Diese Masterarbeit widmet sich den folgenden Fragen: Muss das gegenwärtige Krankenhausfinanzierungssystem so angepasst werden, dass Vorhaltekosten in separater Form finanziert werden? Welche Umsetzungsmöglichkeiten einer gesonderten Vorhaltekostenfinanzierung sind möglich und welche Vor- und Nachteile bieten diese?
Krankenhäuser gehören zu einem zentralen Bestandteil der Sozialversorgung und erfüllen hoheitliche Aufgaben der Daseinsfürsorge. Um diese Aufgabe erfüllen zu können, müssen bestimmte Strukturen vorgehalten werden. Diese Strukturen verursachen Kosten. Eine ausreichende Gegenfinanzierung dieser Kosten stellt die Existenzgrundlage eines Krankenhauses dar.
Dabei bewegen sich die Krankenhäuser in einem stark regulierten Markt. Dies hat Auswirkungen auf die Handlungsspielräume im Bereich des Leistungsangebots und der Preisgestaltung. Budget und Vergütung richten sich größtenteils nach Art und Anzahl der erbrachten Behandlungsfälle und nicht nach den vorgehaltenen Strukturen. Aufgrund des DRG-Fallpauschalensystems können erhöhte Kosten, welche sich beispielsweise aufgrund einer geringen Auslastung oder besonderen Infrastruktur ergeben, nicht über Preissteigerungen kompensiert werden. Können die entsprechenden Krankenhäuser weder Kosten senken noch die Anzahl der Behandlungsfälle erhöhen, führt dieser Umstand zu negativen Deckungsbeiträgen bis hin zur Schließung von unter Umständen bedarfsnotwendigen Krankenhäusern.
Es zeigt sich, dass trotz der Konzeption als lernendes System und verschiedenster Krankenhaus-Reformen gewisse Fehlanreize des DRG-Systems nicht vollständig beseitigt werden konnten. Dabei wurde, verstärkt durch die Bundestagswahl im Jahr 2021, insbesondere auch die Notwendigkeit einer gesonderten Vorhaltekostenfinanzierung in den Diskurs gebracht.
Vor diesem Hintergrund wurde im Rahmen der Masterarbeit die Frage untersucht, ob das gegenwärtige Krankenhausfinanzierungssystem so angepasst werden muss, dass Vorhaltekosten in separater Form finanziert werden sollten. Für eine mögliche Operationalisierung wurden zudem verschiedene Abgrenzungskriterien und mögliche Bezugsgrößen auf Vor- und Nachteile sowie auf Chancen und Risiken untersucht.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 1.1 Problemstellung und Zielsetzung
- 1.2 Aufbau der Arbeit und methodisches Vorgehen
- 1.3 Empirische Datenerhebung
- 2. Rahmenbedingungen des deutschen Gesundheitswesens
- 2.1 Beitragsstabilität
- 2.2 Vereinbarungsprinzip
- 2.3 Duale Krankenhausfinanzierung
- 3. Das DRG-Fallpauschalen-System
- 3.1 Zentrale Begriffsbestimmungen
- 3.2 Konstruktion und Funktionsweise
- 3.3 Kalkulation der DRG-Fallpauschalen
- 4. Bedarfsbestimmte Vorhaltekosten der Krankenhäuser
- 4.1 Vorhaltekosten
- 4.2 Vorhaltekostenzuordnung innerhalb der Kostenrechnung
- 4.3 Korrelation von Vorhaltekosten zum Versorgungsbedarf
- 5. Zustandekommen von Vorhaltekostenproblematiken
- 5.1 Marktwirtschaftliche Grundsätze der Gesundheitswirtschaft
- 5.2 Skaleneffekte
- 5.3 Zielkostenrechnung (Target Costing)
- 5.4 Vollkostenansatz im Rahmen der DRG-Kalkulation
- 5.5 Ein-Haus-Kalkulationsansatz
- 5.6 Kalkulationsgrundlage der Fallpauschalen
- 5.7 Befragungsergebnisse: Besteht eine Vorhaltekostenproblematik?
- 6. Etablierte Problemlösungsmechanismen
- 6.1 Sicherstellungszuschlag
- 6.2 Notfallzuschlag und Notfallabschlag
- 6.3 Zentrumszuschläge
- 6.4 Versorgungszuschlag
- 6.5 Besondere Einrichtungen
- 6.6 Wirkung
- 7. Abgrenzung von Vorhaltekosten
- 7.1 Nach Fallpauschalen und Behandlungsleistungen
- 7.2 Nach medizinischen Fachgebieten und Abteilungen
- 7.3 Nach Organisationseinheiten
- 7.4 Nach Leitlinien und Richtlinien
- 7.5 Nach Qualitätsaspekten
- 7.6 Nach Versorgungsauftrag und Versorgungsstufen
- 7.7 Nach strukturellen Bedingungen
- 7.8 Nach dem Marktumfeld
- 7.9 Nach Kostennachweis
- 8. Finanzierungsverantwortung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Masterarbeit untersucht die Notwendigkeit und Operationalisierung einer Vorhaltekostenfinanzierung im deutschen Krankenhausfinanzierungssystem. Die Arbeit analysiert den Status Quo der Krankenhausfinanzierung, identifiziert Problematiken im Zusammenhang mit der unzureichenden Berücksichtigung von Vorhaltekosten und evaluiert verschiedene Möglichkeiten zur Umsetzung einer separaten Finanzierung.
