„Das Radio, das Fernsehen und die Printmedien waren in der DDR Herrschaftsinstrumente der SED und mussten ihre politische Arbeit unterstützen. Artikel 27 der Verfassung der DDR garantierte zwar jedem Bürger das Recht, seine Meinung frei zu äußern sowie die Freiheit der Presse, des Rundfunks und des Fernsehens. Das Strafgesetzbuch hingegen stellte 'staatsfeindliche Hetze' und den 'Missbrauch der Medien für die bürgerliche Ideologie' unter Strafe.“
So formuliert das Institut für Geschichtliche Landeskunde die Ambivalenz der Medien in der DDR. Nur pro forma geschützt durch eine vermeintliche Pressefreiheit, unterlag das gesamte Mediensystem und insbesondere das Fernsehen als wichtigstes Propagandainstrument einer nahezu allumfassenden Steuerung und Kontrolle durch die SED.
Als totalitaristischer Staat nutzte die DDR die Medien, um ihre ideologischen Botschaften zu verbreiten – Fernsehen war „Staatsfernsehen“. Die DDR-Geschichte ist geprägt vom Reglementieren aller Lebensbereiche durch den Staat – das heißt letztlich die Partei. Demzufolge unterlagen auch die Medien, und dabei insbesondere das Fernsehen als Massenmedium mit hoher Publikumswirksamkeit, einem allumfassenden Vorschriftenkatalog. Was das Fernsehen zeigen und sagen durfte, war strengstens geregelt. Diese Fakten dürfen jedoch heute als weitgehend bekannt vorausgesetzt werden. Die vorgelegte Arbeit will das Wesen dieser Reglementierung anschaulich und transparent machen. Dazu werden zunächst die Organisationsstrukturen erläutert, die die Voraussetzungen für die staatliche Einflussnahme auf das Fernsehen schufen. Vor allem soll aber aufgezeigt werden, welcher Methoden sich jene, die „das Sagen“ hatten, bedienten, um ein Medium im Sinne der Partei zu gestalten. Welche konkreten Maßnahmen wurden umgesetzt, um die Fernsehschaffenden zu disziplinieren, wie reagierten diese darauf, und wie wurde ein SED-konformes Programm erwirkt? Am Ende der Arbeit wird der Versuch einer Antwort auf die Forschungsfrage stehen: Inwieweit wurde das Fernsehen der DDR tatsächlich und alltäglich staatlich reglementiert? Dabei wird der forschungsleitenden Hypothese gefolgt, dass sich die staatliche Reglementierung über sämtliche Bereiche des Fernsehens erstreckte. Diese Komplexität der staatlichen Reglementierung transparent zu machen ist Sinn, Zweck und Anspruch der hier vorgelegten Untersuchung.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einführung
- 1.1 Gegenstand der Untersuchung
- 1.2 Forschungsabriss
- 2. Fernsehen als Sprachrohr der Partei
- 2.1 Funktion und rechtlicher Rahmen des Fernsehens als Herrschaftsinstrument der SED
- 2.2 Struktureller Aufbau der Einflussnahme auf das Fernsehen
- 2.2.1 Das ZK der SED - Der General- und der Agitationssekretär
- 2.2.2 Das ZK der SED - die Abteilung Agitation und Propaganda
- 2.2.3 Die Agitationskommission
- 2.2.4 Das Staatliche Komitee für Fernsehen
- 2.2.5 Die SED-Kreisleitung Fernsehen
- 2.2.6 Das Presseamt beim Vorsitzenden des Ministerrats
- 2.2.7 Das Ministerium für Staatssicherheit (MfS)
- 2.2.8 Weitere Institutionen
- 3. Zensur, Sanktion und Disziplin – Die Reglementierung des Fernsehens in der Praxis
- 3.1 Zensur
- 3.1.1 Zensur von Inhalten
- 3.1.2 Zensur formaler Kriterien
- 3.2 Indirekte Zensur
- 3.3 Grundlage der Akteursdisziplinierung: Anforderungen an Fernsehschaffende
- 3.4 Disziplinierung der Akteure
- 3.4.1 Parteistrafen: Von der Verwarnung bis zum Parteiausschluss
- 3.4.2 Personaltaktik à la SED: Versetzung, Kündigung, Berufsverbot
- 3.5 Grenzen der Reglementierung
- 3.6 Reglementierung, Reglementierte und journalistische Qualität
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die staatliche Reglementierung des DDR-Fernsehens und seiner Akteure. Ziel ist es, die Methoden der SED zur Gestaltung des Fernsehens im Sinne der Partei aufzuzeigen und die Reichweite der staatlichen Kontrolle transparent zu machen. Die Forschungsfrage lautet: Inwieweit wurde das DDR-Fernsehen tatsächlich und alltäglich staatlich reglementiert?
