Jeder kennt den Spruch: „Zeit ist Geld“. Dies dürfte für Finanzdienstleistungen im Besonderen gelten. Der Umsatzdruck ist häufig hoch - sowohl bei privaten Vermittlern als auch bei bankinternen Anlageberatern. Beratungsgespräche sollen zeitlich überschaubar sein und zum „Abschluss“ führen.
Der Gesetzgeber stellt indes präzisierende Anforderungen an das Beratungsgespräch: Der Kunde soll in die Lage versetzt werden, Risiken interessierender Finanzinstrumente zu erkennen, um so eine eigenverantwortliche Anlageentscheidung zu treffen. Dazu gehört auch die Vermittlung von Funktionsweise, Einsatzmöglichkeiten usw. interessierender Finanzinstrumente.
Jedoch ist der Kundenkreis nicht homogen: So gibt es Kunden, die einen hohen Kenntnisstand über interessierende Wertpapiere haben, andere hingegen haben nur geringe oder keine Vorkenntnisse.
Hier stellt sich die Frage, ob Kunden mit relativ hohem Kenntnisstand über Wertpapiere mehr oder weniger Zeit des Beraters als andere Kunden benötigen.
In dieser Arbeit soll die Herangehensweise für eine empirische Untersuchung dieser Fragestellung erörtert werden. Es werden insbesondere Untersuchungsdesigns, Messmethoden sowie statistische Auswertungsverfahren vorgeschlagen und auf Stärken und Schwächen bezüglich der Fragestellung hin untersucht.
INHALTSVERZEICHNIS
1. Einleitung
2. Vorüberlegungen
2.1. Präzisierung der Untersuchungsziele
2.2. Definition relevanter Begriffe
2.2.1. Kenntnisstand über Wertpapiere
2.2.2. Benötigter Zeitaufwand des Beraters
2.3. Einflussfaktoren auf die Dauer des Beratungsgespräches
3. Untersuchungsdesign
3.1. Art des Untersuchungsdesigns
3.2. Experimentelle Designvorschläge
3.2.1. Kein PretestPosttest-Design
3.2.2. Design ohne Pretest
4. Projektumsetzung
4.1. Auswahl der Probanden
4.1.1. Vorüberlegungen
4.1.2. Grobauswahl nach objektiven Bildungsstand
4.1.3. Feinauswahl durch Befragungen
4.1.3.1. Messung des Wissens
4.1.3.2. Messung des Könnens
4.1.3.3. Rückschluss auf geeignete Probanden
4.2. Projektdurchführung
4.2.1. Örtliche und zeitliche Parameter
4.2.2. Anforderungen an den (Test)Berater
4.2.3. Einwirkung auf den Kenntnisstand über Wertpapiere
4.2.4. Datenerhebung
5. Datenanalyse und Interpretation
6. Kritische Würdigung
6.1. Reliabilitätsüberlegungen
6.2. Validitätsüberlegungen
6.2.1. Interne Validität
6.2.2. Externe Validität - Aspekte der Generalisierbarkeit
ABBILDUNGSVERZEICHNIS
Abb. 1: Variablen und deren Zusammenhang in dieser Fragestellung
Abb. 2: Einflussfaktoren auf die Gesprächsdauer
Abb. 3: Mögliche Beeinflussungen durch die Erstmessung
Abb. 4: Das gewählte Untersuchungsdesign
Abb. 5: Visualisierung der Probandenmerkmale
Abb. 6: Zusammenhänge in einer Kontingenztabelle
„Time is Money.“
- Benjamin Franklin -
1. Einleitung
Jeder kennt den Spruch: „Zeit ist Geld“. Dies dürfte für Finanzdienstleistungen im Besonderen gelten. Der Umsatzdruck ist häufig hoch - sowohl bei privaten Vermittlern als auch bei bankinternen Anlageberatern. Beratungsgespräche sollen zeitlich überschaubar sein und zum „Abschluss“ führen.
Der Gesetzgeber1 stellt indes präzisierende Anforderungen an das Beratungsgespräch: Der Kunde soll in die Lage versetzt werden, Risiken interessierender Finanzinstrumente zu erkennen, um so eine eigenverantwortliche Anlageentscheidung zu treffen. Dazu gehört auch die Vermittlung von Funktionsweise, Einsatzmöglichkeiten usw. interessierender Finanzinstrumente.2
Jedoch ist der Kundenkreis nicht homogen: So gibt es Kunden, die einen hohen Kenntnisstand über interessierende Wertpapiere haben, andere hingegen haben nur geringe oder keine Vorkenntnisse.
Hier stellt sich die Frage, ob Kunden mit relativ hohem Kenntnisstand über Wertpapiere mehr oder weniger Zeit des Beraters als andere Kunden benötigen.
2. Vorüberlegungen
2.1. Präzisierung der Untersuchungsziele
Diese Fragestellung beinhaltet drei wesentliche Konstrukte: Den Kenntnisstand des Kunden über Wertpapiere einerseits und die Dauer des Beratungsgesprächs andererseits. Dazwischen besteht ein - durch die Fragestellung indizierter3 - Zusammenhang:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Variablen und deren Zusammenhang in dieser Fragestellung
2.2. Definition relevanter Begriffe
Nun soll eine kurze Kennzeichnung der relevanten Begriffe erfolgen, die insbesondere für die Designwahl hilfreich ist.
2.2.1. Kenntnisstand über Wertpapiere
Wertpapiere sind alle Urkunden, in denen ein Recht derart verbrieft ist, dass zur Ausübung des Rechts der Besitz an der Urkunde erforderlich ist.4 Erfasst sind damit z.B. Aktien, Anleihen, Zertifikate, Investmentfondanteile usw.
Die Kenntnis erfasst hier das Wissen als im Gedächtnis gespeicherte Informationen über ein Wertpapier. Dazu zählt sowohl abstraktes Wissen über die Konstruktions- und Funktionsweise eines Wertpapiers5, als auch durch Erfahrung angeeignetes Wissen.
Der Begriff des Kenntnisstandes hat zudem einen Zeitbezug, den es bei Messungen zu beachten gilt. Sinnvollerweise bezieht sich der Kenntnisstand auf den Beginn des Beratungsgespräches, da in dessen Verlauf auf die Kenntnis des Kunden eingewirkt wird.
2.2.2. Benötigter Zeitaufwand des Beraters
Der Zeitaufwand des Beraters bezieht sich auf die Dauer des Beratungsgesprächs. Dies ist als Zeitdifferenz zwischen Ende und Beginn technisch zwar leicht messbar. Wann aber beginnt und endet das Beratungsgespräch?
Nach Clouth/Lang beginnt das Beratungsgespräch mit der kommunikativen Thematisierung der Anlagemöglichkeiten des Kunden durch den Berater (Tatsacheninformation) und münde in eine Empfehlung.6
[...]
1 Insbesondere in §31 Abs. 4 und 5 des Wertpapierhandelsgesetzes (WpHG).
2 Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, 2002, Rn. 8.13.
3 Andernfalls würde die Frage ad absurdum geführt werden. [d. Verf.].
4 Creifelds, Rechtswörterbuch,1994, S. 1413.
5 Vgl. Lenenbach, Kapitalmarkt- und Börsenrecht, 2002, Rn. 8.13.
6 Vgl. Clouth/Lang, MiFID Praktikerhandbuch, 2007, Rn. 224.
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