- Analyse des deutschen Krankenhausfinanzierungssystems und seiner Wirkungsmechanismen
- Identifikation und Beschreibung von Vorhaltekosten in Krankenhäusern
- Untersuchung der Problematiken, die durch unzureichende Vorhaltekostenfinanzierung entstehen
- Bewertung bestehender Lösungsansätze und Problemlösungsmechanismen
- Entwicklung und Evaluierung von konkreten Umsetzungsmöglichkeiten für eine separate Vorhaltekostenfinanzierung
Zusammenfassung der Kapitel
1. Einleitung: Diese Einleitung führt in die Thematik der Vorhaltekostenfinanzierung im deutschen Krankenhauswesen ein. Sie beschreibt die Problemstellung, die aus dem bestehenden Finanzierungssystem resultiert, definiert die Forschungsfragen und skizziert den Aufbau und die Methodik der Arbeit, inklusive der durchgeführten empirischen Datenerhebung mittels einer Befragung von Akteuren im Gesundheitswesen.
2. Rahmenbedingungen des deutschen Gesundheitswesens: Dieses Kapitel beleuchtet die wirtschaftliche Lage des deutschen Gesundheitswesens, die Bedeutung der Beitragsstabilität, das Prinzip der Selbstverwaltung und die duale Krankenhausfinanzierung. Es analysiert die Herausforderungen, die sich aus steigenden Gesundheitsausgaben und begrenzten Ressourcen ergeben, und die Rolle der Selbstverwaltung bei der Gestaltung des Systems.
3. Das DRG-Fallpauschalen-System: Dieses Kapitel erklärt das deutsche Diagnosis Related Group (DRG)-System, einschließlich zentraler Begriffe wie Bewertungsrelationen, Landesbasisfallwert und Casemix-Index. Es beschreibt die Konstruktion und Funktionsweise des Systems, die Kalkulation der Fallpauschalen und die Rolle des Instituts für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK).
4. Bedarfsbestimmte Vorhaltekosten der Krankenhäuser: Dieses Kapitel definiert Vorhaltekosten und untersucht ihre Zuordnung innerhalb der Kostenrechnung. Es analysiert die Korrelation zwischen Vorhaltekosten und Versorgungsbedarf und die Schwierigkeiten bei der Definition und Messung des Bedarfs. Die Kapitel analysiert auch den Einfluss von Skaleneffekten und Target Costing auf die Vorhaltekostenproblematik.
5. Zustandekommen von Vorhaltekostenproblematiken: Dieses Kapitel untersucht die Zusammenhänge zwischen marktwirtschaftlichen Grundsätzen, Skaleneffekten, Zielkostenrechnung, Vollkostenansätzen, dem Ein-Haus-Kalkulationsansatz, der Kalkulationsgrundlage der Fallpauschalen und der resultierenden Vorhaltekostenproblematik. Die Ergebnisse der Befragung zum Vorhandensein einer Vorhaltekostenproblematik werden präsentiert.
6. Etablierte Problemlösungsmechanismen: Dieses Kapitel beschreibt und analysiert etablierte Mechanismen zur Bewältigung von Vorhaltekostenproblematiken, wie Sicherstellungszuschläge, Notfallzuschläge und -abschläge, Zentrumszuschläge und den Versorgungszuschlag. Es bewertet die Wirksamkeit dieser Mechanismen und deren Grenzen.
7. Abgrenzung von Vorhaltekosten: Dieses Kapitel untersucht verschiedene Ansätze zur Abgrenzung von Vorhaltekosten, unter anderem nach Fallpauschalen, medizinischen Fachgebieten, Organisationseinheiten, Leitlinien, Qualitätsaspekten, Versorgungsaufträgen und strukturellen Bedingungen. Es diskutiert die Vor- und Nachteile der verschiedenen Abgrenzungsmethoden und den Einfluss des Marktumfelds.
8. Finanzierungsverantwortung: Dieses Kapitel diskutiert die Frage der Finanzierungsverantwortung für Vorhaltekosten, in Bezug auf die Rolle des Staates (Bund und Länder) und der Sozialversicherungsträger. Es analysiert die jeweiligen Verantwortlichkeiten und die Möglichkeiten der Mischfinanzierung.
