Was stellt die Schlacht bei Cannae in der Geschichte dar? Kann Hannibal als Verlierer aus der siegreichen Schlacht bezeichnet werden? Wer war auf römischer Seite der Hauptschuldige an dieser vernichtenden Niederlage?
Diese Arbeit fokussiert die Schlacht bei Cannae. Sie umfasst fünf Kapitel. Das erste Kapitel stellt die Quellenanlagen vor. Das zweite Kapitel beschreibt die wesentlichen Ereignisse der Schlachten im Norden der Römischen Republik. Das dritte Kapitel betrachtet detailliert die Schlacht bei Cannae. Das vierte Kapitel erörtert die Gründe der römischen Niederlage in der Schlacht. Das fünfte und letzte Kapitel betrachtet die Auswirkungen der Schlacht bei Cannae.
Der Zweite Punische Krieg, auch bekannt als Hannibals Krieg gegen Rom, wurde zwischen Karthago und Rom von 218 bis 201 v. Chr. ausgetragen. Hannibal überquerte erfolgreich die Alpen und erreichte mit der Hälfte seines Heeres im Jahr 218 v. Chr. den Norden der Römischen Republik. Die andere Hälfte seines Heeres überstand die Alpenüberquerung nicht. Hannibal war ein bekannter Feind von Rom. Seinen ersten Erfolg konnte er gegen die Römer im Jahr 218 v. Chr. in der Schlacht am Ticinus verzeichnen. Noch im selben Jahr konnte er die Römer zum zweiten Mal in der Schlacht an der Trebia besiegen. Damit gelang Hannibal die Herrschaft über den nördlichen Teil der Römischen Republik, die Römer selbst standen aufgrund der beiden Niederlagen unter erheblichen Schockzustand. Hannibal fuhr hingegen unbeirrt fort und konnte seinen nächsten Sieg bereits 217 v. Chr. am Trasimenischen See verzeichnen. Dieser Sieg ermöglichte Hannibal das Vorrücken bis in die Mitte der Römischen Republik. Hannibal entschied sich jedoch, nicht mittig, sondern südwärts zu marschieren und besetzte die Burg Cannae. Hier konnte er erneut die Römer im Jahr 216 v. Chr. besiegen. Diese Schlacht war einer der größten Schlachten des Zweiten Punischen Krieges.
Inhaltsverzeichnis
Einleitung
I. Quellenanlage
II. Hannibal im Norden der Römischen Republik
1. Die Schlacht am Ticinus
2. Die Schlacht an der Trebia
3. Die Schlacht am Trasimenischen See
4. Der Marsch nach Cannae
III. Die Schlacht bei Cannae
1. Die Vorbereitung der Schlacht
2. Der Verlauf der Schlacht
3. Das Ende der Schlacht
IV. Die Gründe für die Niederlage der Römer auf dem Schlachtfeld
1. Die karthagische Reiterei
2. Das karthagische Zentrum
3. Die Fehlentscheidungen der römischen Konsuln
V. Die Auswirkungen der Schlacht bei Cannae
1. Die Reaktionen in Rom
2. Der Marsch nach Rom
3. Die Situation in der Römischen Republik
VI. Zusammenfassung
VII. Quellen- und Literaturverzeichnis
Einleitung
Der Zweite Punische Krieg, auch bekannt als Hannibals Krieg gegen Rom, wurde zwischen Karthago und Rom von 218 bis 201 v. Chr. ausgetragen. Hannibal überquerte erfolgreich die Alpen und erreichte mit der Hälfte seines Heeres im Jahr 218 v. Chr. den Norden der Römischen Republik. Die andere Hälfte seines Heeres überstand die Alpenüberquerung nicht.1 Hannibal war ein bekannter Feind von Rom.2 Seinen ersten Erfolg konnte er gegen die Römer im Jahr 218 v. Chr. in der Schlacht am