Das Ziel dieser Arbeit ist es, die sozio-ökonomische Benachteiligung der australischen Aborigines in Relation zur nicht-indigenen Bevölkerung anhand verschiedener Indikatoren darzulegen und die Ursachen hierfür zu erörtern. Die Analyse räumlicher Disparitäten wird in einer weiteren Dimension eingebettet. Es werden sozio-ökonomische Standardindikatoren mit Schwerpunkt auf der Integration in den Arbeitsmarkt, Erwerbstätigkeit und Einkommenssituation untersucht.
Daraufhin werden ein Ursachengefüge aufgestellt und relevante Einflussfaktoren analysiert. Hierzu zählen historische Hintergründe, räumliche, kulturelle und politische Einflussfaktoren, die Bildungssituation und demografische Faktoren sowie Diskriminierung, Rassismus und gesundheitliche Probleme.
Die Arbeit beruht auf einer Methodenkombination aus Literaturrecherche, Sammlung und Auswertung von quantitativem Datenmaterial sowie der Durchführung von qualitativen Tiefeninterviews im Rahmen eigener Feldstudien in verschiedenen Regionen Australiens.
Indigene Völker erfahren in jüngster Zeit ein stark zunehmendes Interesse. Dies spiegelt sich bei Fragen zu sozialer Gerechtigkeit und Selbstbestimmung und auch im Tourismus bzw. Kulturbereich wider. Insbesondere das Thema Landrechte sorgt weltweit für großes Aufsehen. Indigene Völker wie Aborigines, Indianervölker, Maoris, Inuit u.a. organisieren sich auf internationaler Ebene. Ein wichtiges Ziel besteht für sie darin, gemeinsame Elemente ihrer Kulturen, Traditionen und Spiritualität zu stärken und der westlichen Weltanschauung, Denk- und Lebensweise entgegenzustellen.
Die australischen Aborigines wurden im deutschsprachigen Raum bislang schwerpunktmäßig von der Ethnologie untersucht. Diese Arbeit möchte einen Beitrag zur sozial- und kulturgeografischen Forschung leisten.
Die Kluft hinsichtlich der sozio-ökonomischen Lebensbedingungen zwischen der indigenen Minderheit und der australischen Bevölkerungsmehrheit ist so groß wie in keinem anderen Industrieland der Erde. Die Aborigines weisen hinsichtlich jedes wirtschaftlichen und sozialen Indikators die größte Benachteiligung auf und leben heute – in ihrem eigenen Land - als ärmste Minderheit der australischen Gesellschaft.
Australien hat es als eines der am höchsten entwickelten Länder dieser Erde trotz offizieller Gleichbehandlung und staatlicher Förderprogramme für Aborigines bisher nicht geschafft, seinem Selbstverständnis als multikulturelles Einwanderungsland gerecht zu werden.
Vorwort
Erste Anregungen zu der hier behandelten Thematik erhielt ich durch meine erste längere Reise nach Australien 1991/92. Im Anschluß daran bot sich mir die Möglichkeit, religionsgeographische Aspekte der australischen Aborigines in einem Hauptseminar (Wintersemester 1992/93) abzuhandeln und damit persönliche Erfahrungen aufzuarbeiten. Dies inspirierte mich - zusam men mit meinem starken Interesse an indigenen Minderheiten im allgemeinen - zu der Idee, eine Diplomarbeit über die soziale und wirtschaftliche Außenseiterposition der indigenen Bevölkerung Australiens zu verfassen. Mein ganz besonderer Dank gilt an dieser Stelle Frau Prof. Dr. Ursula Ewald, die es mir ennöglichte, diese Thematik zu bearbeiten. Die vorliegende Arbeit entstand im Rahmen eines weiteren Aufenthaltes in Australien von Anfang April bis Ende Juni 1994.
Die Stationen dieses Forschungsaufenthaltes sollen hier kurz dargelegt werden. Sie verkörpern zugleich unterschiedliche Siedlungstypen bzw. charakteristische räumliche Disparitäten sozio ökonomischer Lebensbedingungen der Aborigines, welche zum Zweck räumlicher Analysen sehr wertvoll waren. Mein ausdrücklicher Dank gebührt all denen, die sich mir in Australien für Interviews zur Verfügung stellten bzw. mir wertvolle Informationen zukommen ließen.
Die erste Station war Sydney, die Hauptstadt von New South Wales, wo zahlreiche Aboriginal Organisationen lokalisiert sind, die sowohl unter staatlicher als auch indigener Leitung stehen. Die Aborigina/Communityim Stadtteil Redfern bot ein herausragendes Beispiel dafür, großstäd tische Lebensbedingungen von Aborigines eingehend zu untersuchen. Besonders herzlich möchte ich David Gilchrist danken, der mir durch unzählige Diskussionen tiefe Einblicke und Denkanstöße gewährte und den Zugang zur Aboriginal Communityin Redfern sehr erleichterte. Die Bibliothek des Australian Institute for Aboriginal Studiesin Canberra umfaßt ein großes Spektrum an Literatur über die indigene Bevölkerung Australiens, was ausgiebig genutzt wurde. Nach einer kurzen Station in Adelaide, der Hauptstadt von South Australia, verlegte ich meinen Aufenthalt nach dem Südwesten von Western Australia. Hier bot sich die Möglichkeit, die sozio ökonomische Situation der Aborigines kennzulernen, welche als indigene Minderheit in Gemein den bzw. kleinen Landstädten leben. Perth ist als Hauptstadt von Western Australia ebenfalls Sitz zahlreicher Aboriginal Organisationen. Graham Ellis-Smith aus Perth und Noel Nannup aus Narrogin bin ich an dieser Stelle zu tiefem Dank verpflichtet. Sie zeigten eine außerordentliche Bereitwilligkeit, mir interessante Feldbesuche zu ermöglichen und wertvolle Anregungen zukom men zu lassen; zuletzt sei ihrer herzlichen Gastfreundschaft und großen Gesprächsbereitschaft gedankt.
Ein weiterer Schwerpunkt der Reise war Zentralaustralien (Northern Territory). Die größere Landstadt Alice Springs fungiert als städtisches Zentrum für Aborigines aus dem peripheren Zentralaustralien. Hier treffen sehr unterschiedliche Lebensbedingungen und Akkulturations stadien der Aborigines aufeinander. In Alice Springs existieren typische Stadtrandsiedlungen indigener Gruppen, was ich intensiv untersuchen konnte. Die Stadt ist - als Zentrum der Region - auch Aufenthaltsort für viele Aborigines aus entlegenen Aboriginal Communities. Dem Tangentyere Councilin Afice Spring, insbesondere den Aboriginal Mitarbeitern des Community Development Employment Project, gebührt ebenfalls mein herzlichster Dank. Sie unterstützten
mich mit unentbehrlichen Informationen und boten mir die Möglichkeit für sehr aufschlußreiche Fahrten in die Aboriginal town camps.Auch den Mitgliedern des Arrernte Councilin Alice Springs danke ich sehr für ihr freundliches Entgegenkommen und ihre Auskunftsbereitschaft. Es wurden mir Besuche in einigen Communities, in denen nahezu ausschließlich Aborigines leben, ermöglicht. Die einzigartige Gelegenheit für den Aufenthalt in der Aboriginal Community Titjikala und die damit verbundenen eindrucksvollen Erfahrungen verdanke ich Alan Keeling. Ihm und Jenny Disley gebührt mein herzlichster Dank für ihre hilfreichen Unterstützungen, wertvollen Informationen und für interessante Diskussionen.
Den Abschluß der Reise bildete ein kurzer Abstecher nach Darwin, der Hauptstadt des Northern Territory.
Meinen Eltern, die mich während meines Studiums finanziell und moralisch unterstützten und meinen Unternehmungen sehr aufgeschlossen gegenüber standen, gilt mein ganz besonderer Dank. Auch all denjenigen, die immer ein offenes Ohr für mich hatten und die mich mit wertvollen Diskussionen unterstützt haben, möchte ich ein herzliches Dankeschön aussprechen.
Heidelberg, im Juni 1996 Katja Hansen
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung...1
1.1 Einordnung und Zielsetzung der Arbeit...1
1.2 Definition von Aboriginal...8
1.3 Datenlage...9
2. Darstellung der sozio-ökonomischen Benachteiligung der Aborigines...11
2.1 Die Integration in den Arbeitsmarkt...11
2.1.1 Anbindung an den Arbeitsmarkt...12
2.1.2 Erwerbstätigkeit...14
2.1.3 Arbeitslosigkeit...16
2.1.4 Dunkelziffern der Arbeitslosigkeit...18
2.2 Charakteristika der Erwerbstätigkeit...22
2.2.1 Erwerbstätigkeit nach Berufshauptgruppen...22
2.2.2 Öffentlicher Dienst und Privatwirtschaft...25
2.2.3 Erwerbstätigkeit nach Wirtschaftszweigen...27
2.2.4 Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigung...30
2.3 Einkommenssituation...32
2.3.1 Einkommensstruktur...32
2.3.2 Einkommensquellen...36
3 Historische Hintergründe...39
3.1 Enteignung und Zerstörung der traditionellen Aboriginal Kultur...39
3.2 Die Ära der Protektions- und Assimilationspolitik...42
3.2.1 Protektion und Segregation...43
3.2.2 Assimilation...44
3.2.3 Institutionalisierung...45
3.2.4 Räumliche Marginalisierung...48
3.2.5 Sozio-ökonomische Marginalisierung...51
3.2.6 Historische Bildungssituation...54
3.3 Autonomieverlust...56
4 Kulturelle Einflußfaktoren...61
4.1 Akkulturationsprozeß und Identitätskonflikt...61
4.1.1 Akkulturationsprozeß...61
4.1.2 Identitätskonflikt...64
4.2 Unvereinbarkeit kultureller Wertmaßstäbe...67
4.2.1 Allgemeine kulturelle Charakteristika...68
4.2.2 Kulturelemente als Hemmfaktoren...71
4.2.2.1 Das Prinzip des Teilens...72
4.2.2.2 Autoritätshierarchie...75
4.2.2.3 Arbeitsethik...76
4.2.2.4 Kommunikation...79
4.2.2.5 Spiritualität...80
4.2.2.6 Inanspruchnahme von Dienstleistungen...81
4.2.3 Sozio-ökonomische Indikatoren und kulturelle Eignung...82
5 Räumliche Einflußfaktoren...85
5.1 Allgemeine räumliche Charakteristika...85
5.2 Raumkategorien...88
5.3 Räumliche Marginalität der indigenen Bevölkerung...89
5.3.1 Allgemeine Bevölkerungsverteilung...89
5.3.2 Die räumliche Benachteiligung Siedlungstypen...93
5.4 Siedlungstypen...98
5.4.1 Aboriginal outstations...99
5.4.2 Aboriginal towns...103
5.4.3 Non-Aboriginal towns...104
5.4.4 Aboriginal town camps...106
5.4.5 Aborigines in größeren Städten...108
5.5 Mobilitätsverhalten...108
5.5.1 Migration aus beruflichen Gründen...109
5.5.2 Dominanz alternativer Mobilitätsformen...110
5.5.3 Auswirkungen auf den sozio-ökonomischen Status...112
5.6 Landeigentum und Landrechte...113
6 Einfluß der Arbeitsmarktpolitik...119
6.1 Politischer und gesellschaftlicher Wandel...119
6.2 lndigene Arbeitsmarktpolitik...121
6.2.1 Die Aboriginal Employment Development Policy (AEDP)...121
6.2.1.1 Zielsetzungen...122
6.2.1.2 Programme und Strategien...122
6.2.2 Das Community Development Employment Project (CDEP...125
6.2.2.1 Zielsetzungen und Definition von Arbeit...125
6.2.2.2 Ergebnisse und Auswirkungen...126
6.2.2.3 Das Beispiel des Tangentyere Council...130
7 Bildungssituation...133
7.1 Bildungsverhalten und Bildungsbeteiligung...135
7.1.1 Allgemeine Bildungsbeteiligung...135
7.1.2 Besuchsquoten in höheren Bildungseinrichtungen...136
7.1.3 Verbleibsquoten...137
7.1.4 Schulabgangsalter...139
7.2 Ausbildungs- und Qualifikationsniveau...140
7.2.1 Allgemeines Ausbildungs- und Qualifikationsniveau...140
7.2.2 Aborigines ohne Schulbildung...143
7.3 Sprachkenntnisse...144
7.4 Statistische Gewichtung des Faktors Ausbildung...145
7.5 Fördermaßnahmen im Bildungswesen...147
7.5.1 Allgemeine Förderprogramme...148
7.5.2 Höhere Bildungsebenen...150
7.5.3 Erwachsenenbildung...151
7.6 Von Aborigines kontrollierte Bildungseinrichtungen...152
7.7 Ursachengefüge und Wechselwirkungen...154
7.7.1 Räumliche Distanz...154
7.7.2 Motivationsmangel und Ablehnungshaltung...156
7.7.3 Sozio-kulturelle Distanz...157
8 Demographische Einflußfaktoren...163
8.1 Allgemeine demographische Charakteristika...163
8.2 Die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter...165
8.2.1 Allgemeine Altersstruktur...165
8.2.2 Die erwerbsfähige Bevölkerung nach Altersgruppen...167
8.2.3 Erwerbstätigenquoten nach Altersgruppen...167
8.2.4 Arbeitslosen- und Erwerbsquoten nach Altersgruppen...169
8.2.5 Berufsgruppen nach Altersgruppen...170
8.2.6 Einkommen nach Altersgruppen...170
8.3 Haushalts- und Familienstruktur...171
8.3.1 Haushaltsstruktur...172
8.3.2 Familienstruktur...173
9 Diskriminierung als Einflußfaktor...175
9.1 Definition und Erklärung von Rassismus...175
9.2 Historische Entwicklung der Rassenbeziehungen...176
9.3 Einfluß auf die sozio-ökonomische Benachteiligung...178
10 Alkohol, Kriminalitäts- und Gesundheitsproblematik...181
10.1 Das Alkoholproblem der Aborigines...181
10.1.1 Die Alkoholsituation...181
10.1.2 Einfluß auf sozio-ökonomische Indikatoren...182
10.1.3 Ursachen und Wechselwirkungen...183
10.2 Alkoholabhängigkeit und Kriminalität im Zusammenhang...186
10.3 lndigene Kriminalität...187
10.3.1 Kriminalitätscharakteristika...187
10.3.2 Einfluß auf sozio-ökonomische Indikatoren...188
10.3.3 Ursachen- und Wirkungsgefüge...189
10.4 Die Gesundheitssituation der Aborigines...191
10.4.1 Der Gesundheitszustand...191
10.4.2 Einfluß auf sozio-ökonomische Indikatoren...193
10.4.3 Ursachen- und Wirkungsgefüge...194
11 Schlußbetrachtung und Ausblick...199
Literaturverzeichnis...
Liste der Tiefeninterviews und Feldbesuche...
Glossar...
Chronik...
Abkürzungsverzeichnis
Bundesstaaten
ACT Australian Capital Territory
AUST Australien gesamt
NSW New South Wales
NT Northern Territory
QLD Queensland
SA South Australia
TAS Tasmania
VIC Victoria
WA Western Australia
Sonstige Abkürzungen
ABS Australian Bureau of Statistics
ABSEC Aborignal Secondary Assistance (Scheme)
ABSTUDY Aboriginal Study Assistance (Scheme)
ADC Aboriginal Development CommissionAEDP Aboriginal Employment Development Policy
AGPS Australian Government Publishing Service
AIATSIS Australian Institute of Aboriginal and Torres Strait lslander Studies
ALP Australian Labour Party
ALS Aboriginal Legal Service
AMS Aboriginal Medical Service
ANU Australian National University
APP Appendix
ATAS Aboriginal Tutorial Assistance Scheme
ATSIC Aboriginal and Torres Strait lslander Commission
A$ Australian Dollar
CAAAPU Central Australian Aboriginal Alcohol Prevention Unit
CAAC Central Australian Aboriginal Congress
CAAMA Central Australian Aboriginal Media Association
CAE College of Advanced Education
CAEPR Centre for Aboriginal Economic Policy Research
CALM Department of Conversation and Land Management
CDEP Community Development Employment Project
CEP Community Employment Program
CES Commonwealth Employment Service
CLC Central Land Council
CSIRO Commonwealth Scientific and lndustrial Research Organization
CTP Community Training Program
DAA Department of Aboriginal Affairs
DEET Department of Employment, Education and Training
DP Discussion Paper
FCAATSI Federal Council for the Advancement of Australian Aborigines and TSI
HRSC House of Representatives Standing Committee
IAD Institute for Aboriginal Development
ILO International Labour Office (Genf)
MLFS Monthly Labour Force Survey
NAC National Aboriginal Conference
NACC National Aboriginal Consultative Committee
NAEC National Aboriginal Education Committee
NAEP National Aboriginal and TSI Education Policy
NAHSWP National Aboriginal Health Strategy Working Party
NARU National Australian Research Unit
NESA National Employment Strategy for Aboriginals
NLC Northern Land Council
ORCOutstation Resource Centre
RCIDIC Royal Commission into Deaths in Custody
SLA Statistical Local Area
TAFE Technical and Further Education
TAP Training for Aboriginals Program
TFR Total Fertility Rate
TSI Torres Strait lslanders
1 Einleitung
1.1 Einordnung und Zielsetzung der Arbeit
lndigene Völker im allgemeinen erfahren in jüngster Zeit ein stark ansteigendes Interesse. Landrechtsforderungenindigener Völker und deren allgemeine Rechte und Lebensbedingungen sorgen weltweit für großes Aufsehen. Andererseits hat das kulturelle Bewußsein dieser Völker stark zugenommen. Das Jahr 1993 wurde zum Year of the Worfd's lndigenous Peopleerklärt. In seinem Rahmen fanden zahlreiche Veranstaltungen, besonders auch in Australien, statt. Mitglieder verschiedener indigener Völker, wie z.B. diverse lndianerstämme, Maoris, Inuit, Aborigines trafen zusammen, um sich auszutauschen. Ein wichtiges Ziel besteht für sie darin, gemeinsame Elemente ihres Denkens, ihrer mythischen Vorstellungen, Traditionen, Kultur herauszuschälen und der westlichen Weltanschauung und Denkweise entgegenzustellen.
Die Aufmerksamkeit, die indigenen Völkern geschenkt wird, zeigt sich auch deutlich im Tourismusgewerbe. Die Anzahl an internationalen Besuchern mit einem Interesse an traditio nellen Lebensweisen indigener Völker hat in letzter Zeit stark zugenommen, wie es sich vor allem in Australien bemerkbar macht. Die große Anteilnahme an "Urvölkern" spiegelt sich auch in Deutschland wider: auf dem Büchermarkt, in der Musikszene, in Kunstgalerien und in den unterschiedlichsten Veranstaltungen. Die Aborigines als indigenes Volk Australiens nehmen hierbei einen herausragenden Stellenwert ein.
Authochthone Gruppen sind als Forschungsobjekt in der Geographie seit etwa Mitte der 1980er Jahre neu aufgelebt. Das Interesse daran hat vor allem hinsichtlich Areal- und Territorialfragen erheblich zugenommen. Auch Thematiken wie interethnische Konflikte und sozio-ökonomischer Wandel sind in das Blickfeld gerückt. Aspekt ethnischer Bevölkerungsgruppen und Minoritäten haben in jüngster Zeit verstärkt Berücksichtigung in kulturgeographischen Forschungen gefunden. Die einst enge Verbundenheit zwischen der Geographie und der Ethnologie bzw. Völkerkunde erfährt eine Wiederauflebung. Fragestellungen und Problemfelder empfehlen, mit Hilfe disziplinübergreifender Methodiken, d.h. zwischen den qualitativen Methoden (v.a. Feldforschung) der Ethnologie und quantitativen Methoden, an die Thematiken heranzugehen (vgl. KRAAS 1992:177)
Die australischen Aborigines sind Gegenstand von Forschung in einer Reihe von Arbeiten. lndigene Australier wurden im deutschsprachigen Raum jedoch bislang schwerpunktmäßig von Ethnologen untersucht. Von geographischem Blickwinkel fanden hier ausschließlich vereinzelte Thematiken über Aborigines und "ihr Land" Einzug. Im Rahmen der sozial- bzw. kultur geographischen Forschung existiert im deutschsprachigen Raum jedoch ein großes Defizit an wissenschaftlicher Literatur.
Es läßt sich in Australien keine größere Kluft hinsichtlich sozio-ökonomischer Lebensbe dingungen feststellen als die, welche die ursprünglichen Einwohner, die Aborigines, von den Nachfahren europäischer Invasoren bzw. der restlichen Bevölkerung Australiens voneinander trennt. Die Ungleichheit hinsichtlich der sozialen und wirtschaftlichen Situation zwischen den beiden Ethnien ist so extrem wie in keinem anderen Industrieland der Erde und rückt auf dem ganzen australischen Kontinent in das Blickfeld. Aborigines weisen nahezu hinsichtlich jedes wirtschaftlichen und sozialen Indikators die negativsten Ergebnisse, die größte Benachteiligung und die dringendsten Bedürfnisse auf. Aborigines nehmen in wirtschaftlicher, sozialer sowie in geographischer Hinsicht die Außenseiterposition in Australien ein und stellen die verärmteste Bevölkerungsgruppe der australischen Gesellschaft dar; und dies in einer Gesellschaft, welche sich berechtigtermaßen dafür rühmt, einen der höchsten Lebensstandards der Welt erz.ielt zu haben. Die Aborigines wurden in ein westliches Wirtschaftssystem eingebunden und in ein unterentwickeltes Volk verwandelt. Sämtliche Beschränkungen, welche den Aborigines in früherer Zeit auferlegt wurden, sind zwar heute aufgehoben; und obgleich Aborigines heute in jedem Bereich offiziell dieselben Rechte besitzen bzw. eine offizielle Gleichbehandlung wie andere Australier erfahren, hat sich an diesem Zustand nichts Grundsätzliches geändert. Die Zielsetzungen der australischen Regierungspolitik haben sich zwar seit Ende der 1960er Jahre erheblich zugunsten der indigenen Australier geändert und deren sozio-ökonomischer Status hat dadurch eine Besserung erfahren, doch sie leben heute noch immer als Minderheit in einer westlichen Gesellschaft, sozusagen als eine verarmte "Dritte-Welt-Enklave" in einem der am höchsten entwickelten Industrieländer. Die indigenen Australier leben als benachteiligte Minderheit und Außenseiter in "ihrem eigenen" Land, d.h. die "Ersten Australier" stellen eine autochthone Minderheit dar. Australien ist als klassisches Einwanderungsland eine der am buntesten zusammengesetzten Nationen. Als ein multikulturelles Land ist es dazu gezwungen, von Diskriminierungen anderen Migliedern der Gesellschaft gegenüber Abstand zu nehmen. Seinem ursprünglichen Volk, den Aborigines. steht es jedoch am rassistischsten gegenüber.
Den Aborigines gilt als kleiner Minderheit und Außenseiter in ihrem eigenen Land ein verstärktes öffentliches Interesse, was sich auch vor allem in der öffentlichen Berichterstattung Australiens widerspiegelt. Die australischen Regierung stuft das "Aborigine-Problem" als das "schwer wiegendste" Problem in ihrem Land ein. Landrechtsforderungen, vor allem das Mabo-Urteil im Jahr 1992, soziale Problematiken, die Verwendung öffentlicher Gelder etc. sind heiß diskutierte Thematiken und häufig mit starker Emotionalität beladen. Themen wie soziale Gerechtigkeit, Wiedergutmachung, Versöhnung und Selbstbestimmung hinsichtlich der indigenen Bevölkerung stehen heute im Vordergrund.
Die indigene Minderheit weist heute eine überwiegende Abhängigkeit von der australischen Gesellschaft und ihrem Wirtschaftssystem auf. Man kann nur noch wenige wirtschaftliche Aktivitäten der indigenen Bevölkerung als traditionell in dem Sinne bezeichnen, daß sie der (semi-)nomadischen Jäger- und Sammlerlebensweise in voreuropäischer Zeit entsprechen. Ihre heutige wirtschaftliche Abhängigkeit korreliert demzufolge mit dem Ausmaß ihrer Inkorporation in die weiße Gesellschaft Australiens. Der wirtschaftliche Status einer Gruppe stellt ein wichtiger Bestimmungsfaktor für ihre Position in der betreffenden Gesellschaft. ihre Sicht der Realität, ihren entsprechenden Zugang zu Macht sowie Prozessen der Entscheidungsfindung dar. Ihre Position auf der untersten Stufe der sozio-ökonomischen Leiter verhindert weiterhin ihre soziale, wirtschaftliche und politische Mobilität.
Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die sozio-ökonomische Benachteiligung der indigenen
Minderheit Australiens darzulegen und zugrundeliegende Ursachen zu erörtern. Ausgangspunkt
ist der relativ niedrigere sozio-ökonomische Status der Aborigines im Vergleich zu den nicht indigenen Australiern. Dem Begriff "Benachteiligung" in bezug auf die indigenen Australier steht eine Berechtigung zu, wenn ihre sozio-ökonomische Situation zu derjenigen der weiß australischen bzw. nicht-indigenen Bevölkerung Australiens in Relation gesetzt wird. Die Analyse räumlicher Disparitäten ihrer sozio-ökonomischen Außenseiterposition wird in die Arbeit in Form einer weiteren Dimension eingebettet. Hierbei soll hauptsächlich eine großräumige Betrachtung stattfinden, welche sich auf den gesamten australischen Kontinent bezieht. Räumliche Unterschiede werden sowohl im Hinblick auf die einzelnen Bundesstaaten als auch bezüglich Stadt-Land-Charakteristika untersucht.
Die Durchführung der Arbeit basiert auf einer Methodenkombination. Diese besteht aus vor Ort erfaßtem Datenmaterial (statistisches Zahlenmaterial und Literatur) einerseits und eigener Feldarbeit andererseits. Die hauptsächliche Intention des Australienauf enthaltes bestand nicht darin, eine quantitative Erhebung durchzuführen. Zum einen war die Zielsetzung nicht die einer sozialgeographischen Detailstudie. Die Absicht lag vielmehr in einer holistischeren Heran gehensweise und Interpretation der sozio-ökonomischen Situation der australischen Aborigines. Zum anderen wäre ein zufriedenstellendes Ergebnis einer Umfrage, wie sich auch im nachhinein bestätigte, in diesem relativ kurzen Zeitraum einerseits und aus sozio-kulturellen Gründen andererseits nicht zustande gekommen. Das Bestreben lag vielmehr darin, durch die Methoden von direkter und indirekter sowie teilnehmender und nicht-teilnehmender Beobachtung tiefere Einblicke in die Thematik zu erhalten. Die Kontaktherstellung nahm einen bedeutsamen Stellenwert ein. Tiefeninterviewsbzw. offene Interviews (die Interviews wurden nicht in Form von Fragebögen standardisiert) waren zur Verwirklichung des Vorhabens sehr gut geeignet, da sie weniger für die quantitative als für die qualitative Auswertung von Bedeutung sind. Tiefen interviews sind besonders dafür geeignet, um die relevanten Variablen zu definieren, zusammenhänge zu erkennen und Hypothesen zu gewinnen. Das Informationsmaterial der Interviews, welche als informelle Informationsquellen fungieren, wurde häufig erst im nachhinein schriftlich festgehalten, um eine Art Vertrauensbasis zu schaffen und vorherrschendes Mißtrauen abzubauen. Auf Grund dessen konnten bessere Informationen gewonnen werden; viele der Aboriginal Gesprächspartner zeigten so eine weitaus größere Bereitwilligkeit, Auskunft zu geben. Die Methode offener Interviews wurde insbesondere aus sozio-kulturellen Gründen gewählt. Kontaktherstellung und Informationsbeschaffung waren häufig mit großen Schwierig keiten verbunden. Die sozio-kulturelle Distanz zwischen Aborigines und Personen nicht indigener Abstammung ist sehr groß. Konfrontationen mit Unzugänglichkeit, Mißtrauen und Ablehnungshaltung auf seiten der indigenen Australier standen auf der Tagesordnung. Aufgeschlossenheit, Initiative und Sensitivität waren notwendige Voraussetzungen, um überhaupt Zugang zu den Menschen zu finden. Zahlreiche Kenntnisse und Denkanstöße konnten durch Beobachtungen selbst gewonnen werden.
Die offenen bzw. Tiefeninterviews wurden vorwiegend dazu herangezogen, um eine Auswahl
und Gewichtung der grundlegendsten Ursachen in bezug auf die sozio-ökonomischen Benach teiligung der Aborigines vornehmen zu können sowie um Aussagen aus der Literatur zu stützen bzw. zu ergänzen. Die Interviews sind in dieser Arbeit in Form von Fußnoten vermerkt. Die wichtigsten Interviews und Feldbesuche sind einschließlich Orts-· und Datumsangaben im Anhang zusammengestellt.
Im ersten Teil der Arbeit (Kapitel 2) soll untersucht werden, inwieweit die indigene Bevölkerungs minderheit eine aktuelle sozio-ökonomische Benachteiligung in Relation zu den nicht-indigenen Australiern erfährt. Die Aborigines sind grundsätzlich in sämtlichen Lebenssituationen in Gegenüberstellung zur nicht-indigenen Bevölkerung stark benachteiligt. In dieser Arbeit sollen jedoch ihre geringe Integration in den australischen Arbeitsmarkt sowie ihr niedriger Beschäfti gungs- und Einkommensstatus im Mittelpunkt stehen und als Ausgangspunkt bzw. Spiegelbild ihrer sozio-ökonomischen Benachteiligung fungieren. Die gesellschaftliche Randposition der indigenen Australier wird zu Beginn mit sozio-ökonomischen Standardindikatoren quantitativ belegt Die Auswertungen basieren in erster Linie auf den amtlichen Statistiken der australischen Volkszählung von 1991, welche die These mit statistischem Zahlenmaterial stützen soll. Es werden Indikatoren herangezogen, welche Aufschluß über den Erwerbsstatus der indigenen Australier geben wie das Ausmaß ihrer Anbindung an den formellen Arbeitsmarkt, ihrer Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit. Des weiteren wird eine Charakterisierung der indigenen Erwerbstätigkeit hinsichtlich der Konzentration in einzelnen Berufsgruppen, in öffentlichem Dienst und Privatwirtschaft. in Wirtschaftszweigen sowie in Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigung vorgenommen. Abschließend soll die Einkommenssituation der Aborigines in Form ihrer Einkommensstrukturen und Einkommensquellen dargelegt werden. Diese Indikatoren werden sowohl im Hinblick auf die indigene als auch auf die nicht-indigene Bevölkerung analysiert. was wiederum ermöglicht, Vergleiche zwischen den beiden Ethnien anzustellen. Nur auf diese Weise kann die indigene Bevölkerungsgruppe als "benachteiligt" eingestuft werden.
Im zweiten Teil der Arbeit wurde versucht, ein Ursachengefüge bzw. Erklärungsmuster dieser aktuellen sozio-ökonomischen Benachteiligung der Aborigines aufzustellen und einzelne Einflußfaktoren (Kapitel 3 bis 10) herauszuschälen, welche immer in Bezug zu den zuvor untersuchten sozio-ökonomischen Standardindikatoren gesetzt werden. Zur besseren Anschau lichkeit kann das beiliegende Schaubild herangezogen werden. Das Hauptaugenmerk wird demnach hier auf Ursache-Folge-Beziehungen gelegt; diese schließen auch Rückkoppe lungseffekte bzw. Wechselwirkungen des niedrigen sozio-ökonomischen Status der indigenen Minderheit auf diese Einflußfaktoren selbst mit ein.
Historische Hintergründe hinsichtlich des niedrigen sozio-ökonomischen Status der Aborigine werden in Kapitel 3 beleuchtet. Es soll erörtert werden, inwieweit die europäische Landnahme Australiens in die Enteignung und Zerstörung der traditionellen Kultur der Aborigines resultierte und somit ihre traditionelle Wirtschaftsweise unterband. Es wird untersucht. welche Auswir kungen die politischen Leitbilder von Protektion bzw. Segregation und Assimilation sowie damit verbundene Praktiken auf die heutige sozio-ökonomische Benachteiligung der indigenen Bevölkerung besitzen. Dazu zählen insbesondere Zwangsumsiedlungen, fehlende Möglichkeiten in Wirtschaft und Gesellschaft und der durch Institutionalisierungen bedingte Autonomieverlust der Aborigines.
Im Rahmen kultureller Einflußfaktoren (Kapitel 4) wird auf den Akkulturationsprozeß und die
daraus entstandenen Identitätskonflikte der indigenen Minderheit eingegangen. Es wird erörtert, inwieweit eine Bewahrung traditioneller Kulturelemente bei den Aborigines und deren dadurch meist unvereinbaren kulturellen Wertmaßstäbe mit denen der westlichen Gesellschaft als Hemmfaktoren für ihre sozio-ökonomische Besserstellung bzw. ihre Integration in den Arbeits markt fungieren.
Der räumlichen Bevölkerungsverteilung der Aborigines als Einflußfaktor für ihren vergleichsweise niedrigen sozio-ökonomischen Status wird in Kapitel 5 Beachtung geschenkt. Es sei darauf hingewiesen, daß räumliche Charakteristika Australiens sowie in der Arbeit herangezogene Raumkategorien erst in diesem Kapitel beschrieben werden. Nachdem unterschiedliche Siedlungstypen der indigenen Bevölkerung dargelegt wurden, soll ihr Mobilitätsverhalten und ihr Landeigentum als Ursachen für ihre Benachteiligung in sozio-ökonomischer Hinsicht erläutert werden.
In Kapitel 6 werden Auswirkungen der australischen Arbeitsmarktpolitik auf den sozio-ökonomi schen Status der Aborigines diskutiert; es sind hierbei besonders die Strategien von Bedeutung, welche speziell auf die indigene Beschäftigungs- und Einkommenssituation abzielen.
Kapitel 7 befaßt sich mit der Bildungssituation der indigenen Minderheit. Es wird analysiert, inwieweit ihre relativ geringeren Arbeitsmarktchancen auf ihr Bildungsverhalten bzw. ihre Bildungsbeteiligung sowie ihr Ausbildungs- und Qualifikationsniveau zurückzuführen sind. Des weiteren sollen staatliche Förderprogramme und eigene Initiativen der Aborigines hinsichtlich des Bildungssektors vorgestellt werden und Ursachen für ihre relativ schlechtere Bildungs situation extrahiert werden.
Demographischen Einflußfaktoren wird in Kapitel 8 auf den Grund gegangen. Die Gegenüberstellung der Altersstrukturen der indigenen und nicht-indigenen Bevölkerung gibt insbesondere dann Aufschluß über die sozio-ökonomische Benachteiligung der Aborigines. wenn die jewei ligen Bevölkerungen im arbeitsfähigen Alter untersucht werden. Auch der Haushalts- und Familienstruktur der Aborigines kommt in diesem Zusammenhang eine Bedeutung zu.
Die Konsequenzen von Diskriminierungen und institutionalisiertem Rassismus gegenüber der indigenen Minderheit von seiten der australischen Gesellschaft auf deren Beschäftigungs- und Einkommenssituation werden in Kapitel 9 interpretiert.
Kapitel 10 behandelt drei soziale Problembereiche, mit denen die indigene Bevölkerung konfrontiert ist und die in engem Zusammenhang zu ihrem relativ niedrigeren sozio-ökonomi schen Status stehen. Es sind dies die Alkohol-, die Kriminalitäts- und die Gesundheits problematik.
Den Abschluß der Arbeit bildet eine Schlußbetrachtung mit Ausblick.
1.2 Definition von Aboriginal1
Die Wahl bestimmter Begriffe in dieser Arbeit erfolgt in Anlehnung an die aktuelle australische Literatur. Dies trifft insbesondere auf die hier häufig verwendeten Begriffe wie "indigene" 2 bzw. "Aboriginal" Bevölkerung in Gegenüberstellung zur "nicht-indigenen" bzw. "nicht-Aboriginal" Bevölkerung zu. 3 Die Definition von "Aborigine" bzw. "Aboriginal" wird im Anschluß erfolgen. Alle weiteren verwendeten Begriffe und Ausdrücke, die mit etwaigen Unklarheiten behaftet sind, werden jeweils im Kontext oder im Glossar erklärt.
Die australische Bundesregierung führte in den frühen 1970er Jahren eine (neue) Definition von "Aboriginal" ein "which ... did move the debate on Aboriginality away from the previous much hated terminology of castes (e.g. half-caste) and blood (e.g. half-blood, full-blood) ..." welche zuvor von den einzelnen Bundesstaaten verwendet wurde (R. SYKES 1989:25). Die australische CommonwealthRegierung übernahm 1978 die "Arbeitsdefinition" von Aboriginalität: Als "Aborigine" wird eine Person definiert, die partieller bzw. vollständiger Aboriginal Abstammung ist, die sich selbst als Aborigine ausgibt und die als solche von der Community,mit der sie sich verbunden fühlt, akzeptiert wird (vgl. ABSi 1993; R. SYKES 1989:25; FISK 1985:1). Diese Definition enthält demzufolge ein Element der Selbsteinschätzung (self-perception) .Sie ist sehr breit gefaßt und läßt eine flexible Interpretation zu. Auf dieser Definition jedoch basiert der größte Teil der Regierungspolitik und beruhen die wichtigsten offiziellen Statistiken. 4 Von entscheidender Bedeutung ist für R. SYKES (1989:26) auch, daß diese Definition im allge meinen von den australischen Aborigines selbst akzeptiert wird.
Der Anteil der Aborigines, welcher von vollständiger Aboriginal Abstammung bzw. "rassisch unvermischt" ("full-blood'Aborigines) ist, kann nicht mit Genauigkeit bestimmt werden; es ist mit Sicherheit jedoch nur eine Minderheit der gesamten Aboriginal Bevölkerung. Die Mehrheit der australischen Aborigines ist von "gemischter Abstammung" (Mischlinge). Viele von ihnen lassen sich nicht ausschließlich aufgrund ihrer Hautfarbe oder Körpermerkmale von anderen Mitgliedern der australischen Gesellschaft unterscheiden (vgl. FISK 1985:1-2). Heutige Schwierigkeiten und Unklarheiten hinsichtlich der Definition von "Aboriginal" resultieren nun insbesondere daraus, daß der Großteil der indigenen Bevölkerung von "gemischter Aboriginal Abstammung" ist. Ein
Der Begriff •aborigine" bedeutet im allgemeinen Sprachgebrauch eigentlich "Ureinwohner·, "Eingeborener". Mit Aborigines wird hier jedoch ausschließlich die "Urbevölkerung" Australiens bezeichnet.
Zum Zweck einer flüssigeren Schreibweise wird in dieser Arbeit das Adjektiv "Aboriginal" ins Deutsche übernommen.
"indigen" (indigenous)bedeutet einheimisch, eingeboren (vgl. "lndigenat" (nlat): Untertanschaft; Heimatrecht; Staatsangehörigkeit)
Auf die Bezeichnungen "schwarz" bzw. "weiß" in bezug auf die beiden hier einandergegenübergestellten australischen Bevölkerungsgruppen wird in dieser Arbeit weitgehend verzichtet. Es werden die Begriffe "indigen" und•nicht-indigen"bzw. "Aborigines" und "Nicht-Aborigines" bevorzugt. Die "nicht-indigene Bevölkerung" schließt
somit auch Australier ein, die nicht europäischer Abstammung sind.
Die dritte Komponente der Definition (Akzeptanz durch die Aboriginal Community)wird indes nicht in der Volkszählung erfaßt.
Anteil von 1.6% 5 der Gesamtbevölkerung Australiens bestätigte im Jahr 1991 seine Zugehörigkeit zum indigenen Volk (ABSe 1993:2). 6 ROWLEY (1970:343) sah schon Ende der 1960er Jahre voraus, daß die Definition von "Aboriginal" sowohl zu einer sozialen als auch einer administrativen Kategorie mit weitreichenden Konsequenzen werden würde (vgl. Kap. 3.2.1).
1.3 Datenlage
Der Auswertung und Interpretation zugrunde liegende Daten beruhen auf den australischen Volkszählungen, welche das Australian BureauofStatistics (ABS)im Fünfjahres-Zyklus erhebt. In dieser Arbeit werden in erster Linie die Volkszählungen von 1991 herangezogen. Wenn im Einzelfall Daten anderer Volkszählungen oder Fallstudien verwendet werden, ist dies jeweils gesondert vermerkt. Außer den amtlichen Publikationen des ABS, stellen einige Literaturquellen detailliertes Datenmaterial zur Verfügung (v.a. TAYLOR 1993a/b), das ebenfalls auf der Volkszählung von 1991 beruht. Dieses ist zum Zweck der Vergleichbarkeit zwischen der indigenen und nicht-indigenen Bevölkerung oftmals besser geeignet. Nicht alle statistischen Daten der ABS-Publikationen sind schlüssig; für manche Indikatoren liegen unterschiedliche Angaben vor. Diese entsprechen auch den Werten von TAYLOR nicht immer exakt. Der Grund für den Fall, daß Daten von Text und dazugehöriger Abbildung nicht immer genau überein stimmen, liegt in diesen Abweichungen. 7
Zahlreiche Diskussionen über die Qualität von Volkszählungsdaten hisichtlich der indigenen Be völkerung decken erhebliche Unzulänglichkeiten auf, welche sich negativ auf die Datenqualität auswirken.8 Die Größe der indigenen Bevölkerung ist nicht mit Sicherheit bekannt, und in den Volkszählungen von 1966 bis 1986 wurde nicht konsequent, teilweise widersprüchlich, mit ihr umgegangen. Die erste Ungenauigkeit bezieht sich auf die offizielle statistische Definition von "Aboriginalität", die sich im Laute der Zeit geändert hat. Bevölkerungszahlen variieren außerdem aufgrund der zunehmenden Tendenz, sich als Aborigine zu identifizieren (vgl. Abb. 18). Unklarheiten über den Begriff "Aboriginalität" resultieren dennoch in ldentifikationsschwierig-
Die Gesamtzahl der australischen Aborigines beläuft sichnach Angaben des ABS (ABSe 1993:2) im Jahr 1991 auf 265.459.
Die Torres Strait lslanders (TSI) stellen - aufgrund ihrer unterschiedlichen kulturellen, ökonomischen und räumlichen Charakteristika - eine separate indigene Bevölkerungsgruppe Australiens dar. Sie nehmen indes nur 10% der gesamten indigenen Bevölkerung Australiens ein. Sie sollen auf Grund dessen hier nicht gesondert behandelt werden. In manchen Daten der indigenen Bevölkerung sind die TSI miteingeschlossen, in anderen werden sie gesondert ausgewiesen; ob sie in die Statistik integriert sind oder nicht, wird in der Literatur hingegen nicht immer ersichtlich und soll hier außer acht gelassen werden. Im Falle, daß beide Ethnien getrennt ausgewiesen sind (v.a. bei Datenmaterial von TAYLOR 1993a/1993b), wurde ausschließlich der entsprechende Wert für die Aboriginal Bevölkerung herangezogen, auch wenn dann die Zuordnung "indigen" erfolgen sollte. Der Begriff "indigen" wird demnach hier als Synonym für•Aboriginal" benutzt.
Aufgrund ihrer zu kleinen Ausdehnung sind der Bundesstaat Tasmania und das Hauptstadtterritorium, das Australian CapilalTerritory, bei denthematischen Karten nicht gesondert ausgewiesen. Die dazugehörigen Werte wurden jedoch in die Legende integriert.
Über die Schwierigkeiten bei Datenanalyse und Datenerhebungen von Volkszählungen haben unter anderem JONAS, D. SMITH, TAYLOR, GAMINIRATNE/TESFAGHIORGHIS, GRAY, DALY, und ALTMAN/ALLEN in der
National Survey of Jndigenous Australiansvon ALTMAN (ed.) (1992) und das ABS (ABSb 1989) in ihrer Data Qua/ityberichtet.
keiten einiger Aborigines (TESFAGHIORGHIS/GRAY 1991:47; GAMINIRATNE 1993:1; L. SMITH 1980; ABSb 1989 et al.) (vgl. Abb. 21). Diese Faktoren sind von wesentlicher Bedeutung, da sie eine exakte Interpretation von Entwicklungen des sozio-ökonomischen Status zwischen mehreren Volkszählungen erschweren. Vergleiche zwischen verschiedenen Volkszählungen können oftmals nicht angestellt werden, da das Ausgangsmaterial auf unterschiedlichen Aboriginal Personen basiert. Das Problem tritt hauptsächlich dann auf, wenn man zum Vergleich Statistiken aus früheren Jahrzehnten heranzieht. Sämtliche Wachstumsindikatoren können demnach nur mit Vorbehalt verwendet werden und ausschließlich Aussagen über Tendenzen bzw. Trends treffen. Dies verstärkt sich durch die übermäßige Zunahme der nicht beantworteten Fragen in der Volkszählung von 1986 und 1991 (TAYLOR 1993a:45). Ein weiteres Problem besteht darin, daß viele Aborigines nicht erfaßt werden. Die Ursachen liegen in methodischen Verfahrensproblemen bei der Zählung und in Verarbeitungsfehlern. Durch die marginalen Verhältnisse, in denen zahlreiche Aborigines leben, sind sie dafür anfälliger, von den Volkszäh lungen ausgelassen zu werden (vgl. Kap. 5.3). Allerdings wurden die Schwierigkeiten einer vollständigen Erfassung der indigenen Bevölkerung, welche vor allem in peripheren Regionen auftraten, über die Zeit hinweg zunehmend auf ein Minimum herabgesetzt. Dies wurde durch verbesserte Volkszählungsverfahren und eine größere Beteiligung der Aboriginal Communitieserreicht (GAMINIRATNE1993:1; TESFAGHIORGHIS/GRAY 1991:47).
Die australische Volszählung besitzt eine Reihe von Mängel hinsichtlich ihrer Interpretationen des Arbeitsmarktes. Erstens ist es ihre Aufgabe, deckende Informationen über die gesamte australische Bevölkerung bereitzustellen. Als solche sind etliche ihrer verwendeten Definitionen und Voraussetzungen nicht für jene Aborigines geeignet, deren Lebensstil sich grundlegend von dem der durchschnittlichen australischen Gesellschaft unterscheidet. Eine zweite Einschränkung betrifft den "Schnappschuß"-Charakter der Volkszählungen. Informationen, welche nicht durch die Volkszählungen gedeckt werden, stehen für die Gesamtbevölkerung durch häufigere Erhe bungen des ABSwie die Labour Force Surveyzur Verfügung. Die meisten dieser Studien wei sen indigene Personen jedoch nicht gesondert aus (HEALY et al. 1985:204; DALY 1992:128). Zum anderen sind Volkszählungsdaten wie z.B. über Arbeitslosigkeit nicht bedingungslos mit denen des Monthly Labour Force Survey (MLFS) vergleichbar. Der Fragenkatalog der Volkszäh lung erfüllt die Kriterien der MLFSin den meisten Fällen nicht (ABSe 1993:15).
Die Tatsache, daß Volkszählungsdaten oftmals nicht mit den Ergebnissen detaillierter empi rischer Studien übereinstimmen, wirft die Frage auf, inwieweit man Volkszählungsdaten als absolut aussagekräftig werten kann (TESFAGHIORGHIS/GRAY 1991:47). D. SMITH (1991:1,4; 1994:6-8) schlußfolgert, daß amtliche Statistiken das wahre Ausmaß bestimmter sozio-ökonomi scher Indikatoren der Aboriginal Bevölkerung erheblich unterschätzen und bedeutsame Charak teristika ihres Erwerbsstatus verhüllen.
Es treten grundsätzliche Probleme bei der Gegenüberstellung von zwei völlig unterschiedlichen Kulturen auf. Kulturelle Wertvorstellungen stehen sehr häufig nicht im Einklang. Die Interpre tation der aktuellen sozio-ökonomischen Benachteiligung der indigenen Australier aus dem Blickwinkel offizieller Statistiken bzw. Standardindikatoren heraus wurde bewußt jedoch nach
diesen "westlichen" Wertmaßstäben bzw. Richtlinien vorgenommen. Dies sind die einzig meßbaren und zur Verfügung stehenden Indikatoren, die eine vergleichenden Analyse zwischen indigener und nicht-indigener Bevölkerung ermöglichen. Standardindikatoren sagen jedoch wenig darüber aus, inwiefern bzw. ob der Großteil der Aborigines die vollständige Integration in die wirtschaftlichen und sozialen Strukturen der australischen Gesellschaft wünscht. Es findet auch Berücksichtigung, was Aborigines aufgrund differierender kultureller Wertmaßstäbe im Gegensatz zu westlichen Vorstellungen nicht unbedingt als "Benachteiligung" erfahren. In bezug dazu werden die offiziellen Statistiken interpretiert und ihre Aussagekraft diskutiert, wodurch Volkszählungsdaten bzw. Standardindikatoren ein gewisses Maß an Bedeutung im Hinblick auf die indigene Bevölkerung verlieren (vgl. Kap: 4.2.3). 9
Abhandlungen über den Mangel an Statistiken und deren Unzulänglichkeiten hinsichtlich der Erfassung der indigenen Bevölkerung existieren unter anderem in Form von mindestens sechs bedeutsamen Regierungs berichten und des Report of the RoyalCommission into Deaths in Custody.Aufgrund dieser unbefriedigenden Tatsache wurde eine National StatisticalSurvey ofthe Aboriginal and Torres Strait lslander Populationgefordert und 1994 durchgeführt (Stichprobe von ca. 15.700 Aborigines) (vgl. HRSC 1992:17).
2 Darstellung der sozio-ökonomischen Benachteiligung der Aborigines
Der Großteil der Aboriginal Bevölkerung Australiens finanziert seine Lebenshaltungskosten in heutiger Zeit durch Erwerbsarbeit oder staatliche Sozialunterstützungen. Subsistenzwirtschaft betreibt nur noch ein geringfügiger Anteil von ihnen. Auf Grund dessen sollen zum Zweck der Analyse ihrer sozio-ökonomischen Situation - in Gegenüberstellung zur nicht-indigenen Bevöl kerung Australiens - Indikatoren wie die Beteiligung am Erwerbsleben, Erwerbstätigkeit. Arbeitslosigkeit und das Einkommen herangezogen werden.
Aborigines zeigen eine nur geringfügige Integration in und Anbindung an den australischen Arbeitsmarkt. Ihre Erwerbsbeteiligung ist weitaus niedriger als die der nicht-indigenen Australier. Aborigines besitzen einerseits sehr viel geringere Chancen als die nicht-indigene australische Bevölkerung, überhaupt einen Arbeitsplatz zu finden, was sich in hohen Arbeitslosenquoten und Langzeitarbeitslosigkeit widerspiegelt. Ihre Möglichkeiten andererseits. einen Arbeitsplatz mit höherem Einkommen bzw. hohem sozio-ökonomischen Status zu finden, sind sehr viel begrenz ter. Ihre Beschäftigungsmöglichkeiten konzentrieren sich vorwiegend auf unsichere und niedrig bezahlte Tätigkeiten des Arbeitsmarktes. Die Konsequenz besteht darin. daß indigene Australier ihren Lebensunterhalt durch vergleichsweise niedrigere Durchschnittseinkommen finanzieren müssen und eine sehr hohe Abhängigkeit von staatlichen Sozialleistungen erkennen lassen.10
2.1 Die Integration in den Arbeitsmarkt
Der Erwerbsstatus 11 (labour force status)zeigt an, ob eine erwerbsfähige Person (d.h. im Alter von 15-65 Jahren) in einer Vollzeit- oder Teilzeitbeschäftigung erwerbstätig, arbeitslos oder nicht in die Erwerbsbevölkerung1 2 integriert ist. Jede erwerbsfähige Person wird somit einer der drei sich gegenseitig ausschließenden Kategorien zugeordnet: (a) erwerbstätig oder (b) arbeitslos
10 Die folgenden Auswertungen beruhen auf der Datengrundlage der australischen Volkszählung von 1991, welche durch das ABS durchgeführt wurde.
11 Man hat sich auf internationaler Basis mehr oder weniger auf ein einheitliches Konzept geeinigt, welches auf dem Erwerbspersonen-Konzept (Labour Force Concept)der OECD-Länder basiert. Auch das australische ABSverwendet diese international standardisierten Indikatoren. Zu den Erwerbspersonen zählen diejenigen Personen, welche eine unmittelbar oder mittelbar auf Erwerb gerichtete Tätigkeit ausüben oder suchen. Das Australian Bureau of Statistics legt die Vorstellung des International Labour Office (ILOin Genf) von der cu"ently economic active populationseiner Definition der australischen Erwerbsbevölkerung (labour force)zugrunde. Diese beinhaltet diejenigen Personen ab 15 Jahren, die während des gegenwärtigen spezifischen Zeitraumes der "letzten Woche" als erwerbstätig oder arbeitslos galten. Die Altersgruppe der 15-64jährigen Bevölkerung defniert desweiteren die "erwerbsfähige Bevölkerung" (working-age population).Die Dauer und Regelmäßigkeit spielen bei der Frage, wann eine Erwerbstätigkeit vorliegt, keine Rolle. Bei der statistischen Erfassung der Erwerbstätigkeit wird ebenfalls nicht berücksichtigt, in welchem Umfang die Tätigkeit zum
Lebensunterhalt beiträgt (vgl. D. SMITH 1994:2; KULS 1993:93ff).
12 Für die deutsche Übersetzung der verwendeten Indikatoren werden die Standardbegriffe des Statistischen Bundesamtes bzw. des International LabourOfficeherangezogen.
(mit a und b zu der Erwerbsbevölkerung (= Erwerbspersonen//abour force) zählend) bzw. (c) nicht zu der Erwerbsbevölkerung zählend (= Nichterwerbspersonen/not inthe labour force NILF).Der Erwerbsstatus stellt einen bedeutsamen Indikator für die Beurteilung des sozio-ökonomi schen Status' dar (vgl. D. SMITH 1991:3-4; DALY et al. 1993:Abstract).1 3
2.1.1 Anbindung an denArbeitsmarkt
Die Erwerbsquote bzw. Erwerbsbeteiligung (labourforce participationrate)wird als der Prozentanteil der erwerbsfähigen Bevölkerung (Personen von 15-64 Jahren) definiert, welcher in die Erwerbsbevölkerung (labour force)(= Erwerbstätige und Arbeitslose) integriert ist. Um eine Bewertung der Beschäftigungssituation der indigenen Bevölkerung vorzunehmen, ist die Berück sichtigung der entsprechenden Erwerbsquoten unerläßlich. Sie ist zugleich ein wichtiger Indika tor für das Ausmaß der indigenen Integration in den formellen australischen Arbeitsmarkt.
Offiziellen Statistiken zufolge (ABSe 1993:15,22) beträgt die Erwerbsquote der indigenen Perso nen über 15 Jahren 53.5% im Vergleich zu 63% der nicht-indigenen Bevölkerung. 14 Daraus geht hervor, daß die indigene Erwerbsbevölkerung eine weitaus niedrigere Erwerbsbeteiligung und Integration in den formellen australischen Arbeitsmarkt aufweist (vgl. Abb. 1). Die Erwerbsquote der männlichen Aborigines beträgt 66%, die der weiblichen Aborigines 46%. Beide Geschlechter weisen etwa 6 Prozentpunkte weniger als ihre nicht-indigenen Pendants auf. Die Diskrepanz zwischen der Erwerbsbeteiligung der beiden Geschlechter (um 20%) nimmt folglich für die indigenen und nicht-indigenen Australier ein ähnliches Ausmaß ein (ABSe 1993:15,22).
Es sollen nun die räumlichen Disparitäten der indigenen im Vergleich zur nicht-indigenen Bevöl kerung untersucht werden. Die Erwerbsquote der Aborigines liegt im Australian Capital Territory (ACT) mit 71.3% am höchsten und damit fast 17% über dem nationalen Durchschnitt der indige nen Bevölkerung; auch in Tasmania liegt sie mit 65.6% weit über dem Durchschnitt; im Northern Territory (NT) ist die Erwerbsquote mit 42.5% am niedrigsten und damit 12% unter dem nationa len Durchschnitt der Aborigines angesiedelt; in Western Australia ist sie mit 51.4% ebenfalls relativ niedrig. Auffällig ist die große Diskrepanz der Erwerbsbeteiligung zwischen den indigenen (42.5%) und nicht-indigenen (79%) Erwerbspersonen im NT. Während die Aborigines dort die niedrigste Beteiligung am Erwerbsleben aufweisen, entspricht die der Nicht-Aborigines der höch sten im Bundesstaatenvergleich. Die kleinste Abweichung der Aboriginal von der nicht-Aboriginal Erwerbsquote existiert im ACT, in Tasmania und in Victoria (TAYLOR 1993b:19) (vgl. Karte 1).
13 Näheres zu Definitionen ökonomischer Indikatoren siehe D. SMITH (1994).
14TAYLORs (1993a:15) Erwerbsquoten weichen davon ab: Er berechnete eine Quote von 55.7% für die Aborigines und eine von 73.1% für die nicht-indigenen Australier (auch er hat die Volkszählungen als Datengrundlage). ALTMAN/HAWKE (1993:Abstract) zufolge befanden sich 1991 nur 57.2% der indigenen Bevölkerung Australiens - im erwerbsfähigen Alter - auf dem formellen Arbeitsmarkt verglichen mit 70.9% der Gesamtbevölkerung.
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Karte 1:
Räumliche Disparitäten der Erwerbsquoten 1991 (Prozentanteil der 15-64Jährigen Erwerbspersonen)
Quelle: TAYLOR (1993b:19,23,24) Eigener Entwurf
Abb.1:Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Erwerbsstatus der über 15jährigen Bevölkerung 1991 Quelle: ABS (1993e:15)
Eigene Berechnung und Darstellung
Im Hinblick auf die Beteiligung der indigenen Bevölkerung am Erwerbsleben in den Hauptstädten (= Capitalc;ty) (im Durchschnitt 58.5%) und derjenigen in den übrigen Landesregionen(= Rest of State),15 d.h. ländlicheren Regionen (51.6%) der einzelnen Bundesstaaten, fällt auf, daß sie in allen Bundesstaaten jeweils in den Hauptstädten größer ist als in den übrigen Landesteilen, mit Ausnahme von Tasmania. Die größte Diskrepanz besteht wiederum im Northern Territory mit einer Erwerbsquote von 50.1% in der Hauptstadt Darwin und nur 39.2% in den übrigen Landesteilen (ABSe 1993:23).
Eine Interpretation der Erwerbsquoten mit Hilfe eines Stadt-Land-Vergleichs führt zu dem Ergebnis, daß die Beteiligungsquoten der männlichen Aborigines in den großstädtischen Ver dichtungsgebieten (major urban areas}16mit 73.3% um exakt 10% höher liegen als im ländlichen Raum (rural areas).Die Quoten der sonstigen Städte (other urban areas)entsprechen nahezu dem Durchschnitt der männlichen Aborigines. Diese Bewertung trifft auch für die weiblichen Aborigines zu, nur daß deren Werte im Schnitt um etwa 25% unter den Prozentwerten für die Männer angesiedelt sind. Die Erwerbsquoten der nicht-indigenen Männer sind im Stadt-Land Vergleich nahezu ausgeglichen, liegen jedoch mit insgesamt 83.8% weit über dem ihrer Aboriginal Pendants. 17 Die regionalen Disparitäten der Aboriginal Erwerbsquoten zeigt Karte 1 (vgl. TAYLOR 1993a:49).
Die vergleichsweise niedrige indigene Beteiligung am Erwerbsleben hat weitreichende Konse quenzen auf die Aussagekraft der Erwerbstätigen- und Arbeitslosenquoten und sollte daher immer mit in Betracht gezogen werden. Diese besonders niedrigen Erwerbsquoten erschweren jegliche Analyse der Arbeitsmarktsituation der indigenen Bevölkerung. "Central to their group experience is the partial irrelevance of the formal labour market. Some never enter it at all, while others leave it earty and enter disguised unemployment (receiving a widow's or invalid's pension. rather than unemployment benefits)" (JONES 1991:29).
2.1.2 Erwerbstätigkeit
Die Erwerbstätigenquote (employment rate)repräsentiert den prozentualen Anteil der 15- 64jährigen bzw. der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter, welcher in der Volkszählung angab. daß er während der Woche vor der Zählung erwerbstätig war.
Aus Datenmaterial des ABS(ABSe 1993:15) geht hervor, daß die Erwerbstätigenquote der Abo riginal Bevölkerung bei 35.6% liegt, die entsprechende Quote der nicht-indigenen Bevölkerung
15 Das ABSweist Daten getrennt nach der Dichotomie Capital Cityund RestofState enes Bundesstaates aus. Regionale Besonderheiten Australiens werden in Kap. 5 erläutert.
16 Die räumlichen Stadt-Land-Kategorien (sections-of-State) werden in Kap. 5.2 im Detail erläutert.
17 Die Werte der nicht-indigenen Frauen stimmen im Stadt-Land-Vergleichnicht überein!
54.6% beträgt (vgl. Abb. 1).1 8 Ferner sind bei der indigenen Bevölkerung geschlechtsspezifische Unterschiede zu verzeichnen: Während die weiblichen Aborigines eine Erwerbstätigenquote von nur 30% aufweisen, beträgt diejenige der männlichen Aborigines 45% (TAYLOR 1993a:49). 19
Es können erhebliche regionale Disparitäten hinsichtlich der Erwerbstätigkeit der Aborigines fest gestellt werden sowohl beim Vergleich einzelner Bundesstaaten als auch innerhalb eines Bundesstaates (vgl. Karte 2). Die indigenen Erwerbstätigenquoten (<l> 38.6%) sind im Bundes staatenvergleich in jedem Fall wesentlich niedriger als diejenigen der nicht-Aboriginal Bevöl kerung (<l> 64.7%). Die höchsten Erwerbstätigenquoten der Aborigines (57.8%) sowie der nicht indigenen Australier (72.6%) sind im ACT zu finden. In einigen Regionen und Staaten betragen die Aboriginal Erwerbstätigenquoten weniger als die Hälfte derjenigen der nicht-indigenen Bevöl kerung; dies trifft für das NT (31.5%) und Western Australia (32.9%} zu. Es sind auch die Bundesstaaten mit den niedrigsten Aboriginal Quoten (TAYLOR 1993b:15).
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Karte 2:Räumliche Disparitäten der Erwerbstätigenquoten 1991
(Beschäftigte als Prozentanteil der 15-64jährigen)
Quelle: TAYLOR (1993b:15) Eigener Entwurf
18 TAYLORs (1993b:15) Erwerbstätigenquoten sind mit 38.6% für die Aborigines und 64.7% für die nicht indigene Bevölkerung weitaus höher angesiedelt.
19 TAYLOR (1993a:49) stellt Werte über die geschlechtsspezifischen Unterschiede der indigenen Erwerbstä tigenquoten zur Verfügung. Sie sind bei den männlichen Aborigines im ländlichen Raum (48.5%) und in den großstädtischen Verdichtungsgebieten (47.9%) höher als in den sonstigen Städten (39.8%). Bei den weiblichen Aborigines ist die Erwerbstätigenquote mit 35.9% am höchsten in den Verdichtungsgebieten. Auch sie weisen die niedrigsten Werte in den sonstigen Städten (26.6%) auf.
Sehr auffällig ist in diesem Zusammenhang, daß nahezu in allen Bundesstaaten die Erwerbstä tigenquote in den ländlichen Regionen höher liegt als in den Verdichtungsgebieten und sonsti gen Städten; NSW und das NT sind dabei ausgenommen. Die Abweichung macht im ACT zwi schen den ländlichen Regionen (77.6) und dem Verdichtungsgebiet (60.2%) 17% aus. Auch im ländlichen Raum von South Australia, Western Australia und Queensland ist die Erwerbstätigen quote mindestens 10% höher als in den Großstädten. In Victoria sind die Quoten in den Verdich tungs- und ländlichen Regionen (51%) auf dem gleichen Niveau angesiedelt, liegen in den sonstigen Städten (37.7%) jedoch weitaus niedriger. Die durchschnittliche Quote der Großstädte nimmt hingegen einen etwas höheren Wert ein als die der ländlichen Regionen, was durch die niedrigen Quoten in NSW und im NT bedingt wird (TAYLOR 1993b:23-24) (vgl. Karte 2).
2.1.3 Arbeitslosigkeit
Die Arbeitslosenquote 20 (unemployment rate)kennzeichnet diejenigen als Prozentanteil der Erwerbsbevölkerung (labourforce), welche angaben, daß sie während der vier Wochen vor der Zählung nicht in Beschäftigung standen, jedoch aktiv nach Arbeit suchten und für eine Erwerbstätigkeit zur Verfügung standen (vgl. TAYLOR 1993a:14-15; D. SMITH 1991:3).
Die Arbeitslosenquote der Aborigines beträgt im Durchschnitt etwas weniger als ein Drittel verglichen mit derjenigen der nicht-indigenen Bevölkerung. 21 Die größte Divergenz zwischen den Quoten der Aborigines und Nicht-Aborigines weisen die Bundesstaaten New South Wales (35.6%/11.1%) und Western Australia (36.1%/12.1%) auf. Die kleinste Diskrepanz zeigt sich im Australian Capital Territory mit 18.9% für Aborigines im Vergleich zu 7.3% für Nicht-Aborigines auf (TAYLOR 1993b:17). Es können erhebliche räumliche Disparitäten der indigenen Arbeits losenquote bei einem Bundesstaatenvergleich aufgedeckt werden. Die Quote reicht von 18.9% im ACT bis zu 36.1% in WA (vgl. Karte 3). Der Vergleich von indigenen Arbeitslosenquoten in den einzelnen Bundesstaaten und Territorien ergibt, daß Bundesstaaten mit kleineren Aboriginal Bevölkerungen und einem niedrigeren Anteil an peripheren Bevölkerungen wie Victoria, Tasmania und das ACT ein insgesamt niedrigeres Arbeitslosigkeitsniveau besitzen, während Staaten mit größeren indigenen Bevölkerungen, die auch eher in peripheren und ländlichen Gebieten leben wie Western Australia, New South Wales und Queensland ein im Durchschnitt höheres Niveau der Arbeitslosigkeit aufweisen (vgl. Kap. 5.3.1). Das Northem Territory fällt mit seiner offiziellen indigenen Arbeitslosenquote von 25.9% aus der Reihe. Einigen Autoren zufolge ist die unzureichende statistische Erfassung zwar eine der Ursachen. Eine wichtige Erklärung für dieses scheinbar niedrige Niveau der Aboriginal Arbeitslosigkeit besteht aber in der Tatsache, daß das NT auch die niedrigste Erwerbsquote der indigenen Bevölkerung von allen Staaten und Territorien aufweist und somit einen hohen Anteil an Nichterwerbspersonen (vgl. Kap. 2.1.1).
20Es wird hier keine Unterscheidung zwischen Arbeitslosen- und Erwerbslosenquotegetroffen.
21 Geschlechtsspezif1sehe Unterschiede hinsichtlich der Arbeitslosenquoten verdeutlicht TAYLOR (1993b:48ff).
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Karte 3:Räumliche Disparitäten der Arbeitslosenquoten 1991
(Arbeitslose als Prozentanteil der Erwerbsbevölkerung) Quelle: TAYLOR (1993b:17)
Eigener Entwurf
Es existiert ferner ein regionales Gefälle der Erwerbslosigkeit der indigenen Bevölkerung. Es fällt auf, daß in allen Bundesstaaten außer in New South Wales und Victoria die indigene Arbeits losenquote in der Hauptstadt höher ist als jene in den ländlicheren Regionen des Bundesstaates (vgl. Kap. 2.1.2). Die höchste Arbeitslosenquote von 42% wird für Perth, der Hauptstadt Western Australias, verzeichnet; diejenige der übrigen Regionen von WA liegt bei 33.7%. In den länd licheren Gebieten von New South Wales hingegen nimmt die Quote über 41.5% im Vergleich zu 25.4% in Sydney ein. Die durchschnittliche indigene Erwerbslosenquote der Hauptstädte liegt mit 29.4% allerdings kaum unter derjenigen der restlichen Landesteile (31.3%). Die ausge glichensten Arbeitslosenquoten von Hauptstadt (26.9%) und übrigem Bundesstaat (24.9%) werden für Tasmania angegeben (ABSe 1993:16,22-23).
Daten von TAYLOR (1993a:49) zeigen, daß die Arbeitslosenquoten der Nicht-Aborigines im gesamten kaum räumliche Disparitäten im Stadt-Land-Vergleich aufweisen. Dies steht im Gegensatz zu denen indigener Australier. Hier bestätigt sich erneut, daß die Quoten der Aborigines in den meisten Staaten im ländlichen Raum erheblich niedriger liegen als in städtischen Regionen. In WA und SA betragen sie in ländlichen Regionen nur annähernd die Hälfte jener in den Metropolen und sonstigen Städten lebenden Erwerbstätigen. Auch in
Queensland und im NT ist die Arbeitslosenquote im ländlichen und peripheren Raum weitaus niedriger. In NSW ist sie in den sonstigen Städten am höchsten angesiedelt. Nur im ACT nimmt sie im ländlichen Raum den dreifachen Wert im Vergleich zur Hauptstadt selbst ein (TAYLOR 1993b:23-24) (vgl. Karte 3). Die Tatsache, daß die indigene Erwerbslosigkeit in ländlichen Regionen teilweise niedriger ist als in städtisch geprägten Regionen mag verwundern und bedarf einer Erklärung, auf die in Kap. 6.2 näher eingegangen wird.
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb. 2:Durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit 1991
"für die Altersgruppe von 16-17 Jahren standen keine Daten zur Verfügung" Frauen dieser Altersgruppe waren Ruhegehaltsempfangsberechtigte Quelle: DALY/HAWKE (1993:13) Eigener Entwurf
Das Niveau der Langzeitarbeitslosigkeit ist bei der indigenen Minderheit wesentlich höher als bei der Gesamtbevölkerung. Dieser Anteil liegt für die Aborigines bei 60 bis 70% aller indigenen Beschäftigten im Vergleich zu 46% der beschäftigten Nicht-Aborigines (ATSIC 1994:26-28). Die Abb. 2 verdeutlicht die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit der beiden Ethnien nach Altersgruppen.
2.1.4 Dunkelziffern derArbeitslosigkeit
Nach R. ROSS (1991:121) ist die Situation der Aborigines auf dem australischen Arbeitsmarkt noch negativer als es diese Statistiken andeuten. Zusätzlich zu den hohen Erwerbslosenquoten existiert eine versteckte Arbeitslosigkeit {hidden unemployment).Dies trifft auf diejenigen Aborigines zu, welche nicht zur Erwerbsbevölkerung zählen, nichtsdestoweniger an einer Beschäftigung interessiert wären, jedoch aufgrund ihres äußerst strukturschwachen lokalen
Arbeitsmarktes nicht aktiv nach einer Arbeit suchen. DALY (1992:127) weist darauf hin, daß die Definition von Arbeitslosigkeit, d.h. "als aktiv arbeitssuchend", die sogenannte versteckte Arbeitslosigkeit ignoriert. Dies könnte vorwiegend für entlegene Gebiete zutreffen, wo ein fehlender formeller Arbeitsmarkt Individuen entmutigt, aktiv nach Arbeit zu suchen. Das ABS erkennt, daß innerhalb der Kategorie der Nichterwerbspersonen Personen enthalten sind, die aus verschiedenen Gründen von einer weiteren Arbeitssuche entmutigt sind und klassifiziert sie als "entmutigte Arbeitssuchende" (discouraged jobseekers); es wird vorausgesetzt, daß sie einen Arbeitsplatz innerhalb von vier Wochen antreten könnten. Diese indigene Personengruppe wird in der Volkszählung nicht statistisch erfaßt (vgl. D. SMITH 1991:4).
