Angesichts der anscheinend überraschenden Währungs- und Bankenkrisen in mehreren Schwellenländern Südostasiens Ende der neunziger Jahre und den damit verbundenen schweren Belastungen für die Weltwirtschaft werden die Bestimmungsgründe solcher Krisen mitunter sehr kontrovers diskutiert. 1 Hierbei ist auffällig, dass allgemein in der Wissenschaft nach
wie vor die Entstehung und Transmission von Währungs- und Bankenkrisen unzureichend erforscht sind (vgl. Schmidt 2001). Infolgedessen sind derzeit treffsichere Vorhersagen mittels Frühwarnsystemen zum Zwecke der Krisenprävention nicht möglich. Beispielsweise zeigen wohlüberlegte ökonomische Vorhersagemodelle noch für den Mai 1997 - also unmittelbar vor Ausbruch der Asienkrise Anfang Juli 1997- keine gravierenden Anzeichen für eine unmittelbar bevorstehende Gefahr (vgl. Demirgüç-Kunt und Detragiache 1999). 2
Banken- und Währungskrisen sind nun aber kein neues Phänomen. Die Liste der von diesen Krisen erschütterten Länder ist nicht nur lang, sondern auch seit dem Ende der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts stark anwachsend (vgl. Caprio und Klingebiel 1996, Kaminsky 1998, Kaminsky und Reinhart 1999). Dabei sind Länder unterschiedlichsten Entwicklungsniveaus derlei Krisen ausgesetzt. Bankenkrisen sind für die betroffenen Länder meist sehr kostspielig. Dies ist besonders dann der Fall, wenn sie mit Währungskrisen einhergehen – sog. „Twin Crises“. Außerdem ist auffallend, dass Finanzkrisen in Entwicklungsländern und „Emerging Markets“ wesentlich häufiger und schwerer auftreten als in den Industrieländern (vgl. Caprio und Klingebiel 1996). 3
INHALTSVERZEICHNIS
1. Einleitung
2. Erscheinungsbild und Bestimmungsgründe nationaler Währungskrisen
2.1. Zur Identifikation von Währungskrisen
2.2. Ursachenforschung
3. Erscheinungsbild und Bestimmungsgründe nationaler Bankenkrisen
3.1. Zur Identifikation von Bankenkrisen
3.2. Ursachenforschung
3.2.1. Krisenanfällige Rahmenbedingungen
3.2.2. Krisenauslösende Faktoren
3.2.3. Krisenverstärkende Katalysatoren
4. Schlussbetrachtung
Literaturverzeichnis
Tabelle 1
Tabelle 2
1. Einleitung
Angesichts der anscheinend überraschenden Währungs- und Bankenkrisen in mehreren Schwellenländern Südostasiens Ende der neunziger Jahre und den damit verbundenen schweren Belastungen für die Weltwirtschaft werden die Bestimmungsgründe solcher Krisen mitunter sehr kontrovers diskutiert.[1] Hierbei ist auffällig, dass allgemein in der Wissenschaft nach wie vor die Entstehung und Transmission von Währungs- und Bankenkrisen unzureichend erforscht sind (vgl. Schmidt 2001). Infolgedessen sind derzeit treffsichere Vorhersagen mittels Frühwarnsystemen zum Zwecke der Krisenprävention nicht möglich. Beispielsweise zeigen wohlüberlegte ökonomische Vorhersagemodelle noch für den Mai 1997 - also unmittelbar vor Ausbruch der Asienkrise Anfang Juli 1997- keine gravierenden Anzeichen für eine unmittelbar bevorstehende Gefahr (vgl. Demirgüç-Kunt und Detragiache 1999).[2]
