Ziel dieser Bachelorarbeit soll die Beantwortung der Frage sein, ob man durch die Ernährung und Lebensstilfaktoren Krebserkrankungen vorbeugen kann oder ob bestimmte Ernährungsformen einen positiven Effekt auf den Ausgang einer Tumorerkrankung haben können.
Die Zahl der Krebsneuerkrankungen steigt stetig an. Obwohl sich die Überlebenschancen und die Lebensqualität von krebskranken Menschen in den letzten Jahren deutlich verbessert haben, bleibt Krebs die zweithäufigste Todesursache durch nicht übertragbare Krankheiten.
Trotz umfangreicher Forschung ist nicht endgültig bewiesen, was Krebs verursacht oder welche Behandlungen bei Krebserkrankungen wirksam sind. In der Bevölkerung ist das Wissen um die Zusammenhänge zwischen Auslösung von Krebs und falscher Ernährung kaum vorhanden. Eine wachsende Zahl an Beweisen zeigt, wie wichtig die Ernährung bei der Tumorentstehung und -behandlung ist. Es gibt zahlreiche Faktoren, die die Entstehung von bösartigen Tumorerkrankungen begünstigen können. Laut World Health Organization zählen Rauchen, Alkoholkonsum und falsche, ungesunde Ernährung zu den häufigsten vermeidbaren Risikofaktoren. Zudem gibt es auch zahlreiche Schutzfaktoren in der Nahrung wie sekundäre Pflanzenstoffe und Ballaststoffe, welche krebshemmende Eigenschaften besitzen.
Im Laufe der Jahre wurden sogenannte „Krebsdiäten“ immer populärer. Viele dieser Diäten liegen einer bestimmten Beobachtung zugrunde: der Warburg-Hypothese. Otto Warburg stellte bereits fest, dass sich Tumorzellen metabolisch von normalen Zellen unterscheiden. Während normale Zellen in der Lage sind, Ketonkörper und Fettsäuren als primäre Energiequelle zu nutzen, decken Krebszellen ihren Energiebedarf hingegen primär durch Glykolyse und nicht durch oxidative Phosphorylierung.
Nach heutiger Sicht gibt es für keine dieser Diäten zuverlässig belegte klinische Beweise. Krebsdiäten gehen oft mit Nebenwirkungen wie Nährstoffmangel und Muskelabbau einher. Positive Effekte wie die antitumorale Wirkung der ketogenen Diät müssen noch weitgehend erforscht werden.
II. Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1. Einleitung
l .lEpidemiologievon Krebserkrankungen
1.2 Ernährung und Krebs
1.3 Fragestellung und Zielsetzung
1.4 Methodik
2. Krebs
2.1 Benigne und MaligneTumore
2.2 Entstehung und Eigenschaften von Krebszellen
2 .3Tumorgenese: Kennzeichen derTumorzellen
2.4 Krebsentstehung: Die Warburg-Hypothese
3. Risikofaktorenfür die Entstehung von Krebs
3.1 Alter
3.2 Alkoholkonsum
3.2.1 Alkohol und Nierenkrebs: Der umgekehrte Zusammenhang
3.2.2 Kann eine Kombination aus Alkohol und Tabak das Krebsrisiko erhöhen?
3.3 Tabakkonsum
3.4 Übergewicht
3.5 Bewegungsmangel
3.6 Fleischkonsum
3.7 Salzkonsum
4. Rolle der Hauptnahrungsbestandteile der Ernährung
4.1 Fette
4.1.1 Wie löst eine fettreiche Ernährung Dickdarmkrebs aus?
4.2 Proteine
4.3 Zucker
5. Schutzfaktoren in der Nahrung
5.1 w-3-Fettsäuren
5.2 Milchprodukte
5.2.1 DerZusammenhangdesVerzehrsvon Milchprodukten und Dickdarmkrebs
5.2.2 SchutzfaktorStillen
5.3 Ballaststoffe
5.4 Vollkorngetreide
5.5 Sekundäre Pflanzenstoffe
5.5.1 Polyphenole in Obst und Gemüse
5.5.2 Polyphenol: Resveratrol
5.5.3 Polyphenol: Catechine im Tee
5.5.4 Kaffee zur Krebsprävention
5.6 Vitamine
5.6.1 Vitamin E
5.6.2 Vitamin D
5.6.3 Vitamin C
6. Krebsdiäten
6.1 Die kohlenhydratarme Krebsdiät nach Dr. Coy und ketogene Diät
6.1.1 Hintergrund und Ziel
6.1.2 Ablauf
6.1.3 Stärken und Limitationen
6.2 Die Budwig-Diät
6.2.1 Hintergrund und Ziel
6.2.2 Ablauf
6.2.3 Stärken und Limitationen
6.3 Die Gerson-Diät
6.3.1 Hintergrund und Ziel
6.3.2 Ablauf
6.3.3 Stärken und Limitationen
6.4 Die Krebskur von Breuß
6.4.1 Hintergrund und Ziel
6.4.2 Ablauf
6.4.3 Stärken und Limitationen
6.5 Die makrobiotische Diät
6.5.1 Hintergrund und Ziel
6.5.2 Ablauf
6.5.3 Stärken und Limitationen
6.6 Fasten und Heilfasten nach Buchinger
6.6.1 Hintergrund und Ziel
6.6.2 Ablauf
6.6.3 Stärken und Limitationen
6.7 Vegetarische und vegane Ernährung
7. Resümee
8. Zusammenfassung
9. Abstract
10. Literaturverzeichnis
DANKSAGUNG
An dieser Stelle möchte ich mich bei all denjenigen bedanken, die mich während der Anfertigung meiner Bachelorarbeit unterstützt und motiviert haben.