Schlüsselwörter
Vorhaltekosten, Krankenhausfinanzierung, DRG-System, Gesundheitswesen, Fallpauschalen, Gemeinkosten, Fixkosten, Versorgungsbedarf, Beitragsstabilität, Selbstverwaltung, Finanzierungsverantwortung, Krankenhausplanung, Skaleneffekte, Zielkostenrechnung, Umsetzungsmöglichkeiten.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Masterarbeit: Vorhaltekostenfinanzierung im deutschen Krankenhauswesen
Was ist der Gegenstand dieser Masterarbeit?
Die Masterarbeit untersucht die Notwendigkeit und Operationalisierung einer Vorhaltekostenfinanzierung im deutschen Krankenhausfinanzierungssystem. Sie analysiert den Status Quo, identifiziert Probleme durch unzureichende Berücksichtigung von Vorhaltekosten und evaluiert Möglichkeiten zur separaten Finanzierung.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit umfasst eine Analyse des deutschen Krankenhausfinanzierungssystems, die Identifizierung und Beschreibung von Vorhaltekosten, die Untersuchung der Probleme durch unzureichende Finanzierung, die Bewertung bestehender Lösungsansätze und die Entwicklung konkreter Umsetzungsmöglichkeiten für eine separate Vorhaltekostenfinanzierung.
Wie ist die Arbeit aufgebaut?
Die Arbeit gliedert sich in acht Kapitel: Einleitung, Rahmenbedingungen des deutschen Gesundheitswesens, das DRG-System, bedarfsbestimmte Vorhaltekosten, das Zustandekommen von Vorhaltekostenproblematiken, etablierte Problemlösungsmechanismen, Abgrenzung von Vorhaltekosten und Finanzierungsverantwortung. Jedes Kapitel wird im Inhaltsverzeichnis detailliert aufgeführt.
Was sind Vorhaltekosten im Krankenhauskontext?
Vorhaltekosten sind Kosten, die für die Bereitstellung von Ressourcen und Kapazitäten anfallen, um einen bestimmten Versorgungsbedarf zu decken, auch wenn diese Ressourcen nicht unmittelbar genutzt werden. Die Arbeit analysiert die Zuordnung dieser Kosten innerhalb der Kostenrechnung und deren Korrelation zum Versorgungsbedarf.
Welche Probleme entstehen durch unzureichende Vorhaltekostenfinanzierung?
Die unzureichende Berücksichtigung von Vorhaltekosten führt zu verschiedenen Problemen, die in der Arbeit untersucht werden. Diese Probleme hängen mit marktwirtschaftlichen Grundsätzen, Skaleneffekten, Zielkostenrechnung, Vollkostenansätzen und der Kalkulationsgrundlage der Fallpauschalen zusammen.
Welche Lösungsansätze werden in der Arbeit betrachtet?
Die Arbeit bewertet bestehende Lösungsansätze wie Sicherstellungszuschläge, Notfallzuschläge und -abschläge, Zentrumszuschläge und den Versorgungszuschlag. Sie untersucht deren Wirksamkeit und Grenzen und entwickelt eigene Vorschläge für eine separate Vorhaltekostenfinanzierung.
Wie werden Vorhaltekosten abgegrenzt?
Die Arbeit untersucht verschiedene Ansätze zur Abgrenzung von Vorhaltekosten nach verschiedenen Kriterien wie Fallpauschalen, medizinischen Fachgebieten, Organisationseinheiten, Leitlinien, Qualitätsaspekten, Versorgungsaufträgen und strukturellen Bedingungen. Der Einfluss des Marktumfelds wird ebenfalls berücksichtigt.
Wer trägt die Finanzierungsverantwortung für Vorhaltekosten?
Die Arbeit diskutiert die Finanzierungsverantwortung für Vorhaltekosten, die Rolle des Staates (Bund und Länder) und der Sozialversicherungsträger und analysiert die Möglichkeiten der Mischfinanzierung.
Welche Methodik wurde angewendet?
Die Arbeit beinhaltet eine empirische Datenerhebung mittels einer Befragung von Akteuren im Gesundheitswesen. Die Ergebnisse dieser Befragung werden im Kapitel zum Zustandekommen von Vorhaltekostenproblematiken präsentiert.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Vorhaltekosten, Krankenhausfinanzierung, DRG-System, Gesundheitswesen, Fallpauschalen, Gemeinkosten, Fixkosten, Versorgungsbedarf, Beitragsstabilität, Selbstverwaltung, Finanzierungsverantwortung, Krankenhausplanung, Skaleneffekte, Zielkostenrechnung, Umsetzungsmöglichkeiten.
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- Vicky Pfirsig (Author), 2021, Vorhaltekostenfinanzierung im Krankenhausfinanzierungssystem, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1265640