- Organisationsstrukturen der staatlichen Einflussnahme auf das DDR-Fernsehen
- Methoden der SED zur Disziplinierung von Fernsehschaffenden
- Konkrete Maßnahmen zur Durchsetzung eines SED-konformen Programms
- Wirkung und Grenzen der staatlichen Reglementierung
- Zusammenhang zwischen Reglementierung und journalistischer Qualität
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einführung: Die Einleitung stellt den Gegenstand der Untersuchung dar: die umfassende staatliche Reglementierung des DDR-Fernsehens. Sie beleuchtet die Ambivalenz zwischen verfassungsrechtlich garantierter Meinungsfreiheit und der strafrechtlichen Verfolgung „staatsfeindlicher Hetze“. Die Arbeit beschreibt den Begriff „Reglementierung“ und gibt einen Forschungsüberblick, der die vorhandenen Studien zu den Medien der DDR bewertet und einordnet, vor allem die Werke von Bösenberg, Ludes und Holzweißig. Sie unterstreicht die Herausforderungen durch eingeschränkten Quellenzugang vor der Wiedervereinigung und legt die Forschungsfrage und -hypothese dar.
2. Fernsehen als Sprachrohr der Partei: Dieses Kapitel analysiert die Funktion des Fernsehens als Herrschaftsinstrument der SED und den rechtlichen Rahmen dieser Funktion. Es beschreibt detailliert den strukturellen Aufbau der Einflussnahme, indem es die verschiedenen Institutionen und deren Rolle bei der Kontrolle und Steuerung des Fernsehens darstellt – vom ZK der SED über die Abteilung Agitation und Propaganda bis hin zum MfS. Der Fokus liegt auf den hierarchischen Strukturen und den verschiedenen Ebenen der Einflussnahme auf Inhalte und Personal.
3. Zensur, Sanktion und Disziplin – Die Reglementierung des Fernsehens in der Praxis: Dieses Kapitel beschreibt die konkreten Methoden der staatlichen Reglementierung. Es differenziert zwischen direkter und indirekter Zensur, wobei die Zensur von Inhalten und formalen Kriterien erläutert wird. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Disziplinierung der Akteure durch Parteistrafen und Personalmaßnahmen wie Versetzungen, Kündigungen und Berufsverbote. Schließlich werden die Grenzen der Reglementierung und der Einfluss auf die journalistische Qualität beleuchtet.
Schlüsselwörter
DDR-Fernsehen, SED, staatliche Reglementierung, Zensur, Propaganda, Medienkontrolle, Disziplinierung, Fernsehschaffende, Herrschaftsinstrument, Parteilichkeit, journalistische Qualität.
Häufig gestellte Fragen zur Studie: Staatliche Reglementierung des DDR-Fernsehens
Was ist der Gegenstand dieser Studie?
Die Studie untersucht die staatliche Reglementierung des DDR-Fernsehens und seiner Mitarbeiter. Sie analysiert die Methoden der SED, das Fernsehen im Sinne der Partei zu gestalten, und die Reichweite der staatlichen Kontrolle. Die zentrale Forschungsfrage lautet: Inwieweit wurde das DDR-Fernsehen tatsächlich und alltäglich staatlich reglementiert?