Ticinus verzeichnen.3 Noch im selben Jahr konnte er die Römer zum zweiten Mal in der Schlacht an der Trebia besiegen.4 Damit gelang Hannibal die Herrschaft über den nördlichen Teil der Römischen Republik, die Römer selbst standen aufgrund der beiden Niederlagen unter erheblichen Schockzustand.5 Hannibal fuhr hingegen unbeirrt fort und konnte seinen nächsten Sieg bereits 217 v. Chr. am Trasimenischen See verzeichnen. Dieser Sieg ermöglichte Hannibal das Vorrücken bis in die Mitte der Römischen Republik.6 Hannibal entschied sich jedoch, nicht mittig, sondern südwärts zu marschieren und besetzte die Burg Cannae.7 Hier konnte er erneut die Römer im Jahr 216 v. Chr. besiegen. Diese Schlacht war einer der größten Schlachten des Zweiten Punischen Krieges.8
Diese Arbeit fokussiert die Schlacht bei Cannae. Sie umfasst fünf Kapitel. Das erste Kapitel stellt die Quellenanlagen vor. Das zweite Kapitel beschreibt die wesentlichen Ereignisse der Schlachten im Norden der Römischen Republik. Das dritte Kapitel betrachtet detailliert die Schlacht bei Cannae. Das vierte Kapitel erörtert die Gründe der römischen Niederlage in der Schlacht. Das fünfte und letzte Kapitel betrachtet die Auswirkungen der Schlacht bei Cannae.
Die Fragestellungen dieser Arbeit lauten: Was stellt die Schlacht bei Cannae in der Geschichte dar? Kann Hannibal als Verlierer aus der siegreichen Schlacht bezeichnet werden? Wer war auf römischer Seite der Hauptschuldige an dieser vernichtenden Niederlage?
I. Quellenanlage
Polybios befasst sich in seinem Werk ‚ Historíai ‘ ausführlich mit der Schlacht bei Cannae.9 Polybios wurde in Megalopolis geboren und war ein hellenischer Geschichtsschreiber, der zum Ziel hatte, den Hellenen den Weg Roms hin zur Großmacht zu berichten.10 Nach Adrian Goldsworthy, der ebenfalls die Schlacht bei Cannae behandelte, ist das Werk von Polybios eine fundamentale Quelle über die Schlacht bei Cannae. Goldsworthy weist jedoch auf die vertraute Verbindung zwischen Polybios und Scipio Aemilianus hin, letzterer leitete nach der Schlacht bei Cannae das römische Heer.11 Dies schmälert jedoch nicht den Wert von Polybios Werk, der in diesem Interviews von unmittelbaren Augenzeugen der Schlacht aufführt.12 Zwar hatte Polybios selbst keine militärischen Erfahrungen, so Gregory Daly, eine sorgfältige und ausführliche Befassung mit militärischen Berichten ist jedoch feststellbar.13 Nach Daly sind die militärischen Berichte über die Schlacht bei Cannae jedoch mit kritischer Sorgfalt zu behandeln14, da Teile dieser Berichte vermutlich vom römischen Senator Fabius Pictor an Polybios weitergegeben wurden.15 Zu Daly ergänzt Robert L. O`Connell, dass Teile dieser Berichte vermutlich von dem römischen Politiker Cincius Alimentus an Polybios weitergegeben wurden.16 Nach Daly lassen explizit diese Weitergaben durch römische Politiker darauf schließen, dass Polybios die Schlacht bei Cannae derart katastrophal beschrieben hatte, um im späteren Verlauf den Aufstieg von Rom zur Großmacht übertrieben darstellen zu können.17 Auch der römische Historiker Titus Livius befasste sich ausführlich