Ziel der Fusionsforschung ist es, die technischen Voraussetzungen für die Energiegewinnung aus der Deuterium-Tritium-Reaktion zu schaffen. Nächster Schritt auf dem Weg dorthin ist die Konstruktion des Experimentalreaktors ITER. Für die erste Wand des Vakuumgefäßes von ITER sind die drei Elemente Beryllium, Kohlenstoff und Wolfram vorgesehen. Nach Erosion im Plasmabetrieb werden die Materialien transportiert und zusammen mit Plasmaverunreinigungen wie zum Beispiel Sauerstoff von Oberflächenoxiden redeponiert. Dies führt zur Bildung von Verbindung durch chemische Reaktionen und diffusive Prozesse angetrieben durch sowohl erhöhte Temperaturen als auch durch Energieeintrag energetischer Partikel.
Aufgrund der Komplexität der stattfindenden Oberflächenprozesse wird für die Analyse eine Methode benötigt, die sowohl qualitative als auch quantitative Daten über die beteiligten chemischen Spezies liefert, wie die Röntgenphotoelektronenspektroskopie (XPS). Da diffusive Prozesse eine Schlüsselrolle in Festkörperreaktionen einnehmen, wird eine tiefenaufgelöste Analytik benötigt. Zu diesem Zweck wird in dieser Arbeit die energievariierte XPS (ERXPS) mit der variablen Photonenenergie am Synchrotron zu einer quantitativen, tiefenaufgelösten Methode weiterentwickelt.
Für die quantitative Analyse wird ein Modell zur Berechnung der tiefenaufgelösten Zusammensetzung unter Berücksichtigung der entsprechenden mittleren freien Weglängen der Photoelektronen, die selbst von der Zusammensetzung abhängen, unter Verwendung numerischer Methoden entwickelt. Als Eingangsparameter dienen die XPS-Daten unter Berücksichtigung aller Parameter, die die Intensität beeinflussen.
Dieses quantitative Modell wird für die Beschreibung der Wechselwirkung energetischer Sauerstoffionen mit der Berylliumwolframlegierung Be2W verwendet. Die Bildung von Be2W ist in ITER an der ersten Wand und im Bereich des Divertors zu erwarten. Die Bestrahlung der Legierung führt zu einer Zersetzung der Legierung. Die Bildung von BeO findet gegenüber der Bildung von Wolframoxiden bevorzugt statt. Bei einer Temperatur von 600 K findet die Reduktion der Wolframoxide statt. Metallisches Be fungiert hier als Reduktionsmittel. O-Diffusion wird der Diffusion von BeO zugeschrieben. Die energievariierte XPS erlaubt in Kombination mit dem neu entwickelten Modell detaillierte Untersuchungen von Multikomponentensystemen unter Berücksichtigung der Tiefenverteilung.
Inhaltsverzeichnis
- Zusammenfassung
- Einleitung
- Theoretische Grundlagen
- Röntgenphotoelektronenspektroskopie
- Tiefenempfindlichkeit
- Energievariierte XPS (ERXPS)
- Datenanalyse
- Experimentelle Methoden
- Materialien
- Präparation der Proben
- Synchrotronexperimente
- Datenanalyse und -auswertung
- Ergebnisse
- BeW-Legierung
- C-W-System
- Diskussion
- Zusammenfassung
- Anhang
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Dissertation befasst sich mit der Entwicklung und Anwendung der energievariierten Röntgenphotoelektronenspektroskopie (ERXPS) zur quantitativen, tiefenaufgelösten Analyse von Oberflächen in der Fusionsforschung. Ziel ist es, die Wechselwirkungen von Beryllium und Berylliumverbindungen mit anderen Materialien in der ersten Wand des ITER-Reaktors zu untersuchen. Die Arbeit befasst sich insbesondere mit den folgenden Themen:
- Entwicklung eines quantitativen Modells für ERXPS-Daten zur Bestimmung der tiefenaufgelösten Zusammensetzung von Oberflächen
- Untersuchung der Bildung und Reduktion von Berylliumoxiden an Berylliumwolfram-Legierungen (BeW)
- Analyse der Carbidisierung von Wolfram in Gegenwart von Berylliumoxid (BeO)
- Bewertung des Einflusses von BeO als Zwischenschicht auf die Diffusionsprozesse in Multikomponentensystemen
Zusammenfassung der Kapitel
- Zusammenfassung: Diese Sektion gibt einen Überblick über die wichtigsten Ergebnisse und Schlussfolgerungen der Arbeit.
- Einleitung: Die Einleitung erläutert den Hintergrund der Fusionsforschung und die Bedeutung der Materialforschung für die Entwicklung eines Fusionskraftwerks. Sie stellt die Herausforderung der Oberflächenprozesse in der ersten Wand des ITER-Reaktors dar und beschreibt die Bedeutung von Beryllium und seinen Verbindungen für die Materialentwicklung.
- Theoretische Grundlagen: Dieses Kapitel führt in die Grundlagen der Röntgenphotoelektronenspektroskopie (XPS) und die Prinzipien der Tiefenempfindlichkeit ein. Es erläutert die Funktionsweise der energievariierten XPS (ERXPS) und beschreibt die notwendigen Methoden zur Datenanalyse.
- Experimentelle Methoden: Dieses Kapitel beschreibt die verwendeten Materialien, die Probenpräparation, die Durchführung der Synchrotronexperimente und die Datenanalyse und -auswertung.
- Ergebnisse: Dieses Kapitel präsentiert die Ergebnisse der ERXPS-Untersuchungen an Berylliumwolfram-Legierungen (BeW) und an Wolfram in Gegenwart von Berylliumoxid (BeO). Die Ergebnisse geben Aufschluss über die Bildung und Reduktion von Berylliumoxiden sowie die Carbidisierung von Wolfram.
- Diskussion: Dieses Kapitel diskutiert die Ergebnisse im Kontext der wissenschaftlichen Literatur und der Bedeutung für die Materialentwicklung in der Fusionsforschung. Es beleuchtet die Limitationen und Perspektiven der ERXPS-Methode und diskutiert den Einfluss der Ergebnisse auf die zukünftige Materialauswahl für die Fusionsforschung.
Schlüsselwörter
Die Arbeit beschäftigt sich mit der energievariierten Röntgenphotoelektronenspektroskopie (ERXPS) als Methode zur Analyse von Oberflächen in der Fusionsforschung. Die zentralen Themen sind die quantitative, tiefenaufgelöste Analyse von Beryllium und Berylliumverbindungen in Multikomponentensystemen. Wichtige Schlüsselbegriffe sind: Röntgenphotoelektronenspektroskopie, energievarierte XPS, Tiefenempfindlichkeit, Beryllium, Berylliumoxid, Wolframoxide, Carbidisierung, ITER, Fusionsforschung, Oberflächenprozesse.
- Quote paper
- Dr. Martin Köppen (Author), 2013, Energievariierte Photoemissionsstudien an berylliumhaltigen Oberflächen für die Fusion, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1280560