BZgA, 2022). Die Unterschiede in der Häufigkeit depressiver Störungen bei Frauen und Männern beruhen auf einer Vielzahl komplexer biologischer, psychosozialer, soziokultureller und sozioökonomischer Faktoren. Dabei stellt sich auch die Frage, ob es diese Unterschiede tatsächlich gibt oder ob Prävalenzzahlen der Depression aufgrund verschiedener Ursachen bei Frauen künstlich höher sind. Depressionen werden häufig unterschätzt. Ob Frau oder Mann, fast 20% der Deutschen erkranken mindestens ein Mal in ihrem Leben an einer depressiven Störung (BMG, 2022). Wichtig ist daher nicht nur eine angemessene Behandlung, sondern auch die Prävention.
Im Theorieteil der folgenden Arbeit wird der Begriff depressive Störungen zunächst näher erläutert. Mithilfe von Grafiken werden verschiedene Daten wie Prävalenzzahlen, Arbeitsunfähigkeitstage und Todesfälle aufgrund von depressiven Störungen veranschaulicht. Es werden Geschlechterunterschiede zwischen Frauen und Männern unter die Lupe genommen und verschiedene Ätiologiemodelle der depressiven Störung dargeboten. Im nächsten Schritt wird anhand des Fallbeispiels Herrn O. eine horizontale und vertikale Verhaltensanalyse unternommen. Herr O. ist ein 43-järiger sportlicher, gut-gekleideter und pflichtbewusster Mann mit einem gesicherten Einkommen. Allerdings leidet er seit über 20 Jahren immer wieder unter verschiedenen depressiven Symptomen. Wie es dazu kommen konnte, lässt sich aus seiner Biografischen Lerngeschichte entnehmen. Herr O. wird dafür auf Mikro- und Makroebene analysiert. Daraus wird anschließend eine Therapieplanung abgeleitet. Im letzten Teil dieser Arbeit werden die Ergebnisse der Arbeit kritisch reflektiert und Empfehlungen zur Prävention depressiver Störungen diskutiert. Zum Abschluss erfolgt ein kurzer Ausblick, wie die Ergebnisse weiterverwendet werden können.
2. Theorie
Im Unterkapitel 2.1 werden theoretische und empirische Grundlagen zum Thema „depressive Störungen“ dargestellt. Dabei werden auf Symptome, die im Rahmen einer depressiven Störung auftreten können, und auf allgemeine Prävalenzraten in der Bevölkerung näher eingegangen. Unterkapitel 2.2 beschäftigt sich mit der Ätiologie, d.h. mit Entstehungsursachen der depressiven Störung. Abschließend werden im Unterkapitel 2.3 Geschlechterunterschiede der Depression erarbeitet.
2.1. Depressive Störungen
Depressionen werden im ICD-10 gemeinsam mit der Manie und bipolaren Störungen zu den affektiven Störungen gefasst (F30-39). Allen affektiven Störungen ist gemein, dass sie mit einer Veränderung der Stimmung und des Aktivitätsniveaus einhergehen. Das depressive Syndrom umschließt neben den Kardinalssymptomen Niedergeschlagenheit, Interessen- und Freudverlust sowie verminderter Antrieb, weitere typische Symptome, die nach psychischen Funktionsbereichen gegliedert werden können (Tab. 1). Die typischen Beschwerden zeigen allerdings eine beträchtliche individuelle Variation. Eine depressive Episode nach ICD-10 wird diagnostiziert, wenn erstmals über einen Zeitraum von zwei Wochen mind, zwei Hauptsymptome und mind, zwei Zusatzsymptome vorliegen (siehe Anhang A). Eine Major Depression nach DSM-5 wird diagnostiziert, wenn über einen Zeitraum von mindestens zwei Wochen fünf in Tab. 1 dargestellten zentralen Symptome mit mindestens einem Hauptsymptom vorhanden sind und damit eine Änderung der vorher bestehenden Leistungsfähigkeit einhergeht (Hautzinger, 2022, S. 513). Im Folgenden wird sich aus Gründen der Lesbarkeit und Nachvollziehbarkeit ausschließlich auf den ICD-10 (Kapitel V)bezogen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 1: Symptome des depressiven Syndroms nach Funktionsbereichen