Banken- und Währungskrisen sind nun aber kein neues Phänomen. Die Liste der von diesen Krisen erschütterten Länder ist nicht nur lang, sondern auch seit dem Ende der siebziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts stark anwachsend (vgl. Caprio und Klingebiel 1996, Kaminsky 1998, Kaminsky und Reinhart 1999). Dabei sind Länder unterschiedlichsten Entwicklungsniveaus derlei Krisen ausgesetzt. Bankenkrisen sind für die betroffenen Länder meist sehr kostspielig. Dies ist besonders dann der Fall, wenn sie mit Währungskrisen einhergehen – sog. „Twin Crises“. Außerdem ist auffallend, dass Finanzkrisen in Entwicklungsländern und „Emerging Markets“ wesentlich häufiger und schwerer auftreten als in den Industrieländern (vgl. Caprio und Klingebiel 1996).[3]
Aufgrund der zunehmenden und aktuellen Bedeutung der o.a. Problematik wird es im folgenden Gegenstand dieser Arbeit sein, einen kritischen Forschungsüberblick über die Ursachen nationaler Währungs- und Bankenkrisen zu geben. Dabei werden zunächst im zweiten Gliederungspunkt die allgemeinen Merkmale von Währungsturbulenzen
dargestellt. Danach werden die bisher bekannten Ursachen nationaler Währungskrisen erläutert, wobei das Zusammenspiel von Währungs- und Bankenkrisen (Twin-Crises) ausführlicher im dritten Gliederungspunkt veranschaulicht werden wird. Somit soll eine Doppelaufführung verhindert werden. Ebenso werden dort vorab die Merkmale einer Bankenkrise veranschaulicht. Demnach werden die Ursachen nationaler Bankenkrisen dargelegt. Analog Schmidt (2001) wird eine Differenzierung in drei verschiedene Ursachengruppen vorgenommen. Diese Unterteilung in systemimmanente Krisenrahmenbedingungen, krisenauslösende Faktoren und die Krise verstärkende Katalysatoren soll hilfreich sein, die Krisenanalyse ursachenadäquat führen zu können.
2. Erscheinungsbild und Bestimmungsgründe nationaler Währungskrisen
2.1. Zur Identifikation von Währungskrisen
Währungskrisen können nicht allein an der Tatsache identifiziert werden, dass die Währung eines Landes abgewertet oder zum Floating freigegeben wird. Möglicherweise gelänge es nämlich der Zentralbank eines Landes die Änderung des Wechselkursregimes durch den Einsatz geeigneter Mittel abzuwenden (vgl. Eichengreen und Rose 1999). Eine spekulative Attacke könnte dementsprechend erfolglos verlaufen. Die Spekulanten würden ihr spekulatives Portfolio zum verteidigten Wechselkurs verlustfrei wieder eintauschen (vgl. Schnatz 1998). Gleichwohl könnte sich das Land immer noch in einer Währungskrise befinden, da es eventuell unter der stabilisierenden Wechselkurspolitik der Zentralbank wirtschaftlich zu leiden hätte.[4]
Währungsturbulenzen[5] können an Symptomen wie einer außergewöhnlich starken Abwertung der heimischen Währung, einer abrupten Abnahme der Währungsreserven, sprunghaft steigender Zinsen oder an der Einführung von Kapitalverkehrskontrollen erkannt werden (vgl. Eichengreen und Rose 1999, Deutsche Bundesbank 1999).
Viel interessanter ist jedoch die Beantwortung der Frage, wie es überhaupt zu solchen Währungsturbulenzen kommen kann.