Zu Beginn möchte ich mich bei Herrn o. Univ.-Prof. i.R. Dr. Hans Goldenberg für die Ermöglichung und Durchführung dieser Bachelorarbeit, das freundliche Entgegenkommen sowie für die Betreuung meiner Arbeit herzlichst bedanken.
Größter Dank gilt meinen Eltern, die mir mein Studium ermöglichten und mich während dieser Zeit finanziell und mental unterstützten. An dieser Stelle möchte ich mich auch bei meinen lieben Omas bedanken, die in dieser Zeit immer für mich da waren.
Zu guter Letzt möchte ich mich bei all meinen Freunden für ihr Interesse und die aufmunternden Worte recht herzlichst bedanken.
I. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Krebsneuerkrankungen in Österreich 2019 (APA/ORF 2022)
Abbildung 2: The Hallmarks of Cancer: This illustration encompasses the six hallmark capabilities originally proposed in our 2000 perspective (Hanahan and Weinberg 2011)
Abbildung 3: Emerging Hallmarks and Enabling Characteristics (Hanahan and Weinberg 2011)
Abbildung 4: Incidence rates by age at diagnosis, all cancer typesm all races, both sexes (National Cancer Institute 2015a)
Abbildung 5: Displayed are alcohol-attributable fractions (AAFs) for the entire WHO European Region. The AAFs denote the proportion of deaths that are caused by alcohol (World Health Organization 2022)
Abbildung 6: Präklinische Beweise für die Wirkung einer ketogenen Diät auf Tumorwachstum und -progression (Weber et al. 2018)
1. Einleitung
1.1 Epidemiologie von Krebserkrankungen
In Österreich erkrankenjährlich etwa 42.000 Menschen an Krebs bzw. bösartigen Tumoren, wobei die Inzidenz dieser Erkrankung mit steigendem Alter zunimmt. Männer sind häufiger betroffen als Frauen. Malignome sind sowohl für Männer als auch für Frauen nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen die zweithäufigste Todesursache durch nicht übertragbare Krankheiten (Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz 2022b). Weltweit gab es im Jahr 2020 schätzungsweise 18,1 Millionen Krebsfälle. Davon entfielen 9,3 Millionen Fälle auf Männer und 8,8 Millionen auf Frauen (World Cancer Research Fund 2022c).
Im Jahr 2019 erkrankten in Österreich 22.614 Männer und 19.161 Frauen an Krebs. Die häufigsten Diagnosen waren Brustkrebs bei Frauen und Prostatakrebs bei Männern, gefolgt von Lungenkrebs und Darmkrebs (siehe Abb. 1). 2019 machte Brustkrebs etwa 30 % der Neuerkrankungen bei Frauen aus und ist demnach auch die häufigste krebsbedingte Todesursache. Prostatakrebs machte 2019 nur ein Viertel (27 %) aller bei Männern neu diagnostizierten bösartigen Erkrankungen aus und war 2019 für etwa einen von acht krebsbedingten Todesfällen bei Männern verantwortlich. Lungenkrebs lag 2019 mit 2.061 Frauen und 2.770 Männern an zweiter Stelle bei den Krebsneuerkrankungen. Mit 21 % ist Lungenkrebs die häufigste krebsbedingte Todesursache bei Männern (Statistik Austria 2022).
Abbildung 1: Krebsneuerkrankungen in Österreich 2019 (APA/ORF2022).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1.2 Ernährung und Krebs
Bei der Entstehung von Krebs spielen viele Faktoren zusammen, wobei Alter, genetische Anfälligkeit und Umweltfaktoren einen erheblichen Einfluss haben. Es besteht eine starke Wechselbeziehung zwischen Lebensstil, Ernährung und Krebs (Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz 2022a). Das Krebsrisiko ist nicht nur eine Frage der Vererbung oder des Alters, sondern beruht maßgeblich auf falscher Ernährung und Rauchen. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) berichtet im World Cancer Report, dass etwa 35 % der onkologischen Erkrankungen auf die Ernährung und 30 % auf das Rauchen zurückzuführen sind (Behrendt 2014). Schätzungsweise 30-40 % aller Krebserkrankungen lassen sich allein durch einen gesünderen Lebensstil und bewusster Ernährung verhindern (Donaldson 2004).
Ein altes Sprichwort von Sokrates besagt:
„Essen und Trinken hältLeib und Seele zusammen.“
Früher wie auch heute, besitzt die Ernährung einen hohen Stellenwert. Eine ausgewogene und gesunde Ernährung ist für die Erhaltung und Wiederherstellung der Gesundheit von großer Bedeutung.
1.3 Fragestellung und Zielsetzung
Ziel dieser Bachelorarbeit soll die Beantwortung der Frage sein, ob man durch die Ernährung und Lebensstilfaktoren Krebserkrankungen vorbeugen kann oder ob bestimmte Ernährungsformen einen positiven Effekt auf den Ausgang einer Tumorerkrankung haben können.
Forschungsfrage:
Kann ein gesunder Lebensstil eine vorbeugende Wirkung auf Krebserkrankungen beziehungsweise bestehende Tumorerkrankungen haben?