(Quelle: Eigene Darstellung)
Abgängig von der Ausprägung des depressiven Syndroms, d.h. nach der Anzahl und Intensität der Symptome, und abhängig vom zeitlichen Verlaufsmuster werden verschiedene depressive Störungen unterschieden (siehe Anhang B). Depressive Episoden werden als leicht (F32.0), mittelgradig (F32.1) und schwer (F32.2) klassifiziert (Caspar, Pjanic & Westermann, 2018, S. 56). Das Spektrum unipolarer affektiver Störungen umfasst neben depressiven Episoden zudem die rezidivierende depressive Störung (F33) und Dysthymia (F34). Sobald eine zweite depressive Episode diagnostiziert werden kann und keine hypomanischen oder manischen Episoden vorliegen, sind die Kriterien für eine rezidivierende depressive Störung erfüllt. Als Dys- tyhmia wird ein leichtes depressives Syndrom über mindestens zwei Jahre mit höchstens leichten depressiven Episoden und höchstens mehreren Wochen ohne depressive Symptome bezeichnet (WHO, 2022). Differentialdiagnostisch ist ein Ausschluss von organischen Störungen (F0) und Störungen durch psychotrope Substanzen (F1) relevant. Bei ca. 25% der Betroffenen bleibt es bei einer einzelnen depressiven Episode. Bei 45% kommt es zu einem rezidivierenden Verlauf und bei ca. 30% ist der Verlauf chronisch. Dysthymia und depressive Episoden, die länger als zwei Jahre dauern, werden gemeinsam als chronische Depression bezeichnet (Caspar et al., 2018, S. 57).
Depressionen kommen in der Allgemeinbevölkerung vergleichsweise häufig vor. Die 12-Monate Prävalenz der unipolaren Depression liegt laut aktuellen Studien bei 7,7%, wobei Frauen häufiger betroffen sind als Männer (Jacobi, Höfler & Strehle, 2014). Etwa ein Drittel aller depressiven Störungen verlaufen chronisch. Typische Komorbiditäten sind Angststörungen, Persönlichkeitsstörungen und Substanzkonsumstörungen (Klein & Klein, 2021, S. 265). In einer 2013 veröffentlichten Studie zur Gesundheit Erwachsener in Deutschland (DEGS1) des Robert Koch-Instituts gaben in einer repräsentativen Bevölkerungsstichprobe zum Zeitpunkt der Befragung 8,1% der Erwachsenen eine depressive Symptomatik an. Besonders betroffen sind Frauen, Personen zwischen 18-29 Jahren und Personen mit niedrigem sozialem Status. Abb. 1 zeigt die Ergebnisse der Studie.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Prävalenz von Depressionen in Deutschland nach Geschlecht, Alter und sozialem Status 2011
(Quelle: Robert Koch-Institut nach de.statista.com, 2013)
Die Prävalenzraten sind seitdem gestiegen. In einer 2019 veröffentlichten Studie des Robert Koch-Instituts zur Prävalenz einer depressiven Symptomatik in europäischen Ländern gaben 7,6% der Männer und 10,8% der Frauen eine depressive Symptomatik an (Robert Koch Institut, 2019). Deutschland ist damit nach Luxemburg auf Platz zwei der höchsten Prävalenzraten in Europa. Depressive Episoden und rezidivierende depressive Störungen sind im Vergleich zu anderen psychischen Erkrankungen am häufigsten Grund für Arbeitsunfähigkeit. Dies zeigt eine im November 2021 veröffentlichen Studie der DAK zu Arbeitsunfähigkeitstagen aufgrund verschiedener psychischer Erkrankungen nach Einzeldiagnose in Deutschland in den Jahren 2012 bis 2020. Die gesamte Datenbasis umfasst rund 2,4 Mio. Mitlieder der DAK-Gesund- heit (Abb.2).