mit der Schlacht bei Cannae. In seinem Werk ‚ Ab urbe condita ‘ stellt er diese ausführlich dar.18 Entgegen Polybios legte Livius erhöhten Fokus auf die umfassend von ihm beschriebenen Details der römischen Politik und Wahl während der Schlacht.19 Nach Daly könnte Livius das Werk von Polybios bekannt gewesen sein, wesentliche Quellen für Livius Werk sollen dennoch die Berichte des römischen Historikers Lucius Coelius Antipater sowie die Quellen von Fabius Pictor sein.20 Die militärischen Berichte erwähnen die Beschreibung von Livius als erheblich unzuverlässig, insbesondere weil Livius dem Senat mehr Bedeutung beimisst als den römischen Feldherren.21 Die Beschreibung von Livius bieten jedoch ein recht sachliches und neutrales Bild der Schlacht bei Cannae, wohingegen die Beschreibungen von Polybios die taktischen Anteile der Schlacht behandeln.22 Auch das Werk des römischen Historiker Cornelius Nepos mit dem Titel ‚ Liber de excellentibus ducibus exterarum gentium ‘ schien zunächst für die Analyse der Schlacht bei Cannae geeignet zu sein. Dieses Werk umfasst 23 Kurzbiografien von nicht römischen Generälen, darunter auch die von Hannibal.23 Nach sorgfältiger Prüfung zeigt sich jedoch, dass diese Quelle nicht für eine detaillierte Analyse der Schlacht bei Cannae geeignet ist. Obwohl diese Schlacht als eine der wesentlichen und bekanntesten Schlachten von Hannibal gilt, wird diese lediglich mit einem einzigen Satz erwähnt: „ quamdiu in Italia fuit, nemo ei in acie restitit, nemo adversus eum post Cannensem pugnam in campo castra posuit – solange er in Italien [Römische Republik] blieb, hielt ihm niemand im offenen Kampf stand, niemand hat seit der Schlacht bei Cannae gegen ihn in offener Feldschlacht gekämpft [sic!]“.24 Die Analyse der historischen Quellen zeigt, dass die beiden erst genannten Quellen eine ausführliche Schilderung der Schlacht bei Cannae abdecken und keine grundlegenden Unterschiede in diesen beiden Quellen vorhanden sind. Beide Autoren verdeutlichen die erhebliche Niederlage der Römer, zeigen jedoch auch auf, dass die römischen Soldaten bis zum Ende der Schlacht mit Mut und Ehre für die Römische Republik kämpften. Zudem kamen beide Autoren zum selben Ergebnis, nämlich dass die Römische Republik am Ausgang der Schlacht keine Schuld trug, sondern die vernichtende Niederlage auf eine Reihe unglücklicher Umstände während der Schlacht zurückzuführen sei. Diese Argumentation der beiden Autoren kommentierte der Historiker Jakob Seibert mit der Aussage: „Der Phantasie waren keine Grenzen gesetzt“.25 Auch wenn diese Aussage von Seibert sehr pointiert ist, weist sie dennoch auf das wesentliche Problem der beiden Werke ‚ Historíai ‘ von Polybios und ‚ Ab urbe condita ‘ von Livius hin. Beide Werke sind aus römischer Perspektive verfasst und bei beiden Autoren ist eine Haltung zugunsten der Römer erkennbar. Eine Beschreibung der Schlacht bei Cannae aus punischer Perspektive ist nicht vorhanden, da alle historischen Quellen während des Dritten Punischen Krieges im Jahr 146 v. Chr. und der Zerstörung von Karthago ebenfalls zerstört wurden.