Im ersten Teil dieser Arbeit werden die Mechanismen zur Krebsentstehung näher erläutert, um ein grundlegendes Verständnis der Karzinogenese zu vermitteln. Zudem wird auf die Otto-Warburg-Hypothese eingegangen, auf welche auch viele der sogenannten „Krebsdiäten“ wie die ketogene Diät basieren. Im nächsten Abschnitt werden tumorfördernde Emährungs- und Lebensstilfaktoren, Schutzfaktoren und daraus resultierende Emährungsempfehlungen zur Krebsprävention diskutiert. Im letzten Abschnitt werden verschiedene Ernährungsformen vorgestellt sowie die Limitationen und Stärken derjeweiligen Therapien erläutert. Abschließend erfolgt ein Fazit und daraufhin resümierend die Beantwortung der Hypothese.
1.4 Methodik
Zunächst wurde nach Betrachtung der Fachliteratur zum Thema Krebs und Ernährung eine Mindmap erstellt, aus der relevante Suchbegriffe und Themen für die systematische Literaturrecherche entwickelt wurden. Danach wurde für die weitere Recherche die Datenbank Pubmed (Medical Literatur On-Line) herangezogen, welche biomedizinische Literatur zur Verfügung stellt. Zudem wurden noch die Datenbank SpringerLink und die Suchmaschine GoogleScholar verwendet, welche umfassende Literatur zum Thema Krebs identifizierten sollten. Die systematische Recherche fand von Juni bis August 2022 statt. Da Pubmed in englischer Sprache verwaltet wird, wurden Suchbegriffe, sogenannte keywords, auf Englisch definiert. Die genutzten MeSH-Terms in PubMed waren unter anderem: cancer, nutrition, cancer diet. Diese MeSH-Terms wurden in PubMed eingesetzt und mit dem booleschen Operator „AND“ verknüpft. Die Studien wurden vornehmlich in englischer, vereinzelt auch in deutscher Sprache veröffentlicht. Um ein möglichst breites Datenspektrum zu erhalten, wurden neben qualitativ hochwertigen systematischen Reviews, Metaanalysen und randomisierten kontrollierten Studien auch klinische Studien und einfache Reviews mit geringerer Evidenz eingeschlossen.
2. Krebs
Krebs ist eine umgangssprachliche Definition und erklärt eine maligne Erkrankung (Brüggemann 2016). Abnorme Zellen teilen sich unkontrolliert und besitzen die Fähigkeit, in andere Gewebe einzudringen. Dies geschieht entweder durch direktes Wachstum in angrenzendes Gewebe, durch Invasion oder durch Implantation in entfernte Stellen durch Metastasierung (Binder et al. 2009). Krebszellen können sich auch über das Blut- und Lymphsystem in andere Teile des Körpers ausbreiten (National Cancer Institute 2021).
Das Karzinom ist ein Krebs, der in der Haut oder in Geweben entsteht und die inneren Organe auskleidet oder bedeckt. Ein Sarkom ist eine Krebsart, die in Knochen, Knorpel, Fett, Muskeln, Blutgefäßen oder anderem Binde- oder Stützgewebe entsteht. Leukämie bezeichnet einen Krebs, der in blutbildendem Gewebe wie dem Knochenmark beginnt und dazu führt, dass zu viele abnorme Blutzellen gebildet werden. Lymphome und multiple Myelome sind Krebsarten, die in den Zellen des Immunsystems entstehen. Krebserkrankungen des zentralen Nervensystems sind Krebsarten, die im Gewebe des Gehirns und des Rückenmarks entstehen (National Cancer Institute 2021).
Die World Health Organization (WHO) definiert Krebs wie folgt:
„Cancer is a large group of diseases that can start in almost any organ or tissue of the body when abnormal cells grow uncontrollably, go beyond their usual boundaries to invade adjoining parts of the body and/or spread to other organs. The latter process is called metastasizing and is a major cause of death from cancer. A neoplasm and malignant tumour are other common names for cancer.“ (o.S.) (World Health Organization 2019).
Der menschliche Körper besteht aus Billionen von Zellen, und Krebs kann fast überall entstehen. Normalerweise wachsen und vermehren sich die menschlichen Zellen durch Zellteilung, um neue Zellen zu bilden, wenn der Körper sie benötigt. Wenn Zellen altern oder beschädigt werden, sterben sie ab und neue Zellen treten an ihre Stelle. Manchmal bricht dieser geordnete Prozess zusammen und abnormale oder geschädigte Zellen wachsen und vermehren sich, obwohl sie dies nicht sollten. Diese Zellen können wiederum Tumore bilden, d. h. Klumpen von Gewebe (National Cancer Institute 2021).
2.1 Benigne und Maligne Tumore
Ein Tumor (Geschwulst, entartetes Gewebe) entsteht, wenn sich körpereigenes Gewebe übermäßig und ungebremst vermehrt (Menche and Schäffler 2014).
Gutartige Tumore (Benigne Tumore) wachsen in der Regel langsam und verdrängen dabei umliegendes Gewebe, dringen aber nicht in dieses ein. Sie besitzen demnach ein nicht-invasives Wachstum (Menche and Schäffler 2014). Nach Entfernung wachsen gutartige Tumore i. d. R. nicht nach, sie können jedoch manchmal sehr groß werden und ernsthafte Symptome verursachen oder lebensbedrohlich sein, wie beispielsweise gutartige Tumore im Gehirn (National Cancer Institute 2021).
Bösartige Tumore (Maligne Tumore, Malignome) bestehen aus bösartigen Zellen, die meist schnell wachsen, in benachbartes Gewebe eindringen, was auch als invasives, infiltrierendes Wachstum bezeichnet wird, und Metastasen bilden. In der Regel verlaufen sie unbehandelt tödlich. Ausschließlich bösartige Tumore werden als Krebs bezeichnet (Menche and Schäffler 2014).