All-Tage aufgrund psychischer Erkrankungen nach Einzeldiagnose ("Dreisteller") in Deutschland in den Jahren 2012 bis 2020 (AU-Tage pro 100 VJ)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2: AU-Tage aufgrund psychischer Erkrankungen nach Einzeldiagnose in Deutschland 2012 bis 2020
(Quelle: DAK nach de.statista.com, 2021)
Auch durch depressive Erkrankungen bedingte Todesfälle steigen an. Laut dem Statistischen Bundesamt starben im Jahr 2019 deutschlandweit 699 Menschen infolge einer depressiven Episode (Statistisches Bundesamt nach de.statista.com, 2021). Im Jahr 1998 waren es 35 Menschen (Abb. 3).
Insgesamt ist festzuhalten, dass Depressive Störungen in Deutschland weit verbreitet sind und zu schwerwiegenden Konsequenzen führen können. Frauen sind häufiger betroffen als Männer. Welche Geschlechterunterschiede bei der Depression eine Rolle spielen wird im nächsten Unterkapitel beschrieben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3: Todesfälle aufgrund der häufigsten depressiven Erkrankungen in Deutschland 1998 bis 2019
(Quelle: Statistisches Bundesamt nach de.statista.com, 2021)
2.2. Geschlechterunterschiede bei der Depression
Frauen erkranken fast doppelt so häufig an unipolaren Depressionen im Vergleich zu Männern. Auch der Verlauf ist schwerer. Gleichzeitig ist die Suizidrate bei Männern drei Mal höher als bei Frauen (Möller-Leimkühler, 2008, S. 40). Frauen leiden häufiger unter Ängsten, während bei Männern der Alkoholabusus zu den häufigsten Begleiterkrankungen zählt. Mit Blick auf das Ersterkrankungsalter zeigt sich, dass Frauen zu einem früheren Zeitpunkt als Männer erkranken. Bei Frauen kommt es häufiger zu einem chronischen Verlauf. Die Anzahl und Länge der Episoden unterscheiden sich bei beiden Geschlechtern nicht (Krager, 2014, S. 1093). Die Größenordnung der Ge- schlechterunterschiede variiert stark nach Altersgruppe und Länderkontext. Nord- und Osteuropäische Länder stechen mit geringen Unterschieden hervor. Überdurchschnittlich große Geschlechterunterschiede sind dagegen in südeuropäischen und in vielen westeuropäischen Ländern zu beobachten. Anhand der wohlfartstaatlichen Theorien lassen sich diese Ergebnisse folgendermaßen einordnen: In Süd- und Westeuropa, wo die Sozialpolitik eine traditionelle Aufgabenteilung zwischen Frauen und Männern fördert, sind Frauen häufiger von einigen Risikofaktoren für Depressionen betroffen. In Bezug auf das mittlere Erwachsenenalter werden dabei die Hauptverantwortung für die Sorgearbeit und eine hohe finanzielle Abhängigkeit vom Einkommen des Partners als ausschlaggebend angesehen. Häufig ist eine generelle Verringerung von Geschlechterunterschieden in den höheren Altersgruppen, durch einen stärkeren altersassoziierten Anstieg depressiver Symptome bei Männern festzustellen. Allerdings bestehen auch unter den Hochaltrigen weiterhin Geschlechterunterschiede bei Depressionen. Während sich die Geschlechterunterschiede zum Nachteil der Frauen in den höheren Altersgruppen in einigen Ländern ausweiten, verkleinern sie sich in anderen Ländern oder sind im Altersgruppenvergleich relativ konstant (Schmitz, 2021, S. 86).
