Die Europäische Union stellt in ihrer heutigen Form ausweislich des Art. 1 II EU eine neue Stufe auf dem Weg zur Verwirklichung einer immer engeren Union der Völker dar. Dabei ist sie jedoch ausdrücklich nach Art. 6 III EU dem Respekt vor den sie konstituierenden Mitgliedstaaten verpflichtet.
Diese Staaten haben sich einerseits entschlossen, gemeinsam auf europäischer Ebene nach Lösungen für die politischen und ökonomischen Herausforderungen der Gegenwart zu suchen und diese gemeinsam, abgestimmt oder einzelstaatlich in ihren Hoheitsgebieten umzusetzen. Andererseits haben sie sich dadurch nicht ihrer souveränen Staatlichkeit begeben, so dass auf europäischer Ebene trotz allen grundsätzlichen Einheitswillens nicht nur die Mitgliedstaaten einander gegenüberstehen, sondern sie sich auch der übergeordneten Organisation der Europäischen Union mit ihren differenzierten Ausprägungen in den drei Säulen gegenübersehen.
Es liegt in der Natur der Sache, dass unter solchen Gegebenheiten Unstimmigkeiten hinsichtlich des ersten Zugriffs auf Rechts- und Handlungsmacht entstehen können. Diese Uneinigkeiten hat der EuGH als Organ der Rechtswahrung zur Entscheidung anzunehmen und hernach Rechtsfrieden herzustellen. Darüber hinaus kommt dem EuGH aber auch die Aufgabe zu, die materielle Substanz der Vertragswerke und deren Umfang zu verdeutlichen und so Rechtsklarheit und eine möglichst reine Ausfüllung der Vertragsaussagen und -aufträge herbeizuführen.
In all diesen Konstellationen stellt sich die Frage nach den Zuständigkeiten – der übergeordneten Entität der Europäischen Union, der Mitgliedstaaten und auch des EuGH. Aus diesem Grunde widmet sich diese Darstellung der Frage nach der Bindung des EuGH an das übergeordnete Rechtsprinzip der Subsidiarität in den verschiedenen Politikbereichen und damit einhergehend der Frage nach dem Kern, der die verschiedenen Säulen im Innersten zusammenhält.
Es stellt sich also die Frage, ob und bejahendenfalls wie die in der Säulenstruktur der Europäischen Union ausgedrückten Grundentscheidungen der vertragsgebenden Mitgliedstaaten die Kompetenzausübung in den verschiedenen Rechtsmaterien vorprägen und determinieren.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- B. Der europäische Verfassungsraum
- I. Historische Entwicklung
- II. Das Gebot der Optimierung und die europäische Strukturprinzipientrias
- III. Die 3-Säulen-Architektur der Europäischen Union
- 1. Die I. Säule: die Europäischen Gemeinschaften
- 2. Die II. und III. Säule: GASP und PJZS
- C. Das Prinzip der Subsidiarität
- I. Die Geschichte des Prinzips der Subsidiarität
- II. Die Intention des Prinzips der Subsidiarität
- 1. Der Begriff der Kompetenz
- 2. Das Prinzip der Subsidiarität im Kompetenzgefüge der Europäischen Union
- III. Die primärrechtliche Verankerung des Prinzips der Subsidiarität
- 1. Unionsrechtliche Verankerung
- 2. Gemeinschaftsrechtliche Verankerung
- 3. Das Prinzip der Subsidiarität in der Kompetenztrias des EGV
- IV. Der Anwendungsbereich des Prinzips der Subsidiarität
- 1. Geltung des Subsidiaritätsprinzips im Gemeinschaftsrecht der I. Säule
- a) Anwendungsbereich
- b) Begünstigte
- c) Adressaten
- d) Stellung des EuGH
- 2. Geltung des Subsidiaritätsprinzips im Unionsrecht der II. und III. Säule
- a) Anwendbarkeit
- b) Inhalt
- c) Das Subsidiaritätsprinzip in der II. und III. Säule und die Stellung des EuGH
- 1. Geltung des Subsidiaritätsprinzips im Gemeinschaftsrecht der I. Säule
- V. Materielle Vorgaben des Prinzips der Subsidiarität nach Art. 5 II EG
- 1. Eingreifen des Prinzips der Subsidiarität
- 2. Die materiellen Tatbestandsmerkmale des Prinzips der Subsidiarität
- 3. Konkretisierung des Prinzips der Subsidiarität
- 4. Das Prinzip der Erforderlichkeit – die Komplettierung der Kompetenztrias
- VI. Wirksamkeit des Subsidiaritätsprinzips auf prozessualer Ebene
- VII. Die tatsächliche Steuerkraft des Subsidiaritätsprinzips
- D. Die Geltung des Prinzips der Subsidiarität in der III. Säule
- I. Methoden der Vergemeinschaftung intergouvernementaler Materien