2.2 Entstehung und Eigenschaften von Krebszellen
Krebs ist eine komplexe Krankheit, für deren Ursache es bisher keine einheitliche Erklärung gibt (Cao 2017). Das Erbgut spielt eine zentrale Rolle bei der Entstehung von Krebs. Durch schadhafte DNA können Körperzellen entarten. Die Zellteilung ist ein wichtiger Prozess, der es dem Körper ermöglicht, zu wachsen und Gewebe zu erneuern. Dazu muss die DNA der Mutterzelle fehlerfrei auf die Tochterzellen übertragen werden. Auch hier kommen Reparaturmechanismen ins Spiel, die oft kleinere Schäden erkennen und reparieren können. Wennjedoch die falsche Kopie des genetischen Materials unentdeckt und bestehen bleibt, spricht man von einer Mutation. In den meisten Fällen sterben Zellen mit einer großen Anzahl von Mutationen schnell ab und schützen den Körper vor weiteren Schäden. Der kontrollierte Selbstmord von Zellen wird auch als Apoptose bezeichnet. Es handelt sich um einen intrinsischen Schutzmechanismus. Die Störung der Apoptose ist maßgeblich für die Tumorentstehung verantwortlich, da mutierte Zellen nicht absterben und sich ungebremst vermehren können (National Cancer Institute 2021).
Mutationen in zwei verschiedenen Arten von Genen, den Onkogenen und Tumorsuppressorgenen, werden besonders mit der Entstehung von Krebs in Verbindung gebracht. Beide Typen kommen auch in gesunden Zellen vor und regulieren Zellwachstum und - differenzierung. Kommt es im Laufe des Lebens vermehrt zu Mutationen in diesen Genabschnitten und versagen Reparaturmechanismen, kann dies zu einem unkontrollierten Tumorwachstum führen (Romano 2022).
Genetische Veränderungen, die Krebs verursachen können, entstehen durch (National Cancer Institute 2021):
- Fehler, die bei der Zellteilung auftreten,
- Schäden an der DNA, die durch schädliche Stoffe in der Umwelt verursacht werden, wie z. B. Chemikalien im Tabakrauch und ultraviolette Strahlen der Sonne,
- Vererbung durch die Eltern.
Normalerweise beseitigt der Körper Zellen mit geschädigter DNA, bevor sie krebserregend werden. Aber die Fähigkeit des Körpers, dies zu tun, nimmt mit zunehmendem Alter ab. Dies ist einer der Gründe, warum das Krebsrisiko in späteren Lebensjahren höher ist. Der Krebs eines jeden Menschen weist eine einzigartige Kombination genetischer Veränderungen auf. Wenn der Krebs weiterwächst, treten weitere Veränderungen auf. Selbst innerhalb desselben Tumors können verschiedene Zellen unterschiedliche genetische Veränderungen aufweisen (National Cancer Institute 2021).
2.3 Tumorgenese: Kennzeichen der Tumorzellen
Unter Tumorgenese (Karzinogenese) versteht man den Erwerb bösartiger Eigenschaften in normalen Zellen (Cao 2017).
Die Kennzeichen von Krebs umfassen sechs biologische Fähigkeiten, die während der mehrstufigen Entwicklung menschlicher Tumore erworben werden. Die Kennzeichen stellen ein Organisationsprinzip dar, um die Komplexität neoplastischer Erkrankungen zu erklären (Siehe Abb. 2) (Hanahan and Weinberg 2011):
1. Selbstversorgung mit Wachstumssignalen („sustaining proliferative signaling“):
Während gesunde Körperzellen auf externe Signale angewiesen sind, um zu wachsen, erzeugen bösartige Zellen die meisten ihrer Wachstumssignale von selbst.
2. Unempfindlichkeit gegenüber wachstumsinhibitorischen Signalen („evading growth suppressors“:
Bestimmte Signale hemmen das Zellwachstum und erhalten so die Homöostase im gesunden Gewebe aufrecht. Krebszellen können diesen Signalen ausweichen.
3. Umgehung der Apoptose („resisting cell death“):
Apoptose, der freiwillige Zelltod, ist eine wirksame Strategie gegen die maligne Zellproliferation. Wenn Zellenjedoch bösartig werden, entwickeln sie Mechanismen, um der Apoptose zu entgehen.
4. Unbegrenztes replikatives Potenzial („enabling replicative immortality“):
Normale Körperzellen können sich nicht unbegrenzt teilen, da sich die sogenannten Telomere, die Endstücke der Chromosomen, beijeder Teilung verkürzen. Krebszellen hingegen können sich immer weiter teilen, weil sie ihre Telomere kontinuierlich verlängern.
5. Fortwährende Angiogenese („inducing angiogenesis“):
Da ein wachsender Tumor einen erhöhten Bedarf an Nährstoffen und Sauerstoff hat, lernt er gezielt die Bildung neuer Blutgefäße anzuregen.
6. Gewebsinvasion und Metastasierung („activating invasion and metastatis“):
Eines der Hauptmerkmale von Krebs ist die Fähigkeit von Zellen, in fremdes Gewebe einzudringen, es zu besiedeln und darin zu wachsen. Zu diesem Zweck werden Enzyme wie Matrix-Metalloproteinasen (MMPs) hergestellt.