Die Gründe für Geschlechterunterschiede bei Depressionen sind vielfältig. Zum einen handelt es sich lediglich um vermeintliche Unterschiede. So nehmen Frauen ihre Beschwerden selbst besser wahr, berichten sie bereitwilliger und nehmen schneller Hilfe in Anspruch als Männer. Echte Häufigkeitsunterschiede können zum Teil biologisch, psychosozial, kulturell, meist aber multifaktoriell erklärt werden. Unterschiede in der Erziehung prägen spätere geschlechtsspezifisches Rollenverhalten. So werden junge Mädchen eher zu gelernten Hilflosigkeit, Jungen dagegen eher zu aktiver Bewältigung erzogen. Frauen tendieren in der Folge eher dazu, Konflikte zu verinnerlichen und mit Schuldgefühlen und Depression zu reagieren. Männer suchen eher aktive, zum Teil aggressive Bewältigungsstrategien oder greifen eher zum Suchtmittel oder Suizid (Riecher-Rössler, 2014, S. 9). Weiterhin können über Sozialisationsprozesse vermittelte Geschlechterbilder zu Unterschieden in der Wahrnehmung und Äußerung von Symptomen zwischen Männern und Frauen führen, was andere Diagnosen zur Folge haben kann (Müters, Hoebel & Lange, 2013, S. 2). Weibliche Sexualhormone und frauenspezifische Einflüsse, wie Menstruation, Geburt und Menopause können ebenfalls eine Rolle spielen, ebenso wie geschlechterspezifisches Rollenverhalten und Rollenkonflikte, sozialer Status, Gewalt und Missbrauch (Riecher-Rössler, 2008, S. 31). Bei Männern beeinflussen die traditionellen maskulinen Geschlechternormen das Hilfesuchverhalten und die Beschwerdewahrnehmung nachteilig. Männer und Frauen erleben und sprechen über Emotionen auf unterschiedliche Weise, was wahrscheinlich durch Geschlechterstereotype bedingt ist. Männer weisen oft eine mangelnde Hilfesuche auf. Hinweise auf unterschiedliche emotionale Fertigkeiten gibt es allerdings nicht. Die Vermutung liegt nahe, dass die Gemeinsamkeiten bezüglich Emotionen zwischen Männern und Frauen überwiegen und die Unterschiede zwischen verschiedenen Subgruppen und Individuen innerhalb eines Geschlecht größer sind als die Unterschiede zwischen den Geschlechtern. Hinzu kommt ein GenderBias in der Depressionsdiagnostik, welcher zu einer Unterdiagnostizierung der Depression bei Männern führt, aber auch Fehldiagnosen wie Alkoholabhängigkeit oder antisoziale Persönlichkeitsstörungen begünstigt (Möller-Leimkühler, 2010, S. 11). Von besonderer Bedeutung sind daher Geschlechterrollennormen in der TherapeutPatient-Kommunikation. Wenn Patienten angemessen nach ihren Emotionen im Rahmen eines patientenzentrierten Kommunikationsstil gefragt werden, sprechen Männer sowie Frauen offen über ihre emotionalen Probleme. Die Berücksichtigung ge- schlechterspezifischer Faktoren und ihre Ursachen können das Verständnis für depressive Störungen und deren Behandlung entscheidend verbessern. Gendersensible Aspekte in der Versorgung depressiver Patienten sind im Gesundheitswesen daher verstärkt zu beachten (Krager, 2014, S. 1097).