2.2. Ursachenforschung
Eine Schlüsselrolle in der Entstehung nationaler Währungskrisen ist sicherlich in der Wahl eines fixen Wechselkurssystems gegenüber einer Leitwährung oder eines Währungskorbes zu sehen. Ein fixes Wechselkurssystem ist durch die gestiegene Kapitalmobilität der letzten Jahre per se krisenanfälliger für spekulative Attacken als ein flexibles Regime (vgl. Begg, Eichengreen, Halpern, Hagen & Wyplosz 2001). Das ist besonders dann der Fall, wenn der Finanzsektor eines Landes auch noch leicht verwundbar ist (vgl. Wolf 2001). Dem ungeachtet können fixe Wechselkurse eine stabilisierende Funktion für die Volkswirtschaft –und damit für den Finanzsektor- übernehmen, solange die nationale Wirtschaftspolitik auf die Aufrechterhaltung des Fixkurssystems ausgerichtet ist (vgl. Domaç und Peria 2000). Liegen jedoch aufgrund unangemessener nationaler Wirtschaftspolitik und entsprechender Strukturbedingungen grundlegende Ungleichgewichte vor, so wird eine Anpassung des Wechselkurses an die veränderten Rahmenbedingungen nötig. Erfolgt dieses Realignment nicht, weil die Zentralbank an dem gegebenen Wechselkurs festhalten will, so wird ein Spannungspotenzial aufgebaut und eine spekulative Attacke auf das Fixkurssystem wahrscheinlicher (vgl. Deutsche Bundesbank 1998). Diese spekulative Attacke setzt fast immer dann ein, wenn die fundamentale Wirtschaftslage
und eine Nichtanpassung des Wechselkurses bei den Marktteilnehmern Abwertungserwartungen entstehen lassen.[6] Zwar kann die Zentralbank den Abwertungserwartungen beispielsweise mit höheren Zinsen entgegentreten, jedoch wird sie den Widerstand aufgeben und abwerten, wenn ein weiteres
„Durchhalten“ der Hochzinspolitik nicht mehr glaubwürdig erscheint und
am Markt eine zu umfangreiche Devisennachfrage einsetzt (vgl. Schnatz
1998).[7]
Es stellt sich nun folgende Frage: Welche einzelnen ökonomischen Ungleichgewichte bzw. Schieflagen können ursächlich für Währungsturbulenzen sein?
Wie schon oben erwähnt, ist die überwiegende Zahl der Währungskrisen auf eine Bankenkrise zurückzuführen.[8] Nicht umsonst war vor Währungskrisen oft eine Expansion der heimischen Kreditvergabe zu beobachten.
„Financial-sector problems undermine the currency“ (Kaminsky und Reinhart 1999). Darausfolgend sollte jedoch nicht der Trugschluss gezogen werden, dass diese Beziehung nur in eine Richtung weist. Währungskrisen können auch der Auslöser für Bankenkrisen sein.
Ein fragiles Bankensystem kann zu einer Flucht ausländischen Kapitals führen (vgl. Begg, Eichengreen, Halpern, Hagen & Wyplosz 2001). Natürlich kann eine Kapitalflucht auch Folge anderer Ursachen sein. Sie ist aber immer mit Währungsturbulenzen verbunden. Wird der fixe Wechselkurs nicht angepasst, wird die Währung möglicherweise spekulativ attackiert. Die Kapitalflucht wird besonders dann wirtschaftliche Nachteile herbeiführen, wenn das Land sich kurzfristig umfangreich revolvierend im Ausland finanziert hatte und Liquiditätsprobleme in fremder Währung auftreten (vgl. Stiglitz 1999, Begg, Eichengreen, Halpern, Hagen & Wyplosz 2001, Velasco 2000).
Ebenso können Probleme im Bankensektor sowie übermäßige staatliche Finanzierungsdefizite - wie in Lateinamerika zu Beginn der achtziger Jahre
- zu einer expansiven Geldpolitik führen, die in einer erhöhten Inflation mündet (vgl. Siebert 1998). Die Inflation hat eine reale Aufwertung der heimischen Währung zur Folge, welche die Wettbewerbsfähigkeit im Ausland mindert und die Leistungsbilanz verschlechtert. Die
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Steigt der zukünftig erwartete Wechselkurs, so muss entweder der inländische Zins angehoben werden, um die erwartete Abwertung zu kompensieren oder der fixe Wechselkurs w muss abgewertet werden (vgl. Rose und Sauernheimer 1999).
Marktteilnehmer können aufgrund der schlechten Wettbewerbsfähigkeit und dem daraus folgenden Leistungsbilanzdefizits eventuell eine (nominale) Abwertung der heimischen Währung erwarten. Diese Erwartung unterstützt spekulative Attacken.
