Das Erkenntnisinteresse der vorliegenden Arbeit liegt darin herauszufinden, welche Beweggründe sich für die Annexion der Krim durch die Russischen Föderation unter Präsident Putin finden lassen. Da in der einschlägigen Forschungsliteratur vor allem ideologische und geopolitische Perspektiven im Vordergrund standen, soll in dieser Arbeit die Frage beleuchtet werden, inwiefern die Krim-Annexion eine legitimatorische Wirkung für Putin hatte. Damit reiht sich diese Studie in ein Forschungsprogramm ein, das beispielhaft in den Studien "How Crimea pays", "Shortcut to Legitimacy: Popularity in Putin’s Russia" oder "Politik als Krieg: Die Radikalisierung des Putinismus" verfolgt wurde. Um dieses Programm zu ergänzen und eine Forschungslücke zu schließen, soll die Erklärungskraft von Marianne Kneuers (2013) Konzept der externen Legitimation von Autokratien auf die russische Krim-Annexion getestet werden.
Am 18. März 2014 hielt der russische Präsident Wladimir Putin anlässlich der sogenannten „Krim-Annexion“ eine viel beachtete Rede im Kreml, in der er die kulturelle und politische Zugehörigkeit der Krim zu Russland bekräftigte und im Anschluss daran den „Vertrag zum Beitritt der Krim zur Russischen Föderation“ unterzeichnete. Dieser völkerrechtlich umstrittene Vertrag stellte die Wiedervereinigung der Krim mit der Russischen Föderation fest und sprach der Krim den Status eines Föderationssubjekts innerhalb Russlands zu. Zwei Tage zuvor hatte die Bevölkerung der Krim in einem von Berichten über Wahlmanipulationen begleiteten Referendum mit großer Mehrheit beschlossen, der Russischen Föderation beizutreten.
Der Hintergrund der Krim-Annexion ist ein politischer und teils gewaltsamer innenpolitischer Konflikt, der im Spätherbst des Jahres 2013 auf dem Majdan der ukrainischen Hauptstadt Kiew entbrannte. Damals begannen hunderttausende Menschen gegen die Ankündigung der ukrainischen Regierung zu demonstrieren, das geplante Assoziierungsabkommen zwischen der Ukraine und der EU auszusetzen. Daraufhin folgten monatelange Ausschreitungen, in Zuge deren der pro-russische ukrainische Präsident Janukowytsch nach Russland flüchtete und eine pro-europäische Interimsregierung eingerichtet wurde. Dies nahm Putin zum Anlass, auf der Krim und in der Ost-Ukraine militärisch zu intervenieren.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Theorie und Methodik
- 2.1 Legitimation und Legitimität
- 2.2 Legitimationsquellen in demokratischen Regimen nach Scharpf
- 2.3 Legitimationsquellen in autokratischen Regimen nach Kneuer
- 2.4 Die Zwei-Ebenen-Logik und die vier Legitimationsstrategien in Autokratien
- 2.5 Hypothesengenerierung und Operationalisierung
- 3. Fallanalyse: Die Annexion der Krim (2014) durch die Russische Föderation unter Wladimir Putin
- 3.1 Historischer Kontext
- 3.2 Legitimationsquelle Output: Die Krim-Annexion als außenpolitisches Ablenkungsmanöver
- 3.2.1 Wirtschaftliche Defizite
- 3.2.2 Die innenpolitische Krise Putins: Die Moskauer Proteste 2011-2012 und sinkende Popularitätswerte
- 3.2.3 Die Expansion der NATO als Sicherheitskrise
- 3.2.4 Die militärische Intervention Russlands auf der Krim
- 3.2.5 Zwischenfazit: War die Krim-Annexion ein außenpolitisches Ablenkungsmanöver?
- 3.3 Legitimationsquelle Wir-Identität: Außenpolitische Ziele und identitätsorientierter Diskurs
- 3.3.1 Nationale Minderwertigkeitskomplexe und der „Große Vaterländische Krieg“
- 3.3.2 Der Neo-Eurasismus und die Doktrin der „russischen Welt“
- 3.3.3 Feindbildkonstruktion: Der liberal-demokratische Westen
- 3.3.4 Zwischenfazit: Wurde die Krim-Annexion in einen affektiven und identitätsorientierten Diskurs eingebunden?
- 4. Kritische Würdigung des Konzepts der externen Legitimation von Autokratien
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Beweggründe hinter der Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014 unter Präsident Putin. Im Gegensatz zu bisherigen Forschungsansätzen, die sich vorwiegend auf ideologische und geopolitische Perspektiven konzentrieren, wird hier der legitimatorische Effekt der Krim-Annexion für Putin analysiert. Die Studie trägt zu einem Forschungsbereich bei, der die Legitimation autokratischer Regime untersucht.
- Legitimation autokratischer Herrschaft
- Analyse der Krim-Annexion als Legitimationsstrategie
- Die Rolle innenpolitischer und außenpolitischer Faktoren
- Kneuer's Konzept der externen Legitimation
- Identitätspolitische und wirtschaftspolitische Aspekte
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Die Einleitung beschreibt die Annexion der Krim im März 2014 und den umstrittenen Vertrag über den Beitritt der Krim zur Russischen Föderation. Sie skizziert den politischen und gewaltsamen Konflikt auf dem Maidan in Kiew als Hintergrund und formuliert die Forschungsfrage nach den Beweggründen Putins für die Annexion, insbesondere im Hinblick auf deren legitimatorische Wirkung.