2.3. Ätiologie der Depression
Angesichts der Heterogenität der Symptomatik, der Erscheinungsformen und des Verlaufs depressiver Störungen existiert keine einheitliche Störungstheorie der Depression. Zur Erklärung der Ätiologie depressiver Störungen existieren daher verschiedene Modelle. Allgemein gehören zu sozioökonomischen Risikofaktoren für die Entwicklung einer depressiven Störung u.a. weibliches Geschlecht, Adoleszenz und junges Erwachsenenalter, niedriges Einkommen, Arbeitslosigkeit, niedriger oder kein Bildungsabschluss, Trennung oder Scheidung sowie das Fehlen von vertrauensvollen, persönlichen Bezugspersonen. Kritische Lebensereignisse (z.B. Tod von Angehörigen, Arbeitsplatzverlust, etc.) erhöhen das Erst- und Wiedererkrankungsrisiko, was zum Großteil über die Intensität der wahrgenommenen sozialen Unterstützung vermittelt wird (Caspar et al., 2018, S. 59). Insgesamt kann davon ausgegangen werden, dass bei der Entstehung und Aufrechterhaltung der Depression multiple Faktoren im Sinne eines biopsychosozialen Vulnerabilitäts-Stress-Modells zusammenwirken. Dieses hat sich als Rahmenmodell für psychische Störungen durchgesetzt. Gemäß eines Vulnerabilitäts-Stress-Modells wird angenommen, dass prädisponierende konstitutionelle Faktoren (familien-)genetischer Art und früher adverse soziale und umweltbezogene Ereignisse und Bedingungen zur Ausbildung einer erhöhen Vulnerabilität beitragen, die sich wiederum über entwicklungsbiologische, psychologische und soziale Prozesse weiter akzentuieren oder abschwächen kann. Der Ausbruch einer depressiven Episode wird vor Hintergrund einer Vulnerabilitätskonstellation, zumeist über auslösende kritische Lebensereignisse erklärt. Diese ätiologischen Faktoren wirken über biochemische und psychologische Prozesse bei der Ausbildung des depressiven Syndroms zusammen. Für den weiteren Verlauf und die Schwere der Depression werden ähnliche oder weitere aufrechterhaltende und ausgestaltende Faktoren verantwortlich gemacht (Abb. 5, Beesdo-Baum & Wittchen, 2020, S. 1040- 1041). Eine Reihe psychologischer Mechanismen der Entstehung und Aufrechterhaltung der Depression konnten empirisch durch behavioristische, kognitive, psychodynamische und psychoanalytische Modelle abgesichert werden. Diese werden im folgenden Abschnitt kurz beschrieben.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 4: Konzeptuelles Ätiologiemodell der Depression
(Quelle: Beesdo-Baum & Wittchen, 2020, S. 1043)
Lewinsohn (1974) beschreibt ein lernpsychologisch-verstärkungstheoretisches Erklärungsmodell für Depressionen. Sein Verstärker-Verlust-Modell besagt, dass Depressionen durch eine niedrige Rate an verhaltenskontingenten positiven Verstärkern ausgelöst werden, z.B. durch zu wenige durch eigenes Verhalten ausgelösten Aktivitäten oder befriedigende soziale Interaktionen. Der Verstärkerverlust führt zu depressiven Symptomen wie sozialem Rückzug und Passivität. Diese Symptome können durch die Umwelt kurzfristig verstärkt werden, z.B. durch vermehrte Zuwendung oder Entlastung, womit langfristig jedoch das Verhaltensrepertoire noch weiter eingeschränkt werden kann (Caspar et al., 2018, S. 59). Das kognitive Modell nach Beck (1970) besagt, dass depressive Symptome durch eine dysfunktionale Bewertung von Ereignissen und nicht durch die Ereignisse selbst entstehen und aufrechterhalten werden. Nach dem Modell zeichnen sich automatische Gedanken durch Kognitive Verzerrungen aus, z.B. durch Alles-oder-Nichts-Denken oder durch Übergeneralisierung. Die automatischen Gedanken werden durch depressogene Grundannahmen und bedingte Annahmen geformt (Caspar et al., 2018, S. 59-60). Auf biologischer Ebene wurden genetische Faktoren und neurobiologische Korrelate mit der Depression in Verbindung gebracht. Mehr als die Hälfte der Kinder von Menschen mit Depression entwickeln nach der Pubertät ebenfalls eine depressive Störung (Caspar et al., 2018, S. 60). Die Serotonintheorie geht davon aus, dass bei Depressionen ein niedriger Serotoninspiegel die Aktivitäten anderer neurochemischer Systeme stark verändert. Die antidepressive Wirkung der MAO-Hemmer und Antidepressiva