Diese Arbeit dient als Ansatz, um den eSports ein Stück näher als richtige Sportart zu erkennen, und formuliert Lösungsvorschläge für Spieleentwickler, die in den eSports-Markt einsteigen wollen.
Der eSport stößt auf viele Probleme. Neben der Spielsucht im Kinderzimmer und Übergewicht durch zu langes Sitzen vor dem PC werden vor allem politische Stimmen laut, ob und inwieweit solche Spiele die Kinder und Jugendlichen gefährden. Die meisten eSport-Disziplinen zeigen Gewaltverherrlichende Situationen, woraus die Diskussion entstand, ob nicht sogar ein einheitliches Verbot für solche Spiele eingeführt werden sollte.
eSport wird noch immer als Gewalt verherrlichendes Medium betrachtet. Das Wort eSport wird oft auch in Verbindung mit den sogenannten "Killerspielen" gesetzt, hier steht vor allem das Genre der First-Person-Shooter (FPS) im Fokus. Nennenswerte FPS Titel wie Counter-Strike, Tom Clancys Rainbow Six: Siege oder das seit kurzem erschienen Call of Duty: Black Ops 4 erschweren die Akzeptanz des eSports. Es fällt nicht schwer, die Erscheinungsformen von eSport Spielen ins düstere Licht zu positionieren, weil sie sich selbst in ein solches Licht setzen. Die Forschungsfrage, die bearbeitet wird ist hier
nachzugehen, ob der eSports sich als Gewaltfreie Sportart behaupten kann. Diese Arbeit dient als Ansatz, um den eSports ein Stück näher als "richtige Sportart" zu erkennen und formuliert Lösungsvorschläge für Spieleentwickler, die in den eSports Markt einsteigen wollen.
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung und Motivation der Arbeit
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
2 Theoretischer Teil
2.1 Begriff eSport und Abgrenzung zum Sport
2.1.1 Geschichtlicher Hintergrund
2.1.2 Forschungsstand
2.2 Erfolgsfaktoren
2.2.1 Wettbewerb im eSports
2.2.2 Flow-Erleben im eSports
2.3 Gewalt im eSports
2.3.1 Faszination ludische Gewalt
2.3.2 Entstehung der Gewaltdebatte von Computerspielen
3 Praktischer Teil
3.1.1 Situationsbetrachtung
3.1.2 Praxisbeispiel League of Legends
3.1.3 Darstellung von Tod und Gewalt in LoL
3.1.4 Praxisbeispiel Counter-Strike
3.1.5 Darstellung von Waffen in CS
3.1.6 Zielgruppe von eSports
3.1.7 Gewalt Abseits des Spiels
3.1.8 Ethischer Diskurs
3.2 Gewaltprävention im eSports
3.2.1 Maßnahmen zur Regulierung
3.2.2 Diskussion Spielgewalt
3.2.3 Gesellschaftliche Chancen und Herausforderungen
4 Empirischer Teil
4.1 Forschungsmethode
4.1.1 Qualitative Untersuchung zur Gewaltsituation
4.1.2 Wiedergabe und Interpretation der Ergebnisse
4.1.3 Handlungsempfehlungen
5 Fazit
Literaturverzeichnis
Anhang
Abkürzungsverzeichnis
ADC Attack Damage Carry
BIU Bundesverband Interkative Unterhaltungssoftware
BPJS Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien
CS Counter-Strike
DeCL Deutsche Clan Liga
DFB Deutscher Fußball Bund
DOSB Deutscher Olympischer Sportbund
DotA Defense of the Ancients
DVD Digital Versatile Disc
ESBD eSport-Bund Deutschland
ESL Electronic Sports League
eSport Elektronischer Sport
F2P Free To Play
FIFA Fédération Internationale de Football Association
FPS First-Person-Shooter
FSK Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft
GAAM General Affective Aggression Model
JMStV Jugendmedienschutz-Staatsvertrag
LAN Local Area Network
LoL League of Legends
MLB Major League Baseball
MMORPG Massive Multiplayer Online Role Playing Game
MOBA Multiplayer Online Battle Arena
Mod Modifikation
NBA National Basketball Association
NPC Non-Player Character
POV Point of View
RL Real Life
ROM Read-Only-Memory
USK Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle
VCS Video Computer System
VfL Verein für Leibesübungen
VR Virtual Reality
WoW World of Warcraft
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Aufbau der Arbeit
Abbildung 2: Unterscheidungsmodell nach Caillois
Abbildung 3: a) Modell des Flow-Zustands b) Übertragung auf Computerspiele
Abbildung 4: Gewalt Schema
Abbildung 5: Erfolgreichste eSport Spiele
Abbildung 6: Alter der League of Legends Spieler
Abbildung 7: Ligasystem von LoL
1 Einleitung
Sport und Bewegung ist wichtig, so wird es jedem Menschen von Kindesbeinen an beigebracht. Öffentliche Medien und soziale Netzwerke stellen außer Frage, dass Sport und Bewegung die wichtigste Tätigkeit des täglichen Lebens sein sollte. Sport ist ein kulturelles Tätigkeitsfeld und kann von jedem Menschen ausgeübt werden. Täglich wird dies auch im Fernsehen gezeigt. Sender, die rund um die Uhr über Sport berichten und dabei sportliche Aktivitäten zeigen sind keine Seltenheit. Oft ist neben dem sportlichen Aspekt auch der Wettkampf zwischen 2 oder mehreren Parteien ansehenswert. Doch seit geraumer Zeit hat sich ein weiteres Gebiet im Sportbereich entwickelt, der sogenannte eSport. Zwar ist der eSport noch längst nicht so groß wie die großen Disziplinen des realen Sports, dennoch kann man sagen, dass hier die Bekanntheit und das verbundene Interesse daran stetig wächst.1 Mittlerweile hat sich der eSport als richtiger Zuschauersport etabliert, als Sport anerkannt wird er in Deutschland jedoch nicht. Professionelle eSports-Wettkämpfe scheinen nach Statistiken eine hohe Zuschauerschaft für sich zu gewinnen. Eines der erfolgreichsten eSport Spiele seit Jahren ist das PC Spiel „League of Legends“. Die World Finals League Championship im Jahr 2014 hatten 27 Millionen Unique Viewer, die World Finals 2015 hatten 36 Millionen Unique Viewer und zeigten damit das große Potential des eSports. Zum Vergleich hatten aus dem amerikanischen Raum, die MLB World’s Series 15 Millionen Zuschauer und die NBA Finals im Jahr 2015 eine Zuschauerschaft von fast 20 Millionen.2 3