2. Theorie und Methodik: Dieses Kapitel legt die theoretischen Grundlagen der Arbeit dar, indem es Konzepte der Legitimation und Legitimität erläutert. Es wird auf die Legitimationsquellen in demokratischen und autokratischen Regimen eingegangen, wobei insbesondere das Konzept der externen Legitimation nach Kneuer im Fokus steht. Die Kapitel beschreibt die Methodik und die Hypothesenbildung.
3. Fallanalyse: Die Annexion der Krim (2014) durch die Russische Föderation unter Wladimir Putin: Dieser umfangreiche Kapitel analysiert die Krim-Annexion detailliert. Er untersucht den historischen Kontext, und untersucht die Krim-Annexion als legitimatorische Strategie unter zwei Aspekten: Zum einen als außenpolitisches Ablenkungsmanöver (Output-Legitimation), das von innenpolitischen Problemen wie wirtschaftlichen Defiziten, sinkenden Popularitätswerten Putins und der wachsenden Sicherheitsbedrohung durch die NATO ablenken sollte. Zum anderen beleuchtet der Kapitel die Annexion als Instrument der Wir-Identität (Identitäts-Legitimation). Hierbei werden nationale Minderwertigkeitskomplexe, der Neo-Eurasismus, und die Konstruktion eines Feindbildes (Westen) analysiert, um zu verstehen, wie die Annexion in einen affektiven und identitätsorientierten Diskurs eingebunden wurde.
4. Kritische Würdigung des Konzepts der externen Legitimation von Autokratien: Dieses Kapitel evaluiert das Konzept der externen Legitimation im Lichte der Fallstudie. Es bewertet die Stärken und Schwächen des Konzepts und diskutiert mögliche Verbesserungen oder Erweiterungen im Hinblick auf die Analyse autokratischer Legitimationsstrategien.
Schlüsselwörter
Krim-Annexion, Wladimir Putin, Russland, externe Legitimation, Autokratien, innenpolitische Krise, außenpolitische Strategie, nationale Identität, Neo-Eurasismus, Sicherheitskrise, NATO-Expansion, Legitimationsquellen, Wir-Identität, Feindbildkonstruktion.
Häufig gestellte Fragen zur Arbeit: Die Krim-Annexion als Legitimationsstrategie Wladimir Putins
Was ist das Thema der Arbeit?
Die Arbeit analysiert die Beweggründe hinter der Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014 unter Präsident Putin. Im Mittelpunkt steht die Untersuchung des legitimatorischen Effekts dieser Annexion für Putins Herrschaft. Im Gegensatz zu anderen Forschungsansätzen, die sich primär auf ideologische und geopolitische Perspektiven konzentrieren, wird hier der legitimatorische Aspekt im Vordergrund betrachtet.
Welche theoretischen Konzepte werden verwendet?
Die Arbeit stützt sich auf Konzepte der Legitimation und Legitimität, insbesondere auf die Legitimationsquellen in demokratischen und autokratischen Regimen nach Scharpf und Kneuer. Ein zentraler Begriff ist Kneuers Konzept der externen Legitimation von Autokratien.
Welche Methodik wird angewendet?
Die Arbeit verwendet eine Fallstudie, die sich auf die Krim-Annexion konzentriert. Es werden sowohl innenpolitische als auch außenpolitische Faktoren analysiert, um die Legitimationsstrategien Putins zu verstehen.
Welche Hypothesen werden aufgestellt und untersucht?
Die Arbeit untersucht, inwieweit die Krim-Annexion als außenpolitisches Ablenkungsmanöver (Output-Legitimation) diente, um von innenpolitischen Problemen abzulenken. Weiterhin wird analysiert, wie die Annexion in einen identitätsorientierten Diskurs eingebunden wurde (Identitäts-Legitimation), um die Unterstützung der Bevölkerung zu gewinnen.
Welche Aspekte der Krim-Annexion werden untersucht?
Die Analyse umfasst den historischen Kontext, wirtschaftliche Defizite in Russland, die innenpolitische Krise Putins, die NATO-Osterweiterung, nationale Minderwertigkeitskomplexe, den Neo-Eurasismus, die Konstruktion eines Feindbildes (der liberal-demokratische Westen) und die Rolle des identitätsorientierten Diskurses.
Wie wird die Krim-Annexion als Legitimationsstrategie bewertet?
Die Arbeit untersucht die Krim-Annexion als Strategie, um sowohl Output- als auch Identitätslegitimation zu erreichen. Es wird analysiert, inwieweit die Annexion dazu beitrug, Putins Herrschaft zu stabilisieren und seine Popularität zu stärken.
Welche Schlussfolgerungen werden gezogen?
Die Arbeit bewertet das Konzept der externen Legitimation im Lichte der Fallstudie und diskutiert dessen Stärken und Schwächen. Sie liefert Erkenntnisse über die Legitimationsstrategien autokratischer Regime und deren Wirksamkeit.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit am besten?
Krim-Annexion, Wladimir Putin, Russland, externe Legitimation, Autokratien, innenpolitische Krise, außenpolitische Strategie, nationale Identität, Neo-Eurasismus, Sicherheitskrise, NATO-Expansion, Legitimationsquellen, Wir-Identität, Feindbildkonstruktion.
Wie ist die Arbeit aufgebaut?
Die Arbeit gliedert sich in eine Einleitung, ein Kapitel zur Theorie und Methodik, eine detaillierte Fallanalyse der Krim-Annexion und ein Kapitel zur kritischen Würdigung des Konzepts der externen Legitimation.
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- Anonym (Author), 2021, Die Annexion der Krim (2014) als außenpolitische Legitimationsstrategie der Russischen Föderation?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1280951