(Hanahan and Weinberg 2011)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2011 kamen vier weitere Fähigkeiten von Tumorzellen hinzu (siehe Abb. 3):
1. Genomische Instabilität und Mutationen („genome instability and mutation“):
Genomische Instabilität und das Ansammeln von Mutationen charakterisieren Tumorzellen und ermöglichen ihnen, günstige Genotypen zu erwerben.
2. Tumor-fördernde Entzündung („tumor-promoting inflammation“):
Entzündungsprozesse scheinen viele der beschriebenen Merkmale zu fördern, weil sie Wachstums- und Überlebensfaktoren freisetzen. Auch reaktive Sauerstoffspezies können entstehen, die dann zu weiteren Mutationen in Krebszellen führen.
3. Spezifische Veränderungen des Energie- und Intermediärstoffwechsels („deregulating cellular energetics“):
Krebszellen benötigen viel Energie, daher stellen sie ihren Stoffwechsel um, um mehr Energie zu produzieren. So nutzen sie beispielsweise die aerobe Glykolyse zur Energiegewinnung auch dann, wenn genügend Sauerstoff vorhanden ist (Warburg-Effekt).
4. Veränderte Immunantwort („avoiding immune destruction“):
Krebszellen haben Wege entwickelt, um sich den vielen Überwachungsmechanismen des Immunsystems zu entziehen (Hanahan and Weinberg 2011).
Abbildung 3: Emerging Hallmarks and Enabling Characteristics (Hanahan and Weinberg 2011).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.4 Krebsentstehung: Die Warburg-Hypothese
Otto Heinrich Warburg (1883-1970) war ein deutscher Biochemiker, Arzt und Physiologe. Er zählte zu den hervorragendsten Biochemikern des 20. Jahrhunderts und erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter 1931 den Nobelpreis für Physiologie für seine epochalen Arbeiten zum Mechanismus der Zellatmung (Gressner and Gressner 2017).
Zellen benötigen Brennstoff zur Energiegewinnung. Der Hauptbrennstoff ist ein einfacher Zucker, Glukose, der von den Zellen verarbeitet wird, um Energie freizusetzen. In Zellen, die über reichlich Sauerstoff verfügen, geschieht dies normalerweise in drei Stufen - Glykolyse, Citratzyklus und oxidative Phosphorylierung. In Krebszellen ist diesje- doch nicht der Fall. Krebszellen neigen dazu, Glukose bevorzugt nur über die Glykolyse zu verstoffwechseln, anstatt alle drei Stufen zu durchlaufen. Dies geschieht in gesunden Zellen nur, wenn nicht genügend Sauerstoff vorhanden ist (Bandurek 2021).
Die Warburg-Hypothese, die manchmal auch als Warburg-Theorie des Krebses bezeichnet wird, postuliert, dass die Ursache der Tumorentstehung in einer unzureichenden Zellatmung liegt, die durch eine Schädigung der Mitochondrien verursacht wird (Warburg 1956). Anders als die Mitochondrien gesunder Zellen gewinnen Tumorzellen Energie durch einen nicht-oxidativen Glukosestoffwechsel, also durch Gärung (Verisana 2019). Fette und ihre Bestandteile, wie zum Beispiel Fettsäuren, werden von Krebszellen nur zu einem geringen Teil verwertet (Micksche 2018). Krebszellen benötigen sehr viel Glukose, was seither als „Warburg-Effekt" bezeichnet wird (Bandurek 2021).
Bei seinen Beobachtungen von Krebszellen fand Warburg sehr hohe Gehalte an Laktat (Milchsäure). Milchsäure ist ein typisches Gärungsprodukt der anaeroben Verwertung von Glukose. Daraus schloss Warburg, dass Krebszellen im Gegensatz zu normalen Zellen auch ohne Sauerstoff überleben können. Sie vergären den größten Teil ihres Zuckers zu Milchsäure. Der Abbau der Nährstoffe ist viel stärker als bei normaler Verbrennung. Dadurch wachsen Krebszellen schneller und teilen sich häufiger. Dies ist eine grundlegende Aussage, da sie Unterschiede in der Funktionsweise gesunder Zellen und Krebszellen aufzeigt. Unter dieser Annahme war er überzeugt, eine Ursache für die Entstehung von Krebs gefunden zu haben (Verisana 2019).
Diese These wurde mehrere Jahrzehnte lang untersucht und debattiert (Ristow and Cuezva 2009). Anders als Nobelpreisträger Otto Heinrich Warburg glauben viele Wissenschaftler nicht, dass Krebs eine durch Mitochondrien verursachte Krankheit ist. Sie vermuten, dass mitochondriale Störungen nicht die Ursache, sondern nur die Folge von Krebs sind (Verisana 2019). Die Entwicklung der Molekularbiologie und die Entdeckung von Onkogenen und Tumorsuppressorgenen in den darauffolgenden Jahren verlagerte das allgemeine Interesse an Krebs in andere Richtungen als den Stoffwechsel (Ristow and Cuezva 2009).
Tatsächlich ist der Warburg-Effekt die Grundlage für die Bildgebung vieler Tumore. PET-Scans weisen eine speziell markierte Form von Glukose nach, die im Tumor stärker konzentriert ist als in gesunden Zellen. Es ist nicht genau klar, warum Krebszellen dies tun, aber es scheint wahrscheinlich, dass es Vorteile hat, um sicherzustellen, dass genügend Bausteine für sich schnell teilende Zellen verfügbar sind (Bandurek 2021).