eSports hat viele Hürden, immer wieder sind Stimmen von Vorsitzenden der Sportverbände zu hören. So auch von DFB Präsident Reinhard Grindel, der in einem Interview befragt wird, was er von eSport halte. Seine verkürzte Stellungnahme dazu: „eSport ist eine absolute Verarmung, [...] Fußball gehört auf grünen Rasen und nicht in ein Computerspiel. Der eSport ist für mich kein Sport. Ich hoffe, dass der eSport nicht olympisch wird. “
Mit dieser Aussage verdeutlicht Grindel seine Meinung zum eSport und bezieht sich in diesem Beispiel auf den sportlichen Aspekt. Aber nicht nur Grindel ist der Meinung, dass eSport nichts mit Sport zu tun hat. Auch Sportverbände distanzieren sich von der Akzeptanz des eSports, mit der Begründung, dass sportähnliche Spiele nur eine Unterrolle spielen. Sie fügen hinzu, dass bei den beliebtesten eSport Spielen „die brutale und explizite Darstellung von Tötungsgewalt gegen Menschenähnlichen Figuren“ dem eigentlichen Sportsinn widersprechen.4
1.1 Problemstellung und Motivation der Arbeit
Beim Betrachten der beliebtesten eSport Disziplinen kann der außenstehende immer wieder ein zentrales Spielelement erkennen, Gewalt. Dabei geht es in den eSport Spielen immer wieder darum Feinde auszuschalten, zu töten, ihnen höchstmöglichen Schaden zuzufügen und/oder dabei enormen Schaden an Gebäudeareale anzubringen. Gewalt scheint als Attraktion im eSport fest verankert zu sein. Avatare, die ausgerüstet sind mit Schussgewehren, Schild und Schwertern oder Sprengsätzen sind nur eine Kostprobe in den großen eSport Disziplinen wie League of Legends, Counter-Strike oder das seit kurzem in den Trend gekommene Fortnite. Auf der Liste der nennenswerten eSport Disziplinen sind nur sehr wenige Titel dabei, die wenig oder nahezu keine Gewaltattraktionen darstellen. Oft handeln es sich dabei um Sport Spiele, wie z.B. FIFA oder Rennsimulationen, wie z.B. Rocket League. Diese besitzen zwar den gleichen Wettbewerbscharakter, sind jedoch in der Auflistung der beliebtesten eSport Spiele eher weiter unten angesiedelt.
Eines der beliebtesten Kommunikationskanäle für die eSport Wettkämpfe sind die sogenannten „Live-Streams“ (auf Deutsch: Echtzeitübertragungen). Eines welches im Segment der Videospiele viel Zuspruch erhält, ist „Twitch“. Das Portal wurde 2014 vom Unternehmen Amazon für 1 Milliarde US-Dollar übernommen, Twitch hat sich in den letzten Jahren als Marktführer im Streaming Segment für Videospiele behaupten können und gilt seitdem als Hauptkommunikationsrohr für eSports Wettkämpfe und Events. Die eSport Streams, die den Wettbewerbsgedanken zeigen, erfreuen sich über viele Zuschauer, wenn z.B. große eSport Turniere, wie die Weltmeisterschaften in League of Legends, DotA, Overwatch, Counter-Strike usw. ausgetragen werden.
Der eSport stößt auf viele Probleme. Neben der Spielsucht im Kinderzimmer und Übergewicht durch zu langes sitzen vor dem PC, werden vor allem politische Stimmen laut ob und in wie weit, solche Spiele die Kinder und Jugendlichen gefährden. Die meisten eSport Disziplinen zeigen Gewaltverherrlichende Situationen, woraus die Diskussion entstand ob sogar nicht ein einheitliches Verbot für solche Spiele eingeführt werden sollte. eSport wird noch immer als Gewalt verherrlichendes Medium betrachtet. Das Wort eSport wird oft auch in Verbindung mit den sogenannten „Killerspielen“ verbunden, hier steht vor allem das Genre der First-Person-Shooter (FPS) im Fokus. Nennenswerte FPS Titel wie Counter-Strike, Tom Clancys Rainbow Six: Siege oder das seit kurzem erschienen Call of Duty: Black Ops 4 erschweren die Akzeptanz des eSports. Es fällt nicht schwer, die Erscheinungsformen von eSport Spielen ins düstere Licht zu positionieren, weil sie sich selbst in ein solches Licht setzen.5 Die Forschungsfrage, die bearbeitet wird ist hier nachzugehen, ob der eSports sich als Gewaltfreie Sportart behaupten kann. Diese Arbeit dient als Ansatz, um den eSports ein Stück näher als „richtige Sportart“ zu erkennen und formuliert Lösungsvorschläge für Spieleentwickler, die in den eSports Markt einsteigen wollen.
1.2 Zielsetzung und Aufbau der Arbeit
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Aufbau der Arbeit
Quelle: Eigene Abbildung
2 Theoretischer Teil
2.1 Begriff eSport und Abgrenzung zum Sport
Video- und Computerspiele sind die Basis für den eSport. Der Markt für Videospiele ist seit dem Ende der 90er Jahre zu einem zunehmend bedeutenden Wirtschaftszweig geworden. Er bewegt sich in der Größenordnung von 2 Milliarden Euro Umsatz jährlich.6 In den vereinigten Staaten übertraf 2001 der Umsatz der Video- und ComputerspieleIndustrie mit 9,4 Milliarden US-Dollar den Umsatz der US-Filmindustrie mit 8,1 Milliarden. Diese Situation ist in Deutschland im Jahr 2005 eingetreten. Die Video- und Computerspielindustrie ist inzwischen ein relevanter Teil der Medienindustrie geworden und verzeichnet ein stetiges Wachstum.7
Das Wort eSport setzt sich aus den zwei Wörtern e und dem Sport zusammen. Das e steht hier für elektronisch. Eine einheitliche Regelung zu diesem Fachbegriff existiert nicht. Ungeklärt ist auch ob das E bei Satzanfang klein- oder großgeschrieben wird. Im Sprachgebrauch hat sich das kleine e in der Verbindung zum großgeschriebenen Sport dominanter herausgestellt. In dieser Arbeit wird der Begriff eSport (auch am Satzanfang) verwendet.