R. ROSS (1987) führte eine Untersuchung über Erwerbsbeteiligung und Erwerbslosigkeit bei Aborigines in New South Wales durch. Es wurde Datenmaterial von 677 Aborigines im erwerbsfähigen Alter erhoben, wobei die Definitionen von Erwerbstätigkeit und Arbeitslosigkeit des ABS verwendet wurden. Ergebnis sind nach ROSS extrem hohe Arbeitslosenquoten, und zwar 75% für männliche und 60% für weibliche Aborigines. Der indigene Durchschnitt betrug 70.4%. Das Resultat der Erwerbsquote liegt etwas über 55% mit einem markanten geschlechts spezifischen Unterschied: 65% der weiblichen verglichen mit 27% der männlichen Aborigines sind demzufolge nicht am Erwerbsleben beteiligt. Des weiteren wird im ländlichen New South Wales eine indigene Gruppe herausgestellt, welche als Langzeitarbeitslose bezeichnet werden kann: 67% der Befragten haben seit mindestens zwei Jahren keine Arbeit, und von diesen hatten immerhin 22% noch niemals eine Arbeitsstelle innegehabt. 22
Die indigene Erwerbsbeteiligung im ländlichen New South Wales schwankt zwischen kurzen Perioden von Erwerbstätigkeit und oft langen Perioden von Arbeitslosigkeit. Die entsprechenden Volkszählungsdaten von 1986 über die gesamte Arbeitslosenquote betragen 40%, und zwar 41.5% für männliche und 37.5% für weibliche Aborigines. Diese offizielle Arbeitslosenquote des ABS von 1986 ist 30% niedriger als die von R. ROSS angesiedelte Quote trotz der in etwa vergleichbaren Erwerbsquote von 55% (Volkszählung 1986:53%). Im Unterschied zur Volks zählung war die Umfrage von ROSS vollkommen freiwillig und die Datenerheber bzw. Befrager waren allesamt Aborigines, welche den Befragten beim Ausfüllen der Fragebögen assistierten. Der Autor ist davon überzeugt, daß die enge Miteinbeziehung von Aboriginal Personen bei der Durchführung der Studie eine bedeutende Rolle in der Weise spielte, daß bessere Ergebnisse in bezug auf die Beantwortung des Fragenkatalogs gewonnen werden konnten. Ortsansässige Wortführer der Aborigines betonten, daß viele ländliche Aborigines eine Aversion gegenüber Volkszählungserhebungen haben und ein starkes Mißtrauen in bezug auf die Verwendung der Informationen hegen. Auf Grund dessen widerstrebt es ihnen, ihren Erwerbsstatus anzugeben und insbesondere sich in offiziellen Befragungen als arbeitslos zu deklarieren.
TAYLOR (1989 in: D. SMITH 1991:19-20) belegt in seiner Untersuchung ebenfalls höhere indigene Arbeitslosenquoten als man offiziell annimmt. Er stellte einen indigenen Arbeits-
22 Dieses Ergebnis übertrifft die Schätzung des Commonwealth Employment Service (CES)um das Zweiein halbfache im Hinblick auf die durchschnittliche Langzeitarbeitslosigkeit der Aborigines.
losenanteil von insgesamt 37% in Katherine 23 (NT) fest; das sind 13% mehr als in der Volks zählung verzeichnet wurde. Die Arbeitslosenquote der Aboriginal Bewohner der town campslag allerdings mit 72% wesentlich höher als die der restlichen Aboriginal Bevölkerung von Katherine: dies entspricht dem dreifachen Wert der Volkszählungsquote. Ein entscheidendes Charak teristikum der Aboriginal Arbeitslosigkeit in Katherine, namentlich der Prozeß des recycling,wurde von der Untersuchungsserie LOVEDAY's (1985:129,135) herausgearbeitet. Ein Großteil der indigenen Erwerbsbeteiligung beinhaltet Teilzeit-. Gelegenheits- und Saisonbeschäftigung. "A more realistic depiction of this pattern is to view unemployment as the norm, with ·spells' of employment in between" (D. SMITH 1991:20). Fallstudien belegen, daß wiederholte Perioden von Arbeitslosigkeit, die durch Perioden von Beschäftigung unterbrochen werden, für zahlreiche Aborigines die Norm sind.
LOVEDAY (1987 in: D. SMITH 1991:31) gelangte im Rahmen seiner Untersuchung über Arbeits losigkeit von Aborigines in Townsville (Queensland) zu einem Ergebnis von 61% Langzeitar beitslosen (neun Monate oder länger). 27% dieser Befragten hatten niemals eine Arbeitsstelle gehabt 30% der Befragten waren nicht im CESals arbeitslos registriert, da sie entweder zu jung für eine Berechtigung waren, ihnen keine Transportmöglichkeit zur Verfügung stand oder weil sie Schwierigkeiten damit hatten, regelmäßig die erforderlichen Formulare auszufüllen. LOVEDAY fand aussagekräftige Beweise für eine "unsichtbare" Arbeitslosigkeit (invisibleunemployrnent)und besonders für den Einfluß des "entmutigten-Arbeiter-Effektes" {discouraged worker effect) bei einem Großteil der indigenen Langzeitarbeitslosen. Es stehen kaum Infor mationen über das Ausmaß der "unsichtbaren" Arbeitslosigkeit der indigenen Bevölkerung zur Verfügung. Ergebnisse von R. ROSS (1987:33) kommen zu dem Schluß, daß die "entmutigten" Aboriginal Beschäftigten überwiegend weiblich sind. JONES (1991:34) legt die scheinbar verbesserte Beschäftigungssituation der indigenen Frauen in den letzten Jahren als eine Kombination aus, daß nämlich viele von ihnen als "entmutigte Arbeiter" einzustufen sind und vorzeitig in den Ruhestand treten. Die Wahrscheinlichkeit, daß Frauen mit zunehmendem Alter arbeitslos werden, ist geringer, da sie sich viel früher aus der Erwerbsbevölkerung zurück ziehen.24
Die Verwendung der Arbeitslosenquote in der australischen Volkszählung als grundlegenden Indikator für den Beschäftigungsstatus spielt folglich eine weniger bedeutsame Rolle bei der Analyse von Daten über die Aboriginal Bevölkerung. da ein großer Anteil von ihnen nicht in die Erwerbsbevölkerung integriert ist (vgl. R. ROSS 1990:2; JONES 1991). Obgleich offizielle Schät zungen der indigenen Arbeitslosenquoten schon hoch sind, beziehen sie sich nach Aussage von
D. SMITH (1991:22) in Wirklichkeit nur auf die Hälfte der erwachsenen indigenen Bevölkerung im arbeitsfähigen Alter. Fallstudien belegen infolgedessen, daß ein gewisser Anteil der Aborigines, welcher gegenwärtig als Nichterwerbspersonen registriert ist, tatsächlich ohne Arbeit
23 In Katherine waren im Jahr 1991 1.478 von 9.372 Einwohnern Aborigines (ABS] 1994:40/ ABSf 1992:7).
Die weitaus höheren Arbeitslosenquoten der indigenen Bevölkerung wurden in zahlreichen Interviews bestätigt. In Narrogin (ca. 5.500 Einwohner, davon ca. 300-400 Aborigines) z.B. schwankt die Arbeitslo senquote je nach Saison zwischen 40% und 80% (Noel Nannup, Narrogin, 25.5.94). In Pinjarra (ca. 5.000 Einwohner, davon 700-800 indigene Einwohner) beträgt sie bis zu 95% (Graham Ellis-Smith, Pinjarra, 19.5.94) (diese beiden non-Aborgiginaf townsliegen im Südwesten von Western Australia).
ist, einer formellen Beschäftigung nachgehen will, jedoch aus verschiedenen Gründen, einschließlich dem Mangel an Beschäftigungsmöglichkeiten, nicht aktiv nach Arbeit sucht. Die empirischen Nachweise dokumentieren nicht nur, daß die Volkszählungsdaten das Ausmaß der indigenen Arbeitslosigkeit erheblich unterschätzen, sondern legen auch die Verwendung von flexibleren Definitionen nahe. Sie würden zumindest einen Teil der Personen, die offiziell in der Kategorie der Nichterwerbspersonen registriert werden, einschließen und als Konsequenz weitaus größere Arbeitslosenquoten enthüllen. Fallstudien sind D. SMITH (1991:29-30) zufolge eher dazu geeignet, flexiblere Definitionen von Arbeit und Beschäftigung heranzuziehen und zentralen Charakteristika der indigenen Arbeitslosigkeit, an denen es in der Volkszählung mangelt, auf den Grund zu gehen. D. SMITH (1991:34) ist davon überzeugt, daß die ange glichene maximale indigene Arbeitslosenquote nahezu zweimal so hoch ist wie die offizielle Quote des ABS.Das tatsächliche Niveau der indigenen Arbeitslosigkeit liegt offenbar zwischen diesen beiden Extremwerten, ist jedoch zweifelsohne wesentlich höher als die offiziellen Schätzungen.
Die Volkszählung liefert wenig Informationen darüber, für welchen Zeitraum die jeweilige Person arbeitslos war bzw. über die Anzahl der erwerbslosen Perioden im Jahresverlauf. Dies sind hingegen bedeutende Aspekte der Arbeitslosigkeit einer Gruppe mit einem relativ hohen Niveau an Langzeitarbeitslosigkeit (JUNANKAR/KAPUSCINSKI 1991) (vgl. Kap. 2.1.3). Empirische Studien kommen zu dem Ergebnis, daß sich die Erwerbstätigkeit der Aboriginal Bevölkerung in großem Ausmaß durch Langzeit- und "unsichtbare" Arbeitslosigkeit, längere Unterbrechungen und recyclingauszeichnet (D. SMITH 1991:1). Nicht alle Aborigines besitzen hingegen den Wunsch, einer Vollzeit- oder auch Teilzeitbeschäftigung auf dem formellen Arbeitsmarkt nachzugehen. Während einige Aborigines eine vollzeitige permanente Erwerbsbeteiligung anstreben (LOVEDAY 1985), besitzen andere eine selbstgewählte ausschließlich gelegentliche Anbindung an den Arbeitsmarkt. Der Rückzug aus dem oder die niedrige Beteiligung am Erwerbsleben der Aborigines kann somit nicht immer nur durch die discouraged worker-Wirkung oder die versteckte Arbeitslosigkeit erklärt werden. Ein Punkt von größerer Bedeutung ist vielmehr die Irrelevanz des formellen Arbeitsmarktes bzw. das Desinteresse an ihm für einen Teil der Aborigines (JONES 1991). Offizielle Indikatoren besitzen demnach nur eine begrenzte Aussagekraft, um die Natur des Erwerbsstatus und der Arbeitscharakteristika der indigenen Minderheit akkurat porträtieren und schließlich das Ausmaß ihrer sozio-ökonomischen Benach teiligung bestimmen zu können (D. SMITH 1994:4-5).
2.2 Charakteristika der Erwerbstätigkeit
Für eine Charakterisierung der Erwerbsarbeit werden folgende Indikatoren in der australischen Volkszählung verwendet und dementsprechend auch im Rahmen dieser Arbeit im Hinblick auf die indigene Bevölkerung interpretiert:
• Stellung im Beruf
• Berufshauptgruppen (occupation of employment)
• Erwerbstätigkeit im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft (industry sector of
employment)
• Wirtschaftsbranchen (industry division of employment)
• Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigung
Bezüglich der Stellung im Beruf (statusof worker)gaben sich im Jahr 1991 85% der erwerbs tätigen Aborigines als Lohn- und Gehaltsempfänger, d.h. abhängige Beschäftigte aus im Vergleich zu 79.4% der nicht-indigenen Australier. Während die Aborigines offiziell nur zu einem Prozentsatz von 4.7% Selbständige bzw. Arbeitgeber sind, beträgt dieser bei den nicht-indi genen Australiern im Jahr 16.4% 25 (TAYLOR 1993a:20) (vgl. Abb. 3).
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb. 3:
Erwerbstätige nach Stellung im Beruf 1991
Quelle: AEDP (1994d:187)
Eigener Entwurf
2.2.1 Erwerbstätigkeit nachBerufshauptgruppen
Es sind bemerkenswerte Disparitäten hinsichtlich indigener und nicht-indigener Beschäftigten anteile in den einzelnen Berufshauptgruppen festzustellen. Ein Anteil von 12.9% der nicht indigenen Australier nimmt die als am höchsten ausgewiesenen Positionen der Führungskräfte in Wirtschaft und öffentlichem Dienst (manager and administrator) im Gegensatz zu nur 4.7% der indigenen Beschäftigten ein. Erstere weisen auch in der zweiten Position der Berufs hierarchie, d.h. bei den professiona/s26,mit 13.3% einen wesentlich höheren Anteil auf als ihre indigenen Pendants mit 7.7%. Nicht-indigene Australier sind demnach verglichen mit indigenen Beschäftigten anteilsmäßig mehr als doppelt so häufig in hochqualifizierten Berufen vertreten. Der weitaus größte Anteil der indigenen Erwerbstätigen ist als Arbeiter (labourers and related workers)mit 27.9% beschäftigt, wohingegen nicht-indigene Berufstätige mit 13% viel seltener in diese Berufshauptgruppe eingestuft werden. Abb. 4 zeigt das für die indigenen Berufstätigen sehr unausgeglichene Spektrum der Berufspositionen im Vergleich zu den Nicht-Aborigines (ABSe 1993:18).
25 Die restlichen 10.3% der erwerbstätigen Aborigines und 4.2% der beschäftigten Nicht-Aborigines werden der Kategorie "keine Angabe gemacht" zugeordnet
26siehe Glossar
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb. 4:Erwerbstätigenanteile nach Berufsgruppen 1991
Quelle: ABSe (1993:18) Eigener Entwurf
Hinsichtlich der räumlichen Disparitäten, getrennt nach den drei Gebietskategorien, fällt auf, daß die Berufsgruppe der Arbeiter im ländlichen Raum mit 34.9% bei den indigenen Erwerbstätigen doppelt so stark vertreten ist wie in den Verdichtungsgebieten (17%) (vgl. Abb. 5). Im Gegensatz dazu weisen die Verdichtungsgebiete einen größeren Anteil von Aboriginal Beschäftigten als professionalsmit 10% (4.6% im ländlichen Raum) und in bürotechnischen Berufen (clerks) mit 18.7% (7.7% in ländlichen Gebieten) auf. Dies läßt die Schlußfolgerung zu, daß in den länd lichen Regionen ein insgesamt niedrigeres Ausbildungs- und Qualifikationsniveau besteht (vgl. Kap. 7.2). Die sonstigen Stadtgebiete weisen diesbezüglich durchschnittliche indigene Beschäftigtenanteile an den einzelnen Berufspositionen auf. Bei einem räumlichen Vergleich des Berufsspektrums fällt der in jeder Hinsicht weitaus größte Prozentsatz der nicht-indigenen Führungskräfte in Wirtschaft und öffentlichem Dienst im ländlichen Raum auf (25.4%). Dieser Wert ist einerseits um etliches höher als der nicht-indigene Wert in den beiden städtischen Gebietstypen (um 10%) und entspricht andererseits fast sechsmal dem Anteil der Aboriginal Führungskräfte im ländlichen Raum (4.5%). Der nicht-indigene Anteil an Arbeitern und ver wandten Berufen ist im Stadt-Land-Vergleich annähernd ausgeglichen. Aufgrund des zuvor dokumentierten extrem hohen Anteils der Aborigines in den ländlichen Gebieten verzeichnet der ländliche Raum die größte Spannweite zwischen den indigenen und nicht-indigenen Anteilen an Arbeitern und verwandten Berufen (TAYLOR 1993a:58-60). 27
27 Die Prozentangaben bezüglich der Unterscheidung von Hauptstädten und den übrigen Landesteilen der einzelnen Bundesstaaten stimmen nicht überein und sollen deshalb nicht berücksichtigt werden, um falsche Schlußfolgerungen zu vermeiden (vgl. ABSe 1993:22-23).
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb. 5:Erwerbstätigenanteile nach Berufsgruppen im Stadt-Land-Vergleich 1991
Quelle: TAYLOR (1993a:58,60) Eigener Entwurf
Die Wahrscheinlichkeit, in ungelernten (unskilled)(d.h. als Arbeiter und in verwandten Berufen), angelernten (semi-skilled) (d.h. als clerksund plantand machine operators)und in Dienstlei stungsberufen beschäftigt zu sein, ist für Aborigines bei weitem höher als für nicht-indigene Australier. Ein nationaler Anteil der Aborigines von 28% ist als ungelernter Arbeiter im Gegen satz zu nur 13% der Nicht-Aborigines tätig. Der Prozentsatz der erwerbstätigen Aborigines, welche ihre Beschäftigung als ungelernt angaben, ist in Queensland (33.5%) am höchsten und am niedrigsten im ACT (7.3%). Dieses räumliche Gefälle trifft auch für die nicht-indigenen Arbeiter zu (ABSe 1993:17). Die durchschnittlichen Prozentwerte für die angelernten Beschäftig ten zeigen beim Vergleich der Aboriginal (34.1%) und nicht-Aboriginal (38%) Bevölkerung eine relativ geringfügige Divergenz. Die größte Diskrepanz zwischen den Anteilen der indigenen (30.6%) und nicht-indigenen (38.7%) Erwerbstätigen in angelernten Berufen existiert in Queensland. Das ACT liegt mit 45% weit über dem Durchschnitt der Aborigines und auch Tasmania (40.6%), Victoria {39.3%) und New South Wales (39%) weisen höhere Werte auf. Das Northern Territory besitzt mit 28.9% den niedrigsten Anteil an angelernten indigenen Erwerbs tätigen (ABSe 1993:22) (vgl. Abb. 6).
Abb. 6:
Erwerbstätigenanteile in
ungelernten und angelern ten Berufen im Bundes staatenvergleich 1991
Quelle: (ABSe 1993:22-23)
Eigener Entwurf
2.2.2 Öffentlicher Dienst und Privatwirtschaft
Der überwiegende Anteil (55.2%) der indigenen Erwerbstätigen ist in der Privatwirtschaft be schäftigt. Bei einer Gegenüberstellung mit den nicht-indigenen Erwerbstätigen ist deutlich zu erkennen, daß anteilsmäßig weitaus mehr indigene Personen im öffentlichen Dienst (govem mentsector)beschäftigt sind (ABSe 1993:16-17). Demgegenüber konzentrieren sich die Nicht Aborigines bei weitem mehr in der Privatwirtschaft (72%). Insgesamt sind 34.5% der indigenen Erwerbstätigen (ABS 1993c:8) im Gegensatz zu 22.1% der nicht-indigenen Australier im öffent lichen Dienst angestellt (TAYLOR 1993a:64). Dieser Sektor läßt sich in die Beschäftigung in Bundesbehörden (Commonwealth government) (8.2% der indigenen Beschäftigten), in Behör den der Bundesstaaten (State/Territory government)(16.7% der indigenen Erwerbstätigen) und in Kommunalbehörden (localgovemment)(9.6% der indigenen Beschäftigten) aufgliedern (ABSc 1993:8). 28 Die indigenen Erwerbstätigen sind auf allen Ebenen des öffentlichen Dienstesanteils mäßig höher als ihre nicht-indigenen Pendants vertreten. Die größte Diskrepanz existiert diesbe züglich in den Kommunalbehörden: Hier stellen die nicht-indigenen Beschäftigten mit 2% im Vergleich nur etwa ein Fünftel des indigenen Anteils von 9.6% (TAYLOR 1993a:64). 29
Unter Berücksichtigung von TAYLORs (1993a:65-67) Datenmaterial ist es möglich, bezüglich der Beschäftigung im industrysectorräumliche Vergleiche nach den drei Gebietskategorien an zustellen (vgl. Abb. 7). Der Anteil der Aboriginal Erwerbstätigen am gesamten öffentlichen Dienst ist mit 38.2% in den sonstigen Stadtgebieten deutlich höher als im ländlichen Raum (32.2%). Dies wird wahrscheinlich durch die höhere indigene Beteiligung in der Privatwirtschaft im länd lichen Raum (58.3%) im Vergleich zu den sonstigen Städten (50.2%) aufgefangen. Die zu erwar-
28Die restlichen Prozente sind der Kategorie "keine Angabe" zugeordnet. Sie nimmt bei den indigenen Beschäftigten immerhin 10.3% ein.
29Es ist der hohe Anteil der Kategorie "keine Angabe" von 10.3% zu beachten.
tenden räumlichen Disparitäten hinsichtlich der Konzentration der indigenen Beschäftigten in den einzelnen Bereichen des öffentlichen Dienstes können bestätigt werden. In den großstädtischen Verdichtungsgebieten (18.2%) und den sonstigen Städten (19.9%) konzentriert sich der größte Anteil der indigenen Erwerbstätigkeit im öffentlichen Dienst in den Bundesstaatenbehörden und in den Großstädten immerhin noch mit 14.3% in den Bundesbehörden. In den ländlichen Gebie ten nehmen die indigenen Beschäftigten einen Anteil von 15.2% in den Kommunalbehörden ein. Dieser Wert entspricht annähernd der Hälfte aller Aborigines, welche im öffentlichen Dienst im ländlichen Raum beschäftigt sind. Im Gegensatz hierzu sind die nicht-Aboriginal Erwerbstätigen im ländlichen Raum nur mit einem Anteil von 2.2% in Kommunalbehörden vertreten. Die Beteili gung der nicht-indigenen Beschäftigten an den einzelnen Ebenen des öffentlichen Dienstes ist jedoch im Stadt-Land-Vergleich relativ ausgeglichen; sie weisen in allen drei Gebietstypen den weitaus größten Prozentsatz in Behörden der Bundesstaaten auf. Der Anteil der Aboriginal Er werbstätigen in Kommunalbehörden ist fünfmal so groß wie für jede andere Ebene des öffentli chen Dienstes. Dies ist teilweise darauf zurückzuführen, daß die Aboriginal Gemeinderäte (community counci/s) ,einschließlich jener, welche am Community Oevelopment Employment Project (COEP) (vgl. 7.2.2) beteiligt sind, den Kommunalbehörden zugeordnet werden.
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb. 7:Räumliche Disparitäten der Erwerbstätigenanteile im öffentlichen und privatwirtschaftlichen Sektor 1991
Quelle: ATSIC (1994d:23)/TAYLOR (1993a:65+67) Eigener Entwurf
2.2.3 Erwerbstätigkeit nach Wirtschaftszweigen 30
Der große Anteil an indigenen Erwerbstätigen in staatlichen Behörden spiegelt sich in den Wirtschaftszweigen wider, denen zufolge sich nahezu die Hälfte aller Aboriginal Beschäftigten in den Bereichen kommunale Dienstleistungen (community services)(35.4%) und öffentliche Verwaltung (public administration)(14.2%) konzentrieren (ABSe 1993:17). Nicht-indigene Australier hingegen sind nur zu 19% in kommunalen Dienstleistungen und zu 6% in der öffentlichen Verwaltung beschäftigt. Dies zeigt, daß indigene Erwerbstätige einen doppelt so hohen Anteil in diesen Branchen der öffentlichen Verwaltung und Dienstleistungen einnehmen wie Nicht-Aborigines (vgl. Abb. 8). Dieses Resultat entspricht der größten Divergenz zwischen der indigenen und nicht-indigenen Erwerbstätigkeit in den Wirtschaftsbranchen. Im Gegensatz dazu sind nicht-indigene Personen anteilsgemäß nahezu dreimal so häufig (12%) wie Aborigines (4.3%) im Banken-, Versicherungs- und Immobilienwesen (finance, property and business services)vertreten; nicht-indigene Beschäftigte sind darüberhinaus zu einem nahezu doppelten Anteil (20.3%) in der Handelsbranche (wholesa/e and retail trade}konzentriert wie indigene Erwerbstätige (11.3%) (ABSe 1993:17).
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb. 8:Erwerbstätigenanteile nach Wirtschaftszweigen 1991
Quelle: ABSe (1993:17) Eigener Entwurf
30 Die "keine Angabe-Kategorie" ist bei ABSe (1993) aus den Prozentsätzen ausgeschlossen, bei TAYLOR (1993a) hingegen eingeschlossen.
Im Hinblick auf die Aboriginal Beschäftigten nehmen die kommunalen Dienstleistungen bei weitem den größten Anteil an den Wirtschaftsbranchen in den drei Gebietstypen ein. Es existieren erhebliche Disparitäten beim Stadt-Land-Vergleich der indigenen Erwerbsbevölkerung (vgl. Abb. 9). Während in den Verdichtungsgebieten 23.1% der Aborigines in den kommunalen Dienstleistungen beschäftigt sind, ist dieser Anteil in den ländlichen Gebieten mit 47.9% mehr als doppelt so hoch. Der Wirtschaftszweig der kommunalen Dienstleistungen vereinnahmt demzufolge nahezu die Hälfte der Beschäftigungen für Aborigines in ländlichen Gebieten. Der Prozentsatz in den sonstigen Stadtregionen liegt mit 27% ebenfalls weit unter dem Durchschnitt. Die nicht-indigene Beschäftigung in kommunalen Dienstleistungen weist keine auffälligen Land stadt-Disparitäten auf. Hier liegt der niedrigste Wert allerdings im ländlichen Raum mit 14.2%, der Wert für die städtischen Gebietskategorien beläuft sich auf 18.2 %. Es kann gefolgert werden, daß die indigenen Erwerbstätigen mehr als dreimal so stark wie jene der nicht-indige nen in den kommunalen Dienstleistungen im ländlichen Raum konzentriert sind. In Abb. 10 sind die räumlichen Unterschiede der indigenen Erwerbstätigkeit in kommunalen Dienstleistungen in bezug auf die Bundesstaaten zu erkennen. Den zweiten Rang hinsichtlich der Konzentration der indigenen Beschäftigten bekleidet die öffentliche Verwaltung. Hier fallen keine großen Stadt land-Disparitäten auf. Ein weiteres Merkmal der indigenen Beschäftigung bezüglich der Wirtschaftsbranchen im Stadt-Land-Vergleich ist der weitaus höhere Beschäftigtenanteil in den Kategorien des verarbeitenden Gewerbes (manufacturing)(10.5%) und des Handels (12.9%) in den Verdichtungsgebieten im Vergleich zu den ländlichen Gebieten (3.3%/5.6%). Dies könnte einer Kompensation des niedrigeren Anteils der Großstädte an kommunalen Dienstleistungen gleichkommen. Die entsprechenden Anteile in der Handelsbranche sind bei den nicht-indigenen Australiern im Vergleich wesentlich höher und nehmen in den Verdichtungsgebieten (19.6%) und sonstigen Städten (20.1%) die erste Position vor den kommunalen Dienstleistungen ein. Im ländlichen Raum ist der Beschäftigtenanteil der nicht-indigenen Australier in der Handelsbranche mit 14.2% ebenso hoch wie ihr Anteil in den kommunalen Dienstleistungen. Der Aboriginal Beschäftigtenanteil von 9.9% in der Land- und Forstwirtschaft ist im ländlichen Raum bei weitem am höchsten; zieht man hingegen den Vergleichswert von 24.1% für die nicht-indigene Bevöl kerung heran, relativiert sich der Prozentanteil. Die Land- und Forstwirtschaft umfaßt den weitaus größten Wirtschaftszweig hinsichtlich der nicht-indigenen Beschäftigung im ländlichen Raum. Während die nicht-indigenen Beschäftigten der großstädtischen Verdichtungsgebiete mit 13.4% im Banken, Versicherungs- und Immobilienwesen vertreten sind, liegt der vergleichbare Anteil der Aboriginal Beschäftigten unter der Hälfte dieses Prozentsatzes (6.4%); im ländlichen Raum beanspruchen die Aborigines (1.4%) an dieser Branche anteilsmäßig nur etwa ein Viertel der Arbeitsplätze der Nicht-Aborigines (5.7%) (TAYLOR 1993a:51-53).
Die Beschäftigung der Aborigines konzentriert sich im Vergleich zur nicht-indigenen Erwerbs bevölkerung in größerem Ausmaß auf bestimmte Wirtschaftsbranchen, und zwar in den kommunalen Dienstleistungen und in der öffentlichen Verwaltung, unabhängig von der räum lichen Gebietskategorie. Ein herausragendes Merkmal ist das Wachstum der indigenen Beschäftigten in den kommunalen Dienstleistungsbranchen in ländlichen Regionen. "Most notably, this would occur in those industries allied to the task of serving the indigenous popula tion" (TAYLOR 1993a:24). Dieses Charakteristikum steht im Einklang zu dem zunehmenden
Stellenwert von Aboriginal Organisationen und speziellen Programmen, welche den Aborigines Beschäftigungsmöglichkeiten bieten. In zahlreichen Orten sind sowohl die Aboriginal Organisa tionen als auch die departments der Bundesstaaten und der Bundesregierung die wichtigsten Arbeitgeber indigener Menschen, welche für die Dienstleistungen der Aboriginal Bevölkerung zu ständig sind. Dies läßt die Thematik der wachsenden Abhängigkeit der indigenen Beschäftigung von fortwährenden staatlichen Unterstützungen aufkommen (TAYLOR 1993a:47,26). In diesen und anderen Fällen ist der Blickwinkel staatlicher Arbeitsmarkt- und Beschäftigungsprogramme auf eine Aboriginalisierung (Aboriginal Segment im Arbeitsmarkt) gerichtet. TAYLOR (1991b:74) stellt die Frage, in welchem Ausmaß dies räumlich spezifische Möglichkeiten schafft, die sich von jenen des allgemeinen Arbeitsmarktes unterscheiden. Hierauf wird in Kap. 6.2 über die indigene Arbeitsmarktpolitikeingegangen.
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb.9:Räumliche Disparitäten der Erwerbstätigenanteile in ausgewählten Wirtschaftsbranchen 1991
Quelle: TAYLOR (1993a:51+53)
Eigener Entwurf
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb.10:
lndigene Erwerbstätigenanteile in kommunalen Dienstleistungen im Bundesstaaten-Vergleich 1991
Quelle: TAYLOR (1993b:43-44)
Eigener Entwurf
2.2.4 Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigung
Volkszählungsdaten verhüllen ein bedeutendes Kennzeichen des Erwerbslebens der Aborigines. Ein relativ großer Anteil von ihnen geht nur einer Saison-, Gelegenheits- oder Teilzeit beschäftigung nach. Dies führt zu erheblichen Fluktuationen im Familieneinkommen. Da die Volkszählung nur eine bestimmte Zeitperiode erfaßt, enthält sie keine Informationen über Beginn und Ende einer Beschäftigung bzw. über deren Gründe (D. SMITH 1991; JONES 1993:452; YOUNG 1981:45)
Bei der Analyse des Datenmaterials von TAYLOR (1993a:70) ist festzustellen, daß ein erheblich größerer Prozentsatz der indigenen Erwerbspersonen im Jahr 1991 einer Teilzeitbeschäftigung nachging (33.7%) im Vergleich zu den nicht-indigenen Erwerbstätigen (25.8%). Als Vollzeitbe schäftigte ordneten sich 58.4% der erwerbstätigen Aborigines im Gegensatz zu 69% der Nicht Aborigines ein (vgl. Abb. 11). 31 Von den erwerbstätigen Aborigines arbeiten 10.1% lediglich zwischen 1 bis 15 Stunden pro Woche (ABSc 1993:5,8).
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb.11:
Erwerbstätigenanteile in Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigung 1991
Quelle: TAYLOR (1993a:70)
Eigener Entwurf
31 Die separate Kategorie "keine Angabe gemacht" nimmt bei den Aboriginal Beschäftigten hier 8% ein.
Hier soll untersucht werden, wie sich die Teilzeit- bzw. Vollzeitbeschäftigung im Stadt-Land Vergleich auswirkt. Es fällt der große Anteil der indigenen Teilzeitbeschäftigung im ländlichen Raum auf; der entsprechende Wert ist mit 44.5% nahezu doppelt so groß wie in den großstädti schen Verdichtungsgebieten (23.7%). Die sonstigen Städte nehmen mit 31.8% einen mittleren Wert ein. Der Vollzeitbeschäftigung der Aborigines kann man folglich im ländlichen Raum (47.6%) einen etwa gleichen Stellenwert wie ihrer Teilzeitbeschäftigung beimessen. Die größte Diskrepanz hinsichtlich der indigenen Teilzeit- (23.7%) und Vollzeitbeschäftigung (69%) besteht in den Verdichtungsgebieten. Das Verhältnis zwischen Teilzeit- und Vollzeitbeschäftigung der Nicht-Aborigines ist in den drei räumlichen Gebietskategorien annähernd gleich und entspricht in etwa der großen Diskrepanz der indigenen Beschäftigung in den Verdichtungsgebieten. Dies deutet darauf hin, daß hier die Vollzeitbeschäftigung eine erheblich größere Bedeutung besitzt als die Teilzeitbeschäftigung (TAYLOR 1993a:71,73) (vgl. Abb. 12). 32 Die räumlichen Disparitä ten der indigenen Vollzeitbeschäftigung im Bundesstaatenvergleich macht Abb. 13 deutlich.
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb.12:
Erwerbstätigenanteile in Vollzeit- und Teilzeit beschäftigung nach Raumkategorien 1991 Quelle: TAYLOR (1993a:71+73)
Eigener Entwurt
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb.13:
Erwerbstätigenanteile der Aborigines in Vollzeitbeschäftigung im Bundesstaaten-Vergleich 1991 Quelle: TAYLOR (1993b:49)
Eigener Entwurf
32 Die Kategorie "keine Angabe gemacht" wird auch hier separat ausgewiesen.
Insgesamt gesehen arbeiten die männlichen Aborigines (64.7% aller indigenen männlichen Erwerbstätigen) zu einem wesentlich größeren Prozentanteil in einer Vollzeitbeschäftigung als die weiblichen Aborigines (49.1% aller indigenen weiblichen Erwerbstätigen). Hieraus kann geschlußfolgert werden, daß Teilzeitbeschäftigung bei den indigenen Frauen (42.2%) eine sehr viel wichtigere Rolle spielt als bei den indigenen Männern (27.8%). Dieses Verhältnis von Vollzeit- und Teilzeitbeschäftigung der männlichen Aborigines ist bei den nicht-indigenen Männern jedoch erheblich stärker ausgeprägt. Von letzteren gehen 80.6% einer Vollzeit- und 14.2% einer Teilzeitbeschäftigung nach. Die entsprechenden Werte der nicht-indigenen Frauen sind wie die der Aboriginal Frauen sehr viel ausgeglichener, doch nimmt bei ersteren die Vollzeitbeschäftigung (53.3%) im Vergleich zur Teilzeitbeschäftigung (41.4%) immer noch eine Vorreiterstellung ein 33 (TAYLOR 1993a:74-75).
2.3 Einkommenssituation
Das relative Einkommen 34 der indigenen Bevölkerung ist ein sehr aussagekräftiger Indikator für ihren sozio-ökonomischen Status. Die Einkommensunterschiede innerhalb Australiens selbst sind im Vergleich zu Europa allgemein gesehen gering, wo einzelne Regionen bzw. Nationen beträchtliche Einkommensdisparitäten aufweisen.3 5
2.3.1 Einkommensstruktur
TAYLOR (1993a:38) macht Angaben über die jährlichen Pro-Kopf-Einkommen (annual mean individual income)der beiden Ethnien. Er beziffert den Wert für die Aborigines auf A$ 11.600 (1991). Der vergleichbare Wert für die nicht-indigenen Australier liegt bei A$ 19.300 und demnach wesentlich höher (vgl. Abb. 14). Zur Interpretation dieser Werte geben die ratioseine wertvolle Hilfestellung: Die ratio,d.h. das Verhältnis des durchschnittlichen Pro-Kopf-Ein kommens von Aborigines zu Nicht-Aborigines liegt demnach bei 0.61. Auffällige Stadt-Land Disparitäten im Hinblick auf diese ratiosexistieren in Western Australia, wo das Verhältnis in den Verdichtungsgebieten 0.66 und im ländlichen Raum 0.48 beträgt. Im Northern Territory beläuft sich das Einkommen der Aborigines in den sonstigen Städten auf die Hälfte (0.53), in den ländlichen und peripheren Regionen sogar nur auf etwa ein Drittel (0.37%) des Einkommens der
33 Die Kategorie "keine Angabe gemacht" wird hier separat ausgewiesen.
3 4 "Einkommen" wird in dieser Arbeit im Sinne von Lohn- und Gehaltseinkommen verwendet. Es schließt Sozial leistungen u.a. mit ein.
35 Die Frage nach dem Einkommen wird in der Volkszählung an alle Personen ab 15 Jahren gestellt. Ein großer Anteil der 15-18jährigen besucht noch eine Bildungseinrichtung und jene Personen über 60 Jahre, welche in den Ruhestand getreten sind, werden folglich ebenfalls niedrige Einkommen aufweisen. Diese Umstände müssen berücksichtigt werden, wenn die Anteile der Personen bestimmt werden sollen, welche den jeweiligen Einkommensk.lassen zugeordnet werden können und sich unter bzw. über eine festgesetzte Einkommens grenze einordnen lassen. Es sollte noch hinzugefügt werden, daß ein Anteil von 12% der indigenen Bevölkerung sein Einkommen nicht in der Volkszählung angab (ABSe 1993:18).
Das Einkommen wird hier in Australian Do/far(A$) angegeben; Umrechnungskurs am 31.12.91: 1 A$ = 1,1520 DM.
nicht-indigenen Australier (TAYLOR 1993a:39-40; TAYLOR 1993b:55).
Die Volkszählung von 1991 stellt Informationen über die jährlichen Pro-Kopf-Einkommen, welche unter der A$ 12.000-Grenze liegen. zur Verfügung. Diese Einkommen betreffend existiert eine relativ große Disparität zwischen der indigenen und nicht-indigenen Bevölkerung. Fast zwei Drittel (63.5%) der indigenen Bevölkerung über 15 Jahre im Gegensatz zu nur 45.2% der restlichen Bevölkerung gaben ein Jahreseinkommen unter A$ 12.000 an (vgl. Karte 4). Hinsichtlich des oberen Endes der Einkommensskala gaben nur sehr wenige indigene Australier (2.2%) ein Jahreseinkommen von über A$ 35.000 an; dies steht im Kontrast zu über 11% der nicht-indigenen Personen (ABSe 1993:18.20; ABSc 1993:8).
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb.14:
Durchschnittliches Jahreseinkommen nach Erwerbsstatus 1991
Quelle: TAYLOR (1993a:42+43)
Die Einkommensdiskrepanz hinsichtlich dieses Indikators zwischen indigenen und nicht indigenen Personen ist im Northern Territory am größten, da dort über drei Viertel (75.3%) der Aborigines, verglichen mit einem Drittel (32%) der Nicht-Aborigines, ein jährliches Pro-Kopf Einkommen unter A$ 12.000 angaben. Dieser Wert der Aborigines liegt weit über dem indigenen Durchschnitt. Die Divergenz der beiden Ethnien im NT wird dadurch verstärkt, daß dort der Anteil der nicht-indigenen Bevölkerung mit einem Einkommen unter A$ 12.000 mit 32% weit unter dem nicht-indigenen Durchschnitt angesiedelt ist. Diese Kluft ist in Tasmania am kleinsten, da dort ungefähr die Hälfte aller Personen ein Einkommen unter diesem Niveau angaben (53.4% der indigenen gegenüber 49% der nicht-indigenen Australier). Aborigines im ACT sind in Hinsicht auf diesen Indikator finanziell am besten gestellt, da sie den niedrigsten Anteil (40.8%) mit einem Jahreseinkommen unter A$ 12.000 aufweisen. Die Nicht-Aborigines im ACT (33.8%) können diesbezüglich mit ihren Pendants im NT konkurrieren (ABSe 1993:20).
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Karte 4:Räumliche Disparitäten der Bevölkerungsanteile mit Jahreseinkommen unter A$ 12.000 1991 (in%)
Quelle: ABSe (1993:20+21) Eigener Entwurf
Bei einem Vergleich der indigenen Jahreseinkommen unter A$ 12.000 zwischen den austra lischen Hauptstädten und den übrigen Teilen der Bundesstaaten wird deutlich, daß in den Landesteilen außerhalb der Hauptstädte ein größerer Anteil (67.2%) der indigenen Australier ein Pro-Kopf-Einkommen unter A$ 12.000 als in den Hauptstädten selbst (54.4%) bezieht. Dies trifft mit Ausnahme von Tasmania für alle Bundesstaaten zu. Auch diesbezüglich existiert die größte Divergenz im NT mit Werten von 55.6% für die Hauptstadt Darwin und 78.8% für den Rest des Territoriums. Der niedrigste Wert ist wiederum im ACT mit 40.8% zu finden {ABSe 1993:21).
Aborigines, welche in großstädtischen Verdichtungs- und sonstigen Stadt-Gebieten leben, geht es im allgemeinen finanziell besser als ihren nicht-indigenen Pendants in ländlichen Gebieten, wobei es den Nicht-Aborigines in Verdichtungsgebieten finanziell am besten geht. Aborigines im ACT besitzen einen besonders hohen sozio-ökonomischen Status, der sowohl den Durchschnitt der indigenen als auch der gesamtaustralischen Bevölkerung übertrifft (vgl. TAYLOR 1993a; TESFAGHIORGHIS/GRAY 1991:59; HRSG 1992:16). Obgleich es im Northern Territory kein großstädtisches Verdichtungszentrum gibt, weisen indigene Bewohner von sonstigen Städten im NT hohe Einkommen auf, die vergleichbar mit denen von Einwohnern in den Verdichtungs gebieten von Victoria, Tasmania und New South Wales sind und teilweise noch höher als die von Einwohnern in großstädtischen Verdichtungsgebieten anderer Bundesstaaten sind. Der
Grund hierfür liegt darin, daß im Northern Territory wie im ACT staatliche Ressorts anteilsmäßig mehr Aborigines beschäftigen als in einigen metropolitanen Großstädten. Des weiteren werden im NT der Bergbau, Tourismus sowie Erwerbstätigkeiten im öffentlichen Dienstleistungssektor durch Entwicklungsbestrebungen und hohe staatliche Subventionen unterstützt (vgl. TESFAG HIORGHIS 1991:23). "lt has to be noted, however, that these government interventions benefit the non-Aboriginal population more than Aborigines" (TESFAGHIORGHIS 1991:21). Die Abb. 15 läßt Einkommensunterschiede der Aborigines nach Bundesstaaten erkennen.
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb.15:
Jährliches Pro-Kopf Einkommen der Aborigines nach Bundesstaaten 1991 Quelle: TAYLOR {1993b:53)
Eigener Entwurf
Zum Zweck einer Analyse der indigenen Einkommenssituation ist das Familien bzw. Haus haltseinkommen (family income)ein interessanter Indikator, da die indigene Bevölkerung eine abweichende demographische Struktur aufweist. 1991 betrug das mittlere Familieneinkommen der indigenen Australier 93% des gesamtaustralischen Durchschnittswertes. Diese grobe Übereinstimmung muß jedoch eingeschränkt werden unter der Berücksichtigung, daß indigene Familien unweigerlich größer als durchschnittliche australische Familien sind (vgl. Kap. 8.3). Auch DALY (1993a:20) hält es für notwendig, die indigenen Haushaltsstrukturen bezüglich der Bewertung von Einkommensverhältnissen in Betracht zu ziehen. Aus diesem Grund besitzt das durchschnittliche Pro-Kopf-Einkommen einen größeren Erklärungswert und läßt Aussagen über die finanziell relativ schlechter gestellten indigenen Australier zu (ALTMAN/HAWKE 1993:6).
2.3.2 Einkommensquellen
Der größte Anteil des Einkommens stammt normalerweise aus Erwerbstätigkeit. Der verblei bende Prozentsatz umfaßt das Einkommen, welches nicht aus Erwerbsarbeit stammt, demnach Wohlfahrtsleistungen, royaltiesund Einnahmen aus Verpachtungen etc. DALY/HAWKE (1993:6} sprechen einen zentralen Faktor in bezug auf die Einkommensquellen der indigenen Bevöl kerung an. nämlich daß sowohl für Aboriginal Männer als auch für Frauen der Einkommensanteil
der Erwerbstätigen am gesamten Einkommen niedriger ist als für die übrigen Australier. Eine Analyse der Gesamteinkommen der beiden Ethnien hinsichtlich ihres Erwerbsstatus· gibt Aufschluß über die verschiedenen Einkommensquellen. Erwerbstätigkeit trägt zu einem Anteil von 59.6% zu dem gesamten Einkommen der Aborigines bei. Der entsprechende Anteil der nicht-indigenen Erwerbstätigen liegt hierbei mit 87.5% wesentlich höher (TAYLOR 1993a:42). Das Einkommen aus Beschäftigung ist nicht gleichmäßig auf die Bevölkerung verteilt, da 60% der erwachsenen Aboriginal Bevölkerung keine direkten Einkünfte aus Beschäftigung beziehen verglichen mit nur 41% der Nicht-Aborigines (DALY/HAWKE 1993:14). Im Gegensatz dazu tragen die indigenen Arbeitslosen und Nichterwerbspersonen einen Anteil von insgesamt 40.4% (Arbeitslosen- und Sozialhilfeunterstützungen etc.) zum gesamten indigenen Einkommen bei. 37 Dieser Anteil liegt mehr als dreimal so hoch wie jener nicht-indigener Australier von 12.5% , was deren Gesamteinkommenbetrifft. Diese Prozentwerte lassen es zu, eindeutige Parallelen zu der bedeutend höheren Arbeitslosenquote und niedrigeren Erwerbsquote der indigenen Bevölkerung zu ziehen. Wenn man nun das Durchschnittseinkommen von 1991 heranzieht, wird deutlich, daß sich das der indigenen Arbeitslosen bzw. Nichterwerbspersonen kaum merklich von dem der arbeitslosen bzw. nicht in die Erwerbsbevölkerung integrierten Nicht-Aborigines unterscheidet. Große Diskrepanzen lassen sich jedoch im Hinblick auf das Durchschnittseinkommen der Erwerbstätigen feststellen. Es ist bei den Aborigines zweimal so hoch, bei den nicht-indigenen sogar dreimal so hoch wie das ihrer arbeitslosen Pendants. Die nicht-indigenen Beschäftigten sind mit einem Durchschnittseinkommens von A$ 25.070 finanziell wesentlich besser gestellt als die beschäftigten Aborigines mit A$ 17.550 (TAYLOR 1993a:42-43) (vgl. Abb.14).
Aborigines lassen folglich eine um etliches höhere Abhängigkeit von Sozialleistungen als Nicht Aborigines erkennen. Der Stellenwert staatlicher Unterstützungen hat im laufe der Zeit zugenommen (DALY/HAWKE 1993:6). Die Abb. 16 verdeutlicht die wichtigsten Unterschiede zwischen indigenen und nicht-indigenen Empfängern staatlicher Unterstützungen. "... the importance of government money is not a transitory phenomenon, but represents a long-term feature of life for many Aboriginal communities" (DALY/HAWKE 1993:1). Die Wohlfahrts abhängigkeit ist den Autoren zufolge ein Symptom der Armut und als solches ein Spiegelbild des niedrigen ökonomischen Status' und der Benachteiligung vieler Aborigines. Das derzeitige Ausmaß an Transfers staatlicher Wohlfahrtsgelder und Wirtschaftsförderungsprogrammen für die Aboriginal Bevölkerung übertrifft bei weitem sämtliche vorangegangene Maßnahmen in Australien und ähnliche Ausgaben in den Vereinigten Staaten (vgl. Abb. 17). GREGORY (1991:152) schätzt, daß bis zu drei Viertel des indigenen Einkommens die Aborigines in Form von staatlichen Transferzahlungen erreicht. Falls dieses hohe Niveau an staatlichen Unterstüt zungen aufrechterhalten wird und die Arbeitslosenquote weiterhin sinken sollte, stellt sich die Frage, ob diese hohen Einkommenstransfers zu gesunkenen Beschäftigtenquoten geführt haben. Auch für ALTMAN/HAWKE (1993:1) besteht kein Zweifel darüber, daß das derzeitige Ausmaß der indigenen Abhängigkeit von Einkommen, welches nicht aus Erwerbsarbeit kommt (43% des Brutto-Pro-Kopf-Einkommens von 1991), in großem Ausmaß dem der Gesamtbevöl kerung übersteigt."... part of the dilemma with which Aboriginal policy is confronted, namely the
37 Es sei auf die engehende Untersuchung von FISK (1985) über die Zusammensetzung des Einkommens der Aborigines verwiesen (Volkszählung 1981).
fact that the delivery of social services and income support has been improved, while the economic earning power of the Aborigines has not" (FISK 1985:83).
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb.16:
Unterschiede zwischen indigenen und nicht indigenen Sozialleistungs empfängern 1993
Quelle: ATSIC (1994d:30)
Eigener Entwurf
Eine Alternative für zusätzliche finanzielle Einkünfte unabhängig von staatlichen Unter stützungen sind die royalties.Dies sind Ausgleichszahlungen für Aboriginal Communities,durch die sie von Bergbaugesellschaften für deren Abbau von Ressourcen auf Aboriginal Land entschädigt werden können (vgl. ELLANNA et al. 1988:65). Obwohl der Bergbau gewissen Aboriginal Communitiesund im besonderen den Aborigines im Northern Territory wesentliche Einnahmen durch royaltiesgewährt, leistet er nur einen geringen Beitrag zur Arbeitsplatzbe schaffung für Aborigines in den entsprechenden Regionen. Darüberhinaus leistet der Kunstge werbesektor (artefact industry)in einigen isoliert gelegenen Communities einen wesentlichen Beitrag zu ihren Geldeinkünften (YOUNG 1981:46/1985:24,31). In einigen Aboriginal Commu nitiesim Arnhem Land beispielsweise stammen etwa 30% des Gesamteinkommens aus dem Kunstgewerbesektor. Aufgrund des Mangels an sonstigen Beschäftigungsmöglichkeiten stützen sich viele Aboriginal Communities (vor allem im Northern Territory) heutzutage auf die Produk tion von Kunsthandwerk und die Anfertigung von Gemälden für den Markt, was ihnen teilweise erhebliche Gewinne einbringt (vgl. FOURMILE 1989:19) (vgl. Kap. 4.2.2.5).
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb.17:
Einkommensquellen australischer Aborigines (1981) und US-amerika
nischer Indianer (1980)
Anm.:
FISKs Einkommens-Definition schließt staatliche Transfers mit ein, die nicht aus direkten Sozial unterstützungen stammen.
Quelle: GREGORY (1991:144)
Eigener Entwurf
3 HistorischeHintergründe
Es ist nicht angebracht, die Aboriginal Minderheit als Armutsgruppe, in einem Teufelskreis ärm licher Lebensbedingungen gefangen, zu interpretieren. Die gegenwärtige sozio-ökonomische Benachteiligung der indigenen Australier muß unter Berücksichtigung komplexer historischer Prozesse betrachtet werden, die sich seit Beginn der Kolonialisierung Australiens durch die Europäer vor über 200 Jahren ereignet haben. Die Erfahrungen der Aborigines wie Genozid, Enteignung, Ausbeutung, Institutionalisierung und erzwungene Assimilation besitzen gravierende Auswirkungen auf ihre gegenwärtige Situation. Umsiedlungsaktionen und Beschränkungen ihrer Bewegungsfreiheit im Rahmen einer Protektionspolitik marginalisierten sie in räumlicher Hin sicht. Die indigene Bevölkerung wurde zu einer Minderheit in ihrem eigenen Land degradiert und bis in die 1960er und 70er Jahre systematisch aus sämtlichen Bereichen und Institutionen der australischen Gesellschaft ausgeschlossen. Dies führte zu ihrer sozio-ökonomischen Marginali sierung in der australischen Wirtschaft. Der Schlüsselfaktor der heutigen wirtschaftlichen Abhän gigkeit der indigenen Bevölkerung liegt in den kolonialen Beziehungen zwischen den Aborigines und den Europäern begründet. Somit ist den historischen Aspekten hinsichtlich des niedrigen Beschäftigungs- und Einkommensstatus der Aborigines eine überragende Bedeutung beizu messen.
3.1 Enteignung und Zerstörung der traditionellen Aboriginal Kultur
Enteignung
Als die ersten Briten 1788 den australischen Kontinent erreichten, lebten dort zwischen 300.000 und 500.000 Ureinwohner (MULVANEY 1975 et al.). Das Land wurde zur terra nullius38,d.h. zum "Niemandsland" und die verschiedenen indigenen Völker als unzivilisiert erklärt. Nach damaligen Vorstellungen stellte die nomadisierende Wirtschaftsweise des Jagens und Sammelns keine rechtmäßige Landnutzung dar. Dies bedeutete für die Aborigines, daß sie keinerlei Ansprüche auf Landbesitz in der neuen australischen Gesellschaft hatten.
Es standen sich selten in der Geschichte der Menschheit zwei so unterschiedliche Kulturen direkt gegenüber. Auf der einen Seite befanden sich steinzeitliche Jäger- und Sammlervölker, ohne Seßhaftigkeit und ohne politische Struktur, mit geringen materiellen Gütern und einem Weltbild, innerhalb dessen sie sich als integrierten Bestandteil der Natur sahen. 39 Ihnen gegen über stand die hierarchisch gegliederte, autoritäre, politisch straff organisierte und technologisch modernste Kultur der damaligen Zeit. Diese beabsichtigte auf dem Territorium der Ureinwohner eine (Sträflings-) Kolonie zu gründen und setzte es auch mit Gewalt durch. Es lassen sich
1992 wurde dieses Gesetz für ungültig erklärt. Etwas später wurde der Native TitleActverabschiedet, der den Anspruch der Aborigines auf Grundbesitz vor 1788 regeln soll (vgl. Glossar).
39 Detaillierte Informationen über die traditionelle Kultur der Aborigines können SPENCER/GILLEN (1938); TINDALE (1974); BLAINEY (1975), ELKIN (1981), R.&C. BERNDT (1992) et al. entnommen werden.
mehrere Gründe anführen, welche es den Europäern problemlos ermöglichten, Territorien der Aboriginal Völker einzunehmen, ohne Verträge mit ihnen abzuschließen oder ihnen eigenes Land zuzuweisen. Eine Rolle spielte hierbei die ursprüngliche indigene Bevölkerungsverteilung. Sie war durch kleine lokale Gruppen mit geringen Bevölkerungsdichten gekennzeichnet. Dies stand mit dem Fehlen einer differenzierten politischen Organisationsstruktur und einem Führer turn in Zusammenhang. Die Aborigines waren den europäischen Eroberern außerdem technolo gisch und kriegerisch unterlegen. Die Folge war, daß den Aborigines nicht die mindesten Eigen tumsrechte zugesprochen wurden wie anderen indigenen Völkern in ähnlichen Situationen 40 (vgl. ROWLEY 1970:10-26; R&C. BERNDT 1992:518).
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Karte 5:Weidewirtschaftliche Erschließung Australiens (1830-1920)
Quelle: LAMPING (1985:51)
Auf die Diskussion über die komplexen Fragen der Aboriginal Landrechte und ihres Landeigen tums soll hier nicht näher eingegangen werden. Dennoch muß betont werden, daß wenn man Aborigines Rechte auf ihr Land zugestanden hätte, die es ihnen ermöglicht hätten, in die moderne Wirtschaft einzusteigen, dies positive Auswirkungen auf ihre aktuelle sozio-ökonomi sche Lage gehabt hätte. 41 Durch die Enteignung ihrer traditionellen Ressourcen und ohne jegliche Kompensationen besaßen die Aborigines nach REYBURN (1988:90-91) nur wenig Möglichkeiten, in der dominanten Gesellschaft wieder Fuß zu fassen.
40Im Gegensatzzu Austrarien erkannten die kanadische und US-amerikanische Regierung den NativeTitle(vgl. Kap. 5.6) "ihrer" indigenen Völker an. In Neuseeland z.B. konnten Maoris schon sehr viel früher als die australischen Aborigines Landrechtsforderungen durch den Treaty of Waitangiim Jahr 1840 stellen. Es sei auf weiterführende Literatur von ATSIC (1994a) hingewiesen.
4 1 Den Torres Strait lslandem wurden hingegen Landrechte und Bürgerrechte auf ihren Heimatinseln zuge standen (vgl. FISK 1985:111ff).
Zerstörungihrer natürlichenLebensgrundlage
Die Urbarmachung des australischen Kontinents zum Zweck des Aufbaus und der Entwicklung von Landwirtschaft und Siedlungen führte zur Zerstörung der traditionellen Wirtschaft der Aborgines. Es wurde von Anfang an das fruchtbarste Land genutzt (vgl. Karte 5 und 16). Im laufe der Erschließung Australiens durch die Europäer wurde die natürliche Vegetation in weiten Teilen zerstört oder stark verändert. Nur in den Gebieten, die für eine ackerbauliche oder viehwirtschaftliche Nutzung ungeeignet waren und sind (in den großen Wüsten und Teilen der scrublands) konnte sie sich halten. Traditionelle Jagdgründe und heilige Stätten wurden von den Europäern zu Schaf- und Rinderweiden (vgl. Karte 6) umfunktioniert, Wasserlöcher wurden häufig vergiftet. Die Zerstörung ihrer wirtschaftlichen Ressourcenbasis machte den Aborigines ihre traditionelle semi-nomadische Jäger- und Sammlerlebensweise in großen Teilen des australischen Kontinents unmöglich (vgl. YOUNG 1981:9; E. BOURKE 1994b:36-37). FISK (1985:9-10) zufolge sind die Zerstörung der natürlichen Flora und Fauna, die Verheerungen durch Weidetiere und die Einzäunung von Ländereien die wichtigsten Faktoren der heutigen wirtschaftlich unbefriedigenden Situation der indigenen Bevölkerung. In anderen Teilen Australiens stellten hingegen mineralische Ressourcen die größte Konfliktquelle zwischen der indigenen und der weißen Bevölkerung dar. Zahlreiche Aboriginal Communitieslitten unter der Enteignung, welche von Bergbaugesellschaften vollzogen wurde (vgl. BROOME 1982:142).
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Karte 6:
landwirtschaftliche Nutzflächen Australiens (1976)
Quelle: LAMPING (1985:53)
Zerstörungder Aboriginal Kultur
Das Ordnungsgefüge der Ureinwohner wurde im Kern getroffen, da ihnen die Identität von Lebensordnung und Lebensraum genommen wurde. Für die Aborigines war die Beziehung zu "ihrem Land"4 2 von grundlegender Bedeutung. Die Lebensfähigkeit. d.h. die materielle, geistige und religiöse Grundlage der indigenen Gesellschaft beruhte einzig auf dem "Land". Sie wurde infolge der europäischen Invasion und der vollständigen Enteignung und Entwurzelung grundlegend zerstört. "... the close integration of religion with economic life. When the Aboriginal lost his relationship with his ·country' he lost everything" (ROWLEY 1970:207; vgl. REYNOLDS 1981:126). Aborigines wurden dazu gezwungen. sich an völlig neue Lebensbedingungen unter extrem ungünstigen Umständen anzupassen. Die physische und geistige Entwurzelung und Entfremdung der indigenen Völker, ihre meist erzwungene Seßhaftigkeit und zunehmende Abhängigkeit von fremden Nahrungsmitteln zerstörten ihr zeremonielles Leben und führten zum Zusammenbruch ihrer traditionellen Kultur und ihrer sozialen Kohäsion. Diese Konsequenzen dezimierten die indigene Bevölkerung und stellten ihre Identität und ihr Überleben in Frage (vgl. E. BOURKE 1994b:36-37). "They faced uprooting from their land and the disruption to their lives caused bythe invasion of men, machines, grog and westem culture" (BROOME 1982:142). Auf die unmenschliche und entwürdigende Ausrottung und Vernichtung der Aboriginal Völker soll hier nicht im Detail eingegangen werden. 43
3.2 Die Ära der Protektions- undAssimilationspolitik
Die australische Regierungspolitik war der indigenen Bevölkerung gegenüber von Anfang an durch Protektion, Segregation, Christianisierung und Assimilierung an die europäische Zivilisation gekennzeichnet. Die zwei politischen Leitbilder von Segregation bzw. Protektion und Assimilierung repräsentierten zwei Seiten einer Medaille. Beide verweigerten die Legitimität von kultureller Unterschiedlichkeit. Assimilierung einerseits belohnt Menschen, welche ihre eigene Identität der dominanten Gruppe unterwerfen mit einem minimalen Grad an Akzeptanz. Segregation hingegen bestraft diejenigen, welche nicht mit der dominanten Kultur verschmelzen (wollen) mit der Zuweisung eines sozial minderwertigen Status (vgl. GRUNN 1993:175).
Die Lebensbedingungen der indigenen Völker waren in jeder Hinsicht durch Zwangsassimilation. Eingesperrtsein und Beschränkungen geprägt. Die überlebenden Aborigines wurden aus der allgemeinen Gesellschaft ausgeschlossen und räumlich in Reservaten. Missionen und settle mentsmarginalisiert. "... their eventual incarceration of the native people in selected reserves and settlements where according to the theory, they were, to pass into oblivion" (STEVENS 1981:177). In städtischen Zentren nahmen sie als sogenannte fringe dwellers eine Außenseiter position ein (vgl. ROWLEY 1971a:173-96; HEMMING 1994:30).
◄2Der Ausdruck 1.0n •Land" wird bei den Aborigines nicht im Sinne von estate(Landbesitz) aufgefaßt, sondern vielmehr mit der Bedeutung von country(Heimat) belegt (vgl. Kap. 5.6).
◄3Über die Konfrontationsgeschichte der beiden Völker berichten u.a. REYNOLDS (1981/1989), HUGHES (1988) und MATTINGLEY/HAMPTON (eds.) (1992).
3.2.1 Protektion und Segregation
Die Anwendung menschenunwürdiger Praktiken unter dem Deckmantel der offiziellen Politik bis weit in das 20. Jahrhundert hinein war nicht allein auf das Bedürfnis zurückzuführen, die indigene Bevölkerung zum Zweck ihrer "Entwicklung" zu kontrollieren. Sie enstand vielmehr aus der Meinung, die Aborigines stünden auf der untersten Stufe der menschlichen Gesellschaft. Die hieraus resultierenden Schlußfolgerungen bestanden in dem damals vorherrschenden Glauben, die "urzeitliche" Situation der Aborigines hinge mit ihrer beschränkten Fähigkeit zusammen, auf die höheren Ordnungen der europäischen Gesellschaft zu reagieren. Genozid wurde durch die Übertragung des Konzeptes des survival of thefittest(Sozialdarwinismus) auf den Menschen gerechtfertigt (vgl. HEMMING 1994:25; STEVENS 1981:7-8) (vgl. Kap. 9.2).
Die Europäer isolierten die full-bloodAborigines in ausgewiesenen Reservaten und Ansiedlun gen; die half-casteshingegen sollten durch die weiße Gesellschaft absorbiert werden. "The full blood would still •disappear', but in the sense that his special physical characteristics would be progressively bred out of his part-Aboriginal descendants" (ROWLEY 1970:320,vgl.139).
Die australische Regierung führte eine Gesetzgebung der Protektion in allen australischen Bundesstaaten ein, welche die Aborigines vor den schlimmsten Einflüssen der weißen Gesellschaft "schützen" sollte. In Wirklichkeit fungierte eine derartige Gesetzgebung als effektives Assimilierungsprogramm durch Institutionalisierung. Die jeweiligen Protektionsgesetze der einzelnen Bundesstaaten gaben dem Protektor der Aborigines die gesamten Machtbe fugnisse über die Aborigines und die Autorität darüber, ihnen ihre insbesondere hellhäutigeren Kinder wegzunehmen. "Protektion" implizierte, daß man vorwiegend die full-blood Aborigines auf Areale beschränkte, die oft weit weg von ihrem eigenen Land und ihren Familien lagen (vgl. GROOME 1994:146; E. BOURKE 1994b:38-39).
Zum Zweck politischer Maßnahmen wurden die full-bloodsin drei Kategorien eingeteilt: in die detribafised,welche in der Nähe der townslebten, in die "halb-zivilisierten" auf viehwirt schaftlichen Besitztümern (pastoral properties)und in die "unzivilisierten" auf Stammesland. Die non-full-bloodswurden meist von den Reservaten vertrieben (vgl. ROWLEY 1970:320; FOLEY/FLOWERS 1991:7).
Staatlich gesponsorte Aboriginal Protektionsorganisationen wurden ab 1860 (in Victoria) bis 1911 (im Northern Territory) gegründet. Die Rassenbeziehungen zwischen schwarz und weiß entwickelten sich in den Kolonien von einer offiziellen Segregation zu einer negativen Protektion. Eine Reihe von holding campsbzw. Reservaten dienten dieser negativen, sich durch Zwang, Kontrolle und Segregation auszeichnenden Protektionspolitik dazu, die Aborigines sowohl zum Zweck ihres eigenen Schutzes als auch der rassischen Reinheit der australischen Gesellschaft zu beschränken (vgl. STEVENS 1981:9; ELKIN 1981:367). Der erste Aborigines Protection Actwurde 1869 in Victoria erlassen. Dieses und darauffolgende Protektionsgesetze in den übrigen Bundesstaaten basierten auf der als gegeben vorausgesetzten rassischen Überlegenheit der
Briten und dem Glauben, daß Aborigines unzivilisiert (und full-bloods unzivilisierbar) seien. Sie dienten dazu, Aborigines aus sämtlichen Aspekten des modernen australischen Lebens auszuschließen. Die Protektionsgesetze untermauerten offizielle Einstellungen und rechtfertigten die allseits vorherrschende Diskriminierung gegenüber Aborigines (vgl. Kap. 9.2). Sie wurden erlassen, um Einteilungen der Aborigines in Kategorien zu sanktionieren und die Auffassung zu legitimieren, daß einige Aborigines mehr Aboriginal (full-bloods) seien als andere (half-castes).(vgl. E. BOURKE 1994b:37-39; ROWLEY 1971b:41-61). Die Auswirkungen dieser Gesetze waren von großer Reichweite für die indigene Bevölkerung. 44
Im Hinblick auf die Definition von Aboriginalgibt es eine lange Geschichte der Gesetzgebung. Die einzelnen Bundesstaaten und der Commonwealtherstellten bis zur Volkszählung von 1961 unterschiedliche Definitionen. Diese wurden im Einklang mit den entsprechenden politischen Leitlinien immer wieder geändert 'Tue result was that some Blacks travelling around the country were changed by law from black to white and to black again as they crossed different state borders" (R. SYKES 1989:10). Man differenzierte zwischen fully Aboriginal people (full-bloods) bis hin zu Personen, die "nur" zu einem Achtel Aborigines (octoroons) waren. Diese Abstufung spiegelte die rassistische Vorstellung wider, Menschen "gemischter Rasse" seien auf einem Kontinuum zwischen Zivilisation und Barbarismus angesiedelt. Je heller die Hautfarbe, desto zivilisierter und intelligenter sei die jeweilige Person. Das Höchstmaß dieser Vorstellung wurde in Western Australia erreicht, wo man sich mit Unterteilungen von bis zu 1/128 beschäftigte, um die Berechtigung für einzelne Unterstützungen zu bestimmen (vgl. BROOME 1982:160-61; BLEAKLEY in: STONE 1974:154-66). Vor dem Referendum von 1967 wurden zwei Kategorien für die Volkszählung herangezogen: Die des full-bloodAborigine und die des half-caste.Die operative Definition von Aboriginalität verlagerte sich im Laufe der Zeit von einer biologischen zu einer sozio-kulturellen, was sich auf die Assimilierung von part-Aborigines(Mischlinge) auswirkte (vgl ROWLEY 1970:320-29, App.A;BECKETT 1988:200-201). 45
3.2.2 Assimilation
Die Aborigines hatten sich im laufe der Zeit zu einer überwiegend aus part-Aboriginesbestehenden Bevölkerungsminderheit entwickelt.4 6 Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erkannten die australischen Regierungen, daß während der Anteil der Aborigines "mit vollständiger Aboriginal Abstammung" abnahm, die indigene Bevölkerung insgesamt betrachtet zunahm. Die Assimilation der gemischt-rassigen Kinder und jungen Menschen in die australische Gesellschaft wurde als eine dringende Notwendigkeit angesehen (vgl. ROWLEY 1970:311; GROOME 1994:146). Die Aborigines unterliefen zwei unterschiedlichen Perioden von Assimilierung. Die
Weitere Protektionsgesetze können der Chronik im Anhang dieser Arbeit entnommen werden.
5Auf Aboriginal-Kategorien geht ROWLEY (1971b:41-61) in seinem Werk "Outcasts in White Australia" ein.
46 Bis zum frühen 20. Jahrhundert bestand die Aboriginal Bevölkerung noch aus einem Viertel ihrer ursprüng lichen Größe von 1788. Mehr als die Hälfte der Aborigines waren in den 1920er Jahren von gemischter Abstammung (BROOME 1982:87,143,174).
erste fand Mitte des 19. Jahrhunderts statt. Eine zweite Periode der Assimilierung kam in den 1930er und 1940er Jahren auf, bevor sie zur offiziellen politischen Leitlinie erklärt und 1951 in die Gesetzgebung integriert wurde. Die Assimilationspolitik löste die Protektionspolitik der vergangenen Jahrzehnte ab und wurde erst in den frühen 1970er Jahren als offizielle politische Leitlinie aufgegeben (vgl. BROOME 1982:171; ROWLEY 1971b:383ff; FOLEY/FLOWERS 1991:7; GRUNN 1993:175-77). Eine Assimilationspolitik bedeutete, daß man schließlich von allen Aborigines und part-Aborigineserwartete, sie würden die gleiche Lebensweise wie die anderen Australier annehmen und als Mitglieder einer einzigen australischen Gesellschaft die gleichen Rechte und Privilegien besitzen, die gleichen Verpflichtungen anerkennen, die gleichen Bräuche annehmen und von dem gleichen Glauben beeinflußt werden wie andere Australier (NATIVE WELFARE CONFERENCE 1961 in: HRSC 1987:xii). "lt was seen as a way for these individuals (...)tobe given the opportunity to prove that they were as 'good as a white man·, economically, socially and culturally when given the opportunity" (KEEFFE 1992:146). Erst ab den 1950er Jahren begann die Politik der Assimilation mit der allmählichen Aufhebung der Aboriginal Reservate. Erst dann konnten viele Aborigines ein freies Leben führen ohne Restriktionen durch eine Institution. Doch ehemalige Abhängigkeitsbeziehungen sind nicht die beste Vorbereitung und Voraussetzung, um gleichberechtigt in einer kapitalistischen Wirtschaft und Gesellschaft bestehen und konkurrieren zu können (vgl. SAGGERS/GRAY 1991:70).
