Musiktherapeutische Ansätze bei der Behandlung von Essstörungen


Ausarbeitung, 2015

12 Seiten, Note: 1,0

Anonym


Leseprobe


Zusammenfassung

Die schwerwiegenden Folgen der Krankheit, die Chronizität und das hohe Mortalitätsrisiko bei den Betroffenen von Essstörungen unterstreichen die Bedeutung einer optimalen Therapie. Auf wichtigen Therapiekomponenten bei der Behandlung von Essstörungen wie Änderungsmotivation und Beziehungsgestaltung haben künstlerische Therapien eine besondere Wirkung. Zum Thema Musiktherapie und Essstörungen wurde eine Literaturrecherche durchgeführt. Insgesamt konnten 27 Beiträge gefunden werden. Musiktherapeutische Ansätzen bei der Behandlung von Essstörungen werden pluralistisch und in einem breiten Spektrum angewendet. Wirkungsmerkmale musiktherapeutischer Interventionen bei der Behandlung von Essstörungen werden dokumentiert und weitere Forschungsziele bezüglich diskutiert.

Etwa 1,3% der Frauen und 0,3% der Männer in Deutschland sind einmal während ihres Lebens von einer Essstörung betroffen (Jacobi et. al, 2004). Trotz der niedrigen Prävalenzraten sind Essstörungen oft mit besonderes ungünstigen Verlauf bzw. mit schwerwiegenden Konsequenzen und Chronizität assoziiert (Fonagy & Roth, 2006; Wittchen & Jacobi, 2011).

Essstörungen werden nach dem Diagnostischen und Statistischen Manual DSM-IV (American Psychiatric Association, 1994) primär in zwei voneinander unterschiedliche Störungsbilder unterteilt, nämlich die “Anorexia nervosa” und die “Bulimia nevrosa”. Zusätzlich gibt es neben diesen zwei Störungskategorien noch die “nicht näher bezeichnete Essstörung” und die unter dieser eingeordnete “Binge-Eating-Störung” (Binge Eating Disorder), für die nur Forschungskriterien formuliert wurden. Im neuen Diagnostischen und Statistischen Manual DSM-5 (American Psychiatric Association, 2013) wird die “Binge-Eating-Störung” (Binge Eating Disorder) als separate Störungskategorie anerkannt.

Die schwerwiegenden Folgen der Krankheit, die Chronizität und das hohe Mortalitätsrisiko bei den Betroffenen einer Essstörung (Arcelus, Mitchell, Wales, & Nielsen, 2011) unterstreichen die Bedeutung einer optimalen Therapie sowie auch die Wichtigkeit von Präventionsmaßnahmen.

Verschiedene Therapieverfahren kommen zur Anwendung. Kognitive Verhaltenstherapie, Interpersonelle Therapie, familientherapeutische und systematisch orientierte Verfahren, sowie auch psychodynamische Psychotherapie bieten je nach Störungsbild unterschiedlich realistische Chancen auf eine Heilung (Lock, 2010; Zipfel et. al. 2014). Je nach der Indikation, wie z.B. BMI, akut bedrohter körperlicher Zustand, Suizidalität, sollte die Therapie stationär oder ambulant durchgeführt werden.

Besondere Rolle für den Erfolg der Therapie scheint die Motivation der Klienten zu spielen, an einer Therapie der Essstörungen teilzunehmen, wobei essgestörten Patienten meist eine geringe Änderungsmotivation aufweisen (Waller, 2012; DeJong, Broadbent, & Schmidt, 2012). Zusätzlich problematisch scheint bei essgestörten Patienten auch die verbale Ausdrucksfähigkeit von Emotionen zu sein (Davies, Swan, Schmidt, & Tchanturia, 2012).

Sowohl die Änderungs-, bzw Therapiemotivation, als auch die emotionale Ausdrucksfähigkeit durch sprachliche Mittel sind Komponenten, die die therapeutische Beziehung und weiterhin den Therapieverlauf bzw. den -erfolg beeinflussen können.