II. Hannibal im Norden der Römischen Republik
1. Die Schlacht am Ticinus
Die Schlacht am Ticinus wurde im November 218 v. Chr. zwischen Hannibal und Publius Cornelius Scipio ausgetragen.26 Diese Schlacht war Hannibals erste Schlacht gegen die Römer im eigenen Land, wobei die Römer diese unmittelbar verloren.27 Die Schlacht war geprägt von Hannibals Kavallerie-Engagement, die sich derart schnell bewegte, dass es den Römern unmöglich gemacht wurde, auf sie zu schießen. Diese Schnelligkeit von Hannibals Kavallerie bedingte die römische Niederlage. Scipio wurde in dieser Schlacht schwer verwundet und es wird vermutet, dass sein Sohn Scipio Africanus ihm das Leben rettete.28 Die Rettung ist jedoch bis heute nicht eindeutig feststellbar, die Legenden in den verschiedenen Quellen sind uneindeutig. Nach Coelius Antipater sollte Scipio von Sklaven gerettet worden und nicht von seinem Sohn. Die Rettung ist daher bis heute umstritten, wobei auch Seibert die Version von Coelius Antipater unterstützt.29
2. Die Schlacht an der Trebia
Nach dem römischen Verlust am Ticinus wurde unmittelbar danach die Schlacht an der Trebia im Dezember 218 v. Chr. ausgetragen. Diese Schlacht gilt als erste große Schlacht des Zweiten Punischen Krieges. Hannibal war erneut Sieger über von Tiberius Sempronius Longus geführten Römer. Dies war Hannibals erster großer und entscheidender Sieg in der Römischen Republik, wodurch viele der Kelten im nördlichen Teil der Republik dazu veranlasst wurden, Hannibal zu unterstützen.30 Hannibal konnte Sempronius Longus und dessen Pläne anhand von Spionen zugelieferten Informationen jedoch korrekt voraussehen, so dass Hannibal Zeitpunkt und Ort für Sempronius Longus Angriff zu seinen Gunsten provozierte. Zudem kam Hannibal Sempronius Longus mangelnde militärische Erfahrung zugute. Denn die Römer waren zwar zahlenmäßig überlegen, Hannibals Armee jedoch besser auf die militärische Schlacht vorbereitet. Nach der Niederlage versuchte der politisch Beauftragte Sempronius Longus den Senat von einem Rückschlag, nicht jedoch einer Niederlage in der Schlacht zu überzeugen, schuldig für den Rückschlag sei das Wetter gewesen. Der Senat hingegen widersprach Sempronius Longus und deklarierte die Schlacht als unbestreitbare Niederlage.31
3. Die Schlacht am Trasimenischen See
Die Schlacht am Trasimenischen See wurde im Juni 217 v. Chr. zwischen Hannibal und den Römern unter Führung von Gaius Flaminius ausgetragen. Diese Schlacht gilt als zweite große Schlacht im Zweiten Punischen Krieg, Hannibal ging erneut als Sieger hervor. Spätestens mit diesem Sieg Hannibals mussten die Römer ihn als nicht zu unterschätzenden Feind anerkennen. Denn die Römer liefen erneut in Hannibals taktisch geplante Falle. Hannibal hinterließ Spuren für die Römer, die ihn in seine Richtung führten. Jedoch plante Hannibal das entscheidende Manöver dieser Schlacht zeitlich in den Anbruch der Dunkelheit ein. Die Römer waren außerhalb des Trasimenischen Tals stationiert, während sich Hannibals Kavallerie taktisch und in der Dunkelheit zum Angriff positionierte. Der Angriff von Hannibals Kavallerie erfolgte unmittelbar und die römische Armee wurde massakriert.32
4. Der Marsch nach Cannae