3.2.3 Institutionalisierung
Staatliche Reservate, settlements(Ansiedlungen) und christliche Missionen waren die Grundbausteine der politischen Leitlinien seit Beginn des 19. Jahrhunderts. Die indigenen Völker wurden von ihrem Land vertrieben und in beaufsichtigte Institutionen gesperrt in der Annahme, sie würden aussterben oder durch die weiße Gesellschaft absorbiert. Die Institutionen wurden je nach Funktion und Verwaltung als settlements, missionsoder reservesbezeichnet. Das Reservatsystem sollte grundlegende Auswirkungen auf die Aborigines haben. Das Konzept der getrennten Entwicklung der Aborigines in speziellen Reservaten und Institutionen weitete sich im Laufe der Zeit auf alle australischen Staaten aus. In den 1830er Jahren hatte sich der euro päische Einfluß schon auf weite Teile des Südens und Ostens Australiens ausgedehnt entweder in Form von Viehstationen (pastoral stations) und staatlichen Ansiedlungen oder als christliche Missionen und staatliche Depots in entlegeneren Gebieten. Die einzigen unversehrt belassenen Gebiete waren Teile des Arnhem Landes und Zentralaustraliens, wohin die Europäer erst ab dem 20. Jahrhundert gelangten. Die indigenen Völker wurden bis Mitte der 1960er Jahre in Reservate, settlementsund Missionen abgeschoben (vgl. SAGGERS/GRAY 1991:70; STEVENS 1981:20; L. SMITH 1980b:195; YOUNG 1981:186-87).
Die Reservate waren staatlich ausgewiesene Landareale, die im allgemeinen der Protektion der verarmten indigenen Bevölkerung dienen sollten, welche nicht mehr für ihren eigenen Unterhalt sorgen konnte und die zum Opfer europäischen Machtanspruchs und Gewalt geworden war. Man hoffte, daß diese Reservate einen zivilisierenden bzw. assimilierenden Effekt auf die Aborigines haben würden und zwang sie dazu, Erwerbstätigkeit, Arbeitsethik, Bildung, Religion
und Lebensstandard nach europäischen Vorstellungen und Wertmaßstäben anzunehmen. "Zivilisierung" bedeutete Europäisierung; der wichtigste Aspekt dieses Prozesses bestand für die Aborigines darin, neue Arbeitsformen zu erlernen und eine neue Wirtschaftsform anzunehmen (vgl. R.&C. BERNDT 1992:519; SAGGER/GRAY 1991:69; YOUNG 1990:186-87). Zusätzlich zur
lnsularität der Aboriginal Bevölkerung führte man eine Methode der Kontrolle und Überwachung ein. Die Reservate fungierten demnach als Orte kolonialer Beaufsichtigung und Ausbildung. Reservatsmanager besaßen die uneingeschränkte Macht hinsichtlich des täglichen Lebens der indigenen Bevölkerung. Man beraubte die Aborigines ihrer Bewegungsfreiheit, indem man sie auf den Wohn- und Arbeitsort beschränkte. Die Verfügungsgewalt schloß zudem sämtliche Aspekte ihrer Beschäftigung, ihren Umgang mit Geld, die Wegnahme ihrer Kinder u.a. mit ein.4 7 Die Reservate verweigerten oder begrenzten die indigene Autonomie durch strenge legislative Kontrollen mit einer ausgesprochen pädagogischen Funktion (vgl. KEEFFE 1992:145). Diese Prinzipien erreichte man, indem ein Aborigine zum Staatsmündel (ward ofthe State)erklärt wurde und man ihm Staatsbürgerschaft und sämtliche Bürgerrechte verweigerte. Daraus resultierte der Ausschluß der Aborigines von der allgemeinen australischen Gesellschaft und Rechtssprechung (vgl. STEVENS 1981:11). "The reserves were complete worlds with their own laws, courts, police and goals" (BROOME 1982:179).
Den staatlichen Reservaten folgten etwas später die Missionen, welche man eher zum Zweck, die Aborigines zu christianisieren als sie zu zivilisieren, errichtete. Die ersten 16 offiziellen Missionsstationen wurden in Victoria in den 1870er Jahren gegründet (vgl. BROOME 1982; STEVENS 1981:11). Für zahlreiche Aborigines war das Leben in einer Mission die einzige Alternative, da ihr Land in die Hände der Europäer überging. Viele Aborigines wurden hingegen gewaltsam in die Missionen geschickt. Ihre Reaktionen und die Akzeptanz des Christentums und der Missionsstationen waren sehr unterschiedlich (vgl. HEMMING 1994:29-30). Bis Ende der 1930er Jahre hatten die Missionen mehr als andere Organisationen dazu beigetragen, seßhafte Aboriginal Communities aufzubauen (vgl. ROWLEY 1970:246-54,324). Die Missionen waren häufig die rechte Hand der Regierung. In Queensland wurde anfangs nahezu jedes settlementund Reservat durch eine kirchliche Institution verwaltet. Im Northern Territory war aufgrund der dort später einsetzenden Regierungspolitik die Verantwortung etwa gleichmäßig zwischen der Regierung und den christlichen Kirchen aufgeteilt. Nach Ansicht STEVENS' (1981:20) unter schieden sich die angewandten Methoden in den meisten Missionen kaum von denen der staatlichen Ansiedlungspolitik. Die Beteiligung der Aborigines an kommunaler Verantwortung war in beiden Situationen minimal.
Es herrschten dennoch große Unterschiede zwischen den Reservaten. Lebensbedingungen hingen jeweils von ihrer Lage, der Qualität des Landes, dem Management - d.h. ob sie religiös
47Unter dem State Children's Act 1895 erhielten die Regierungen der Bundesstaaten die Machtbefugnis, Aborignal Knder (v.a.half-castes)zu institutionalisieren, was dazu führte, daß man diese Kinder systematisch ihren Familien wegnahm. Diese Praktik wurde bis in die späten 1960er Jahre, insbesondere im 20. Jahr hundert ausgeübt. Eine Trennung vonseiner Familie sollte das Kind vorder Untätigkeit bz.w. Faulheit der Eltern schü1zen. Die damalige Regierung besaß die Absicht, die vonweißen Adoptiveltern aufgenommenen ha/f-castesz.u "zivilisieren" und zu un- bz.w. unterbezahlten Hausangestellten und nützlichen unmündigen Bürgern zu erziehen bzw. sie zu angelernten Arbeitskräften auszubilden (vgl. SWAN 1988:1-5; MATTING LEY/HAMPTON 1992:156; C. BOURKE/E. EDWARDS 1994:86).
oder weltlich geprägt waren - sowie dem Grad an Unterstützung durch die jeweilige Bundes staatenregierung ab. In den südlichen Staaten, wo man für die europäische Besiedelung die größten Landareale benötigte, wurden relativ früh zahlreiche enteignete Aborigines in den Reservaten untergebracht. In den abgelegeneren Regionen waren die Reservate größer und der Einfluß der Missionen weniger stark. Dort lebende Aborigines konnten Aspekte ihrer traditio nellen Wirtschaft sowie Elemente ihrer Sozialstruktur und ihres religiösen Lebens aufrechter halten. Aborigines in den dichter besiedelten südlichen Missionen erlitten direkte Anschläge auf ihr materielles und spirituelles Leben (vgl. ROWLEY 1978:131; BROOME 1982). Dies bezeich net HEMMING (1994:29) als die invasion of the mind.Der Glaube, daß die Aborigines, die als barbaric pagansangesehen wurden, irgendwann aussterben würden, rechtfertigte deren vernachlässigte Behandlung.
Die Art und das Ausmaß der Kontrolle durch staatliche Behörden unterschied sich hingegen nur wenig in den einzelnen australischen Staaten und Territorien. Die settlements,Missionen und Reservate wurden entweder bewußt oder unbeabsichtigt als "totale Institutionen" gemäß GOFFMANs 48 Definition des Begriffes geleitet. Die Besonderheit in Australien bestand darin, daß der Aboriginal "Insasse" kaum dazu fähig war, dieser Periode der Einkerkerung zu entkommen. Grund waren seine angeblich andersartigen genetischen Charakteristika. Die australische Gesellschaft stellte für ihn eine offene antagonistische Arena dar. Man kann die sociology of settlements von GOFFMAN und BARTON4 9 dazu verwenden, die Umweltpsychologie und Kontrollmechanismen totaler Institutionen auf die Situation der Aborigines zu übertragen. BARTON kristallisiert eine Reihe von Ursachen heraus, die auch in Aboriginal Institutionen in ganz Australien beobachtet wurden: Der mangelnde Kontakt mit der äußeren Welt, die erzwun gene Untätigkeit, der Mangel an persönlichen Besitztümern, Reglementierungen, eine triste institutionelle Atmosphäre, fehlende Zukunftsaussichten außerhalb der Institution und die Verabreichung von Beruhigungsmitteln. "The syndromes are those of'submissiveness' lass of individuality (...) and initiative and automation-like rigidity" (BARTON in: STEVENS 1981:23-24). Die Analyse von GOFFMAN legt dar, daß das Leben der Insassen durch Erniedrigungen, Demütigungen und Profanierungen des Selbst gekennzeichnet ist. Das Selbst stirbt durch die Sequenzen von Belohnungen und Bestrafungen systematisch ab. Diese werden für die Adaptionsprozesse als notwendig erachtet, insbesondere dort, wo die normalen Anreize der Community weggefallen sind. Die von oben angewandten Kontrolltechniken und die persönliche Anpassung an diese Umstände sind STEVENS' (1981:24-25) Ansicht nach ein allgegenwärtiges Merkmal sämtlicher Aboriginal Ansiedlungen. Das Reservatssystem, in besonderem Maße im Süden Australiens, erschuf folglich eine totale Institution, in welcher sämtliche Aspekte des Lebens der Aborigines reglementiert wurden (vgl. BROOME 1982). "lt is this institutionalisation which is today blamed for much of the dependence so prevalent in Aboriginal communities"
48 GOFFMAN (1961): Asylums ( in: STEVENS 1981:23-26)
49 BARTON (1965): lnstitutional Neurosis ( in: STEVENS 1981:23-26)
(SAGGERS/GRAY 1991:70). 50 Auf Auswirkungen dieser Institutionalisierung der indigenen Bevölkerung wird in Kap. 3.3 eingegangen.
3.2.4 Räumliche Marginalisierung
Zwangsumsiedlungen und damit die räumliche Marginalisierung der indigenen Bevölkerung, welche sich seit der Inbesitznahme durch die Europäer ereignet haben, zählen mit zu den Kriterien für ihre heutige sozio-ökonomische Benachteiligung. Bis 1962 war die durch starke räumliche Einflußnahme gekennzeichnete Regierungspolitik ausgesprochen interventionistisch. Sie schloß die Verfügungsgewalt und Kontrolle über den Wohnort und die Bewegungsfreiheit ein. Diese Verfügunggewalt führte im Rahmen einer Protektions- und späteren Assimilations politik zu Zwangsumsiedlungen eines großen Teils der Aborigines in staatliche und kirchliche Ansiedlungen. Dadurch wollte man die Aborigines davon abhalten, in die Städte zu ziehen, um dort zu "Schmarotzern" zu werden (McEWEN5 1 1939 in: ROWSE 1988:51). Staatliche Behörden konnten Wanderungen sowohl in und aus Städten als auch zwischen verschiedenen Regionen eines Bundesstaates beschränken. Die meisten der großstädtischen Verdichtungsgebiete wurden zu verbotenen Wohnsitzen für Aborigines erklärt, mit Ausnahme der dort Beschäftigten. Die gesetzlichen Restriktionen hinsichtlich der indigenen Bewegungsfreiheit, Mobilität und des Wohnsitzes wurden erst im Jahr 1962 abgeschafft (vgl. STEVENS 1981:27-28,187).
Die Wanderungsbewegungen der Aborigines haben folglich nur wenig mit Urbanisierungs prozessen in anderen kolonialisierten und Entwicklungsländern gemeinsam. Letztere zeichnen sich vorwiegend durch landwirtschaftlich geprägte Dorfgemeinschaften aus, welche seit langer Zeit bestanden. Von dort aus konnte eine Bewegung in die Großstädte stattfinden. "For the Aborigines, originally nomadic hunters and gatherers, it was a case of first build your villages" (L. SMITH 1980b:194). Die meisten der gegenwärtigen Communitiesentstanden als Zufluchts stätten für enteignete Gruppen oder als Institutionen, welche man als Teil von gelenkten Zwangsumsiedlungsprogrammen - zum Zweck die Aborigines in Gewahrsam zu nehmen - errichtete. In dieser Hinsicht stellt die Verlagerung der indigenen Bevölkerungsverteilung einen starken Gegensatz zu derjenigen der weißaustralischen Bevölkerung dar. Es existiert ein enger Zusammenhang zwischen den Stadien der sich verändernden Bevölkerungsverteilung und Mobilität und denen der Aboriginal Politik und Verwaltung, welche z.B. von ELKIN (1964:363) erläutert wird. Es gibt heute keine AboriginalCommunities,die seit langer Zeit bestehen und Landwirtschaft betreiben. Dies läßt sich damit begründen, daß Aboriginal Reservate im settledAustraliaentweder zu klein für eine Bewirtschaftung oder auf ertragsarmem, überschwem mungsgefährdetem oder auf sonstigem ungeeigneten Land lokalisiert sind. Ihre gegenwärtige Situation stellt das letzte Stadium einer Serie erzwungener Umsiedlungen auf immer weniger
50Das settlernent-und Reservatssystem in Queensland umfaßte noch im Jahr 1975 95% aller tu/1-bfoodAboriginesdes Staates (STEVENS 1981:21). Auf die koloniale Administration der Aborigines und deren Unterschiede in den einzelnen australischen Kolonien geht ROWLEY (1970) ausführlich ein.
s,McEWEN war der damalige australische Innenminister.
geeignetes Land dar. Sie entstand als Konsequenz aus dem Landdruck und der Versessenheit nach Land heraus, welches man weißen Farmern zur Verfügung stellen wollte. Den meisten Aborigines untersagte man ihre traditionellen Aktivitäten bzw. machte sie ihnen unmöglich. Die indigene Minderheit konzentrierte sich in steigendem Maße um die europäischen Siedlungen. Das Ausmaß ihrer Abhängigkeit nahm entsprechend zu. Dies geschah entweder freiwillig durch die Ermutigung der Viehzüchter zu wirtschaftlicher Ausbeutung oder durch Zwang von seiten staatlicher Bediensteter und Missionare. Um das zweite Viertel des 20. Jahrhunderts waren die Aboriginal Völker zu einer kleinen Restbevölkerung zusammengeschrumpft (vgl. Abb. 18). Die meisten überlebenden konzentrierten sich allmählich in größeren seßhaften Communities. Deren Bewohner wiesen eine sehr heterogene Herkunft auf. Zuerst ereignete sich diese Konzentration in Form relativ immobiler Gruppen mit traditionellen Bindungen, später meist auf Betreiben staatlicher Behörden. Der Prozeß von Zusammenwachsen und Konzentration wurde in Tasmania um die 1930er Jahre und um die 1960er Jahre im Northern Territory vollendet (vgl. L. SMITH 1980b:196-98).
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb. 18:
Entwicklung der indigenen Bevölkerung Australiens, 1788-1991
Quellen: L. SMITH {1980a)
* Volkszählungsdaten Eigener Entwurf
ROWLEY (1970/1971a) differenziert zwischen zwei Gruppen von Aborigines: den part-Abori ginesin dichter besiedelten Regionen Australiens einerseits und den traditionell lebenden Abori gines of fully descent andererseits, welche in Zentralaustralien und im nördlichen Teil des Kontinentes (z.B. Arnhem Land) leben. Um 1900 lebten annähernd 90% der full-bfoodund etwa 75% der part-AboriginafBevölkerung in den drei Verwaltungseinheiten nördlich des südlichen Wendekreises. Da der Zusammenstoß der beiden Rassen den größten Teil der indigenen Bevöl kerung aus den gemäßigteren und perennierend bewässerten Regionen des Kontinents vertrieb, wurde das "Aboriginal Problem" in erster Linie eines, das sich auf das tropische Australien und periphere Gebiete konzentrierte. In diesen Regionen war die europäische Bevölkerungsdichte am geringsten und es bestanden die größten Schwierigkeiten, eine lebensfähige Wirtschaft aufzubauen (vgl. STEVENS 1981:10).
Läßt man die anfänglich weiträumige Verbreitung der indigenen Bevölkerung über den Kontinent außer acht, so erfolgte durch die Kontrolle über den Wohnort der Aborigines und durch institutio nelle Praktiken eine grundlegende Untermauerung der heutigen räumlichen Divergenz. Diese haben die Mehrheit der Aborigines in peripheren und ländlichen Regionen und den Großteil der australischen Bevölkerung in die wenigen metropolitanen Zentren plaziert (vgl. STEVENS 1981:27-28) (vgl. Kap. 5.3). Dies schrieb ein sehr begrenztes Ausmaß an räumlich spezifischen und vorwiegend nicht-städtischen Möglichkeiten für Aborigines vor. Die Assimilationspolitik wurde vielmehr als instrumental angesehen, um die indigene Urbanisation bzw. Migration in die Städte zu hemmen. "The maintenance of government- and mission-controlled Aboriginal settlements indicates belief that the inmates should be isolated from the town" (ROWLEY 1971a:109). ROWLEY (1971a:29-136) prägte den Ausdruck der frustrated urbanization,indem er auf die Situation in den großen geleiteten Institutionen (managed institutions) in Nord- und Zentralaustralien eingeht. Seiner Ansicht nach fungierten die staatlichen und kirchlichen settlementsals sogenannte holding institutions ,welche dazu dienten, die Migration von Aborigines in die regionalen Zentren und Großstädte zu verhindern, wo ihre Lebensmög lichkeiten hätten verbessert werden können. Der Autor beschreibt die settlementssomit als eine in der Nachkriegsperiode operierende Anti-Urbanisierungsmaßnahme auf der Grundlage von dis kriminatorischen Gesetzen, Verordnungen, Vorschriften und Verwaltungspraktiken. Da man annahm, daß die settlementsund ihre indigenen Bewohner eines Tages aussterben würden, stellte man ihnen nicht die entsprechenden Einrichtungen und Dienstleistungen bereit, welche weißen Land- oder Stadtgemeinden von vergleichbarer Größe zugebilligt wurden. Die Urbanisa tion anderer indigener Gruppen, derjenigen in kleinen Randlagern bei Reservaten und Missionen in der Nähe von weißen Siedlungen, wurde ebenfalls gehemmt. Dies erfolgte dadurch, daß man ihre Unterbringung entweder überhaupt nicht oder in segregierten Arealen in ausreichender Entfernung von der eigentlichen Stadt gewährleistete. Trotz dieser Hindernisse fanden Wanderungen in weiße Siedlungen und Großstädte statt. vorwiegend von Aborigines gemischter Abstammung. Da diese assimiliert werden sollten, wurde ihnen das Verlassen der Community oftmals erlaubt (vgl. ROWLEY 1971b:362ff; ROWLEY 1970:246-54; STEVENS 1981:189-90).
Bis Anfang der 1960er Jahre siedelte man die städtischen Aborigines größtenteils in ausgewie senen Arealen an den Rändern von Landstädten an. Sie blieben im allgemeinen verarmte fringe dwel/ersbis in die 1950er Jahre (vgl. HUGO 1991a:168; C. BOURKE 1994:185; REYNOLDS 1981:114-15; L. SMITH 1980b:197-98). Der Govemor-Generalvon Australien, Sir Paul HUSLUCK, beschrieb einst die europäische Vorstellung der idealen Lage bzw. Ansiedlung für eine Gruppe indigener Stadtbewohner "as far enough out of town to be out of sight but close enough to enable the white people to exploit their labour" (in: STEVENS 1981:27). Er bezog sich damit auf die offensichtlichste Facette der Rassenbeziehungen zwischen scharz und weiß in Australien, welche als ''Toleranz in Distanz" zu bezeichnen ist. Dies trug zur Entstehung sozialer Barrieren bei, welche schon in anderer Form existierten. Auch im Norden auf den Viehstationen und in den staatlichen und kirchlichen Reservaten lagen die Aboriginal campsräumlich getrennt von den Arealen der Europäer. Die Aborigines waren in einem Teufelskreis zunehmender Armut und entwürdigenden Daseins gefangen. Die einzigen Aborigines, welche dem entfliehen konnten,
waren R.&C. BERNDT (1992:521) zufolge die noch traditionell-orientierten Aborigines.5 2
Ab Mitte der 1950er und in den 60er Jahren fanden zunehmende Wanderungsströme der indigenen Bevölkerung in die großstädtischen Metropolen statt. Man lenkte die Unterbringung der indigenen Bevölkerung von Beginn an vorwiegend in Stadtteile, die durch einen niedrigen sozio-ökonomischen Status ihrer Bewohner geprägt waren (vgl. HUGO 1991a:168; HUGO 1992:228). 53 Die meisten indigenen Gruppen wurden bis dahin aus der weißen Gesellschaft und besonders aus den städtischen Zentren Australiens ausgeschlossen. Dadurch enthielt man ihnen den Zugang zu wirtschaftlichen Möglichkeiten vor. Man wollte die Zielvorstellung einer Beteiligung der indigenen Minderheit am Wirtschafts- und Sozialleben der weißen Mehrheitsge sellschaft durch institutionelle Kontrolle erreichen. Diese stand im inneren Widerspruch dazu, daß soziale Mobilität nicht ohne räumliche Mobilität und Bewegungsfreiheit möglich ist (vgl. STEVENS 1981:10; TAYLOR 1991:65).
3.2.5 Sozio-ökonomische Marginalisierung
Die Isolierung und Marginalisierung der Aborigines innerhalb der australischen Gesellschaft und Wirtschaft wurden durch Maßnahmen der Protektionspolitik forciert. Die Administrationsstruktur und Restriktionen hinsichtlich Bewegungsfreiheit und Wanderungen in die Städte haben die Bil dung großer Aboriginal Gruppen in den Hauptstädten der australischen Bundesstaaten wirksam verhindert. Sie führten gleichzeitig zu der Schwierigkeit, die indigenen wirtschaftlichen Möglich keiten denen der restlichen Bevölkerung anzugleichen. Da die wirtschaftliche Entwicklung jedoch hauptsächlich in den Großstädten stattgefunden hat und die Aborigines auf dem Land ohne Landbesitz waren, stellt diese Tatsache für STEVENS (1981:27-28) eines der größten Hinder nisse für die Verbesserung ihrer sozialen und wirtschaftlichen Lebensbedingungen dar.
Auch die Beschäftigung der Aborigines in den frontierareas war durch Zwang gekennzeichnet. Frühe Regierungsstudien berichten ausnahmslos von der abhängigen und versklavten Natur der Aboriginal Arbeitskraft und ihrer Ausbeutung durch weiße Arbeitgeber und Landbesitzer (vgl. STEVENS 1981:16ff). Die Aborigines benötigten zumeist eine Arbeitserlaubnis. Der chief protectorkonnte sie zur Arbeit verpflichten und das Verlassen des Arbeitsplatzes mit Gefängnis bestrafen. Darüber hinaus existierten keine Vorschriften darüber, wie ein europäischer Arbeit geber seine Aboriginal Arbeitnehmer zu behandeln hatte.
Aufgrund ihrer traditionellen Lebensweise, ihrer ärmlichen Situation und ihrer Hautfarbe wurden Aborigines mit der Vorstellung des wandernden bzw. umherziehenden bush workersin Zusam menhang gebracht. Man charakterisierte sie durch ihre Lebensweise und Wertvorstellungen als men on the move."In any migrant society, ever conscious of the fluctuating state of personal
52 ROWLEY (1971a/b) berichtet im Detail über die räumliche Marginalisierung und gehemmte Urbanisierung der Aborigines und deren politischen Ausgangsbedingungen.
53 Näheres hierzu kann in HUGO (1992), GALE (1980) und GALE/WUNDERSITZ (1982) nachgelesen werden.
fortunes, there is little room for concepts of thrist, diligence, cleanliness. sobriety and domesti city. Opportunities must be grasped where they are offered, fortunes shared and vicissitudes commiserated, for tomorrow is another's turn" (STEVENS 1981:17). Aufgrund ihrer anpassungs fähigen Lebenseinstellung und ihren überragenden Kenntnissen und Fähigkeiten im Umgang mit den natürlichen Umweltbedingungen waren sie für die Tätigkeiten in der Viehweidewirtschaft (pastoral industry) ideal geeignet. Viele Aborigines fanden infolgedessen in diesem Bereich eine Arbeit. Der von den Aborigines geleistete Beitrag zur Viehwirtschaft Australiens an der Besiedlungsgrenze war immens. So war es den Aborigines in einigen Fällen möglich, auf ihrem Land zu bleiben, obgleich dieses nun rechtsmäßig im Besitz der Europäer war. Familien und Communitieskonnten aufgrund der saisonalen Natur der Tätigkeiten in der Viehwirtschaft weiterhin zusammenleben und ihr traditionelles Sozialleben und ihre Zeremonien aufrechterhal ten. Die Männer wurden meist als stock workers(bzw. stockmen)oder als angelernte Bergbau arbeiter herangezogen. Obwohl der Bergbau, vor allem in Nordaustralien, schon seit längerer Zeit eine bedeutsame Rolle spielt und die Bergbauunternehmen beträchtliche Profite abschöpf ten, haben die angrenzenden Aboriginal Communities nur marginal davon profitiert. Einerseits gingen ihnen dadurch unermeßliche Landareale verloren; andererseits wurden nur wenige Abori gines im Rahmen von Bergbauprojekten beschäftigt. Meist bot man ihnen nur die am niedrigsten bezahlte ungelernte Arbeit an oder verwendete sie als Arbeitskräfte "in Reserve". Aboriginal Frauen fanden vor allem in der Hausarbeit Beschäftigung, d.h. als Haushälterinnen, Köchinnen, Kindermädchen und Näherinnen. Auch Kinder von gemischter Abstammung, welche man ge waltsam von ihren Familien isolierte, wurden ausschließlich zu Hausangestellten oder ange lernten Farmarbeitern ausgebildet (vgl. STEVENS 1981:18; BROOME 1982:141; SAGGERS/ GRAY 1991:71; C. BOURKE 1994:185-86).
Während des 19. Jahrhunderts und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts hat man den Aborigines gewöhnlich nur Saisonarbeit wie Erntearbeiten, Gelegenheitsjobs und Arbeiterjobs angeboten (vgl. STEVENS 1981:18; C. BOURKE 1994:186). Den größten Teil der Beschäfti gungen, bei denen es Aborigines nahezu uneingeschränkt erlaubt war, aktivzu sein, nahm die Saisonarbeit ein. Dies ließ das Stereotyp entstehen, daß Aborigines nicht fähig seien, einer dauerhaften Beschäftigung nachzugehen, sondern fortwährend auf walk-aboutgehen müßten. Die Fähigkeiten, mit denen sie in der Weidewirtschaft, Perlenindustrie und in häuslichen Dienstleistungen überzeugten, wurden nicht in andere Wirtschaftsbereiche umgelenkt. nachdem diese Beschäftigungszweige immer mehr an Bedeutung verloren. Auch der kontinuierliche Ausschluß der Aborigines aus den Wirtschaftszweigen des verarbeitenden Gewerbes im Süden Australiens hat bis heute weitreichende Konsequenzen auf ihren Erwerbsstatus und ihre Eingliederung in die einzelnen Wirtschaftsbranchen (vgl. SAGGERS/GRAY 1991:79).
Unter den Protektionsgesetzen zahlte man Aboriginal Arbeitern keine oder weitaus geringere Löhne als der europäischen Bevölkerung aus. Nur in den Fällen, in denen ein Mangel an Arbeits kräften bestand, erhielten Aborigines Entlohnungen in Form von Geld. Die Entlohnung be schränkte sich vorwiegend auf Rationen, Kleidung und freie Unterkunft, da sich die Viehzüchter vehement der Bezahlung von Löhnen widersetzten. Man bezahlte sie auch in Drogen wie Opium. Alkohol oder Tabak aus (nigger sticks). Es fand ein weitverbreiteter Mißbrauch der
indigenen Arbeitskraft in der Viehwirtschaft statt. Eine Beschäftigung konnte durch den Willen des weißen lnstitutionsverwalters jederzeit beendet werden. Den ersten Mindestlohn für Abori ginal Arbeitskräfte führten die staatlichen Reservate in Queensland im Jahr 1919 ein. Als die Bundesregierung der Forderung nach der Gewährleistung gleicher Löhne im Jahr 1965 durch ein Gesetz nachgab, wurden die Stationsbesitzer dazu gezwungen, ihre indigenen Arbeiter in Geld zu entlohnen. Sie entließen und vertrieben einen Großteil der indigenen Arbeiter von den Viehstationen, obwohl viele von ihnen dort mit ihren Familien jahrzehntelang gearbeitet und gelebt hatten. Von den 1950er Jahren an benötigte man zudem aufgrund der stärkeren Anwendung moderner Technologien immer weniger Aborigines in der Viehwirtschaft. Somit war selbst denjenigen Aborigines, welche in wichtigen Beschäftigungen erwerbstätig waren, ihre Abhängigkeit von den Europäern durch ihre fehlende finanzielle Unabhängigkeit garantiert (vgl. ROWLEY 1970:255-57; STEVENS 1981:16-17; BROOME 1982; C. BOURKE 1994:186;
ROWSE 1988:51). 54
Die Integration europäischer Elemente in das Wirtschafts- und Sozialleben der Aborigines hat deren Verwendung und Bedeutung von Arbeit außerordentlich verändert. Eine der wichtigsten Zielvorstellungen der Europäer bestand darin, den in Missionen und staatlichen Reservaten zusammengruppierten nomadischen Gruppen das Konzept von "Arbeit" als ein "lohnendes Lebensziel" (worthwhile aim in life) näherzubringen. Die Politik von "keine Arbeit, also auch kein Essen" wurde häufig dazu benutzt, die weiße Arbeitsethik und das entsprechende Arbeitsregime einzuflößen (D. SMITH 1994:5). "... but the incornpatibility of the differing value systems meant Aboriginal people saw few advantages in the European system of work" (C. BOURKE 1994:185) (vgl. Kap. 4.2.2.3).
Bis zu 70% der indigenen Bevölkerung in NSW und Victoria lebte in staatlichen Ansiedlungen, da dort zumindest ihre Grundbedürfnisse in den Bereichen Verpflegung, Unterkunft, Bildung und medizinischer Versorgung befriedigt wurden (STEVENS 1981:22-23; BARWICK 1963:Table IV). "In the first instance these policies grew out of the belief that the Aboriginal race was doomed and that, in decency, the European community should provide some respite before the demise" (STEVENS 1981:10). Das Versäumnis der Regierung jedoch, die Reservate mit den notwen digen Einrichtungen zu versorgen. um die wirtschaftliche und soziale Entwicklung und jene im Bildungsbereich für die Aborigines sicherzustellen, ließ die bestehende Kluft zwischen den zwei ethnischen Gruppen anwachsen. In Anlehnung an STEVENS (1981:12,187) haben diese Institutionen die Kluft hinsichtlich der sozialen und ökonomischen Lebensbedingungen zwischen den beiden Völkern verstärkt.
3.2.6 HistorischeBildungssituation
"In all of the main administrative areas before the second world war it was common for Aborigines to be excluded entirely from the State education system or be subjected to a
5-4 ROWLEY (1970/1971a) erläutert die Entwicklung der restriktiven Arbeitsbedingungen in den einzelnen Bundesstaaten, unter denen die Aborigines während der Kolonialzeit beschäftigt wurden.
mediocre form of church or missionary education which had at its prime purpose the redemption of their souls. Where education was received it was the most cursory kind, barely fitting the graduate to be described as literate" (STEVENS 1981:37).
Das Schulsystem war von Beginn ein Schlüsselelement der Beziehung zwischen Aborigines und nicht-indigenen Australiern. Eine historische Ursache, die mit zu der heutigen negativen Bildungs- und Beschäftigungssituation der Aborigines geführt hat, besteht in den überwiegend negativen Interaktionen zwischen Generationen von Aborigines und weißen Pädagogen. Viele Aboriginal Eltern betrachten das Schulwesen heutzutage im Licht ihrer eigenen zumeist negativen Erfahrungen. Aufgrund ihrer Erfahrungen in Missionen, Reservaten und Erziehungs anstalten vertreten viele ältere Aborigines die Ansicht, die europäische Bildung weder zu benötigen noch respektieren zu müssen. Der Zusammenhang zwischen Ausbildung und Verwaltung der Institutionen machte die Schulzeit zu einem unangenehmen Erlebnis, das durch Kontrolle und Beschränkung gekennzeichnet war, anstatt durch Ermutigung und Bestärkung. Die Schule war ein zusätzliches Element der Herrschaft der Weißen. Die lange Geschichte negativer Schulerfahrungen nährte das anhaltende Mißtrauen vieler indigener Familien gegenüber dem weißen Bildungssystem (vgl. GROOME 1994:149; SAGGERS/GRAY 1991:81).
Im Hinblick auf die frühen staatlichen Schulen in den 1830er und 1840er Jahren bestand die grundlegende Motivation darin, die Kinder eines Volkes, welches in völliger Degradierung zu leben schien, zu zivilisieren und zu christianisieren. Dies entsprach einer Assimilierung ohne Wertschätzung und Verständnis der Aboriginal Kultur und Erziehung bzw. Bildung. Die Schulen wurden grundsätzlich als Mißerfolg gewertet. Mit der Schließung dieser staatlichen Schulen wurde eine direkte Einmischung der Regierungen in die Ausbildung der Aboriginal Kinder in den meisten Regionen Australiens bis in die frühen Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts beendet. Zwischen 1850 und 1960 lag die Hauptverantwortung hinsichtlich des Aboriginal Bildungs wesens in den Händen der Kirchen und Wohlfahrtsgruppen, welche Missions- und Reservats schulen im gesamten peripheren und ländlichen Australien errichteten. Ihr gemeinsames Ziel bestand darin, die letzten Spuren der Aboriginal Kultur auszulöschen und sie durch eine anglo europäische Arbeits- und Glaubensethik zu ersetzen (vgl. GROOME 1994:142-44). ROWLEY (1970:86-107) bezeichnet diesen Prozeß als civilisationbytuition."The missions attempted to split the generations and wreck the traditional pattern of socialisation in order to save the souls of the child" (ROWLEY 1970:102). Diese Missions- und Reservatsschulen schienen auch nach REYNOLDS' (1989:170ff) Dafürhalten völlig erfolglos und qualitativ unzureichend gewesen zu sein. Nur sehr wenige Schüler erlernten Fähigkeiten für ein unabhängiges Leben und Selbst management.
In peripheren Gebieten lagen die Schulen für Aboriginal Kinder normalerweise räumlich getrennt von denen der weißen Kinder, was zu einer Segregation von Weißen und Schwarzen in australischen Bildungsinstitutionen führte. In Gebieten, in denen sowohl Weiße als auch Schwarze lebten, kam es bis Mitte des 20. Jahrhunderts häufig vor, daß sich Eltern weißer Kinder widersetzten, ihre Kinder in eine gemischtrassige Schule zu geben (vgl. MATTING LEY/HAMPTON 1992:99ff). Vielen Aboriginal Kindern, welche lokale staatliche Schulen
besuchten, untersagte man folglich aufgrund von Anklagen weißer Eltern den Schulbesuch. BROOME (1982:149-50) berichtet, daß zahlreiche indigene Kinder in New South Wales vor 1949 aus staatlichen Schulen ausgeschlossen wurden. Außerdem benutzte man bis in die 1940er Gesundheitsvorschriften, um Aboriginal Kinder aus staatlichen Schulen in Western Australia auszuschließen und in Reservatsschulen zu stecken. Der Aborigines Protection Boardverwal tete diese Reservatsschulen bis 1940. Den in abgelegenen station camps lebenden Aborigines standen keinerlei Schulen zur Verfügung (vgl. REYNOLDS 1989:170-181; GROOME 1994:145; SAGGERS/GRAY 1991:80).
Man führte psychologische Studien über Aboriginal Kinder durch. Ihre Ergebnisse, Aboriginal Kinder seien intellektuell minderwertiger und weniger leistungsfähig als nicht-indigene Kinder, dienten dazu, die offizielle und öffentliche Meinung über Aborigines zu bestätigen und die Assimilationspolitik zu legitimieren (McCONNOCHIE 1981 in: GROOME 1994:146). Dies hat häufig zu einem niedrigen Selbstwertgefühl der indigenen Bevölkerung geführt, was bis heute Spuren hinterlassen hat. Die Studien hatten Langzeitauswirkungen auf die Ausbildung indigener Kinder. Bildungsminister verwendeten die Ergebnisse dazu, Aboriginal Kindern eine geringere schulische Unterstützung zu gewährleisten und ihr Leistungsnivau niedrig zu halten. Dies beeinflußte wiederum zahlreiche Lehrer im Umgang mit Aboriginal Kindern. Die grundlegende Motivation, die Kinder zu "verbessern" und zu "zivilisieren" blieb bestehen, da sie aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer "minderwertigen" Gruppe als unter der akzeptablen Norm einer zivili sierten Gesellschaft eingestuft wurden. Die Reservatsschulen besaßen ein sehr niedriges Ausbildungsniveau. Es wurden Lehrpläne herangezogen, welche den Aboriginal Kindern im Alter von 14 Jahren das vermitteln sollten, was australische Schüler in staatlichen Schulen schon im Alter von 8 Jahren lernten. Auch nach 1940 widmete der neue Lehrplan der Reservatsschulen die Hälfte der Zeit dem Werkunterricht, Gartenarbeiten und der Leibeserzeihung; dies erzog die Aborigines ausschließlich zu ungelernten Arbeitskräften (vgl. BROOME 1982:149-50; GROOME 1994:143-53; ROWLEY 1971b:340). Viele Aboriginal Kinder waren hinsichtlich ihres Schulbe suchs zusätzlich benachteiligt, da ihre Familien damals noch eine "umherziehende Lebens weise" führten, die von Saison- und Gelegenheitsarbeit geprägt war.Nach dem Referendum von 1967 übernahm das Bildungsministerium die Verantwortung über die Missionsschulen. Neue politische Leitlinien versuchten das Bildungsniveau der Aborigines anzuheben und demjenigen der nicht-indigenen Bevölkerung anzugleichen (vgl. MATTINGLEY/HAMPTON 1992:104-106) (vgl. Kap. 7).
3.3 Autonomieverlust
Obgleich sich die australische Wohlfahrtspolitik im laufe der Zeit veränderte, von der Befür wortung einer separaten Entwicklung (smoothing the dying pil/ow) bis hin zu einer Assimilations politik, beinhalteten alle politischen Leitbilder ein großes Maß an europäischer Kontrolle und Einflußnahme. Während der Missions- und settlement-Ärazwang man die indigene Bevölke rung, in vollständiger Abhängigkeit und unter außerordentlich restriktiven Kontrollen zu leben. Die Bedeutung der Lebensweise der Aborigines oder vielmehr das, was davon übriggeblieben
war, wurde zumeist ignoriert oder diskrediert. "... the Aborigines were reduced to an almost invisible, inaudible segment of the Australian population (R.&C. BERNDT 1992:519-20).
Obwohl staatliche Rationen Not und Elend der Aborigines lindern sollten, welche durch den Verlust der natürlichen Nahrungsressourcen verursacht worden waren, hatten sie drastische Auswirkungen auf Gesundheit und wirtschaftliche Aktivitäten. Man unterschätzte die aktive Unabhängigkeit der traditionellen Jäger- und Sammlerlebensweise und schuf eine seßhafte Abhängigkeit (vgl. MATTINGLEY/HAMPTON 1992:20). Der Autonomieverlust der AboriginalCommunitiesist als das Ergebnis ihres Kontaktes mit der weißen Gesellschaft und ihrer Geldwirtschaft zu betrachten. Als die Subsistenzwirtschaften der Aborigines zerstört waren, erhielt man ihre Abhängigkeit durch staatliche Sozialunterstützungen des australischen Wohlfahrtssystems aufrecht (vgl. ELLANNA et al. 1988:11). Dies bedeutet, daß sie bis weit in das 20. Jahrhundert vollständig auf öffentliche Gelder, Güter und Dienstleistungen angewiesen waren und es bis heute in anderer Form geblieben sind. ROWLEY (1970:32) meint, "There could be no clearer indication that a society which loses its autonomy completely, loses the power to make satisfactory change." Die indigene Gesellschaft im größten Teil Australiens hat niemals ihre Autonomie wiedererlangt.
Es haben sich bei den Aborigines ambivalente Gefühle von Minderwertigkeit und Überlegenheit entwickelt. Aborigines betrachten die Einstellungen der Europäer als "Manifestationen von Selbstzufriedenheit". Einerseits besitzen sie nach Ansicht ECKERMANNs (1977:310-11) kein schlechtes Gewissen, die "Almosen" in Anspruch zu nehmen. 55 Sie halten an der Überzeugung fest, daß sie nicht das sind, wofür sie "der weiße Mann" hält. Dies bestärkt ihr Gefühl der Überlegenheit. Andererseits doktrinierte man den Aborigines die Vorstellung ihrer Minder wertigkeit viele Generationen lang ein, die sie mittlerweile verinnerlicht haben. Es ist wahrschein lich, daß ein großer Teil der Aborigines emotionale Qualen und Persönlichkeitsstörungen als Konsequenz der Erlebnisse in Reservaten und Missionen erlitten hat (vgl. BROOME 1982:108). Diese Persönlichkeitsstörungen sind nach Ansicht CAWTEs (1964 in: BROOME 1982:109) durch Passivität und Abhängigkeit gekennzeichnet. was mit passiver Aggression einhergeht. Er führt diese häufigen Persönlichkeitsstörungen indigener Erwachsene, die sich durch eine kindliche Abhängigkeit äußern, auf deren Uneigenständigkeit in Missionsstationen und ihren Mangel an Möglichkeiten und Antrieb unter einem paternalististischen Regime zurück {Aboriginal caste-status). SWAN (1988:2) bezeichnet dies als eine soul destroying dependency (vgl. sociology of settlements,Kap. 3.2.3).
Vielen Arbeitgebern fehlte das Verständnis für das Problem der Aborigines, sich von einer abhängigen Lebensweise in einer Mission oder einem Reservat an die einer regelmäßigen wirtschaftlichen Tätigkeit umzugewöhnen. Demnach waren und sind Anklagen über die Unge eignetheit der Aborigines aufgrund ihrer mangelnden Initiative und ihres häufigen Fernbleibens von der Arbeit an der Tagesordnung (vgl. BROOME 1982:141-42). Es ist hierbei von außeror dentlicher Bedeutung, die Hintergründe und Folgewirkungen dieses Paternalismus· zu beleuch-
vgl. intelligentparasitismvon ELKIN (1981:364ff)
ten. Aborigines mußten im allgemeinen nicht für die mageren Grundbedürfnisse bezahlen, welche ihnen von den Missionen, settlements und Viehstationen gewährt wurden. Nahrungs mittel, Kleidung, Unterkunft und kleine "Luxusartikel" waren Standardleistungen in diesen institutionalisierten "Rationierungsregimen". Da die indigene Arbeitskraft sehr häufig gewaltsam ausgenutzt wurde und Löhne sehr niedrig bzw. nicht-existent waren, blieb ihnen von Anfang an bis in die späten 1960er Jahre die Möglichkeit verwehrt zu lernen, wie man mit Geldeinkünften bzw. finanziellen Mitteln umgeht und haushaltet (vgl. HEMMING 1994:30; ROWSE 1988:53) (vgl. Kap. 4.2.2.3).
Auswirkungen auf heutigeAboriginal Communities
Die ehemaligen Missionen und staatlichen Ansiedlungen verkörpern die heutigen Aboriginal towns,welche nach den Worten von YOUNG/DOOHAN (1989:222-23) als "Artefakte der Admini stration", d.h. als künstliche Schöpfungen der Regierungen und Missionen errichtet wurden. Diese ehemaligen Reservate und Missionsstationen stellen heute paradoxerweise die kohäsiv sten indigenen Gruppen des Landes dar, die sich am stärksten der Assimilation widersetzen (vgl. STEVENS 1981:20). Die überwiegende Mehrheit dieser Aboriginal Communities56erfüllte ursprünglich keine weitere wirtschaftliche Funktion. Den meisten von ihnen gelang es auch in neuerer Zeit nicht, andere bedeutsame wirtschaftliche Funktionen zu entwickeln. Als Konse quenz können sie die dort lebende Aboriginal Bevölkerung nicht mit Beschäftigung versorgen, außer dem begrenzten Ausmaß an Funktionen, welche im Zusammenhang mit den Dienst leistungen für die Communityselbst stehen (vgl. FISK 1985:109) (vgl. Kap: 5.4.2). Es gab zahlreiche spätere Versuche, Aboriginal Gruppen auf bewirtschaftbarem Land anzusiedeln. Doch wurden diese bis in die jüngste Zeit hinein durch Zwang aufrechterhalten. Autarkie bedeutete ausschließlich Autarkie für die Institution, jedoch nicht für die Insassen (vgl. L. SMITH 1980b:197).
Als diese Institutionen ihre Verwaltungsrolle in den 1960er und 70er Jahre aufgaben, bemerkte ein Großteil der Aborigines, daß es ihnen an den notwendigen Fähigkeiten fehlte, in der australischen Gesellschaft überleben und konkurrieren zu können. Auch wenn viele dieser repressiven und diskriminatorischen, staatlich legitimisierten Praktiken aufgegeben wurden, wirken sie sich bis heute sehr negativ auf viele Aspekte des Lebens der Aborigines aus und werden es noch für geraume Zeit tun (vgl. HRSC 1992:6; STEVENS 1981:202; REYNOLDS 1981:127). Erst ab den 1970er Jahren zog man die Möglichkeit einer ökonomischen Unab hängigkeit und das Konzept der Rückerstattung von Land in Erwägung (vgl. Kap. 5.6 und 6.1).
Heutige Aboriginal Communitiesin entlegenen Gebieten besitzen zwar einen eigenen Rat, doch die Verwaltung liegt nahezu ausschließlich in den Händen von Nicht-Aborigines. Auch andere
56 Es sind jene auf den Rinderstationen und outstations ausgenommen.
Schlüsselpositionen in einer Aboriginal Community57sind auf nicht-indigene Personen konzen triert. Diese Struktur spiegelt die Fortsetzung der historisch geschaffenen Abhängigkeit der indigenen Bevölkerung wider (vgl. HAMILTON 1987:137). ELLANNA et al. (1988:253) erläutern (am Beispiel des NT) die großen Schwierigkeiten, Aboriginal Unternehmen unter indigener Kontrolle aufzubauen. Die erfolgreichen Unternehmen werden bis heute fast ausschließlich unter nicht-indigenem Management betrieben. Die Aborigines erhielten keinerlei Möglichkeiten einer Ausbildung im Bereich des Managements eigener Unternehmen, und ihr Wissen in finanziellen Bereichen war minimal. Dies gekoppelt mit der Tatsache, daß sie anfänglich weit unter dem angemessenen Niveau bezahlt wurden, schuf die Basis für ihr geringes Verständnis im Unternehmensfinanzwesen heutzutage. Mit diesem Hauptproblem sind indigene marktwirt schaftliche Unternehmen noch heute konfrontiert. Die Autoren erläutern weiterhin, daß viele der heutigen marktwirtschaftlichen Betriebe in entlegenen AboriginalCommunitiesursprünglich nicht als profitorientierte Unternehmen errichtet wurden. Sie waren Artefakte der Assimilationsära, vorwiegend Ausbildungsstätten (training schemes) zur Vermittlung von Fähigkeiten, welche den Aborigines wiederum den Zutritt in die Arbeitsbevölkerung - als Angestellte von Nicht-Aborigines
- ermöglichen sollten (vgl. ELLANNA et al. 1988:61-63; STEVENS 1981:11).
Doch dies erklärt keineswegs hinreichend den nahezu universellen Mißerfolg von Unternehmen, deren Verantwortung man den Aborigines und AboriginalCommunityOrganisationen übertrug, als die Assimilationspolitik der 1950er und 60er Jahre von Selbstbestimmung und Selbstma nagement in den 70er Jahren abgelöst wurde. "As in so many other aspects of the interaction between Aboriginal and non-Aboriginal society, the Aborigines who were supposed to·Iearn• from non-Aborigines, learnt very little as long as they were denied a say in and control over the enterprises theywere supposed tobe learning about (...) To have a say, to control, is tobe able to manage not merely the enterprise itself but its relations with and its impact on the social fabric and culture of the people undertaking it" (ELLANNA et al. 1988:253). Das Problem besteht demnach darin, daß man den Aborigines kaum jemals Verantwortung übertrug, wodurch sie auch niemals die Belohnung ihrer Arbeit erkennen konnten. Theoretisch betrachtet sollte das heutige Selbstmanagement der AboriginalCommunitiesAbhilfe schaffen, doch bis dies nicht im Zusammenhang mit der Kontrolle über eine ökonomische Ressource (z.B. Land, Bergbaurechte} steht, welche der indigenen Bevölkerung ein angemessenes Einkommen gewährleisten kann, wird es YOUNGs (1981:11) Ansicht nach in der Praxis niemals erfolgreich sein.
Diese künstlich errichteten Aboriginal Communitiesschufen erhebliche soziale und kulturelle Probleme für ihre indigenen Bewohner. Die Communitiessind fast ausnahmslos heterogen in bezug auf Stammes- und Sprachgruppenangehörigkeit. Es leben dort heute Aborigines mit traditionellen Bindungen an räumlich entfernt gelegenes Land zusammen. Da Aboriginal Familien in der Assimilationsära oftmals gesplittet und in verschiedene Communities- in beträchtlicher Entfernung voneinander - umgesiedelt wurden, stellten sie häufig Bindungen zu Orten und Communitiesher, zu denen sie ansonsten wenig Beziehung gehabt hätten. Dies birgt
57 Die wichtigsten Funktionen in Aboriginal Communitiessind Ladengeschäftsführer, Lehrer sowie Positionen im Bereich der medizinischen Versorgung und in der Kommunalverwaltung.
weitreichende Probleme hinsichtlich der heutigen Landrechtsgesetzgebung bzw. Landrück gewinnungen der indigenen Bevölkerung. Mischehen und andere Beziehungen zwischen Stämmen, Familien und Clans verkomplizieren die Sozialstruktur der Communities.Nahezu alle von ihnen weisen einen relativ hohen Grad an Spannungen und sozialer Disharmonie auf. Diese Spannungen haben weitreichende Konsequenzen auf viele Bereiche ihres Community-Lebens. 56 Dazu zählt auch der Prozeß der Entscheidungsfindung über Projektvorschläge wie z.B. Wirtschaftsunternehmen, Arbeitsplätze, öffentliche Einrichtungen und die Bereitstellung von Unterkünften (vgl. ELLANNA et al. 1988:258; YOUNG 1990:188-89; SWAN 1988:2). "Reforming their charter as'independent Aboriginal Communities·, removing direct mission or government control (...) and then expecting communal consensus decisions which could equally benefit all members of 'the community' was based on a historical and sociological misunderstanding no less profound than that which had occured during the nineteenth century" (HAMILTON 1987:137).59
58 Noel NANNUP (Narrogin, 25.5.94) machte auf die Tragweite von Spaltungen innerhalb Aboriginaf Commu nitiesaufmerksam. Diese fractions- die Aboriginal Communityin Narrogin besteht aus zwei Parteien - treten seiner Aussage zufolge in nahezu allen Landgemeinden Australiens auf. Auch Alex Kruger vom Arrernte Councif (16.6.94 in Alice Springs) betonte die äußerst kompliziert gewordenen Sozialstrukturen in Aboriginal Communilles.Jenny Disley (21.6.94) und Alan Keeling (23.6.94; beide in Titjikala) berichteten von häufigen Gewalttätigkeitenzwischen Mitgliedern von AboriginalCommunitieswie z.B. in Kiwirrkurra (Westem Desert)und Hermannsburg (Zentralaustralien).
59Auf den politischen und gesellschaftlichen Wandel in Australien wird in Kap. 6.1 eingegangen. Weitere relevante historische Ereignisse können in der Chronik im Anhang nachgelesen werden
4 Kulturelle Einflußfaktoren
Die Aboriginal Bevölkerung durchlief seit ihrem Kontakt mit der europäischen Gesellschaft einen grundlegenden Akkulturationsprozeß, der sowohl über eine sozio-kulturelle als auch räumliche Dimension verfügt. Er ging einher mit einem Identitätswandel, was in elementaren Identitätskon flikten der heutigen Aborigines resultierte. Im Anschluß an diese Thematiken werden diejenigen traditionellen Kulturelemente der Aboriginal Minderheit diskutiert, die bis heute bewahrt worden und mit tiefgreifenden Konsequenzen für ihre sozio-ökonomische Situation verbunden sind. Es sind besonders die indigenen Einstellungen, Motivationen und Prioritäten hinsichtlich des Umgangs mit Geld und der Bedeutung von Arbeit, welche einer gleichberechtigten Teilnahme am und Integration in den australischen Arbeitsmarkt häufig entgegenwirken und dement sprechend als Barrieren bzw. Hemmfaktoren fungieren. Zum Abschluß wird eine Auseinander setzung mit der kulturellen Eignung sozio-ökonomischer Standardindikatoren erfolgen. 60
4.1 Akkulturationsprozeß und Identitätskonflikt
4.1.1 Akkulturationsprozeß
"Kultur" soll hier das Charakteristikum des sozialen Erbes einer Volksgruppe belegen und beinhaltet folglich deren materielle, mentale, spirituelle, verhaltensmäßige und institutionelle Reaktionen auf ihre gesamte Umwelt Mit der gesamten Umwelt werden nicht nur die geographi schen, physischen und klimatischen Charakteristika der jeweiligen Region bezeichnet, sondern auch die demographischen, sozialen, politischen und ökonomischen Umstände, in welche die Gesellschaft eingebettet ist. "Kultur" bezieht sich somit nach FISK (1985:114ff) auf die Ge samtheit der Anpassungen einer Gruppe an ihre Umgebung. In diesem Zusammenhang ist die Erkenntnis wichtig, daß die Kultur der Aboriginal Stämme in ihrem voreuropäischen (pre-contact)Zustand an ihre Umwelt höchst angepaßt war. Diese Umwelt war durch einen relativ unbesie delten Kontinent geprägt, gewissermaßen unbeeinflußt von geregeltem Kontakt mit der äußeren Welt. In dieser konnten die Aborigines ein halbnomadisches Leben, d.h. ein Jäger- und Sammlerdasein führen. Die Technik ihrer Jagd- und Sammelwirtschaft, ihre enge Verbundenheit zum Land, ihre materiellen Fähigkeiten, Werkzeuge, Mythologie, Kunst. Musik und mündlichen Traditionen waren allesamt Teile dieser Kultur und damit ihrer Anpassungen an die Umwelt.
60Auf ene ausführflChe Interpretation dertraditionellen Kultur der indigenen Australier, wiesie bis vor 200 Jahren existiert hat, soll im Rahmen dieser Arbeit verzichtet werden. Es sei auf umfassende Werke über ihre traditionelle Wirtschafts- und Sozialstruktur von BATES (1938); SPENCER/GILLEN (1938); STREHLOW (1968); ELKIN (1981); DINGLE (1988); W. EDWARDS (ed.) (1991); R.&C. BERNDT {1992); LOWLOR
(1993) u.a. verwiesen.
Die ursprüngliche Umwelt der Aborigines veränderte sich irreversibel durch die Ausdehnung der europäischen Besiedelung in nahezu allen bewohnbaren Regionen Australiens. Ferner fanden großflächige Veränderungen durch die Einführung von Weidetieren, hochtechnologisierter Landwirtschaft, Viehwirtschaft und durch den Bergbau statt (vgl. Kap. 3.1). Die Kultur der Aborigines war an ihre ursprüngliche Situation - gekennzeichnt durch Isolation und Knappheit - ideal angepaßt. In der radikal gewandelten Umwelt war die Gesamkeit ihrer kulturellen Kompo nenten nicht länger geeignet und eine Neuanpassung notwendig geworden. FISK (1985:114) spricht einen Kernpunkt an, wenn er meint: "The difference between the Aborigines and most other races is not that they have a need to adjust to change, but rather that they have (had) much further to go in the relatively short period since contact with the external world". Aborigines haben demnach weitaus größere Schwierigkeiten damit, sich an die sozialen und ökonomischen Bedingungen der australischen Gesellschaft anzupassen als die meisten anderen indigenen Völker. Eine weitere Ursache liegt darin, daß sich ihre traditionelle Lebensweise in größerem Ausmaß von den modernen australischen Lebensbedingungen unterscheidet als dies bei anderen ethnischen Gruppen der Fall ist. Den relativ größeren Erfolg bei der ökonomischen Anpassung der zweiten indigenen Gruppe Australiens, den Torres Strait lslandern, erklärt FISK (1975 in: 1985:111-12) unter anderem damit, daß die Insulaner ursprünglich eine seßhafte,
dorfähnliche Wirtschaft aufwiesen, welche auf Landwirtschaft und Fischerei basierte (vgl. B.
1
EDWARDS 1994:74).
Die Kultur der Aborigines hat sich in den letzten 200 Jahren so rapide wie nie zuvor gewandelt. Die heutige urbane Umgebung und Beschäftigung lassen viele Komponenten der Aboriginal Kultur unangepaßt und unbrauchbar zurück, und zwar Kulturelemente, welche über Zehntau sende von Jahren hinweg aufgebaut wurden. "To meet the needs of an urban environment, Aborigines have to make radical adjustments to almest every facet of their lifestyle" (FISK 1985:10). Für Aborigines mit einem starken nicht-Aboriginal Hintergrund ist diese Anpassung einfacher als für diejenigen mit einem traditionellen. Dennoch existiert für alle Aborigines die Notwendigkeit für ein gewisses Maß an Adaption. Diese Anpassung wird nach der Auffassung des Autors dringend erforderlich, wenn Aborigines für ihren Lebensunterhalt von einer nonAboriginaltown(vgl. Kap. 5.4.3) oder einer Großstadt abhängig sind. Heute machen alle Aborigines von Elementen der weißen Gesellschaft Gebrauch und erachten sie für notwendig. Die heutige sozio-ökonomische Situation jeder Aboriginal Communityist durch eine Verschmel zung der Aboriginal mit der nicht-Aboriginal Kultur gekennzeichnet. Der Unterschied liegt jedoch in dem Ausmaß, in welchem sie diese eingeführten Elemente verändern und adaptieren. Der Stellenwert traditioneller Verhaltensformen und Aktivitäten in ihrer Lebensweise differiert ebenfalls (vgl. YOUNG 1981:55; STANNER 1979:368-69).
ELKIN (1951) und R BERNDT (1951) interpretieren die jeweils unterschiedlichen Einflüsse der weißen Gesellschaft auf einzelne indigene Gruppen als Stadien eines Kontinuums zwischen traditionellen Aboriginal und europäischen Kulturen, wobei sie dem Zeitfaktor für den Grad der Assimilation eine übergeordnete Bedeutung beimessen. Andere Autoren (HIATT 1965, BELL 1983, GALE 1964 u.a.) gliedern indigene Communities hinsichtlich räumlicher Ansätze. Unterscheidungen treffen sie hierbei allgemein zwischen Reservats- und settlement Commu-
nities,in denen Aboriginal Werte bestehen bleiben, fringe campCommunitiesin Landstädten, in denen Aborigines durch eine castebarriervon den Weißen getrennt sind sowie (Groß-)Stadt Communities,die eine größere Integration in die weiße Arbeiterschicht aufweisen (vgl. MONK 1972) (vgl. Kap. 3.2 und 5.4).
Die indigene Minderheit Australiens lebt heute in einer Vielfalt geographischer und sozio kultureller Lebenssituationen. Generalisierungen sozialer und wirtschaftlicher Zielvorstellungen verhüllen die Spannbreite unterschiedlicher Vorstellungen innerhalb der indigenen Bevölkerung. STEVENS (1981:30,204) erläutert, daß die Lebenssituation der Aborigines für viele nachfol gende Generationen in zwei Extreme geteilt sein wird. An dem einen Skalenende des Akkultura tionsprozesses findet man die traditionell-orientierten Communities in ländlichen und peripheren Regionen. Hier leben zu einem Großteil Aborigines mit vollständiger indigener Abstammung. Das andere Skalenende nehmen die part-AboriginalFamilien ein, welche den Übergang in die westliche Gesellschaft vollzogen haben, indem sie in suburbanen Stadtregionen wohnen und Werte und Bräuche der weißen Mittelschicht angenommen haben. Diese beiden Gruppen verkörpern folglich Stadt-Land-Disparitäten und weisen außer in räumlicher auch in ökonomi scher, sozialer und politischer Hinsicht große Unterschiede voneinander auf. Einige dieser Gruppen haben den Übergang in die weiße Gesellschaft vollzogen und zeigen kaum den Wunsch, ihre Aboriginal Identität zurückzuerhalten. Die meisten hingegen bekennen sich bewußt als Aborigines und "are acting (...) as the political sounding board for diverse interests through out the country" (STEVENS 1981:204).
Etliche Aborigines praktizieren noch immer Zeremonien, Lieder, Tänze und sprechen ihre eigene Sprache im Rahmen ihrer traditionellen Kultur. Der Ausdruck "traditionell-orientiert" wird zur Cha rakterisierung derjenigen Aborigines verwendet, welche noch eher ihrer eigenen traditionellen Kultur entsprechend leben, ihrer traditionellen Sprache den Vorzug geben und häufig geringe Kenntnisse der englischen Sprache aufweisen, "who are discouraged from even visiting the town" (STEVENS 1981:30) (vgl. Kap. 7.3). Sie bewerten materielle Bedürfnisse und Beschäf tigungsmöglichkeiten nicht derart hoch wie die indigenen Stadtbewohner. Aborigines, welche sich noch stark an ihren Traditionen orientieren, leben vorwiegend in abgelegenen und länd lichen Communitie s.In einigen Regionen Australiens hat noch ein Großteil der traditionellen Lebensweise überlebt, jedoch zunehmend mit erheblichen Modifikationen. Die letzten großen "sozio-kulturellen Reservoirs" sind insbesondere das Arnhem Land und die Western Desert (vgl. R.&C. BERNDT 1992:51911977:3-4; C. BOURKEIE. EDWARDS 1994:100; AMERYIC. BOURKE 1994:118; JONES 1993:433; YOUNG 1981:14).
Andere Aborigines hingegen besitzen nicht mehr diesen Zugang zu ihrer traditionellen Kultur. Sie kennen häufig ihre kulturellen Familientraditionen nicht und können sich nicht in ihrer traditionel len Sprache artikulieren. Als Konsequenz sind viele traditionelle Praktiken verloren gegangen oder stark modifiziert worden. Im Gegensatz zu den traditionell-orientierten, leben Aborigines von gemischter Abstammung überwiegend in regionalen Zentren und Großstädten. YOUNG (1981:14) ist der Ansicht. daß viele Aborigines in metropolitanen Communities einen ähnlichen Lebensstandard und Beschäftigungsmöglichkeiten wie die nicht-indigene Bevölkerung anstreben
{vgl. JONES 1993:433; C. BOURKE/E. EDWARDS 1994:100; AMERY/C. BOURKE 1994:118).
In den Metropolen wie Sydney oder Adelaide lebt die Aboriginal Bevölkerung teilweise verstreut, tendiert jedoch dazu, sich in wenigen Stadtbezirken zu konzentrieren wie z.B. in Redfern (Sydney) und in Port Adelaide {Adelaide), was wiederum neue städtische Aboriginal Commu nities hervorgebracht hat. Die meisten ihrer indigenen Bewohner sind nicht von vollständiger Aboriginal Abstammung und ihr Lebensstil ist vorwiegend von nicht-indigenen ökonomischen Komponenten geprägt. Sie leben in konventionellen Häusern, bilden einen Teil der städtischen Erwerbsbevölkerung und machen Gebrauch von öffentlichen Einrichtungen wie Schulen, medizinischen Einrichtungen und sonstigen Dienstleistungen. Aboriginal Gruppen in kleineren Städten (wie beispielsweise Bourke oder Moree in NSW, Narrogin in WA oder Alice Springs im NT) sind sehr viel facettenreicher. Hier leben Aborigines, die sowohl partieller als auch vollständiger indigener Abstammung sind. In ihrem Lebenstil spielt die Aboriginal Komponente eine größere Rolle, und in vielen Fällen weisen sie nicht den gleichen Standard bezüglich Wohnverhältnissen oder Dienstleistungen wie die übrigen Australier auf. Dies trifft auch auf die meisten Aboriginal towns (z.B. Titjikala in Zentralaustralien) zu (vgl. Kap. 5.4). Manche Aborigines in Alice Springs hausen in temporären Lagern, Zeltunterkünften oder "unter freiem Himmel". Die Abgelegenheit vieler Missionsstationen und Siedlungen und die Kontrolle und Beschränkung ihres Kontaktes mit der allgemeinen Gesellschaft hat nach der Auffassung von MADDOCK (1977:27) die Aborigines vor einer Deintegration geschützt. Dies steht im Gegensatz zu den indigenen Stadtbewohnern, welche mit den größten Identitätskonflikten konfrontiert sind.
4.1.2 Identitätskonflikt
"... But what is Aboriginality? 1s it being tribal? Who is an Aboriginal? ls he or she someone who feels that other Aboriginals are somehow dirty, lazy, drunken, bludgers? ls an Aboriginal anyone who has some degree of Aboriginal blood in his or her veins and who has been demonstrably disadvantaged by that? Or is an Aboriginal someone who has had the reserve experience? ls an Aboriginal institutionalized gutless, an acceptance of the label the most powerless people on earth? or is Aboriginality when all the definitions have been exhausted a yearning for a different way of being, a wholeness that was presumed to have existed before 1788?" (WATSON 1977 in: JORDAN 1988:114).
Aus soziologischer Perspektive heraus kann Identität als eine Form sozialer Interaktion definiert werden. "Once it is crystallized, it is maintained, modified, or even reshaped by social relations" (BERGER/LUCKMANN 1966 in: JORDAN 1988:109). Wenn nun eine bestimmte "Aboriginal Identität" formuliert worden ist, fungiert diese theoretische Formulierung dazu, eine Realität zu produzieren, innerhalb derer Individuen eine eigene Identität finden können, die wiederum ein bestimmtes Verhalten erfordert.
Man kann zwei kontrastierende Prozesse der Identitätsfindung bei Aborigines unterscheiden. Für traditionell-orientierte Aborigines einerseits resultiert die Selektion von Identitäten aus der
Vergangenheit in ein "gelebtes" Leben, da sie die Vergangenheit in ihre aktuellen sozialen Strukturen integrieren. Für die indigenen Stadtbewohner ist es jedoch vielmehr die "Vorstellung" der traditionellen Aboriginal Lebensweise, welche für den Zweck, ein sozio-kulturelles Erbe zu errichten, Verwendung findet. Es ist weniger die Realität, was einst eine traditionell semi nomadische Existenz war. Städtische Aborigines selektieren Identitäten bzw. Charakteristika aus der Vergangenheit, um sich als Aborigines abzugrenzen. Für sie besteht nun das Problem, wie diese Elemente in ihr "gelebtes Leben" integriert werden können. Meist können sie nicht eingebettet werden. Für sie gewinnt vielmehr der Lernprozeß über die traditionelle Aboriginal Lebensweise anstelle der Integration von Elementen aus der Vergangenheit in die Gegenwart an Bedeutung 61 (vgl. R.&C. BERNDT 1992:526-28; BECKETT 1988:207; JORDAN 1988:126-28; R. BERNDT 1977:11).
Vor allem die Aborigines in urbanen Lebenswelten erhoben die Landrechtsthematik und ab Ende der 1980er Jahre die killings in police custody zur nationalen Thematik; sie fungieren auch in anderer Hinsicht als Wortführer und Entscheidungsträger im Namen aller Aborigines. "... land has become not just an economic or a spiritual resource, but the means by which the Aboriginal past is substantialised in the Australian present, and the locus in which Aboriginality can be realised through self-determination. (...) through descent and political activism, urban Aborigines made the Dreamtime contemporary, and the means by which this occured was backward metaphorisation of the present" (BECKETT 1988:211,208).
In traditionell-orientierten Lebenssituationen entwickelte sich ein herausragender Bikulturalismus (z.B. im Schulwesen, vgl. Kap. 7.6). In dieser "worfd of meaning"sind Aborigines dazu gezwun gen, einen separaten Status für sich zu finden. Städtische Aborigines hingegen orientieren sich hinsichtlich Beschäftigung und Lebensstil eher zur weißen Gesellschaft hin. "Their problem is to construct a credible, positive identity and yet be able to move in and out of white society - in other words, they too, are asked tobe bicultural" (JORDAN 1988:128). Ein Hauptproblem für Aborigines besteht folglich darin, daß sie sich in zwei Welten bewegen, in der Welt der Aborigines und der Welt der Nicht-Aborigines. Dies resultiert im Identitätskonflikt der meisten indigenen Australier."... in a cultural ·no-man's' land struggling to maintain the old ways and the authority of tribal law on the one side and yet being pushed (...) in the direction of white Anglo Saxon protestantcapitalism" (MOIR 1988:431). Einen Großteil der sozialen und wirtschaftlichen Probleme der Aborigines kann man YOUNGs (1981:1) Ansicht nach direkt ihrem Identitäts konflikt zuschreiben. "Aboriginal culture, like ours, is instrumental to live... (STANNER 1979:369-70). Dieser zentrale Punkt scheint STANNER zufolge in der gleichzeitigen Forderung nach dem maximalen Grad an Fortschritt und dem Schutz der Kultur der Aborigines oftmals übersehen zu werden."... when the real dilemma might be as weil described as that of people who held to the old beliefs, but were in situations where they could no longer do what they
61 Diese Kulturelemente werden den städtischen Aborigines im Gegensatz zu den traditionell-orientierten durch das Wissen der weißen Gesellschaft vermittelt. JORDAN (1988:110-128) geht ausführlich auf diese fundamentalen Unterschiede hinsichtlich des Prozesses ihrer Identitätsfindung ein.
believed tobe right" (ROWLEY 1970:330). 62 Autoren betonen vor allem den Identitätskonflikt der jüngeren Generation. "They [the lost generation] are permanently ·creatures of the wilds' with no one to guide them to a confident home or status or attainment or honour either in their society or in ours" (C. BERNDT 1977:408; vgl. STANNER 1979:352).