Neuere Forschungsansätze befassen sich mit dem Einsatz von Emährungstherapien, um Krebszellen Energie zu entziehen. Durch den Entzug von Glukose aus der Nahrung, entweder als Einfachzucker oder in Form von Kohlenhydraten könnten die Krebszellen nicht mehr wachsen, sich nicht vermehren und somit nicht überleben, obwohl der Körper in der Lage ist, Glukose für den Stoffwechsel zu produzieren, wenn keine Nahrungsquellen vorhanden sind (Bandurek 2021).
Studie: Induktion des oxidativen Stoffwechsels durch mitochondriales Frataxin hemmt das Krebswachstum (Schulz et al. 2006):
2005 ist es Forschern des Deutschen Institutfür Ernährungsforschung Jena und der Berliner Charité gelungen, die Krebstheorie von Warburg zu beweisen. Durch Hemmung der Zellatmung konnten sie zuvor unscheinbare Zellen dazu bringen, sich wie Tumore zu vermehren.
Ristow und seine Kollegen haben menschliche Dickdarmkrebszellen genetisch manipuliert, um ungewöhnlich große Mengen eines spezifischen Proteins namens Frataxin zu produzieren, ein Protein, welches an der Zellatmung beteiligt ist. Auf diese Weise zwangen sie Krebszellen effektiv von der Gärung auf die Zellatmung umzuschalten, um Energie zu produzieren. Die Krebszellen, die Frataxin überexprimierten, wiesen einen erhöhten oxidativen Stoffwechsel, verringerte Wachstumsraten und eine verringerte Fähigkeit zur Tumorbildung auf, wenn sie zuvor in Nacktmäuse injiziert wurden.
Daraus schlossen sie, dass ein erhöhter oxidativer Stoffwechsel das bösartige Wachstum in Säugetieren unterdrückt und Frataxin als metabolisch aktives mitochondriales Tumorsuppressorprotein fungieren könnte (Schulz et al. 2006).
Obwohl Warburg die Hypothese aufstellte, dass ein Anstieg der Glykolyse die Hauptursache für bösartiges Wachstum sein könnte, deuten die aktuellen Ergebnisse eher darauf hin, dass die Effizienz der mitochondrialen Energieumwandlung der entscheidende metabolische Faktor sein könnte. Ob die Verfügbarkeit von Sauerstoff mit dem Wachstum solcher Zellen korreliert, muss noch untersucht werden. In diesem Zusammenhang ist es denkbar, die Aktivität von Frataxin mit Anti-Tumor-Medikamenten und damit den Zellstoffwechsel zu beeinflussen. Ob die Hemmung der Zellatmung tatsächlich zur Entstehung neuer Tumore führt oder lediglich deren Wachstum fördert, bleibt abzuwarten (Schulz et al. 2006).
3. Risikofaktoren für die Entstehung von Krebs
Häufig wird angenommen, dass es sich bei Krebs um eine Erbkrankheit handelt. Dies ist aber nicht immer der Fall. Jeder Mensch besitzt eine angeborene oder erworbene Anfälligkeit für viele verschiedene Krankheiten, die mehr oder weniger stark ausgeprägt ist. In den allermeisten Fällen führt diese Anfälligkeit nur dann zu einer tatsächlichen Krankheit, wenn sie durch äußere Faktoren ausgelöst wird (World Cancer Research Fund/American Institute for Cancer Research 2009).
Nach heutigem Kenntnisstand werden 80-90 % der bösartigen Tumore durch externe Umweltfaktoren, auch Karzinogene genannt, verursacht. Epidemiologische Studien haben bewiesen, dass die Hauptverantwortlichen für die Entwicklung bösartiger Neoplasien beim Menschen Umweltfaktoren sind, die auf das menschliche Verhalten zurückgeführt werden können (Lewandowska et al.2019).
Die Forschung hat gezeigt, dass bestimmte Risikofaktoren die Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu erkranken, erhöhen können. Zudem gibt es Faktoren, die mit einem geringeren Krebsrisiko verbunden sind. Diese werden als schützende Risikofaktoren oder auch als Schutzfaktoren bezeichnet. Obwohl einige Risikofaktoren vermieden werden können, sind andere wie das Älterwerden nicht vermeidbar (National Cancer Institute 2015b).
3.1 Alter
Mit zunehmendem Alter steigt das Risiko, an Krebs zu erkranken. Nach den jüngsten statistischen Daten des NCI-Programms für Überwachung, Epidemiologie und Endergebnisse (SEER) liegt das Durchschnittsalter bei einer Krebsdiagnose bei 66 Jahren. Das Durchschnittsalter bei der Diagnose von Brustkrebs liegt bei 62 Jahren, bei Darmkrebs bei 67 Jahren, bei Lungenkrebs bei 71 Jahren und bei Prostatakrebs bei 66 Jahren (siehe Abb. 4) (National Cancer Institute 2015a).
Abbildung 4: Incidence rates by age at diagnosis, all cancer typesm all races, both sexes (National Cancer Institute 2015a).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Age at Diagnosis
Dennoch kann Krebs injedem Alter auftreten. Knochenkrebs wird zum Beispiel am häufigsten bei Kindern und Jugendlichen unter 20 Jahren diagnostiziert. Etwa ein Viertel der Fälle tritt in dieser Altersgruppe auf. Bei Kindern und Jugendlichen werden 12 % aller Krebserkrankungen des Gehirns und anderer Nervensysteme diagnostiziert, während nur 1 % der gesamten Krebserkrankungen insgesamt in dieser Altersgruppe diagnostiziert werden (National Cancer Institute 2015a). Da der Alterungsprozess selbst unvermeidlich ist, wird das Alter selten als wichtigster Risikofaktor für die Krebsentstehung angesehen. Stattdessen wird dieses als wichtigste Störgröße betrachtet, die immer berücksichtigt werdenmuss (Bertz 1999).