Nach den dreimaligen Siegen über die Römer im nördlichen Teil der Römischen Republik war Hannibals Weg ins Innere der Republik frei.33 Im Jahr 216 v. Chr. erreichte er den Ort Gerunium, an dem einige, aber ansonsten folgenlose Gefechte mit den Römern erfolgten.34 Jedoch verringerten sich während dieser Zeit die Getreidevorräte von Hannibal und seinen Truppen, so dass sie weiter nach Cannae zogen.35 Hannibal strebte weiterhin an, schnellstmöglich Krieg gegen die Römer zu führen. Dazu musste er die Römer jedoch zur Aufgabe ihrer Verteidigungsstrategie zwingen. Für Hannibal war die Eroberung der Burg von Cannae das geeignete Mittel, die römische Aufgabe der Verteidigungsstrategie zu bewirken.36 Die Burg bei Cannae war für die Römer von hoher Bedeutung, insbesondere weil sie das wichtigste und zentrale Getreidelager war.37 Für Hannibal hingegen bot die geografische Lage der Burg einen erheblichen Vorteil, da seine Reiterei auf der Ebene um die Burg herum taktisch manövrieren konnte.38 Hannibals Plan verwirklichte sich, als der römische Senat ihm den Krieg erklärte.39 Die römische Armee zog unter Führung von den Konsuln Lucius Aemilius Paulus und Gaius Terentius Varro in die Schlacht.40 Viele weitere, ehemalige Konsuln und Senatoren nahmen ebenfalls an der Schlacht teil, wodurch die von den Römern zugesprochene Bedeutung dieser Schlacht unterstrichen wurde.41 Hannibal bot einen Kriegsbeginn am 1. August 216 v. Chr. an.42 Dieses Angebot wurde vom römischen Konsul Paulus abgelehnt.43 Paulus befürwortete keinen Krieg in der Ebene bei Cannae. Dies führte zu Streitigkeiten zwischen den römischen Konsuln.44 Ungeachtet dessen befahl Hannibal seiner numidischen Reiterei, die Wasserträger des kleineren römischen Lagers anzugreifen.45 Ziel dieses Angriffs war die Provokation des römischen Konsul Varro, damit dieser Hannibals Angebot zum Kriegsbeginn annahm. Hannibals Angriff erfüllte den gewünschten Zweck, denn Varro akzeptierte Hannibals Angebot. So begann am nächsten Tag, dem 2. August 216 v. Chr., die Schlacht bei Cannae.46 Vor Einzug in die Schlacht hielt Paulus die nachfolgende Rede vor der römischen Armee: „[…] Deshalb, Leute, da alle Voraussetzungen für den Sieg erfüllt sind, ist nur eins nötig, euer Wille und euere Einsatzbereitschaft, zu der euch mit vielen Worten zu ermahnen euer nicht würdig sein würde. Wenn dagegen, wie jetzt bei euch, der Kampf nicht für andere, sondern für euch selbst, für euer Vaterland, für Frauen und Kinder geführt wird und die weiteren Folgen um ein Vielfaches mehr bedeuten als der Kampf selbst, dann bedarf es nur der Erinnerung, nicht der Ermahnung. […] Täuscht es jetzt nicht in dieser Hoffnung, sondern stattet dem Vaterland den Dank ab, den ihr ihm schuldet, und laßt alle Welt erkennen, daß die früheren Niederlagen nicht darin ihren Grund hatten, daß die Römer weniger tapfer sind als die Karthager, sondern in der Unerfahrenheit derer, die damals gekämpft haben, und in ungünstigen Umständen“.47
III. Die Schlacht bei Cannae
1. Die Vorbereitung der Schlacht
Der römische Konsul Varro stationierte die römische Armee über dem Aufidus-Fluss, die Front nach Süden gerichtet. Auf der rechten Seite platzierte er die römische Reiterei, die von Paulus geführt wurde. Auf der linken Seite platzierte er die bundesgenössische Reiterei, die von ihm selbst geführt wurde.48 In der Mitte positionierte Varro die Fußsoldaten, „wobei er die Manipeln dichter stellte als sonst und in jeder einzelnen die Tiefe um ein Vielfaches größer machte als die Frontbreite“.49 Die Fußsoldaten unterstanden dem Kommando von Gnaeus Servilius Geminus.50 Varro stellte die Leichtbewaffneten an die vorderste Front. Hannibal hingegen positionierte die Balearen und Lanzenträger an die Frontlinie51, damit die Römer keine Einsicht in das taktisch positionierte, karthagische Zentrum erhielten.52 Auf der linken Seite positionierte Hannibal die Hälfte der