Dubois (2010) erwähnt die besondere Wirkung von künstlerischen Therapien, bei denen sich der Klient mit Essstörungen künstlerisch ausdrücken kann, im Bezug auf diese, eben angeführten Variablen. Ferner Frisch, Franko und Herzog (2006) dokumentieren den Einsatz von künstlerischen Therapien bei Essstörungen in amerikanischen Kliniken. Künstlerische Therapien wirken als ein nicht bedrohliches Medium der Kommunikation, wegen ihres non verbalen Charakters (Brooke, 2008), als ein Werkzeug zur Herstellung einer Behandlungsmotivation gemeinsam mit dem bestärkenden Erleben eines Genussgefühls durch die künstlerischen-kreativen Aktivitäten (Griffiths, 2008; Dubois, 2010). Sie werden von Patienten als unterstützend erlebt (Herpertz-Dahlmann, 2008).

Die Musiktherapie ist eine der verschiedenen künstlerischen Therapien. Die Deutsche Musiktherapeutische Gesellschaft gibt die folgende Definition der Musiktherapie (Wormit, Bardenheuer, & Bolay, 2007) :

“Musiktherapie ist der gezielte Einsatz von Musik im Rahmen der therapeutischen Beziehung zur Wiederherstellung, Erhaltung und Förderung seelischer, körperlicher und geistiger Gesundheit. Musiktherapie ist eine praxisorientierte Wissenschaftsdisziplin, die in enger Wechselwirkung zu verschiedenen Wissenschaftsbereichen steht, insbesondere der Medizin, den Gesellschaftswissenschaften, der Psychologie, der Musikwissenschaft und der Pädagogik. Der Begriff „Musiktherapie" ist eine summarische Bezeichnung für unterschiedliche musiktherapeutische Konzeptionen, die ihrem Wesen nach als psychotherapeutisch zu charakterisieren sind, in Abgrenzung zu pharmakologischer und physikalischer Therapie. Musiktherapeutische Methoden folgen gleichberechtigt tiefenpsychologischen, verhaltenstherapeutisch-lerntheoretischen, systemischen, anthroposophischen und ganzheitlich-humanistischen Ansätzen (10-22).”

Musiktherapeutische Verfahren können in zwei große Gruppen untergeordnet werden, nämlich die der rezeptiven Musiktherapie und die der aktiven Musiktherapie.

Bei der aktiven Musiktherapie soll der Patient zu aktivem Musizieren angeregt werden. Das aktive Musizieren könnte in der Form einer freien Instrumental- und Gesangs-Improvisation, oder in der Form eines vorwiegend gezielten musikalischen Vorgehens stattfinden. Bei der rezeptiven Musiktherapie sollte ein Heilprozess primär durch das Anhören von Musik entstehen.

Interventionen, entsprechend der beiden Grundkategorien der musiktherapeutischen Verfahren, werden unterschiedlich, je nach theoretischer und therapeutischer Orientierung, Setting, Störungsbild und Klient angewendet.

Die vorliegende Arbeit möchte die Vielfalt der verschiedenen musiktherapeutischen Ansätze bei der Behandlung von Essstörungen in der wissenschaftlichen Literatur untersuchen, dokumentieren und ihre entsprechenden Ziele bzw. ihre therapeutische Wirkungen diskutieren.

Methode

Im Rahmen dieser Arbeit (Review) wurde eine systematische Literaturuntersuchung in den folgenden speziellen Datenbanken und Bibliotheken durchgeführt: “google scholar”, “Pubpsych”, “Bibliotheksportal Primo”, “The Nordoff Robbins Evidence Bank 3rd Edition”. Die entsprechenden Literaturdatenbanken wurden nach den folgenden Suchbegriffe untersucht: “music therap* AND anorexia”, “music therap* AND bulimia”, “music therap* AND eating disorders”. Alle Studien betreffend das Thema Essstörungen und Musiktherapie wurden als relevant betrachtet. Das Literaturverzeichnis der jeweilig gefundenen Studien wurde weitergehend untersucht und weitere relevante Veröffentlichungen wurden mit einbezogen. Gesichtet wurde die Literatur ab 1985. Der Zeitraum der Literatursuche erstreckte sich von 1. August bis 7. August 2014. Insgesamt konnten 27 Beiträge gefunden werden, davon neun Buchbeiträge, 15 Zeitschriftenbeiträge, sowie eine Diplomarbeit, eine Masterarbeit und eine Dissertation.

Ergebnisse

Die Literatur zu musiktherapeutischen Ansätzen und Behandlungen von Essstörungen existiert vorwiegend in Form von qualitativen Studien und Praxis-, bzw. Fallberichten. Es liegt bislang keine veröffentlichte quantitative Studie zum Thema vor.