Der deutsche eSport-Bund Deutschland e.V. (ESBD) repräsentiert bundesweit den organisierten eSport. Er wurde am 26. November 2017 gegründet und dient als zentraler Ansprechpartner für die Ausgestaltung vom eSport.8 Die ESBD definiert den eSport als das sportwettkampfmäßige Spielen von Video- bzw. Computerspielen nach festgesetzten Regeln. Wichtig ist zu nennen, dass beim eSport der Wettbewerbsgedanke im Vordergrund steht. Hier messen sich Spieler in teils professionellen Ligen in Deutschland, USA und vor allem in den asiatischen Ländern wie Korea oder Japan. Die Spiele sind vielfältig und werden teils allein oder mit anderen Teamkameraden gespielt. Fußballsimulationen wie FIFA, First-Person-Shooter (FPS) wie Counter-Strike, Strategie- und Taktikspiele wie Starcraft 2 und MOBA Spiele wie DotA oder League of Legends, erfreuen sich großer Beliebtheit im eSport. Professionelle Spieler aus dem asiatischen Raum erzielen dabei teilweise bis zu sechsstellige Jahresgehälter und werden wie Popstars behandelt.9 Der eSport ermöglicht es spielend Geld zu verdienen, auch im deutschsprachigen Raum ist es möglich als professioneller eSportler mit Spielverträgen, Sponsoren und Live-Streams seinen Unterhalt zu verdienen. Der Einstieg in eine solche Spieler Karriere ist dennoch nicht ganz einfach. Den Einstieg finden die sogenannten „eSportler“ auf Anfänger Niveau teilweise mit anderen Spielkameraden, wo sie durch das spielen und den nötigen Lerneffekten, immer schneller, besser und zielgenauer werden. Das Ganze ist vergleichbar wie die „Fußball Kick-Runde“ mit Freunden auf dem Hinterhof. Alle eSport Spiele besitzen Rang Systeme, in denen die Spieler durch Verbesserung der Fähigkeiten aufsteigen können. Wenn ein Spieler besonders viel Zeit investiert und mehrmals in der Woche trainiert kann er öfter Spiele gewinnen und im Rangsystem des Spiels höher aufsteigen. Dort trifft er auf Teammitglieder dessen Spielniveau auf gleicher Höhe ist. Die Spieler haben dann die Möglichkeit in verschiedenen Gruppen sich zusammenzuschließen und „Clans“ zu bilden: „Als Team (Clan) wird eine Spielgemeinschaft bezeichnet, die sich organisiert, um gemeinsam an Turnieren oder Ligakämpfen im Online-und/oder Offline-Spielebereich teilzunehmen. Damit stellen diese Teams die primäre Form der Selbstorganisation von Spielern dar. Sie zeichnen sich durch gemeinsames Training und Wettkampf, aber auch unter anderem durch weitere gemeinsame Aktivitäten, Freundschaften und das Betreiben einer eigenen Homepage aus.“10
Früher auf organisierten Treffen sog. LAN-Partys11 wurde intern oder gegen andere Clans gespielt. Heutzutage finden viele dieser Clan Kriege digital vor dem Computer bzw. der Konsole statt. Streng genommen besteht ein Clan aus mehreren Teams bzw. Squads, je nachdem wie viele unterschiedliche Spiele ein Clan spielt. Dabei widmet und professionalisiert sich ein Team bzw. Squad einem bestimmten Spiel, also z.B . CounterStrike oder League of Legends.
Unternehmen aus der Elektronik- und Softwareindustrie sponsern dabei große und erfolgreiche Clans. Sie ermöglichen die Reise zu den Wettkämpfen auf Übersee und stellen für jeden Spieler die neueste technische Ausrüstung zur Verfügung. Es bestehen deutschland- und weltweit mehrere große Ligen, in denen Clanwettbewerbe professionell unter bestimmten Ligaregeln ausgetragen werden. Zu der größten Liga zählt die Electronic Sports League12 (ESL) der Turtle Entertainment GmbH mit Hauptsitz in Köln.
Die ESL organisiert verschiedene Turniere für eSport Spiele und sieht sich hierbei als Koordinator für eSports T urniere.
eSport wird in vielen Ländern als Sport anerkannt, darunter Frankreich, Schweden, Russland, und Südkorea.13 Ob der eSport als richtiger Sport in Deutschland durchgehen kann, wird kontrovers diskutiert. In Deutschland ist die höchste Sportorganisation der Deutsche Olympische Sportbund kurz DOSB, er verzeichnet mehr als 27 Millionen Mitgliedschaften aus über 90.000 Sportvereinen. Die Vereine und Verbände sind gemeinwohlorientiert und engagieren sich ohne Gewinnzielabsichten. Für sie arbeitet der DOSB als Dachverband, er vertritt die Interessen der Sportverbände und ihrer Vereine gegenüber der Gesellschaft und dem deutschen Staat.
Der DOSB ist unter anderem auch für die Akzeptanz von Sportarten in Deutschland verantwortlich. Der eSport wird allerdings wegen der „fehlenden eigenmotorischen Aktivität“ nicht als Sport anerkannt. Aber auch die Gewalt wird in dem Kontext der Akzeptanz als richtige Sportart genannt, mit einer ähnlichen Begründung, dass gewaltverherrlichende Elemente wie das Töten von Gegenspielern keine sportlichen Zwecke erfüllt. In einem Interview gibt die Geschäftsführerin Veronika Rücker bekannt, dass der eSport viele bewegt und von seitens des DOSB wahrgenommen wird. Die Diskussion um das Thema eSport wollen die Vertreter bündeln zusammenführen und eine Position entwickeln. So möchte der DOSB eine Arbeitsgruppe zum Thema eSport einrichten und Strategien erarbeiten, an die sich Sportvereine- und verbände orientieren können. Dieser Beschluss wird in der nächsten Mitgliederversammlung in Düsseldorf im Dezember 2018 ausgetragen.14 Der Deutsche Olympische Sportbund ordnet den eSport nicht als Sportart ein jedoch scheint es Fortschritte in dieser Richtung zu geben.