Die vollständige Identifikation in traditioneller Form ist heute keine Realität mehr. Es bildete sich eine neue Form von Aboriginal Identität heraus, welche etwas von der traditionellen beinhaltet, jedoch einiges weniger als zuvor. Der weitaus größere Teil derer, welche sich heute als Aborigines bezeichnen, sind keine Aborigines in diesem traditionellen Sinne. Die meisten traditionellen Aboriginal Aspekte haben in einer modifizierten oder sogar beeinträchtigten Form überlebt. Aborigines identifizierten sich später weniger aufgrund von gemeinsamer Abstammung und Aktion als vielmehr aufgrund der Anerkennung gemeinsamer Erfahrungen in Kontakt situationen mit den Europäern, in denen feindselige Druckmechanismen die eigene Initiative und die der Gruppe blockierten. Diese Begegnung mit den Europäern - traumatisch, unterdrückend und oft verheerend - wurde ein Teil ihrer Identität. Obgleich sie sozial und kulturell weit von den traditionellen Aborigines entfernt wurden, stempelten Außenstehende sie als Aborigines ab (vgl. R. BERNDT 1977:1-5). Die den Aborigines von der weißen Gesellschaft offerierte Identität war niemals vorhersehbar oder stabil gewesen. Die dominante Gesellschaft konfrontierte die Aborigines mit unterschiedlichen politischen Leitbildern, Zensus-Kategorien, Gesetzgebungen und Praktiken mit jeweils differierenden, teilweise widersprüchlichen Identitäten und Status in verschiedenen Zeitperioden: 63 "Aboriginal", "part-Aboriginal"bzw. "weiß" - jede Kategorie impli zierte entweder positive oder negative Merkmale (vgl. JORDAN 1988:11Off) (vgl. Kap. 3.2.1).
Seit den 1970er Jahren schafften Veränderungen hinsichtlich der Aboriginal-Politik Möglich keiten für eine größere Kommunikation zwischen ehemals gemischten lokalen indigenen Gruppen. Ihr Aktionsradius erweiterte sich und es wurde ihnen möglich, sich durch gemeinsame Erfahrungen zu identifizieren. Außerdem dehnte sich ihre räumliche Mobilität aus, da sie die für lange Zeit künstlich aufrechterhaltenen Grenzen durchbrechen konnten (vgl. Kap. 3.2.4). Die unterschiedlichen Identitäten lokaler Gruppen von Aborigines wurden im laufe der letzten Jahre durch eine "Pan-Aboriginalität", d.h. eine kollektive Aboriginal Identität ersetzt. Der gestärkte Sinn für kulturelle und politische Identität hat zu dem Gefühl der Pan-Aboriginalität geführt, was bedeutet. daß Aborigines aus allen Teilen Australiens einen gemeinsamen kulturellen Hinter grund ihrer Aboriginalität anerkennen, während sie gleichzeitig eine große Vielfalt von Lebens weisen in ganz Australien aufrechterhalten. Diese ist für gemeinsame politische Aktionen der Aborigines relevant, welche sie dazu verwenden, um sich von der allgemeinen australischen Gesellschaft abzugrenzen (vgl. R. BERNDT 1977:2-12; C. BOURKE/E. EDWARDS 1994:95). "A wave of feeling, of Aboriginal identity, pointing towards pan-Aboriginality, (which) seeks to establish a common socio-cultural heritage" (R.&C. BERNDT 1992:528). Die Aboriginal Identität ist von grundlegender Bedeutung, da sie Personen von Aboriginal Abstammung im Gegensatz
KRAAS (1992:188) zufolge ist der cultura/ lag,d.h. die Diskrepanz zwischen der technischen und der gesel schaftlich-geistigen Entwicklung, einer der bedeutendsten Problembereiche des sozio-kutturellen Wandels.
Es snd dies dieProtektions- und Segregationsära, Christianisierung, Assimilationsperiode, Integration, Selbst bestinmung und Selbstmanagement (vgl. Kap. 3.2 und 6.1).
zu Nicht-Aborigines definiert. Der Kampf für Landrechte, Bildung und bessere Lebensbedin gungen, zusammen mit einem wachsenden Interesse an Aboriginal Traditionen, haben zu der Entstehung von größeren sozialen und politischen Gruppierungen und Organisationsstrukturen der indigenen Minderheit geführt. Heute spielt die Pan-Aboriginal Identität eine größere Rolle als die traditionellen kulturellen Unterschiede der ehemals über 500 verschiedenen Aboriginal Stämme. Dies belegt nach der Überzeugung E. BOURKEs (1994b:46) die Tatsache einer Kontinuität der Aboriginal Kultur.
R.&C. BERNDT (1992:528-30) prägten den Begriff der "neuen" Aborigines, womit sie all die Personen bezeichnen, welche von Aboriginal Abstammung sind oder sich selbst als Aborigines bezeichnen und sich eine eigene Nische in der australischen Gesellschaft geschaffen haben. Den Autoren zufolge wurden die Aborigines von anderen Australiern wiederentdeckt. Mit der Bezeichnung "die neuen Aborigines" wird die Aboriginal Identität mit einem positiven Ausdruck von Stolz belegt, d.h. ein(e) Aborigine mit einem gemeinsamen Hintergrund und kollektiven Erfahrungen zu sein. Diese Identität symbolisiert "ihren eigenen Weg". Mit "neuen" Aborigines wird somit von allen Aborigines gesprochen, ganz gleich ob sie traditionell-orientiert oder in städtischen Lebenswelten leben. R.&C. BERNDT (1992:530) sprechen von einer "Aboriginal Renaissance". Diese Renaissance ist nicht zwangsläufig eine Wiederbelebung der traditionellen Lebensweise. Es ist vielmehr eine Renaissance des großen Aboriginal Erbes, welches weiterhin auf Wandel reagiert. Obgleich der Inhalt differiert, existieren für die Aborigines genügend gemeinsame Elemente, um sich vom Rest der Bevölkerung abzugrenzen. "lf other Australians have re-discovered the Aborigines, people of Aboriginal descent are now engaged in the process of re-discovering themselves ..." (R.&C. BERNDT 1992:527). Sie betonen, daß das, was davon überleben wird, von der ursprünglich traditionellen Aboriginal Lebensweise völlig abweicht, besonders im Hinblick auf städtische Aborigines. Der Prozeß des "Sich-Selbst-Wiederent deckens" ist aus ihrer Geschichte heraus entstanden, welche durch Abhängigkeit und Unter ordnung, Paternalismus und Protektion, Mißhandlung und Vernachlässigung geprägt war. Daraus haben sich Gefühle wie Wut und Groll entwickelt. Innerhalb dieses Kontextes kristallisiert sich das neue Image der "Aboriginalität" heraus (vgl. C. BOURKE/E. EDWARDS 1994:100).
4.2 Unvereinbarkeit kultureller Wertmaßstäbe
Beschäftigungs-, Bildungs- und Rechtssysteme basieren allesamt auf bestimmten kulturellen Normen einer Gesellschaft. Regeln, Definitionen und Entscheidungen innerhalb eines Systems sind jeweils mit kulturellen Bedeutungen, Bewertungen, Abwertungen sowie einem eigenen Verständnis belegt, welche Auswahlmöglichkeiten, Praktiken und Ergebnisse prägen (vgl. PETTMANN 1988:28).
Es existieren heute zahlreiche gemeinsame Kulturelemente, durch welche sich die indigenen Australier von der australischen Mehrheitsbevölkerung abzugrenzen vermögen. Zwischen den sozio-kulturellen Elementen der indigenen und nicht-indigenen Australier bestehen fundamentale Unterschiede und Diskrepanzen. Aufrechterhaltene Kulturelemente der Aborigines lassen sich
meist nicht mit westlichen Elementen und Wertvorstellungen vereinbaren; sie sind sogar häufig kontraproduktiv. Demzufolge wirken viele kulturelle Komponenten der indigenen Minderheit als Hemmfaktoren und Barrieren im Hinblick auf ihre Integration in das australische Wirtschaftssy stem und auf eine Verbesserung ihrer sozio-ökonomischen Lebensbedingungen. Schließlich sind sozio-ökonomische Standardindikatoren, wie sie die Volkszählung verwendet. nicht an die Kultur der Aborigines angepaßt und damit nicht geeignet. ihren Erwerbsstatus angemessen zu beurteilen.
4.2.1 Allgemeine kulturelle Charakteristika
Kulturelle Charakteristika einer Gruppe können sich auch durch den Anpassungsprozeß an sich wandelnde Lebensumstände selbst entwickeln. Kulturelle Charakteristika im Konkreten zu definieren oder eine Unterscheidung darüber zu treffen, welche traditionell geprägt und welche durch die Anpassung an neuentstandene sozio-ökonomische Lebensumstände hervorgegangen sind, ist eine kaum zu bewältigende Aufgabe. Es ist außerdem Vorsicht bei der Darstellung von Stereotypen auf beiden Seiten geboten. Auf eine eingehende Diskussion über "Kultur" an sich soll im Rahmen dieser Arbeit verzichtet werden. ROWLEY (1970:140-41) macht auf die Schwierigkeit der Entscheidung aufmerksam, welche Kulturelemente nun als traditionell eingestuft werden sollen und welche sich später herausgebildet haben: "No one can say that the special value these people place on kinship, their• country·. seasonal werk, and sharing has any more to do with the Aboriginal heritage than with the economic and social necessities which make this way of life imperative. To take one case: the emphasis on seasonal werk, commonly attributed to the cultural urge for·walkabout· is at least as likely to be due to the fact that other werk is not easily available for the Aboriginal. But in all these cases, it would be just as dogmatically foolish to deny that the habit has anything to do with the Aboriginal culture."
TRIGGER (1986:114-16) beschreibt die zwei unterschiedlichen sozialen und räumlichen Domä nen der indigenen und nicht-indigenen Bevölkerung (blackfellaund whitefella domain).Die Segregation dieser Domänen ist aus den Machtverhältnissen zwischen Schwarzen und Weißen sowie kulturellen Diskrepanzen heraus entstanden. Die Aborigines halten die Kontrolle über ihre blackfellaDomäne aufrecht, obwohl die weiße Autorität sie scheinbar durchdringt. Die Domäne erklärt sich eher durch den Ausschluß der Weißen von Raum, Verhaltensformen, Denk- und Kommunikationsweisen als durch die Fähigkeit. der weißen Gesellschaft wirtschaftliche und politische Macht abringen zu können. Dies macht die bewußte - soziale und kulturelle - Abson derung der indigenen Minderheit gegenüber der Mehrheit der australischen Bevölkerung deutlich. Eine Aufrechterhaltung kultureller Elemente ist eher bei einer relativ kleinen räumlichen Distanz der einzelnen Mitglieder zueinander möglich, das heißt durch die Bildung sozialer und räumlicher Domänen. 64 Dies trägt mit zur Erklärung des Zusammenlebens der Aborigines in ihren Communitiesbei.
64Die starke räumliche und soziale Segregation zwischen Aborigines und Weißen konnte in allen bereisten Regionen Australiens beobachtet werden.
Die holistische Weltanschauung der Aborigines, welche deren gesamter Lebensweise Gestalt gibt, ist häufig nicht mit der westlichen, wissenschaftlich geprägten, analytischen Denk- und Lebensweise vereinbar. Diese Tatsache birgt wiederum weitreichende Konsequenzen im Hinblick auf die heutige soziale und ökonomische Situation der indigenen Bevölkerung. Im Rahmen westlicher Wertvorstellungen wird privaten Rechten gegenüber Gemeinschaftsrechten den Vorrang gegeben.
Die traditionelle Gesellschaft der Aborigines hingegen war auf einer völlig kontrastierenden Grundlage organisiert. Die totemistische 65 Gesellschaft war nicht durch eine Akkumulation materiellen Wohlstandes motiviert; sie strebte eine Harmonie zwischen dem Menschen und seiner Umwelt an. In diesem Sinne war sie allen Absichten und Zwecken zufolge eine statische Gesellschaft. In den tausenden von Jahren ihrer Existenz war die gesamte Aboriginal Kultur durch die Notwendigkeit gekennzeichnet, den Zugang zur und den Schutz der Umwelt zu erhalten. Das Individuum wurde durch Kräfte beeinflußt, welche in Bereichen außerhalb seiner Kontrolle lagen. Das Leben und die Existenz erlangten nur durch die Beziehung zur Natur und durch Menschen Bedeutung, welche diese weitervermittelten. Die Verantwortung bestand umgekehrt in der Bewahrung ihrer Umwelt und Traditionen und nicht in der Ausbeutung natürlicher Ressourcen. Rang und Prestige basierten nicht auf Reichtum und Macht, sondern auf der zugewiesenen Rolle in der totemistischen Ordnung und der Fähigkeit, damit wirksam in Verbindung zu sein. In der Aboriginal Gesellschaft existierte kein Führertum im westlichen Sinne. Alle Entscheidungen wurden im Konsens getroffen und keine Person besaß Macht über eine andere. Trotz ihres Verlustes der Grundlage ihrer ursprünglichen Ordnung, dem Zugang zu ihrem traditionellen Land, ist die Aboriginal Sicht der Wirklichkeit noch immer stark durch ihre Traditionen geprägt (vgl. STEVENS 1981:201-204; GOSTIN/CHONG 1994:123-25; vgl. STANNER 1979:341). "... there are many indications that Aboriginal customary laws and traditions continue as a real controlling force in the lives of many Aborigines" (C. BOURKE/COX 1994:56). Für die meisten Aborigines nehmen die spirituellen Kulturelemente, d.h. die totemi stischen Assoziationsformen, auch heute noch einen hohen Stellenwert ein (vgl. STANNER 1979:378-79; BROOME 1982:154). Auch Sprachkenntnisse 66 sind noch vorhanden. Traditionelle Verwandtschaftsbeziehungen haben in besonders starkem Ausmaß überlebt. In vielen Aborigi nal Familien existieren heute traditionell-orientierte Sozialisationsformen. Sie spiegeln in unterschiedlichem lntensitätsgrad Werte und Muster der Sozialisation wider, die in AboriginalCommunitiesvor der Ankunft der Europäer Anwendung fanden (vgl. GROOME 1994:150). 67
65 Mit Totemismus wird der Glaube an die übernatürliche Kraft eines Totems und seine Verehrung bezeichnet. Ein Totem ist ein Wesen oder Ding (Tier, Pflanze, Naturerscheinung) bei Naturvölkern, das als Ahne oder Verwandter eines Menschen, eines Clans, einer Lokalgruppe oder einer anderen sozialen Gruppe gilt. Dies wird als zauberischer Helfer verehrt und darf nicht getötet, zerstört oder verletzt werden.
66 Mit Aboriginal Sprachen haben sich AMERY/C. BOURKE (1994) auseinandergesetzt.
67 Es seihier auf weiterführendeLiteratur über Religion und traditionelle Verwandtschaftssysteme der Aborigines von z.B. MEGGITT (1962); NEVERMANN/WORMS/PETRI (1968); STREHLOW (1968); ELKIN (1981);
ISAACS (1992a) und R.&C. BERNDT (1992) hingewiesen.
Im folgenden werden. in Anlehnung an ANDERSON (1988:25-31)68, ELLANNA et al. (1988:56- 67) und WILSON/ELLIS (p1990), sozio-kulturelle Komponenten der modernen Aboriginal Kultur zusammengefaßt. die eine große Tragweite für die Integration der Aborigines in das soziale und wirtschaftliche Leben der australischen Gesellschaft besitzen:
Sozialstruktur:Sie ist durch ein ausgedehntes Verwandtschaftssystem gekennzeichnet. Die Aboriginal Communitybasiert auf der Vorstellung von Kommunalität. Die "Familie" schließt alle Verwandten mit ein. Es herrscht eine strenge Identifikation mit ihrer tribal ancestry. Die Autoritätshierarchie existiert auf der Grundlage von Alter. Wissen und Weisheit.
Verantwortung anderengegenüber:Dies birgt die Vorstellung, daß eine Person eine bestimmte Verpflichtung anderen gegenüber besitzt, um sicherzugehen, daß "niemand leer ausgeht", auch in Zeiten, in denen dies auf persönliche Kosten des Individuums geht. Derartige Verantwortungen sind gegenseitig, so daß eine Person bei Bedarf dieselbe Gegenleistung erwarten kann (Reziprozität).
Eigentum:Eigentum bzw. Besitztum wird bei Aborigines im kollektiven und weniger im individuellen Sinne gesehen. Dies kontrastiert mit dem Individualismus der westlichen Kulturen. welche eine starke Betonung auf individuelle Besitztümer legen, die wiederum Zeichen von Leistung und erfolgreicher Arbeit sind.
Lokalität:Dies impliziert die spirituelle Beziehung zum Land (bzw. zur Region) der Abstammung/Herkunft und die Verantwortung diesem gegenüber.
Zeit:Im westlichen Sinne ist Zeit ein wertvolles Gebrauchsgut, welches hinsichtlich individueller Prioritäten und Verpflichtungen präzise eingeteilt wird. Aborigines gehen mit Zeit viel freier um. Unter traditionellen Bedingungen waren es die sich wandelnden Jahreszeiten und zeremoniellen Verpflichtungen oder das Bedürfnis nach Nahrung, welche die Wanderungen der Menschen regelten, nicht das Vergehen von Stunden und Minuten. Diese Philosophie existiert noch immer in der Aboriginal Community,obgleich ihr Leben in der modernen Gesellschaft Australiens in zunehmendem Maße reguliert ist. Vielen Aborigines fällt es demnach schwer, Termine und Verabredungen einzuhalten.
Kommunikation:Obgleich viele der traditionellen Sprachen nicht mehr gesprochen werden, unterscheidet sich das Englisch der Aborigines häufig in Lexik und Syntax von dem der europäischen Australier. Es existieren auch Unterschiede hinsichtlich der nicht-verbalen Kommunikation. Aborigines tendieren dazu, einen kleineren persönlichen Raum einzunehmen als Nicht-Aborigines und dazu, weniger direkt zu sein sowohl in der Art wie sie sich einem Thema annähern als auch im Umgang mit anderen Menschen allgemein.
lndigene und nicht-indigene Australier besitzen unterschiedliche Interpretationen und Bewer tungen der Elemente. welche sie jeweils für notwendig in bezug auf ihre Lebensweise und ihren Lebensstandard erachten. Zahlreiche Aspekte beinhalten Konfliktpotentiale hinsichtlich Wertvor stellungen und Verständnis (YOUNG 1981:54). "Aboriginal culture is the very antithesis of Western ideology. The accent on individual commitment, the concept of linear time, the switch
ANDERSON bezieht sich auf die Kultur der Kooris.Heutzutage fällt eine großflächigere regionale Zuge hörigkeitsbezeichnung der Aborigines auf, d.h. mehrere der ehemals traditionellen Stämme ergeben zusam mengenommen einen Lokalnamen. Man kennt sie heute - abhängig von ihrer räumlichen Verbreitung - als Kooris(Südosten), Murris (Nordosten), Nungas(Süden), Nyoongahs(Südwesten), Yolnguund Anangu(Zentralaustralien) u.a. (vgl. C. BOURKE/E. EDWARDS 1994:95; AMERY/C. BOURKE1994; KEEN (ed.) (1991).
in focus from spiritual to worldly, the emphasis on possession and the pricing of goods and services, the rape of the environment and, above all, the devaluing of relationships between people (...) as the determinent of social behaviour, are totally at variance with the fundamental belief system of Aboriginal people" {NAHSWP:ix).
Das blackfella lawund das whitefella lawschreiben somit, wenn sie aufeinanderprallen, in vielen Situationen entgegengesetzte Handlungen vor. Die Weltanschauongen von Aborigines und Nicht-Aborigines sind völlig gegensätzlich und damit unvereinbar (MADDOCK 1977:22; vgl. ROWLEY 1970:330; E. BOURKE 1994b:44-45). "... the conception of The Dreaming, the world view of a society at almest the opposite pole from ours ..." {STANNER 1979:342). Zahlreiche der von den Aborigines bewahrten kulturellen Komponenten können aufgrund des Verlustes elementarer Elemente nicht mehr vollständig eingebettet werden. Sie sind daher widersprüchlich und kontraproduktiv für die westlichen Elemente, welche schon den Prozess der Akkulturation durchlaufen haben (vgl. 4.1.1). Inwieweit lassen sich nun diese bis heute beibehaltenen Kulturelemente der indigenen Australier in das Sozial- und Wirtschaftssystem der australischen Gesellschaft integrieren? Welche fungieren als Hemmfaktoren und Barrieren und damit als Einflußfaktoren für ihre sozio-ökonomische Benachteiligung?
4.2.2 Kulturelemente als Hemmfaktoren
In einer Geldwirtschaft werden Einkommen in Form von Kapitalakkumulation und anderen Investitionsformen gemessen. Die wirtschaftliche Zufriedenstellung in der nicht-monetären Wirt schaft der Aborigines wurde im Gegensatz dazu durch ein ausgefeiltes Tauschsystem erreicht, in welchem Obligationen geschaffen und nachgekommen wurden. Kulturelle Komponenten der indigenen Lebensweise beeinflussen deren Produktion und Verteilung von Gütern und Dienst leistungen in gravierendem Maße. Wirtschaftliche Tätigkeiten stellen keine separate Einheit dar, sondern sind in die Gesamtstruktur der indigenen Gesellschaft eingebettet. Die Verwandt schafts- und Familiennetzwerke fungierten als das primäre Model für die Organisation der Aboriginal Gesellschaft in der Vergangenheit und tun es bis heute. Die Sozialstruktur ist mit wirtschaftlichen Charakteristika verflochten wie der Arbeitsteilung auf der Grundlage von Alter und Geschlecht, dem Egalitarismus in bezug auf materielle Güter sowie den traditionellen Vertei lungs- und Austauschsnetzwerken auf der Basis von Reziprozität. Kulturell-bedingtes Arbeitsver halten, zugrundeliegende Motivationen und soziale Verpflichtungen haben sowohl für ländliche als auch städtische Aborigines Konsequenzen im Hinblick auf deren individuelle Einbindung in die australische Erwerbsbevölkerung (vgl. YOUNG 1981:5; ELLANA et al. 1988:60; D. SMITH 1991:22).
4.2.2.1 Das Prinzip des Teilens
Gesellschaften können jeweils unterschiedliche Gewichtungen auf die individuelle oder die soziale Identität einer Person legen. Die westliche Gesellschaft legt die Betonung auf das Indivi duum. Sie stellt die Rechte und die Entscheidungsfreiheit des Individuums in den Vordergrund.
Da die Gesellschaft stark individualistisch ist, wird der Gruppenentwicklung weniger Wert beigemessen. Die Aboriginal Gesellschaft hingegen legt eine stärkere Gewichtung auf soziale Identität, Gruppenzugehörigkeit, Obligationen und die Verpflichtungen der Individuen, den Erwar tungen der anderen Gruppenmitgliedern gerechtzuwerden. Sie ist eine gemeinnützige und kollektive Gesellschaft, in der, obgleich die Autonomie jedes Individuums respektiert wird, die Individualität eines einzelnen Mitglieds einen niedrigeren Stellenwert einnimmt als ihr koopera tiver Beitrag. Die individuelle Unabhängigkeit spielte unter traditionellen Lebensbedingungen eine recht geringe Rolle und tut es auch heute noch, da die Gruppenkooperation eine ökonomi- sche Notwendigkeit darstellte (vgl. R.&C. BERNDT 1992:518). ,
In westlichen Gesellschaften verändern sich die Strukturen sozialer Interaktionen, Rollen und Obligationen beim Wegzug von Individuen aus dem direkten Familienkreis. Im Gegensatz dazu sind die Familienstrukturen und zugrundeliegenden Rechte und Obligationen innerhalb Aboriginal Gruppen auf alle indigenen Australier ausgedehnt. Wenn ein Individuum seine eigene Familie verläßt, kann es sich dennoch mit allen anderen Gruppenmitgliedern identifizieren, in denen das gleiche Beziehungsgefüge (Lokal- und linguistische Gruppe) wie in der eigenen Familie besteht. Die große Bedeutung des indigenen Verwandtschaftssystems und dessen Netzwerke wirken sich nach dem Dafürhalten C. BOURKE/E. EDWARDS' (1994:87-89) auf alle Sphären des Lebens der Aborigines aus, demnach die wirtschaftlichen Aktivitäten, sozialen Beziehungen, Bildung und Politik etc. Dieser Faktor läßt auch den Zusammenhang mit gewählten Zielorten von Wanderungen zu (vgl. Kap. 5.5).
Ein wichtiges Prinzip, auf welchem alle Interaktionen der autochthonen Bevölkerung Australiens basieren, ist das der Reziprozität, welches den gegenseitigen Austausch von Geld und materiellen Gütern impliziert. Von ihr lassen sich Rechte, Obligationen und Verpflichtungen zwischen Individuen, lokalen und größeren Gruppen ableiten. Sie ist demzufolge eine inhärente Komponente des indigenen Sozial- und Wirtschaftssystems (vgl. C. BOURKE/E. EDWARDS 1994:89). Innerhalb Aboriginal Communities erfolgt eine Ressourcenverteilung in Entsprechung bestimmter Familienverbindungen bzw. Verwandtschaftslinien. lndigene Verwandtschaftsobliga tionen beinhalten, daß Aborigines mit ihren Löhnen und sonstigen Einkommen häufig Mitglieder über die Kernfamilie hinaus unterstützen müssen (vgl. BROOME 1982:147). Demzufolge wird das Einkommen eines Haushaltes in Wirklichkeit weiträumig verteilt. 69 Bei nicht-indigenen Australiern hingegen bleiben Familien eher als individuelle Einheiten bestehen, und finanzielle Ressourcen werden überwiegend innerhalb dieser (kleinen) Einheiten der Kernfamilie verteilt. Die nicht-indigene Bevölkerung ist räumlich durch dazwischenliegende Gruppen getrennt, die oft wenig Kontakt miteinander haben; sie stehen unter geringerem Druck von seiten der Gesell schaft, kontinuierlich zu gegenseitiger Unterstützung beizutragen. In Anlehnung an YOUNG (1981:23) ist eine Analyse des tatsächlichen Haushaltseinkommens, welches eine gängige Methode zur Darstellung von Unterschieden hinsichtlich des Zugangs zu Ressourcen darstellt, ziemlich irrelevant in bezug auf die indigene Bevölkerung. Zudem sind Aboriginal Familien generell größer als die der übrigen Australier (vgl. Kap. 8.3). Dies untermauert die Tatsache, daß
69 Dem hier verwendeten Ansatz steht die Theorie der culture of poverty von LEWIS (1966) et al. gegenüber, welche u.a. die Existenz sozialer Netzwerke, wie sie z.B. bei den Aborigines verstärkt auftreten, als eine ökonomische Notwendigkeit erklärt (vgl. GALE/WUNDERSITZ 1982).
indigene Familien einer größeren finanziellen Belastung unterliegen. Studien über AboriginalCommunitiesenthüllen, "... that cash circulates among adult members of these communities in a continual process of lending, borrowong and paying back(...) To hold any spare cash is tobe open to others' claim for some of it. To give is to assure a good relationship and so to enable one to ask the same favours oneselr' (ROWSE 1988:55). Die RCIDIC (1991:502) bestätigt, daß diese kulturellen und sozialen Obligationen nicht nur auf Aborigines in peripheren Regionen beschränkt sind.
Es wird sehr häufig Kritik an Aborigines geübt, in welcher Form sie von ihren finanziellen Ressourcen Gebrauch machen. Die scheinbare Gleichgültigkeit der Aborigines hinsichtlich des Geldwertes materieller Besitztümer ist für Angehörige anderer Kulturen sowohl verwirrend als auch unverständlich. Aborigines zeigen diese Unbekümmertheit im Umgang mit materiellen Dingen durch ihre Nachlässigkeit und ihre Bereitwilligkeit, erwünschte Gegenstände anschei nend ungeachtet hoher Preise zu kaufen. Es sollte berücksichtigt werden, daß "Geld" nicht das wichtigste Mittel darstellt. durch welches Aborigines ihren Reichtum zum Ausdruck bringen. Stattdessen messen sie ihn in Form eines komplexen Systems gegenseitiger Obligationen. Durch die Vorstellung des Kommunalismus· bzw. Kollektivbewußtseins in den meisten Aboriginal Communities sind Aborigines, die ein Einkommen verdienen, dazu verpflichtet, ihr Geld mit denen, die nichts besitzen bzw. verdienen, zu teilen."... Aboriginal society (...) it 'lived· rather by routinely satisfying wants kept stable by the canonised values of a religion that adapted men to a creed of everlastingness. There are many hints in the present-day behaviour of Aborigines, e.g. the ways they still like to divide their disposable income, which tobe telling us that we have not grasped even their distributive system and values, and that their theory of the provenance of wealth is not ours" (STANNER 1979:370-71).7 0
SANSOM (1980:225-31) beschreibt beispielsweise, wie die indigenen Bewohner einer fringe camp Communityin Darwin neue Mitglieder in Schulden zwingen, indem das Einkommen dieser Neuankömmlinge aufgeteilt wird. Die sharing-Mentalität der Aborigines stellt eine Modalität finan zieller Ausgaben dar, die notwendig für die Aufrechterhaltung der indigenen Sozialstruktur ist. Sie kann somit einen ebenso wichtigen Rang wie die entsprechenden Ausgaben für Grundbe dürfnisse (Nahrung, Kleidung und Unterkunft) einnehmen (vgl. YOUNG 1981:51-52). Wie auch HEPPELL (1979:20) betont, muß Reichtum und Armut hier in der Aboriginal anstatt in westlicher Denkweise betrachtet werden. Für Aborigines ist Geld heutzutage zwar ebenfalls das haupt sächliche Mittel, um lebensnotwendiges kaufen zu können, doch seine Bedeutung als eine Form von wealth storagebzw. als ein Investitionsmittel scheint nur eine untergeordnete Rolle für viele Aborigines zu spielen. Sowohl städtische als auch ländliche Aborigines tendieren dazu, den größten Teil ihres Einkommens sofort nach Erhalt auszugeben, entweder um lebensnotwen diges zu erwerben oder um abhängige Freunde und Verwandte zu unterstützen. Es kann auf Grund dessen behauptet werden, daß Aborigines soziale Beziehungen, welche durch den Austausch von (monetären und nicht-monetären) Ressourcen aufrechterhalten werden, als die
70 Ein ausgeprägtes Kollektivbewußtsen bzw. das Prinzip des Teilens ist auch für viele andere Stammes gesellschaften charakteristisch; FRANTZ (1993) stellt dies z.8.für die nordamerikanischen Indianer heraus.
wichtigste Investitionsform betrachten (vgl. YOUNG 1981:6).7 1
Aborigines in ländlichen Regionen verwenden ihre monetären Einkünfte primär für Grund nahrungsmittel (vgl. BECK 1985:87; ALTMAN/NIEUWENHYSEN 1979:54). ALTMAN (1987a:63-
65) berichtet z.B. von den Gunwinggu-Aborigines, deren Sozialsystem nur eine sehr begrenzte Akkumulation von Geld toleriert. Angespartes Geld müßte immer wieder innerhalb der Commu nityumverteilt werden; folglich ist es eine gängige Methode, das Geld in Form von Naturalien zu "sparen". Da viele erwerbstätige Aborigines, insbesondere in ländlichen Regionen, einer saiso nalen Beschäftigung nachgehen, weisen sie nur unregelmäßige Einkünfte auf. Auch dies zeich net sich in ihrem Umgang mit Geld und Kaufverhalten ab.
Das Verwandtschaftssystem kann das gesamte Profitverteilungssystem festlegen. Dies wird im allgemeinen als ein Hindernis für den Erfolg eines Unternehmens bewertet. Demzufolge sind für ELLANNA et al. (1988:54) indigene marktwirtschaftliche Unternehmen, die auf den Grundsätzen derartiger Verwandtschaftssysteme organisiert sind, aufgrund dieser - marktwirtschaftlich unvereinbaren - Praktiken schon fast zum Untergang verurteilt. "lnevitably people involved in market enterprises find themselves caught in a web of sharing which affects not only their own earnings, but also use of materials and equipment belonging to the business and also the disbursement of the profits" (ELLANNA et al. 1988:60). Diese Faktoren werden im allgemeinen als die Hauptursache für den marktwirtschaftlichen Mißerfolg eines indigenen Unternehmens angesehen. 72
4.2.2.2 Autoritätshierarchie
Die traditionelle Autoritätshierarchie innerhalb indigener Verwandtschaftsnetzwerke auf der Grundlage von Alter und Status im Zusammenhang mit zeremoniellem Wissen und Geschlecht ist auch heute noch ein zentrales Merkmal der Aboriginal Kultur. Diesen sozio-kulturellen Charakteristika liegt ein Wertesystem zugrunde, welches sich erheblich von dem der Nicht-
71 Die große Bedeutung des sharing-Prinzips, die differierende Auffassung von Besitz bei den Aborigines und die daraus resultierenden Konsequenzen für ihren Lebensstandard habe ich sehr häufig beobachten können und selbst erlebt. Man kann Aborigines allgemein als weitaus weniger materialistisch einstufen, was die
Errungenschaften der westlichen Zivilisation anbelangt. Diese kulturellen Aspekte bestätigten sich auch in vielen Interviews (z.B. Dave Gilchrist, 12.4.94 nRedfem/Sydney; Alex Stepn von der AboriginalInlandMission,5.6.94 nArlCe Spmgs, Alan Keeling, 21.-24.6.94 in Titjikala). Selbst das Einkommen von Aborigines in höheren Berufspositionen fließt n die Community,welche als Lebenszentrum fungiert (Graham Ellis-Smith,
19.5.94 in Pinjarra/WA). Der Aborigine Alex Kruger vom Arremte Council in Alice Springs (16.6.94) führt die "von der Hand in den Mund-Mentalität" der Aborigiies auf ihre traditionelle (semi-)nomadische Lebensweise zurück. Auch Jenny Disley (22123.6.94 in Titjikala) belegt mit ihren Erfahrungen in mehreren Aboriginal Communitiesin Zentral- und Westaustralien, daß fast immer das gesamte Geld, welches Aborigines zur Verfügung steht, in Kürze ausgegeben ist Ein Hauptgrund liegt darin, daß sich die anderen Community Mitglieder ansonsten "ihren• Teildes Geldeseilfach aneignen.
nMehrere Interviewpartner berichteten über Fälle, in denen Aborigines die Verantwortung für Unternehmens führungen (Lebensmitteläden,Kunstgalerien etc.) übertragen wurde.Diese Unternehmen gingen nkürzester Zeitbankrott. da die betreffende ndigenePerson auf der Basis des sharing-caring-Pr'rnzipszur Aushändigung
von Geld und Produkten anandere Community-Mitglieder verpflichtet gewesen sei (Jenny Disley, (ehemalige) Ladengeschäftsführerin in den AboriginalCommunitiesvon Kiwirrkurra und Titjikala, 21.6.94 in Titjikala; stellvertretender Ladengeschäftsführer von Hermannsburg, 12.6.94; Inhaber der Aboriginal Alt Gallery,
14.6.94 in Alice Spmgs). Jenny Disley (23.6.94 in Titjikala) berichtete davon, daß in Zeiten von sorrow-cemps(große Gruppen von Aborigines wandern von einer Communityzur anderen, wenn eine bedeutende Persönlichkeit verstorben ist) keile Bezahlung für Produkte i, einem Laden erfolgen muß.
Aborigines unterscheidet. Das Verwandtschaftssystem kann vorschreiben, wer sich in einem marktwirtschaftlichen Unternehmen beteiligt (vgl. ELLANA et al. 1988:54-60). Die Hierarchie basiert in größerem Maße auf traditionellem Wissen und Alter als auf Fähigkeiten wie englischer Sprachfähigkeit oder betriebswirtschaftlichem Know-how.Seitdem viele der im Finanz- und Managementsektor von Unternehmensführungen beschäftigten Aborigines jüngere Mitglieder der Communitymit einer höheren Ausbildung und Qualifikation sind, setzen sich ältere Community-Mitglieder häufig über die Autorität dieser jüngeren Mitglieder hinweg. Als Konse quenz werden diese jungen Aborigines dazu gezwungen, ihren älteren Community-Mitglieder benefitsauszuhändigen. was sich zwangsläufig zum Schaden des betreffenden Unternehmens auswirken muß. "Lass of stock in Aboriginal retail stores, where most check-out operators are young warnen, can be partly attributed to older men. taking advantage of their powerful positions in the community" (ELLANNA et al. 1988:60). YOUNG (1984:121) bestätigt, daß indigenes Ladenpersonal stärkeren Verpflichtungen unterliegt, Konzessionen an bestimmte CommunityMitglieder zu machen, als dies bei europäischen Australiern der Fall ist. 73
Viele Aborigines halten darüberhinaus an der Überzeugung fest. daß sie nicht das Recht haben, über Ressourcen zu bestimmen, deren traditionelle Eigentümer sie nicht sind. Dies hindert die in marktwirtschaftlichen Unternehmen üblichen Autoritätsstrukturen daran, effizient zu funktio nieren. ELLANNA et al. (1988:61) berichten z.B. von Aboriginal Direktoren, die nicht dazu bereit waren, Entscheidungen im Auftrag von Teilhabern zu treffen. Generell gesehen ist die Führer schaft - bzw. die Ältesten - in AboriginalCommunitiesin einer weitaus schwächeren Position als diejenige in kleinen non-Aboriginal towns .Sie benötigt einen hohen Grad an CommunityKonsens. besonders in Hinsicht auf große Projekte wie z.B. Unternehmensgründungen. Bei der Berücksichtigung des heterogenen sozialen Charakters der Communitiesist die traditionelle Autorität - obwohl bedeutsam - keineswegs ausreichend, um eine kontinuierliche Unterstützung für die Führerschaft zu garantieren. Dies trifft besonders für diejenigen Personen mit innova torischen Motivationen hinsichtlich der Entwicklung marktwirtschaftlich orientierter Unternehmen zu (vgl. ELLANNA et al. 1988:259) (vgl. Kap. 3.3). 74
4.2.2.3 Arbeitsethik
Unter traditionellen Lebensbedingungen wendeten Aborigines "freie Zeit" häufig für Gespräche und die Durchführung zeremonieller Praktiken auf. Sie wurde auch dazu benutzt, die Traditionen der Gruppe weiterzugeben. Diese Aktivitäten konnten im Sinne der Aborigines als "Arbeit" bezeichnet werden. Von ihrer ersten Begegnung mit europäischen Siedlern an wurden Aborigines in die westliche Arbeitsethik eingeführt. Sie sollten nicht nur für die kurzfristige Befriedigung ihrer individuellen Bedürfnisse arbeiten, sondern auch im Hinblick auf die
73 Diese Aufrechtemaltung der traditionellen Autoritätshierarchiebestätigte Jenny Disley (Ladengeschäftführerin in Titjikala, 21./22.6.94) über Aboriginal Communitiesin der Western Dese,tRegion. Auch sie als nicht indigene Geschäftsführerin untertiegt in diesen Communitiesausschließlich dem b/ackfe//a /aw,was Entschei dungsbefugnisse und Innovationen anbetrifft.
74Fallstudien über Aboriginal Unternehmen hat z.B. BYRNES (1988)durchgeführt.
Akkumulierung eines Überflußes, welcher dann zu Investitionszwecken eingesetzt werden sollte. Während Nicht-Aborigines eine Investition in Form von Geld bzw. Kapital meinen, legen Aborigines einen größeren Wert auf soziale Beziehungen als eine Form von Versicherung für die Zukunft. Es überrascht folglich nicht. daß es ihnen nicht gelungen ist, der westlichen Vorstellung vom Zweck der Arbeit gerecht zu werden (vgl. YOUNG 1981:10). COOMBS (1972 in: YOUNG 1981:10) bemerkt zu dieser Inkompatibilität: "... it is hard to imagine another society whose values were as inappropriate to the demands of the industrialised economy". In früherer Zeit gaben Aborigines häufig, wo es ihnen möglich war, ihre Arbeitsstelle auf, um eine semi autonome Lebensweise im bushwiederaufzunehmen. Dieser Faktor galt als Beweis für ihre Ruhelosigkeit, Faulheit, mangelnde Intelligenz oder instinktiven Impuls. Die Vorstellung, daß Aborigines lediglich die ihnen angebotene soziale Position ablehnten, zog man selten in Erwägung (vgl. HAMILTON 1987:134) (vgl. Kap. 3.2.5 und 9.3).
Eine Reihe von Autoren (COOMBS et al. 1989; EDMUNDS 1990; D. SMITH 1991) hebt hervor, daß das Verständnis vieler Aborigines von "Arbeit" und "Beschäftigung" auf Wertvorstellungen und Verhaltensmustern basiert, welche in keiner Form mit nicht-indigenen Auffassungen hinsichtlich Beteiligung am Erwerbsleben, Arbeitsvertrag, hierarchischen Beschäftigungs strukturen etc. einiggehen. Aborigines betonen heute generell, daß der Zweck von Beschäfti gung für sie darin liegt, Aufgaben sowohl für sich selbst als auch für die Community,in der sie integriert sind, zu erfüllen. Sie sehen wenig Sinn darin, nur um der Arbeit willen zu arbeiten"... participation in community life is in itself a legitimate enterprise, and enterprise means doing something for yourself and for others (...) it is therefore employment" (YOUNG 1985:27; vgl. TYLER 1990:84; YOUNG/DOOHAN 1989:147). Diese Vorstellung korreliert mit den Aktivitäts formen, welche bei traditionellen Aboriginal Gruppen beobachtet wurden. Die Wertvorstellungen scheinen sich YOUNG (1981:27-30) zufolge im Grunde nicht sehr von den idealen Beschäfti gungen zu unterscheiden, nach welchen der Großteil der Aborigines strebt. Die daraus resul tierende Arbeitsethik steht jedoch keineswegs im Einklang mit der von Nicht-Aborigines, was nachhaltige Konsequenzen mit sich bringt.
Aborigines sind um einiges weniger von Leistungsbereitschaft. Konkurrenzdenken und Profitstreben auf individueller Basis geprägt. Dieser Aspekt beeinflußt den wirtschaftlichen Erfolgsgrad, wie er vom nicht-indigenen Standpunkt aus gemessen wird. ganz eklatant und wirkt sich gravierend auf die Bereiche von Beschäftigung und Bildung aus. Es stehen nicht Profit maximierung und "Kommerzmentalität", sondern das sozio-kulturelle Bewußtsein im Vorder grund. 75 Geld wird vielmehr im Hinblick auf seinen relativen Wert innerhalb des sozialen
75 Über die Schwierigkeitender Aborigines, sich mit ihrem Lebensstil und ihrer Mentalität an westliche Arbeitsbe dingungen anzupassen, berichtete auch die indigene Mitarbeiterin des Commonwealth EmploymentCenter(28.4.94 in Newton/Sydney).
Graham Ellis-Smith (19.5.94 in Pinjarra/W A) ist davon überzeugt, daß ein wichtiger Faktor für den hohen Arbeitslose!1anteilbei Aborigines darin besteht, daß viele Aborigines nicht dazu bereit sind, die non -AboriginalArt von Arbeit zu tun. Der Grund liegt darin, daß diese ihrer Lebensweise und ihren Wertmaßstäben nicht entspricht. Er hebt die kontrastierende Auffassung von Zeit und Effektivität hervor.
Aborigines vom TAFE-Col/egein Narrogin (Südwesten von WA, 26.5.94) betonten fast einstimmig, daß sie
keile Kaniere anstreben. Sieerieben es generell als unangenehm, im Vordergrund zu stehen, was sich häufig negativ im Berufsleben auswirkt.
Beziehungsgefüges der Aborigines verwendet. Die wirtschaftliche Motivation der Aborigines spiegelt demnach differierende kulturelle Prioritäten wider (vgl. D. SMITH 1991:21; YOUNG 1981:12).
Die unterschiedliche Auffassung von Arbeit bzw. Arbeitsethik scheint eine der wichtigsten Gründe dafür zu sein, daß z.B. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in Aboriginal Communitiesnicht immer mit Enthusiasmus aufgenommen werden. Sie erklärt zum Teil auch deren begrenzte Wirksamkeit (YOUNG 1981:27-30) (vgl. Kap. 6.2). "lt is hard for aboriginal people to get involved in business because they have no money instinct - we are used to getting our tucker for free" (nach Aussage eines Aborigine, in: L. SYKES 1995:24). Sehr viele Aborigines sind nicht geneigt, die Vorteile einer Konkurrenzbereitschaft anzuerkennen, einzig durch die Motivation bedingt, größere Profite zu erwirtschaften. Ihre fehlende Bereitschaft zu konkurrieren kann teilweise auch auf die Tatsache zurückzuführen sein, daß sie zur Verteilung ihrer Einkommen bzw. Gewinne in der Communitygezwungen sind. Die generelle Annahme, daß es den Aborigines an unterneh merischer Motivation mangele, entsteht vor allem aus diesen traditionellen Faktoren wie familiä ren Obligationen und Autoritätshierarchie heraus (vgl. ELLANNA et al. 1988:61).
Viele Aborigines entscheiden sich im Einklang mit ihrer Kultur ganz bewußt dafür, in abge schiedenen Regionen zu leben, wo ein Arbeitsmarkt praktisch nicht-existent ist. Sie geben Lebensweisen den Vorzug, die sich eher an Aboriginal Prioritäten orientieren. Diese Faktoren wirken sich darauf aus, zu welchem Grad sich Aborigines für eine Beteiligung an formeller Erwerbstätigkeit entschließen. Einige Aborigines entscheiden sich ganz bewußt für eine Beteiligung an der informellen Wirtschaft, wobei sie ein unterstützendes Geldeinkommen aus Sozialleistungen erhalten (ALTMAN/D. SMITH 1993:4) (vgl. Kap. 5.4.1). Der MILLER Report(1985:182) ist im Hinblick auf reguläre Arbeitsmarktchancen ähnlicher Auffassung: "... such employment (...) is very often totally in conflict with local Aboriginal aspirations to establish and develop the economic bases for their communities in a way that is consistent with their particular lifestyle".
Die indigene Bevölkerung läßt sich demzufolge nicht in europäische Vorstellungen von sozio ökonomischer Leistung einbetten. Aborigines akzeptieren zumeist nicht die westliche Arbeits ethik und nehmen darüber hinaus oftmals an anderen Aktivitäten teil, welche zwar - in ihrem Sinne - Arbeit sind, jedoch nicht als solche nach herkömmlichen westlichen Richtlinien bewertet werden (vgl. TYLER 1990:84; YOUNG/DOOHAN 1989:147). Derartige Tätigkeitsbereiche umfassen zum Beispiel die Organisation von und die Teilnahme an Zeremonien und Pan Aboriginal Versammlungen oder die Koordination einer outstation-Gruppe. Das große Zusam mengehörigkeitsgefühl der heutigen Aborigines bzw. die Pan-Aboriginal-Bewegung trägt ein Großteil dazu bei (vgl. Kap. 4.1.2). Aborigines gestehen einer Teilnahme an diesen Aktivitäten eine größere Priorität zu als ihrem Erscheinen am Arbeitsplatz. Sie weisen demnach eine allgemein niedrige Motivation auf, ein Mitglied der Erwerbsbevölkerung zu werden. Es ist ein recht häufiges Vorkommnis, daß ein Treffen von Aborigines, welches planungsgemäß nur einige Tage andauern sollte, in einer mehrwöchigen Abwesenheit resultiert, aus dem einfachen Grund, daß diese Besuche aus anderen, meist sozialen Gründen ausgedehnt wurden. Es existieren
zumeist negative Einstellungen bei Aborigines hinsichtlich einer geregelten Arbeitszeit. Da die Zuverlässigkeit von Angestellten in Form ihrer An- und Abwesenheit am Arbeitsplatz gemessen wird, betrachten viele nicht-indigene Arbeitgeber indigene Beschäftigte als unzuverlässig und heben ihre mangelnde Arbeitsmotivation hervor. Das Verhalten der Arbeitgeber ist in marktwirt schaftlicher Hinsicht durchaus nachvollziehbar. Es fehlt ihnen jedoch offensichtlich das Verständnis für die Notwendigkeit ihrer indigenen Angestellten, nicht zur Arbeit zu erscheinen, um kulturellen Verpflichtungen nachzugehen. Als Beispiel kann die Teilnahme an Bestattungsze remonien genannt werden, welche nicht seltene Ereignisse sind. Eine häufige Abwesenheit aus diesen Gründen kann zu Diskriminierungen hinsichtlich der Beschäftigung von indigenen Arbeitern führen. Im Falle von Weipa (Cape York-Halbinsel) wurden zum Beispiel anstelle von indigenen Arbeitern aus der näheren Umgebung Aborigines aus Regionen angestellt, welche zu weit entfernt für eine häufige Teilnahme an Zeremonien liegen (vgl. YOUNG 1981:11; YOUNG/ DOOHAN 1989:186-87) (vgl. Kap. 9.3). Doch Aborigines legen oftmals weite Distanzen für Pan Aboriginal Treffen, den Besuch von Familienmitgliedern oder sonstige zeremonielle Aktivitäten zurück, was ein Nichterscheinen am Arbeitsplatz für einen Zeitraum von mehreren Tagen bzw. Wochen zur Folge hat. "lf a choice ever arose between attending the funeral of a kinsperson in anothertown or going to work, kinship obligations would always triumph" (BROOME 1982:147). Die Gefahr der Entlassung bzw. der Bevorzugung eines nicht-indigenen Arbeitnehmers würde nach indigener Ansicht auch ansonsten bestehen. Die Aboriginal Communitybesitzt diesbezüg lich einen weitaus höheren Stellenwert für ihre indigenen Mitglieder (vgl. Kap. 5.5).7 6
YOUNG (1981:46) weist außerdem darauf hin, daß der Mangel an Kontinuität, der bei vielen Aborigines festzustellen ist, die große Gefahr in sich birgt, eine sich entwickelnde Industrie - wie beispielsweise die Herstellung von indigenem Kunsthandwerk - schon in ihren Anfängen zu ersticken. Einige Aboriginal Communitieslehnen z.B. bewußt die ihnen angebotene "Chance" ab, sich in der blühenden Branche des Aboriginal Kulturtourismus zu beteiligen. Ein Einstieg in den Aboriginal Tourismus würde mit großer Wahrscheinlichkeit eine wirtschaftliche Besser stellung für viele Aboriginal Communitiesbedeuten. Der Kulturtourismus, und damit auch der Aboriginal Tourismus, weist mit die höchste Wachstumsrate des australischen Gastgewerbes auf. Die Hälfte aller internationalen Besucher in Australien zeigt darüberhinaus den Wunsch nach "Aboriginal Erfahrungen" (KOORI MAIL, 18.5.9477; vgl. ALTMAN 1988:68ff). Es gibt heute einige kleinere Aboriginal Unternehmen, die in das Tourismusgeschäft eingestiegen sind (v.a. im australischen outback im NT und in SA), nach Ansicht von L. SYKES (1995:22-25) jedoch mit gemischtem Erfolg. Es ist eine häufige Erscheinung, daß das Management dieser touristischen Unternehmen in der Hand von weißen Australiern liegt und die indigenen Australier ausschließ lich für die (Aus-)Führungen verantwortlich sind. 78 Dies trifft auch für zahlreiche andere Aborigi nal Unternehmen und Organisationen zu, von denen viele zu einem großen Ausmaß von kontinuierlicher Unterstützung durch die australische Regierung abhängig sind. Auch diese
76 Das Department ofConservation andLand Management(CALM) (1991) gibt spezielle Informationen über kulturelle Aktivi1äten von Aborigines im Südwesten von Western Australia.
77 nach Aussage des Koordinators für Aboriginal and TSI Tourism ,G. Miller
78 Es seiauf weiterführende Literatur zum Thema Aborigines und Tourismus, Entwicklung und Management von WELLS (1993), ALTMAN (1988) und ERDMANN (1995) hingewiesen.
Aboriginal Organisationen beschäftigen zu einem hohen Prozentsatz nicht-indigene Personen. 79
4.2.2.4 Kommunikation
Kommunikationsformen und Verhaltensmuster von Aborigines lassen sich meist nicht mit westlichen Kommunikationsarten vereinbaren. Dies erschwert soziale Interaktionen zwischen indigenen und nicht-indigenen Australiern. Am Arbeitsplatz führt dies zu Verständnis schwierigkeiten und Mißverständnissen sowohl zwischen Angestellten als auch zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Im Bereich der Unternehmensführung kann dadurch der Informationsfluß und -austausch bei Entscheidungsträgern stark eingeschränkt sein.
Eine weitverbreitete Besonderheit bei Aborigines besteht in ihrer indirekten Art zu reden und auf etwas Bezug zu nehmen sowie in der lndirektheit hinsichtlich Gesichtsausdruck und Gesten (vgl. TRIGGER 1986:111). L. SYKES (1995:24) zitiert im Hinblick auf die Schwierigkeiten, mit welchen Aborigines insbesondere im Tourismusgeschäft konfrontiert werden, einen Aborigine: "... Aboriginal people do not tend tobe outgoing or outspoken, it is just not their way, so it is hard for them to teil people about their culture and their lives." Dieser sozio-kulturelle Aspekt kann als eine elementare Barriere hinsichtlich ihrer sozio-ökonomischen Beteiligung im formellen Arbeits und Wirtschaftsleben fungieren. Das Institute for Aboriginal Development (/AD) (Alice Springs) formuliert grundlegende Verhaltensmaßregeln für Aborigines in Zentralaustralien, die Aspekte ihrer traditionellen Kultur wiedererlernen möchten. Für etliche indigene Personen sind diese Verhaltensnormen obligatorisch. Die Verhaltensmuster wurden insbesondere in Zentral australien beobachtet.80 Im folgenden sollen zum Zweck des besseren Verständnisses einige Beispiele der Kommunikationsformen gegeben werden:
• "Avoid eye contact unless you know the person weil. (...) A sign of politeness and respect.
Direct eye contact seen as a personal confrontation and associated with a very angry person."
• "Don't sit too close or face him directly."
• "Don't say too much at once."
• "Don't always expect replies to questions."
• "Often should'nt ask a direct question this can be impolite talk sideways/use suggestion/hints."
• "Tendency for questions tobe asked in a roundabout way, rather than directly."
• "lt is socially acceptable to ignore questions, especially if there are too many questions, or if you ask the wrong questions."
(WILSON/ELLIS p1990; vgl. GRUNN 1993:191-92)
79 Zahlreiche Interviewpartner wiesen auf die Tatsache hin, daß berufliche Funktionen innerhalb Aboriginal Communities und Organisationen größtenteils von weißen Australiern übernommen werden (z.B. der stellver tretende Ladengeschäftsführer von Hermannsburg, 12.6.94; Alan Keeling in Titjikala, 21.6.94 und Jenny Disley über Kiwirrkurra in der WesternOese,t Region (in Titjikala, 21.6.94).
Eine Aborigrial Mitarbeiterin des Institutefor Aboriginal Development(3.6.94 in Alice Springs) wies darauf hin, daß Richtlinien innerhalb des Verwandtschaftssystems der Aborigines (in bezug auf Zentralaustralien) es verbieten können, mit bestimmten Mitgliedern des Stammes zu kommunizieren (Meidungsgebot). Dies ist ein Ausdruck von Respekt, weniger von Ignoranz. Der vermiedene Augenkontakt ist ein grundlegender Bestand teil ihrer Kultur; ein direkter Augenkontakt wird meist als unangenehm empfunden und zeugt von geringer Achtung der betreffenden Person gegenüber.
4.2.2.5 Spiritualität
Für viele Aborigines nimmt die traditionell-orientierte Spiritualität einen hohen Stellenwert in ihrem Leben ein. Diese Spiritualität stellt häufig einen zentralen Teil ihrer Identität dar. Im Rahmen seiner einzigartigen Naturreligion und holistischen Weltanschauung betrachtet sich das indigene Volk als integrierten Teil der Natur (vgl. Kap. 4.2.1). Dies bringt unweigerlich Konse quenzen hinsichtlich Beschäftigung, Ausbildung und der Eingliederung in die materialistische, erfolgs- und geldorientierte Gesellschaft Australiens mit sich. Die Produktion von Aboriginal Kunst und Kunsthandwerk birgt L. SYKE$ (1995:22ff) zufolge ein großes Potential an Einkom menserzeugung und wirtschaftlicher Unabhängigkeit indigener Communities.Eine Schwierigkeit besteht für viele Aborigines z.B. darin, daß in bezug auf die Herstellung und den Verkauf indigener Kunst und Kunsthandwerk die religiöse Bedeutung vieler Designs deren Verwendung in der Öffentlichkeit untersagt. Dadurch kann die kommerzielle Produktion gehemmt oder sogar verhindert werden (vgl. YOUNG 1981:46). Dies führt dazu, daß erfolgsversprechende Einnahme quellen und Beschäftigungsmöglichkeiten, die zu einer Anhebung ihres sozio-ökonomischen Status führen könnten, aus religiösen Gründen oftmals nicht genutzt werden 81 (vgl. Kap. 2) 82 83
4.2.2.6 Inanspruchnahme von Dienstleistungen
Ein Großteil der Aborigines nimmt konventionelle Dienstleistungen und Programme, welche von der nicht-indigenen Bevölkerung angeboten werden, nicht in Anspruch. Das Dienstleistungs angebot ist häufig nicht an die kulturellen Bedürfnisse der indigenen Australier angepaßt. Es sind somit vor allem kulturelle Barrieren, welche sie daran hindern, es zu nutzen. Von Bedeutung sind insbesondere Einrichtungen im wirtschaftlichen, politischen, sozialen, juristischen und medizinischen Bereich sowie im Bildungswesen84, die im Kontext zu ihrer sozialen und wirt schaftlichen Situation stehen und somit zu ihrer sozio-ökonomischen Besserstellung beitragen
Dennoch gibt es einige Beispiele dafür, daß diese Chancen genutzt werden. In der Jukurrpa Arlists Coperationin Alice Springs haben slth Ober 70 indigene Frauen aus Zentralaustralien zusammenge schlossen, um ihre Kunstwerke zu vermarkten. Sie ist außer in Papunja die einzige von Aborigines selbst kontrollierte Galerie. Das {ausschließliche) Management übernimmt auch hier eine nicht-indigene Frau {Alice
Springs, 15.,16.,20.6.94).
Er, bemerkenswert großer Anteil der Aborigines ist künstlerisch begabt; im Zusammenhang mit dem großen Interesse an Aboriginal Kunstwerken von seilen internationaler Touristen könnte dieser Einkommenszweig eilenicht unerhebriche Rolle für sie spielen. Zentralaustralien {v.a. Alice Springs) und das Amhem Land (NT) sind die Zentren, was die Herstellung und den Verkauf von Aboriginal Gemälden und Kunsthandwerk in Austrarien anbelangt {Mitarbeiter des Tandanya Aboriginal Cufturaf Institute ,11.5.94 in Adelaide; Art Gaf/ery ofWestemAustraliai, Perth, 22.5.94; Inhaber der Aboriginal Art Gafleryin Alice Springs, 14.6.94). Es kommt nicht selten vor, daß weiße Australier Aborigines finanziell ausnutzen, wenn es um den Handel bzw. An- und
Verkauf von Aboriginal Gemälden gehl Da viele Aborigines oft n der Situation sind, dringend Geld zu
benötigen {u.a. auch für Alkohol), verkaufen sie ihre Kunstwerke zu minimalen Preisen (Mitarbeiter des T&ndanyaAboriginelCulturalInstitute,11.5.94 in Adelaide). Ein weiterer Grund könnte das Informations defizit vieler Aborigines über die Preislage auf dem Kunstmarkt sein.
82Auf die Kunst der Aborigines gehen CARUANA (1993) und ALBERTS/ANDERSON (1994) e il.
83 Inwieweit man die starke Verbundenheit der Aborigines zu "ihrem• Land mit ihrer sozio-ökonomischen Benachteiligung in Zusammenhang bringen kann, wird in Kap. 5.6 erläutert.
Auf kulturelle Sanieren im Bildungswesen wird in Kap. 7.7.3 eingegangen.
könnten. Dies trifft außer für abgelegene Communitiesauch für viele Aborigines in ländlich städtischen Regionen zu, in denen traditionelle Bindungen noch stark sind. Es ist mit Schwierig keiten verbunden, wenn Dienstleistungen von Personen oder Organisationen mit einem differierenden kulturellen Hintergrund angeboten werden, da jeweils andere kulturelle Aspekte und Probleme in den Vordergrund treten (vgl. HRSC 1992:7-8). Darüber hinaus besitzen traditionell-orientierte Aborigines häufig unzureichende Kenntnisse und ineffektive Kommunika tionsnetzwerke bezüglich der für sie angebotenen Dienstleistungen und Einrichtungen (vgl. AMERY/C. BOURKE 1994:118;GRUNN 1992:198).
Es ist häufig unmöglich, die tatsächliche Anzahl von indigenen Bewohnern eines Ortes zu bestimmen, wie zum Beispiel die der town campBevölkerung von Alice Springs. Etliche von ihnen besuchen ihre Familienangehörige in bush Communitiesauf die Dauer von mehreren Wochen. Außerdem haben zahlreiche Aborigines der town camps ihren Hauptwohnsitz in Wirklichkeit outbush.Dies wiederum birgt große Schwierigkeiten, Aboriginal CommunitiesDienstleistungen und Beschäftigungsprogramme bereitzustellen und deren erfolgreiche Organi sation und Finanzierung zu garantieren (vgl. ROWSE 1988:58) (vgl. Kap. 6.2.2.3 und 5.5). 85
4.2.3 Sozio-ökonomische Indikatoren und kulturelle Eignung
ALTMAN/TAYLOR (1987/1989) führten eine Untersuchung über die wirtschaftliche Lebens fähigkeit von Aboriginal outstations(vgl. Kap. 5.4.1) im entlegenen Arnhem Land (Northern Territory) durch. 86 Sie erhoben den Zeitaufwand für wirtschaftliche Aktivitäten einer Gruppe von Gunwinggu-Aborigines, die auf einer der dortigen outstations(Momega outstation) leben. Im Hinblick auf deren gesamten Lebensunterhalt nahm die Subsistenzproduktion 64%, die Wohlfahrtsunterstützung 26% und die Kunsthandwerkproduktion 10% ein. Die Erwachsenen verbrachten durchschnittlich 3.6 Std. am Tag mit produktiver Arbeit in der Subsistenzwirtschaft (Jagen, Fischen, Sammeln) sowie mit der Produktion und dem Handel von Kunsthandwerk. Ein erwachsener Aborigine (Person über 15 Jahre) arbeitete durchschnittlich 25 Std. pro Woche und dies das ganze Jahr über. Die Erwerbsquote dieser Aborigines betrug dabei 100%. Die Autoren ziehen im Vergleich dazu die durchschnittliche Erwerbsquote aller Australier zu Rate, die 1981 61% betrug und kommen zu dem Schluß, daß der Arbeitsaufwand der allgemeinen australischen Bevölkerung dem der Gunwinggu-Aborigines nahezu entspricht. Sie sind der Ansicht, daß bei der Verwendung von kulturell geeigneten Definitionen von Arbeit und Beschäftigung kein Zweifet über die Beschäftigung dieser outstation-Gruppe besteht. In der Volkszählung jedoch, in der man die Betonung auf marktorientierte und formell entlohnte Beschäftigung legt, wird diese sogenannte informelle Beschäftigung im Subsistenzsektor außer acht gelassen und die Produk tion von Kunsthandwerk ausschließlich als Teilzeit- oder Gelegenheitsbeschäftigung ausge-
85Untersuchungen von R. ROSS (1987), HEPPELL (1977), YOUNG (1981) et al. über indigene Wohnbedürf nisse bestätigen, daß viele Elemente kostenaufwendiger Infrastruktur - finanziert durch öffentliche Mittel - von Aborigines wenig genutzt, mißbraucht, nicht gepflegt oder als von geringer Relevanz für ihren Lebenstil erachtet werden. Diesbestätigte sich in zahlreichen Interviews.
86im Zeitraum von 1979-80
wiesen. Eine derartige Analyse kann auf viele strukturschwache und wirtschaftlich unterent wickelte periphere Regionen angewendet werden (vgl. ALTMAN 1979/1987a). 87
Gebräuchliche Indikatoren wie z.B. Einkommensdisparitäten sind nicht vollständig dazu geeignet, die sozio-ökonomische Benachteiligung der indigenen Bevölkerung zu messen. Aborigines und Nicht-Aborigines interpretieren ihre sozio-ökonomischen Bedürfnisse auf unter schiedliche Art und Weise. Dies erfordert gleichermaßen die Berücksichtigung der indigenen und der nicht-indigenen Vorstellung von Wirtschaft und Arbeit. Um den relativen Lebensstandard einer Gruppe zu bestimmen, ist es notwendig, einen Maßstab von Erwerbstätigkeit und Arbeits losigkeit heranzuziehen, welcher generell anwendbar ist und Vergleiche ermöglicht. Ökonomi sche Standardindikatoren sollten jedoch Rücksicht auf ihre kulturelle Eignung und Angepaßtheit bestimmter Gruppen nehmen und deren tatsächlichen Erwerbsstatus wiedergeben. Die aus schließliche Heranziehung quantifizierbarer sozialer und ökonomischer Indikatoren besitzt nach YOUNG (1981:2-3) nur einen begrenzten Wert für die Interpretation der heutigen indigenen Situation. Diese berücksichtigen die indigene Interpretation von Wirtschaft im allgemeinen nicht (vgl. Kap. 1.3 und 2.1.4). ALTMAN/SANDERS (1991:9-10) sehen hierin eine tiefwurzelnde Ursache des niedrigen Beschäftigungsstatus der indigenen Bevölkerung. Aufgrund der Divergenz zwischen offiziellen Statistiken über das Ausmaß der indigenen Erwerbslosigkeit und Datenmaterial aus empirischer Forschung weisen sie auf die Notwendigkeit hin, das bisher angenommene Niveau der indigenen Erwerbslosigkeit zu revidieren. Insbesondere empirische Studien deuten daraufhin, daß die "strenge" Definition von Erwerbsbevölkerung des ABS das tatsächliche Ausmaß der indigenen Erwerbslosigkeit unterschätzt 88 und die bedeutenden kulturellen Unterschiede in der Beschäftigungsstruktur vieler Aborigines nicht adäquat mitberücksichtigt (vgl. D. SMITH 1991:28; TAYLOR 1993:45; YOUNG 1981:3-5). Vor allem für Aborigines in den peripheren Regionen, deren Lebensstil traditionell-orientiert ist, stellt sich die Frage nach der kulturellen Eignung von Indikatoren wie Erwerbsstatus und Einkommen, welche meist die komplexen Realitäten zu stark vereinfachen. In einem städtischen Umfeld hingegen sind derartige Indikatoren weitaus aussagekräftiger, da dort eine größere Integration der indigenen Bevölkerung in den australischen Arbeitsmarkt besteht. ALTMAN/SANDERS (1991:9- 11) zufolge stellt sich jedoch auch für viele Aborigines in den städtischen und ländlichen Gebieten die Frage nach der kulturellen Angemessenheit hinsichtlich Beschäftigung. Sie weisen daraufhin, daß die AEOP-Politik mit ihrer Zielsetzung von statistischer Gleichstellung zwischen indigenem und nicht-indigenem Beschäftigungs- und Einkommensstatus einen wichtigen Faktor ausklammert (vgl. Kap. 6.2.1). Es ist die Möglichkeit. daß Aborigines, vor allem in den abge schiedenen Landesteilen, einen Lebensstil wählen könnten, welcher sich grundsätzlich von demjenigen der nicht-indigenen Australier unterscheidet. Im Falle, daß sich verschiedene Gruppen von Aborigines für einen jeweils unterschiedlichen Lebensstil entscheiden, wirdsich
87Eine Reihe anderer Autoren wie beispielweise MacFARLANE (1978), CANE/STANELY (1985), PALMER/ BRADY (1991) führte ebenfalls Studien über die Subsistenzwirtschaft indigener Communitiesdurch.
88In Kap. 3.1.4 mußte diesbezüglich das Gegenteil behauptet werden. Es wurde dort erläutert, daß empirische Untersuchungen eine weitaus höhere Arbeitslosigkeit bei Aborigines enthüllen als off12ielle Statistiken sie angeben. Aufgrund der unterschiedlichen Perspektiven, des Mangels an empirischen Datenmaterials bzw. der Schwierigkeit,kulturelle Ak1ivitäten zu messen und aus der Tatsache heraus, daß Standardindikatoren kulturell
nicht angepaßt sind, kann dieser Widerspruch hier nicht aufgehoben werden.
reason for statistical marginalisation is that the co-existence of hunter-gatherers within the modern Australian post-industrial economy is not easily reconcilable with the market mentality of most policy-makers and academics (...) Informal production is often viewed (...) as an issue only relevant to the Third World, where the significance of subsistence agriculture and informal petty commodity trading in the urban sector is too important to be overlooked (ALTMAN/ALLEN 1992:140). 89
D. SMITH (1994:14-15) schlägt vor. anstatt des Konzeptes der currently active population für die indigene Bevölkerung das alternative Konzept der usually active population heranzuziehen. Dieses alternative Konzept ist für "Entwicklungsländer" weitaus anwendungsbezogener, da dort ein großer Teil der Beschäftigungen durch saisonale und kulturelle Faktoren geprägt ist. Die usually active population bezieht sich auf alle Personen über einer bestimmten Altersgrenze, die während des größten Teils einer längeren Referenzperiode, z.B. über 12 Monate hinweg, beschäftigt oder arbeitslos waren. Außerdem soll die definitorische Flexibilität sozio-ökono mischer Standardindikatoren erhöht werden, um indigene Vorstellungen und Maßstäbe hinsicht lich Wirtschaft, Arbeit und Arbeitslosigkeit miteinzubeziehen.
89 Diemangeride Integration der Aborigines in den formellen Arbeitsmarkt im abgelegenen Australien kann man in mancher Hinsicht durch WILEYs (1967) Vorstellung des ethnic traperklären. WILEY (in: ALT MANfTAYLOR 1987:89-90) ist davon überzeugt, daß bei ethnischen Minderheiten ein unvermeidbarer tradeoffzwischen kultureller Identität und sozio-ökonomischer Mobilität existiert. Je stärker eine Gruppe ihre kulturellen Werte aufrechterhält, desto weniger wahrscheinlich ist es für sie, eine wirtschaftliche Besserstellung zu erfahren. Das entscheidende Merkmal besteht z.B. für outstationsdarin, daß eine Beteiligung an
Subsistenzwirtschaft und Kunsthandwerkproduktion einen solchen
tradeoff
vermeidet. In der Tat besitzen diese produktiven Tätigkeiten für viele Aborigines eine große kulturelle Bedeutung. Demnach existiert eine positive Korrelation zwischen der Beschäftigung in diesen Sektoren und der Aufrechterhaltung ihrer Kultur. Diese Vorstellung des
tradeoffs
beschränkt sich nicht auf outstation -Communities, sondern kann ebenfalls in anderen Aboriginal Communities beobachtet werden
5 Räumliche Einflußfaktoren
In diesem Kapitel werden räumliche Faktoren analysiert, die einen gravierenden Einfluß auf die sozio-ökonomische Situation der indigenen Australier besitzen und damit erheblich zu ihrer sozio-ökonomischen Benachteiligung beitragen. Zu Beginn erfolgt eine Darlegung der charakteri stischen Raumstruktur des australischen Kontinents und eine Abgrenzung in Raumkategorien. Die Aborigines erfahren durch ihre typische Bevölkerungsverteilung in vorwiegend ländlich geprägten Regionen eine räumliche Benachteiligung, da sich wirtschaftliche Aktivräume und Arbeitsmärkte der australischen Mehrheitsbevölkerung in großstädtischen Zentren konzentrieren. Räumliche Disparitäten der indigenen Minderheit hinsichtlich ihrer sozio-ökonomischen Lebensbedingungen werden im Anschluß daran interpretiert. Schließlich ist das Mobilitäts verhalten der Aborigines durch eine Dominanz sozio-kultureller Motivationen gekennzeichnet. Dieses verhält sich ähnlich wie ihre Einstellung zum Landbesitz und die Konzentration ihrer Ländereien in der ariden Zone als Hemmfaktor für eine Verbesserung ihrer wirtschaftlichen und sozialen Situation.