- II. Die Vorab-Betätigung des Prinzips der Subsidiarität in der III. Säule
- III. Das Prinzip der Subsidiarität als Auslegungsmaxime für den EuGH entwickelt an der Rs. C-105/03 (Maria Pupino)
- 1. Der Rahmenbeschluss
- 2. Das Urteil in der Rs. 105/03 (Maria Pupino)
- 3. Bewertung des Urteilsspruchs des EuGH
- a) Rahmenbeschlusskonforme Auslegung
- b) Unionale Pflicht zur loyalen Zusammenarbeit
- 4. Mögliche Folgerungen und deren Grenzen
- IV. Das Prinzip der Subsidiarität als Auslegungsmaxime
- E. Das Prinzip der Subsidiarität nach dem Vertrag von Lissabon
- F. Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Magisterarbeit befasst sich mit dem Prinzip der Subsidiarität im Kontext der Europäischen Union. Sie analysiert die Anwendung des Prinzips im Bereich der Polizeigebühren und der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen, insbesondere im Hinblick auf die III. Säule der EU-Struktur. Die Arbeit untersucht die historische Entwicklung des Prinzips, seine rechtliche Verankerung und seine praktische Anwendung. Sie beleuchtet die Rolle des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bei der Auslegung und Durchsetzung des Subsidiaritätsprinzips.
- Die Entwicklung des Prinzips der Subsidiarität im europäischen Kontext
- Die rechtliche Verankerung des Prinzips der Subsidiarität im EU-Recht
- Die Anwendung des Prinzips der Subsidiarität in der III. Säule der EU-Struktur
- Die Rolle des EuGH bei der Auslegung und Durchsetzung des Prinzips der Subsidiarität
- Die Bedeutung des Prinzips der Subsidiarität für die Funktionsweise der Europäischen Union
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der Subsidiarität und die Struktur der Europäischen Union ein. Sie erläutert die Bedeutung des Prinzips der Subsidiarität für die Funktionsweise der EU und stellt die Forschungsfrage der Arbeit dar.
Kapitel B beleuchtet den europäischen Verfassungsraum und seine historische Entwicklung. Es analysiert die Strukturprinzipien der EU, insbesondere die 3-Säulen-Architektur, und beschreibt die Rolle der Europäischen Gemeinschaften und der Polizeigebühren und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZS) im Rahmen der EU-Struktur.
Kapitel C widmet sich dem Prinzip der Subsidiarität. Es untersucht die Geschichte des Prinzips, seine Intention und seine rechtliche Verankerung im EU-Recht. Es analysiert den Anwendungsbereich des Prinzips und seine materiellen Vorgaben. Darüber hinaus wird die Wirksamkeit des Prinzips auf prozessualer Ebene und die tatsächliche Steuerkraft des Prinzips beleuchtet.
Kapitel D untersucht die Geltung des Prinzips der Subsidiarität in der III. Säule der EU-Struktur. Es analysiert die Methoden der Vergemeinschaftung intergouvernementaler Materien und die Vorab-Betätigung des Prinzips der Subsidiarität in der III. Säule. Es beleuchtet die Rolle des EuGH bei der Auslegung und Durchsetzung des Prinzips der Subsidiarität im Bereich der PJZS, insbesondere im Kontext der Rs. C-105/03 (Maria Pupino).
Kapitel E befasst sich mit dem Prinzip der Subsidiarität nach dem Vertrag von Lissabon. Es analysiert die Auswirkungen des Vertrags von Lissabon auf das Prinzip der Subsidiarität und die Rolle des Prinzips im Rahmen der neuen EU-Struktur.
Das Resümee fasst die wichtigsten Ergebnisse der Arbeit zusammen und zieht Schlussfolgerungen für die zukünftige Anwendung des Prinzips der Subsidiarität im Bereich der Polizeigebühren und der justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen das Prinzip der Subsidiarität, die Europäische Union, die 3-Säulen-Architektur, die Polizeigebühren und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen (PJZS), die III. Säule, der Europäische Gerichtshof (EuGH), die Vergemeinschaftung, die Auslegungsmaxime, der Vertrag von Lissabon und die Funktionsweise der Europäischen Union.
- Quote paper
- LL.M. Matthias Schäfer (Author), 2008, Subsidiarität und EU-Säulenstruktur, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/127192
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