eSportler haben den schlechten Ruf, dass sie durch das lange rumsitzen vor dem PC oder Konsole keine ausreichende Bewegung haben und dadurch auf Dauer Gewicht zunehmen. Der Sportwissenschaftler Ingo Froböse hat die eSportler untersucht und festgestellt, dass Profi-Spieler im eSport ähnlich hohen Belastungen ausgesetzt sind wie normale Sportler. So erreichen professionelle eSportler Herzfrequenzen von 180 Schlägen/Minute, zum Vergleich, bei einem Formel 1 Rennfahrer sind es bis zu 190 Schläge/Minute. Des Weiteren wurden eSportler auf das Stresshormon Cortisol überprüft, dort wurde festgestellt, dass der Cortisolspiegel ungefähr auf dem Niveau von Rennfahrern liegt. Die Beanspruchung der verschiedenen Körperareale kommt bei den eSportlern zu kurz und viele ernähren sich nicht gerecht, weshalb viele von ihnen teils übergewichtig sind. Froböse betont, dass motorische Aktivitäten beim eSport genau wie beim klassischen Sport vorhanden sind, diese sind jedoch beim eSport etwas reduziert. Froböse falsifiziert die Aussage der „fehlenden eigenmotorischen Aktivität“ vom DOSB und betont, dass der DOSB seine Aussage auf einer veralteten Definition von Sport beruhen lässt:15 „Seit Beginn des 20. Jahrhunderts hat sich Sport zu einem umgangssprachlichen, weltweit gebrauchten Begriff entwickelt. Eine präzise oder gar eindeutige begriffliche Abgrenzung lässt sich deshalb nicht vornehmen. Was im allgemeinen unter Sport verstanden wird, ist weniger eine Frage wissenschaftlicher Dimensionsanalysen, sondern wird weit mehr vom alltagstheoretischen Gebrauch sowie von den historisch gewachsenen und tradierten Einbindungen in soziale, ökonomische, politische und rechtliche Gegebenheiten bestimmt. Darüber hinaus verändert, erweitert und differenziert das faktische Geschehen des Sporttreibens selbst das Begriffverständnis von Sport."16
Der DOSB sieht den Sport als Begriff, der schwer zu definieren zu sein scheint. Der Sport scheint auch vielmehr von äußeren Faktoren bestimmbar zu sein. Wahrscheinlich wurde auch explizit diese Definition gewählt, um einen „freien Raum“ zur Durchsetzung von eigenen oder erfundenen Sportarten zu erhalten. Lange gab es die Debatte, ob das professionelle Schachspiel auch ein Leistungssport sei. Hier wurde in einem Beschluss des DOSB im Jahr 2013 die Aberkennung zur Leistungssportförderung für Schach durchgesetzt. Der DOSB begründet dies mit der „fehlenden eigenmotorischen Leistung“ im Schach.17 Oft ist neben dem sportlichen Aspekt wie Gesundheit und Bewegung, das Ziel der Messbarkeit mit anderen Sportlern in den verschiedensten Sportdisziplinen. Angefangen in kleinen Sportgemeinden auf Landesebene kann man mit nötigem Ehrgeiz, Talent, Hilfe und Fördermaßnahmen den Sprung auf die Bundesebene erweitern um sich in sportlicher Hinsicht zu behaupten. Die höchste Klasse des Sports sind dabei die Olympischen Spiele, die jedes zweite Jahr (als nächstes in Tokio 2020) an verschiedenen Orten dieser Welt ausgetragen werden und alle Top Sportler aus der ganzen Welt herrufen, um in den verschiedensten Sportarten gegeneinander anzutreten.
Der Amateur Sport ist ein mit vollem körperlich-seelisch-geistigem Einsatz geführter Wettkampf, bei dem der Fokus auf die gesteigerte Lebensintensität zum Ziel hat und außer diesem keinen gearteten oder praktischen Zweck verfolgt. Der Professionelle Sport unterscheidet sich in seinem Wesen vom Oben gesagten, aus Gründen der Rentabilität, Darbietung und Wirkung auf das große Publikum.18 Insgesamt scheint sich der Trend dahingehend zu entwickeln, dass auch in Zukunft Sport und Bewegung eine große Rolle spielen wird. 2009 lagen die Zahlen erhoben, durch repräsentative Studien noch wie folgt: 18,9% der 18-jährigen und Älteren Männer und 26% der gleichaltrigen Frauen treiben überhaupt keinen Sport, weitere 35% der Männer und 35,9% der Frauen sind lediglich bis zu 2,5 Stunden in der Woche aktiv. Am höchsten ist die Sportbeteiligung im jungen Erwachsenenalter, am geringsten im höheren Lebensalter.19
Es muss aber auch erwähnt werden, dass in Zeiten von Fernsehformaten und Social Media, die Schlankheit, gutes Aussehen und Gesundheit suggerieren, anzunehmen ist, dass sich der Trend dahingehend weiter erhöhen wird. Zusammenfassend kann man sagen, dass in Deutschland der normale Sport einen höheren Stellenwert als der eSport genießt. Die Etablierung in die Gesellschaft, hat womöglich auch mit Hürden zu tun mit dem der eSport zu „kämpfen“ hat. So sind Klischeehafte Vorurteile vorangetrieben durch Massenmedien in den letzten Jahren, dass Videospiele die Intelligenz vermindern, süchtig machen, die Gewichtzunahme begünstigen und aggressiver machen, keine Seltenheit. Ein weiteres essentielles Problem ist auch, dass die Brutalität, die in solchen Spielen gezeigt wird auch vor allem die jüngere Zielgruppe anspricht. Jüngere Menschen, die in ihrer Entwicklung mit solchen Gewaltspielen konfrontiert werden, können nach journalistischen und politischen Äußerungen gefährdet sein.
2.1.1 Geschichtlicher Hintergrund
In diesem Teil wollen wir uns dem Ursprung des Computerspiels und des eSports widmen um einen geschichtlichen Überblick zu erhalten. Der massenwirksame Siegeszug der Bildschirmspiele begann mit den Spielautomaten, die in Bars, Clubs oder Cafés aufgestellt wurden. Anfang der 70er Jahre erfreuten sich die Automaten immer größerer Beliebtheit, hier trafen Technologien wie Fernseher und die bereits in Flippern realisierte elektronisch Verdrahtung auf die ersten bezahlbaren Münzen. Das erste richtige Computerspiel hieß Spacewar! und wurde von Steve Russel 1961 auf einem PDP-1- Minicomputer am Massachusetts Institute of Technology programmiert. Mit dieser Aussage könnte die Geschichte der Computerspiele beginnen, sie ist jedoch noch nicht ganz vollkommen richtig und bedarf der Präzisierung. Spacewar! hatte schon viele Aspekte was die heutigen Computerspiele ausmacht. Aber bei dem „Minicomputer“ handelte es sich dabei um ein 500Kg schweres Gerät, das Zigtausende Dollar kostete und nur für einige wenige Wissenschaftler zur Verfügung stand. Es war ein Spiel wo zwei Gegner (Spieler gegen Spieler oder Spieler gegen Computer) antreten.20 In den zwei Raumschiffen wurde aufeinander geschossen, wer als erster traf hatte gewonnen. Spacewar! fand als erstes Computerspiel keine Nutzer. Das Spiel war ein Prototyp und diente in erster Linie nur zu wissenschaftlichen Zwecken.