5.1 Allgemeine räumliche Charakteristika
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Karte 7:Bevölkerungsdichte Australiens
Quelle: LÖFFLER/GROTZ (1995:166)
Die Weiträumigkeit und isolierte Lage des australischen Kontinents 90 stellt eines seiner charak teristischsten Kennzeichen dar, das sich auf sämtliche Lebensbereiche auswirkt. BLAINEY (1993) hat dies sehr treffend mit tyranny of distancebezeichnet. Ein weiterer Faktor liegt in seiner ökologischen Ungunst und der Umwandlung riesiger Flächen in reine Kulturlandschaft (vgl. Karte 6). In Australien stehen große Metropolen und ein extremer Grad an Verstädterung einem nahezu menschenleeren outbackgegenüber. Australien ist eigentlich ein Kontinent der Städte und die Trennungslinie zwischen Stadt und Land ist stark ausgeprägt. Diese besteht besonders zwischen den Landeshauptstädten der Bundesstaaten (und wenigen anderen Verdichtungsräumen), die sich ausschließlich an der Küste konzentrieren und den großen Farmregionen, die meist im Inneren des Kontinents liegen (vgl. Karte 7). Diese Spaltung hat wirtschaftliche, soziale und politische Dimensionen. Für den Sitz der Bundesregierung wurde die Stadt Canberra, 100 km von der Küste entfernt, im Landesinneren von New South Wales errichtet (vgl. SORENSEN 1995:616-24).
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Karte 8:Siedlungszonen in Australien
Quelle: LAMPING (1985:131)
LÖFFLER/GROTZ (1995:351-67) erläutern den "Primatstadtcharakter" der australischen Haupt städte. Der allgemein große Abstand zur zweitgrößten Stadt eines Bundesstaates und die Tatsache, daß die Gesamtzahl aller Städte in der Kategorie von 50.000 bis 500.000 Einwohner
90 Die Gesamtfläche Australiens beträgt 7.682.300 qkm.
lediglich 16 (1991) beträgt, dokumentiert das zweite Merkmal des australischen Städtesystems, nämlich das weitgehende Fehlen von Großstädten auf der Stufe unterhalb der hauptstädtischen Metropolen. Das System der zentralen Orte im Sinne Christallers läßt sich nicht ohne weiteres auf Australien anwenden. Es gibt zwar mehrere Rangstufen, jedoch oftmals keine vollständige Hierarchie zentraler Orte wie in europäischen Industrieländern. Orte unterer Stufen sind oftmals überdurchschnittlich im Verhältnis zu ihrer Bevölkerung ausgestattet. Die australischen Sied lungen lassen sich drei Siedlungszonen - von den Küsten zum Landesinneren - mit jeweils charakteristischer bevölkerungs- und siedlungsgeographischer Struktur zuordnen. Diese weisen jeweils typische Anordnungsmuster der zentralen Orte auf: Die Verdichtungsgebiete mit angrenzenden städtischen Gebieten mit der Bildung von Städtebändern (städtische Zone), die mäßig besiedelte Zone vorwiegend intensiver landwirtschaftlicher Nutzung mit in relativ regelmäßigen Abständen angeordneten Versorgungszentren (ländliche Zone) und die riesige, kaum bewohnte Streusiedlungszone mit isolierten, auf Ressourcen wie dem Bergbau basieren den Städten sowie kleinsten, entlang den Verkehrsleitlinien in Reihen angeordneten Siedlungen (vgl. LAMPING1985:130-37; LÖFFLER/GROTZ 1995:362-67) (vgl. Karte 8 und 9).
Um den charakteristischen Regionalismus Australiens zu verstehen, soll er hier mit einigen Beispielen verdeutlicht werden. Eine ländliche Stadt in Australien ist sehr klein! In NSW weist kein inländisches Versorgungszentrum - mit der Ausnahme von Canberra im australischen Hauptstadtbezirk(ACT) - eine Bevölkerungszahl von über 60.000 auf. In der "größten Stadr des zentralen Queenslands, Longreach, wohnen weniger als 4.000 Menschen. Selbst die größten Landstädte verfügen nur über eine Bevölkerungszahl, die meist zwischen 5.000 und 50.000 liegt. Gemäß dem australischen Stadtbegriff ist eine einzelne administrative Stadtgemeinde ver gleichsweise klein. Der weithin fragmentarische Charakter der administrativen Gebietsorganisa tion hat die Dominanz der Hauptstädte in Australien verstärkt. Verwaltungsbezirke - etwa unseren Kreisen entsprechend - existieren in allen Staaten, jedoch mit großen Unterschieden hinsichtlich Fläche und Bevölkerung. Eine Kreisorganisation fehlt in Streusiedlungsgebieten von New South Wales, South Australia und im Northern Territory (vgl. SORENSEN 1995:616-24). 91
Das Northern Territory nimmt hinsichtlich Besiedlungsdichte, Größe und Anzahl zentraler Orte eine Sonderstellung ein. Unter den Hauptstädten der australischen Staaten ist allein Darwin (68.200 Einwohner), die Hauptstadt des NT, kein Verdichtungsraum. Alice Springs, 1500 km südlich von Darwin, ist mit 25.585 Einwohnern die zweitgrößte Stadt im NT (Volkszählung 1991/ABSf 1992:8). Der gesamte nördliche Teil Australiens kann als non-metropolitan areain bezug auf die räumliche Wirtschaftsstruktur bezeichnet werden (TYLER 1990:82-83).
Die Bezeichnungen für diese untere Verwaltungsebene sind nicht einheitlich: In New South Wales, Queensland und Western Australia werden sie eiöes, towns, shiresgenannt, in Victoria eitles, towns, boroughs, shires ,in South Australia eitles,corporate tovms,districteouncilareas, in Tasmania und im Northem Territory eitlesund municipalit ies(vgl. LAMPING 1985:90-93).
5.2 Raumkategorien
Es existiert heute eine räumliche Mannigfaltigkeit hinsichtlich der ökonomischen und sozialen Lebensbedingungen der indigenen Bevölkerung. Diese Verschiedenartigkeit läßt sich teilweise mit den unterschiedlichen Einwirkungen der europäischen Besiedlung in den einzelnen Regionen Australiens begründen (vgl. Kap. 3.2.4). lndigene Communitiesspiegeln hauptsächlich seit den 1980er Jahren differierende Siedlungsstrukturen wider, welche man prinzipiell in eine Stadt land-Klassifikation untergliedern kann: Die Aboriginal Bevölkerung kann aufgrund ihres räumlichen Siedlungsmusters in mindestens drei separate Gruppen unterteilt werden: Aborigines in peripheren Regionen (remote areas)von Australien, Aborigines in ländlichen Gebieten (rural areas)und Landstädten (country towns) sowie städtische Aborigines in großen städtischen Zentren (vgl. TAYLOR 1993a:8; ALTMAN/NIEUWENHUYSEN 1979; FISK 1985).
Australische Volkszählungsdaten werden der section-of-StateEinteilung des ABS entsprechend ausgewertet und besitzen demzufolge eine herausragende Bedeutung in dieser Arbeit, da sich die verfügbaren Daten zur indigenen Bevölkerungsverteilung auf diese, wenn auch oftmals unzu reichende, Klassifikation beziehen. Die erste Raumkategorie entspricht den major urban areas,die als "Großstädte bzw. Verdichtungsgebiete" mit 100.000 und mehr Einwohnern ausgewiesen werden. Die nächste Kategorie belegen die other urban areas, welche man mit 1.000 bis 99.999 Einwohnern als "sonstige Städte" bezeichnen kann. 92 Zwei weitere Kategorien werden als rural localities (200 bis 999 Einwohnern) und als other rural and migratory(unter 200 Einwohnern) ausgewiesen. Diese Klassifizierung in vier sections-of-Statewird bei den meisten Datenver öffentlichungen zu analytischen Zwecken auf drei reduziert, wobei man die rural localitiesund die otherrural-Sektion zu einer Gebietskategorie, den rural areasmit O bis 999 Einwohnern, d.h. als ländlichen Raum zusammenfaßt (vgl. TAYLOR 1993a:8). Das ABS definiert somit eine Siedlung als städtisch, sobald diese eine Bevölkerung von 1.000 und mehr Einwohner besitzt. Diese Einteilung ist jedoch bei weitem nicht ausreichend, um eine charakteristische Trennung zwischen ländlichen und städtischen Regionen zu unternehmen und weist erhebliche Mängel auf. Das HRSC (1992:3) macht z.B. darauf aufmerks m: "A few traditional communities have this many people so this delineation is not conclusive". Es treten erhebliche Schwierigkeiten bei der sehr weitgefaßten Kategorie der sonstigen Städte (other urban)auf, welche Ortschaften mit
1.000 bis 99.999 Einwohnern einschließt. Derzufolge kann es möglich sein, daß typisch ländliche Siedlungen einer städtischen Kategorie zugeordnet sind. Aufgrund der außerordentlich dünnen Besiedlung des australischen Kontinents ist es andererseits verständlich, daß das australische Zensusbüro den Schwellenwert für eine städtische Siedlung (urban area)sehr niedrig ansetzt. Diese räumliche Klassifikation von Ortschaften ist typisch für den australischen Kontinent und nur aus dessen charakteristischen siedlungsgeographischen Anordnung heraus zu verstehen. Dies sollte bei der folgenden Interpretation immer berücksichtigt werden. 93
92Fremdenverkehrssiedlungen mit hohem Anteil an Zweitwohnsitzen werden bereits ab 250 Häusern, sofern mindestens 100 ständig bewohnt sind, zu den städtischen Siedlungen gerechnet.1991 wurden 13 großstädtische Verdichtungsgebiete ausgewiesen (GAMINIRATNE 1993:9).
93Weitere Möglichkeiten zur Klassifizierung der indigenen Bevölkerung in Raumkategorien finden sich in TAYLOR (1993a:8) undHRSC (1992:3; =Einteilung von ATSIC).Sie korrelieren nicht vollständig mit der Klassifikation des ABSund sollen hier wegen ihrer fehlenden Anwendbarkeit nicht erläutert werden.
5.3 Räumliche Marginalität der indigenen Bevölkerung
5.3.1 Allgemeine Bevölkerungsverteilung
Für die meisten Außenstehenden sind die Aborigines Menschen. welche als traditionelle Gruppen im Stammesverband in peripheren bush-Regionen leben und ihrer Tradition gemäß vom Jagen und Sammeln leben. Es existieren solche Gruppen von Aborigines. doch nehmen sie nur noch einen geringfügigen Anteil an der gesamten Aboriginal Bevölkerung ein und sind in ökonomischer Hinsicht ziemlich untypisch. Die indigene Bevölkerung Australiens weistheute völlig andere Charakteristika ihrer räumlichen Verteilung auf als vor etwa 200 Jahren. Sie ist heute seßhaft und stärker zusammengeballt. Nur sehr wenige Aborigines sind wirkliche Landbewohner. entweder dem Sinne nach auf einem landwirtschaftlichen Gut zu leben und in der Landwirtschaft aktiv tätig zu sein. oder ein traditionelles Leben des Jagen und Sammelns zu führen. Der Großteil der indigenen Bevölkerung lebt in oder nahe bei Landstädten oder kleinen Siedlungen. In einigen Orten. meist ehemals verwalteten Aboriginal Institutionen, stellt sie eine überwältigende Mehrheit. Ein weiterer Teil der Aborigines lebt in den Hauptstädten und großen regionalen Zentren, meist räumlich stark konzentriert. Was ihre wirtschaftliche Rolle als Produ zenten und Konsumenten anbetrifft, hat die überwiegende Mehrzahl der indigenen Bevölkerung und besonders diejenigen, welche einer städtischen Lohnbeschäftigung nachgehen. wenig mit abgeschiedenen im Stammesverband lebenden Aborigines gemeinsam. Ihre Gemeinsamkeit liegt vielmehr im sozio-kulturellen und spirituellen Bereich als in der Art und Weise ihrer wirt schaftlichen Tätigkeiten (vgl. L. SMITH 1980b:193; FISK 1985:1) (vgl. Kap. 4.2).
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Karte9:Verteilung der Gesamtbevölkerung Australiens
Quelle: JOHNSON {1992:22)
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Karte 10:Verteilung der Aboriginal Bevölkerung
Quelle: JOHNSON (1992:24)
Es bestehen große Disparitäten in bezug auf die Anteile der gesamten indigenen Bevölkerung in den einzelnen Bundesstaaten und Territorien (vgl. Karte 11). In Queensland und New South Wales (beide 26.4%) konzentriert sich über die Hälfte der Aboriginal Minderheit. Western Australia und das Northern Territory umfassen jeweils um die 15%. South Australia (6.1%), Victoria (6.3%), Tasmania (3.3%) und das ACT (0.7%) rangieren auf den hinteren Plätzen. Die gravierendsten Unterschiede hinsichtlich der indigenen Bevölkerungsverteilung zwischen der Hauptstadt und den ländlicheren Landesteilen eines Bundesstaates sind im Northern Territory (15.5% für Darwin gegenüber 84.5% für den Rest) und in Queensland (19.2% für Brisbane im Vergleich zu 80.8% für den Rest) zu finden. Dies impliziert, daß in diesen Bundesstaaten ein überwiegender Anteil der Aborigines in ländlich geprägten Gebieten lebt. In South Australia (42.8% für Adelaide gegenüber 57.2% für den Rest) und Victoria (47.5% für Melbourne und 52.5% für den Rest) ist die Bevölkerungsverteilung zwischen Hauptstadt und den ländlicheren Regionen des Bundesstaates am ausgeglichensten (ABSe 1993:2-3) (vgl. Karte 12).
Die jeweiligen Anteile der indigenen Bevölkerung an der australischen Gesamtbevölkerung zeigen, daß die Aborigines in den meisten Bundesstaaten und sections-of-Stateeine kleine Minderheitenbevölkerung darstellen (von 0.2% in Tasmania bis 2.6% in Western Australia). Im Northern Territory ist der indigene Anteil an der Gesamtbevölkerung mit 22.7% (1991) weitaus am höchsten; 65.4% der Aborigines im NT leben in ländlichen Gebieten. In den ländlichen Regionen des Northem Territorys nimmt die indigene "Minderheit" sogar einen Anteil von 77.9% an der Gesamtbevölkerung ein (1986) (TESFAGHIORGHIS/GRAY 1991:50-51).
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Karte11:Bevölkerungsanteile der Aborigines nach Bundesstaaten 1991 (in %)
Quelle: ABSe (1993:2-3) Eigener Entwurf
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Karte 12:Bevölkerungsverteilung der Aborigines nach Hauptstadt und restlichen Landes- teilen 1991 (in %) Quelle: ABSe (1993:2-3) Eigener Entwurf
Die Aborigines weisen ein von der vorwiegend in den Metropolen lebenden nicht-indigenen Bevölkerung deutlich unterscheidbares Siedlungsmuster auf. Dies bezieht sich insbesondere auf die Stadt-Land-Verteilung. Die indigene Minderheit konzentriert sich in größerem Maße auf die sonstigen Städte und den ländlichen Raum als die nicht-indigenen Australier. Im Jahr 1991 lebten 32.8% der indigenen Bevölkerung in peripheren und ländlichen Regionen im Vergleich zu nur 14.6% der nicht-indigenen Australier. 63.3% der Nicht-Aborigines im Gegensatz zu nur 26.1% der Aboriginal Bevölkerung leben in den Yerdichtungsgebieten der Großstädte. In den sonstigen Städten nimmt die indigene Minderheit mit 41.1% relativ gesehen nahezu den doppelten Anteil an ihrer Gesamtbevölkerung im Vergleich zu den nicht-indigenen Australiern ein (22.1%) (TAYLOR 1993a:9-11; vgl. GAMINIRATNE 1991:7; AEDP 1994:17) (vgl. Abb. 19, 9+10).
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb.19:
Bevölkerungsanteile nach Raumkategorien 1991 Quelle: TAYLOR (1993a:9+11)
Eigener Entwurf
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb. 20:
Land-Stadt-Verlagerung der indigenen Bevölkerung 1971-1991
* Aufgrund Bevölkerungswachs tums wurden z.B. etliche ruralGebiete der otheruroan-Kategorie zugeordnet.
Quelle: GAMINIRATNE (1993: 7)
Eigener Entwurf
Nur im Northern Territory leben mehr Aborigines in ländlichen und peripheren als in städtischen Regionen und kleinen Landstädten von mehr als 1.000 Einwohner. Auch in Queensland (32.8%), Western Australia (33.5%) und Tasmania (31.3%) lebt ein Großteil der indigenen Australier in
ländlichen Ortschaften. Demgegenüber sind in Victoria 44.6%, in New South Wales 37.7% und in South Australia 41.2% der jeweiligen Aboriginal Bevölkerung in den großstädtischen Verdich tungsräumen konzentriert. Im größtenteils verstädterten ACT lebt 88.7% der indigenen Bevöl kerung im hauptstädtischen Verdichtungsgebiet 94 (vgl. TYLER 1990:82-83; ABSe 1993:2-3; GAMINIRATNE 1993:12).
5.3.1 Die räumliche Benachteiligung
Für eine Interpretation des sozio-ökonomischen Status der Aborigines in Gegenüberstellung zu dem der nicht-indigenen Australier ist die Berücksichtigung ihrer räumlichen Bevölkerungsver teilung von außerordentlicher Bedeutung. Dies resultiert aus der Tatsache, daß die Wirtschaft in ihrer Kapazität variiert. Beschäftigungsmöglichkeiten in unterschiedlichen Regionen zu schaffen. Die weitaus größere relative Bevölkerungskonzentration der Aborigines in ländlichen und sonstigen städtischen Regionen blieb über die Zeit hinweg erhalten im Gegensatz zu den Nicht Aborigines (vgl. Abb. 20). In dieser Arbeit wird außerdem ein besonderes Augenmerk auf die Verteilung der erwerbsfähigen Bevölkerung der Aborigines geworfen, die sich im Vergleich zur Gesamtbevölkerung erheblich mehr im ländlichen Raum konzentriert. Die Karten 13a und 13b zeigen die regionale Verteilung der indigenen und nicht-indigenen Erwerbsbevölkerung im Bun desstaatenvergleich (vgl. Karte 14).
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Karte13a:
Verteilung der indigenen Erwerbsbevölkerung nach Raumkategorien 1991 (in%) Quelle: TAYLOR (1993b:10}
Eigener Entwurf
Das ACT hat keine sonstige Städte-Kategorie.
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Karte 13b:Verteilung der nicht-indigenen Erwerbsbevölkerung nach Raumkategorien
1991 (in%)Quelle:TAYLOR(1993b:10) Eigener Entwurf
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Karte 14:Bundesstaatenanteile an indigener Erwerbsbevölkerung je Raumkategorie 1991 (in%) Quelle: TAYLOR (1993b:10) Eigener Entwurf
Der Druck für indigene Australier, eine Beschäftigung zu finden, ist - proportional gesehen - grö ßer als für andere Australier. Dieser wird weiterhin durch ihre räumliche Konzentration, vor allem die ihrer erwerbsfähigen Bevölkerung, im ländlichen Raum und in kleinen Landstädten verstärkt. In diesen überwiegend strukturschwachen Regionen sind formelle Arbeitsmärkte häufig nicht-
existent oder stark unterentwickelt. Beschäftigungsmöglichkeiten sind dort seit längerem im Zurückgehen begriffen und weisen keine Anzeichen einer Entspannung auf. Auch in den kleinen Landstädten ist der Arbeitsmarkt stark eingeschränkt. ALTMAN/SANDERS (1991:9) schätzen entgegen offiziellen Statistiken, daß ungefähr die Hälfte der indigenen Bevölkerung im Vergleich zur gesamten australischen Bevölkerung in peripheren Regionen lebt, wo entweder äußerst begrenzte oder nicht-existente formelle Arbeitsmärkte, marktwirtschaftliche Aktivitäten und diesbezügliche Entwicklungsaussichten existieren. Es besteht eine auffällige Diskrepanz zwischen der räumlichen Verteilung und Siedlungsstruktur der indigenen Bevölkerung und den räumlichen Arbeitsmarktstrukturen. Dieses Mißverhältnis resultiert in die räumliche Benach teiligung (locational disadvantage)der Aborigines, welche ein Schlüsselfaktor für ihre sozio ökonomische Benachteiligung im Kontrast zur nicht-indigenen Bevölkerung ist (vgl. ALTMAN 1991:160; ALTMAN/HAWKE 1993:7; ALTMAN/SANDERS 1991:9; ARTHUR 1991:116ff; TAYLOR 1992b/1993a:13/1993b:3ff; R. ROSS 1991:121; TESFAGHIORGHIS 1991; TYLER
(1990:68). "... it has long been recognised that social and economic indicators for indigenous Australians reveal a spatial dimension" (TAYLOR 1993b:1).
Die wirtschaftlichen und sozialen Lebensbedingungen der indigenen Bevölkerung stehen somit im Zusammenhang mit ihrer stärkeren Konzentration in bestimmten räumlichen Siedlungs kategorien. ALTMAN/HAWKE (1993:2) und TAYLOR (1993a:5) schließen daraus, daß der sozio ökonomische Status der Aborigines in großstädtischen und sonstigen städtischen Regionen höher ist als in ländlichen und peripheren Gebieten. Es existiert demzufolge ein Stadt-Land Gefälle. Je peripherer eine Aboriginal Communityliegt, desto höher ist die Tendenz ihrer durchschnittlichen Arbeitslosenrate 95 (vgl. HRSG 1992:265). "Aboriginal unemployment is one of the most "obdurate" and deep seated problems government can grapple with, especially in the non-metropolitan regions" (LOVEDAY 1987:59). In Staaten mit einem hohen Anteil an städti scher Bevölkerung wie Victoria, Tasmania und das AGT weisen Aborigines einen höheren sozio ökonomischen Status auf. Eine Ausnahme ist jedoch New South Wales, wo ein Anteil von 82% der indigenen Bevölkerung in städtischen Gebieten lebt und dieser Anteil einem Drittel aller städtischen Aborigines in Australien entspricht. Die sozio-ökonomische Situation indigener Australier in NSW ist vergleichsweise niedrig (vgl. HRSG 1992:17).
TAYLOR (1993a:22) macht Angaben über die Aufgliederung der Erwerbstätigen in die drei Raumkategorien. Die erwerbstätigen Aborigines verteilen sich im Gegensatz zu den nicht indigenen Australiern relativ gleichmäßig auf die drei Gebietskategorien. Die indigenen Erwerbstätigen sind zu 30.3%, die nicht-indigenen Erwerbstätigen hingegen zu einem über doppelt so hohen Anteil (65%) in den Verdichtungsgebieten konzentriert. Das andere Extrem läßt sich im ländlichen Raum finden, wo 34.5% der erwerbstätigen Aborigines, jedoch nur 14.7% der nicht-indigenen Erwerbstätigen leben. Die entsprechenden Werte für die sonstigen Städte liegen bei 34.5% für die indigenen und 20.3% für die nicht-indigenen Erwerbstätigen. Die Karten
95 Dies trifft zu, auch wenn in der Darstellung der soz.io-ökonomischen Benachteiligung (Kap. 2) teilweise niedrigere Arbeitslosenquoten der Aborigines im ländlichen Raum verzeichnet wurden. Die Einführung eines speziell für Aborigines konzipierten Beschäftigungsprogrammes trägt einen Großteil z.ur Erklärung bei. Der Kontext wird erst in Kap. 6.2.2 vollständig hergestellt und verständlich gemacht.
15a+b stellen die Erwerbstätigenanteile nach Raumkategorien im Bundesstaatenvergleich dar.
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Karte15a:lndigene Erwerbstätigenanteile nach Raumkategorien 1991 (in %)
Quellen: TAYLOR/ROACH (1994a-h:jeweils Tab.10); TAYLOR (1993a:22) Eigener Entwurf
Eine gebräuchliche Unterteilung, um regionale Disparitäten der sozio-ökonomischen Benachteili gung der indigenen Minderheit zu analysieren, stellt diejenige zwischen dichtbesiedelten (städti schen bzw. metropolitanen) Gebieten und spärlich besiedelten (peripheren bzw. ländlichen) Regionen dar. Der relativ höhere sozio-ökonomische Status der Aborigines in den Verdichtungs räumen deutet auf die räumliche Benachteiligung der ländlichen Aborigines hin, welcher sich in Form von begrenzten oder fehlenden Beschäftigungsmöglichkeiten auf dem formellen Arbeits markt in diesen Regionen manifestiert (vgl. TESFAGHIORGHIS/GRAY 1991:59-61; TAYLOR 1993b:3; ALTMAN/D. SMITH 1993:3; TESFAGHIORGHIS 1991/1992). TAYLOR (1992c:56-57)
nennt weitere wirtschaftliche Faktoren, welche periphere Regionen Australiens abgrenzen (die regionalen Zentren ausgenommen). Dies sind hohe Werte auf einem sozio-ökonomischen Armutsindex, die mangelnde Zugänglichkeit zu städtischen Zentren mit relativ großen Distanzen zwischen Siedlungen und Dienstleistungen sowie eine Spezialisierung städtischer Funktionen mit einer Dominanz von Dienstleistungsgemeinden (seNice towns)und Bergbausiedlungen (mining towns).Die dominierenden Wirtschaftszweige des Bergbaus und der Viehwirtschaft in entlegenen und ländlichen Regionen bieten nur sehr begrenzte Beschäftigungsmöglichkeiten für die dort lebende indigene Bevölkerung. Die räumliche Benachteiligung in bezug auf formelle Be schäftigungsmöglichkeiten kann indes zum räumlichen Vorteil für diejenigen werden, welche Zugang zu Land besitzen und danach trachten, traditionelle Wirtschaftsformen aufrechtzuer halten, indem sie produktiven Subsistenzaktivitäten nachgehen (vgl. TAYLOR 1993b:3; ALTMAN/HAWKE1993:7).
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Karte 15b:Nicht-indigene Erwerbstätigenanteile nach Raumkategorien 1991 (in%)
Quelle: TAYLOR/ROACH (1994a-h:jeweils Tab.10) Eigener Entwurf
DALY et al. (1993:19-20) plazieren im Rahmen ihrer statistischen Untersuchung 96 die location of residencean dritter Stelle der Faktoren-Rangfolge in bezug auf unterschiedliche Arbeitsmarkt resultate. Dieser Faktor wird hinter dem Ausbildungsniveau und den demographischen Variablen und vor dem Faktor "Aboriginalität" angeordnet. Eines ihrer Ergebnisse besagt, daß indigene Personen eine niedrigere Wahrscheinlichkeit aufweisen, vollzeitbeschäftigt zu sein und eher Nichterwerbspersonen sind, wenn sie in ländlichen Regionen leben. Diese Wahrscheinlichkeit trifft am stärksten auf männliche Aborigines in peripheren Gebieten zu. Sowohl weibliche als auch männliche Aborigines, welche in einem großstädtischen Verdichtungsgebiet leben, besitzen eine größere Aussicht auf eine Vollzeitbeschäftigung und eine niedrigere Wahrschein lichkeit der Erwerbslosigkeit bzw. eine Nichterwerbsperson zu sein. Bei der nicht-indigenen Bevölkerung dagegen existieren nur sehr geringe Stadt-Land-Disparitäten hinsichtlich ihrer Beschäftigungsaussichten.
Die australische Regierung führte u.a. aufgrund dieses Stadt-Land-Gefälles des sozio-ökonomi schen Status der Aborigines unterschiedliche Entwicklungsstrategien im Rahmen ihrer Aboriginal EmploymentDevelopmentPolicy (AEDP)ein. Sie unterscheidet zwischen indigenen Bevölkerungsgruppen. die in oder um abgelegene Gemeinden (remote towns)und solchen, die in Provinz- und Hauptstädten (provincial/capital cities),d.h. in Orten ab 1.000 Einwohnern leben. Hier wird ein Arbeitsmarkt als existent betrachtet. In anderen Regionen, d.h. in Siedlungen mit
DALY et al. (1993) führten eine multinomlale Regressionsgleichung auf der Grundlage der Volkszählung von 1986 durch.
bis zu 1.000 Einwohnern, sieht sie formelle Arbeitsmärkte als entweder unterentwickelt oder nicht-existent an. Hierzu zählen z.B. indigene Australier auf eigenen Ländereien, viehwirt schaftlichen Besitztümern und outstations(vgl. TAYLOR 1993a:5/1993b:2-3). Arbeitsmarkt strategien für Aborigines im ländlichen Raum werden in Kap. 6.2 diskutiert.
5.4 Siedlungstypen
FISK (1985) ordnet die indigene Bevölkerung vier räumlichen Hauptkategorien zu. Diese räumliche Einteilung korreliert nicht mit den Raumkategorien des ABS,auf welche sich das Datenmaterial der australischen Volkszählung bezieht. Sie soll jedoch in diesem Rahmen als charakteristische Typologie räumlicher Siedlungsstrukturen in Hinsicht auf die sozio-ökonomi schen Lebensbedingungen der indigenen Minderheit erläutert werden. Man unterscheidet indigene Bevölkerungen auf outstations,in Aboriginal towns,in non-Aboriginal townsund in Großstädten (vgl. Abb. 21). Diese Klassifikation wird FISK (1985:9) zufolge als sinnvoll angesehen, da sich das Wirtschaftsleben der Aborigines in jeder Raumkategorie in wesentlichen Punkten von den anderen unterscheidet. 97
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb. 21:
Aboriginal Bevölkerung nach Raumkategorien 1981
Quelle: FISK (1985:9)
Eigener Entwurf
97 FISK (1985) stützt sich auf die Raumkategorien des ehemaligen Departrnent of Aborigina/ Affairs(DAA)
(CommunityProfiles-Bericht von 1981).
5.4.1 Aboriginal outstations
In dieser Kategorie werden Aborigines, welche auf outstations (homelands) leben und andere kleine indigene Gruppen in peripheren Gebieten Australiens zusammengefaßt. Es sind zum größten Teil Bewohner von Aboriginal Reservaten. Die outstationssind von besonderem Interesse, obgleich nur ein geringer Anteil der indigenen Bevölkerung auf ihnen lebt. Hierbei handelt sich um kleine dezentralisierte Communities. deren indigene Bewohner in engem Verwandtschaftsverhältnis zueinander stehen. Sie haben diese Communitiesaufgrund starker traditioneller Orientierung gegründet und auf Land mit für sie kultureller, sozialer und ökonomi scher Bedeutung errichtet. Faktoren, welche die outstation-Bewegungausgelöst haben, beinhalten kulturelle Aspekte einschließlich des Wunsches, heilige Stätten zu schützen, desweiteren das soziale Bedürfnis, traditionelle Familienstrukturen zu stärken und den politi schen Wunsch nach Autonomie. Traditionell-orientierte Aborigines forderten ihren Anspruch auf traditionelles Land. YOUNG/ DOOHAN (1989:211) stellen in bezug auf die outstation-Bewegung in Zentralaustralien kulturelle Faktoren in den Vordergrund. Der Hauptfaktor liegt demnach in der Rückkehr zu ihrem ancestral land.Dies soll den Aborigines die Ausführung ihrer traditionellen Zeremonien und Verantwortungen ermöglichen und ihre religiöse Identifikation mit dem Land stärken. Außerdem sind sie bestrebt. die traditionelle Autorität wiederherzustellen und ihren Kindern die grundlegenden Glaubens- und Werteinhalte näherzubringen. Sie können die natürlichen Ressourcen für eine Subsistenzproduktion nutzen und demzufolge ihr materielles Überleben sicherstellen. Etliche Aborigines zeigen außerdem das Bedürfnis, den Konflikten in den größeren Communitieszu entfliehen, da dort Personen, die normalerweise engen Kontakt zueinander vermeiden würden (Meidungsgebot). zum Zusammenleben gezwungen worden sind (vgl. ALTMAN/TAYLOR 1987:4-10; FISK 1985:8-9; YOUNG 1981:27; HRSC 1987:7; L. SMITH
1980b:205) (vgl. Kap. 3.3 und 4.2.2.4).
ALTMAN/TAYLOR (1987:6-7) schätzen, daß im Jahr 1986 maximal 17.500 indigene Personen in insgesamt etwa 500 outstationslebten. Diese Anzahl betrug etwa 10% der gesamten indigenen Bevölkerung von 1986. 98 Die durchschnittliche Bevölkerungszahl auf einem homelandliegt bei etwa 25 Personen. Die meisten dieser outstations liegen im Northern Territory, wo 74% bis 78% (insgesamt 400 Communities) aller indigenen outstation-Bewohner leben (einschließlich den Aborigines auf viehwirtschaftlichen Besitztümern). In South Australia gibt es 71, in Western Australia 57 und in Queensland 13 bewohnte outstations 99(vgl. Karte 17).
Das Leben auf den outstationsermöglicht den Aborigines eine besser an ihre eigene Kultur und Traditionen angepaßte Lebensweise als dies bei einer weniger ausgeprägten räumlichen Margi nalität von der australischen Gesellschaft möglich wäre. Meist sind sie mit dem Land, auf dem
FISK (1985:9) zufolge lebte 1981 ein Anteil von 4.9% der Aborigines auf outstations.Aktuelleres Datenmaterial stand für diese Raumkategorien nicht zur Verfügung.
DieDaten stammen aus der Vokszählung von 1986. Die outstationsim NT konzentrieren sich vor allem auf das Amhem Land Reservat, die Daly und Finnis River Regionen, das Gu/f Country und westlich von Alice Springs,
d.h. der Central Desert(v.a. Pitjanljatjara- und Pintubt-Aborigines).
sie leben, kulturell und emotional stark verbunden. Zudem wird ihnen die Subsistenzwirtschaft des Jagens und Sammelns ermöglicht. Auf Aboriginal Rinder- und Schafstationen kann durch Viehhaltung eine eigene Fleischversorgung gewährleistet sein. Die Subsistenzwirtschaft des Jagens und Sammelns stellt nur noch für outstationsund ähnliche kleine abgelegene Gruppen eine Hauptbeschäftigung dar (vgl. FISK 1985:13; YOUNG 1981).
In Fällen, in denen die Subsistenzbasis gut ist, wie in Nordaustralien und auf einigen der Aboriginal Viehstationen, hat die Integration von traditionellen Fähigkeiten und eingeführter Technologie einen hohen Grad an Subsistenzsicherung möglich gemacht. Die bedeutendste Unterscheidung in ökonomischer Hinsicht wirdzwischen den tropischen Top End-und den desert-outstationsgetroffen (vgl. HUGO 1991a:163; YOUNG 1981:28). Die Produktion von bushfoodnimmt im Rahmen der Subsistenzwirtschaft in Zentralaustralien einen wesentlich niedrigeren Stellenwert als im tropischen Arnhem Land in Nordaustralien ein. In Zentralaustralien unterliegt die Nutzung natürlicher Ressourcen durch die (semi-)ariden Umweltbedingungen (vgl. Karte 16) (Halbwüsten, Grasland-, Gestrüppvegetation (scrub))erheblich größeren Beschrän kungen als im nördlichen Australien (Savannenwald-Vegetation) (vgl. LAMPING 1985). Zudem ist die heutige Lebensweise der Aborigines auf den outstationsvorwiegend seßhafter Natur, wodurch die Subsistenzwirtschaft in Zentralaustralien eine ebenfalls geringere Rolle als im Top Endspielt (vgl. ALTMAN/TAYLOR 1987:20-28).1 00
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Karte16:Nutzbare Nieder schläge in Australien
Quelle: LAMPING (1985:16)
100 Quantifizierungen hinsichtlich des Stellenwertes der Subsistenzwirtschaft in unterschiedlichen AboriginalCommunities
haben ALTMAN (1987a/b) und CANE/STANELY (1985) durchgeführt.
Nur wenige outstation-Bewohnersind Lohnempfänger. Sie bessern ihre wirtschaftliche Basis normalerweise durch Geldeinkünfte auf, die ihnen hauptsächlich in Form von Sozialleistungen wie Altersruhegelder, Kinderzulagen und Arbeitslosenunterstützungen zugute kommen. Die outstation bzw. homeland movementbesaß ihren Höhepunkt in den 1970er Jahren. Man geht davon aus, daß die Wiederaufnahme indigener homelands Anfang der 1970er Jahre erst durch den Zugang zu Sozialleistungen, insbesondere Arbeitslosenunterstützungen, möglich wurde (vgl. ALTMAN/TAYLOR 1987:36). Die Aborigines sehen eine nicht zur Verfügung stehende vergütete Erwerbstätigkeit nicht als bedeutsames Hindernis an. Erstens sorgt das nicht-monetäre Subsistenzeinkommen in Ergänzung mit staatlichen Sozialunterstützungen für einen angemes senen Lebensstandard. zweitens stehen die Lebensbedingungen und der Lebensstil auf outstationsin einer viel engeren Beziehung zu der Aboriginal Kultur, und traditionelle Werte können weiterhin bis zu einem gewissen Grad aufrechterhalten werden (vgl. Kap. 4.2.1). "Under these conditions the Aboriginal socio-economic unit operates reasonably smoothly" (FISK 1985:106-107). Outstation Communitiessind zu einer komfortableren sozialen Umwelt für zahl reiche Aborigines geworden. Ein Großteil der indigenen outstation-Familien sind aufgrund ihres zusätzlichen Subsistenzeinkommens materiell bessergestellt als die meisten anderen australi schen Familien, welche ausschließlich von staatlichen Sozialunterstützungen leben. ALT MAN/TAYLOR (1987:21-28,105) machen darauf aufmerksam, daß das Potential einer redu zierten Abhängigkeit und Einkommenssteigerung für Aborigines auf den homelandsmaximiert wird. Einige outstationserhalten zusätzliche Ausgleichszahlungen, Gewinnanteile oder Pacht abgaben von Bergbaugesellschaften oder der Regierung. Dies schafft räumliche Disparitäten hinsichtlich des ökonomischen Status einzelner outstations.Die Produktion und der Verkauf von Kunsthandwerk kann nach Überzeugung der Autoren einen entscheidenden Beitrag zu verbesserten Lebensbedingungen leisten. Dies stellt die einzige Möglichkeit für viele Gruppen dar, gleichzeitig ihr Einkommensniveau zu erhöhen und auf einem homelandzu leben (vgl. FISK 1985:13) (vgl. Kap. 2.3).
Outstationsmüssen als Teil eines ausgeweiteten sozialen Netzwerkes angesehen werden, welches normalerweise mindestens eine Aboriginal town mit einem Versorgungszentrum (outstation resource centre (ORC)) einschließt (vgl. Karte 17). Es findet eine kontinuierliche räumliche Bewegung von Aborigines sowohl zwischen outstationsals auch zwischen outstationsund diesen townshipsstatt (vgl. ALTMAN/TAYLOR 1987:8). Obgleich die home/and-Bewegung eine Zunahme erfährt, hält es L. SMITH (1980b:206) für unwahrscheinlich, daß mehr als ein kleiner Teil der traditionell-orientierten Aborigines permanent auf diese Art und Weise leben kann. Die nächstgelegenen größeren Communities werden immer als Dienstleistungszentren und Stützpunkte dienen. In sozialer Hinsicht fungieren die outstationsnach dem Dafürhalten FISKs (1985:13) als Zufluchtsstätten für ihre indigenen Bewohner, da sie sie vor den fremden Einflüssen des Sozial- und Wirtschaftssystem der allgemeinen australischen -Gesellschaft schützen. In einigen Fällen versuchen Aborigines den Weg einer wirtschaftlichen Unab hängigkeit einzuschlagen. Im allgemeinen jedoch streben sie mehr nach einer angemessenen Distanz anstatt nach einer vollständigen Absonderung von den Versorgungs-Communitiessowie der Geldwirtschaft der australischen Gesellschaft (vgl. L. SMITH 1980b:205).
Es existieren einige ernstzunehmende Beschränkungen und Nachteile für indigene outstationBewohner. Die periphere Lage hat erhebliche Konsequenzen auf Angebotsstruktur und Lebenshaltungskosten. Die Auswahl an Versorgungsgütern ist stark begrenzt, das Angebot ist mit Unregelmäßigkeiten behaftet, und lebensnotwendige Produkte sind mit hohen Preisen belegt. Dieser Nachteil ist jedoch nach Ansicht FISKs (1985:13-14) auf outstations mit einer guten Subsistenzbasis durch die eigene Versorgungsproduktion wieder mehr als wettgemacht. CANE/STANELY (1985) schätzen hingegen, daß in desert outstations80% des Einkommens ausschließlich für gekaufte Lebensmittel ausgegeben wird. Der Zugang für indigene home/and Bewohner zu modernen Einrichtungen im Bildungs- und Gesundheitswesen ist stark beschränkt, vergleichbar mit demjenigen vieler Aborigines in den viehwirtschaftlichen Communities.Die räumliche Marginalität trägt gravierend zu der räumlichen und sozialen Distanz hinsichtlich Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen bei (vgl. Kap. 7.7.1 und 7.7.3). Für einen wesentlichen Bestandteil der jüngeren Generation lassen diese Einschränkungen und der häufig gehegte Wunsch, der Autorität ihrer Ältesten zu entfliehen und sich modernen wirtschaftlichen Aktivitäten in den Städten zuzuwenden, das Leben auf einer outstationimmer weniger attraktiv erscheinen (vgl. FISK 1985:13-14; YOUNG 1981:28).
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Karte 17:Typen von AboriginalCommunitiesin Zentralaustralien
Quelle: YOUNG (1993:24)
5.4.2 Aboriginal towns
Die Raumkategorie der Aboriginal townsumfaßt diejenigen Aborigines, welche in Gemeinden oder Siedlungen mit vorwiegend indigener Bevölkerung leben. Sie befinden sich meistens auf Aboriginal Land und Reservaten. Obgleich man die townskünstlich errichtete, d.h durch staatliche und kirchliche Institutionen im Zuge der europäischen Landnahme und Enteignung, stellen sie heute eine eigene Komponente wirtschaftlicher und sozialer Lebensbedingungen der Aborigines dar. Viele der Siedlungen im Süden und Osten von Australien wurden später unter dem Druck benachbarter, durch die Regierung unterstützter, nicht-indigener Gruppen aufgege ben; der Großteil der Aboriginal towns ist heute im Northern Territory (vgl. Karte 17) und in Teilen von Western Australia lokalisiert.1 02 Die Siedlungen liegen meistens auf Land von nur geringer wirtschaftlicher Nutzbarkeit (vgl. Karten 6 und 16). In Aboriginal townslebte 1981 ein Anteil von 19.6% der indigenen Bevölkerung (FISK 1985:8-9).
Diese townsund settJementsauf Aboriginal Land unterscheiden sich bezüglich ihrer Wirtschafts und Sozialstruktur erheblich von den outstations,obgleich letztere meist eine enge Verbindung mit diesen Aboriginal townseingehen und durch diese auch Zugang zu notwendigen Waren und Dienstleistungen haben. Aboriginal townsbesitzen im Gegensatz zu den outstations soziale und wirtschaftliche Vorzüge. Diese variieren, schließen jedoch meistens eine primary schoo/,eine medizinische Einrichtung, einen kleinen Lebensmittelmarkt, Wasser- und Stromversorgung mit ein. In vielen dieser townsist eine Gemeindeverwaltung lokalisiert. Die Siedlungen bieten eingeschränkte Möglichkeiten zur Lohnbeschäftigung im Dienstleistungsbereich. In Ortschaften, in denen sich z.B. Aboriginal Rinderstationen und andere Unternehmen wie im Kunstgewerbe oder im Bergbau konzentrieren, existieren einige Beschäftigungsmöglichkeiten, die jedoch sehr begrenzten Ausmaßes sind und häufig aus Gelegenheits- und Saisonarbeiten bestehen. Darüberhinaus leistet die australische Regierung, auf die Versorgung dieser Gemeinden hinzielend, nicht unerhebliche Investitionen. Dies kann temporär zu einem bemerkenswerten Anstieg von Lohnbeschäftigungsmöglichkeiten führen. Aboriginat towns fungieren häufig als sogenannte Versorgungs- oder Ressourcenzentren für umliegende outstations.Im allgemeinen ist die wirtschaftliche Basis dieser Aboriginal townsund settlements nur gering. Selbst wenn dort
Für eine Aboriginal Landgemeinde wird in der australischen Literatur der Begriff Aborigina/ townverwendet. Aboriginal townssind meist inder europäischen Kolonialzeit entstandene sett/ements ,deren Einwohner bis heute überwiegend indigener Herkunft sind (vgl. Kap. 3.2.4).
Es ist nicht möglich, den Begriff townineinen deutschen Standardbegriff zu übersetzen, da er in der australischen
Literatur oft sehr unterschiedlich belegt wird; er muß somit aus dem Kontext heraus verstanden werden (vgl. Kap. 5.1).
TAYLOR (1989:9-12) teilt z.B. die Siedlungsstni<tur im outback Nordaustraliens in vier unterschiedliche Segmente ein und definiert aus praktischen Zwecken townsals urbancentres (mit 5.000 bis 9.999 Einwohnern). Die sma//er townshaben Einwohnerzahlen von 1.000 bis 4.999. Sma// townssind solche mit Bevölkerungen zwischen 200 und 999 Einwohnern. Die Kategorie rura//oca/itywird hier mit unter 200 Einwohnern besetzt. Für den Norden Australiens sind sma// townssehr charakteristisch (vgl. HUDSON 1989:185). Es gibt in Nordau stralien 59 weit verstreute sma// t ownsund rural/oca/ities, von denen viele, besonders im Northern Territory, zentralisierte Aboriginal Siedlungen (Aborigina/ towns,Aboriginal cattle stationsund outstaüons) sind, welche in der Aboriginal Protektions- und Assimilationsära gegründet wurden (TAYLOR 1989:12).
Zum besseren Verständnis hinsichtlich der Größe dieser Aboriglnal townssollen Beispiele aus Zentralaustralien vorgestellt werden: In Yuendumu sind 591 von 668 Bewohnern, in Hermannsburg 378 von 422 Einwohner und in Areyonga 136 von 146 Bewohnern Aborigines (ABSf 1992:14) (vgl. Karte 17).
ein Unternehmen wie eine Rinderstation angesiedelt ist, leben weitaus mehr Personen um das Unternehmen herum als von dem Unternehmen selbst beschäftigt werden können. Die wichtigste wirtschaftliche Stütze dieser Aboriginal Communitiesist folglich seit langem der Staat als Hauptquelle ihrer Geldeinkommen, ob in Form von Sozialhilfeunterstützungen, Lohnbe schäftigungen oder für die Bereitstellung von Dienstleistungen (vgl. FISK 1985:14-15; YOUNG/ DOOHAN 1989:145-46,216; C. BOURKE 1994:187-88).10 3
Die Lebenshaltungskosten für Grundbedürfnisse wie Nahrungsmittel, Kleidung und Unterkunft schwanken zwischen städtischen und ländlichen Aboriginal Communities.Die Unterkunft stellt die stärkste finanzielle Belastung für städtische und metropolitane Aboriginal Familien dar, wohingegen sie für traditionell-orientierte Familien in den entlegenen Siedlungen nur sehr wenig kostet. Im Gegensatz dazu sind die Kosten für Nahrungsmittel in den ländlichen Communitiesgewöhnlich höher als in städtischen Zentren, da in ersteren noch ein erheblicher Fracht kostenanteil dem normalen Einzelhandelspreis hinzugefügt wird. Die Angebotsstruktur ist in Aboriginal towns sehr begrenzt. Nahrungsmittel sind ein Hauptbestandteil der Gesamtausgaben aller indigenen Gruppen, ungeachtet ihrer räumlichen Lage (vgl. YOUNG 1981:52). 104
5.4.3 Non-Aboriginal towns
Diese große Kategorie umfaßt Aborigines, die als Minderheit in kleinen bis mittelgroßen Siedlungen von vorwiegend nicht-indigener Bevölkerung leben und Aborigines, welche in zu solchen Landstädten gehörigen Stadtrandsiedlungen (fringe campsltown camps)oder Reservaten wohnen. 106 Sie machten 1981 34.3% der indigenen Bevölkerung aus (FISK 1985:8- 9). In den meisten Bundesstaaten existieren solche kleinen non-Aboriginal towns.10 7 Die
103
In Tnjikala (Zentralaustralien) leben 140-150 Aborigines. Die Positionen in Verwaltung, primaryschoo/ (einklassige Schule), Lebensmittelladen, Frauen-Zentrum und medizinischer Versorgung übernehmen ausschließlich (5-6) nicht-indigene Personen. Im Juni 1994 wiesen nur zwei Aborigines eine formelle vergütete Beschäftigung in der Gesundheitsstation auf. Man zieht vereinzelte Aborigines im Verkauf, für Büro- und sonstige Tätigkeiten heran. Ansonsten leben alle Community-Mitglieder von Sozialunterstützungen. Weitere (unbezahlte) Betätigungs möglichkeiten bieten z.B. der women centre(v.a. Herstellung von Kunsthandwerk zum Veri<auf in Alice Springs) und gelegentliche Müllentsorgungsaktionen(Alan Keeling, 22.6.94 und Jenny Disley, 21.6.94 in Titjikala).
Die lnfrastrukturausstattung (Lebensmittelmarkt, primary school, Gesundheitsstation, Verwaltung) muß in jeder Aborginal Community - unabhängig von ihrer räumlichen Marginalität - vorschriftsmäßig gewährleistet sein. Isolierte Communitiesmit großen Distanzen zur jeweils nächstgelegenen größeren Siedlung weisen, nach Angaben von Jenny Disley (23.6.94 in Titjikala), ein breiteres Angebotsspektrum in den Lebensmitttelläden auf, da die indigenen Bewohner hier keine anderweitigen Einkaufsmöglichkeiten besitzen.
Diese werden in der Literatur auch als kleine Landstädte bzw. als sma/1 multi-racial townshipsbezeichnet. Die Aboriginal town campswerden im Rahmen dieser Arbeit jedoch gesondert behandelt.
Einige Beispiele sollen die Bevölkerungsgröße von nicht-indigenen Landstädten Australiens verdeutlichen: Mount lsa inQueensland besitzt eine Gesamteinwohnerzahlvon knapp 24.000 (1986); der Anteil der Aborigines beträgt etwa 11%. Alice Springs im Northem Territory hat 25.585 Einwohner (vgl. Karte 17); über 15% davon sind Aborigines (1991). Alice Springs und Mount lsa werden aufgrund ihrer charakteristischen Meri<male den nonAboriginal townszugeordnet und nicht den größeren Städten (vgl. Kap. 5.4.5). Broome in Westem Australia hat etwas über 6.000 Einwohner, mit einem indigenen Anteil von etwa 41% (1986). Bouri<e in New South Wales umfaßt ca. 4.200 Einwohner; der indigene Anteil liegt bei 22% (1986). Katherine im NT besitzt 9.372 Einwohner; davon sind über 15% indigener Abstammung (1991) (TESFAGHIORGHIS 1991:24-26; ABSf 1992:2). Die Aborigina/ Community in Narrogin (ca. 5.500 Einwohner), im Südwesten von WA gelegen, besteht aus 300-400
(Fortsetzung...)
wirtschaftliche und soziale Situation der indigenen Bevölkerung, welche in und um diese kleinen Zentren lebt, unterscheidet sich in vielerlei Hinsicht von jener in den Aboriginal towns.Der wichtigste Unterschied besteht in ihrer größeren Integration in die allgemeine australische Wirtschaft in bezug auf ihre Erwerbstätigkeit. Der Grund ist darin zu sehen, daß die meisten non-Aboriginal townsfür die Ausnutzung ökonomischer Ressourcen angelegt wurden. Sie nehmen eine grundlegende wirtschaftliche Funktion über den eigenen Bedarf hinaus - demzu folge einen Bedeutungsüberschuß - ein. Sie sind in die gesamte Wirtschaft eingebettet und existieren nicht nur deshalb, um ausschließlich Dienstleistungen für ihre eigenen Bewohner anzubieten, wie es für die meisten Aboriginal townszutrifft. Schlußfolgernd stehen die indigenen Arbeitssuchenden in non-Aboriginal towns meist in offener Konkurrenz zu anderen ethnischen Gruppen der australischen Gesellschaft, obgleich sich der größte Teil der indigenen Erwerbstä tigkeit auf ungelernte Beschäftigungen konzentriert. In den Aboriginaltownskönnen die arbeitssuchenden und beschäftigten Aborigines normalerweise das ungelernte Berufsspektrum ausschließlich für sich selbst beanspruchen, da diesbezüglich keine Konkurrenzsituation besteht. Als Resultat ist der Beschäftigungsstatus der indigenen Australier in diesen kleinen Zentren weitaus instabiler im Kontrast zu den reinen Aboriginal Gemeinden. Zu Zeiten einer wirtschaftlichen Depression und hohen Arbeitslosigkeit tendieren sie dazu, im Konkurrenzkampf mit anderen Bevölkerungssgruppen, welche ein auch nur geringfügig höheres Ausbildungsni veau oder eine längere Arbeitserfahrung aufweisen oder gegen welche Arbeitgeber etwas weniger voreingenommen sind, den kürzeren zu ziehen. Unter diesen Umständen wirkt sich der institutionaliserte Lohnfindungsprozess der australischen Wirtschaft, welcher einen Arbeiter in den meisten Berufsgruppen davor bewahrt, für einen Lohn unter dem vorgeschriebenen Minimum zu arbeiten, zum Nachteil der nur geringfügig weniger Qualifizierten aus, wenn sie um einen Arbeitsplatz auf dem freien Markt konkurrieren.
Die Angebotsstruktur öffentlicher Einrichtungen und Dienstleistungen ist in diesen Landstädten im allgemeinen gut. Zahlreiche Aborigines aus fringe campsund Reservaten nutzen die bessere Versorgungssituation und das umfassendere Dienstleistungsangebot in diesen Stadtgemeinden. Obgleich die kleinen Landstädte die anpassungswilligen Aborigines in vielerlei Hinsicht mit einem größeren Ausmaß an Fremdheit, Schwierigkeiten und "Versuchungen" konfrontieren als die Aboriginal towns ,bieten sie ihnen weitaus mehr wirtschaftliche Möglichkeiten. Diejenigen, die sich eine permanente Beschäftigung sichern und sich erfolgreich an das städtische Leben anpassen, weisen zufriedenstellende Lebensbedingungen auf. Aborigines, denen dies nicht gelingt oder die nicht die Bereitwilligkeit dazu zeigen, leben unter äußerst schlechteren Umstän den als diejenigen in den Aboriginal towns(vgl. FISK 1985:15-16; C. BOURKE 1994:188).
107 (...Fortsetzung)
Aborigines (Noel Nannup, 25.5.94)
5.4.4 Aboriginal town camps106
Der indigenen Bevölkerung der town campssoll spezielle Aufmerksamkeit geschenkt werden. Aboriginal fringe campssind meist an den Rändern von Landstädten angesiedelt. Die Karte 18 zeigt die räumliche Anordnung der town campsvon Alice Springs (Zentralaustralien). ROWSE (1988:51) bezeichnet die town camps als städtische Enklave der traditionellen Aboriginal Kultur. Diese fringe campsstellten tendenziell immer ein sehr unbefriedigendes Stadium im Urbanisie rungsprozeß ländlicher Aborigines dar. Die indigenen town campersmachten 1986 etwa ein Viertel der urbanen Aboriginal Bevölkerung des Northern Territory aus. Zahlreiche indigene Bewohner dieser town campskommen ursprünglich aus entlegenen Regionen Australiens. Zu ihren Wanderungsgründen zählen vor allem familiäre Bindungen, die umfangreichere Dienstlei stungs- und Versorgungsstruktur und ein größeres Freizeitangebot. Ein großer Teil von ihnen hat die Arbeitssuche aufgrund mangelnder Beschäftigungsmöglichkeiten in ihren ländlichen Herkunftsregionen aufgegeben. Für Aborigines ohne preiswerte Unterkunft bzw. unverzügliche Mittel für deren Erhaltung stellten die fringe camps die einzigen Orte dar, an denen sich eine indigene Familie einen eigenen notdürftigen Unterschlupf verschaffen konnte. Die ausreichende Nähe zum städtischen Zentrum, um dessen Versorgungsangebot und Möglichkeiten staatlicher Sozialunterstützungen zu nutzen, stand für sie im Vordergrund. FISK (1985:110) und YOUNG/ FISK (1982a) charakterisierten die town campsin den 1980er Jahren als diejenigen Aboriginal Siedlungen, in denen Aborigines unter den ärmsten und elendsten Bedingungen auch im Vergleich zu denjenigen in den Aboriginal towns und Siedlungen auf Aboriginal Land zu leben hatten. Die Aboriginal Bewohner der fringe campswaren bis dahin im allgemeinen durch den Mangel an Erwerbsmöglichkeiten. lnfrastrukturausstattung und Dienstleistungen stark benach teiligt. Diese Situation hat sich während des letzten Jahrzehntes durch special purpose feases,staatlich unterstützte Aboriginal Programme und Organisationen kontinuierlich verbessert. Dennoch gehören die Bewohner einiger Aboriginaf town camps auch heute noch zu den benachteiligsten Gruppen Australiens. In Kap. 6.2.2.3 wird auf die town campsvon Alice Springs
eingegangen. 109
108 Town camps (fringe camps)sind Stadtrandsiedlungen; sie sind jedoch nicht mit Stadtrandsiedlungen im herkömmlichen Sinne vergleichbar. In der australischen Literatur sind sie mit einer gesonderten Bedeutung belegt. In den town campsleben fast ausschließlich Aborigines. Die campskönnen etliche Kilometer außerhalb der dazugehörigen Landstadtsiedlung gelegen sein. Die lnfrastrukturausstattung und Art der Behausung der dort lebenden indigenen Bevölkerung variiert z.B. in Alice Springs sehr stark; die Unterkunft reicht von sehr einfachen Wellblechhütten bis zu Häusern aus Stein.
109 Detaillierte Informationen über die Aborig inal town campsvon Alice Springs geben COUGHLAN (1991), das Profile (1993) und der Jahresbericht (1992) des TANGENTYERE COUNCIL.
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Karte 18: Die town campsvon Alice Springs
Quelle: COUGHLAN (1991:4)
5.4.5 Aborigines in größeren Städten
Städtische Zentren stellen FISK (1985:8-9) zufolge die größte räumliche Gebietskategorie dar und schließen Aborigines ein, welche als eine ethnische Minderheit in größeren nicht-Aboriginal Städten (cities und towns)leben. Der Autor legt die Untergrenze bei 20.000 Einwohner fest. Im Jahr 1981 lebte 41.3% der indigenen Bevölkerung in (groß-)städtischen Zentren. Die sozio ökonomische Struktur der indigenen Bevölkerung in den Großstädten und größeren städtischen Zentren unterscheidet sich im Gegensatz zu den oben diskutierten räumlichen Kategorien weniger von derjenigen der australischen Mehrheitsbevölkerung. Die städtischen Aborigines weisen jedoch im Durchschnitt eine höhere Kinderzahl und Familiengröße, weniger marktwirt schaftlich relevante Fähigkeiten, eine kürzere Arbeitserfahrung und ein niedrigeres Ausbildungs niveau als die Mehrheit der australischen Bevölkerung auf. Es ist ihr prozentualer Anteil an Erwerbstätigen, höheren Berufspositionen, Rentenempfängern, Arbeitslosen oder Abhängigen (dependants),durch den sie sich von der Mehrheit unterscheiden. Sie sind infolgedessen ärmer und besitzen eine höhere Erwerbslosigkeit. In den Städten bieten nach Ansicht FISKs (1985: 107) Lohnarbeit, eine angemessene Bezahlung und Erfolgsaussichten in der modernen Wirt schaft eine akzeptable alternative Anpassungsform für viele Aborigines, wie die erfolgreiche Assimilation etlicher indigener Stadtbewohner demonstriert. Dieser Zugang ist jedoch zuneh mend schwieriger geworden. Ein Großteil der Aborigines ist niedriger qualifiziert und weniger an die steigenden Anforderungen des modernen Wirtschaftslebens in den Städten angepaßt als die nicht-indigenen Australier (vgl. FISK 1985:16-17; C. BOURKE 1994:188-89). Nach Angaben des HRSC (1992:90) scheinen städtische Aborigines in größerem Maße von Beschäftigungs-, Bil dungs- und Schulungsprogrammen im Rahmen politischer Zielsetzungen zu profitieren als ihre nicht-städtischen Pendants. Ursachen dafür liegen in ihrem besseren Zugang zu existierenden Arbeitsmärkten, Beschäftigungsmöglichkeiten, Ausbildungs- und Schulungseinrichtungen sowie staatlichen Dienstleistungs- und Programmangeboten (vgl. Kap. 6).
5.5 Mobilitätsverhalten
Das Mobilitätsverhalten einer Bevölkerungsguppe sowie die Motivationen, aufgrund derer sie räumliche Bewegungen vornimmt. wirken sich erheblich darauf aus, inwieweit sie Beschäfti gungsmöglichkeiten in Anspruch nimmt und somit auf Arbeitsmarktprozesse reagieren kann. Dadurch existiert ebenfalls ein enger Zusammenhang zum Lebensstandard und zu der
110 Unter räumlicher Mobilität versteht man jeden Positionswechsel eines Individuums zwischen verschiedenen Einheiten eines räumlichen Systems. Der Begriff räumliche Mobilität beinhaltet in einem umfassenden Sinne neben Wanderungen (Migrationen) noch eine Vielzahl anderer räumlicher Bewegungsformen, die ohne Ortsveränderung einhergehen. Für eine Wanderung hingegen stellt - einer weithin gebräuchlichen Definition zufolge - der Wohnsitz- bzw. Wohnungswechsel das entscheidende Kriterium dar. Die Heranziehung weiterer Kriterien wie die Distanz und die Dauer bezüglich der Definition von Wanderungen ist mit großen Schwierigkeiten verbunden. In der Realität gehen die verschiedensten Formen räumlicher Bewegung ineinander über, und es könnnen sehr häufig weder die Bedingungen noch die Auswirkungen auf einen Nenner gebracht werden. In der Literatur besteht demzufolge keine Einigkeit über die exakten Definitionen von Wanderungen. Die Begriffe Wanderung und räumliche Mobilität werden gelegentlich als Synonyme verwendet, was auch in dieser Arbeit an mancher Stelle der Fall ist (vgl. KULS 1993:156-58; BÄHR 1983:278-81).
Möglichkeit, eine Verbesserung des sozio-ökonomischen Status' zu erfahren. Im Rahmen dieser Arbeit sollen insbesondere untergeordnete und dominierende Motivationen im Hinblick auf das Mobilitätsverhalten der Aborigines untersucht werden, die als Hemmfaktoren für ihre Integration in den Arbeitsmarkt und somit als weitere Erklärung ihrer sozio-ökonomischen Benachteiligung wirken. Der Grad der indigenen Mobilität ist im allgemeinen höher als die der restlichen Bevölkerung. Von Bedeutung ist jedoch nicht nur das Ausmaß der Mobilität, sondern vor allem zugrundeliegende Motivationen und Charakteristika (vgl. GAMINIRATNE 1993:6). 111
5.5.1 Migration aus beruflichen Gründen112
Ein Großteil der interregionalen Wanderungen der nicht-indigenen Australier finden zweifelsohne aus berufsorientierten Gründen statt. Demzufolge existiert ein enger Zusammenhang zwischen Zuwanderungen in städtische Zentren und Beschäftigungsmöglichkeiten (vgl. HUGO 1986:133). Der Autor (1986:136,144) merkt an, daß vorwiegend Personen mit höherem Einkommen und einem höheren formalen Ausbildungs- und Qualifikationsniveau eine Migration aus beruflichen Gründen unternehmen. Im Kontext der australischen AEDP-Politik (vgl. Kap. 6.2.1) ist nun von Bedeutung, ein wie großer indigener Bevölkerungsanteil in den dichter besiedelten Regionen mit aktiven Arbeitsmärkten wohnt und die Größe der in den ländlichen und peripheren Gebieten lebenden Aborigines, auf welche die Beschäftigungsprogramme für Aboriginal Communitiesabgestimmt sind. Im ersten Fall wird vorausgesetzt, daß Arbeitnehmer zur Arbeit gelenkt werden und daß eine arbeitsbedingte Migration stattfinden wird. Im letzteren Fall wird angenommen, daß durch eine Expansion der ökonomischen Basis die Arbeit zu den Arbeitnehmern gelenkt wird (vgl. M. MILLER 1985; ALTMAN 1991:160; TAYLOR 1991b:75).
Aborigines aus ländlichen und peripheren Regionen können zwar sehr mobil sein und dies innerhalb einer definierbaren und zu Zeiten erheblich ausgeweiteten sozialen Domäne. Ihre Mobilität ist im allgemeinen jedoch unabhängig von einer längerfristigen labour migrationzu sehen, d.h. sie zeigen kaum Motivationen, aufgrund von beruflichen Gründen zu wandern (vgl. TAYLOR 1991b:72; TESFAGHIORGHIS 1991). TESFAGHIORGHIS' (1991) Ansicht nach
scheint das Potential für einen höheren sozio-ökonomischen Status der Aborigines infolge von berufsbedingter Migration eher bei den städtischen Aborigines vorhanden zu sein. Es wird für sie indes eine grundlegende Zunahme hinsichtlich Wanderungsvolumen und -distanz notwendig sein, um es der allgemeinen australischen Erwerbsbevölkerung gleichzutun. ALTMAN(1991: 160) zufolge existieren sogar für die dichtbesiedelten Regionen nur wenig empirische Belege, daß Aborigines arbeitsplatzorientierte Wanderungen vornehmen.
111 Allgemeine Migrationsprozesse in Australien erläutern z.B. BURNLEY (1974); BURNLEY et al. (ed.) (1980) und HUGO/SMAILES (1985).
112 Der Begriff /abour migration(Arbeitsmigration) bezeichnet alle Wanderungen, die aus beruflichen Gründen vorgenommen werden. Es standen keine detaillierten Untersuchungen über Migrationsprozesse, insbesondere der indigenen Arbeitsmigration (labour migration),durch die australische Volkszählung zur Verfügung (vgl. GAMINIRATNE 1993:4ff; HUGO 1991a:164 u.a.).
Auch TAYLOR (1988) belegt mit seiner Studie über die Katherine Region (NT), daß lokale erwerbslose Aborigines keine Bereitschaft zeigen, mit hochqualifizierten intra- oder interstaat lichen Wanderern um eine reguläre Vollzeitbeschäftigung in Konkurrenz zu treten. Dies ist auch der Fall, wenn Beschäftigungsmöglichkeiten für Aborigines in den städtischen Zentren der peripheren Regionen geschaffen werden. Der Autor weist in seiner Studie über den Einfluß von Aboriginal Beschäftigungsprogrammen auf die Migration in das regionale Zentrum Katherine daraufhin, daß sich Aborigines aus dem ländlichen und peripheren Raum nicht an der Arbeits migration beteiligen. Er beobachtete -zwar eine bemerkenswerte Mobilität bei der ländlichen Bevölkerung außerhalb der Stadt, einschließlich eines bedeutsamen Ausmaßes an Wanderun gen in die und aus der Stadt heraus. Doch stellte er eindeutig fest, daß die Verfügbarkeit von Beschäftigung und Ausbildung nur eine geringfügige Rolle bei der Entscheidungsfindung in bezug auf eine Migration der einheimischen Aborigines spielt. YOUNG (1981) schlußfolgert ebenfalls, daß großmaßstäbige Wanderungen von Aborigines aus dem outbackdes abgeschie denen Zentralaustraliens in städtische Zentren wie Alice Springs aufgrund von Arbeitsplatz motiven sehr begrenzt sind und eine Zunahme sehr unwahrscheinlich ist. Da ein hoher Prozent satz der Aborigines zu den Nichterwerbspersonen zählt, stellt Beschäftigung eine weitaus geringere Wanderungsmotivation dar. "Although people are aware that local job opportunities for the unskilled are limited, many do not perceive wage-earning as a prime priority and therefore do not move beyond their country to seek employment elsewhere" (YOUNG/DOOHAN 1989:14).
5.5.2 Dominanz alternativer Mobilitätsformen
Die gegenwärtige Bevölkerungsmobilität der Aborigines spiegelt sowohl die Transformation der indigenen Gesellschaft als auch den Einfluß historischer Ereignisse wider, welche zu Verän derungen in ihrer Bevölkerungsverteilung geführt haben (vgl. YOUNG 1990:186) (vgl. Kap. 3.2.4) YOUNG/DOOHAN (1989:14-18) sind der Ansicht, daß die theoretischen Ansätze, welche für das Mobilitätsverhalten in Industrieländern wie Australien normalerweise herangezogen werden, nicht auf die indigene Bevölkerung Australiens anwendbar sind. Mehr anzubieten haben vielmehr Migrationstypologien bz:w. Wanderungsmodelle im Hinblick auf "Entwicklungsländer". Es scheinen viele der Charakteristika, welche für die Bevölkerungsmobilität in Übergangsge sellschaften der "Dritten-Welt" hervorgehoben werden, auch auf Aboriginal Gruppen zuzutreffen, wie es die Autoren für Zentralaustralien untersucht haben. So werden Mobilitätsformen wie circulation, multi-local residence, chain-migrationund die große Bedeutung sozialer und kultureller Motivationen für Wanderungen in den Vordergrund gestellt.