von Hasdrubal geführten iberischen und keltischen Reiterei. Auf der rechten Seite wurde die Hälfte der numidischen Reiterei positioniert.53 Dies stand unter dem Kommando von Hanno54 oder Maharbal55. In der Mitte positionierte Hannibal die andere Hälfte der iberischen, keltischen und lybischen Reiterei, die beiden letzteren wurden jeweils links und rechts von der Mitte platziert. Diese Hälfte der Reiterei stand unter dem Kommando von Hannibal selbst und seinem Bruder Mago.56 Durch die Platzierung der Reiterei konnten die Römer keine Einsicht in das Zentrum erhalten, das in einer Linie gruppiert wurde. Beim Vorrücken der iberischen und keltischen Reiterei sollte sich diese in eine mondsichelförmige Krümmung formieren. Die lybische Reiterei diente als Reserve.57 Die Strategien von Varro und Hannibal auf dem Schlachtfeld wurde bekannt. Gemäß dem Historiker Werner Huß bezweckte Varro mit seiner Strategie, das Zentrum der karthagischen Armee zu zerstören, da dieses nur halb so groß wie das der römischen Armee war. Zahlenmäßig bedeutete dies, dass Varro 8.000 römische Infanteristen im römischen Zentrum platziert hatte, während es bei Hannibal lediglich 4.000 waren.58 Trotz zahlenmäßiger Überlegenheit der Römer im Zentrum, zweifelten diese an einer erfolgreichen Austragung der Schlacht anhand der Kämpfe an den jeweiligen Außenseiten.59 Auch Hannibal zog dies in seine Überlegungen mit ein. Daher sollten die mondsichelförmig formierte iberische und keltische Reiterei den ersten Kontakt mit den dominanten römischen Fußsoldaten möglichst optimal abwehren. Aufgrund der Stärke der römischen Fußsoldaten sollte diese Reiterei bei ihrem schrittweise Rückzug die Abwehr so lange wie möglich aufrechterhalten, zumindest bis sie die lybischen Infanteristen erreichten.60 Beim Erreichen der Infanteristen sollten die Afrikaner zur Unterstützung herangezogen werden und die Römer von den Seiten angreifen. Die Kämpfe sollten daher sowohl im Zentrum sowie auch parallel an den Seiten ausgetragen werden. Bei den Kämpfen der Reiterei plante und erhoffte Hannibal einen schnellen Sieg, damit die siegreiche Reiterei jeweils eine andere Reiterei unterstützen und damit den Sieg beschleunigen konnte.61 Der Ausgang der Schlacht war jedoch insbesondere von der Unterstützung der Reiterei abhängig, so schreibt der Historiker Huß: „Der Sieg aber würde davon abhängen, ob es den Infanteristen gelingen würde, den Durchbruch der feindlichen Walze so lange zu verhindern, bis die Kavalleristen auf den Flügeln gesiegt hätten und in der Lage wären, die römischen Infanteristen im Rücken anzugreifen“.62 Für Hannibal war daher deutlich, dass die Entscheidung hinsichtlich Sieg oder Niederlage von den Kämpfen im Zentrum bestimmt war, daher übernahm er selbst das Kommando der dort positionierten Truppen.63
[...]
1 Polybios, Geschichte. Gesamtausgabe in zwei Bänden (übersetzt von Hans Drexler), Bd. I., Zürich 1978, S. 223ff. (3,34-3,60).
2 Titus Livius, Römische Geschichte. Der Zweite Punische Krieg (übersetzt von Ursula Blank-Sangmeister), Bd. XXI., Stuttgart 1999, S. 105 (21,39,8).
3 Jakob Seibert, Hannibal, Darmstadt 1993, S. 116ff.
4 Adrian Goldsworthy, Cannae. Hannibal’s Greatest Victory, London 2001, S. 33.
5 Karl Christ, Hannibal, Darmstadt 2003, S. 77f.
6 Herbert Heftner, Der Aufstieg Roms. Vom Pyrrhoskrieg bis zum Fall von Karthago, Regensburg 2005, S. 214f.
7 Klaus Bringmann, Punische Kriege, in: Hubert Cancik und Helmuth Schneider (Hgg.), Der neue Pauly. Enzyklopädie der Antike, Bd. X., Stuttgart 2001, S. 590-599, hier S. 594ff.