Eines der ersten klassischen elektronischen Spiele, die auf den Markt kamen, war Pong vom Computerhersteller Atari. Ein schwarzes Feld wo sich zwei Balken bewegen lassen um einen kleinen weißen Punkt hin und her zu schieben. Das Ganze war eine Art virtuelles Tischtennis, das erst am Automaten und dann ab 1975 auch über die Spielekonsole spielbar war. Obwohl Atari mit Pong zu Weltruhm kam und als Erfinder der Videospieler gilt, basiert es jedoch auf der Lizenz von Ralph Baer, der das Konzept des Spiels schon 1968 patentierte und mit der Firma MagnaVox für die Konsole „Odyssey“ ab 1972 kommerziell vertrieb.21
Selbst Pong hätte früher als eSport Spiel taugen können, es hatte alles was ein eSport Titel brauchte: Den Gegner, den Wettbewerb und die elektronische Plattform. Spieler dieses Spiels haben offensichtlich sogar eSport betrieben. Die Entwicklung der Computerspiele erfuhr zwei bedeutende Revolutionen. Die erste entstand durch die erschienene Videospielkonsole „Atari VCS‘, hier wurde eine strikte Trennung zwischen Konsole und Computer als Standard wahrgenommen. Seitdem ist es normal, dass Spiele unabhängig von der Hardware entwickelt werden. Der zweite Revolutionäre Durchbruch gelang Mitte der achtziger Jahre durch die Verbreitung der ersten Heimcomputer. Diese Systeme eroberten die Wohn- und Kinderzimmer und konnten von den Benutzern selbst programmiert werden. Gruppen von Hobbyentwicklern machten es sich zur Aufgabe in den Markt einzusteigen und diesen zu erobern.22 Einen weiteren Grundstein für den heutigen Erfolg des eSports legte der Amerikaner Walter Day. Day, Betreiber einer Spielehalle „Twin Galaxies“ in Ottumwa, Iowa, etablierte 1982 den ersten Rekord für Videospiele. Sein „Twin Galaxies National Scoreboard“ war die erste Bestenliste für Videospiele und hatte in kurzer Zeit viele Spieler an sich gezogen. Des Weiteren gründete Day 1983 das erste professionelle Videospielteam (was wir in 2.2 als auch Clan genannt haben). Das Team trug den Namen „ U.S. National Video Game Team “, und Day veranstaltete im August desselben Jahres das erste landesweite Video-Game-Masters- Turnier der USA, die „North American Video Game Challenge“. Mit seinem „Twin Galaxies National Scoreboard', den Wettbewerben und seinem eSports Team gilt Walter Day als der eSports-Pionier in der Geschichte des eSports.23
In der Gewaltentwicklung von Computerspielen werden um das Jahr 1990 rum, Titel wie Doom oder Wolfenstein 3D benannt, die nicht zuletzt den Siegeszug für das Genre der FPS einleitete.24 Schauen wir uns die Entwicklung des eSports in Deutschland an dann können wir feststellen, dass gegen das 20. Jahrhundert ein rasanter Wachstum des eSports geherrscht hat. Titel wie Starcraft (1998) und Counter-Strike (2003) haben die Aufmerksamkeit auf sich gezogen. 1997 wurde mit der Deutschen Clan Liga (DeCL) eine der ersten Ligen hierzulande gegründet, aus ihr ging im Jahr 2000 die bedeutendste Liga der ESL hervor. Mit der ersten Gamescom 2009 bis heute, ging eine der weltgrößten Messen für Unterhaltungselektronik hervor. Der eSport hat einen weiteren Aufschwung bekommen und der eSports Markt wurde seitdem für Spieleentwickler immer interessanter.25
Heute genießt der eSport eine Allgegenwärtigkeit und wird mit beliebten eSport Titeln auf Streaming Plattformen (z.B. www.twitch.tv ), im Fernsehen (z.B Sport1) und auf OfflineEvents (z.B. Gamescom) ausgetragen und für ein breites Publikum vorgestellt.
2.1.2 Forschungsstand
Der aktuelle Forschungsstand zum Thema eSports weißt noch Mängel auf. Zwar gibt es einige Studien zu den Nutzungs- und Wirkungsmotiven (siehe Quandt et al.), diese sind aber bei weitem nicht ausreichend um großflächig alle Fragen zu beantworten. Quandt et al. (2009) mit der Publikation „Die Computerspieler - Studien zur Nutzung von Computergames“ schneiden den eSports an und erklären erste wichtige gesellschaftliche Fragen wie z.B. die Nutzungsmotive von FPS Titeln in Bezug auf den Lebensstil.26 Des Weiteren kommt Quandt et al. (2009) zum Entschluss, dass vor allem die Präferenz der Online-Computerspiele bei den Rollenspielen liegt. In einer Befragung (N=688) wurden Menschen befragt, welche Genres sie bevorzugen. Mit einer eindeutigen Abstimmung von 70% spielten die Befragten gerne Rollenspiele, knapp gefolgt von Actionspielen mit 45,8%, Strategiespielen mit 35,4% und den letzten Platz belegten die Sport-/Rennspiele mit 13,9%. In der weiteren Nennung wurden Genre Haupttitel abgefragt, dabei war das beliebteste Spiel im Rollenspielsegment „World of Warcraft, im Actionsegment „Counter- Strike“, im Strategiesegment „Warcraft (Serie)“ und im Sport/Rennsegment „Need for Speed (Serie)“.27 Es ist an dieser Stelle zu erwähnen, dass World of Warcraft zu der Zeit als die Daten erhoben wurden einen regelrechten Aufschwung erlebt hat. World of Warcraft gilt heute als das erfolgreichste Spiel im MMORPG Genre, welches sich nach heutigem Stand wieder geneigt hat. Zu der Zeit wo die Daten erhoben wurden (2009) hatte WoW knapp 12 Millionen aktive Spieler zu verzeichnen, welches heute weniger als 5 Millionen der Fall ist.28 Im Internet findet man eine Vielzahl von aktuelle Übersichten, die den Zustand rund um den eSports wiedergeben. Statistiken, Infographiken und Informationsblätter sind dort in Mengen aufzufinden. Anders sieht es bei der Gewaltauswirkung im Medienkonsum aus. Seit den 1950er Jahren wurden in ca. 500 Studien untersucht, wie Gewaltdarstellungen auf den jugendlichen Zuschauer wirken. Versuche, den Medienkonsum kausal auf die Entstehung von Einstellungen und Handlungen zu beziehen, führten zu uneinheitlichen Ergebnissen.29
Neben vielen verschiedenen Überlegungen und Theorien ist das GAAM (General Affective Aggression Model) das einzige Modell, dessen Erklärungskraft im Rahmen der Modellentwicklung an Computerspielen geprüft wurde. Die Annahme ist, dass das GAAM die leichtere Verfügbarkeit aggressiver Kognitionen in nachfolgenden Situationen annimmt. Demnach führt die Auseinandersetzung mit gewalthaltigen Stimuli langfristig zur Ausbildung einer gewaltbereiten bzw. aggressiveren Persönlichkeit. Das GAAM schließt viele sozialpsychologische Ansätze mit ein. Anderson und Dill (2000) gehen davon aus, dass die Nutzung gewalthaltiger Stimuli aggressive Kognitionen, Emotionen und physische Erregung auslöst. Außerdem leistet das GAAM eine ausführliche Systematisierung, welche psychischen Phänomene unter Aggression zu verstehen sind: aggressive Kognitionen (z.B. Skripte für gewalttätige Verhaltensweisen), Affekte (z.B. Feindseligkeit), und physische Erregungszustände (z.B. gesteigerte Herzfrequenz). Um aggressives Verhalten auszulösen genügt es dem Modell eine dieser drei Bereiche anzusprechen. Anderson und Dill (2000) vorhersagen, dass dies unwiderruflich ausgelöst wird, wenn aggressionshaltige Computerspiele gespielt werden. Da emotionale und physiologische Wirkungen auch durch Nutzung gewaltfreier Spiele entstehen können, etwa durch Frust oder Niederlage.30
Das GAAM31 sagt für das Spielen gewalthaltiger Computerspiele voraus:
- kurzfristige Wirkungen: Es kommt zu einer leichteren Verfügbarkeit aggressiver Kognition, sowie einer negativen Stimmungslage und einer erhöhten physiologischen Erregung
- langfristige Wirkungen: Die Auseinandersetzung mit gewalthaltigen Stimuli führt auf Dauer zur Ausbildung einer Aggressiven Persönlichkeit.32
Demnach leiteten Anderson und Dill (2000) zwei Hypothesen ab:
1. Langfristiges Spielen gewalthaltiger Computerspiele korreliert positiv mit aggressiven Einstellungen und Neigungen.
Anderson und Dill (2000) konnten ihre Hypothese weitestgehend bestätigen. Personen die längere Zeit gewalttätigere Gewaltspiele gespielt haben, äußerten sich aggressiver in den Interviews. Die Korrelation wurde als Kausal interpretiert. Weitere Tests deckten auf, dass bei Personen mit wenig aggressiver Persönlichkeit keine Korrelation zwischen dem Spielen von gewalthaltigen Computerspielen und dem Auftreten aggressiven Verhaltens gefunden werden konnte.33
2. Kurzfristiges Spielen führt bei Personen mit hoher Aggressionsbereitschaft zu aggressivem Verhalten.
Die Überprüfung dieser Hypothese erfolgte in einer experimentellen Studie, hier wurden vier Gruppen zugeteilt, zwei davon spielten gewalthaltige und zwei gewaltfreie Computerspiele. Vor, während und nach dem Spiel wurde eine Messung des Blutdrucks und der Herzfrequenz durchgeführt, das Ergebnis lieferte signifikante Korrelationen, vor allem zeigten sie eine interaktive Wirkung des Spielens eines gewalthaltigen Spiels und aggressiver Persönlichkeitsdisposition auf den aggressiven Zustand nach dem Spiel. Frindte und Obwexer (2003) folgten in einer Studie den theoretischen Annahmen des GAAM und kamen zum Ergebnis, dass das kurzfristige Spielen gewalthaltiger Computerspiele nicht linear-kausal zu höheren aggressiven Neigungen zeigt.34
Insgesamt ist das GAAM sehr umfassend, aber doch wenig präzise. Die Bedeutung von Mediengewalt bleibt vage und bringt keinen Erkenntnisfortschritt. Hinsichtlich der Wirkungen von Mediengewalt entsteht beim Vergleich der Ergebnisse von Experimenten und Feldstudien oft der Eindruck, die Befunde wären widersprüchlich. Die große Mehrheit der Nutzer ist durch den Konsum von Mediengewalt vollkommen ungefährdet, aber bei einer Minderheit können negative Wirkungen auftreten.35 So gibt es einerseits Studien, die einen direkten Einfluss des Gamings auf das Aggressionsverhalten nahelegen, andere kommen zum Entschluss, dass Videospiele nur in Kombination mit anderen Risikofaktoren zu erhöhter Gewaltbereitschaft führen.36
Der Konsens in der Medienwirkungsforschung kommt nicht über die naheliegenden und abstrakten Vermutungen hinaus, dass: Bestimmte Computerspiele unter bestimmten Bedingungen bei bestimmten Spielern bestimmte positive und/oder negative Effekte auslösen können. Unbestreitbar ist jedoch, dass gewisse Persönlichkeitsdispositionen sowie der soziale Kontext als Variable für etwaige negative Effekte dienen.37
2.2 Erfolgsfaktoren
2.2.1 Wettbewerb im eSports
Die Spielspaßforschung bzw. die Forschung zum Unterhaltungserleben hat ab dem Jahr 2000 in der Wissenschaft an Bedeutung gewonnen. Sie zeigt: Es gibt vieles was Menschen in Spielen finden können: von Thrill und Action bis zu Ruhe und Entspannung. Die Aspekte Thrill und Action sind im eSport besonders auschlaggebend. In jedem eSport Match (egal ob als Zuschauer oder Spieler) ist der Ausgang ungewiss. Dies erzeugt wiederum Spannung, welches in der Unterhaltungsbranche ein wichtigen Kernaspekt darstellt: Geht der Schuss ins Tor oder kommt jetzt gleich das Tetris-Klötzchen, das ich unbedingt brauche? Jedes Spiel erschafft eine magische Welt mit unklarem Ausgang. Spiele unterscheiden sich von Filmen insofern, dass der Ausgang vom Spieler abhängig ist und nicht einem sklavischen Drehbuch nachgeht. eSport Spiele sind Interaktiv. Der Zuschauer kriegt mit, wie die Eingaben des Spielers sind und versucht die Gedankengänge des Spielers durch das Beobachten empathisch zu verstehen. Jeder Spieler hat seinen eigenen Spielstil, welches mit anderen Spielern im Team verknüpft wird, dies sorgt für Unterhaltung und für eine nie dagewesene Spielerfahrung.38
Menschen spielen unzählige Spiele, an verschiedenen Zeiten und an verschiedenen Orten. Um den Sinn zu erschließen, um welche Form des Spiel es sich eigentlich handelt, bietet sich das Unterscheidungsmodell von Caillois als anschauliche praktikable Hilfe an. Caillois differenziert die Komponenten agon (Wettkampf), alea (Chance), mimicry (Verkleidung) und ilinx (Rausch). Diese Komponenten werden in Bezug auf die Niveau Art des Spiels in Beziehung gesetzt. Paidia beschreibt hierbei das kindliche Spielen und wird mit dem Ludus immer intensiver. Sie unterscheiden sich hinsichtlich ihres Spielzwecks, ihres Spielprinzips und der Regeln der Bedeutungszuschreibung von Handlungen.
Mimicry bezeichnet das Element des Schauspiels. Gegenstand des Spiels ist hier also eine Form der Vorstellung. Der Spieler versetzt sich in eine andere Person und führt Handlungen durch. Die Identität und der Geschichtliche Hintergrund der Person geben den Rahmen vor, in dem sich die Bedeutung der Spielhandlungen siedeln.