Sozio-kulturelle Motivationen
Die Aufrechterhaltung sozialer Netz:werke, die Pflege verwandtschaftlicher Beziehungen und das Bedürfnis, in der Nähe von Familie und Freunden zu wohnen stellen Hauptmotivationen hinsichtlich des Mobilitäts- und Wanderungsverhaltens der indigenen Bevölkerung dar (vgl. Kap. 4.2). Obwohl sich Aborigines mit einem Ort als ihrem Hauptwohnsitz identifizieren können, lassen ihre Familienbindungen und traditionellen Verantwortungen sie in der Tat einen Großteil ihrer Zeit an anderen Orten verbringen. Die Bewahrung ihrer traditionellen Kultur und
Verbundenheit zum Land sind für sie von hoher Bedeutung. Aborigines zeigen deutlich, daß sie bezüglich ihres Mobilitätsverhaltens differierende Wertmaßstäbe anlegen als die allgemeine australische Bevölkerung. Die Nähe zu ihrem traditionellen Land und die Wohnsitze ihrer Familie und Freunde haben meistens Vorrang vor Zugangsmöglichkeiten zu Erwerbstätigkeit und z.B. auch qualitativ hochwertigen Unterkünften. Ebenso stehen Faktoren wie saisonale bzw. kurzzeitige Beschäftigungsmöglichkeiten, die marginale Anbindung an die Erwerbsbevölkerung und Schwierigkeiten hinsichtlich des Zugangs zu zentralen Dienstleistungseinrichtungen in engem Zusammenhang mit diesen sozio-kulturellen Mobilitätsmotivationen (vgl. TAYLOR 1992a:89; YOUNG/DOOHAN 1989:108,216-22; YOUNG 1990:187).
Circulation
Viele Wanderungen von Aborigines lassen sich nicht ohne weiteres der Kategorie von Migration zuordnen, da sie kurzfristiger, repetitiver oder zyklischer Natur sind und häufig keine bestimmte Intention eines permanenten Wohnortswechsel oder einen auf längere Zeit hin ausgerichteten Wohnsitzwechsel aufweisen. Die Auffassung von einem festen Wohnsitz oder vielmehr von Ortsansässigkeit - der Art wie Migration gewöhnlich gemessen wird - ist vielen indigenen Menschen fremd. Insbesondere diejenigen, welche ein traditionelleres Leben führen, betrachten sich selbst als in einem Areal (area)lebend, innerhalb dessen sie zwischen einer Reihe von Wohnsitzen nahezu permanent mobil sein können. Es ist demnach sinnvoll, eine Unter scheidung zwischen Migration, welche längerfristige und permanente Wanderungen beinhaltet und circulation,welche kurzfristige, zyklische und nicht-permanente Wanderungen umfaßt, zu treffen. Circulationist somit durch häufige Wanderungen zwischen mehreren Orten innerhalb bestimmter Regionen bedingt, welche jeweils bekannt und räumlich festgelegt sind. Sie impliziert folglich eine entgegengesetzte Bedeutung von Migration. Die Mobilitätsform der circulationnimmt einen hohen Stellenwert für die indigenen Australier ein. In vielen ländlichen und peripheren Regionen stellt sie für sie die hauptsächliche Mobilitätsform dar (vgl. TAYLOR 1991b:68/1992a:89; ABSi1993:15).
Multi-Local Residence
Vor der europäischen Landnahme wanderten Aboriginal Gruppen weitgehend innerhalb einer räumlich begrenzten Region, im wesentlichen ihrem Stammesland. Ihr Wohnort stimmte mit dieser Region überein. Sie wanderten gelegentlich - aus sozialen und ökonomischen Gründen - weiter hinaus in peripheres Land. Seit der europäischen Inbesitznahme wurden indigene Familien auseinandergerissen und haben sich an verschiedenen Orten umgruppiert. Während diejenigen Areale, welche ihrem eigenen Land am nächsten gelegen sind, ihrer bevorzugten Wohnortswahl entsprechen, wurden sie dazu gezwungen, andere Siedlungen, zuweilen in weiter Entfernung von ihren ursprünglichen Stammesgebieten, zu akzeptieren (vgl. Kap. 3.2.4). Ihre Mobilität ist in räumlicher Hinsicht sehr viel ausgedehnter geworden. Es entwickelten sich im laufe der Zeit sogenannte bi-localbzw. multi-local residence.Es ist zum Beispiel für outstation Bewohner nicht ungewöhnlich, einen zusätzlichen Aufenthaltsort in einer nahegelegenen Aboriginal townbeizubehalten, wie es in Zentralaustralien geschieht. In ähnlicher Weise verbringen die Bewohner von Aboriginal townslängere Zeiträume in größeren Regionalzentren wie Alice Springs. Zahlreiche Aborigines sind demnach in sogenannten multi-lokalen
Beziehungsgeflechten verwoben."... every individual associates himself or herself with several different countries and hence has a'set' of roots. (...) Suchfeelings are so strong that people maintain circulation even when their 'harne countries' offer very little in economic terms" (YOUNG/DOOHAN 1989:17; vgl. TAYLOR 1992c:88-89).
Chain-Migration
Auch in den Hauptstädten der australischen Bundesstaaten ist die indigene Bevölkerung räumlich gesehen relativ stark konzentriert. Sydney z.B. besitzt nach HUGO (1992:228ff) die größte zusammenhängende städtische Aboriginal Communityinnerhalb von New South Wales. GALE/WUNDERSITZ (1982) untersuchten chain-migration-Prozesseindigener Australier nach Adelaide (vgl. GALE 1981). Sie haben zahlreiche Charakteristika der indigenen Migration in die Hauptstädte extrahiert. Diese Wanderungen sind stark selektiv, besonders im Hinblick auf Aborigines, die bestimmten Verwandtschaftgruppen angehören. Chain-migration-Prozesse,denen von Südeuropäern ähnelnd, bestimmen, wer in die Metropole wandert und wohin bzw. in welchen Stadtteil. Die Wanderungen sind jedoch nicht derart altersgruppenspezifisch wie dies bei Land-Stadt-Wanderungen von besonders jungen Erwachsenen der nicht-indigenen Bevölkerung der Fall ist.
Diese Faktoren deuten daraufhin, daß sich indigene Mobilitätscharakteristika und -motivationen deutlich von denen der nicht-indigenen Bevölkerung unterscheiden. "Understanding of the Aboriginal mobility'situation' is more difficult. Although it is generally accepted that people of hunter-gatherers origins ·move around a lof there is little understanding of how such people view mobility" (YOUNG/DOOHAN 1989:14).
5.5.3 Auswirkungen auf den sozio-ökonomischen Status
Die Existenz alternativer Mobilitätsformen und deren hoher Stellenwert im sozialen und wirt schaftlichen Leben der Aborigines werden in der Literatur immer wieder bestätigt. Diese lassen sich nicht in konventionelle Mobilitätskategorien einbetten. Es ist einerseits sehr schwierig, aus diesen Mobilitätscharakteristika der indigenen Australier das wahre Ausmaß ihrer arbeitsmo tivierten Migration zu extrahieren und dadurch ihr Interesse an einer Integration in den australi schen Arbeitsmarkt festzustellen. Auf der anderen Seite besitzen die Prioritäten der Aborigines hinsichtlich ihres Mobilitätsverhaltens weitreichende Konsequenzen auf ihre sozio-ökonomische Situation. Sie stellen vorwiegend Hindernisse dar, wenn es darum geht, Möglichkeiten perma nenter formeller Beschäftigungen zu nutzen. Das charakteristische Mobilitätsverhalten der Aborigines wirkt sich auf deren Beteiligung an der australischen Wirtschaft in der Weise aus, daß viele es vorziehen, in Regionen Australiens zu bleiben, wo das Entwicklungspotential niedrig ist. Sie beteiligen sich in außerordentlichem Maße an traditionellen Tätigkeiten; diese erfordern zeitweilige räumliche Bewegungen, weshalb sie oft eine unzuverlässige Arbeiterschaft dar stellen. Das Bedürfnis nach residentialMobilität unterbricht zudem die Ausbildung ihrer Kinder und läßt sie weniger Rücksicht auf ihre ·Gesundheit nehmen (vgl. Kap. 7.1 und 10.4). Im Gegensatz zu den indigenen Landbewohnern zeigen städtische Aborigines im allgemeinen eine
höhere Bereitschaft, von wirtschaftlichen Möglichkeiten zu profitieren, indem sie eher eine Migration über weite Distanzen für eine Beschäftigung in Kauf nehmen (vgl. TAYLOR 1991b:69- 72; ALTMAN/NIEUWENHYUSEN 1979:145-48; YOUNG 1981:20-21). 113
Ein gravierendes Problem besteht für zentrale Einrichtungen darin, Dienstleistungen für hoch mobile Bevölkerungsgruppen, welche zu einem Großteil in abgelegenen Regionen leben, bereit zustellen. Die Aboriginal Gruppen in den Großstädten und sonstigen Verdichtungsräumen weisen große Besucherbevölkerungen auf wie TAYLOR (1990 in: HUGO 1991a:164; HUGO 1991b:172ff) in seiner Studie über Katherine aufzeigt. Derartige Umgruppierungen von Personen üben einen erheblichen Druck auf städtische Dienstleistungen und Wohnverhältnisse aus (vgl. YOUNG 1990:187) (vgl. Kap. 4.2.2.6).
5.6 Landeigentum und Landrechte
Die komplexe Thematik über Landbesitz und Landrechte der indigenen Minderheit soll aufgrund ihres Themenbezugs im Rahmen dieser Arbeit angesprochen werden, wenn sie auch nicht ausführlich behandelt werden kann. Das Mabo-Urteil im Juni 1992 revidierte die juristische Fiktion, derzufolge Australien nach weißaustralischem Recht bei seiner britischen Eroberung im Jahr 1788 als terra nulliusd.h. als leer und unbewohnt (Niemandsland) galt. Dadurch werden die traditonellen indigenen Besitzrechte und der Fortbestand dieser Rechte anerkannt, soweit weißaustralische Regierungen diese nicht rechtmäßig und ausdrücklich auslöschten. Außerdem müssen die Aborigines ihre traditionelle Bindung zum Land bis heute aufrechterhalten haben und dies unter Beweis stellen. Da ein Großteil der indigenen Bevölkerung während der europäischen Kolonialisierung durch Zwangsumsiedelungen für lange Zeit ihrem Land entfrem det wurden und die jüngere Generation diese Verbindungen zu "ihrem Land" oftmals nicht aufrechterhaltenkonnte, ist dies häufig unmöglich geworden (vgl. Kap. 3.2.4). Ende 1993 wurde der Native Title Actverabschiedet. der regeln soll, unter welchen Voraussetzungen Aborigines Anspruch auf den Native Title("Eingeborenenrecht") für bestimmte Gebiete erheben können. Der Native Titledehnt sich allmählich auf weitere "unbewohnte" Gebiete aus, für die Aborigines ihren Anspruch als traditionelle Eigentümer durchsetzen können. Aufgrund zahlreicher Bedingungen (einschließlich des fehlenden Vetorechts bei Bergbauvorhaben) werden jedoch nur wenige Aborigines diesen Zuspruch erhalten. Diese Gebiete sind hauptsächlich unbewohntes
113 Mtglieder der städtischen Aboriginal Communityin Redfern (Sydney) z.B. erhalten einerseits ständig Besuch von Verwandten aus der weiteren Umgebung; andererseits unternehmen sie selbst häufig ausgedehnte Besuche bei weiter entfernt lebenden Familienangehörigen; derartige Besuche dauern jeweils bis zu etwa zwei Wochen an. Dies führt dazu, daß die betroffenen indigenen Kinder während dieser Zeiträume von der Schule fernbleiben. Ihr unregelmäßigerSchulbesuch stellt eine bedeutende Ursache für ihr niedriges Bildungsniveau dar (Kathy Waters, Aboriginal Lehrerin der Redfem Public School,20.4.94 in Redfern).
Zahlreiche Interviewpartner bestätigten, daß Aborigines aus Zentralaustralien fortwährend onthe movesind. Nur wenige junge Aborigines aus peripheren Regionen ziehen zum Zweck einer Ausbildung zeitweilig in eine Großstadt. Auch wenn sie es tun, kehren sie nach ihrer Ausbildungszeit meistens wieder in ihre Community zurück (Jenny Disley, 22.6.94 und Alan Keeling, 23.6.94 in Trtjikala). Die Aboriginal Studenten des TAFE-Collegevon Narrogin und Waigin (WA) (25./26.5.94) betonten nahezu einstimmig, daß sie auch nach Beendigung ihrer Ausbildung nicht gewillt sind, in größere städtische Zentren zu migrieren, selbst wenn die Beschäftigungs aussichten in ihren kleinen Landstädten minimal sind. Als Gründe nannten sie Familien- und CommunityBindungen.
Land, verpachtetes Staatsland. Nationalparks, Natur- und Waldreservate (vgl. SORENSON 1995:618-19; AMANKWAH1994:57-64; POYNTON 1994:41-56; ATSIC 1994a; MATTINGLEY/
HAMPTON1992:85).
Das erste wirkliche Landrechtsgesetz in Australien wurde als Aborig inal Land Rights(Norlhem Tenitory) Act 1976verabschiedet Dadurch erstattete man den Aborigines sämtliche ehemaligen Reservatsgebiete im Northern Territory als unveräußerlichen Gemeinschaftsbesitz zurück. Seit dieser Zeit konnten einige Aboriginal Gruppen Landforderungen stellen. Die meisten Bundes staaten verfügen heute über ein Landrechtsgesetz. Diese Gesetze legen fest, welche Gebiete über Landrechtsforderungen von Aborigines einklagbar sind. Normalerweise sind dies Gebiete in Staatsbesitz, die nicht für andere Zwecke genutzt werden oder vorgesehen sind (unalienated crown lands }114.In Queensland werden nur die Gebiete an ihre traditionellen Eigentümer zurückgegeben, die die Regierung in jedem einzelnen Fall als rückforderbar ausgewiesen hat. Das fruchtbare Land ist in allen Bundesstaaten fest "in weißer Hand". Einige Nationalparks sind in Aboriginal Besitz (z.B. der U/uru-Nationalpark115). Eigentumsrechte für Nationalparks werden den Aborigines jedoch nur dann übertragen, wenn letztere sie wieder an die Regierung zurückverpachten und weiterhin für die allgemeine Öffentlichkeit zugänglich machen. Man erstattete insbesondere den Aborigines im Northern Territory über ein Drittel der Fläche zurück. Des weiteren besitzt die indigene Bevölkerung nur noch in South Australia größere Landanteile. Die Landrückerstattung ist vor allem in Western Australia mit großen Auflagen verbunden (vgl. STROHSCHEIDT 1995:634-39). 116
Trotz ihres vergleichsweise geringen Anteils an der australischen Bevölkerung (1.6%) bean spruchen die Aborigines im Durchschnitt große Landareale in Form von Landeigentum, Pacht oder als Reservat, die etwa 13% des australischen Kontinents einnehmen. Man könnte zu der Schlußfolgerung gelangen, daß die autochthone Bevölkerung eine adäquate Kompensation erhalten hat. Die Karte 19 zeigt jedoch die ungleiche räumliche Verteilung des Aboriginal Landes, welches sich im Zentrum, Norden und Westen des Kontinents konzentriert. "The current distribution of Aboriginal land(...) reflects the preference of non-Aboriginal settlers who, through their deliberate choice of land of economic value, have left Aborigines with only a limited choice - the land which was left over" (YOUNG 1993:34) (vgl. Karte 6).
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Karte 19:Räumliche Konzentration des Aboriginal Landes
Quelle: YOUNG (1993:35)
Eine Landnutzung wird durch physische Ausgangsbedingungen stark limitiert. Die Regionen, in denen sich Land der Aborigines konzentriert, haben mit großen Problemen hinsichtlich Ressour cenentwicklung zu kämpfen oder weisen einen auffälligen Mangel an Ressourcen auf. Die zurückerstatteten Landareale liegen vorwiegend in der ariden Zone, d.h. in den Wüsten- und Halbwüstengebieten Zentralaustraliens sowie in einigen dünn besiedelten Regionen im Norden des Kontinents (vgl. Karte 16). Die Unwirtlichkeit und Abgelegenheit eines Großteils des indige nen Landeigentums lassen durch seine geringe Produktivität nur begrenzte Nutzungsmöglich keiten zu. Hauptursachen der Nutzungsprobleme liegen somit in der räumlichen Isolation sowie in klimatischen Charakteristika wie Aridität und einer extremen Saisonalität und Variabilität der Niederschläge. Über drei Viertel der Landareale der Aborigines sind als arid oder semi-arid zu bezeichnen. Ein kleiner Teil des Aboriginal Landes (in Nordaustralien) ist in der Monsunzone
lokalisiert, deren Naturraumausstattung schon immer günstige Nutzungsmöglichkeiten bot.117
Der große Anteil der indigenen Bevölkerung in den ländlich-städtischen und (groß-)städtischen Gebieten hat praktisch keinen Anteil an den zurückerstatteten Landbesitztümern (vgl. YOUNG 1993:34-37; JOHNSON 1992; LAMPING 1985; FISK 1985:112).
117 Es sei auf weiterführendeLiteratur über die naturräumlichen Faktoren und das Landnutzungspotential Australiens von GROVES (1981); LÖFFLER (1985); JASCHKE (1987); GROTZ (1990) und LAMPING/HAIN (eds.) (1991)
verwiesen.
Nur wenige indigene Communitiesbetreiben auf ihrem Stammesland profitable Tourismus-, Bergbau-oder Landwirtschaftsunternehmen. Bei lnteressenskonflikten wie Bergbau- und Touris musprojekten haben die indigenen Australier häufig keine Kontrolle mehr über ihr Land. Im Gegensatz zu freiem Grundbesitz können sich Regierung bzw. Bergbauunternehmen bei gepachtetem oder Reservatsland über die Wünsche der betreffenden indigenen Bevölkerung hinwegsetzen. Das Landrechtsgesetz des Northern Tenitory gewährt den Aborigines als einziges ein Vetorecht bei Bergbauvorhaben. Dieses gestattet ihnen seit 1987 jedoch nur noch ein Veto gegen die Exploration und nicht mehr gegen den Abbau von Mineralien. Das Gesetz garantiert den Aborigines dennoch in jedem Fall Zahlungen in gleicher Höhe der an den Staat abzuführenden Bergwerksabgaben (royalties).Ein Anteil von 40% dieser Zahlungen (royaltyequivalents)wird zur Finanzierung der Landräte aufgewendet. Die vom Bergbau betroffenen Aboriginal Communitieserhalten einen Anteil von 30%, und die restlichen 30% sollen allen Aborigines des Northem Tenitory zugute kommen. Aborigines fordern nicht unbedingt den Stopp von Bergbauprojekten auf ihrem Land, sondern vielmehr Mitsprache und Entscheidungsbe fugnis. Etwa 11% des Aboriginal Landes, für welches beispielsweise der Northem LandCouncilzuständig ist, wird bergbaulich genutzt11 8 (vgl. STROHSCHEIDT 19995:634-39; YOUNG 1993:34-37). "In der Kritik am ·Reichtum' der Aborigines und am'Mißbrauch· der Gelder tritt die Doppelmoral zu Tage, mit der von den indigenen Australiern wie selbstverständlich erwartet wird, daß sie das Geld, das sie u.a. aus Bergbauprojekten erhalten, sparen und zum Wohle der Gemeinschaft anlegen. An die um ein Vielfaches mehr vom Bergbau profitierenden Unter nehmen oder an Nicht-Aborigines wirddiese Erwartung nicht gestellt (...) das Bild von den Aborigines als den reichen'Ölscheichs· Australiens geht selbst für das rohstoffreiche Northern Territory weit an der Realität vorbei ..." (STROHSCHEIDT 1995:638-39). Die Eigentumsrechte für die rückerstatteten Gebiete gehen an Treuhandräte (Aboriginal land trusts).Die berufenen Landräte (land councils)sind für deren Verwaltung und Verhandlungen mit Dritten im Auftrag der traditionellen Besitzer verantwortlich, d.h. sie übernehmen eine juristische und administrative Beratungsfunktion.
Die Verfügbarkeit mineralischer Ressourcen auf Aboriginal Land könnte ein weiterer Schritt in Richtung indigener Selbstbestimmung sein. Es befinden sich mineralische Lagerstätten erheb lichen Ausmaßes unter dem Land der autochthonen Bevölkerung Australiens, welche für den Abbau von Rohstoffen erschlossen wurden. Der Bergbau könnte besonders für Aborigines in ländlichen und peripheren Regionen als eine Basis für ihre wirtschaftliche Entwicklung fungieren. Dies hängt davon ab, ob ihnen Gewinnanteile an Bergbauaktivitäten zugesprochen werden und wenn ja, wie die betreffenden Aborigines diese investieren. Die Erschließung stand und steht hingegen häufig nicht im Einklang mit sozialen und kulturellen Wertmaßstäben der Aborigines. 119
119
Detaillierte Beispiele über die Erschließung mineralischer Ressourcen auf Aboriginal Land geben DIXON/DIXON (eds.) (1990) und R. BERNDT (ed.) (1982).
l:19enb..m im Sime der Aborigines beinhaltet eine weitaus breitere Bedeutung als in der westlichen Gesellschaft Land ist weder ein Eigentum, welches man ausschließlich durch materiellen Wert messen kann noch ist es eine Art von Gebrauchsartikel mit Ressourcen, welche man "abschöpfen" kann. Aboriginal Landeigentum impliziert hauptsächlich traditionelle Verantwortung, nicht nur für sie selbst, sondern auch für ihre Vorfahren und Nachkommen. Dieses Verantwortungsgefühl prägt sowohl die Ressourcennutzung der Aborigines als auch die spirituelle Bedeutung ihres Landes. Traditionelle Verantwortung ist auch heute noch bedeutsam, wenn z.B.
(Fortsetzung...)
Es erhalten vorwiegend diejenigen Aborigines Land zurück, bei denen die traditionelle Beziehung zum Land noch einen hohen Stellenwert einnimmt. Dies ist vor allem bei den traditionell-orien tierten Aborigines in ländlichen und peripheren Regionen der Fall. Diese geben der traditionellen Verantwortung für ihr Land, dem Schutz ihres Landes sowie ihrer heiligen Stätten demzufolge sehr oft den Vorrang gegenüber einer bergbaulichen Erschließung. In diesen Fällen erhalten sie schlußfolgernd auch keine entsprechenden Gewinnanteile, welche ihre sozio-ökonomischen Lebensbedingungen verbessern könnten (vgl. YOUNG 1993:33-37) (vgl. Kap. 4.2). 120
119 (...Fortsetzung)
extensive Viehwirtschaft auf Aboriginal Land betrieben wird (YOUNG 1993:12-19).
120 Auf eine ausführliche Erläuterung der Beziehung der Aborigines zu "ihrem Land" soll hier verzichtet werden. Es sei auf weiterführende Literatur von TINDALE (1974); R. BERNDT (ed.) (1982); PETERSON/LANGTON (eds.) (1983); ISAACS (1992a) und YOUNG (1993) u.a. hingewiesen.
6 Einfluß der Arbeitsmarktpolitik
Seit den 1960er Jahren fand ein politischer und gesellschaftlicher Wandel in Australien - insbesondere für die Aboriginal Minderheit - statt. Im Anschluß an dessen Darstellung werden die speziell für Aborigines entwickelte Arbeitsmarktpolitik sowie deren Beschäftigungsprogram me im Blickwinkel ihrer Auswirkungen auf die sozio-ökonomische Situation der Aborigines erörtert. Einen hohen Stellenwert nehmen diesbezüglich die Aboriginal Employment and Development Policy der australischen Regierung und das darin eingebettete Community Development Employment Project-Programm ein. Die politische Maßnahme des CDEPsoll sowohl unter Berücksichtigung ihres Entwicklungspotentials als auch zahlreicher Hemmtaktoren, welche einer sozio-ökonomischen Gleichstellung entgegenwirken, analysiert werden.
6.1 Politischer und gesellschaftlicher Wandel
Ab den 1960er Jahren begann sich für die Aborigines einiges zu ändern. Die CommonwealthRegierung sprach ihnen 1962 Bürgerrechte einschließlich der föderalen Wahlrechte zu. Die Social Weltare Ordinance hob 1964 das Konzept der Vormundschaft für Aborigines auf und 1965 erfolgte der Beschluß, ihnen die gleichen Löhne zu garantieren. Im Jahr 1967 erkannte man die Aborigines durch ein landesweites Referendum als australische Bürger an, übertrug der föderalen Regierung die Entscheidungsbefugnis für die Aboriginal Politik und schloß die indigene Bevölkerung dadurch 1971 zum ersten Mal in die Volkszählungen ein. Man gewährte ihnen erst dann das allgemeine Wahlrecht und damit die offizielle Gleichberechtigung. Die australische Bundesregierung besaß keinerlei Zuständigkeit für die Angelegenheiten der Aborigines, bis die Verfassung im Jahr 1967 zu diesem Zweck geändert wurde. In diesem Jahr wurde ein Bundes ministerium für Aboriginal Affairs eingerichtet und ein nationaler Rat für Angelegenheiten der Aborigines (Council for Aboriginal Affairs)gegründet. der sich ausschließlich aus Aborigines zu sammensetzt. Vor diesem Zeitpunkt besaßen die Bundesstaaten die ausschließliche Kontrolle über Aboriginal Angelegenheiten. Die Kontrolle teile1;1 sich heute die Staatenregierungen und die Bundesregierung. ATSICersetzte 1990 das Department of Aboriginal Affairsder Bundesre gierung (vgl. HEMMING 1994:30; STEVENS 1981:22,192; COE 1994:35; GRUNN 1993:180).
Ab Anfang der 1970er Jahre fand eine radikale Verlagerung der australischen Aboriginal AffairsPolitik von Assimilation zu Selbstbestimmung statt, was mit einem grundlegenden gesellschaft lichen Wandel einherging. Die Labor-Regierung (ALP) unter Whitlamnahm 1972 den Begriff der "Selbstbestimmung"1 21 (se/fdetermination) als zentrales Prinzip in ihre Aboriginal Integrations Politik auf und errichtete das Department of Aboriginal Affairs.Man beendete die Administration der indigenen Minderheit durch Missionare und Regierung. Die Kontrolle über die settlements
121 Die Fraser-Regierung (Ubera/-Party;ab 1975) betonte das Prinzip des Selbstmanagements der Aborigines, und die Politik der Labour-Partyunter Hawke (ab 1983) bewegte sich in Richtung eines Multi-Kulturalismus (vgl. GRUNN 1993:180).
und Reservate wurde allmählich den Aboriginal Communitiesselbst übertragen, welche daraufhin ihre eigenen Gemeinderäte aufstellten. Aborigines sollten in die australische Gesellschaft mit eingeschlossen werden wie z..B. in das Sozialversicherungssystem. 1974 wurden "Nomaden" für Arbeitslosenunterstützungen als berechtigt erklärt. Der RacialDiscrimina tion Act 1975untersagt seitdem jegliche diskriminatorischen Beschränkungen gegenüber der indigenen Minderheit. Des weiteren wollte man eine sich ausweitende und stark revidierte landesweite Präsenz des Commonwealthin Aboriginal-spezifischen Programmen und politi schen Leitlinien garantieren. Diese neue Politik legte weitaus mehr Betonung darauf, Aborigines an der politischen Entscheidungsfindung hinsichtlich ihrer eigenen Belange zu beteiligen. Aufgrund der immer stärkeren Verlagerung der indigenen Bevölkerung in die Großstädte Australiens, rückte diese mehr und mehr in die Nähe der Zentren politischer Macht. Sie besitzt seitdem zunehmende Möglichkeiten, durch stärkere Integration und ein höheres Ausbildungs niveau ihre wirtschaftliche und soziale Position durch eigene Organisationen zu stärken und auf sich aufmeri<sam zu machen. Die Aborigines begannen ab Anfang der 1970er Jahre damit, ihre eigenen unabhängigen, d.h. selbstverwalteten Organisationen und Körperschaften wie z.B. Gesundheitszentren, Rechtsberatungen und andere soziale Einrichtungen aufzubauen. Heute existiert eine Vielzahl von Organisationen der Commonwealth- und der Staatenregierungen mit jeweils spezifischen Funktionen und Aboriginal-spezifischen Körperschaften, welche von der nationalen bis hin zur lokalen Ebene reichen. Die grundlegend reformierte Struktur der Sozialpolitk hinsichtlich der indigenen Australier ist nun ins Kreuzfeuer erheblicher Kritik geraten. Kritisiert wird vor allem die unüberschaubare Anzahl daran beteiligter Behörden und Programme, welche den Aborigines Dienstleistungen bzw. Sozialeinrichtungen und finanzielle Unterstützung gewährleisten sollen sowie deren mangelhafte Koordination und unklare Rollenverteilung (vgl. SANDERS 1993:1; ROWSE 1988:51ff; ALTMAN 1991:172; MATTINGLEY/HAMPTON1992:259;
BROOME 1982:173-74).
Der Status eines australischen Staatsbürgers wird in einer marktorientierten Nation wie Australien mit Kriterien von finanziellen Verantwortungen und Berechtigungen beurteilt. Die Kapazitäten und Wünsche der indigenen Bevölkerung entwickelten sich ab dem Zeitpunkt ihrer Berechtigung für Sozialleistungen nach ROWSEs (1988:51-65) Überzeugung eher im Hinblick auf ihren Konsum als Teil der Erwerbsbevölkerung zu sein. Ein Zitat von STANNER (1979:376) soll auf die heutige Abhängigkeit der indigenen Australier von staatlichen Unterstützungen aufmerksam machen: "The Aborigines then [1930er] had no option but to attach themselves to us and to endure all the costs: now, they are free, even encouraged, to detach themselves, while we bear the costs".
Ab Mitte der 1980er Jahre bezog die Regierung unter Hawkedie Tatsache der wirtschaftlichen Benachteiligung der indigenen Bevölkerung in ihre social justice agendamit ein. Das AEDP statementvon 1987 hat einen bemerkenswerten Bezug zu Themen wie sozialer Gerechtigkeit, welche es im allgemeinen in Form von equity zwischen Aboriginal und anderen Australiern artikuliert. Die Herausforderung für die 1990er Jahre soll darin bestehen, die Vorstellung von equityauszuweiten, um sich auf die Chancengleichheit zu konzentrieren. Dabei sollen die Rechte der indigenen Minderheit auf Selbstbestimmung und ihre bemerkenswerte kulturelle,
soziale und wirtschaftliche Heterogenität berücksichtigt werden (vgl. ALTMAN 1991:172). In bezug auf diese neue Politik der indigenen Selbstbestimmung und ihres Selbstmanagements kritisiert der Aborigine COE (1994:37) hingegen: "Rather, what has developed has been a general philosophy of return of aspects of social control to the (Aboriginal) community (...) using the defintions and criteria of the non-Aboriginal system" (vgl. Kap. 4.2.3).1 22
6.2 lndigene Arbeitsmarktpolitik
Die australische Regierung wendet enorme Anstrengungen dafür auf, die wirtschaftliche und soziale Situation der Aborigines zu verbessern. Dies findet seinen Ausdruck in politischen Maß nahmen und unterschiedlichen Förderungsprogrammen hinsichtlich Beschäftigung, Unterneh mensentwicklung, Schulung und Ausbildung der indigenen Minderheit. Staatliche Ausgaben für Entwicklungsmaßnahmen in diesem Sektor sind im letzten Jahrzehnt gewaltig angestiegen. 123 In den folgenden Kapiteln werden die in diesem Zusammenhang wichtigsten politischen Ziel setzungen und Maßnahmen und deren Einfluß auf den sozio-ökonomischen Status der indige nen Australier - unter Berücksichtigung des räumlichen Kontextes - erörtert. Es erfolgt eine Auseinandersetzungmit der politischen Leitlinie der Aboriginal Employment Development Policy
{AEDP)sowie einem herausragenden Beschäftigungsprogramm für Aborigines, dem Community Development Employment Project (CDEP).
3.2.1 Die Aboriginal Employment Development Policy (AEDP)
Mit dem Ziel, die anhaltend gravierende sozio-ökonomische Benachteiligung der indigenen Bevölkerung zu verringern, entwickelte man speziell auf sie abgestimmte politische Programme und baute sie seit der letzten Hälfte der 1980er Jahre bedeutsam aus. Die Aboriginal Employ ment Development Policy{AEDP)nimmt diesbezüglich einen übergeordneten Stellenwert ein (vgl. TAYLOR 1993a:1). Die AEDPwurde 1986/87 lanciert und verkörpert die Antwort der Labour-Bundesregierung auf den Report of the Committee of Review ofAboriginal Employmentand Training Programsunter dem Vorsitz von M. MILLER (1985). Der MILLER-Report war die erste umfassende Untersuchung, 124 welche die marginelle Beschäftigungssituation der Aborigines eindeutig darlegte. "The AEDP is a response to what was, and is, identified as an unacceptable situation" (ALTMAN1991:155).
122 Die Chronik im Anhang dieser Arbeit macht auf weitere wichtige Ereignisse aufmer1<sam.
123 Ausmaß und Wachstumsrate der staatlichen finanziellen Zuwendungen für Aborigines übertreffen bei weitem - auf einer Pro-Kopf-Basis - sämtliche Anstrengungen für Schwarze und Indianer in den Vereinigten staaten (vgl. Abb. 17) (vgl. GREGORY 1991:145).
124 Der MILLER-Reportbasiert auf Volkszählungsdatenvon 1981 und akademischen Forschungen.
6.2.1.1 Zielsetzungen
Die Zielsetzungen der AEDPkönnen in drei Schwerpunkte gegliedert werden:
• Erzielung von Beschäftigungsgleichheit der indigenen und nicht-indigenen Arbeitsbe völkerung durch Anhebung der indigenen Erwerbsbeteiligung.
• Erzielung von Einkommensgleichheit bezüglich des durchschnittlichen Pro-Kopf Einkommens indigener und nicht-indigener Australier durch Anhebung der indigenen Einkommen.
• Die Reduzierung der Wohlfahrtsabhängigkeit - besonders der Arbeitslosenunterstützung
- arbeitsloser indigener Australier auf das Niveau der übrigen Australier.
Eine vierte Zielsetzung der AEDPbesteht in der gleichen Beteiligung auf der primären, sekundären und tertiären Ausbildungsebene. Diese Aufgabe wurde 1989 in die Aboriginal and Torres Strait lslander Education Policy eingebettet (vgl. TAYLOR 1993b:iii) (vgl. Kap. 7.5).
Die zentrale Zielsetzung der AEDPbesteht folglich darin, eine Gleichstellung (equity)der Erwerbsbeteiligung der Aborigines bzw. eine Beschäftigungsgleichheit auf dem Niveau der nicht indigenen Bevölkerung bis zum Jahr 2000 zu erreichen. Die AEDPinterpretiert equityals statistische Gleichstellung von Aborigines und anderen Australiern hinsichtlich ihres Beschäfti gungs- und Einkommensstatus. Die Anzahl der Arbeitsstellen, welche geschaffen werden müssen, das Maß, in welchem das Einkommen bzw. die Bildungsbeteiligung zunehmen müsse und die erforderliche Reduzierung der Wohlfahrtsabhängigkeit werden allesamt quantifiziert. "This believe, is an unfortunate use of the term [equity). lt fails to acknowledge just how deep rooted and structural are the causes of low economic status among Aborigines, and as such sets standards and goals for Aboriginal employment policy against which the AEDP is inevitably going to fail" (ALTMAN/SANDERS 1991:9). Australische Politiker sind seither bemüht, den Schwerpunkt von dem Ansatz der Wohlfahrtsabhängigkeit der Vergangenheit hin zu Methoden einer stärkeren wirtschaftlichen Unabhängigkeit der indigenen Bevölkerung zu verlagern (vgl. ALTMAN/SANDERS 1991:1,7-9).
6.2.1.2 Programme und Strategien
In der Vergangenheit konzentrierten sich die Fördermaßnahmen bezüglich der indigenen Beschäftigung fast ausschließlich auf Lohnsubventionen unter dem Training for Aboriginals Program(TAP)und auf das Community Employment Program(CEP).(vgl. C. BOURKE 1994:192; M. MILLER 1985:104-16). In entlegeneren ländlichen Regionen legte man das Schwergewicht ursprünglich auf Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen durch die TAP Community Seetor Programs in Community-Unternehmen und Entwicklungsprojekte. In städtischen Gebieten rückte man in den Brennpunkt, die Beschäftigung sowohl im öffentlichen als auch im privaten Arbeitsmarktsektor im Zuge der TAP Public and Private Seetor Programs anzukurbeln. In seinem Bericht äußerte sich M. MILLER (1985:143-47) zur Periode vor der AEDPund stellte
ein beträchtliches Ungleichgewicht zwischen der räumlichen Verteilung der indigenen Bevölke rung und dem räumlichen Eingliederungsmuster in privatwirtschaftliche Arbeitsmarktprogramme heraus, mit einem Schwergewicht dieser Eingliederungen auf städtische Gebiete. Da sich die Schulungs- und Beschäftigungsprogramme im öffentlichen Dienst und in der Privatwirtschaft früher besonders auf die größeren Bevölkerungszentren Australiens konzentrierten, weitete man das Community Development Employment Project (CDEP)stark aus. Dieses findet hauptsäch lich in den peripheren und ländlichen Gebieten seine Anwendung. TAYLOR (1993a:5-6,23) schreibt die gestiegenen Erwerbstätigenquoten der indigenen Bevölkerung in den letzten Jahren vorwiegend dem großen Beschäftigungswachstum in den ländlichen Regionen zu. Er macht diesbezüglich auf die herausragende Bedeutung des COEP-Programmes aufmerksam (vgl. Abb. 22).
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb. 22:Zielsetzungen und Resultate der AEDP 1986-91 p.a.
Quelle: ATSIC (1993c:32)
Eigener Entwurf
Ein Merkmal der reformierten Aboriginal Politik ist die Strategienentwicklung für einen erleich terten Zugang der Aborigines zum privaten Sektor durch das AboriginalEmployment Action (AEA)-Programmund die Schaffung von Arbeitsplätzen in Aboriginal Privatunternehmen. Weitere Programme sind das Small Business Funding Scheme, das AboriginalEnterprise lncentive Scheme (AEIS)und das Enterprise Employment Assistance Program.Das Community Economic Advancement Projects-Programm (CEAP). das Community Employment and Enterprise Development-Programm (CEED). das Enterprise Support Units (ESU)und das Enterprise Employment Assistance (EEA)-Programm stellen sowohl Kapital, Lohnsubventionen als auch Management und Unterstützung für Aborigines zur Verfügung. In bezug auf geregelte Beschäftigung in der Privatwirtschaft deutete die AEDPeine Verlagerung, einerseits zu Gruppenintegrationsstrategien, und andererseits zu den etablierteren individuellen Unterbrin gungsmethoden an (vgl. ALTMAN/SANDERS 1991:7; C. BOURKE 1994:192).
Die AEDPentwickelte Programme für die Beschäftigung von Aborigines im öffentlichen Sektor mit dem Schwerpunkt auf Festeinstellung und einer späteren beruflichen Laufbahn, anstatt
ausschließlich auf kurzfristige Schulung abzuzielen. Die AEDPhielt ebenfalls das TrainingforAboriginals Program{TAP)des CES und eine starke Betonung der formalen Ausbildung aufrecht. Der hohe Anteil der indigenen Erwerbstätigen im öffentlichen Dienst ist zu einem Großteil auf staatliche Programme wie TAPund CEPzurückzuführen (vgl. Kap. 2.2.2).
Politische Beschäftigungsstrategien der derzeitigen AEDP,die danach trachten, den Aborigines die Integration in den formellen Arbeitsmarkt, namentlich den öffentlichen und privaten Sektor, zu erteichtern, gehen einerseits davon aus, die indigene Arbeitskraft sei mobil und reagiere auf Marktstimuli. Die Beschäftigungspolitik sollte dort, wo notwendig, zur Migration anregen. Auf der anderen Seite setzen die community-basedBeschäftigungsstrategien der AEDP eine entgegen gesetzte Vorstellung von der Aboriginal Arbeitskraft voraus. Sie wollen die Aborigines mit Be schäftigung "in situ" versorgen. Diese Strategie soll indes, um Erfolg zu haben, migrationshem mend sein (vgl. TAYLOR 1991b:73). Die AEDPlegt ein vergleichbares Gewicht sowohl auf for melle Arbeitsmärkte als auch auf community-basedBeschäftigungsstrategien. Da in den letzten 15 Jahren gleichsam verstärkt versucht wurde, indigene Erwerbspersonen in die australische Wirtschaft zu integrieren, sollte man annehmen, Aborigines nähmen ein ähnliches Ausmaß an berufsmotivierter Migration (labour migration)wie die allgemeine Bevölkerung vor (vgl. TAYLOR 1991b:66; ALTMAN/SANDERS 1991). Inwieweit die Zielsetzung einer gleichen Erwerbsbeteili gung der Aborigines und die verstärkten Bemühungen in Form der erläuterten Programmaßnah men eine beruflich motivierte Migration bei den Aborigines bedingen, wurde bereits in Kap. 5.5 diskutiert. Es entstehen zudem räumliche Disparitäten hinsichtlich der indigenen Beschäftigungs- und Einkommensituation aufgrund regional unterschiedlicher Ein- und Durchführungen von Arbeitsmarktprogrammen für Aborigines (vgl. TAYLOR 1993a:6/1993b:3-4).
Die relative Verbesserung des Erwerbsstatus der indigenen Australier zur Zeit einer rückläufigen Wirtschaftskonjunktur und eines allgemein langsamen Beschäftigungswachstums deutet darauf hin, daß Initiativen im Rahmen der AEDPihre Spuren hinterlassen haben. 125 Es wird angenom men, daß die Organisationen, welche zum größten Teil finanzielle Unterstützung durch die Aboriginaland TSI Commission(ATSIC)erfahren, zu einem erheblichen Ausmaß für die Beschäfti gung der indigenen Australier verantwortlich sind (vgl. ATSIC 1994c:11). Im Jahr 1990/91 wurden 23.209 Aborigines und TSI im Rahmen von Arbeitsmarktprogrammen beschäftigt (TAYLOR 1993a:18). Die Prioritäten politischer Bemühungen können auch anhand einer Auf schlüsselung der AEDP-Ausgaben für das Jahr 1990/91 demonstriert werden: Für CommunityDeve/opment Employment Projects(CDEP)wurden$ 194 Millionen, für BusinessandEnterpriseDevelopment$ 21 Millionen und für TrainingandPlanning$ 9 Millionen ausgegeben (C. BOURKE 1994:195). 126
128 SLOAN (1991:25) erörtert die Effektivität von Arbeitsmarktprogrammen.
129 Detaillierte Informationen über Arbeitsmarktstrategien für Aborigines geben AL1MAN/SANDERS (1991) und ATSIC (1993a/1994c/1994d).
3.2.2 Das Community Development Employment Project (CDEP)
Da dem Community Deve/opment Employment Project (CDEP)-Programm eine besondere Bedeutung hinsichtlich der Beschäftigung der indigenen Bevölkerung beizumessen ist, soll hier gesondert darauf eingegangen werden. Das Programm wurde in den letzten Jahren stark ausgeweitet (vgl. MORONY 1991; ALTMAN/SANDERS 1991; ALTMAN/D. SMITH 1993:4) (vgl. Abb. 23).
Das CDEPwurde 1977 durch die Fraser-Regierung als Komponente ihrer National Employment Strategy for Aboriginals (NESA) eingeführt. Es sollte ursprünglich vorwiegend peripheren Communities gerecht werden, für die nur geringe Aussichten auf Beschäftigung oder wirtschaftli che Entwicklung bestanden. Ländliche Aboriginal Communities strebten nach lokalen Beschäfti gungsmöglichkeiten in verschiedenen Community-Entwicklungsprojekten als Alternative zu fortdauernder Abhängigkeit von Arbeitslosenunterstützungen. 1987 kam das CDEP-Programm unter das Dach der neuentwickelten AEDPund wurde zu ihrem Schlüsselelement. Das besondere Merkmal des CDEP-Programmes besteht darin, daß es ein Community-fokusiertes Arbeitsmarktprogramm ist, welches kein Äquivalent in der herkömmlichen Sozialpolitik besitzt. Es befähigt eine indigene Communityoder Gruppe dazu, ihren Anspruch auf Arbeitslosenunter stützung in Subventionen umzuwandeln, die ihnen durch ATS/Czukommen. Diese sollen als Basis für produktive Beschäftigung dienen. Das CDEP-Programm ist demnach eine Form von substitution funding,d.h. eine Finanzierung durch ausgetauschte öffentliehe Mittel, da ATSICdie Arbeitslosenunterstützungsberechtigungen der einzelnen CDEP-Teilnehmer in äquivalente Aus zahlungen "en bloc" an die am CDEPteilnehmenden Communitiesumwandelt1 27 (vgl. MORONY 1991:101-102,106; HRSC 1992:113; ALTMAN/D. SMITH 1993:1,10).
6.2.2.1 Zielsetzungen und Definition von Arbeit
Den Zielsetzungen entsprechend, fungiert das CDE'P-Programm als Arbeitsbeschaffungs maßnahme für indigene Australier in strukturschwachen Regionen. Es soll Aboriginal Commu nitieseine sozio-ökonomische Besserstellung ermöglichen, da viele von ihnen in ländlichen Regionen leben, in denen lediglich begrenzte bzw. keine Arbeitsmärkte und Industriean siedlungen existieren. Das Programm soll die indigene Abhängigkeit von Wohlfahrtsunterstüt zungen verringern (Einkommensunterstützung) und Unternehmens- und lnfrastrukturentwicklun gen fördern. Außerdem beinhaltet das Programm soziale und kulturelle Ziele. Die allgemeine Intention beruht darauf, die sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Lebensbedingungen der Aborigines zu verbessern und ihnen dadurch den Weg zur Selbstverwaltung zu ebnen. Man gestaltete das CDEP-Programmum und weitete es auch auf Gegenden mit tiefwurzelnder indigener Arbeitslosigkeit in ländlich-städtischen Regionen aus. Erst seit kurzer Zeit steht es
127 Das COEP-Programm wird Im allgemeinen Sprachgebrauch als worl<for thedole scheme(= "für die Arbeits losenunterstützung zu arbeiten") bezeichnet.
auch für indigene Personen in australischen Metropolen zur Verfügung (vgl. MORONY 1991:106; ALTMAN/D. SMITH 1993:4-5; HRSC 1992:113).
Die Richtlinien des Programmes erlauben den teilnehmenden Communities ,"Arbeit" bzw. "Be schäftigung" selbst zu definieren (Aborigina/isation von Arbeit), was ALTMAN/SANDERS (1991:7) den radikalsten Aspekt des Programmes nennen."... CDEP does allow a community to determine what kinds of activities can be classified as paid work" (YOUNG/DOOHAN 1989:154). Dadurch werden auch zu einem Großteil traditionelle Aktivitäten wie z.B. die Pflege sakraler Stätten als Beschäftigung ausgewiesen. Die Mehrheit der Aboriginal Communitiesder Piijant jatjara (Zentralaustralien) beschlossen etwa, daß die Teilnahme an wichtigen Aboriginal Versammlungen zur Arbeit gerechnet wird und COEP-Mitglieder weiterhin ihre Löhne erhalten, während sie diesen Verpflichtungen nachgehen. Derartige Versammlungen können sowohl traditioneller als auch nicht-traditioneller Art sein. Diese flexible Definition von Arbeit erlaubt es auch Bewohnern von outstations,am COEP-Programm teilzunehmen (vgl. Kap. 5.4.1). In ländlichen und peripheren Regionen, in denen das Programm seinen Ursprung besitzt, besteht die Regelung, daß es innerhalb der Communityeinen Konsens geben sollte, bevor ein CDEPProgramm eingeführt wird. In städtischen Gebieten hingegen, in denen die Aboriginal Bevölke rung meist weniger homogen ist, wirft das "Community-Konsens-Modell" einige Probleme auf (vgl. HRSC 1992:120).
Beschäftigungen im Rahmen des CDEPumfassen unter anderem: Bau- und Instandhaltung von Community-lnfrastruktur und Wohnunterkünften, Tischlereien/Schreinereien, die Produktion von Kunsthandwerk, Landschaftsgestaltung und Gärtnereien, Emufarmen, Geflügelzucht, Kanin chenausrottungen, Kindertagesstätten, Nähgruppen, die Unterhaltung von Freizeiteinrichtungen sowie andere Dienstleistungen (vgl. ALTMAN/D. SMITH 1993:7; HRSC 1992:114; MORONY 1991:6).
6.2.2.2 Ergebnisse und Auswirkungen
Hemmfaktoren
Über die konkreten Zielsetzungen des Programmes wird viel und kontrovers debattiert. Ein Kritik punkt besagt, daß Arbeit im Rahmen des COEP-Programmes keine "richtige Beschäftigung" dar stellt und somit nicht in die statistische Erfassung von Beschäftigungsgleichheit eingeschlossen werden sollte. In etlichen peripheren Communities gibt es praktisch keine Arbeitslosigkeit. da deren indigene Einwohner allesamt durch das COEP-Programm beschäftigt sind. Die statisti sche Gleichstellung hinsichtlich (Voll-)Beschäftigung ist demnach in diesen Fällen offiziell erreicht worden. Diese scheinbar erfüllte Zielsetzung ist in zweierlei Hinsicht mit Problemen behaftet Erstens wird durch das COEP-Programm eine besondere Form von Arbeitsmöglichkei ten geschaffen, welche in der Regel Teilzeitbeschäftigungen sind, häufig keine erkennbare Funktionen erfüllen und keine darauf aufbauende Berufslaufbahn ermöglichen. Für eine verläß-
liehe Interpretation der indigenen Erwerbsbevölkerung ist von großer Bedeutung, daß COEPTeilnehmer adäquat in den offiziellen Statistiken erfaßt werden, was bisher nicht der Fall war. In der Volkszählung von 1991 wurden COEP-Teilnehmer vorwiegend als erwerbstätig gezählt (vgl. TAYLOR 1993a:26,46). ATSIC (1994c:7) nimmt an, daß die Arbeitslosenquote der Aborigines ohne Berücksichtigung des CDEPetwa 25% höher angesiedelt werden müßte. Al TMAN/D. SMITH (1993:2,7-8) sprechen von einer Verschleierung der Arbeitslosenzahlen, da Daten über Langzeitarbeitslosigkeit indigene Programm-Teilnehmer nicht mit einschließen. Die angestiege ne COEP-Teilnahme korreliert stark mit den verringerten offiziellen Arbeitslosenquoten auf Bun desstaatenebene. Das ist vor allem in ländlichen Regionen und derjenigen der sonstigen Städte sowie vorwiegend in ungelernten Beschäftigungen der Fall (vgl. TAYLOR 1993a:27-32). Außer dem geht das große Ausmaß der Schaffung von Teilzeitbeschäftigung in nicht-metropolitanen Regionen mit einem der wichtigsten Kennzeichen der Beschäftigung durch das CDEP konform (vgl. Abb. 22). TAYLOR (1993a:34) berechnete, daß von den 7.579 zusätzlich geschaffenen Arbeitsstellen im Zeitraum von 1986 bis 1991 ein Anteil von 80.5% aus Teilzeitstellen bestand 128 (vgl. ALTMAN/HAWKE 1993:4). D. SMITH (1991:24-25) bezeichnet das COEP-Programm als eine "artificial expansion of the labour markets of many remote and rural communities".
Des weiteren wird argumentiert, daß die Höhe der Löhne durch CDEP normalerweise den Arbeitslosenunterstützungen entspricht. Auf Grund dessen kann das Programm nicht der Zielsetzung der AEDPgerecht werden, die statistische Einkommensgleichheit der indigenen und nicht-indigenen Bevölkerung zu erreichen oder auch nur die relative Armut vieler Aborigines zu verringern. Je mehr Aborigines demzufolge am CDEPbeteiligt sind, desto mehr werden unterdurchschnittliche Löhne empfangen. Außerdem läuft es der Zielsetzung der verringerten Abhängigkeit und der Eingliederung in den formellen Arbeitsmarkt entgegen (vgl. ARTHUR 1991:116-17; ALTMAN/D. SMITH 1993:7-8; C. BOURKE 1994:197). "There is no evidence to
suggest that CDEP employment leads to better employment chances outside of the scheme. Rather, it may be that the scheme perpetuates an employment enclave for the disadvantaged" (ALTMAN/D. SMITH 1993:7). Ein weiterer Kritikpunkt ist die relativ große Miteinbeziehung von Verwaltungspersonal nicht-indigener Herkunft.
Für ALTMAN (1991) ist das Einkommen ein wichtigeres Maß und Kriterium für wirtschaftliche Gleichstellung als die Beschäftigung selbst. Auch TAYLOR (1993a:39) betont, daß eine zunehmende Integration in die Erwerbsbevölkerung allein nicht für Verbesserungen des Einkommensstatus' ausreichend ist, sofern das CDEPsich nicht mehr dahin orientiert, Anreize zur Einkommenserzeugung zu schaffen. Obgleich das CDEPzunehmend als Beschäftigungs programm bezeichnet wird, ist es für die Teilnehmer in erster Linie ein Einkommensun terstützungsprogramm (income support scheme)(vgl. ALTMAN 1991:167).
128 Dies trifft auf alle Regionen außerhalb von großstädtischen Verdichtungsgebieten zu.
Vorteile
Einige der Projekte in ländlichen Gebieten haben damit begonnen, Verträge abzuschließen und weitere einkommenserzeugende Aktivitäten zu organisieren, um das Einkommensniveau der Aborigines anzuheben. In einigen Situationen fungiert das CDEPals Unternehmensförderungs oder als Community-Entwicklungsprogramm (vgl. ALTMAN 1991:167) Dies könnten MORONY (1991:106) zufolge Maßnahmen für eine weitere zukunftsträchtige Entwicklung sein. Er äußert sich demzufolge sehr positiv über das CDEP-Programm: "For most of us. our employment determines our lifestyles and our ability to influence our lifestyles. 1 believe the CDEP scheme, along with a number of associated programs, provide Aboriginal and Torres Strait lslander people with a choice." ALTMAN (1991:168) weist außerdem darauf hin, daß das CDEP Programm in den AboriginalCommunitiesgroßen Anklang und einstimmige Unterstützung findet. Die Autoren betonen die herausragende soziale und kulturelle Rolle. Gerade die Communities, in denen die meisten Bewohner inaktiv und von Arbeitslosen- bzw. Sozialun terstützungen abhängig sind, erhalten durch das Programm ein neues Gefühl von Selbst vertrauen, Zuversicht und eine Lebensperspektive. Es existiert demzufolge ein weitverbreitetes Interesse der Aborigines an dem Programm. Viele notleidende und isolierte ländliche Communitiesbetrachten das CDEP-Programm möglicherweise als die beste Chance im Hinblick auf Erwerbstätigkeit, Aneignung von Qualifikationen und Community-Entwicklung. Auch bei städtischen Gruppen und Organisationen besteht ein wachsendes Interesse an einer Programm teilnahme. Das Interesse am CDEPist in allen Bundesstaaten außerordentlich groß mit Ausnahme von Tasmania und dem ACT (vgl. MORONY 1991:104-105). Die RCIDICdeutet darauf hin, daß das Programm dramatische Veränderungen in vielen AboriginalCommunitieshervorgerufen hat. Sie hebt soziale Vorteile und Verbesserungen hinsichtlich Rassenbezie hungen in etlichen Landstädten hervor (vgl. C. BOURKE 1994:195). Die meisten CDEPTeilnehmer gingen vor ihrer Eingliederung in das Programm keiner geregelten Beschäftigung nach; sie mußten sich an diesen Zustand im allgemeinen erst langsam gewöhnen. Genau dies ermöglicht ihnen eine Beschäftigung durch das CDEP. 129
129EinBeispiel für die Einführung eines COEP-Programms in einer städtischen Metropole, ist die R&dfemWorl<ingCoorporationin Redfem/Sydney (seit 1991). Redfem weist mit die höchste Arbeitslosenquote in Sydney auf. 1994 waren 68 Aborigines In das Programm eingegliedert, von denen 10 nach Beendigung des CDEPeine reguläre Beschäftigung auf dem Arbeitsmar1d erhalten haben. Der Projekt-Manager Shane Philipps hob die Vorteile hervor, daß Aborigines durch das Programm Fähigkeiten erlernen können, mit denen sie bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben. Er stellte in den Vordergrund, daß Aborigines die Tätigkeiten für ihre eigene Community durchführen, was äußerst motivationsfördemd ist. Da die Arbeiten "vor der Haustür" der Communitystattfinden, ist gleichzeitig eine Kinderbetreuung gewährieistet. Von Bedeutung ist außerdem eine spezielle "Aboriginal" Arbeitsatmosphäre sowie die Mitarbeit der gesamten Community ,obgleich nur einige von ihnen offiziell am Programm beteiligt sind. Teilnehmer haben in Redfem die Option, ihre Arbeitszeit, die normalerweise zwei Tage in der Woche beträgt, auszudehnen und dadurch zusätzliche Einkünfte zu verdienen (Shane Philipps, 27.4.94 in Redfem).
Einweiteres Beispiel ist das CDEPin der Landgemeinde Narrogin (Südwestaustralien). Es sind ca. 60 Aborigines
an dem Programm beteiligt, welches seit 1992 existiert. Tätigkeiten werden hier u.a. in Zusammenarbeit mit dem Deparlment ofConservationand Landmanagementund dem Departmentfür Wohnungsbau Homeswest in Perth angeboten. Aborigines arbeiten hier l.d.R. 2 1/2 Tage in der Woche (27.5.94 in Narrogin) (vgl. Kap. 2.1.4).
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb. 23:
Der Bedeutungsanstieg
des CDEP-Programms von 1976/77 bis 1992/93
Quelle: ALTMANN/SMITH
(1993:5) und ATSIC (1993c:151)
Eigener Entwurf
Die Anzahl der am CDEPteilnehmenden Communitiesstieg zwischen 1986 und 1992/93 von 38 (mit 5.018 Personen) auf 200 (mit 22.000 Teilnehmern) an (vgl. Abb. 23). Die Teilnehmerzahl von 1992/93 entspricht einem Anteil von über 25% der gesamten indigenen Eiwerbsbe völkerung. Die Anzahl der Aborigines und TSI, die 1992 auf einer Warteliste standen. um am COEP-Programm teilzunehmen, wurde auf etwa 11.000 Personen geschätzt (HRSC 1992:266). Die übeiwiegende Mehrheit dieser Programme konzentriert sich auch heute noch auf ländliche Gebiete sowie Bundesstaaten mit großen indigenen Bevölkerungsanteilen (vgl. Karte 20 und Abb. 24). Der Anteil des CDEPan den Ausgaben des Aboriginal Affairs portfoliobetrug 1992/93 32% (ALTMAN/D. SMITH 1993:5; ALTMAN/HAWKE 1993:10; C. BOURKE 1994:194; TAYLOR
1993a:26). 130
130 Es sei auf weiterfütv-endeLiteratur über das COEP-Programm von ATSIC (1993a), TOHMATSU (1993) und dem TJUWANPA RESSOURCE CENTRE (1992) verwiesen.
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Karte 20:
Die räumliche Verbreitung der CDEP-Programme
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb. 24:
CDEP-Teilnehmer nach Bundesstaaten 1993
(Teilnehmersumme: 21.728) Quelle: ATSIC (1993c:30)
Eigener Entwurf
6.2.2.3Das Beispiel des Tangentyere Council
Der Tangentyere Councilin Alice Springs (NT/Zentralaustralien) ist eine Versorgungsorganisa tion und zugleich Entscheidungs- und Kontrollinstanz für die 18 Aboriginal town campsin der Gegend um Alice Springs (vgl. Karte 18 und Kap. 5.4.4)131. Tangentyerewurde im Jahr 1977 als Reaktion auf die alarmierenden Lebensbedingungen und der Forderung nach Selbstbestimmung
131 Die Areale sind specia/ purpose/eases in und um die Stadt, welche Aboriginal Gruppen vorbehalten sind.
der Aboriginal town camperseingerichtet. Heute leben über 1.200 Aborigines in diesen town camps. 132 Im Jahr 1989 gingen nur 6% von ihnen einer Vollzeitbeschäftigung und weitere 7% einer Teilzeitbeschäftigung nach, d.h. die Arbeitslosenquote betrug 87%. Die Verringerung der Arbeitslosigkeit der Aborigines ist seit der Einführung des CDEPim Jahr 1990 eines der Haupt ziele von Tangentyere. Es ist die erste städtische Aboriginal Organisation im Northern Territory, welche das CDEP-Programmanbietet. Als Tangentyeredas CDEP-Programmeinführte, konnten 57% der Teilnehmer keinerlei Einkommen aufweisen, obwohl sie zu Arbeits losenunterstützungen berechtigt waren (vgl. ATSIC 1992:34).
Die Organisation berichtet äußerst positiv über die Ergebnisse seines CDEP-Programms in dieser von hoher Arbeitslosigkeit geprägten Region. Das Programm stellt gewissermaßen den einzigen Zutritt zu einer Beschäftigung dar; sehr wenige der Aborigines sind in der Privatwirt schaft oder in öffentlichen Dienstleistungen beschäftigt. Durch CDEPsind indigene Personen
u.a. mit Bau-, Installations-, Mal- und lnstandhaltungsarbeiten, Landschaftsgestaltungsprojekten, gärtnerischen Aktivitäten, Kunsthandwerkproduktion, Abfallentsorgung, Kinderbetreuung, Frei zeitprogrammen, sonstigen Dienstleistungen für die Communitiessowie in der Verwaltung be schäftigt. "CDEP cuts down on people drinking and fighting and sitting around with nothing to do. They take an interest in life, their standard of living improves and there's training" (ATSIC 1992:32). Im April 1992 standen durch das CDEP350 Personen in Beschäftigung. Nach Anga ben des Tangentyere Councilhat das Arbeitsmarktprogramm einen großen Beitrag zu den weit reichend verbesserten Lebensbedingungen in den town campsim letzten Jahrzehnt geleistet. "The scheme had given people a sense of self-esteem because it meant that they had some thing to do instead of sitting around all day" (HRSC 1992:116). Die Beschäftigung im Rahmen von CDEPfindet in enger Zusammenarbeit mit den anderen Abteilungen von Tangentyere statt wie mit dem Landmanagement, dem Wohnungsbau und der Instandhaltung von Unterkünften sowie Community-Dienstleistungen (z.B. O/d People's Service und After-SchoolGare).Teilweise sind die Beschäftigungen mit Ausbildungs- und Schulungskursen verknüpft. Die CommunityEntwicklung der town campsist als das wichtigste Ziel des CDEP-Programmes zu bezeichnen. Außerdem beabsichtigt Tangentyere,die Aborigines hinsichtlich ihrer materiellen und kulturellen Aspirationen zu unterstützen und ihr Identitätsgefühl und Wohlbefinden zu stärken. Trotz der Erfolge von Tangentyere,die Arbeitslosigkeit zu reduzieren und die Versorgung mit Unterkünften und Infrastruktur zu gewährleisten, zählen die Aboriginal towncampersin und um Alice Springs zu den benachteiligsten Gruppen Australiens 133 (vgl. ATSIC 1992:30-37).1 34
132 Die towncamp-Bevölkerung von Alice Springs kann zu jeder Zeit bis auf das Doppelte anwachsen, da die campsvon einem Großteil der über 10.000 in Buschregionen Zentralaustraliens lebenden Aborigines als wichtigstes Dienstleistungszentrum genu1zt werden.
133 Ein Großteil obiger Informationen über Tangentyere wurde mir in persönlichen Interviews mitgeteilt (Lenny Cole, Christine Palmer, Chris Hallett und Melanie Pope, 6.-8.6.94 in Alice Springs). Tangentyere stellt eines der größten COEP-Programme für Aborigines in Australien zur Verfügung. Es ist Teilnehmern erlaubt, aufgrund traditioneller Tätigkeiten bis zu einem Zeitraum von drei Monaten der Arbeit fernzubleiben.
Weiterführende Informationen über den Tangentyere Counc/1 sind dem Jahresbericht des TANGENTYERE COUNCIL (1992) und COUGHLAN (1991) zu entnehmen. Literatur über COEP-Projekte auf outstations und ihr Management bietet der TJUWANPA RESSOURCE CENTRE (1992)
7 Bildungssituation
Die Bildungsbeteiligung der indigenen Minderheit ist zwar im letzten Jahrzehnt gestiegen, doch die große Kluft zwischen indigener und nicht-indigener Bildungsbeteiligung und ihren Ausbil dungs- und Qualifikationsniveaus bleibt weiterhin bestehen. Auf jeder Bildungsebene weisen indigene Australier durchweg niedrigere Besuchs-, Verbleibs- und Erfolgsquoten auf. Sie gehen insgesamt früher von der Schule ab und bleiben häufiger unentschuldigt vom Unterricht fern als Nicht-Aborigines. Dies ist trotz zahlreicher spezieller Fördermaßnahmen, Programme, Initiativen sowie finanzieller Unterstützungen für Aborigines im Bildungswesen der Fall. Die Benach teiligung der Aborigines im Bildungswesen, ihr allgemeiner Bildungsrückstand und ihre mangelnden Qualifikationen sind Hauptursachen für ihre schwache Anbindung an den formellen Arbeitsmarkt und ihre hohe Arbeitslosigkeit. Bildungsverhalten bzw. -beteiligung sowie Schulleistungen, sind grundlegende Indikatoren für das Ausbildungs- und Qualifikationsniveau, welches als Ausleseverfahren fungiert und mit der Fähigkeit korreliert, auf dem Arbeitsmarkt um Arbeitsplätze zu konkurrieren. Das schulische Ausbildungsniveau und Qualifikationen steigern den Berufsstatus und haben einen positiven Effekt auf das Einkommen.
In diesem Kapitel wird die vergleichsweise negative Bildungssituation1 35 der indigenen Bevöl kerung analysiert. Desweiteren wird auf die Bedeutung spezieller Fördermaßnahmen und Bildungsprogramme für Aborigines sowie der von ihnen selbst kontrollierten Bildungsinitiativen
- auch im Blickfeld ihrer Effizienz - eingegangen. Da der Bildungssituation der Aborigines in bezug auf ihre sozio-ökonomische Benachteiligung ein übergeordneter Stellenwert beizumessen ist, soll auf diesen "direkten" Einflußfaktor näher eingegangen und ebenfalls zugrunde liegende Ursachen herauskristallisiert werden.1 36
135 In der folgenden Interpretation sollen der Vereinfachung und des besseren Verständnisses wegen die beiden Begriffe "Bildung" und "Ausbildung" als austauschbare Ausdrücke im allgemeinen Sinne verwendet werden. Da der englische Begriff educationdenSinn von "Erziehung", "Bildung" und "Ausbildung" impliziert, besteht häufig die Schwierigkeit, diesen Begriff in exakt zutreffende deutsche Sinnwörter umzuwandeln. Auf eine ausführlichere Diskussion über den Begriff von educationbzw. "Bildung" soll im Rahmen dieser Arbeit verzichtet werden.
136 Datenmaterial bezüglich des australischen Bildungswesens liefert vorwiegend das Department of Employment, Education and Training (DEET).Das Datenmaterial in diesem Kapitel bezieht sich ebenfalls auf das Volks zählungsjahr 1991, sofern nicht gesondert ausgewiesen.
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb. 25: Das australische Bildungssystem
Quelle: DAAD (1994:11)
7.1 Bildungsverhalten und Bildungsbeteiligung137
7.1.1 Allgemeine Bildungsbeteiligung
Die indigenen Besuchsquoten (participation rates)in Bildungseinrichtungen nach dem Pflicht schulalter (Altersgruppen zwischen 16 und 24 Jahren) liegen im Durchschnitt auf einem weitaus niedrigeren Niveau als diejenigen der nicht-indigenen Australier. Die Beteiligungsquote der 16- 24jährigen Aborigines (21.2%) ist genau halb so hoch wie die der nicht-indigenen Australier (42.2%). Bei den 17-19jährigen Aborigines liegt die Beteiligungsquote durchschnittlich zwischen 30% und 35% niedriger als die der Nicht-indigenen. Ab dem Alter von 20 Jahren beginnt sich die Schere zwischen indigener und nicht-indigener Partizipationsrate zu schließen (DEET 1994:38).
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb.26:
Räumliche Disparitäten der Bildungsbeteiligung
16-24jähriger Aborigines 1991
Quelle: DEET (1994:40)
Eigener Entwurf
Die Bildungsbeteiligung der 16-24jährigen Aborigines ist im Durchschnitt in den Großstädten mit 28.5% ungefähr dreimal so hoch wie im ländlichen Raum, in den peripheren Gebieten liegt sie jedoch mit 15.3% etwas höher als im ländlichen Raum (DEET 1994:40) (vgl. Abb. 26).
Nur 49% der indigenen im Kontrast zu nahezu 90% aller 15-19jährigen Australier besuchten im Jahr 1991 eine Schule (ATSIC 1994c:9). Auffällige Stadt-Land-Disparitäten in bezug auf Schul besuchsquoten existieren insbesondere für männliche 16-17jährige Aborigines. Die 16jährigen männlichen Aborigines in städtischen Regionen nehmen eher Bildung in Anspruch (50.1%) als jene im ländlichen Raum (35.7%). Bei den 17jährigen sinkt die Partizipationsquote in städtischen Regionen auf 29% und in ländlichen Gebieten auf 17.9% (DEET 1994:28).
137 Mit Bildungsverhalten und Bildungsbeteiligung wird die Inanspruchnahme, d.h. der Besuch von Bildungs einrichtungen zu einem bestimmten Zeitpunkt, demnach noch laufende Prozesse, bezeichnet. Diese werden anhand verschiedener Indikatoren gemessen.
138 Schulbesuchsquoten bezeichnen den Anteil einer Altersgruppe (der Einwohner), welcher eine bestimmte Schulform besucht. Es stehen hier jedoch ausschließlich allgemeine Beteiligungsquoten bzw. Schulbe suchsquoten (participation rates) für Bildungseinrichtungen nach Altersgruppe zur Verfügung.
Die große Mehrheit der indigenen Schüler (88%) besucht staatliche Schulen; der nationale Anteil beträgt diesbezüglich 72% (DEET 1994:21-2).
Die Bildungsbeteiligung der nicht mehr schulpflichtigen 16-24jährigen Jugendlichen nach Art der Bildungsinstitution ist aus Abb. 27 ersichtlich. lndigene 16-24jährige Australier weisen in allen Bildungseinrichtungen weitaus niedrigere Beteiligungsraten auf. Die größten Diskrepanzen hin sichtlich dieses Indikators treten an der Universität und der Sekundarschule auf. Die Partizipa tionsrate der 16-24jährigen Aborigines an Universitäten beträgt weniger als ein Viertel derjenigen der nicht-indigenen Australier (vgl. DEET 1994:38-39).
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb. 27:
Bildungsbeteiligung der 16- 24jährigen nach Ausbildungsinstitutionen 1991
Quelle: DEET (1994:39}
Eigener Entwurf
7.1.2 Besuchsquoten in höheren Bildungseinrichtungen
Datenmaterial über den Besuch von tertiären Bildungseinrichtungen (Universitäten, Colleges)139 enthüllen ebenfalls bedeutende Unterschiede zwischen den beiden Ethnien. In der Altersgruppe der 15-24jährigen besuchen nur 8.6% der indigenen Bevölkerung eine tertiäre Bildungseinrich tung im Vergleich zu 21.2% der Nicht-Aborigines (ABSe 1993:12,22) (vgl. Abb. 28).