Ferner kann die Verschlechterung der Terms-of-Trade in einer Ausweitung des Leistungsbilanzdefizits resultieren und somit ein Vorbote von Währungsturbulenzen sein (vgl. Kaminsky und Reinhart 1999). Tatsächlich wird regelmäßig im Vorfeld von Währungskrisen eine Abschwächung des Exportwachstums konstatiert – so auch im Fall der Asienkrise (vgl. Deutsche Bundesbank 1999). Die Währungen dieser Leistungsbilanzdefizit- Länder neigten zu realen Überbewertungen, die Abwertungserwartungen begünstigten (vgl. Hausknecht 1998, Kaminsky und Reinhart 1999).
Leistungsbilanzdefizite sind gleichbedeutend mit einer zunehmenden Auslandsverschuldung. Ein kurzfristiger Anstieg des Auslandzinses - insbesondere in den USA, Europa und Japan - kann dementsprechend zusätzliche Abwertungserwartungen auslösen, wenn dieser beispielsweise den Schuldendienst eines Landes tangiert (vgl. Schnatz 1998). Entsteht am Markt der Eindruck, dass ein Land seine Auslandsschulden aufgrund des höheren Auslandszinses nicht mehr bedienen kann, so wird es zu einem Ausbleiben ausländischer Kapitalanleger und unter Umständen zu Währungsturbulenzen kommen.
Niedrige Währungsreserven sind eine weitere Indiz für das Auftreten von Währungsturbulenzen. Die Marktteilnehmer haben infolgedessen mit einer geringeren Gegenwehr der Zentralbank bei einer spekulativen Attacke zu rechnen. Zentralbanken mit niedrigen Währungsreserven werden deshalb eher Zielscheibe spekulativer Attacken sein (vgl. Schnatz 1998).
Spekulative Attacken werden insbesondere dann erfolgreich sein, wenn das Vertrauen gegenüber einer Währung nicht sehr stark ausgeprägt ist. Vertrauenskrisen bilden den idealen Nährboden für eine spekulative Attacke. Vertrauenskrisen können entstehen, wenn die Liberalisierung des Kapitalmarktes erst kurze Zeit zurückliegt, wie z.B. in den Transformations- und Schwellenländern. Hier können mangelnde Intransparenz, staatliche Verstrickungen, „Crony Capitalism“ und mangelnde Managementfähigkeiten im Finanzsektor Ursache von Vertrauenskrisen sein
[...]
[1] So wird etwa bisweilen der Vorwurf erhoben, daß spekulative Kapitalbewegungen die Ursache solcher Krisen sind und nicht fundamentale wirtschaftliche Ungleichgewichte.
[2] Selbst auf der Basis aktueller Daten wird heute noch ein Ausbruch der damaligen Krise als unwahrscheinlich angesehen (siehe Tabelle 1).
[3] Einen sehr guten Überblick über Dauer, Schwere und Art der Krisen gibt Schmidt (2001),
dessen Zusammenstellung in Tabelle 2 dieser Arbeit abgebildet ist.
[4] Z.B. durch eine wechselkursorientierte, aber investitionshemmende Hochzinspolitik seitens der Zentralbank.
[5] Die Begriffe Währungskrise und Währungsturbulenz werden hier synonym verwendet.
[6] Auch bei nicht fundamentalen Unterschieden können spekulative Attacken in der Form einer sich selbst erfüllenden Vorhersage auftreten. Dies war während der EWS-Krise 1992/93 der Fall, als gegen den fundamental tragfähigen deutsch-französischen Wechselkurs spekuliert wurde (vgl. Weber 1998).
[7] Hinter dieser Überlegung stecken die Zusammenhänge der Zinsparitätentheorie und des News-Approach.
[8] Die Ursachen von Bankenkrisen werden ausführlich erst im folgenden Abschnitt dargestellt.
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