Ilinx ist das Element des Rausches. Es bezeichnet einen Zustand der Involvierung, der sowohl physisch als auch psychisch erfahren werden kann. Zudem werden gewisse Ähnlichkeiten zur Flow-Theorie von Csikszentmihalyi (2000) aufgewiesen. Dieses Element tritt besonders in allen körperlichen Aktivitäten auf, sprich Bewegungsspiele.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Unterscheidungsmodell nach Caillois
Quelle: Caillois (1960), S. 46
So fährt man auch Karussell, weil ein gewisses Maß an Drehgeschwindigkeit Spaß machen kann. Während mimicry und ilinx keinen Gewinner oder Verlierer kennt, verhält es sich bei agon und alea umgekehrt. Hier geht es um das Gewinnen. Bei alea entscheidet das Glück, der Zufall oder die „göttliche Gunst“. Der Gewinner war nicht besser, sondern hatte mehr Glück. Im Gegensatz zu den anderen Komponenten schließen sich nach dem Unterscheidungsmodell agon und alea gegenseitig aus. Das Kennzeichen des agon ist es, dass der Gewinner immer eindeutig aufgrund regelkonformer Handlungen und der Befähigung zum Gewinner wird. Beim agon geht es um den direkten Vergleich von Fähigkeiten. Dabei darf kein äußerer Umstand für Sieg oder Niederlage eines Kontrahenten verantwortlich sein. Immer muss klar sein, dass lediglich Fertigkeiten und Fähigkeiten der Person über den Ausgang des Wettkampfes entscheiden. So werden z.B. beim Fußball die Spielfeldhälften nach der Halbzeit getauscht, damit die Gleichheit der Bedingungen gewährleistet ist.39
Übertragen auf das Spielen, weiß der Spieler immer, ob er sich in einem Wettkampf befindet, sich der Gunst des Zufalls ausliefern lässt, Schauspielerei betreibt oder sich dem Rausch der Bewegung hingibt. Beim Beobachten eines solchen Spektakels wird dies nicht immer klar. So stellt sich für den Beobachter möglicherweise der Wettkampf als Schauspiel dar, wenn er z.B. ein Fußballspiel, einen Boxkampf oder ein eSport Match betrachtet. Oder ein Schauspiel erscheint als Wettkampf und ist doch nur gespielter Wettkampf. So zum Beispiel beim Wrestling, wo Sieger und Gewinner im Vorhinein feststehen und die Kämpfer einem festen Drehbuch nachgehen.40 Einen wirklichen Wettkampf bestreiten die Wrestler nicht, welches für den Zuschauer auf den ersten Blick so zu scheinen vermag.41
Zweifellos kann man am Online Taktik-Spiel Counter-Strike ohne weiteres hervorheben, dass er einen nach festen Regeln definierten Wettkampf in Gang setzt. Beim Spiel geht es um den Vergleich von Reaktionsfähigkeiten, Geschicklichkeit und dem taktischen Können. Und insofern diese Spiele den Wettkampf zwischen Gruppen erlauben, ist auch ihr sozialer Charakter evident: Für den gemeinschaftlichen Spielerfolg, ist es essenziell, dass die Spieler sich taktisch abstimmen, Abläufe planen und absprachen halten usw. Auch ein Spiel wie Counter-Strike trainiert, wenn man so will, soziale und kommunikative Kompetenzen, welche in der modernen Gesellschaft als „Soft-Skills“ prämiert werden. Was aber eSport Spiele besonders unterhaltsam macht, sind Flow-Erfahrungen. Der Psychologe Mihaly Csikszentmihalyi interessierte sich dafür, wie und warum Menschen bei verschiedenen Beschäftigungen Glück empfinden, diese Theorie wird im nächsten Kapitel aufgezeigt und erklärt.
2.2.2 Flow-Erleben im eSports
Computerspiele werden vor allem wegen auftretender Langeweile gespielt, darüber hinaus sieht der Spieler für sich eine Herausforderung, die er gerne in der Freizeit bewältigen möchte um den Alltagsstress zu entgehen.42
Die prominenteste Theorie zur Beschreibung von Erlebnisqualitäten entwickelte Csikszentmihalyi (erstmals 1975) unter dem Namen „Flow“. Diese Theorie erklärt, was die Freude und das Vergnügen an Tätigkeiten ausmacht und welche Merkmale bei diesen Tätigkeiten der handelende dabei sich selbst vergessen kann. Csikszentmihalyi untersuchte dabei verschiedenste Arten von Tätigkeiten, z.B. Freizeitaktivitäten oder berufliche Tätigkeiten. Entsprechend allgemein sind auch seine theoretischen Erkenntnisse formuliert. Der Fokus liegt hier beim inneren Empfinden bei speziellen Tätigkeiten, die von Csikszentmihalyi als „autotelisch“ oder auch als Flow-Erlebnisse bezeichnet werden. Die Ursache für die Empfundene Freude beim Verrichten solcher Tätigkeiten sucht er nicht in Eigenschaften von Reizen oder Stimuli, sondern in Merkmalen der Tätigkeiten: „Autotelisch Erleben ist ein psychologischer Zustand, der auf konkretem Feedback beruht und als Verstärkung wirkt, als er in Abwesenheit anderer Belohnungen das Verhalten andauern lässt“43
Es handelt sich um ein Erlebnis, welches als erstrebenswert und als wohltuend empfunden wird. Dieses Erlebnis wird wieder ausgeführt, nur um des Erleben willens herbeizurufen. Ein externer Anreiz ist dafür nicht notwendig.
Auf unseren Gegenstand bezogen lautet die Fragestellung nicht, welche Eigenschaften eines Computerspiels zu einem Flow führen kann, sondern welche Merkmale der Tätigkeit des Computerspielens dazu führen, dass Computerspielen an sich als angenehme Tätigkeit empfunden wird und deswegen als Freizeitaktivität durchgeht. Das wichtigste Merkmal von Flow-Erlebnissen, die wir hier auf die Nutzung des Computerspiels beziehen, ist nach Csikszentmihalyi zunächst eine klare und eindeutige Zielsetzung innerhalb der Tätigkeit. Beim Computerspielen wären dies für den Spieler erkennbare Ziele, wie z.B. das Erreichen des nächsten Levels. Wenn wir einen Schritt weiter gehen und das Ganze auf den eSport übertragen können wir sagen, dass hier das Ziel für jeden unterschiedlich sein kann. Der eine möchte „das große“ Geld mit eSports verdienen und der andere betreibt es aus entstandener Langeweile.44
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: a) Modell des Flow-Zustands b) Übertragung auf Computerspiele
Quelle: Quandt et al. (2009), S. 50, nach Csikszentmihalyi (2000)
Flow ist im Bereich möglich, wo die Anforderung der Handlung und der Handlungsfähigkeiten übereinstimmt. Kommt es zu extremer Über- oder Unterforderung, entsteht Angst (bzw. Frustration beim Computerspielen), und geringere Über- oder Unterforderung führt zur Sorge bzw. Langeweile.