wird durch eine Erhöhung der Verfügbarkeit von Serotonin und Noradrenalin im synaptischen Spalt erklärt (Fritzsche & Wirsching, 2020, S. 91). Psychodynamische Modelle gehen von einer frühkindlichen Mangelerfahrung im emotionalen Versorgungsbereich aus, die zu einem tiefen Gefühl existenzielle Lebensunfähigkeit und einem Defizit im Bereich des Selbstwertgefühls führt. Kompensationsversuche sind die Erlangung einer Fremdwertschätzung durch die häufig übermäßige Erfüllung von Leistungsnormen. Der Mechanismus, der zum späteren Ausbruch einer Depression führt, wird in der Wiederholung der frühkindlichen traumatisierenden Erfahrung und einem Wiederaufleben der damit verbundenen negativen Gefühlsassoziationen gesehen (Laux, 2011, S. 1722). Ein übersichtliches Modell entwickelte Wolfersdorf (1995, Abb. 4). Das psychoanalytische Dispositionsmodell geht von einer fehlverarbeiteten, d.h. gegen sich selbst gerichteten Aggression als Ursache und Folge der Depression aus. Da einerseits durch eine ständige Frustration des passiven Liebes und Abhängigkeitsverlangens Aggression aufsteigt, diese aber wegen des strengen, rigiden Gewissens unter keinen Umständen geäußert werden darf, gerät der Depressive in eine emotionale Zwickmühle. Die pathologische Lösung des Konflikts besteht in der Wendung der Aggression gegen das Selbst. Das Selbstwertgefühl erleidet so Einbrüche, die wiederrum spezifische depressive Verstimmungen zur Folge haben (Brake- meier, Normann & Berger, 2008, S. 38S).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. S: Tiefenpsychologisch-psychodynamischen Modell der Depressionsentstehung nach Wolfersdorf 199S (Quelle: Laux, 2011, S. 1723 nach Wolfersdorf 199S)
Neben diesen Modellen existiert noch eine Vielzahl weiterer, bspw. tiefenpsychologische und psychoanalytische Ansätze, auf die an dieser Stelle nicht näher eingegangen wird. Für weiterführende Literatur wird auf Laux (2011) und Beesdo-Baum & Witt- chen (2020) verwiesen.
3. Einzelfallanalyse a— Fallbeispiel Herr O.
Im Praxis-Teil dieser Hausarbeit wird anhand des Fallbeispiels Herr O. (S. 3-6) eine horizontale Verhaltensanalyse (Unterkapitel 3.1) und vertikale Verhaltensanalyse (Unterkapitel 3.2) durchgeführt. Innerhalb der Makroanalyse wird die biografische Lernerfahrung des Patienten, unter Berücksichtigung des biopsychosozialen Krankheitsmodells, erarbeitet. Dabei werden mögliche disponierende, auslösende und aufrechterhaltende Faktoren diskutiert, wobei Belastungen und Ressourcen gegenübergestellt werden. Neben relevanten biografischen Lernerfahrungen werden auch überdauernde kognitive Schemata und physiologische Merkmale einbezogen. Die Mikroanalyse wird anhand des SORC- Modells erläutert. Anschließend erfolgt eine zusammenfassende Fallkonzeptualisierung und Therapieplanung in Unterkapitel 3.3.
3.1. Makroanalyse - Horizontale Verhaltensanalyse
Eine Makroanalyse für jede klassische Verhaltenstherapie eine wichtige Voraussetzung, um eine erfolgversprechende Therapiestrategie mit wirksamen Therapieinterventionen zu entwickeln und diese dann umzusetzen. Sie ist notwendig, da bei vielen Störungen das symptomatische Verhalten oft nicht durch die konkreten beobachtbaren Situationsbedingungen erklärt werden können. Dabei wird die Frage beantwortet, in welcher Lebenssituation ein Mensch eine psychische Störung wie Depression entwickelt hat und welche das Symptom aufrechterhaltende Bedingungen in dieser Lebenssituation stecken (Sulz, 2022, S. 181-182). Ziel ist somit die Aufdeckung biografisch gewachsene Annahmen, Motive und Schemata im Sinne von situationsübergreifenden Persönlichkeitsstilen (Knebel, 2021, S. 187). Das in der Praxis typische Vorgehen wird im Folgenden anhand des Fallbeispiels Herrn O. skizziert (Tab. 2).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tab. 2: Vorgehen der vertikalen Verhaltensanalyse
(Quelle: Eigene Darstellung)
[...]
- Quote paper
- Vivien Albers (Author), 2022, Depression bei Männern. Horizontale und vertikale Verhaltensanalyse an einem Fallbeispiel, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1282659
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