3.2 Alkoholkonsum
Der Alkoholkonsum nimmt in vielen Ländern zu und ist weltweit eine der Hauptursachen für Krebs (Boffetta and Hashibe 2006). Etwa 4 % aller Krebserkrankungen weltweit werden durch Alkoholkonsum verursacht. Der Konsum von Alkohol erhöht das Risiko für mehrere Krebsarten, darunter Krebs des oberen Verdauungstrakts, der Leber, des Dickdarms und der Brust (Siehe Abb. 5) (Rumgay et al. 2021). Ein Zusammenhang wird auch für Krebserkrankungen der Bauchspeicheldrüse und der Lunge vermutet (Boffetta and Hashibe 2006).
Abbildung 5: Displayed are alcohol-attributable fractions (AAFs)for the entire WHO European Region. TheAAFs denote theproportion ofdeaths that are caused by alcohol (World Health Organization 2022).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Alkoholische Getränke erhöhen das Krebsrisiko unabhängig von der Art des konsumierten alkoholischen Getränks. Dies liegt daran, dass Ethanol eine wichtige krebserregende Verbindung ist. Das Ausmaß, in dem alkoholische Getränke eine Ursache für verschiedene Krebsarten sind, hängt von der Menge und der Häufigkeit des Alkoholkonsums ab (World Cancer Research Fund 2021).
Die genauen Mechanismen des Zusammenhangs zwischen Alkoholkonsum und bestimmten Krebsarten sind noch nicht vollständig geklärt. Zahlreiche Experimente haben gezeigt, dass Acetaldehyd, der wichtigste und giftigste Metabolit des Alkohols, die DNASynthese und -Reparatur stört und somit zu einer karzinogenen Kaskade beitragen kann. Höherer Alkoholkonsum führt auch zu oxidativem Stress durch eine erhöhte Produktion reaktiver Sauerstoffspezies, die potenziell genotoxisch ist. Zudem wird vermutet, dass Alkohol die DNA-Reparaturmechanismen beeinträchtigen kann. Ein hoher Alkoholkonsum kann auch dazu führen, dass die Ernährung einen Mangel an essenziellen Nährstoffen wie Folsäure aufweist, wodurch die Zielgewebe anfälliger für die karzinogenen Wirkungen von Alkohol werden (World Cancer Research Fund 2021).
3.2.1 Alkohol und Nierenkrebs: Der umgekehrte Zusammenhang
Bis zu zwei alkoholische Getränke pro Tag oder bis zu 30 g Alkohol pro Tag verringern das Risiko für Nierenkrebs. Die Mechanismen, die den umgekehrten Zusammenhang zwischen mäßigem Alkoholkonsum und Nierenkrebsrisiko erklären könnten, sind ungewiss, scheinen aber für die verschiedenen Nierenkrebs-Subtypen konsistent zu sein. Zu den möglichen biologischen Mechanismen, die vorgeschlagen werden, gehören verbesserte Blutfettprofile bei Menschen, die mäßig Alkohol trinken und höhere Adi- ponektinspiegel. Es wurde vermutet, dass die harntreibende Wirkung des Alkohols zum Teil für das geringere Nierenkrebsrisiko bei Alkoholkonsumenten verantwortlich sein könnte (World Cancer Research Fund 2021).
3.2.2 Kann eine Kombination aus Alkohol und Tabak das Krebsrisiko erhöhen?
Die Forschung zeigt, dass Menschen, die sowohl Alkohol als auch Tabak konsumieren, ein 30-fach erhöhtes Risiko haben, an Krebserkrankungen der Mundhöhle, des Oropharynx, des Larynx und der Speiseröhre zu erkranken, verglichen mit Menschen, die entweder Alkohol oder Tabak allein konsumieren. Dies beruht auf folgenden Mechanismen: Alkohol wirkt als Lösungsmittel für andere krebserregende Stoffe und erleichtert so die Aufnahme von krebserregenden Stoffen in Zellen des Mund- und Rachenraums, dadurch können Tabakgifte leichter durchdringen und die Entstehung von Krebs begünstigen. Zudem enthält Tabakrauch Formaldehyd, eine giftige Chemikalie, die dem Acetaldehyd ähnelt und beim Abbau von Alkohol entsteht. Außerdem kann die Kombination von Alkohol und Tabak den körpereigenen Abwehrmechanismus des Körpers überwältigen und so die Entstehung von Krebs fördern (World Health Organization 2022).
3.3 Tabakkonsum
Menschen, die Tabakprodukte konsumieren oder sich regelmäßig in der Umgebung von Tabakrauch aufhalten, auch Passivrauchen genannt, haben ein erhöhtes Krebsrisiko, da Tabakprodukte viele Chemikalien enthalten, die die DNA schädigen (National Cancer Institute 2017). Bis zu 30 % der Krebstodesfälle sind aufTabakrauchen zurückzuführen. Rauchen steht in kausalem Zusammenhang mit Krebserkrankungen des Oropharynx, des Kehlkopfs, der Lunge, der Speiseröhre, des Magens, der Bauchspeicheldrüse, der Leber, der Galle, des Dickdarms, der Niere, des Harnleiters, der Harnblase, des Gebärmutterhalses und der Eierstöcke sowie mit Leukämie (Scherübl 2021).