Auch besteht die Möglichkeit, die Anforderungen der Tätigkeit an die eigenen Fähigkeiten anzupassen, sodass die Spieler vom Spiel weder unter- noch überfordert werden (siehe Abbildung 3). Bei Computerspielen kann der Spieler die Situation kontrollieren, denn es besteht die Möglichkeit das Spiel jederzeit abzuspeichern, zu laden und aufzuhören. Der Spieler ist sehr konzentriert beim Spielen und blendet äußere störende Stimuli ab. Mit anderen Worten: Der Spieler und seine Aufmerksamkeit sind ganz dem Spiel gewidmet, er ist in dem Spiel „gefangen“.45
Wenn wir diese Theorie auf den eSports übertragen, kann man sagen, dass der Flow ermöglicht wird, wenn der Spieler mit gleichen Spielern auf seinem Spielniveau spielt. Dies wird vor allem durch das Rangsystem von vielen eSport Disziplinen ermöglicht. Der Spieler empfindet ein Flow in dem zugehörigen System, in dem er sich befindet. Die Spielanforderung passt sich zur Spielkompetenz vom Spieler an, somit bewegt er sich konstant auf dem für ihn angepassten Spielstil und kann sich stetig weiterverbessern. Es muss aber auch erwähnt werden, dass in höheren Rang Disziplinen die Spielanforderung sehr hoch ist. Daher ist es leichter das ein eSportler wegen der zu hohen Spielanforderung schnell aus dem „Flow“ rauskommen kann welches in vielen Fällen zu Stress und zur Frustrationssituationen führen kann. Diese Frustration oder dieser Stress kann den Spieler auf der Emotionsebene sehr berühren.
2.3 Gewalt im eSports
2.3.1 Faszination ludische Gewalt
In nahezu allen populären Computerspielen spielt Gewalt eine bedeutende Rolle. Digitale Spielwelten sind Schauplätze gewalttätiger, kriegerischer Auseinandersetzungen, in denen es gilt den Feind zu vernichten. Vom Feldherr bis zum Auftragskiller erlauben Computerspiele zahlreiche Rollen einzunehmen, bei denen das professionelle töten im Vordergrund steht. Um über den Feind zu triumphieren und den Sieg zu holen, werden dem Spieler ein Repertoire zur maximalen Schadenausteilung zur Verfügung gestellt. Je erfolgreicher man ist, umso effektivere Waffen und Ausrüstung stehen einem im nächsten Kampf zur Verfügung. Gewalt wird oft als visuelles Spektakel vorgeführt (manchmal auch in Zeitlupe46 ). In unzähligen Varianten wird vorgeführt, was eine Waffe oder ein Schlag alles ausrichten kann. Die Gewalt wird als ewiger Kreislauf inszeniert, denn nicht selten finden sich die Spielenden in Situationen wieder die postapokalyptische Szenarien abbilden deren „einzige“ Lösung durch Gewalt und Zerstörung wieder gut macht. Gewalt kann vieles bedeuten und wird in der wissenschaftlichen Diskussion um mögliche Effekte massenmedialer Gewaltdarstellungen sehr unterschiedlich definiert. Die Definition des Gewaltbegriffs geschieht nach der Autorin Helga Theunert. Sie bezeichnet Gewalt als die Manifestation von Macht und/oder Herrschaft, mit der Folge und/oder dem Ziel der Schädigung von einzelnen oder Gruppen von Menschen.47
Auch der eSport erfreut sich Gewaltakzeptierter Beliebtheit, so geht aus einer aktuellen Statistik der meistgeschauten Gameevents auf Twitch.tv hervor, dass die Top 10 eSport Spiele alle etwas mit Gewalt zu tun haben. Offensichtlich scheint es gar nicht anders zu gehen, denn Lediglich das Spiel „Hearthstone“ ist in der Kategorie als Kartenspiel das gewaltfreiste bzw. gewaltärmste in der Auflistung.48
[...]
1 Vgl. Statista (2017), Bekanntheit von eSports wächst in Deutschland.
2 Vgl. Levy (2016), S. 175.
3 Vgl. Weser-Kurier (2018), Weser-Strand 2018, Folge 2 - Zu Gast: Reinhard Grindel.
4 Vgl. LSB-NRW (2018), Positionierung des Landessportbundes NRW und der Sportjugend NRW zum Thema „eSport“.
5 Vgl. Jahn-Sudmann/Schröder (2010), S. 18.
6 Vgl. Statista (2018), Spielerepublik Deutschland.
7 Vgl. Gläser (2014), S. 223.
8 Vgl. ESBD, „Über den ESBD“.
9 Vgl. Jöckel (2018), S. 26 f.
10 Quandt et al. (2009), S. 152
11 Siehe Anhang: Anlage 1: Lan Party.
12 [www.eslgaming.com]
13 Vgl. BIU (2017), S. 34.
14 Vgl. DOSB, DOSB und eSport.
15 Vgl. BIU (2017), S. 30.
16 Vgl. DOSB, Was ist Sport?, zitiert nach Röthig/Prohl (2003).
17 Vgl. Löffler (2014).
18 Vgl. Gudenus (1950), S. 11.
19 Vgl. Lampert et al. (2011), S. 105.
20 Vgl. Jöckel (2018), S. 23.
21 Vgl. Poitzmann (2007), S. 13 f.
22 Ebd.
23 Vgl. BIU (2017), S. 8 f.
24 Vgl. Beil et al. (2018), S. 289.
25 Vgl. PwC (2017), S. 6.
26 Vgl. Quandt et al. (2009), S. 242.
27 Vgl. Quandt et al. (2009), S. 178.
28 Vgl. Statista (2018), Anzahl der Abonnenten von World of Warcraft weltweit vom 1. Quartal 2005 bis zum 3. Quartal 2015 (in Millionen).
29 Vgl. Köhler (2008), S. 148, zitiert nach Hackenberg (2001).
30 Vgl. Köhler (2008), S. 151 ff., zitiert nach Klimmt (2004).
31 Siehe hierzu Anhang: Anlage 2: GAAM Modell.
32 Vgl. Köhler (2008), S. 158, zitiert nach Klimmt & Trepte (2003).
33 Ebd., zitiert nach Ladas (2002a), S. 116.
34 Vgl. Köhler (2008), S. 159, zitiert nach Frindte & Obwexer (2003), S. 147.
35 Vgl. Kunczik (2017), S.26.
36 Vgl. Thorhauer et al. (2018), S. 115.
37 Vgl. Mosel/Waldschmidt (2010), S. 95.
38 Vgl. Jöckel (2018). S. 111 f.
39 Vgl. Stoll (2010), S. 20 f.
40 Siehe hierzu auch die Wrestling Show WWE.
41 Vgl. Stoll (2010), ebd.
42 Vgl. Jöckel (2018), S. 114.
43 Quandt et al. (2009), S. 49
44 Vgl. Ganguin (2010), S. 160.
45 Vgl. Quandt et al. (2009), ebd.
46 Siehe hierzu das Spiel „Sniper Elite 4“, hier wird beim Schuss des Projektils darauf geschaut welches Körperteil Schaden erleidet.
47 Vgl. Theunert (1987), S. 42.
48 Vgl. Statista (2018), Die meistgeschauten eSport-Game-Events auf Twitch.tv im August 2018 nach Spiel (in Millionen Zuschauerstunden).
- Quote paper
- Mehmet Matur (Author), 2018, Die Rolle von medialen Gewaltdarstellungen im eSports, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1268704
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