Der Titel der ethischen Abhandlung „Einleitung in die Moralwissenschaft“ von Georg Simmel (1858-1918) unterscheidet sich bereits in einer Begrifflichkeit von anderen Werken zur Ethik. Der Begriff „Moralwissenschaft“ kennzeichnet weder eine besondere normative Ethik, noch eine moralische Methodik. Der Inhalt des zweibändigen Werkes verleiht dem Untertitel „Kritik der ethischen Grundbegriffe“ seine volle Berechtigung. An
dieser Stelle stellt sich die Frage, aus welchen Motiven heraus Simmel diese Grundbegriffe kritisiert und in ihre Bestandteile zerlegt. Wohlbedacht erörtert er dies in seinem Vorwort. Er konstatiert, dass die Ethik zu seiner Zeit noch nicht methodisch ausgearbeitet ist. Sie beruft sich auf erfundene Prinzipien, welche sich eher mit Moralpredigt, als mit sittlicher Geltung identifizieren. Dabei geht Simmel so weit, dass er selbst den Begriff der Ethik den Status der Wissenschaft aberkennt. Mit dieser Erkenntnis ist er bereits ein Vorreiter des heutigen ethischen Grundverständnisses: Die heutigen Bereichsethiken, wie beispielsweise die Tierethik, sind Indikatoren für die Tatsache, dass bereits nicht mehr von einer universalen Ethik gesprochen werden kann. An den vorangegangen Punkten wird die folgende Ungewissheit erkennbar: Wo bleibt das Positive?
Simmel schrieb eine deskriptive Moralwissenschaft, welche Ethik nicht als eine Einheit begreift, sondern auf mehreren Ebenen untersucht: psychologisch, soziologisch, historisch, evolutionstheoretisch, geltungstheoretisch und analytisch. Die Ethik an sich ist seiner Meinung nach inkonsistent, da sie weder praktisch ist, noch den Menschen versittlicht. „Praktisch versittlichend wird freilich eine demenstsprechende positive Ethik nicht wirken, der das Gute wie das Böse ein gleichmässig gleichgiltiges Objekt blosser genetischer Erkenntnis ist“.
Die Durchführung exakter Einzeluntersuchungen ist laut Simmel von Nöten.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 2. Analyse des Sollens an sich
- 2.1 (K)eine Definition des Sollens
- 2.2 ‚modus imperativus‘ - die Form des Sollens
- 2.3 Die Bestimmung des Inhalts des Sollens
- 3. Die Genese des Inhalts des Sollens
- 3.1 Das Sollen als Urtatsache
- 3.2 Die Bedingtheit des Sollens
- 3.3 Das Bestehen des Sollens: die Gewohnheit zur Symbolik
- 4. Die Phänomenologie des Sollens
- 4.1 Der ontologische Status des Sollens
- 4.1.1 Kohärenz-, Konsenstheorie & Pragmatismus
- 4.1.2 Verwechslung von Wirklichkeit und Denken
- 4.1.3 Diskriminationsmöglichkeiten
- 4.1.4 Fazit
- 4.2 Vom Müssen zum Wollen des sittlichen Sollens
- 4.1 Der ontologische Status des Sollens
- 5. Die Geltung des sittlichen Sollens
- 5.1 Das sittliche Sollen
- 5.2 Die Norm und dessen Verdoppelung der Wirklichkeit
- 5.3 Gegenüberstellung: Majorität vs. Minorität
- 5.4 Die Minorität als Opposition
- 6. Schluss
- 7. Bibliografie
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit analysiert Georg Simmels „Einleitung in die Moralwissenschaft“ und untersucht seine deskriptive Kritik am ethischen Einzelprinzip des Sollens. Die Arbeit befasst sich mit der Frage, wie Simmel das Sollen als Form und Inhalt begreift, welche Genese es hat und wie es in der Gesellschaft Geltung erlangt.
- Analyse des Sollens als Form und Inhalt
- Die Genese des Sollens in der Geschichte
- Der ontologische Status des Sollens und Simmels Wirklichkeitsbegriff
- Die Geltung des Sollens in der Gesellschaft
- Die Rolle der Minorität als Opposition
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt Simmels „Einleitung in die Moralwissenschaft“ als eine deskriptive Kritik der ethischen Grundbegriffe vor und erläutert Simmels Motivation, die Ethik seiner Zeit zu kritisieren. Simmel vertritt die Ansicht, dass die Ethik nicht als eine Einheit zu begreifen ist, sondern auf verschiedenen Ebenen untersucht werden muss.
Kapitel 2 analysiert das Sollen an sich. Simmel argumentiert, dass das Sollen keine Definition besitzt, sondern eine Form ist, die mit einem Inhalt gefüllt werden muss. Er vergleicht das Sollen mit dem „modus imperativus“ und zeigt, dass es sich von anderen Formen wie dem Müssen oder dem Wollen unterscheidet.
Kapitel 3 befasst sich mit der Genese des Inhalts des Sollens. Simmel untersucht, wie das Sollen aus der Geschichte entstanden ist und welche Bedingungen seine Entstehung beeinflusst haben. Er argumentiert, dass das Sollen aus der Gewohnheit zur Symbolik entstanden ist.
Kapitel 4 erörtert die Phänomenologie des Sollens. Simmel untersucht den ontologischen Status des Sollens und seinen Wirklichkeitsbegriff. Er kritisiert die Verwechslung von Wirklichkeit und Denken und zeigt, dass das Sollen nicht nur eine Form, sondern auch ein Inhalt ist.
Kapitel 5 behandelt die Geltung des sittlichen Sollens. Simmel untersucht, wie das Sollen in der Gesellschaft Geltung erlangt und welche Rolle die Norm dabei spielt. Er stellt die Ambivalenz des Normbegriffs heraus und zeigt, dass die Minorität als Opposition eine wichtige Rolle spielt.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen Georg Simmel, Einleitung in die Moralwissenschaft, deskriptive Kritik, ethisches Einzelprinzip, Sollen, Form, Inhalt, Genese, Geltung, Norm, Minorität, Opposition, Gesellschaft, Wirklichkeit, Denken.
- Quote paper
- Sebastian Nentwich (Author), 2009, Eine Abhandlung über Georg Simmels deskriptive Kritik am ethischen Einzelprinzip des Sollens, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/127141
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