139 Tertiäre Ausbildungen bzw. Bildungseinrichtungen sind nicht mit postsekundären gleichzusetzen. Tertiäre Ausbil dungen sind auf Universitäten und Colleges of Advanced Education (CAE) begrenzt. Letztere bezeichnenz.B. auch berufspraktische Ausbildungen, wie man sie durch TAFE-lnstitutionen erwerben kann.
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb. 28:
Anteile der 15-24jährigen nach Bundesstaaten, welche 1991 eine tertiäre Bildungsinstitution besuchten
Quelle: ABSe (1993:22) Eigener Entwurf
Das überwiegend verstädterte ACT weist mit 19.2% die höchste Besuchsquote 15-24jähriger Aborigines an tertiären Bildungseinrichtungen auf. Die niedrigsten Quoten in Queensland (7.2%), Western Australia (7.3%) und im Northem Territory (7.6%) sind in diesen Bundesstaaten auf den größeren indigenen Bevölkerungsanteil in peripheren und ländlichen Regionen zurückzuführen. South Australia nimmt nach Tasmania die dritte Position mit über 12% ein. Auch bei nicht indigenen Australiern treten starke räumliche Disparitäten hinsichtlich der Beteiligung in tertiären Bildungseinrichtungen auf: Sie liegt hier ebenfalls am höchsten im ACT (30.9%), wobei die Quote dreimal so hoch wie im NT (10.2) ist, dessen Wert dem niedrigsten entspricht. Die größte Diskrepanz zwischen Aboriginal (7.3%) und nicht-Aboriginal (22.1%) Quote existiert in WA (ABSe 1993:22).14 0
ATSIC (1994:28) weist daraufhin, daß 40% der männlichen und 60% der weiblichen Aborigines im Alter von 15-24 Jahren, die als Nichterwerbspersonen verzeichnet wurden, gleichfalls keine Bildungsinstitution besuchten. Die entsprechenden Werte für nicht-indigene Personen liegen mit 8% und 24% erheblich niedriger.
7.1.3 Verbleibsquoten
Verbleibsquoten (retention rates)sind bei indigenen Schülern um etliches niedriger als für andere australische Schüler. Dies macht sich besonders ab dem Übertritt in das 10. Schuljahr bemerkbar. Zwischen 1989 und 1993 stieg der Anteil der indigenen Schüler, die bis zum 12. Schuljahr auf der Sekundarschule verblieben von 14% auf 25% an; für nicht-indigene Australier erhöhte sich der entsprechende Anteil von 58% auf 76%. Die Verbleibsraten weiblicher und
140 Die Anteile der 15-24jährigen, welche eine tertiäre Bildungseinrichtung besuchen, stehen nicht getrennt nach Hauptstädten und übrigen Landesteilen zur Verfügung.
männlicher Aborigines sowie nicht-indigener Australier in den Schuljahren 8 bis 12 sind in Abb. 29 zu erkennen (DEET 1994:24-26; vgl. ATSIC 1994b:19).
Abb. 29:
Verbleibsquoten auf Sekundarschulen (1988-92)
-
Die Kohorte des 12. Schuljahres im Jahr 1992 als Prozentanteil einer Kohorte, welche 1988 das 8.
Schuljahr besuchte
(QLD ausgeschlossen) Quelle: DEET (1994:25)
Eigener Entwurf
Schuljahr
Aboriginal Studenten verbleiben relativ zu den nicht-indigenen Studenten gesehen auch zu einem geringeren Ausmaß auf der Universität und erwerben folglich relativ weniger Abschlüsse. Die Art und Weise des Zugangs zu Universitäten ist beim Vergleich zwischen indigener und nicht-indigener Bevölkerung sehr unterschiedlich. Ein weitaus größerer Teil der nicht-indigenen Studenten schlossen das letzte Jahr der Sekundarebene auf einer Schule ab (36.6% gegenüber 13.7% für Aborigines). lndigene Studenten erwerben eine Zulassung zur Universität häufiger durch andere, sehr unterschiedliche Bildungsinstitutionen (DEET 1994:33-35)
Das DEET (1994:13) schätzt hinsichtlich der Dropout-Raten(Schulabbruchsraten), daß mindestens 25% der Aboriginal Schüler vor Beendigung des 10. Schuljahres von der Sekundar schule abgehen. Aborigines tendieren außerdem zu häufigerem unentschuldigten Fernbleiben von der Schule, was sich in ihren höheren Schulversäumnis-Quoten (truancy rates)abzeichnet (vgl. JONES 1993:444). GROOME (1994:148) berichtet von einer Studie, derzufolge in einem Stadtteil von Adelaide, 40% der Aboriginal Schüler im Jahr 1988 die Schule weniger als vier
Tage die Woche besuchten.14 1
Insgesamt weisen 45% der Aboriginal Schüler in Primarschulen (primary schools) signifikant niedrigere Leistungsniveaus in Schreiben, Lesen und Rechnen als ein durchschnittlicher australi scher Schüler (16%) auf. Dies trifft auch für die Sekundarschulen (secondary schoo/s)zu. Bei den nicht-indigenen Australiern liegen nur 1.6% unter dem durchschnittlichen Leistungsniveau. Die Stadt-Land-Disparitäten dieses Leistungsgefälles sind bei den Aborigines im Gegensatz zu den nicht-indigenen Schülern relativ stark ausgeprägt. In städtischen Regionen weisen 35%, in ländlichen und peripheren Regionen 43% der Aboriginal Schüler ein bedeutend niedrigeres
141 Es stand kein weiteres Datenmaterial über Dropout-und Schulversäumnisraten zur Verfügung.
Leistungsniveau als ein durchschnittlicher Schüler auf (DEET 1994:21-24,29; vgl. GROOME 1994:148).14 2
7.1.4 Schulabgangsalter
Die meisten indigenen Australier besuchen wie auch die meisten nicht-indigenen Australier die Schule höchstens bis zum gesetzlichen Mindestalter. 143 Es können auf der Grundlage der australischen Volkszählung große Unterschiede hinsichtlich des durchschnittlichen Schulab gangsalters (ageleaving school)zwischen indigenen und nicht-indigenen Personen verzeichnet werden (vgl. Abb. 30). 46% der Aborigines verlassen die Schule bevor sie 16 Jahre alt sind, d.h. noch im schulpflichtigen Alter, verglichen mit nur 36% der nicht-indigenen Australier (ABSe 1993:12,22).
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb. 30:
Durchschnittliches Schulabgangsalter 1991
Quelle: ATSIC (1993c:186}
Eigener Entwurf
Der Anteil der Aborigines, welcher vor dem Alter von 16 Jahren die Schule verläßt, ist bei den indigenen Australiern im ACT (31%) am niedrigsten und in Western Australia (51.7%) am höchsten, wobei diese räumlichen Disparitäten auch annähernd für die nicht-indigene Bevöl kerung zutreffen, allerdings auf einem niedrigeren Niveau. Das Northern Territory weist hierbei einen relativ niedrigen Prozentsatz auf, der im Zusammenhang mit dem hohen Anteil derjenigen gesehen werden muß, welche keine Schule besucht haben. Hinsichtlich der Untergliederung in Hauptstadt und restliche Landesteile eines Bundesstaates existieren nur geringe räumliche Unterschiede in bezug auf diesen Indikator (ABSe1993:22-23).
1 42 Daten über Abschlußquoten (Anteil einer Alters.9ruppe bzw. eines Schuleintrittsjahrganges, der eine bestimmte Schulform erfolgreich abgeschlossen hat} und Ubertrittsraten (transiüon rates)standen nicht zur Verfügung.
14 3 Das Pflichtschulalter variiert in den einzelnen Bundesstaaten zwischen 15 und 16 Jahren.
Der Anteil, welcher die Schule im Alter von 17 Jahren oder darüber verläßt, ist bei den Aborigines (17.3%) halb so groß wie bei den nicht-indigenen Australiern (34%). Für Aborigines ist dieser Anteil am höchsten im ACT (33.3%) sowie in Victoria (32%) und am niedrigsten in Tasmania (11.9%) (ABSe 1993:12).
Das häufigste Schulabgangsalter beträgt sowohl bei indigenen als auch nicht-indigenen Australiern 15 und 16 Jahre. Diese Ähnlichkeit verhüllt die Tatsache, daß Aborigines aufgrund ihrer Schulbesuchscharakteristika weniger formale Schulzertifikate erwerben als Nicht Aborigines. Somit ist der instrumentelle Wert des Schulbesuchs für viele - besonders ältere - Aborigines geringer als für nicht-indigene Australier. Aborigines erwartet ein Arbeitsplatz mit vergleichsweise niedrigerem Status, ganz gleich, wie lange sie auf der Schule bleiben (vgl. Abb. 31). Dies ändert sich erst beim Erwerb eines Schulabschlusses bzw. einer außerschulischen Qualifikation, die durch ein Zertifikat bestätigt wird. Es existiert bei den Aborigines eine relativ größere Diskrepanz zwischen ihrer durchschnittlichen Schulbesuchsdauer bzw. ihrem Schulab gangsalter und ihrem Ausbildungsniveau, da sie niedrigere Übertrittsraten und Abschlußquoten, aber höhere Schulabbruchs- und Versäumnisquoten als Nicht-Aborigines verzeichnen (vgl. JONES 1993:433,443). Das niedrigere Ausbildungs- und Qualifikationsniveau der Aborigines läßt eindeutige Rückschlüsse auf die durchschnittlich niedrigeren Einkommen im Vergleich zu den nicht-indigenen Australiern zu. JONES (1993:453) hebt hervor, daß die vergleichsweise niedrigeren Einkommen, welche Aborigines als Folge ihres Besuchs einer sekundären Bildungsinstitution erhalten, mit ihren mangelhafteren Schulleistungen konform gehen. Somit ist nicht nur die Anzahl der Schulbesuchsjahre von Bedeutung, sondern ebenso der Leistungsgrad bzw. die Bewertung des Schulbesuchs in Form von Zertifikaten und Zeugnissen (vgl. FISK 1985:11).
7.2 Ausbildungs- und Qualifikationsniveau
7.2.1 Allgemeines Ausbildungs- und Qualifikationsniveau
lndigene Personen besitzen ein sehr viel niedrigeres Ausbildungs- und Qualifikationsniveau als ihre nicht-indigenen Pendants. 80% der Aborigines im Alter von 15 Jahren und darüber haben keine postsekundäre schulische Qualifikation erworben, was in der Volkszählung mit "keine Qualifikation" (no qualification)gekennzeichnet wird. Dies steht im Kontrast zu 62% der nicht indigenen australischen Bevölkerung (ABSe 1993:13) (vgl. Abb. 31). Das Ausbildungs- und Qualifikationsniveauder Aborigines ist durch ein Stadt-Land-Gefälle geprägt. Im Hinblick darauf weisen diejenigen Aborigines, welche im ländlichen Raum leben, mit 82.1% einen höheren Anteil ohne Qualifikation als jene in den großstädtischen Verdichtungsgebieten mit 76.5% auf (TAYLOR 1993a:76-77).
Das Ausbildungsniveau besagt, welche Schultypen bzw. höhere Bildungseinrichtungen(und damit unterschied liche Ausbildungsebenen) erfolgreich abgeschlossen wurden. Es drückt diesbezüglich einen Endzustand aus.
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb.31:
Ausbildungs- und Qualifikationsniveau 1991
(Personen ab 15 Jahren)
Quellen: ABSe (1993:13)
TALOR (1993a:76)
Eigener Entwurf
Ein Anteil von 20% der Aborigines hat postsekundäre Qualifikationen erworben. Bei einer Gegenüberstellung ist dieser Wert 18% unter dem äquivalenten Wert der nicht-indigenen Bevölkerung (38%) angesiedelt. In den meisten Bundesstaaten besitzt ein doppelt so hoher Anteil der Mehrheitsbevölkerung postsekundäre Qualifikationen im Vergleich zur indigenen Bevölkerung (vgl. Karte 21). Der indigene Bevölkerungsanteil, welcher eine postsekundäre Qualifikation erworben hat, ist wiederum im ACT (26.5%) am höchsten, in Western Australia (17.7%), im Northern Territory und in Queensland Geweils 18.8%) am niedrigsten (ABSe 1993:22). In bezug auf den indigenen Bevölkerungsanteil mit einer postsekundären Qualifikation betragen die entsprechenden Durchschnittswerte 24% für die australischen Hauptstädte gegenüber 18.8% für die übrigen Landesteile eines Bundesstaates. Diese divergieren nicht erheblich in den einzelnen Bundesstaaten (ABSe 1993:23). 145
145 Die Werte der Bevölkerungsanteile, welche keine bzw. postsekundäre Qualifikationen erworben haben, wurden entsprechend auf- oder abgerundet, da die Angaben des ABS bzw. von TAYLOR (1993a) nicht exakt 100% ergeben.
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Karte 21:Bevölkerungsanteile mit post-sekundärer Ausbildung 1991 (in%)
Quelle: ABSe (1993:2.2-23)
Eigener Entwurf
Nicht-indigene Australier (12.8%) besitzen nahezu viermal häufiger tertiäre Qualifikationen bzw. höhere Abschlüsse von Universitäten oder Colleges of Advanced Education (CAE}14 6 (other diploma, bachelor degree, higher degreeldiploma) als indigene Australier (2.2%). Auch eine berufliche Ausbildung (vocational) ist bei den Nicht-Aborigines (13.5%) nahezu dreimal häufiger anzutreffen als bei den Aborigines (5.1%). Die vergleichenden Ausbildungs- und Qualifikations niveaus der beiden Ethnien sind aus Abb.31 zu erkennen (TAYLOR 1993a:76; ATSIC 1994c:9).14 7
Es existieren deutliche Disparitäten hinsichtlich des Stadt-Land-Gefälles der Ausbildungs- und Qualifikationsniveaus der beiden Ethnien. Außer dem leicht höheren Personenanteil mit einem Universitätsabschluß in den großstädtischen Verdichtungsgebieten variiert die Verteilung von unterschiedlichen Qualifikationsniveaus bei den nicht-indigenen Australiern nur wenig bezüglich der Siedlungsgröße. Andererseits wird bei den Aborigines ein erhebliches Stadt-Land-Gefälle deutlich, wobei das Qualifikationsniveau generell gesehen am höchsten in den Verdichtungsge bieten und am niedrigsten im ländlichen Raum ist (vgl. TAYLOR 1993:36).
146Die Colleges of Advanced Education (CAE)schließen die staatliche Lehrerbildung mit ein.
147 Tradecertificates bezeichnen vorwiegend anerkannte Fähigkeiten; sonstige Zertifikate (othercertificates) beziehen sich auf weniger geregelte Bereiche der postschulischen Ausbildung wie Büroarbeit (secretarial work)und Beschäftigung im Gastgewerbe (hospital industry);Graduierten- (postgraduate) ,bache/or-und Diplomab schlüsse sind auf Universitäten und Collegesbeschränkt (vgl. JONES 1993:427).
7.2.2 Aborigines ohne Schulbildung
Die indigenen Personen im Alter von 15 Jahren oder darüber, welche angaben, daß sie überhaupt keine Schule besuchten, summieren sich auf 4.6% der indigenen Bevölkerung (ABSe 1993:12). 149 Bei den übrigen Australiern gaben nur 0.9% an, keine Schule besucht zu haben. Sehr hohe Werte für die indigene Bevölkerung verzeichnen das Northern Territory und Western Australia, wo 13.4% bzw. 9.1% keine Schule besuchten. Auch South Australia liegt mit 5.8% noch über dem indigenen Durchschnitt, wohingegen die stärker verstädterten Bundesstaaten wie New South Wales (1.6%), Victoria (1.8%), Tasmania (0.7%) und das ACT (1.8%) Anteile von unter 2% aufweisen (ABSe 1993:22). Diese räumlichen Disparitäten sind besonders beim Vergleich zwischen den Hauptstädten und den ländlicheren Landesteilen der einzelnen Bundesstaaten zu beobachten. Es fällt auf, daß sich die hohen Anteile der Aborigines ohne Schulbildung hauptsächlich auf die Landesteile außerhalb der Hauptstadt konzentrieren. Während der Anteil derer, welcher keine Schule besucht hat, in Darwin nur 3.2% beträgt, liegt er im restlichen Northern Territory bei 15.3%. Auch in Western Australia ist der Kontrast sehr ausgeprägt mit Werten für Perth von nur 1.9% und für das ländlichere WA von 11.8%. Die entsprechenden Werte für South Australia liegen bei 1.5% für Adelaide und 7.8% für das ländlichere South Australia. Dies sind hauptsächlich diejenigen Bundesstaaten, welche einen hohen indigenen Bevölkerungsanteil in ländlichen und entlegenen Regionen aufweisen. Die stärker verstädterten Staaten wie New South Wales, Victoria und Tasmania zeigen kaum räumli che Disparitäten hinsichtlich des Bevölkerungsanteils ohne Schulbildung ab 15 Jahren (ABSe 1993:23) (vgl. Karte 22) .
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Karte 22:Bevölkerungsanteile ohne Schulbildung 1991
Quelle: ABSe (1993:22-23}
Eigener Entwurt
148 Mit Personen ohne Schulbildung weist die Vokszählung diejenigen aus, welche keine Schule besucht haben. Man kann davon ausgehen, daß die meisten Aborigines, welche niemals eine Schule besucht haben, Analphabten sind. Diese Annahme ist vertretbar, da besonders hohe Quoten für Aborigines in ländlichen und peripheren Regionen zu verzeichnen sind. Diese besitzen bzw. besaßen meist eine große soziale Distanz hinsichtlich formeller Bildungseinrichtungen. Es ist davon auszugehen, daß insbesondere ältere Aborigines keine Schule besucht haben, da ihnen in früheren Zeiten kaum Bildungsmöglichkeiten zur Vertügung standen (vgl. Kap. 3.2.6)
149 vgl. ABSe (1993:22} mit 5.1%; die Werte von ABSe (1993) und AEDP (1994) stimmen nicht exakt überein.
7.3 Sprachkenntnisse
Die Muttersprache zahlreicher Aborigines ist nicht Englisch, sondern eine traditionelle Aboriginal Sprache. Mangelhafte Englischkenntnisse, wie man sie bei der indigenen Bevölkerung häufig vorfindet, stellen ein großes Hindernis im Hinblick auf ihre Beschäftigungschancen und ihren Zutritt in höhere Berufspositionen auf dem australischen Arbeitsmarkt dar. Sie reduzieren ihre Aussicht auf eine Arbeitsstelle außerordentlich, da sich zwangsläufig Kommunikations schwierigkeiten ergeben (vgl. Kap. 4.2.2.4). Diese Tatsache bestätigen zahlreiche Autoren (z.B. JONES 1990/1991; DALY et al. 1993). Englischkenntnisse wurden in der Volkszählung von 1991 auf die Art gemessen, indem diejenigen Personen, welche eine andere Sprache als Mutter sprache angaben, gefragt wurden, wie gut sie Englisch sprechen. Ein Drittel der Aborigines, welche eine indigene Sprache sprechen, ist in der englischen Sprache "nicht gut" oder "über haupt nicht" bewandert. Dieser Anteil ist am höchsten in South Australia (45%) und im Northern Territory (38%) (ABSe 1993:14) (vgl. Karte 23).
Insgesamt gab ein Fünftel der Aborigines an, daß seine Muttersprache eine traditionelle indigene Sprache ist. Dies trifft vor allem auf indigene Australier in peripheren und ländlichen Regionen zu. Im Northem Territory ist der Anteil am höchsten, da dort 79% der indigenen Bevölkerung ab dem Alter von 5 Jahren eine Aboriginal Sprache als erste Sprache ausweisen. Dem folgen South Australia und Western Australia mit ungefähr einem Viertel ihrer Bevölkerung. In den zu einem größeren Grad verstädterten Bundesstaaten New South Wales, Victoria und Tasmania kommt es sehr viel seltener vor, daß Aborigines eine indigene Sprache als Muttersprache haben (unter 2%) (ABSe 1993:14) (vgl. Karte 24). 150
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Karte 23:
Englische Sprachkenntnisse der Aborigines 1991
Quelle: ABSI (1994:25)
Eigener Entwurf
150 Mit der großen Bedeutung der (Mutter-)Sprache bezüglich der Bildung für Aborigines hat sich CHRISTIE (1985) auseinandergesetzt.
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Karte 24:
Anteile der Aborigines mit traditioneller Muttersprache 1991 (in%)
Quelle: ABSe (1993:20-21)
Eigener Entwurf
7.4 Statistische Gewichtung des Faktors Ausbildung
Im folgenden soll der Faktor Ausbildung auf der Grundlage der Untersuchung von DALY et al. (1993)15 1 statistisch gewichtet werden. Der Faktor Ausbildung wird von den Autoren auf zweierlei Arten quantifiziert: Zum einen durch das Schulabgangsalter und zum anderen durch das Qualifi kationsniveau. Das Ergebnis bestätigt die positive Auswirkung des Ausbildungsniveaus auf den Erwerbsstatus. Aborigines mit einer höheren Ausbildung gehen viel eher einer Vollzeitbeschäfti gung nach und besitzen eine geringere Wahrscheinlichkeit, arbeitslos bzw. nicht am Erwerbs leben beteiligt zu sein als Aborigines mit einer niedrigeren Ausbildung. Viele der extrahierten Indikatoren treffen in einem deutlich höheren Maße für die indigene Bevölkerung zu. wodurch ihr allgemein niedrigerer sozio-ökonomischer Status, insbesondere ihre hohe Arbeitslosigkeit, teilweise erklärt werden kann.
Die Bedeutung einer tertiären Qualifikation wirdbesonders für weibliche Aborigines herausge stellt. Diese Qualifikationen erhöhen deren Aussicht auf eine Vollzeitbeschäftigung sogar um ein größeres Maß als für nicht-indigene Frauen. Die wichtigsten Variablen, welche die Wahrschein lichkeit einer Vollzeitbeschäftigung für Frauen bestimmen, sind (relativ zur Wahrscheinlichkeit. arbeitslos zu sein) erstens, "keine Abhängigen (dependants)zu besitzen" und zweitens, "eine weitere (Bildungs-)Qualifikation erworben zu haben". Betrachtet man alle Frauen, weisen diejeni gen eine besonders hohe Wahrscheinlichkeit auf, nicht am Erwerbsleben beteiligt zu sein,
151 Diese Berechnungen führten DALY et al. (1993) mit Hilfe einer multinomialen Regressionsgleichung auf der Grundlage der Volkszählung von 1986 mit einer geschichteten Stichprobe von jeweils 25.000 Aborigines und
Nicht-Aborigines durch.
welche die Schule vor dem Alter von 15 Jahren abgebrochen hatten bzw. diejenigen, welche verwitwet, getrennt lebend oder geschieden sind.
Für die Männer sind die beiden an erster Stelle rangierenden Variablen sogenannte Bildungs faktoren: "Die Schule nach dem Alter von 16 Jahren zu verlassen" (dies war weniger wichtig je älter das Individuum war) und "eine (Bildungs-)Qualifikation zu besitzen". Eine bessere Qualifi kation erhöht die Wahrscheinlichkeit einer Vollzeitbeschäftigung um durchschnittlich 52 Prozent punkte. Sowohl für indigene als auch nicht-indigene Männer ist die Wahrscheinlichkeit höher, nicht am Erwerbsleben beteiligt zu sein als der entsprechende Durchschnitt, wenn sie ein niedriges Ausbildungsniveau aufweisen. Dies verstärkt sich weiterhin, wenn sie vier oder mehr Abhängige zu versorgen haben oder in ländlichen Gebieten leben. Die Variablen, "keine Qualifi kation besitzen", "die Schule vor dem Alter von 17 Jahren verlassen" und "in einer ländlichen Region leben", erhöhen die Wahrscheinlichkeit eines männlichen Aborigines, in die Arbeitslosen Kategorie zu fallen. Die Aussicht auf eine Vollzeitbeschäftigung liegt in der Studie für einen männlichen Aborigine 15 Prozentpunkte niedriger als für einen "durchschnittlichen" männlichen Australier. Die Wahrscheinlichkeit für einen männlichen Aborigine mit einer höheren Qualifikation und sämtlichen anderen Charakteristika des Durchschnittsmannes, einer Vollzeitbeschäftigung nachzugehen, ist 35 Prozentpunkte höher als diejenige des durchschnittlichen Aborigines in der Stichprobe. Dies verdeutlicht den hohen Stellenwert der Ausbildung.
Besonders prägnant wird der Unterschied im Hinblick auf die älteren Jahrgänge: Die über 50jährigen Aborigines erreichen einen erheblich niedrigeren Ausbildungsstand als die ihrer nicht indigenen Pendants. Ungefähr ein Viertel dieser indigenen Altersgruppe hat keine Schule besucht im Vergleich zu weniger als 2% der entsprechenden Nicht-Aborigines. Über 90% der älteren Aborigines können keine Qualifikation aufweisen. Dieses niedrige Ausbildungsniveau wirkt sich erheblich auf die Beschäftigungsarten bzw. Berufspositionen aus, welche den erwerbstätigen Aborigines zur Verfügung stehen. Nahezu die Hälfte der erwerbstätigen indige nen Männer und Frauen arbeiten als Arbeiter, einer Kategorie, welche bei den übrigen beschäf tigten Australiern über 50 Jahre mit weniger als 20% besetzt war (vgl. DALY et al. 1993:5-19).
Die Autoren ALTMAN/HAWKE (1993:4) kommentieren die Auswirkungen des niedrigen Ausbildungsniveaus der Aborigines auf ihren Beschäftigungsstatus wie folgt: "lf employers screen employees on the basis of educational attainment (...) than indigenous Australians are around 50 per cent more likely than other Australians to be rejected before they get a job interview."
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb.32:
Auswirkungen des Schulbesuchs auf den sozio-ökonomischen Status 1986
("Netto-Effekte"; die Einflüsse wurden für Arbeiter mit minimalen Schulerfahrungen, jedoch mit ansonsten durchschnittlichen Charakteristika ihrer Gruppe bewertet) Quelle: JONES (1991:37)
7.5 Fördermaßnahmen im Bildungswesen
In den 1960er Jahren verstärkte sich weltweit das allgemeine Interesse und die Toleranz hinsichtlich indigener Angelegenheiten, wdurch auch Bildungsmöglichkeiten für Kinder von Minoritäten und indigenen Gruppen in das Blickfeld rückten (vgl. GROOME 1994:147; BROOME 1982:177). Die wichtigsten Veränderungen bezüglich der Bildungssituation australischer Aborigines fanden seit Beginn der 1980er Jahre statt. In der Humankapital-Theorie wurde der Zusammenhang zwischen Beschäftigungs- und Ausbildungsniveau hergestellt. Als politische Reaktion wurde im Rahmen der AEDPdie National Aboriginal and TSI Education Policy (NAEP) (Commonwealth of Australia 1989) ausgearbeitet. Ihre Hauptzielsetzungen sind die Anhebung der Bildungsbeteiligung der Aborigines auf das Niveau der übrigen Australier auf allen Bildungs ebenen, die Erzielung gleicher bzw. angemessener Ergebnisse im Bildungsbereich, die Schaf fung gleicher Zugangsmöglichkeiten für Aborigines hinsichtlich Bildungsinstitutionen und die För derung indigener Beteiligung an der Entscheidungsfindung in Bildungsfragen (vgl. DEET 1994:1) (vgl. Kap.6.2). Im Zusammenhang mit dem Zugang zum formellen Arbeitsmarkt wird eine Umsetzung dieser Politik vor allem durch einen zunehmenden Erwerb von Zertifikaten auf höheren Bildungsebenen gemessen (vgl. TAYLOR 1993a:35). Die NAEPist nach KEEFFE (1992:172) "... the first (national) Australian educational policy to develop a cross-sectoral, strategic, outcome-oriented approach." Das CommonwealthDepartmentofEmployment,Educationand Training (DEET)begann somit erst nach der Erscheinung des MILLER -Reports(1985) und der Einführung der AEDPim Jahr 1987 ernsthaft damit, eine Politik sowie Strategien in den Bereichen Berufsausbildung, Community-Managementund höherer Bildungsprogramme für Aborigines zu entwickeln (vgl. FOLEY/FLOWERS 1991:54-55).
In den letzten Jahren führte die australische Bundesregierung unterschiedliche Maßnahmen ein, um diese Zielsetzung zu erreichen. Sie verwaltet eine Reihe von Förderprogrammen für Schüler und Studenten, welche auf die besonderen Bedürfnisse der Aborigines ausgerichtet sein sollen. Trotz erheblicher Kritik an der NAEPhaben diese Initiativen zu verbesserten Möglichkeiten für Aborigines im Bildungsbereich beigetragen. Man hat außerdem lokale Aktionsgruppen und Elternkomitees in Schulen mit bedeutendem indigenen Anteil gegründet. lndigene Personen wer den zunehmend in Schlüsselpositionen beschäftigt Zu weiteren wichtigen Initiativen zählen die Gründung von Aboriginal Bildungsgremien für indigene Bildungsfragen auf der Ebene des Bil dungsministeriums und die Errichtung staatlicher Bildungsabteilungen für Aborigines. Das Natio nal Aboriginal Education Committee(NAEC)entwickelte außerdem Lehrerausbildungsprogram me für Aborigines. Das Angebot an Aboriginal Studienkursen weitete man stark aus. Außerdem führte man vereinzelte - indes bedeutsame - bilinguale und bikulturelle Bildungsprogrammme ein und arbeitete spezielle Lehrpläne und Lernmaterialien aus (vgl. FOLEY/FLOWERS 1991:65-66; GROOME 1994:153; MATTINGLEY/HAMPTON 1992:109; KEEFFE 1992:97,169).
7.5.1 Allgemeine Förderprogramme
Zu den wichtigsten Förderprogrammen für Aborigines zählen das Aboriginal Secondary Assistance-(ABSEC) Programm und das AboriginalStudy Assistance-(ABSTUDY)Programm, welche durch das DEETverwaltet werden. Das ABSEC-Programm soll indigenen Schülern mehr Möglichkeiten auf der sekundären Ausbildungsebene garantieren. Es bietet z.B. eine Reihe finanzieller Unterstützungen für Internatsaufenthalte. Das ABSTUDY-Programm umfaßt finanzi elle und tutoriale Unterstützung für die meisten Kurse, welche von Universitäten, Technica/ And Further Education (TAFE)-Collegesund anderen postsekundären Institutionen angeboten werden. ABSTUDYfinanziert sowohl Kurse, die von Institutionen und Organisationen als auch solche. die von Individuen angeboten werden, um auf spezielle Bedürfnisse einzelner Gruppen bzw. Individuen einzugehen, für die keine anderen geeigneten Kurse zur Verfügung stehen (vgl. ABSi 1993:39-40). Aboriginal Studenten, welche den vollen Anspruch auf ABSTUDYbesitzen. erhalten das gleiche Maß an Unterstützung wie nicht-indigene Australier unter AUSTUDY.1991/1992 wurden etwa 52.000 indigene Studenten im Rahmen von ABSTUDYunterstützt. "The availability of ABSTUDY and ATAS [Aboriginal Tutorial Assistance Scheme]recognises the continuing effects on Aboriginal and TSI people of the denial of educational opportunities throughout much of Australia's history. These programs also reflect government concern about continuing disadvantage experienced by Aboriginal and TSI people in their access to education" (HRSG 1992:272).
Das HRSG (1992:16) macht auf die Zunahme der Verbleibsraten im 12. Schuljahr (year 12 retention rates)von 9% (1980) auf 33% (1991) im Hinblick auf das ABSTUDY-Programmaufmerksam. Die Beteiligung in higher education award coursesist von 850 (1982) auf 2.700 (1989) angewachsen (AEP 1989 in: FOLEY/FLOWERS 1991:66-67). "This [ABSTUDY] has
made a major contribution to improving the extent and quality of education for Aboriginal youth"
(HRSC 1992:271). Auch nach KEEFFE (1992:169) zu urteilen, gibt es aufgrund der gestiegenen indigenen Beteiligung in Bildungsinstitutionen Anlaß zu Optimismus. Die Anzahl indigener Studenten, welche eine nachschulische bzw. tert.iäre Ausbildung unter dem ABSTUDY-Pro gramm in Anspruch nahmen, belief sich 1986 auf 20.111, was einer Zunahme im Vergleich zum Jahr 1982 von über 100% entspricht. Während hiervon 1.307 Studenten in Kursen mit higher degrees,bachelor's degreesoder Diplomabschlüssen eingeschrieben waren, erhielten die restlichen 18.804 Studenten Unterstützung, um auf einer niedrigeren Ebene zu studieren oder, um sich in Kurse einzuschreiben, welche nicht zu einem anerkannten Gewerbe oder Beruf mit hoher Qualifikation (professional qualification)führen (=non-accredited courses).Im selben Jahr empfingen 48.2% der indigenen Studenten eine staatliche Unterstützung durch ABSTUDYfür die Belegung von Kursen, die bestenfalls mit "Persönlichkeitsentwicklung" umschrieben werden können. JONES (1993:442) spricht die geringe Effektivität dieser Bildungsprogramme für Aborigines an und weist daraufhin, daß sich selbst das ABSTUDY-Programmvorwiegend auf Kurse konzentriert, durch welche keine formellen Qualifikationen erworben werden können. Die oftmals geringe Effizienz dieser Maßnahmen für Aborigines im Bildungssektor führt somit nur selten zu höheren Beschäftigungschancen auf dem Arbeitsmarkt.
ATASbietet Schülern und Studenten aller Ausbildungsebenen eine finanzielle Unterstützung für Nachhilfeunterricht in Standardfächern. Durch dieses Programm wurden 1991-92 etwa 30.000 indigene Schüler und Studenten unterstützt (HRSC 1992:272). Weitere Maßnahmen umfassen die Bereitstellung von Geldern, welche einzelnen Staaten und Territorien durch das Aboriginal Education Strategie Initiatives Program {AESIP) zugute kommen. Dieses Programm ist für spezielle Bildungssysteme wie kirchliche und private Schulen und einige ausgewählte Primar schulen konzipiert, um Aboriginal-orientierte Bildungsprogramme durchzuführen. Weitere Beispiele für staatliche Unterstützungen im Bildungssektor umfassen ein Fast Track Programfür den Eintritt von indigenen Schülern in die Jahrgangsstufe 11, die Einstellung einer größeren Lehrerzahl in räumlich isolierten district high schoolsfür den Unterricht in höheren Klassen und die Unterstützung von Aboriginal Schülern zur Ermöglichung des Vollzeitprogrammes der Klassen 8 bis 12 (vgl. ABSi 1993:39-40). 152
7.5.2 Höhere Bildungsebenen
Universitäten und andere Institutionen des höheren Bildungswesens reservieren Plätze speziell für indigene Studenten. Die normalen Zugangsbedingungen werden für Aborigines häufig entweder nicht angewendet oder zumindest erleichtert. Die meisten dieser Institutionen haben spezielle Fördermaßnahmen für Aboriginal Studenten eingerichtet. Eine bedeutende Facette sind die "Brücken-Kurse" {bridgingcourses/access courses)für Aborigines, welche ihnen den Eintritt in weiterführende Bildungseinrichtungen ermöglichen und erleichtern sollen. Beispiele sind die Aboriginal University Orientation Courses auf der Universitätsebene. Im Jahr 1992 hatte
152 Außerdem soll das VocationalEducationalGuidance forAboriginals Scheme(VEGAS)und das Aboriginal Student Support andParent Awareness-Programm erwähnt werden (DEET 1993).
sich die Anzahl der indigenen Studenten, welche in Orientierungskursen an Universitäten Western Australias eingeschrieben waren, im Vergleich zu 1988 nahezu verdreifacht; der Anteil der Frauen lag bei 65% (vgl. ABSi 1993:36; FOLEY/FLOWERS 1991:62-66).
Etliche tertiäre Bildungseinrichtungen haben spezielle akademische Programme für Aborigines entwickelt. Beispiele sind die Aboriginal Task Force, welche Studenten unterstützt, tertiäre Qualifikationen am South Australian Institute of Technologyzu erwerben. Hier ist es möglich, Zertifikate, Diplome oder anderweitige Abschlüsse in Community-Entwicklung, Sozialarbeit oder Betriebswirtschaft zu erlangen. Seit 1983 existiert die Möglichkeit für den Abschluß eines Bachelor of Artsin Aboriginal Affairs Administration.Außerdem führte man verschiedene Aboriginal Studienkurse in Collegesein, z.B. das Aboriginal Teacher Education Programim AboriginalStudies and Teacher Education Centream South Australian College of Advanced Education.Letzteres bietet diploma-und degree-Kurse in Aboriginal Studiesfür Studenten beider Kulturen an (vgl. MATTINGLEY/HAMPTON 1992:108-109). Die Anzahl der Aboriginal Studenten an australischen Universitäten nahm von 52 Studenten im Jahr 1976 auf 5.105 im Jahr 1992 zu (KEEFFE 1992:168-69; GROOME 1994:155). Nahezu zwei Drittel der indigenen Universitätsstudenten studieren Kunst, Geistes- und Sozialwissenschaften (34.6%) und Pädago gik (30.6) (DEET 1994:14).
Ein Großteil der Anstrengungen im höheren Bildungswesen wurde im Bereich der Lehreraus bildung durch das NAECunternommen. Die Anzahl der indigenen Studenten, welche Lehreraus bildungskurse abschlossen, nahm von 119 (1988) auf 176 (1990) zu; 1992 gab es dem HRSC (1992:16) zufolge über 800 Aborigines, welche als Lehrerassistenten in australischen Schulen und Vorschulen beschäftigt waren. In Ernabella (SA) wurde 1984 das Anangu Teacher Education Programme (ANTEP) gestartet. Diesen zweisprachigen Kurs, in dem überwiegend Pitjantjatjara als Unterrichtssprache verwendet wird, kommentieren MATTINGLEY/ HAMPTON (1992:109) mit folgenden Worten: "... lt is an important innovation, unique to South Australia, designed specifically for traditionally oriented people, who want to teach in the North West of the State."
7.5.3 Erwachsenenbildung
In den letzten zwei Jahrzehnten wurde eine Reihe von Initiativen gestartet und Institutionen gegründet, um das Ausbildungs- und Qualifikationsniveau indigener Erwachsener zu erhöhen. Das spezialisierte Bildungsangebot reicht von einer para-professional-Ausbildungbis zu kurz fristigen Vorbereitungskursen für den Universitätseintritt. Die Erwachsenenbildung für Aborigines wird hauptsächlich durch das TAFE-System (Technicaland Further Education)des Commonwealth angeboten. TAFEbesitzt das räumlich dichteste Netz an Institutionen hinsichtlich der Erwachsenenbildung. Es nimmt bei der indigenen Minderheit einen hohen Stellenwert in bezug auf Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten ein. Die Beteiligung der 16-24jährigen Aborigines an TAFEist höher als die nicht-indigener Australier. TAFEumfaßt ein sehr breites Fächer-
spektrum. Die meisten Kurse sind allgemein anerkannt und standardisiert. Annähernd 40% der indigenen TAFE-Studenten sind im Vergleich zu lediglich 15% der nicht-indigenen Australier in Grundbildungs- und Vorbereitungskursen (multi-field education) involviert. 153 Die anderen Aborigines konzentrieren sich in zwei Bereichen: Unternehmensführung, Verwaltung und Wirtschaft (17.1% gegenüber 24.3% der Nicht-Aborigines) sowie in Kunst, Geistes- und Sozial wissenschaften (10.5% versus 8.8% der Nicht-Aborigines). Ein wesentlich geringerer Anteil der indigenen TAFE-Studenten belegt trade courses oder höhere Ausbildungskurse als Nicht Aborigines. Etwa 55% der Aborigines, die sich an TAFEbeteiligen, belegen Kurse, welche auf einem niedrigen Niveau angesiedelt sind. Im Vergleich mit den nicht-indigenen Australiern sind sie in para-professional-Kursen unterrepräsentiert. lndigene Studenten nehmen in TAFElnstitutionen hingegen zu einem größeren Anteil eine Vollzeitausbildung in Anspruch als Nicht Aborigines. TAFE-Colleges bieten Zertifikate auf vier Ausbildungsebenen an: Certificate, advanced certificate, associate diplomaund ein diploma.Die Unterschiede hinsichtlich der erworbenen Zertifikate sind in Abb. 33 dargestellt (vgl. DEET 1994:14,29ff; ATSIC 1994:31ff; FOLEY/FLOWERS 1991:62).1 54
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb.33:
Kurswahl von Schülern/Studenten an TAFE-Colleges1992
(13.672 Aborigines,
418.051 Nicht-Aborigines)
Quelle: DEET (1994:31)
Eigener Entwurf
Zwei der auf die Aus- und Weiterbildung der indigenen Bevölkerung hinzielenden Programme der australischen Regierung sind das Training for Aboriginals Program (TAP) 155 und das Community Training Program.1:13Zusätzlich konzentrieren sich mehrere andere Programme, z.B. Elemente des Employment Access Program wie Jobtrain, Jobstart, Early Interventionetc., auf die Ausbildung arbeitsloser Aborigines, um ihnen den (Wieder-)Einstieg in den australischen Arbeitsmarkt zu erleichtern. Diese Programme tendieren jedoch zur Wirkungslosigkeit, wenn grundlegende Fähigkeiten (besonders die Lese- und Schreibkundigkeit) nicht erworben wurden. ALTMAN/HAWKE (1993:4) plädieren für eine zusätzliche Politik, um indigene Australier zu
153 Das Datenmaterial bezieht sich auf das Jahr 1992.
154 HARVEY/McGINTY (1988) beleuchten Thematiken der indigenen Erwachsenenbildung. TAPwird durch das OEETverwaltet.
155 Das CommunityTrainingProgramwird durch A TS/C verwaltet.
einem Schulabschluß zu ermutigen. Denn das Ziel der Programme besteht darin, die indigenen Beschäftigungsmöglichkeiten zu verbessern und dadurch, mittel- bis langfristig gesehen, ihren sozio-ökonomischen Status zu erhöhen (vgl. Kap. 6.2).
7.6 Von Aborigines kontrollierte Bildungseinrichtungen
Ein Großteil der Aborigines fordert Alternativen zu den herkömmlichen Bildungsmöglichkeiten in Australien. Bisher existieren jedoch relativ wenige unabhängige, von Aborigines kontrollierte, in der Community lokalisierte (community-based}Bildungseinrichtungen. Die Zahl unabhängiger Aboriginal Schulen in Australien beläuft sich aufgrund fehlender Finanzmittel nur etwa auf ein Dutzend (vgl. FOLEY/FLOWERS 1991:62; GROOME 1994:154).
In einigen Regionen haben indigene Eltern die Initiative in die Hand genommen, um die vollstän dige Kontrolle über die Bildung ihrer Kinder zu erlangen. Eltern und Mitglieder der town camp Communitiesvon Alice Springs gründeten im Jahr 1978, unter Kontrolle des AboriginalCommunity Council,die unabhängige Aboriginal Schule Yipirinya in Alice Springs (NT). Dies stellt ein Versuch dar, sich dem weißen Schulsystem mitsamt den dadurch vermittelten Werten zu entziehen. Das Lehrprogramm basiert auf einem zweisprachigen Unterricht und einem bikul turellen Bildungskonzept (two way education). 157 Ziel dieser Programme ist, die Identität der Kinder und anderer Community-Mitglieder, die in die Erziehung miteinbezogen sind, zu stärken. Das eigene kulturelle Wertesystem, die eigene Identität, das traditionelle Wissen und die Spiritualität sollen auf der Grundlage einer holistischen Weltanschauung erhalten und gekräftigt werden. Der Akkulturationsprozeß in die Mehrheitsgesellschaft soll vorsichtiger als bisher verlaufen (vgl. Kap. 4.1). Die Regierung des Northern Territory erkannte Yipirinyaim Jahr 1983 als unabhän-gige Schule innerhalb des NT-Schulsystems an. Dies verschaffte der Schule einen offiziellen Status sowie finanzielle Zuschüsse. 158
Andere Aboriginal Communities,vor allem in Western Australia, haben ebenfalls in jüngster Zeit eigene Schulen gegründet. Private Aboriginal Vorschulen, Schulen und Collegeserhalten finan zielle Unterstützungen. In einigen staatlichen Aboriginal Schulen wie z.B. in Yirrkala im NT ist die Mehrheit des Lehrpersonals, einschließlich der Direktoren, indigener Abstammung. Die Yirrkala Schule unternahm den Versuch, Wissen, Lehrmethoden und Werte nach Aboriginal und
158 HARRIS (1984/1990) befaßt sich ausführlich mit der Themati( des bikulturellen Ausbildungssystems.
Die Angaben stammen aus persönlichen Interviews. Die primary school Yipirinya hatte zu dem Zeitpunkt 133 Aboriginal Schüler, die überwiegend in den towncampsvon Alice Springs leben. Ein Großteil von ihnen hat eine Aboriginal Sprache zur Muttersprache, worauf der Unterricht abgestimmt ist Die Schule lehrt die traditionellen Strukturen der Arremte, Luritja und Waripiri Zentralaustraliens. Charakteristisch ist der holistische Ansatz in Unterrichtspraxis und -theorie, der "nicht-autoritäre" Unterrichtsstil und die offene und lebendige Klassenraum gestaltung. Mit der Zeit wird freier umgegangen. Treten Probleme in ihrem Wohnumfeld, den town camps ,auf, ist es ihnen erlaubt, von der Schule fernzubleiben. Sozialen Thematiken mißt man eine größere Bedeutung bei als dem Lernen selbst und integriert sie in den Unterricht Die nicht-lndigenen Lehrer(innen) erhalten eine zusätzliche Ausbildung über die Kultur der Aborigines. Yipirinyaund das InstituteforAborigina/ Development (/AD) veranstalten spezielle Workshops für Lehrkräfte, die In entlegenen Aboriginal Communitiesin Zentral australien arbeiten (YipirinyaSchool,Elizabeth Jones (nicht-indigene Lehrerin), Maureen Trindale (Aboriginal Direktorin) und Maggie Wallace(Curriculum-Koordinatorin), 8.6.94 in Alice Springs).
westlichen Vorstellungen in das Curriculum zu integrieren. "They believe that it is possible to have 'both ways· working together" (GROOME 1994:154). Das alternative Konzept, welches man derzeit in den Pitjantjatjara-Schulen (SA) praktiziert, schließt diese Integration aus und besteht auf der völligen Trennung von indigener und nicht-indigener Bildung (vgl. GROOME 1994:153-54; FOLEY/FLOWERS 1991:65-66).
Weitere Beispiele für von Aborigines kontrollierte Bildungseinrichtungen sind das Tranby Aborigina/ Cooperative College in Sydney und das AboriginalCommunity Collegein Adelaide. Sie bieten Möglichkeiten zur "Selbstentwicklung" und zum Erwerb von Fähigkeiten und Kenntnissen beider Kulturen. Das Tranby AboriginalCooperative Collegebietet z.B. in Zusam menarbeit mit der Macquarie Universityeinen Studiengang für das Management von Aboriginal Communitiesan (vgl. MATTINGLEY/HAMPTON 1992:107-108).
Das Institutefor Aboriginal Development (/AD) in Alice Springs ist ebenfalls ein von Aborigines kontrolliertes Bildungs- und Versorgungszentrum für Erwachsene, welches umfassende Bil dungsangebote für Aborigines in Zentralaustralien bereithält. Es fungiert zugleich als language centerder Region. Das /AD bietet z.B. Kurse in den Bereichen Grundbildung, allgemeine Bildung, Hauswirtschaft, Sprachen, Kultur und Umwelt sowie für Führungskräfte an, die im Management von Aboriginal Organisationen beschäftigt sind. Da Aborigines selbst die meisten Kurse leiten, findet die indigene Bevölkerung einen leichteren Zugang zu den Bildungs möglichkeiten. Nicht-Aborigines können an sogenannten cultural awareness courses teilneh men. Das Bildungszentrum ermöglicht lokalen Aborigines ebenfalls, mit Hilfe eines Kontakt netzes mit der Universityof South Australia,höhere Ausbildungszertifikate zu erwerben (z.B. in
Aboriginalstudies).159
In der National Aboriginal and lslander Skills Development Association (NAISDA) in Sydney erhalten Aborigines die Chance, ein Diplom in Aboriginal Tanz und Theater zu erwerben. Dieser künstlerische Ausbildungszweig nimmt einen zunehmenden Stellenwert für Aborigines ein, da Beschäftigungsmöglichkeiten in Kunstgewerbe, Malerei, Tanz, Literatur und Musik ein allgemein anwachsendes Interesse erfahren (vgl. Kap. 4.2.2.3).
7.7 Ursachengefüge und Wechselwirkungen
Auf das Ursachengefüge der unbefriedigenden Bildungssituation der Aborigines soll näher eingegangen werden, da das Ausbildungs- und Qualifikationsniveau ein entscheidender Einfluß faktor hinsichtlich ihrer sozio-ökonomischen Benachteiligung darstellt. Das Ausbildungs- und Qualifikationsniveau korreliert stark mit dem Erwerbs- und Beschäftigungsstatus sowie den Einkommensverhältnissen. Für das Versagen indigener Kinder in europäisch geprägten Schulen können eine Reihe tiefgründiger Ursachen extrahiert werden. Im Rahmen dieser Arbeit wird dem
159 Die Informationen über das Institute for Aboriginal Development (IAD)wurden mir in persönlichen Interviews von Mitarbeiterinnen des /ADmitgeteilt (3.6.94 in Alice Springs).
Bestimmungsgrund der sozio-kulturellen Distanz ein übergeordneter Stellenwert beigemessen. Weiterhin wird die räumliche Distanz hinsichtlich Bildungseinrichtungen erörtert. Mangelnde Chancen der indigenen Australier auf dem Arbeitsmarkt resultieren außerdem aus einem Widerstand indigener Schüler gegenüber der Schule und aus fehlender Motivation. 160
7.7.1 Räumliche Distanz
Bildungseinrichtungen bzw. Möglichkeiten zur Aus- und Weiterbildung für kleine ländliche und periphere Bevölkerungsgruppen anzubieten, ist in Australien ein schwieriges und teures Unter fangen. Die Unerreichbarkeit und das dünne Standortnetz von Bildungseinrichtungen stellen für einen Großteil der indigenen Bevölkerung große Barrieren hinsichtlich ihrer Bildungsmöglich keiten und folglich auch später ihrer Berufschancen dar. Aborigines erfahren diesbezüglich eine stärkere Benachteiligung als die Gesamtbevölkerung, da ein weitaus größerer Teil von ihnen in ländlichen und abgeschiedenen Regionen lebt (vgl. YOUNG 1981:36-38; FISK 1985:11) (vgl. Kap. 5.3).
Die meisten Bildungseinrichtungen für z.B. ländliche Aboriginal Communities sind stark zentralisiert. Auf der primären Bildungsebene bestehen diese aus Community-Schulen, welche zumeist in größeren Aboriginal towns und Rinderstationen lokalisiert sind. Auf der Sekundär ebene sind Schulen noch stärker zentralisiert. Nur in einigen größeren Aboriginal Communities steht ein kombiniertes Ausbildungssystem, welches die sekundäre und die Erwachsenenbildung einschließt, zur Verfügung. In diesen Communities erhalten Kinder die Möglichkeit, weiterhin bei ihrer Familie zu wohnen, während sie ihre Ausbildung fortsetzen. Sekundäre Ausbildungs institutionen sind jedoch überwiegend in größeren Zentren konzentriert. Die meisten jungen Aborigines müssen zum Zweck einer sekundären Ausbildung ihren Aufenthaltsort dorthin verlegen. Die räumliche Situation der Bildungseinrichtungen für Erwachsene und in bezug auf andere Ausbildungsebenen variiert von einem Bundesstaat bzw. Territorium zum anderen, kann jedoch vor allem für Communitiesdes Northern Territory und South Australia als teilweise verstreut bezeichnet werden (vgl. YOUNG/DOOHAN 1989:159,215) (vgl. Kap. 5.4).
Die einzigen Ausbildungsmöglichkeiten für Aborigines, die in abgeschiedenen Regionen Australiens leben, bieten die sogenannten Schulen der distance education.Dieses Ausbildungs-
180Inwieweit sich die unbefriedigende Gesundheitssituation indigener Schüler auf ihr Leistungsvermögen auswirkt, wird in Kap. 10.4 er1äu1ert. Die historische Bildungssituation wurde in Kap. 3.2.6 disku1iert.
Die relative Armu1 indigener Familien Ist ebenfalls ein nicht unerheblicher Einflußfaktor hinsichtlich der mangel haften Schulleistungen der Kinder. Der aDgemein niedrige sozio-ökonomische Status und das geringe Ausbil dungsniveau der Aborigines gehen demzufolge eine Wechselwirkung ein. Ein großer Teil der Aborigfnal Communitieslebt in relativer Armu1, welche erheblich zu den Schwierigkeiten indigener Kinder in der Schule beiträgt Viele indigene Familien können ihre Kinder in finanziellen Belangen nicht unterstützen, auch wenn der Besuch von staatlichen Schulen kostenlos ist. Die starken finanziellen Belastungen innerhalb Aboriginal Familien erlauben häufig keine zusätzlichen Ausgaben; diese verstärken sich außerdem dadurch, daß sie meist eine weitaus höhere Kinderzahl als nicht-indigene Familien unterhalten müssen (vgl. Kap. 8.3).
system erreicht periphere Bevölkerungsgruppen mit Hilfe moderner Kommunikationsnetzwerke1 61 (vgl. Karte 25 ) Ein Beispiel ist die Schoo/ of theAir,welche in Alice Springs (NT) lokalisiert ist.
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Karte 25:Schulen der distance education
Quelle: JOHNSON (1992:47}
Auch in New South Wales lebt im Vergleich zur Mehrheitsbevölkerung ein vergleichsweise größerer indigener Bevölkerungsanteil in nicht-metropolitanen Zentren. Es sind gleichfalls mehr Aborigines dazu gezwungen, in ein Ballungsgebiet abzuwandern, um eine höhere Ausbildung erwerben zu können. 162 Obgleich weiterführende Bildungsinstitutionen in Großstädten seit gerau mer Zeit Kurse für indigene Schüler und Studenten in Blockkursen anbieten, und eine große Zahl von ihnen aus dem ländlichen Raum in die Städte gezogen ist, besteht noch immer die Notwen digkeit, in diesen ländlichen Regionen ein umfassenderes und geeignetes Angebot höherer Bildungseinrichtungen für indigene Schüler und Studenten zu schaffen (vgl. FOLEY/FLOWERS 1991:68).
161 Post, Computer, Fax, Telephon, Kassetten und Video; inwieweit eine derartige Ausbildung Effizienz zeigt, sei dahingestellt.
162 77.2% der gesamten indigenen Bevölkerung von NSW im Vergleich zu 46.5% der Gesamtbevölkerung von NSW lebt außerhalb des Ballungsgebiets von Sydney (1986).
7.7.2 Motivationsmangel und Ablehnungshaltung
Es gibt kaum indigene Erwachsene, die - vor allem den männlichen - Jugendlichen ein Vorbild sind, indem sie Erfolg im Berufsleben vorweisen können und einer regulären Beschäftigung nachgehen. Dadurch können die Jugendlichen auch nicht dazu ermutigt werden, einen Bildungsabschluß oder eine höhere Ausbildung anzustreben. Die jungen Aborigines erkennen, daß nur wenige indigene Schüler Einstieg in das Berufsleben gefunden haben. Die hohe Wahr scheinlichkeit für Aborigines, nach der Schulzeit arbeitslos zu sein, reduziert deren Motivation und Ansporn für gute Schulleistungen ganz erheblich. Sie halten immer mehr an der Überzeu gung fest, daß der Schulbesuch eine Zeitvergeudung darstellt und er in keinem Bezug zur ihrem eigentlichen Leben steht, da sie die erlernten Fähigkeiten und Kenntnisse nicht anwenden können. JONES (1993:444) bemerkt hierzu: "School is less a preparation for work than enforced idleness." Die Erkenntnis, daß ein Schulbesuch keine Rolle für ihr Dasein spielt, verstärkt das mangelnde Selbstvertrauen und Gefühl der Minderwertigkeit bei indigenen Jugendlichen und vermindert zusätzlich ihre Bemühungen in der Schule. Kinder von Minoritätsgruppen, die in einer feindseligen Umgebung leben, können generell durch Gefühle von Hoffnungslosigkeit, Minder wertigkeit, Passivität, Ablehnung und der Erwartungshaltung, zu versagen, charakterisiert werden. Die Situation verschärft sich durch rassistische Vorurteile in ihrem Schulumfeld. In den meisten Fällen wird die Schule zur ersten Station der Ablehnung der indigenen Kinder durch die dominante Gesellschaft. Viele Schüler entwickeln eine Feindseligkeit gegenüber der Gesell schaft, die sie durch ihr zunehmendes Widerstreben ausdrücken, am Schulbesuch teilzuneh men. Daraus resultiert sehr häufig ein unsoziales Verhalten und ein fortwährendes unentschul digtes Fernbleiben von der Schule. Dies verstärkt ihre Schwierigkeiten mit den Lehrern, was wie derum ihre Chancen reduziert, von ihnen die notwendige Unterstützung zu erhalten (vgl. STEVENS 1981:203-225; GROOME 1994:151). Der Widerstand indigener Schüler gegenüber der Schule stellt schließlich den Beginn eines Weges dar, welcher nahezu unausweichlich in sozialer und ökonomischer Marginalität und Entfremdung endet. Dieser Widerstand kann in einen Teufelskreis münden und dadurch den Berufsaufstieg sowie die soziale Mobilität als uner reichbar erscheinen lassen. Mit ihrer Ablehnungshaltung der Schule gegenüber drücken Abori ginal Schüler ihren Widerstand gegenüber der weißen Gesellschaft aus. Dies führt dazu, daß sie auch Möglichkeiten für ihre persönliche Autonomie ablehnen, welche theoretisch durch Ausbil dung und Erwerbstätigkeit verfügbar sind. Folgewirkungen betreffen somit nicht nur das Ausbil dungsniveau selbst, sondern auch den Beschäftigungsstatus und den Zugang zu sozialer, ökonomischer und politischer Macht. "A life on the dole is rationalised as being simply Aboriginal life itself" 163 (KEEFFE 1992:90).
Die australische Gesellschaft hat die negativen Einstellungen und Stereotypen gegenüber den Aborigines beibehalten und in ihrer Volkskultur verinnerlicht. Diese spiegeln sich in Schulbüchern
- hauptsächlich Geschichtsbüchern - wider, welche die Aborigines entweder völlig ausschließen oder in diskriminierender Art und Weise darstellen (vgl. Kap. 9.2). Schulbücher, welche unzutref-
163 Miton the doleist die Abhängigkeit von Arbeitslosengeldern gemeint
fende bzw. unsachliche Informationen beinhalten, beeinflussen sowohl die Einstellungen der Lehrer als auch die der Schüler und folglich die der allgemeinen Gesellschaft (vgl. E. BOURKE 1994a:5-8) (vgl. Kap. 3.2.6). GROOME (1994:148-52) zufolge zeigt eine Großzahl der Lehrer eine außerordentliche Ignoranz gegenüber der heutigen Lebensweise der Aborigines. Das Select Committee(HRSG 1985) fand heraus, daß viele Lehrer - unter anderem aufgrund unge nügender Ausbildung - die Erlebniswelt und Motivationen indigener Schüler nicht verstehen und für ihre speziellen Bedürfnisse unempfänglich sind. Hinzu treten auf der Lehrerseite falsche Erwartungshaltungen und "weiße" Einstellungen gegenüber Aborigines im allgemeinen. Eine erfolgreiche Rückorientierung des australischen Bildungssystems in bezug auf die indigene Bildung basiert zu einem Großteil auf der Aus- und Weiterbildung der Lehrer. Rücksichtnahme und Verständnis gegenüber kulturell unterschiedlichen Kindern spielen eine übergeordnete Rolle (STEVENS 1981:208-29). Zudem besteht die dringende Notwendigkeit, den Großteil des Unter richts für Aborigines von den Aborigines selbst durchführen zu lassen, "... only they can communicate the difference in their experience and outlook, and the immediacy of their problems" (LIPPMANN1974:20). 164
7.7.3 Sozio-kulturelle Distanz
Ein Schlüsselfaktor für die negativen Schulerfahrungen und geringen Schulleistungen indigener Kinder besteht in der kulturellen und sozialen Distanz von Aborigines hinsichtlich des australi schen Bildungssystems. Gründe dafür sind die großen kulturellen Unterschiede zwischen den beiden Ethnien. Ihre kulturellen Wertmaßstäbe und damit auch Bildungselemente stehen häufig in krassem Widerspruch zueinander (vgl. Kap. 4.2). Diese resultieren in Konflikten zwischen den traditionellen und westlichen Werten; letztere dominieren in der Schule. Das Ergebnis ist die außerordentlich große Diskrepanz zwischen dem Wohn- und Schulumfeld indigener Schüler (vgl. KEEFFE 1992:97-100). Aboriginal Kinder haben demzufolge erhebliche Schwierigkeiten, ihre eigene Identität und Lebensaufgabe zu finden: Wohn- und Schulumfeld repräsentieren zwei völlig unterschiedliche Welten.
GROOME (1994:150-51) macht darauf aufmerksam, daß Aboriginal Kinder durch das australi sche Schulsystem meist entfremdet, isoliert, mißverstanden und vernachläßigt werden. Es kann hierbei von einem Widerstreit der Werte gesprochen werden. Viele indigene Schüler verspüren ein negatives Bewußtsein sowohl im Hinblick auf ihre rassische Identität als auch auf ihren vergleichsweise niedrigeren Leistungs- und Erfolgsgrad. Viele sind mit dem Dilemma konfron tiert, daß wenn sie ihr Bildungsniveau anheben, sie von ihrer Aboriginal peer-group abgelehnt werden. Die Schule mag vielen jungen Aborigines, die ein unabhängiges Erwachsenenleben
164 Die Aboriginal Lehrerin der Redfem Public School, Kathy Waters (20.4.94 in Redfern/Sydney) betonte, daß in australischen Schulen die Tradition der Aborigines bzw. anderweitige Aboriginal Themen normalerweise kaum in Lehrpläne integriert sind. Die daraus entstehende Unkenntnis führt zu Ignoranz und Intoleranz, diese wiederum zu Vorurteilen und Rassismus der indigenen Minderheit gegenüber. Die Lehrerin stellte die Bildung als Schlüsselfaktorfür zahlreiche Probleme der Aborigines heraus; im Bildungssektor müßte angesetzt werden, um positive Veränderungen herbeizuführen. Sie machte auf die hohe Analphabetenquote bei Aborigines aufmerk sam; sehr viele von ihnen brechen ihre Schulbildung nach Abschluß der primary schoo/oder etwas später ab. Sie hob außerdem den unregelmäßigen Schulbesuch indigener Kinder hervor (vgl. Kap. 5.5.2).
führen, als irrelevant, restriktiv und autoritär erscheinen. "For them dropping out may seem the most sensible option when school becomes totally destructive of self-esteem and when job prospects appear tobe very remote" (GROOME 1994:151).
lndigene Erwachsene zeigen oftmals nur wenig Interesse daran, Fähigkeiten zu erlernen, welche nicht offensichtlich mit ihrem Lebensstil in Zusammenhang stehen. Das australische Bildungs system berücksichtigt die Bildungsaspirationen der Aborigines nicht in ausreichendem Maße. Die Mehrheit der indigenen Eltern besitzt kein Vertrauen in das formale Bildungswesen und die verfügbaren Ausbildungsmöglichkeiten für ihre Kinder (vgl. HRSG 1985:120). Zahlreiche indigene Wertvorstellungen und Normen korrelieren nicht mit den Erfordernissen des westlichen Materialismus'. In der Aboriginal Community wird die persönliche Leistung im Gegensatz zur australischen Mehrheitsgesellschaft unterbewertet. Eine Hauptursache für das niedrige Bildungsniveau der Aborigines besteht folglich in ihrer fehlenden Akzeptanz des Bildungswesens und ihren unterschiedlichen Prioritäten hinsichtlich Lerninhalten und -methoden. Angewandte Theorien und Methoden im Bildungswesen beruhen vorwiegend auf westlichen Vorstellungen und sind demnach für die indigene Bevölkerung weitgehend ungeeignet (vgl. STEVENS 1981:210; MATTINGLEY/HAMPTON 1992:109). Jede Komponente der Schulpraxis wie z.B. Curriculums, Fächerauswahl, Stundenplaneinteilung, Pädagogik, Beurteilungs- und Bewertungs prozeß, Schule-Community-lnteraktion, Organisation der Klassenzimmer, Lehrkräfte und die Gestaltung des Lehrmaterials ist mit unterschiedlichen, häufig kontrastierenden, Wertmaßstäben und Bildungsaspirationen belegt (vgl. KEEFFE 1992:100). BROOME (1982:149) charakterisiert diese kulturellen Unterschiede wie folgt: "While school stressed regimentation, punctuality, individual performance and fierce competition, the Aboriginal child's own background empha sised easy-going attitudes to discipline and clock-watching, and stressed co-operation."
Aborigines betrachten "Bildung" als integrierten Bestandteil des Sozialisationsprozesses, weniger als eine abgetrennte Komponente. In der präkolonialen Aboriginal Gesellschaft war educationein Teil sämtlicher sozialer Aktivitäten. Die Menschen lernten, indem sie am Community-Leben partizipierten, educationwar ein aktiver praktischer Prozeß, der das ganze Leben lang anhielt Es gab außerdem - von den Ältesten kontrollierte - formale Aspekte, welche in mündlicher und praktischer Form weitergegeben wurden (vgl. YOUNG 1981:36-39; R. BERNDT 1977; GROOME 1994:141). Jüngere Forschungsergebnisse bestätigen den Fortbe stand traditioneller Lerninhalte und -methoden, wenn auch in modifizierter Form (vgl. CHRISTIE 1985; HARRIS 1984; FOLEY/FLOWERS 1991:52 et al.).
Die fehlende Akzeptanz des Bildungswesens bei der indigenen Bevölkerung führt zu fehlendem Druck und Ansporn von seiten der Eltern in bezug auf den Schulbesuch ihrer Kinder. Auch die peer-groupverstärkt diese soziale und kulturelle Distanz. Elterliche Bildungsaspirationen, - anregungen und Unterstützungen wie Lernhilfen und Hausaufgabenbetreuung durch das Eltern haus nehmen einen hohen Stellenwert im Hinblick auf die Schulmotivationen, Leistungen und Ausbildungschancen ihrer Kinder ein. Dieses notwendige Bildungs- und Anregungsmilieu ist bei einem Großteil der indigenen Bevölkerung nicht gegeben. Auf Grund dessen besitzen sie häufig nur ein unzureichendes Informationsniveau über Bildungsmöglichkeiten. "... [the Aboriginal child's] crowded and disruptive home contained few quiet places for study. Many a gifted
Aboriginal child has been crushed by such conditions" (BROOME 1982:149). Eine besonders starke Benachteiligung erfahren indigene Schüler, wenn Englisch nicht ihre Muttersprache ist (vgl. Kap. 7.3).
KEEFFE (1992:96) macht auf die große Bedeutung von Wissen und Bildung für die kulturelle und politische Selbstbehauptung einer Minderheit aufmerksam. FOLEY/FLOWERS (1991:124) bemerken hierzu:"... all educational activities are also political activities i.e. they involve people in power relations". Die Kontrolle über ihr eigenes Schulwesen und die Verfügbarkeit eigener Lehrer stellen jedoch im Einklang mit ihrem ethnischen Bewußtsein die Grundvoraussetzungen für die kulturelle Selbstbehauptung der Aborigines dar. Man erhob den Begriff der "Aboriginalität" in den 1980er Jahren zum zentralen Thema des Curriculum-Wandels in Aboriginal Studien- und Bildungsprogrammen (vgl. KEEFFE 1992:68). Die Entwicklung eines geeigneten Curriculums für indigene Schüler und Studenten stellt ein zentrales Element gegenwärtiger Bemühungen dar, sowohl auf Seite der Aborigines als auch auf derjenigen der Nicht-Aborigines. Sie zielen darauf ab, das niedrige Leistungsniveau der Aborigines im Bildungsbereich zu erhöhen. KEEFFE (1992:100,147) fordert eine Politik und entsprechende Programme, welche auf die Anerkennung und Unterstützung der Aboriginal Kultur hinzielen und gleichzeitig Zugangsmöglichkeiten in die dominante Kultur schaffen. Die mangelnde Kongruenz zwischen Wohn- und Schulumfeld stützt die Forderung, den AboriginalCommunitiesdie Kontrolle über ihre eigenen Schulen zu übertragen, um Lehrinhalte und -methoden selbst bestimmen zu können. In der Vergangenheit legte man den Schwerpunkt vielmehr auf kompensatorische Bildungsmaßnahmen für Aborigi nes, was STEVENS (1981:210,228) zufolge die Kluft zwischen Schülern mit einem unterschiedli chen kulturellen Hintergrund eher vergrößert hat. Die bikulturelle und bilinguale Bildung hat einen großen Teil dazu beigetragen, vor allem die soziale Distanz der Aborigines in entlegenen
Communitieshinsichtlich der für sie geschaffenen Schulen zu verringern.1 65 Ein zweisprachiger
Unterricht erfordert zudem die Einstellung von indigenen Lehrkräften bzw. Hilfslehrern166 (vgl. YOUNG 1981:39) (vgl. Kap. 7.6).
165 Es soll hier das Beispiel einer multikulturellen Primarschule, der Redfern Pub/icSchoo/ in Redfern (Sydney) vorgestellt werden. Die Schule umfaßt etwa 150 Schüler, von denen 49% Aborigines, 50% Kinder gemischter Nationalitäten und nur 1% weißaustralische Schüler sind. Dieser geringe Anteil an weißaustralischen Kindern läßt sich mit der Tatsache begründen, daß Redfem der Stadtteil Sydneys ist, der den niedrigsten sozio-ökonomischen Standard und das negativste Image aufweist. Die Aboriginal Kinder kommen größtenteils aus Redfern selbst und der näheren Umgebung. Die Schule legt einen besonderen Wert auf das Verständnis für andere Kulturen. Man versucht, eine angenehme und lockere Atmosphäre zu schaffen, den Kindern soviel Freiraum wie möglich zuzugestehen und sozio-kulturelle Komponenten in Lehrplan, Methodik und Pädagogik miteinzubeziehen. Einer Unpünktlichkeit oder Abwesenheit vom Unterricht wird kein allzu hoher Stellenwert beigemessen. Der Schule ist es gelungen, den Kindern Freude an ihrem Schulbesuch zu bereiten. Es ist bei den Aborigines nicht unbedingt üblich, in einer-für westliche Verhältnisse - "normalen Familie" aufzuwachsen. Viele indigene Kinder wachsen bei anderen Familienmitgliedern oder Freunden auf, da ihre Eltern oft für längere Zeiträume nicht "zu Hause" sind. Ihr soziales Umfeld ist sehr wechselhaft, weshalb die Schule versucht, den Kindern eine Art von "Zuhause" zu
bieten (Direktorin, 15.4.94 in Redfern).