Der größte Teil der Veröffentlichungen von qualitativen Studien beschäftigt sich mit der Mikroanalyse des musiktherapeutischen Prozesses und insbesondere mit bedeutsamen Momenten in der Therapie (Trondalen, 2003, 2006), musiktherapeutischen Erstimprovisationen (Klären, 2003; Reichert, 2010) und Textanalysen von während der Therapie komponierten Liedern (McFerran, Baker, Patton, & Sawyer, 2006).

Pavlakou (2009) und Munkesjö (2014) untersuchen qualitativ - durch Interviews - die Aussagen der Klienten bezüglich des musiktherapeutischen Prozesses bei dem klinischen und subklinischen Spektrum von Essstörungen.

Fallstudien (Sloboda, 1993; Robarts, 2000; Lejonclou & Trondalen, 2009; Bauer, 2010) und Praxisberichte (Hilliard, 2001) sind die größten Informationsquellen über musiktherapeutische Ansätze und Behandlung von Essstörungen.

Psychoanalytisch (Sloboda, 1995; Rogers, 1995; Robarts & Sloboda, 1994; Bauer, 2010) orientierte musiktherapeutische Ansätze bei der Behandlungen von Essstörungen werden am häufigsten angeführt. In der Literatur werden auch anthroposophisch orientierte (Reinhold, 2011), phänomenologisch-klientenorientierte (Klären, 2003; Lejonclou & Trondalen, 2009), Gestalt orientierte (Reichert, 2010) und kognitiv-verhaltenstherapeutisch orientierte (Hilliard, 2001) musiktherapeutische Ansätze bei der Behandlungen von Essstörungen dargestellt. Weiter wird zusätzlich in der Literatur auch über entwicklungsorientierte (Trondalen, 2006) und sozialpädagogisch orientierte (Pavlakou, 2009; Lahusen, 2010) musiktherapeutische Ansätze zur Behandlung der Essstörungen berichtet.

Musiktherapie zur Behandlung von Essstörungen wird sowohl in Einzeltherapie-Sitzungen (Sloboda, 1993; Rogers, 1995; Robarts & Sloboda, 1994; Trondalen, 2006; Lejonclou & Trondalen, 2009; Bauer, 2010) als auch in Gruppentherapie-Sitzungen (Hilliard, 2001; Loth, 2003; McFerran, 2005; Pavlakou, 2009; Lahusen, 2010) durchgeführt.

Sowohl Stationär (Hilliard, 2001) als auch ambulant (Bauer, 2010) kommt Musiktherapie zur Behandlung von Essstörungen zur Anwendung. Zusätzlich wird Musiktherapie auch bei Programmen angewendet, die die Prävention der Entwicklung von Essstörungen zum Ziel hat (Lahusen, 2010).

In der Literatur wird berichtet, dass musiktherapeutische Ansätze bei verschiedenen Störungsbildern der Essstörungen angewendet werden, wie Bulimia nervosa (Sloboda, 1995; Lejonclou & Trondalen, 2009), Anorexia nervosa ( Robarts, 2000; Trondalen, 2003), Binge Eating (Bauer, 2010) und gemischte Störungsbilder (Hilliard, 2001). Zusätzlich werden musiktherapeutische Interventionen bei subklinischen Populationen angewendet, die als gefährdet betrachtet werden, in naher Zukunft eine Essstörung zu entwickeln (Pavlakou, 2009; Lahusen, 2010).

Vorwiegend Frauen, aber auch Männer (Sloboda, 1993; Trondalen, 2011) werden als Klienten von Musiktherapeutischen Behandlungen von Essstörungen erwähnt. Musiktherapie kommt sowohl bei Kindern (Robarts, 1995), jungen Erwachsenen (Mc Ferrand et. al, 2006) und Erwachsenen (Hilliard 2001, Trondalen, 2003, Bauer, 2010) zur Behandlung von Essstörungen zur Anwendung.

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Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Musiktherapeutische Ansätze bei der Behandlung von Essstörungen
Note
1,0
Jahr
2015
Seiten
12
Katalognummer
V1268450
ISBN (eBook)
9783346712929
ISBN (Buch)
9783346712936
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Musiktherapie, Essstörungen
Arbeit zitieren
Anonym, 2015, Musiktherapeutische Ansätze bei der Behandlung von Essstörungen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1268450

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