Der Zigarettenrauch enthält Tausende von Chemikalien. Davon sind Hunderte als schädliche Toxine bekannt und mehr als 65 davon sind krebserregend (Alberg 2021). Dazu gehören polyzyklische und heterozyklische Kohlenwasserstoffe, N-Nitrosamine, aromatische Amine, Aldehyde, anorganische Komponenten und radioaktive Elemente.
Im Tabakrauch enthaltene Karzinogene verursachen DNA-Schäden, die durch verschiedene enzymatische Wege repariert werden könnten. Bei Rauchern ist diese DNA-Reparaturkapazität beeinträchtigt, was zu einem erhöhten Krebsrisiko führt (Drings 2004). Zudem schädigt Rauchen die Atemwege und die Alveolen in der Lunge. Diese Schädigung beginnt schon bald nach Beginn des Rauchens, zudem kann sich die Lungenfunktion fortschreitend verschlechtern. Dennoch kann es Jahre dauern, bis sich das Problem so stark bemerkbar macht, dass eine Lungenerkrankung diagnostiziert werden kann. Rauchschäden in der Lunge können zu schwerwiegenden langfristigen Lungenkrankheiten wie der chronisch obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) führen. Außerdem kann Rauchen das Risiko von Lungeninfektionen wie Lungenentzündung und Tuberkulose erhöhen und einige bestehende Lungenkrankheiten wie Asthma verschlimmern (The American Cancer Society 2020).
3.4 Übergewicht
Eine über das normale Maß hinausgehende Akkumulation des Fettgewebes wird als Adipositas bezeichnet. Die Klassifizierung der Adipositas erfolgt zumeist nach dem BMI, weil dieser mit dem Körperfettgehalt gut korreliert. Ab einem BMI von 25 spricht man von Übergewicht, ab einem BMI von 30 von Adipositas und ab einem BMI von 40 von extremer Adipositas (Biesalski et al. 2020). Laut Statistik Austria waren bis 2019 34,5 % aller Österreicher über 15 Jahre übergewichtig und rund 17 Prozent von ihnen adipös (Statistik Austria 2020).
Die Zahl der durch Fettleibigkeit verursachten Krebsfälle wird auf 20 % geschätzt, wobei das erhöhte Risiko bösartiger Erkrankungen von der Ernährung, der Gewichtsveränderung und der Körperfettverteilung sowie der körperlichen Aktivität beeinflusst wird (De Pergola and Silvestris 2013). Aus Berichten der Internationalen Agentur für Krebsforschung und des Weltkrebsforschungsfonds (WCRF) geht hervor, dass die stärksten Beweise für einen Zusammenhang zwischen Fettleibigkeit und den folgenden Krebsarten bestehen: Endometrium- und Ösophagus-Adenokarzinom, kolorektal Karzinom, Brustkrebs nach der Menopause, Prostatakrebs und Nierenkrebs (De Pergola and Silvestris 2013).
Eine der häufigsten Ursachen für Übergewicht ist eine einseitige Ernährung, die den individuellen Energiebedarf übersteigt, oft verbunden mit Bewegungsmangel. Weitere Faktoren, die bei der Entstehung von Adipositas eine Rolle spielen können, sind familiäre Veranlagungen, Stoffwechselstörungen oder im Einzelfall die Einnahme bestimmter Medikamente (Henß and Kaiser-Osterhues 2013). Fettgewebe fungiert nicht nur als Energiespeicher, sondern produziert auch bestimmte Hormone wie Östrogen, die das Krebswachstum unterstützen können. Ein Übermaß an Östrogen kann das Wachstum von Brusttumoren stimulieren. Übergewichtige Frauen produzieren mehr Östrogen als normalgewichtige Frauen und kommen später in die Wechseljahre, was als Risikofaktor für Brustkrebs nach der Menopause gilt. Zudem produzieren sie auch mehr Insulin, was im Allgemeinen das Wachstum und die Zellteilung fördert. Darüber hinaus werden im Fettgewebe weitere Wachstumsfaktoren produziert, die den Zellabbau und damit das bösartige Wachstum fördern (Henß and Kaiser-Osterhues 2013).
Fast alle Beweise für einen Zusammenhang zwischen Fettleibigkeit und Krebsrisiko stammen aus großen Kohortenstudien, einer Art von Beobachtungsstudien. Mit Daten aus Beobachtungsstudien lässt sich jedoch nicht endgültig nachweisen, dass Fettleibigkeit Krebs verursacht. Das liegt daran, dass sich Menschen mit Fettleibigkeit oder Übergewicht auch in anderer Weise als durch ihr Körperfett von gesunden Menschen ohne diese Erkrankungen unterscheiden können. Es ist möglich, dass diese anderen Unterschiede und nicht das Körperfett das erhöhte Krebsrisiko erklären (National Cancer Institute 2022b).
3.5 Bewegungsmangel
Viele repräsentative Umfragedaten zeigen, dass 35 % der erwachsenen Bevölkerung in Europa körperlich inaktiv sind. Es gibt zahlreiche epidemiologische Belege dafür, dass körperliche Aktivität mit einem geringeren Risiko für Dickdarm-, Endometrium- und Brustkrebs einhergeht. So wird beispielsweise angenommen, dass ein unzureichendes Maß an körperlicher Betätigung für 9 % der Brustkrebsfälle und 10 % der Darmkrebsfälle in Europa verantwortlich ist (Leitzmann et al. 2015).
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- Katrina Stachowitz (Author), 2022, Krebs und Ernährung. Prävention, Risikofaktoren und Krebsdiäten, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1282379
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