Welche Kapitel umfasst die Studie und worum geht es in ihnen?
Die Studie besteht aus drei Kapiteln: Kapitel 1 (Einführung) stellt den Forschungsgegenstand vor, beleuchtet die Ambivalenz zwischen Meinungsfreiheit und „staatsfeindlicher Hetze“ und gibt einen Überblick über den Forschungsstand. Kapitel 2 („Fernsehen als Sprachrohr der Partei“) analysiert die Funktion des Fernsehens als Herrschaftsinstrument der SED und den strukturellen Aufbau der Einflussnahme durch verschiedene Institutionen (ZK der SED, Abteilung Agitation und Propaganda, MfS etc.). Kapitel 3 („Zensur, Sanktion und Disziplin“) beschreibt die konkreten Methoden der Reglementierung, darunter direkte und indirekte Zensur, Parteistrafen und Personalmaßnahmen, sowie deren Grenzen und Auswirkungen auf die journalistische Qualität.
Welche Institutionen und Akteure spielten eine Rolle bei der Kontrolle des DDR-Fernsehens?
Die Studie identifiziert zahlreiche Institutionen, die Einfluss auf das DDR-Fernsehen ausübten, darunter das ZK der SED (Zentralkomitee der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands), die Abteilung Agitation und Propaganda des ZK, die Agitationskommission, das Staatliche Komitee für Fernsehen, die SED-Kreisleitung Fernsehen, das Presseamt beim Vorsitzenden des Ministerrats und das Ministerium für Staatssicherheit (MfS). Die Studie betont die hierarchischen Strukturen und die verschiedenen Ebenen der Einflussnahme.
Welche Methoden der Reglementierung wurden eingesetzt?
Die Studie unterscheidet zwischen direkter und indirekter Zensur. Direkte Zensur betraf Inhalte und formale Kriterien. Indirekte Zensur erfolgte durch subtilere Methoden. Zusätzlich wurden Fernsehschaffende durch Parteistrafen (Verwarnung bis Parteiausschluss), Personalmaßnahmen (Versetzung, Kündigung, Berufsverbot) und Anforderungen an Parteitreue diszipliniert.
Welche waren die Grenzen der staatlichen Reglementierung?
Die Studie untersucht auch die Grenzen der staatlichen Kontrolle und beleuchtet Bereiche, in denen die Reglementierung weniger effektiv war oder unerwartete Folgen hatte. Diese Aspekte werden im Kapitel über Zensur, Sanktion und Disziplin behandelt.
Wie beeinflusste die Reglementierung die journalistische Qualität?
Die Studie analysiert den Zusammenhang zwischen staatlicher Reglementierung und journalistischer Qualität im DDR-Fernsehen. Es wird untersucht, inwieweit die Kontrolle die Unabhängigkeit, Objektivität und den professionellen Standard der Berichterstattung beeinträchtigte.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Studie?
Schlüsselwörter, die die Studie beschreiben, sind: DDR-Fernsehen, SED, staatliche Reglementierung, Zensur, Propaganda, Medienkontrolle, Disziplinierung, Fernsehschaffende, Herrschaftsinstrument, Parteilichkeit, journalistische Qualität.
Welche vorherigen Studien wurden berücksichtigt?
Die Studie bezieht sich auf und bewertet vorhandene Studien zu den Medien der DDR, insbesondere die Werke von Bösenberg, Ludes und Holzweißig. Sie berücksichtigt auch die Herausforderungen durch eingeschränkten Quellenzugang vor der Wiedervereinigung.
- Quote paper
- Doreen Herok (Author), 2009, Zensur, Sanktion und Disziplin - Die staatliche Reglementierung des DDR-Fernsehens und seiner Akteure, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/126931