8 Michael Sommer, Römische Geschichte. Von den Anfängen bis zum Untergang, Stuttgart 2016, S. 194.
9 Gregory Daly, Cannae. The Experience of Battle in the Second Punic War, London 2002, S. 17.
10 Goldsworthy, Cannae. Hannibal’s Greatest Victory, S. 14.
11 Ebda.
12 Polybios, Geschichte. Gesamtausgabe in zwei Bänden, S. 239 (3,48).
13 Daly, Cannae. The Experience of Battle in the Second Punic War, S. 18.
14 Ebda., S. 20.
15 Ebda.
16 Robert L. O`Connell, The Ghosts of Cannae. Hannibal and the Darkest Hour of the Roman Republic, New York 2010, S. 7.
17 Daly, Cannae. The Experience of Battle in the Second Punic War, S. 23.
18 Goldsworthy, Cannae. Hannibal’s Greatest Victory, S. 15.
19 Ebda.
20 Daly, Cannae. The Experience of Battle in the Second Punic War, S. 23.
21 Ebda., S. 24.
22 Ebda., S. 25.
23 Cornelius Nepos, Hannibal, in: https://www.gottwein.de/Lat/nepos/hann01.php (abgerufen am 15. Juli 2022).
24 Ebda., 5,4.
25 Seibert, Hannibal, S. 197.
26 Heftner, Der Aufstieg Roms. Vom Pyrrhoskrieg bis zum Fall von Karthago, S. 210.
27 Christ, Hannibal, S. 72.
28 Seibert, Hannibal, S. 116ff.
29 Ebda., S. 118.
30 Heftner, Der Aufstieg Roms. Vom Pyrrhoskrieg bis zum Fall von Karthago, S. 211ff.
31 Ebda.
32 Christ, Hannibal, S. 79ff.
33 Bringmann, Punische Kriege, S. 594ff.
34 Seibert, Hannibal, S. 187.
35 Titus Livius, Römische Geschichte. Der Zweite Punische Krieg (übersetzt von Ursula Blank-Sangmeister), Bd. XXII., Stuttgart 2000, S. 133 (22,43,2 und 22,43,5).
36 Werner Huß, Die Geschichte der Karthager, München 1985, S. 327.
37 Polybios, Geschichte. Gesamtausgabe in zwei Bänden, S. 304 (3,107).
38 Livius, Römische Geschichte. Der Zweite Punische Krieg, S. 135f. (22,44,4).
39 Polybios, Geschichte. Gesamtausgabe in zwei Bänden, S. 305 (3,107).
40 Huß, Die Geschichte der Karthager, S. 327f.
41 Livius, Römische Geschichte. Der Zweite Punische Krieg, S. 149 (22,49,16 und 22,49,17).
42 Huß, Die Geschichte der Karthager, S. 328.
43 Polybios, Geschichte. Gesamtausgabe in zwei Bänden, S. 311 (3,112).
44 Ebda., S. 308 (3,110).
45 Polybios, Geschichte. Gesamtausgabe in zwei Bänden, S. 311 (3,112) und Livius, Römische Geschichte. Der Zweite Punische Krieg, S. 137 (22,45,2).
46 Seibert, Hannibal, S. 188ff.
47 Polybios, Geschichte. Gesamtausgabe in zwei Bänden, S. 307f. (3,109).
48 Ebda., S. 312 (3,113).
49 Ebda.
50 Livius, Römische Geschichte. Der Zweite Punische Krieg, S. 139 (22,45,8).
51 Polybios, Geschichte. Gesamtausgabe in zwei Bänden, S. 312 (3,113).
52 Seibert, Hannibal, S. 193.
53 Polybios, Geschichte. Gesamtausgabe in zwei Bänden, S. 312f. (3,113 und 3,114).
54 Ebda., S. 313 (3,114).
55 Livius, Römische Geschichte. Der Zweite Punische Krieg, S. 141 (22,46,7).
56 Polybios, Geschichte. Gesamtausgabe in zwei Bänden, S. 312f. (3,113 und 3,114), und Livius, Römische Geschichte. Der Zweite Punische Krieg, S. 141 (22,46,7).
57 Polybios, Geschichte. Gesamtausgabe in zwei Bänden, S. 313 (3,113).
58 Huß, Die Geschichte der Karthager, S. 330.
59 Seibert, Hannibal, S. 192.
60 Ebda., S. 193.
61 Huß, Die Geschichte der Karthager, S. 330.
62 Ebda., S. 330f.
63 Seibert, Hannibal, S. 193.
- Arbeit zitieren
- Anonym,, 2022, Die Schlacht bei Cannae, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1276422
-
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen. -
Laden Sie Ihre eigenen Arbeiten hoch! Geld verdienen und iPhone X gewinnen.