Auch in Aboriginal-Klassen der TAFE-Collegesversucht man eine Atmosphäre zu schaffen, die den indigenen Lernaspirationenentgegenkommt; die Pünktlichkeit wird nicht überbewertet (TAFE-Col/ege,Waigin und Narrogin (WA),25./26.5.94).
166 Es können nur noch wenige der traditionellen Sprachen und Kulturelemente in das moderne Bildungswesen integriert werden, da nicht alle rechtzeitig in die allgemein zugängliche Schriftsprache umgesetzt worden sind (STEVENS 1981:224-25).
Ein "geeignetes" Curriculum für Aboriginal Schüler und Studenten zu konzipieren und daraufhin in die Praxis umzusetzen, ist eine schwer lösbare Aufgabe. Eine Barriere besteht darin, daß die Standpunkte der indigenen Australier über Bildungsfragen häufig nicht im Einklang stehen. Etliche Aborigines wollen nicht den Prozeß von Ausbildung und Qualifikation durchlaufen. der von der allgemeinen Gesellschaft erwartet wird; sie geben ihren eigenen kulturellen Werten, Lebensformen und Bildungselementen den Vorrang. Andere Aborigines sind hingegen der Ansicht, daß sie die üblichen Ausbildungen und Qualifikationen erlangen müssen, um ihr eigenes kulturelles Potential gegenüber der Mehrheit der australischen Gesellschaft bewahren zu können. Sie erhoffen somit, ihren Status und ihre Identität als kulturelle Minderheit, durch verstärkte Einflußnahme und Machtposition, besser behaupten zu können (vgl. KEEFFE 1992:147; YOUNG 1985:28).
DOWNING (1988:121) geht auf die zwiespältigen Ansichten vieler indigener Eltern ein. Einerseits spüren sie ihre eigenen Schwierigkeiten im Umgang mit der englischen Sprache und damit. das white man'ssystem zu verstehen. Sie erkennen, daß wenn ihre Kinder eine gute Ausbildung erwerben, diese ihre Lebensbedingungen erheblich verbessern könnten. Anderer seits wollen sie nicht. daß ihre Kinder eine fremde Wertewelt verinnerlichen und sich dadurch von den Wertvorstellungen ihre Eltern entfremden; sie wollen keine zwangsläufige Assimilierung erfahren. Auch SAGGERS/GRAY (1991:81) berichten, daß viele Aboriginal Eltern die formale Bildung schätzen, da sie die Hoffnung in sich tragen, diese werde ihren Kindern eine bessere Zukunft ermöglichen. Andererseits erwähnen die Autoren das Beispiel der Aborigines des Carnavon Reservates. Diese errichteten auf dem Reservat eine unabhängige Schule für ihre Kinder, nachdem die frühere staatliche Schule aufgrund hoher Abwesenheitsraten der Schüler große Mißerfolge verzeichnen mußte. 167
Das Ausmaß der Distanz zwischen Wohn- und Schulumfeld hängt sehr stark von der Schulart und deren Lehrinhalten ab und davon, ob Aboriginal Kinder nur eine kleine Minderheit in einer typisch weißaustralischen Schule sind, ob es eine Schule mit indigenen Zielsetzungen ist und davon, welches Akkulturationsstadium die jeweilige indigene Community einnimmt. Das Problem der Ausbildung taucht vor allem in den town camps ,den Aboriginal townsund auf outstationsauf. Die Ausbildung für eine spätere erfolgreiche Teilnahme in der australischen Wirtschaft muß völlig anders konzipiert sein als beispielsweise die Ausbildung, welche für eine Beschäftigung auf outstations und Aboriginal Rinderstationen benötigt wird. Die Art der Ausbildung, welche für den Großteil der städtischen Aborigines zur Verfügung steht, unterscheidet sich nicht sehr von jener anderer australischer Bevölkerungsteile (vgl. FISK 1985:112-13). In den Aboriginal Communities muß die Ausbildung allerdings zwei Bedürfnisse befriedigen können: Sie soll einerseits denjenigen Aborigines eine Chance bieten, welche sich dafür entscheiden, einer traditionell-orientierten Lebensweise z.B. auf den outstationsoder Aboriginal Rinderstationen nachzugehen, andererseits aber auch denjenigen, welche eine Abwanderung in die Zentren und
197DOWNING (1988:121) macht auf eine weitere Konfliktursache in Aboriginal Communitiesaufmerksam: Indem man die Ausbildung der jüngeren Generation in den Vordergrund stellt und derjenigen der erwachsenen Aborigines weitaus weniger Bedeutung zumißt, vertauscht man die Rollen in ihrer Gesellschaft und macht die Kinder zu den Lehrern der Ältesten.
Großstädte bevorzugen. Die Entscheidung darüber, welchen Weg das Individuum schlußendlich einschlagen wird, kann meist nicht vor dem Schulabgang getroffen werden. FISK (1985:113) zufolge stellt dies ein nahezu unlösbares Problem dar, da das Bildungssystem einen Schüler nicht gleichermaßen adäquat auf eine potentielle Lebensweise auf einer outstationvorbereiten kann, ohne seine Ausbildung zum Zweck des Einstiegs in den formellen Arbeitsmarkt Austra liens stark zu beeinträchtigen, und umgekehrt. In vielen Teilen Australiens besitzen Aborigines die Möglichkeit zwischen traditionellen Bildungsformen oder formalen modernen Bildungsme thoden auszuwählen. "... a decision to pursue one particular course would seem to preclude equivalent development of the other in the same area (...) lt does not seem possible for the two to exist side by side" (STEVENS 1981:226).
Die grundlegenden Fragen bestehen nun darin, ob es überhaupt möglich ist, die beiden - meist widersprüchlichen - kulturellen Bildungsoptionen unter ein Dach zu bekommen. Falls nicht, würde dies im Extremfall eine vollständige Trennung von indigenen und nicht-indigenen Schülern bzw. Studenten in Bildungseinrichtungen erfordern. Wie soll hierbei das Identitäts problem der Kinder von gemischter Abstammung gelöst werden? Können indigene Fähigkeiten, welche in Aboriginal Bildungseinrichtungen vermittelt werden, in der allgemeinen Gesellschaft überhaupt eingebracht und umgesetzt werden? In welchen Bereichen zeigen diese Kenntnisse und Fähigkeiten Relevanz? Inwieweit wirkt sich diese Unvereinbarkeit hinsichtlich der Bildungs komponenten nachteilig auf den sozio-ökonomischen Status der Aborigines aus? Diese elementaren Fragenkomplexe sollen hier frei im Raum stehen bleiben. Sie bieten eine Basis für weitere Auseinandersetzungen mit dem Thema.
8 Demographische Einflußfaktoren
Demographische Charakteristika der Aborigines beeinflussen in entscheidendem Maße ihre relative sozio-ökonomische Benachteiligung. Sie weisen eine sehr viel jüngere Altersstruktur als die nicht-indigenen Australier auf. Die Aborigines stellen in demographischer Hinsicht eine "Dritte-Welt"-Minderheit dar, welche innerhalb eines typischen Industrielandes lebt. Der hohe Anteil von Kindern und Jugendlichen an der indigenen Bevölkerung bedingt unter sonst gleichen Vorraussetzungen eine niedrigere Erwerbsquote im Vergleich zur nicht-indigenen Bevölkerung. Die demographische Strukur der Aborigines wird besonders in der Zukunft in ein Überangebot an Arbeitskräften und in einen Bevölkerungsdruck auf Dienstleistungen und Infrastruktur resultieren. Im Rahmen dieser Arbeit wird insbesondere die Struktur der erwerbsfähigen Bevölkerung der Aborigines analysiert und im Hinblick auf sozio-ökonomische Indikatoren wie Erwerbs- und Beschäftigungsstatus erörtert. Im Anschluß daran wird ihre Familien- und Haushaltsstruktur in Beziehung zu ihrer sozio-ökonomischen Benachteiligung gesetzt. 168
8.1 Allgemeine demographische Charakteristika
Trotz statistischer Unzulänglichkeiten 169 herrscht kein 2'ieifel darüber, daß die natürliche Wachstumsrate der indigenen Bevölkerung erheblich höher als diejenige der australischen Gesamtbevölkerung liegt. Über die gesamten 1950er und 1960er Jahre hinweg war die indigene Geburtenhäufigkeit doppelt so hoch wie die nationale Rate. GAMINIRATNE (1993:18) macht auf die bemerkenswerte Trendwende einer Fruchtbarkeitsabnahme aufmerksam, welche seit den 1970er Jahren beobachtet wird.Die totale Fruchtbarkeitsrate (TFR)1 70 nahm von einem hohen Niveau von etwa sechs Kindern pro Frau in den Dekaden vor 1970 auf etwa drei Kinder pro Frau in den 1980er Jahren ab. Dies entspricht zwar einem starken Rückgang der TFR,doch lag sie zwischen 1981 und 1986 noch 50% über dem Fertilitätsniveau der nicht-indigenen Bevölkerung (vgl. GRAY 1990:57-62; TESFAGHIORGHIS/GRAY 1991:52; HUGO 1991a:28).
GAMINIRATNE (1993:1) beziffert die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate der indigenen Bevölkerung auf 3%. Hierbei sollte man berücksichtigen, daß sich die Zuwachsraten nicht ausschließlich durch ein natürliches Wachstum auszeichnen, sondern auch auf verbesserten flächendeckenderen Datenerhebungen und zugenommenen Selbstidentifikationen als "Abori gine" basieren (vgl. Kap. 1.2 und 1.3). In der Periode zwischen den Volkszählungen von 1986
168 Räumliche Aspekte der indigenen Bevölkerungsverteilung werden in Kap. 5.3 behandelt.
169 Statistische Daten über Fruchtbarkeitsraten und Sterbeziffern für die indigene Bevölkerung stehen nur in unzureichendem Maße zur Verfügung (vgl. NAHSWP 1989:13).
170 Die totale Fruchtbarkeitsrate (total fertility rate) (TFR)ist die "zusammengefaßte Geburtenziffer" oder "Gesamt fruchtbarkeitsrate"; sie ergibt sich aus der Addition der altersspezifischen Fruchtbarkeitsraten (= Perioden betrachtung im Gegensatz zur Kohortenanalyse). Die TFR definiert man als die Anzahl der Kinder, welche eine Frau in ihrem gebärfähigen Alter zwischen 15 und 50 Jahren zur Welt bringt, wenn sie Kinder den aktuellen altersspezifischen Geburtenhäufigkeitsniveaus entsprechend gebärt (vgl. TESFAGHIORGHIS/GRAY 1991:52).
und 1991 wuchs, den Angaben nach zu urteilen, die Anzahl der indigenen Bevölkerung fast um das Doppelte im Vergleich zur Gesamtbevölkerung (ATSIC 1993c:17).
Dieser grundlegende Wandel hinsichtlich der indigenen Bevölkerungsentwicklung von einem demographischen Regime hoher hin zu einem Regime niedriger bzw. gemäßigter Fertilität und entsprechender Mortalität wird sich in massiven Veränderungen ihrer Bevölkerungsstruktur widerspiegeln und eine Verlagerung ihrer Altersstrukturen zur Folge haben. Analysen des demographischen Wandels früherer Zeiten von TESFAGHIORGHIS/GRAY (1991:52), gekoppelt mit Zukunftsprognosen von einer angenommenen mittelmäßigen Fruchtbarkeitsabnahme und einem mittleren Mortalitätsrückgang für die 1990er Jahre, machen erhebliche strukturelle Veränderungen deutlich: Ein unproportionales Wachstum von Personen im jungen und mittleren Erwachsenenalter, eine gemäßigte Zunahme der Anzahl von Kindern unter fünf Jahren sowie in der Altersgruppe von 5 bis 19 Jahren. Außerdem wird es eine bedeutende Zunahme alter Menschen geben. Alte Personen werden jedoch auch zukünftig eine relativ kleine Komponente der indigenen Bevölkerung einnehmen. Die Personen im jungen und mittleren Erwachsenenalter sind nun gerade diejenigen Altersgruppen, welche die größten Bedürfnisse hinsichtlich Erwerbstätigkeit, Einkommen, Ausbildung und anderen sozialen Dienstleistungen aufweisen. "The implications in terms of employment have been shown tobe enormous" (TESFAGHIOR GHIS/GRAY 1991:61; vgl. HRSC 1992:14).
TESFAGHIORGHIS/GRAY (1991:53) prognostizieren, daß sich nahezu das gesamte Bevölke rungswachstum des Zeitraumes von 1981 bis 2001 auf die Altersgruppen von 15 bis 65 Jahren konzentrieren wird. Diese Altersgruppen entsprechen fast exakt der ganzen erwerbsfähigen Bevölkerung von 15 bis 64 Jahren (working-age population).Die Größe und das Wachstum der indigenen Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter ist im Hinblick auf ihren sozio-ökonomischen Status von entscheidender Bedeutung. Die Wirtschaft variiert in ihrer Kapazität, Arbeitsplätze in Einklang mit der Zu- und Abnahme der erwerbsfähigen Bevölkerung zu schaffen. Nach Aussage von TAYLOR (1993a:13) ist die erwerbsfähige Bevölkerung der Aborigines relativ gesehen größer und zeigt ein schnelleres Wachstum auf als die der Nicht-Aborigines. Dies hat zur Konsequenz, daß der Druck, eine Beschäftigung zu finden, für indigene Australier proportional größer ist als für nicht-indigene Australier. GRAY/TESFAGHIORGHIS (1991:18) merken an, daß wenn die Anzahl der Personen, welche sich dem Familiengründungsalter nähern, rapide ansteigt, die Zahl der indigenen Familien und Haushalte ebenfalls rasch zunehmen müßte. Die Zuwachsrate der indigenen erwerbsfähigen Bevölkerung begann jene der restlichen Bevölkerung während der Periode zwischen 1986 und 1991 zu übertreffen. TAYLOR (1993a:11-12) errechnete auf der Grundlage der Volkszählungsdaten, daß die Zahl der erwerbsfähigen Aborigines um 22.000 Menschen bzw. um 17% zwischen 1986 und 1991 zugenommen hat. Die Zuwachsrate der erwerbsfähigen Bevölkerung liegt bei den Aborigines 2.4 mal höher als bei den nicht-indigenen Australiern.
8.2 Die Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter
8.2.1 Allgemeine Altersstruktur
Die indigene Bevölkerung weist generell gesehen eine sehr junge Altersstruktur auf. Sie ist durch einen unverhältnismäßig hohen Anteil an Kindern und jungen Erwachsenen gekenn zeichnet. Diese Altersstruktur symbolisiert nicht nur höhere indigene Geburtenziffern, sondern auch eine extrem hohe Mortalität erwachsener Aborigines (vgl. TESFAGHIORGHIS/GRAY 1991:48) (vgl. Kap. 10.4). Das mittlere (median) Alter der indigenen Bevölkerung beträgt 19 Jahre verglichen mit 32 Jahren für die australische Gesamtbevölkerung (ATSIC 1993c:17). Bei einem Vergleich der indigenen und nicht-indigenen Bevölkerungsstruktur können bemerkens werte Unterschiede festgestellt werden (vgl. Abb. 34). Die größten Unterschiede existieren bei den jüngeren und älteren Altersgruppen. Demnach sind 39.8% der gesamten indigenen Bevölkerung Kinder im Alter unter 15 Jahren und 14.9% sind jünger als 5 Jahre. Die Vergleichs daten für die nicht-indigene Bevölkerung liegen bei 22.1% bzw. 7.4%. Diese Gegenüberstellung ermöglicht die Aussage, daß die indigene Bevölkerung im Durchschnitt eine sehr junge Bevölkerung darstellt und nahezu doppelt soviele Menschen unter 15 Jahren wie die nicht indigene Bevölkerung umfaßt. Der zweite - noch größere - Unterschied liegt bei den älteren Altersgruppen: Nur 6.2% der Aborigines sind älter als 55 Jahre im Vergleich zu 20% der Nicht Aborigines (ABSe 1993:5,20) (vgl. Abb. 35). Eine bedeutende Ursache ist in ihrer erheblich höheren Mortalität zu suchen (vgl. Abb. 36).
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb. 34:
Altersprofile der indigenen und gesamtaustralischen Bevölkerung 1991
Quellen: ATSIC (1993c:184) und ABSe (1993:1)
Eigene Berechnung und Darstellung
f71 Die Werte beziehen sich auf das Jahr 1991.
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb. 35:
Anteile der Altersgruppen an der Bevölkerung 1991
Quellen: ATSIC (1993c:18) und ABSc (1993:1)
Eigene Berechnung und Darstellung
Die Bevölkerungsstruktur der Aborigines ähnelt sich in den einzelnen Bundesstaaten. Bei einem Vergleich der Altersprofile städtischer und ländlicher Bevölkerungen kann in jenen Staaten mit einem großen Bevölkerungsanteil in peripheren Gebieten (Queensland. South Australia, Western Australia und dem Northern Territory) ein leicht höherer Anteil an Personen über 55 Jahren außerhalb der Hauptstädte festgestellt werden. Am weitaus niedrigsten ist der Anteil der über 55jährigen Aborigines im ACT (2.5%), welcher größtenteils die Bundeshauptstadt Canberra umfaßt. Der Anteil der unter 15jährigen ist in den ländlicheren Landesteilen außerhalb der Hauptstädte mit 40.3% nur geringfügig höher als in den Hauptstädten (38.7%) selbst (ABSe 1993:20-21).
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb. 36:
Sterbealter der indigenen und gesamten Bevölkerung Western Australias 1991
Quelle: ABSi (1993:11) Eigener Entwurf
8.2.2 Die erwerbsfähige Bevölkerung nach Altersgruppen
TAYLOR (1993a:12) bietet eine Datengrundlage für den Vergleich der erwerbsfähigen Bevölkerung der beiden Ethnien zwischen 15 und 64 Jahren. 172 Insgesamt nimmt die erwerbs fähige Bevölkerung der Aborigines einen Anteil von 57.6% an der gesamten indigenen Bevölkerung ein. Der Vergleichswert der nicht-indigenen Australier beträgt 66.3% (ABSc 1993:4). Die Altersgruppe der indigenen 15-19jährigen ist zu 19% an der erwerbsfähigen Bevölkerung vertreten, ihre nicht-indigenen Pendants hingegen nur zu 11.7%. Die Altersgruppe der 20-24jährigen Aborigines nimmt an der erwerbsfähigen Bevölkerung einen Anteil von 18.9% ein; er liegt ebenfalls weitaus höher als derjenige der entsprechenden nicht-indigenen Alters gruppe (11.9%). Die Situation kehrt sich ab der Altersgruppe der 25-54jährigen um: Hier weisen die Aborigines den geringeren Anteil von 56.7% gegenüber 63.6% der nicht-indigenen Bevöl kerung auf. In der höchsten Altersgruppe der 55-64jährigen vereinnahmt der indigene Anteil an der erwerbsfähigen Bevölkerung 6.1%, was nun weniger als die Hälfte des Anteils der Nicht Aborigines entspricht. Es wirdsomit deutlich, daß sich die erwerbsfähige Bevölkerung der Aborigines viel stärker auf ihre jüngeren Altersgruppen konzentriert als es bei der nicht-indigenen Bevölkerung der Fall ist.
Da jüngere Menschen eine durchschnittlich geringere Berufserfahrung und ein meist niedrigeres Qualifikationsniveau aufweisen als mittlere Altersgruppen, hat dieser Umstand für die indigenen Australier vergleichsweise negative Konsequenzen auf Beschäftigungschancen, Berufspositio nen und Einkommenverhältnisse, denn von ihnen ist ein größerer Bevölkerungsanteil davon be troffen. Nur 57.2% der indigenen erwerbsfähigen Bevölkerung sind in den formellen Arbeitsmarkt integriert im Vergleich zu 70.9% der Gesamtbevölkerung (vgl. ALTMAN/HAWKE 1993:Abstract).
8.2.3 Erwerbstätigenquoten nach Altersgruppen
Die indigenen Erwerbstätigenquoten nach Altersgruppen geben Aufschluß über die Beschäfti gungsstruktur der indigenen Bevölkerung. Die durchschnittliche Erwerbstätigenquote der Aborigines von 37.3% zeigt deutliche Unterschiede in den einzelnen Altersgruppen. Die 15- 19jährigen weisen die niedrigste Quote (23%) auf. Das ist verständlich, da ein nicht unerheblich großer Teil dieser Altergruppe noch in der Ausbildung steht. Die Erwerbstätigenquote der 20- 24jährigen hat sich etwa auf dem Durchschnittswert von 37.3% eingependelt und die Gruppe der 25-54jährigen zeigt die höchste Quote von 44.3%. Die Altersgruppe der indigenen 55-64jährigen weist die niedrigste indigene Erwerbstätigenquote auf. Mögliche Ursachen liegen in hoher Krankheitshäufigkeit bzw. Arbeitsunfähigkeit. Das Verhältnis der nicht-indigenen Erwerbstä tigenquoten bezüglich der entsprechenden Altergruppen ist mit denen der Aboriginal Quoten in etwa vergleichbar. Die Quoten der erwerbsfähigen Nicht-Aborigines liegen indes auf einem weitaus höheren Niveau (Erwerbstätigenquote von 64.7%) (TAYLOR 1993a:19) (vgl. Abb. 37).
172 Die erwerbsfähige Bevölkerung wird hier mit 100% zugrundegelegt.
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb. 37:
Erwerbsstatus nach Altersgruppen 1991 Quelle: TAYLOR (1993a:19)
Eigener Entwurf
Wenn man nun untersucht, zu welchen Anteilen die einzelnen erwerbsfähigen Altersgruppen der Aborigines an der gesamten indigenen Erwerbstätigenzahl vertreten sind, wird deutlich, daß sich die Erwerbstätigen auf die beiden Altersgruppen der 15-24 und 25-34jährigen konzentrieren, welche jeweils etwa 30% der Erwerbstätigen einnehmen. Die Anteile nehmen mit zunehmendem Alter rapide ab, was sich deutlich in der indigenen Bevölkerungsstruktur abzeichnet (vgl. Abb. 38).173
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb. 38:
lndigene Erwerbsstatus gruppen nach Alter 1991 Quelle: ABSc (1993:5) Eigener Entwurf
173 Bei diesen Werten sind die höchsten Altersgruppen der 65jährigen und darüber mit eingeschlossen.
8.2.4 Arbeitslosen- und Erwerbsquoten nach Altersgruppen
Die indigene Arbeitslosenquote, die im Durchschnitt 32% beträgt, weist beträchtliche Dis paritäten bezüglich der einzelnen Altersgruppen auf, was in Abb. 37 zu erkennen ist. Bei den 15- 19jährigen ist die Arbeitslosenquote bei weitem die höchste (47%). Mögliche Ursachen liegen in der mangelnden Arbeitserfahrung, dem kürzeren Schulbesuch und dem niedrigen Ausbildungs niveau der Aborigines. Diesbezüglich wird auch die niedrige Erwerbstätigenquote dieser Gruppe von 43.5% verständlich, was sich damit begründen läßt, daß noch ein gewisser Teil dieser Altersgruppe in der Ausbildung steht. Die Arbeitslosenquote nimmt bei den Aborigines mit zunehmender Altersgruppe ab. Bei den 20-24jährigen beträgt sie noch 39.3% und bei der höchsten Altersgruppe der erwerbsfähigen Bevölkerung, den 55-64jährigen, liegt sie bei 22.4%,
d.h. etwa 10% unter dem indigenen Gesamtdurchschnitt. Es sollte bezüglich dieser höchsten Altersgruppe berücksichtigt werden, daß diese eine außerordentlich niedrige Beteiligung am Erwerbsleben bzw. eine Erwerbsquote von nur 28% aufweist, was etwa nur der Hälfte des gesamten Durchschnitts der Aborigines entspricht (54.8%). Gründe finden sich in einem früheren Ausscheiden aus dem Arbeitsleben, was meist durch Krankheit bzw. Arbeitsunfähigkeit bedingt ist. Im Vergleich hierzu liegt die Beteiligung am Erwerbsleben der 20-54jährigen mit etwa 60% über dem Durchschnitt.
Wenn diese Charakteristika der Aborigines nun mit jenen der nicht-indigenen Altersgruppen verglichen werden, fällt die im Durchschnitt um etwa 20% niedrigere Arbeitslosenquote der Nicht-Aborigines auf, die mit 11.5% ein Drittel der indigenen Quote einnimmt. Auch bei der nicht indigenen Erwerbsbevölkerung ist die weitaus höchste Arbeitslosenquote bei den 15-19jährigen (22.7%) zu finden. Die Erwerbslosenquote nimmt ebenfalls mit zunehmendem Alter ab und vereinnahmt den niedrigsten Wert bei den 25-54jährigen mit 9.2%. Die durchschnittliche Erwerbsbeteiligung der erwerbsfähigen Nicht-lndigenen von 73.1% liegt etwa 30% über der Aboriginal Erwerbsquote. Die Erwerbsquote der nicht-indigenen Australier ist, vergleichbar mit den Aborigines, bei den 20-54jährigen am höchsten, jedoch mit 81% etwa 20% höher als der indigene Wert, und weist zwei in etwa vergleichbare Minima sowohl bei der jüngsten (15-19 J.) als auch der ältesten (55-64 J.) Altersgruppe auf. Es wird deutlich, daß sich die 15-19jährigen Nicht-Aborigines - im Vergleich mit dem Durchschnitt - anteilsmäßig weniger am Erwerbsleben als die entsprechende Altersgruppe der Aborigines beteiligen (vgl. TAYLOR 1993a:19). Eine Ursache kann darin bestehen, daß erstens ein größerer Anteil der jüngeren Nicht-lndigenen eine Ausbildung in Anspruch nimmt und sie zweitens einen längeren Zeitraum für ihr vergleichsweise höheres Ausbildungsniveau benötigen.
Hinsichtlich der gesamten indigenen Arbeitslosenzahl beanspruchen die 15-24jährigen mit 47% nahezu die Hälfte aller indigenen Erwerbslosen. Eine Hauptursache ist der große Anteil junger Menschen an der indigenen Bevölkerung. Von ihnen besuchen viele keine Bildungsinstitution mehr und melden sich aufgrund schlechter Beschäftigungsmöglichkeiten als arbeitslos. Es ist auch diese jüngste Altersgruppe der 15-24jährigen - sie stellt über ein Drittel (36.1%) der indigenen Personen-, welche anteilsmäßig die geringste Beteiligung am Erwerbsleben aufweist. Sowohl der Anteil an der gesamten indigenen Arbeitslosenzahl als auch an den gesamten
indigenen Nichterwerbspersonen nimmt jeweils mit aufsteigender Altersgruppe ab (vgl. Abb. 38). 174 Die zukünftige rasche Zunahme junger Personen bei den Aborigines wird das Problem ihrer Jugendarbeitslosigkeit verschärfen, da die Arbeitslosigkeit bei jüngeren Altersgruppen normalerweise höher ist als bei älteren Personen. 1986 waren 40% der 20-24jährigen Aborigines von Arbeitslosigkeit betroffen (P. MILLER 1991:81-82).
8.2.5 Berufsgruppen nach Altersgruppen
Nun ist es möglich, die Streuung und Konzentration der einzelnen Berufsgruppen auf die jeweiligen Altersgruppen der indigenen Bevölkerung zu untersuchen. 175 Während der Anteil an den oberen Berufspositionen, und zwar an Führungskräften in Wirtschaft und öffentlichem Dienst sowie an professionals,bei den 15-24jährigen erwartungsgemäß einen niedrigeren Anteil einnimmt, ist er bei den nachfolgenden Altersgruppen höher vertreten. Dies charakterisiert den Karriereweg dieser Berufspositionen, welche vor allem den höheren Altersgruppen nach mehreren Jahren Arbeitserfahrung und weiterbildenden Qualifikationen ermöglicht werden. Die mittleren Berufspositionen der tradespersonsund clerksgewinnen dafür mit jeweils etwa 15% bei den 15-24jährigen im Vergleich zu den höheren Altersgruppen eine größere Bedeutung. Auffällig ist, daß die 15-24jährigen einen bedeutend höheren Anteil an den Dienstleistungs berufen beanspruchen. Der Anteil an Arbeitern ist bei allen Altersgruppen am höchsten, doch ist er bei der ältesten Gruppe der 55-64jährigen mit über 31% auffällig hoch. Dies resultiert aus den sehr begrenzten Bildungs- und Arbeitsmöglichkeiten der indigenen Bevölkerung in früheren Zeiten. Damals existierten keinerlei Chancen für sie, in die obersten Berufspositionen vorzu
dringen (vgl. Kap. 3.2.5). Den niedrigsten Arbeiteranteil weist die Gruppe der 25-34jährigen auf_11s
8.2.6 Einkommen nach Altersgruppen
Bei der Umrechnung des jährlichen Pro-Kopf-Einkommens (ABSc 1993:8) 177 ist die Konzen tration der einzelnen Altersgruppen der erwerbsfähigen Aborigines auf die Einkommensklassen sehr aufschlußreich. In die unterste Einkommensklasse von A$ 0-3.000 fällt etwa ein Viertel der jüngsten Altersgruppe der 15-19jährigen. Diese sind noch mit jeweils 18% relativ stark in den beiden nächsten Einkommenklassen von A$ 3.001-5.000 und 5.001-8.000 vertreten. Im Gegensatz dazu konzentriert sich das Einkommen der folgenden Altersgruppen immer stärker auf die höheren Einkommensklassen. Der größte Prozentanteil der höheren Altersgruppen
174 Auch hier ist die Altersgruppe der 65jährigen und darüber eingeschlossen. Die Daten basieren auf eigenen Umrechnungen der Volkszählungdaten (ABSc 1993:5}.
175 Die Kategorie "keine Angabe gemacht" ist hier getrennt ausgewiesen und nimmt in jeder Altersgruppe einen bedeutenden Anteil ein; sie varriert von 11.6% bei den 25-34jährigen bis zu 15.3% bei den 55-64jährigen.
176 eigene Berechnung nach ABSc (1993:7}
Die Kategorie "keine Angabe gemacht" variiert stark und nimmt bei den 15-19jährigen etwa 22%, bei den höheren Altersgruppen nur noch 10% bis 11% ein.
verdient -z>Narein Einkommen von A$ 5.001-8.000, doch die beiden nächsten Einkommens klassen {A$ 8.001-12.000 und A$ 12.001-16.000) nehmen bei den 25-34jährigen und 35- 44jährigen einen ebenfalls beträchtlichen Anteil ein. Im Hinblick auf die ältesten Jahrgänge der erwerbsfähigen Bevölkerung ist die besonders starke Konzentration des Einkommens auf die A$ 5.001-8.000-Klasse auffällig, welche bei den 45-54jährigen etwa 26% und bei den 55-64jährigen 37% umfaßt. Ein geringerer Anteil der obersten Altersgruppe ist in die höheren Einkommens klassen im Vergleich zu den 45-54jährigen einzustufen. Dies ist durch den durchschnittlich häufigeren Arbeitsausfall - aufgrund höherer Krankheitswahrscheinlichkeit - bedingt. 178
8.3 Haushalts- und Familienstruktur
Die traditionellen Familien- und Verwandtschaftsstrukturen der Aborigines sind durch eine große Familienbezogenheit und ein großes Zusammengehörigkeitsgefühl gekennzeichnet (vgl. Kap. 4.2.2.1). Folglich unterscheidet sich die indigene Haushalts- und Familienstruktur anhand charakteristischer Merkmale von derjenigen der nicht-indigenen Australier. Es existiert bei den Aborigines eine höhere Wahrscheinlichkeit, daß "ungewöhnliche" Familienzusammensetzungen auftreten und daß sonstige, teilweise auch weiter entfernte Verwandte, in die Familie integriert werden. lndigene Familien und Haushalte sind im Durchschnitt weitaus umfangreicher und weisen eine größere Zahl von Kindern und Abhängigen auf. Dadurch ist die entstehende finanzielle Belastung der indigenen Familien und Haushalte im Vergleich zu den Nicht-Aborigi nes erheblich größer. Der Teufelskreis schließt sich, wenn man zusätzlich die weitaus nie drigeren Einkommen der indigenen Bevölkerung berücksichtigt. Aborigines haben -z>Narebenfalls den Anspruch auf unterschiedliche Sozialunterstützungen. doch diese vermögen das finanzielle Ungleichgewicht im Einkommen -z>Nischen den Familien und Haushalten der beiden Ethnien nicht auszugleichen. Somit sind Aborigines dazu ge-z>Nungen, eine größere Anzahl an Abhängigen als nicht-indigene Australier zu unterhalten, wohingegen sie ihre wirtschaftliche Situation weniger dazu befähigt. Dies stellt ein weiterer Einflußfaktor für ihre relative sozio-ökonomische Benachteiligung dar.
8.3.1 Haushaltsstruktur
Ein besonderes Merkmal der indigenen Bevölkerung stellen ihre großen Anteile von Mehrfa milien-Haushalten (multi-family households) an den einzelnen Haushaltstypen dar. 11.9% der indigenen Bevölkerung lebt in Mehrfamilienhaushalten im Vergleich zu nur 1.5% der nicht-
179
eigene Berechnung nach ABSc (1993:8)
Die Volkszählung beinhaltet eine Frage über die Beziehung jeder Person zum jeweiligen Haushaltsvorstand (family or household reference person).Die Antworten auf diese Frage ermöglichen somit eine Klassifizierung der Familien- und Haushaltstypen der betroffenen Personen. Der Zensus kategorisiert alle Personen, welche in Privah.a1terkünften, Famien und Haushalten leben. Eine Familie besteht aus einer Gruppe verwandter Individuen, welche zusammenleben. Ein Haushalt wird als eine Gruppe von Personen definiert, welche normalerweise einen gemeinsamen Wohnsitz haben und gemeinsame Mahlzeiten einnehmen (vgl. ABSe 1993:7). Als indigene Familien bzw. indigene Haushalte werden diejenigen definiert, bei denen sich der Haushaltsvorstand als ein Aborigine oder ein Torres Strait lslander identifiziert (vgl. Glossar).
indigenen Bevölkerung. Ein weiteres Charakteristikum ist der Anteil an Einpersonen-Haushalten (lone person household),welcher bei den Aborigines nur 3%, bei den nicht-indigenen Australier jedoch 7.1% einnimmt (ABSe 1993:7) (vgl. Abb. 39).
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb. 39:
Bevölkerungsanteile an Haushaltstypen 1991
Quelle: ABSe (1993:7) Eigener Entwurf
Die durchschnittliche Größe der indigenen Haushalte beträgt 4.6 Personen, wohingegen die nicht-indigenen Australier durchschnittlich nur mit 2.6 Personen zusammenwohnen. Die Haus haltsgröße der nicht-indigenen Bevölkerung zeigt in den einzelnen Bundesstaaten und Territo rien kaum Unterschiede. Die geringe Spannweite reicht von 2.5 Personen in South Australia und Tasmania bis zu 2.9 Personen pro Haushalt im Northern Territory und im ACT. Im Gegensatz dazu können relativ große Schwankungen bei den indigenen Haushalten im Staatenvergleich festgestellt werden. Die kleinste Haushaltsgröße von 3.2 Personen wird in Tasmania, die größte mit 6.5 Personen im Northern Territory festgestellt. Diese Ergebnisse korrelieren stark mit der Bevölkerungsverteilung der Aborigines. In Tasmania, im ACT und in Victoria, welche eine niedrigere Haushaltsgröße aufweisen, ist sie eher auf städtische Gebiete konzentriert. Im Northern Territory und in Western Australia lebt hingegen ein größerer Bevölkerungsanteil in ländlichen und peripheren Regionen. Folglich divergiert die durchschnittliche Haushaltsgröße zwischen der jeweiligen Hauptstadt und den ländlicheren Landesteilen am stärksten in diesen letztgenannten Bundesstaaten (ABSe 1993:8,20-21) (vgl. Kap. 5.3) (vgl. Abb. 40). 180
R. ROSS/WHITEFORD (1990) beschäftigten sich im Detail mit der Armut kinderreicher Familien der Aborigines.
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb. 40:
Räumliche Disparitäten der Haushaltsgröße 1991
* nur indigene Bevökerung
Quelle: ABSe (1993:20+21)
Eigener Entwurf
8.3.2 Familienstruktur
Im Jahr 1991 wurden offiziell insgesamt 62.037 indigene Familien gezählt. Ein Anteil von 73.6% dieser indigenen Familien waren Familien mit (finanziell) abhängigen Angehörigen (families with dependents) im Vergleich zu 52.9% der nicht-indigenen Familien. Während die Anteile an den Familien mit zwei Elternteilen (two parent families) für indigene und nicht-indigene Familien annähernd übereinstimmen (55%/53.7%), können bemerkenswerte Unterschiede für andere Familientypen extrahiert werden. Über ein Viertel der indigenen Familien (27%) sind Familien mit nur einem Elternteil (one parent families).Die vergleichbare Zahl für nicht-indigene Familien beträgt diesbezüglich 12.6%. Der größte Anteil dieser Familien umfaßt abhängige Fami lienmitglieder (dependent family members).Nur aus Paaren bestehende Familien tragen mit einem Anteil von 14.6% zu allen indigenen Familien bei. Der entsprechende Wert für nicht indigene Familien nimmt hingegen über das Doppelte ein (30.9%). Ein weiteres Charakteristikum der Aboriginal Familien besteht in der Tatsache, daß ein größerer Prozentsatz von ihnen im Vergleich zu nicht-indigenen Familien zusätzlich mit sonstigen verwandten Individuen (related individuals) zusammenlebt (ABSe 1993:8) (vgl. Abb. 41).
Die Abbildung ist nicht Teil der Leseprobe (Anm. d. Red.)
Abb. 41:
Anteile der Familientypen 1991
" einschließlich eigener und
anderer Kinder und verwandter Individuen (unterschiedliche Kombinationen)
Quelle: ABSe (1993:8) Eigener Entwurf
Der Anteil der indigenen Familien mit einem Elternteil variiert zwischen 20% und 25% in allen Bundesstaaten außer in Tasmania (12.3%), wo dieser Anteil nahezu mit dem der nicht-indigenen Bevölkerung übereinstimmt. Innerhalb der einzelnen Staaten existieren keine großen Unterschie de zwischen der Hauptstadt und den übrigen ländlicheren Regionen des dazugehörigen Bundes staates hinsichtlich der Verteilung von Familientypen. Auf den zweiten Blick kann jedoch in jenen Staaten mit einem großen Bevölkerungsanteil in peripheren Regionen ein leicht größerer Anteil an Familien mit einem Elternteil in den Hauptstädten festgestellt werden. Diesbezüglich sind vor allem South Australia (28.3% für Adelaide gegenüber 22.8% für die ländlicheren Landesteile) Western Australia (28.3%/22.4%) und das Northem Territory (29.4%/20.6%) (ABSe 1993:20-21).
9 Diskriminierung als Einflußfaktor
Rassenbeziehungen sind seit der Inbesitznahme Australiens durch die Europäer bis heute ein ständig heiß diskutiertes Thema. Sie haben seit jeher große Auswirkungen auf die Lebensum stände der Aborigines gehabt, vor allem auch im Brennpunkt ihrer sozio-ökonomischen Situa tion. Der institutionalisierte Rassismus in Australien wirkt sich durch rassistische Einstellungen und Vorurteile auf seiten der weißen Bevölkerung gegenüber der indigenen Minderheit aus, und z.war in alltäglichen Situationen. Dies führt nicht selten zu Diskriminierungen der Aborigines auf dem Arbeitsmarkt und im Berufsleben und hat häufig Konsequenzen auf ihren Erwerbsstatus. Diskriminatorische Behandlungen verringern ihre Chancen, sowohl einen Arbeitsplatz als auch Aufstiegsmöglichkeiten und dadurch einen höheren sozio-ökonomischen Status zu erwerben.
9.1 Definition und Erklärung von Rassismus
Die UNESCO definiert "Rassismus" wie folgt: "Racism, namely, anti-social beliefs which are based on the fallacy that discriminatory inter-group relations are justifiable on biological grounds (...) Racism falsely claims that there is a scientific basis for arranging groups hierarchically in terms of psychological and cultural characteristics that are immutable and innate. In this way it seeks to make existing differences appear inviolable as a means of permanently maintaining current relations between groups" (in: STEVENS 1981:175). Der Begriff "Rassismus" bezieht sich im allgemeinen Sprachgebrauch normalerweise auf feindlich gesinnte oder abschätzige Einstellungen gegenüber Angehörigen einer anderen "Rasse", "Kultur" oder Nationalität. Er impliziert außerdem ein diskriminatorisches Verhalten diesen Menschen gegenüber. Rassismus wird entweder in böswilliger Absicht. durch Ignoranz oder aufgrund der Sozialisation in eine rassistische Kultur praktiziert. Dieses sogenannte "Vorurteil-Modell" von Rassismus nimmt auf offene, individuelle Handlungen Beziehung (vgl. PETTMAN 1988:23-24).
Es existiert auch eine stärkere, deterministischere Erklärung von Rassismus: Daß wir, als menschliche Wesen, von Natur aus "unser eigenes" vorziehen und/oder uns vor dem fürchten, was anders ist. Im Hinblick auf die Argumentation von Ethnologen und Soziobiologen ist Rassis mus natürlich und darum unvermeidlich. "lt is the difference, and the natural tendency for humans to form groups whose membership, boundaries and sense of belonging depend on distinguishing between 'in' and ·out' groups, between·us· and 'them·, which is seen as significant" (PETTMAN 1988:24). Diese im Grunde genommen biologische Vorstellung von Rassismus ist nach Ansicht des Autors eine rassistische Ideologie, da sie Rassismus auf eine essentialistische Weise erklärt und ihn somit naturalisiert und jenseits politischer Prüfung und sozialer Aktion stellt. THIELE (1991:182-83) äußerst sich dazu in der Weise, "that humans can be grouped according to such matters as their differing socio-cultural capacities, potentials, rights and needs; that these are the product of different genetic structures (genotypes) which are, along with the socio-cultural characteristics they are thought to produce, passed down from generation to generation; and that these genetic structures, while they themselves are invisible, are often flagged by differences in appearance (phenotypes), especially by skin colour. (...)
Racial identification, whether of seif or others, automatically involves drawing a direct link from (assumed) biological to social characteristics". Mit der jüngeren Genetikforschung und dem gegenwärtig in Mißkredit stehenden Sozialdarwinismus, stimmen Soziologen und "Rassenbe ziehungs-Theoretiker" darin überein, daß Rasse als biologische Kategorie nicht existiert, sondern vielmehr als soziale Kategorie betrachtet werden sollte. Die Unterscheidung zwischen Biologie und Kultur, zwischen Rasse und Ethnizität wird unklar ... (vgl. BANTON 1969; REX 1983; beide in: PETTMAN 1988:25-26).
Eine weitere Schlußfolgerung besteht für THIELE (1991:184) darin, daß alle, die sich als "Weiße" oder "Schwarze" identifizieren, fast ausschließlich von Haß geprägte und vorurteilsbe haftete Vergleiche anstellen und stereotypieren. Eine rassische Identität steht immer im Zusam menhang mit Gefühlen von Überlegenheit und Minderwertigkeit. Rassismus bezieht sich somit auf die sozialen Beziehungen von Herrschaft und Unterordnung, auf weiße Macht und Privilegien ebenso wie auf schwarze Unterdrückung und Widerstand. PETTMAN (1988:37) definiert "das Aboriginal-Problem" als das eines ungleichen Machtverhältnisses um. Der Grad der Integration der Aborigines in die australische Gesellschaft nimmt dabei einen hohen Stellenwert ein. Rassis mus bzw. Rassenbeziehungen existieren innerhalb eines historischen und sozialen Kontextes. Sie sind historisch entstanden und wandeln sich stetig in Bedeutung und Auswirkung, Struktur und Ideologie. Der heutige Rassismus ist weder eine "Ablagerung" der europäischen Invasion und Enteignung noch eine Nachwirkung des Sozialdarwinismus' des 19. Jahrhunderts und kultu reller Mythen, noch ist er im Verschwinden begriffen. Der Begriff des "institutionalisierten Rassis mus'" bezieht sich auf die Reproduktion systemimmanenter Strukturen von Ungleichheit, welche wiederum mit rassischer bzw. kultureller Abstammung korrelieren. Der institutionalisierte Rassis mus richtet den Blick daher eher auf Konsequenzen als auf Absichten und analysiert demzufolge Praktiken, alltägliche Routinesituationen, Regeln und Normen. welche ungleiche Resultate im Hinblick auf die jeweilige benachteiligte Gruppe erzeugen (vgl. PETTMAN 1988:27-33).
9.2 Historische Entwicklung der Rassenbeziehungen
"The Aboriginal race was not only metaphorically debauched but was attacked and denigrated in every possible way as they came to be described as the most• debased race on the face of the earth' and the ·connecting link between man and the monkey tribes'" (STEVENS 1981:179). Ab dem 18. und 19. Jahrhundert wurden soziale mit physischen Charakeristika gleichgesetzt. "Weiße" und "Schwarze" wurden für lange Zeit als zwei Extreme eines Kontinuums angesehen,
d.h. die "unzivilisierten". "primitiven", "barbarischen" Schwarzen wurden den "zivilisierten", "hochentwickelten", "modernen" Weißen gegenübergestellt (vgl. STANNER 1979:515; TATZ 1992:76). Das Konzept des Sozialdarwinismus' hat die zwangsweise Assimilierung und Unterdrückung der indigenen Australier legitimiert, da "primitive Kulturen" nach diesem Konzept zivilisiert werden mußten (vgl. Kap. 3.2). Die Entwicklung fremdenfeindlicher Stereotypen in der australischen Öffentlichkeit erreichte ihr Höchstmaß um die letzte Jahrhundertwende.
Die Einstellungen gegenüber Aborigines begannen sich ungefähr ab Ende der 1920er Jahre zu
wandeln. Das Interesse erreichte seinen ersten Höhepunkt erst, nachdem gegen Ende der 1930er Jahre wissenschaftliche Veröffentlichungen über das indigene Volk erschienen waren.
Diese hatten STEVENS (1981:179-86) zufolge die einmalige Natur der traditionellen Aboriginal Gesellschaft eindeutig festgehalten und den möglichsten Beitrag zur kulturellen Vielfalt geleistet. Doch die wirtschaftlichen und geographischen Lebensbedingungen der Aborigines margina lisierten diese weiterhin innerhalb der allgemeinen australischen Gesellschaft. Der erste, wenn auch zögernde Wandel offizieller Einstellungen gegenüber Aborigines, wurde in einer Erklärung des damaligen australischen Innenministers, McEWEN 1939, kundgetan. Zum ersten Mal forderte man die Aborigines dazu auf, an den Möglichkeiten teilzuhaben, die in ihrem eigenen Land bestehen. Ein Gesinnungswandel fand erst durch den politischen Wandel statt, welcher zu der Zeit die Betonung auf Assimilation und später auf Integration legte. Obgleich die poltische Leitlinie der Integration nicht die gleiche "Sicherheit" wie Assimilation einräumt, stellt sie zumindest Alternativen in Aussicht, wodurch Aborigines eine eigene Wahl treffen können. Eine Wahl zu haben, ist jedoch nur von Bedeutung, wenn Ressourcen und Möglichkeiten dafür bereitgestellt werden, um diese Alternativen in lebensfähige wirtschaftliche, soziale und politische Taten umzusetzen.
Generell gesehen haben sich die Einstellungen der Australier gegenüber den Aborigines und deren Problemen von einem Widerstand - bis Beginn des Zweiten Weltkrieges - zu einer Akzeptanz der Integrationsidee verändert (STEVENS 1981:185-221). Auch THIELE (1991:188) ist der Ansicht, daß der Rassismus in Australien im allgemeinen von abnehmender Bedeutung ist. Die neue Orientierung Australiens im Zusammenhang mit den Einflüssen der gegenseitigen kulturellen Befruchtung, welche durch die Einwanderungsprogramme bewirkt wurde, resultierte in einen grundlegenden Wandel australischer Einstellungen anderen rassischen bzw. kulturellen Gruppen gegenüber. Der erheblich zugenommene Anteil ausländischer Mitbürger, welche entweder im Ausland geboren wurden oder Kinder von Immigranten waren, erschütterte die Abgeschiedenheit und den Ethnozentrismus der australischen Gesellschaft, welche ein Merkmal der früheren Jahre des 20. Jahrhunderts waren.
Es blieb hingegen das Problem der schwarzen Ureinwohner auf dem australischen Kontinent weiter bestehen. "The anti-colonial revolution of the post-war era further eroded the base on which belief in white supremacy had been built. Yet the past survived. Racism continued to run like an undercurrent through Australian society. lt had been submerged but had not disappeared"
(REYNOLDS 1989:121-22). Die Whit/am-Regierung verabschiedete 1975 den Racial Discrimi-
,
nation Act.Dieses Geset? ,untersagt die Diskriminierung einer anderen Person auf der
Grundlage von Rasse, Hautfarbe, Abstammung, nationaler oder ethnischer Herkunft (vgl. JONES 1993:422). Dadurch sollten Diskriminierungen hinsichtlich öffentlicher Orte, Wohnungen, der Bereitstellung von Gütern, Dienstleistungen und Beschäftigung verbannt werden. Diese Gesetzgebung ist nach Ansicht BROOMEs (1982:182) jedoch relativ wirkungslos, da sie keine strafrechtlichen Sanktionen beinhaltet. Der National Reportder RCIADIC (1991:3) dokumentiert einen "wild wuchernden" institutionalisierten Rassismus in der australischen Gesellschaft (vgl. Kap. 10.3.3). Auch das HRSG (1992:4) betont, daß Rassismus bis heute noch in der australi schen Gesellschaft existiert. Während offener Rassismus im Zurückgehen begriffen ist, treten subtilere Formen an seine Stelle.
3.3 Einfluß auf die sozio-ökonomische Benachteiligung
"We can attempt to identify the obstacles to their getting in - or getting out. ls the obstacle that of 'race'? lndigenous status and the impact of colonisation? 'culture' (be it described in terms of traditional, 'thin', losUdeprived, or in terms of lack of access to (dominant) cultural capital) poverty? location at the bottom of the class structure? historical or residual racism, the effects of which Aborigines are still living with? Or is racism a contemporary force, that, for example, locks Aborigines out of those strategic entry points of education and employment"? (PETTMAN 1988:28).
BROWN (1986) argumentiert, daß der ungleichberechtigte bzw. ungleiche Zugang der Aborigines zu "Sprungbrettern" in die australische Gesellschaft deren Lebensperspektiven außerordentlich negativ bestimmt und normalerweise rassistische Ergebnisse zur Folge hat. Auch für R.&C. BERNDT (1992:522) ist die negative Diskriminierung gegenüber Aborigines noch immer existent, obwohl so gut wie die gesamte benachteiligende Gesetzgebung in dieser Hinsicht aufgehoben wurde. Beschränkungen bezüglich des Zugangs zu potentiellen Vorteilen sowie durch begrenzte Möglichkeiten, diskriminatorische Einstellungen und Verhaltensweisen bleiben weiterhin für die Aboriginal Bevölkerung bestehen.
Diskriminierung wird normalerweise mit Ungleichheiten im Hinblick auf Gruppenresultate in Zusammenhang gebracht. Positive Diskriminierung zielt auf eine Förderung gleicher Ergebnisse in Situationen ab, in denen ansonsten Ungleichheit entstehen würde. In den meisten Fällen beinhaltet Diskriminierung jedoch eine negative Assoziation und bezieht sich auf ungerecht fertigte Ungleichbehandlung. Im Hinblick auf den Arbeitsmarkt impliziert Diskriminierung, daß persönliche Charakteristika, welche als irrelevant für die ökonomische Leistungsfähigkeit betrachtet werden, wie hier die ethnische Abstammung, eine Grundlage für vorurteilsbehaftete Behandlung von unterschiedlichen Arbeitnehmergruppen bieten. Vorgefaßte Einstellungen müssen sich diesbezüglich nicht immer in offene Diskriminierung verwandeln. Wenn Frauen, Einwanderer oder Mitglieder von Minderheitsgruppen eine geringere Arbeitsmarkterfahrung, ein niedrigeres Ausbildungsniveau oder einen geringeren Anteil an nachschulischen Qualifikationen besitzen als ihre jeweiligen Pendant . demnach Männer, die einheimische Bevölkerung bzw. die Mitglieder des Mehrheitsvolkes, dann wird eine gleiche Behandlung aufgrund dieser relevanten Arbeitsmarkt-Charakteristika ungleiche Gruppenetgebnisse zur Folge haben. Einige Gruppen werden ein geringeres Risiko hinsichtlich der Erwerbslosigkeit aufweisen, in höheren Berufpo sitionen Einstieg finderl oder ein höheres Einkommen vergütet bekommen, einfach nur deshalb, weil sie "produktivere" Charakteristika aufweisen. Gruppenunterschiede sollten daher immer in bezug auf diese ökönomischen Indikatoren berücksichtigt werden. "This (...) method of qualitifying the effetts of discrimination treats it as a residual remaining after relevant group differences in cliatacteHstics like schooling, experience and qualifications have been controlled" (JONES 1993:423). ALlsschließlich die Unterschiede hinsichtlich "Arbeiter-Charakteristika" zu prüfen, läßt das komplexere Problem der indirekten Auswirkungen von - in der Vergangenheit praktizierter - Diskriminierung außer Betracht. Gruppen, welche biskriminierung in der Vetgan genheit erlitten haben, können ihr Verhalten aufgrund von zu erwartender Diskriminierung angepaßt haben. Warum sollten australische Aborigines eine höhere Schul- bzw. Ausbildung
anstreben, wenn sie später eine ungleiche Behandlung auf dem Arbeitsmarkt erfahren werden? (vgl. Kap. 7.7.2) "lf the members of such groups do adjust their pre-market behaviour in the light of past group behaviour, then the bundeles of characteristics they bring to the labour market will reflect that history of discriminatron" (JONES 1993:423-24). Arbeitnehmer erfahren eine direkte Diskriminierung, wenn der Arbeitsmarkt ihre Fähigkeiten nicht im gleichen Maße wie die anderer Personen berücksichtigt. Eine indirekte Diskriminierung wird erlitten, wenn soziale Normen ihre Bildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten einschränken. Die letzte Perspektive impliziert, daß Diskriminierung ohne einen notwendigen speziellen "Diskriminator" auftreten kann, da Diskrimi nierung ein Produkt systemimmanenter und historischer Kräfte ist (vgl. JONES 1993:422-24).
Der Faktor"Aboriginalität"
Im folgenden soll der Einflußfaktor "Aboriginalität" durch eine empirische Studie belegt werden. DALY et al. (1993) gelangten in ihrer statistischen Untersuchung zu dem Ergebnis, daß die "Aboriginalität" bzw. Ethnizität einen negativen Einfluß auf die Wahrscheinlichkeit besitzt, eine vollzeitige Erwerbstätigkeit zu erhalten. Die Ergebnisse zeigen auf, daß die Variable "Aborigi nalität" eine unabhängige Auswirkung auf den Erwerbsstatus besitzt, auch wenn eine Reihe anderer Faktoren konstant gehalten wird.
Diese Variable reduziert die Möglichkeit einer Vollzeitbeschäftigung für männliche Aborigines und läßt die Wahrscheinlichkeit, erwerbslos zu sein, ansteigen. Die Aussicht einer weiblichen Aborigine, mit den durchschniWichen Charakteristika der gesamten Stichprobe, auf eine Vollzeit oder Teilzeitbeschäftigung ist niedriger als für eine vergleichbare nicht-indigene Frau. Dies wird durch die um etliches höhere Wahrscheinlichkeit ausgeglichen, erwerbslos oder eine Nichter werbsperson zu sein. Eine höhere Qualifikation oder ein Diplom läßt die Aussicht auf eine Vollzeitbeschäftigung für Männer und Frauen - ohne Berücksichtigung der Aboriginalität - ansteigen. Die Autoren sind der Ansicht, daß der Faktor Aboriginalität in der Zukunft noch einen höheren Stellenwert einnehmen wird, und zwar im umgekehrten Sinne. Anstatt einer negativen Auswirkung auf eine Beschäftigungsmöglichkeit, kann die Variable "Aboriginalität" vielmehr einen positiven Einfluß ausüben. Dies läßt sich durch die starke Zunahme der speziell für Aborigines eingeführten Arbeitsmarkt- und Beschäftigungsprogramme begründen. Eine Expan sion von Beschäftigungsprogrammen, wie die des CDEP-Programmes, für welches "Aborigi nalität" das hauptsächliche Teilnahmekriterium ist (vgl. Kap. 6.2.2), könnte den zuvor erläuterten Effekt von "Aboriginalität" auf den Erwerbsstatus umkehren lassen (vgl. DALY et al. 1993:11-20).
Vorurteile und Stereotypen
Viele nicht-indigene Australier kritisieren Einstellungen von Aborigines hinsichtlich ihrer Beteili gung an Lohnbeschäftigungen auf das Äußerste und legen sie als Beweis für deren Unzuläng lichkeit aus. Aboriginalität wird mit Hautfarbe und deren Abstufungen, demnach mit einer Hierarchie von Minderwertigkeit und Unfähigkeit in Proportion zur jeweiligen Farbabstufung gleichgesetzt (vgl. TATZ 1992:79). Trotz eines verstärkten Bewußtseins über Aborigines und indigene Problematiken, fühlen sich nicht-indigene Australier den Aborigines generell gesehen
überlegen. Es wird allgemein angenommen, daß sich Einflüsse der Aborigines negativ auswirken: Sie setzen den Lebensstandard derjenigen herunter, mit denen sie in Wechsel beziehungen stehen und sie sind eher bestrebt, "vom System zu nehmen" als etwas beizu steuern (vgl. E. BOURKE 1994a:15; vgl. MACKAY1988).
Die öffentliche Meinung der Australier gegenüber den Aborigines spielt eine gravierende Rolle, da Vorurteile und vorgefaßte Meinungen die Basis von Diskriminierung und Rassismus sind (vgl. Kap. 10.3.3). E. BOURKE (1994a:13-14) listet Einstellungen von Australiern auf, welche sich äußerst negativ auf eine Chancengleichheit der Aborigines bezüglich ihrer sozio-ökonomischen Situation auswirken, besonders dann, wenn sie sich darum bemühen, eine Arbeitsstelle zu erhalten. Dazu zählen a.) "Aborigines seien faul, unpünktlich und verschwenderisch im Umgang mit Geld und materiellen Dingen, das bedeutet unzuverlässig" und b.) "Aborigines seien den Weißen geistig unterlegen". Weitere Stereotypen sind "ein mangelndes Interesse und fehlenden Ehrgeiz" haben (vgl. TATZ 1992:86-87) (vgl. Kap. 4.2). LIPPMANN (1971:30ff) fand aufgrund von Umfragen unter der weißen Bevölkerung Eigenschaften heraus, die man den Aborigines zuschreibt, und zwar in der Rangfolge "schmutzig" bzw. "schlampig", "betrunken", "verantwor tungslos" und "minderwertig". Die Aborigines verletzen nach Ansicht der weißen Mehrheit den konventionellen Kodex von Arbeit, Sauberkeit und Nüchternheit. Eine dunkle Hautfarbe, ärmliche Lebensbedingungen und Schmutz begreift die Mehrheitsbevölkerung häufig als Einheit. Es herrscht eine starke Stereotypisierung bezüglich den Fähigkeiten, Benachteiligungen und der Akzeptanz der Aborigines vor. "... there is an overall belief in the inferiority of Aborigines, of their intrinsic inequality - a belief similar to that concerning the poor of the last century, whose poverty was seen as accusatory and, at the same time, constituted an affront to middle-class sensi bilities" (LIPPMANN1971:31).
Die Einstellung gegenüber Aborigines als "Schmarotzer" ist ebenfalls ein starker Herd für Diskriminierungen jeglicher Art. Grundlagen bieten unter anderem die zahlreichen Aboriginal Bildungs- und Arbeitsmarktprogramme und die steigende Rückgabe von Landrechten an das indigene Volk. Für diese Unternehmungen werden staatliche Gelder in relativ großem Umfang investiert (vgl. Kap. 5.6 und 6.2). Beschwerden von seiten der Arbeitgeber über den Wert indigener Arbeitskräfte für ihr Unternehmen sind in den Fällen seltener, in denen eine sympa thisierende Wertschätzung der Aboriginal Kultur und Gesellschaft sowie eine Anerkennung von Chancengleichheit vorherrscht. 181
181 Aufgrund zahlreicher Gespräche mit nicht-indigenen Australiern und Aborigines sowie Beobachtungen muß man dem Einfluß rassistischer Einstellungen und diskriminatorischer Praktiken eine starke Gewichtung bezügich der sozio-ökonomischen Benachteiligung der indigenen Minderheit beimessen (Kathy Waters,
Redfem Public School(Sydney), 20.4.94;
Commonwealth Employment ServiceNewton (Sydney), 28.4.94;
TAFE-CollegeNarrogin, 26.5.94 et al.).
10 Alkohol-, Kriminalitäts- und Gesundheitsproblematik
Soziale Problembereiche stehen in engem Zusammenhang mit sozio-ökonomischen Lebensbe dingungen. Der weitverbreitete Alkoholmißbrauch, die Überrepräsentierung in australischen Strafanstalten und die unbefriedigende Gesundheitssituation der Aborigines haben außeror dentlich negative Auswirkungen auf ihren Erwerbsstatus und ihr Einkommensniveau. Ihre Situation ist als erheblich negativer als diejenige der nicht-indigenen Australier einzustufen, was sie in sozio-ökonomischer Hinsicht stark benachteiligt. Schlechte Gesundheit und Alkoholab hängigkeit beeinträchtigen die Arbeits- und Leistungsfähigkeit eines Individuums. Der Kauf von Alkohol stellt eine große finanzielle Belastung dar. Inhaftierungen reduzieren die Arbeitser fahrung und führen zu Entlassungen sowie zu Vorbestrafungen. Die hier behandelten Themati ken sind eng miteinander verknüpft und bedingen sich gegenseitig. Alkoholmißbrauch trägt zu einem mangelhaften Gesundheitszustand bei, und ein Großteil der Delikte wird in alkoholisierter Verfassung begangen. Dies gibt wiederum Anlaß für rassistische Einstellungen und die Bildung von Stereotypen auf seiten der Mehrheitsbevölkerung (vgl. Kap. 9.3). Es bildet sich infolgedes sen ein Teufelskreis heraus. Eine Gliederung der drei Thematiken erfolgt in der Weise, daß zuerst die aktuelle Situation statistisch belegt wird, daraufhin ihr Einfluß auf die sozio-ökonomi schen Indikatoren erläutert wird und schließlich Ursachen und Wechselbeziehungen analysiert werden.
10.1 Das Alkoholproblem der Aborigines
10.1.1 Die Alkoholsituation
Der Alkoholmißbrauch stellt in vielen Aboriginal Communitiesein großes Problem dar (vgl. BURDEN 1994:164-65; HEALY et al. 1985:192). Trotz des Umstandes, daß weiße Australier vergleichbare Mengen an Alkohol konsumieren, existieren Beweise dafür, daß die Aborigines mit einem folgenschwereren Alkoholproblem konfrontiert sind. Dieses findet seinesgleichen möglicherweise in keinem anderen Industrieland (vgl. FUA/LUMSDEN 1984:6). Obwohl sich ein größerer Teil der Aborigines im Vergleich zur nicht-indigenen Bevölkerung zu den Abstinenzlern zählt, ist bei den Aboriginal Trinkern ein weitaus exzessiverer Alkoholkonsum festzustellen (vgl. GOVERNMENT OF WA 1994).
Nach einer Gesundheitsstudie des DepartmentofHealthdes NT über Aboriginal Communities (1988) zu schließen, tranken durchschnittlich 41.2% der Aborigines Alkohol; der Wert für die nicht-indigenen Australier des NT liegt bei 70%. Allerdings können über zwei Drittel der männlichen Aboriginal Trinker als "bingetrinkers"bezeichnet werden, da sie täglich mehr als 60
182 Das tatsächliche Ausmaß des Alkoholkonsumsder Aborigines ist weitaus schwieriger zu bestimmen, als jenes der nicht-indigenen Bevölkerung (HEALY et al. 1985:204} (vgl. Kap.1.3} Es steht hier nur empirisches Datenmaterial bzw. Stichproben zur Verfügung.
Gramm Alkohol 183 trinken (THE BULLETIN, 17.5.94). LARSEN (1979) spricht von einem "Krisenanteil" der indigenen Bevölkerung, bei welchem Alkoholmißbrauch auftritt. Die National Aboriginal and TSI Survey 19941 84 (in: KOORI MAIL, 8.3.95) berichtet, daß 59% der Befragten den Alkoholkonsum als eines ihrer größten Gesundheitsprobleme betrachten. WILSON (1982) zufolge trinken z.B. in etlichen Queensland Reservaten 90% der männlichen und 80% der weiblichen Aborigines übermäßig viel Alkohol. "Our community, as a whole, is alcohol based" (HEALY et al. 1985:198,192). Es muß eingeschränkt werden, daß diese Extremsituation nicht auf alle Aboriginal Communities zutrifft. Zwischen 1974 und 1988 standen jedoch nahezu die Hälfte aller Todesfälle in den towncampsvon Alice Springs (NT) in Zusammenhang mit alkoholbedingten Krankheiten, Unfällen und Mordfällen. Aboriginaltown campersin Alice Springs trinken 40% mehr als die durchschnittliche Bevölkerung des NT; dies entspricht 90% mehr als dem nationalen Durchschnitt (BURDEN 1994:172; THE BULLETIN, 17.5.94). YOUNG/FISK (1982a:14) machen auf die Statistik aufmerksam, derzufolge im Jahr 1979 etwa 53% aller männlichen und 21% aller weiblichen Sterbefälle der erwachsenen indigenen Bevölkerung von New South Wales auf Alkoholkonsum zurückzuführen waren. In der Katherine Region (NT) waren im Jahr 1992 39% der Aboriginal Todesfälle alkoholbedingt (THE BULLETIN, 17.5.95) Die Task Force on Aboriginal Social Justice (GOVERNMENT Of WA 1994) berichtet, daß in entlegenen Regionen Australiens 80 bis 90% aller tätlichen Angriffe und Verhaftungen der Aborigines im Zusammenhang mit Alkoholkonsum stehen. 185
10.1.2 Einfluß auf sozio-ökonomische Indikatoren
Die häufig auftretende Alkoholabhängigkeit bei der indigenen Bevölkerung hat folgenschwere Konsequenzen auf zahlreiche wirtschaftliche und soziale Lebensbereiche. Ihr weitverbreitetes Alkoholproblem wirkt sich gravierend auf ökonomische Charakteristika aus und muß im Kontext ihres allgemeinen Beschäftigungsmangels und anderen wirtschaftlichen und sozialen Problemen gesehen werden. Es existiert ein direkter Einfluß des Alkoholkonsums auf die wirtschaftliche Arbeits- und Leistungsfähigkeit und ein indirekter auf die Fähigkeit, ein bestimmtes Einkommen zu verdienen. Konsequenzen der Alkoholabhängigkeit sind Unregelmäßigkeit, Unzuverläßigkeit und der Verlust von Fähigkeiten und Urteilsvermögen. Kontinuierlicher exzessiver Alkohol-
183 Dies entspricht sechs Standardgetränken. Studie des ABSvon 15.700 indigenen Personen
Zahlreiche Interviewpartnerbestätigten das große Alkoholproblem der indigenen Minderheit (z.B. Ricky Lions,
Aboriginal MedicalService, 18.4.94 in Redfem/Sydney; Mrs. und Mr. Waters in der Redfem Public School,
20.4.94 in Redfem/Sydney; Bob Carroll, Aboriginal Homeless People Ngura, 22.4.94 in Asfield/Sydney; Merle Thomas, NightPatro/,Tangenfyere Council, 9.6.94 in Alice Springs). Das Institute for Aboriginal Developmentberichtete, daß der Alkohol das größte Problem für Aborigines in Alice Springs und Umgebung ist. Viele Abo rigines kommen aus entlegeneren Communitiesin die Landstadt, nur deshalb, um Alkohol zu konsumieren und bleiben auch aus Gründen seiner Verfügbarkeit dort (/AD,3.6.94 in Alice Springs).
Viele Interviewpartner machten außerdem auf das Problem des patrol sniffing indigener Jugendlicher aufmerksam. Es tritt insbesondere i, abgeschiedenen Communitiessüdwestlich von Alice Springs, v.a. an der Grenze zu South Australia, auf (Willie Bray, Mitarbe er im Rahmen des Patrol Sniffing Programsdes Disab/ed Service of CentralAustralia,17./19.6.94; Elizabeth Jones, Yipirinya School,8.6.94; Merle Thomas, Night Patrol,9.4.94; alle in Alice Springs).
konsum führt außerdem früher oder später zu spezifischen körperlichen Schädigungen und im allgemeinen zu verstärktem Auftreten eines dysfunktionalen Sozialverhaltens, was sich negativ auf die Arbeits- und Leistungsfähigkeit und die Integration in die Arbeitsumgebung auswirkt. Folgen bestehen somit auch in einer verringerten Kooperationsbereitschaft und Motivation sowie einem nachlassenden Engagement. Exzessiver Alkoholkonsum kann in einer Konkurrenz situation zur Disqualifizierung eines Arbeitnehmers aus seiner Lohnbeschäftigung führen. Dies beschränkt sich auf keinen Fall auf die Aborigines oder auf die "Armen". Für einen "Armen" 186 jedoch existieren sekundäre Auswirkungen, welche besonders schädlich sind. Der Kauf von Alkohol stellt für einen Alkoholiker eine hohe Priorität hinsichtlich seiner allgemeinen Ausgaben dar. Die Konsequenz besteht darin, daß ein armer Alkoholiker dazu tendiert, einen besonders hohen Anteil seines Einkommens für Alkohol auszugeben. Der Lebensstandard eines armen Alkoholikers und seiner Familie ist somit sehr viel niedriger als das Einkommensniveau es vermuten ließe. Darauf basierend leiden er und seine Familie nicht nur an den direkten Folgen seines exzessiven Alkoholkonsums, sondern werden zusätzlich mit indirekten Konsequenzen wie Fehlernährung, unangemessenen Wohnverhältnissen, schlechten hygienischen Zuständen und einer gestörten sozialen Umwelt belastet. Geld, welches Aborigines normalerweise für Nahrungsmittel und andere Grundbedürfnisse ihrer Familie ausgeben, verwenden sie allzu häufig für den Kauf von Alkohol. Und dadurch schließt sich der Teufelskreis von Armut und Krankheit (vgl. FISK 1985:110-11; SARGENT 1987:132; BURDEN 1994:172).
10.1.3 Ursachen und Wechselwirkungen
Der auffälligste Unterschied beim Vergleich der Trinkgewohnheiten von Aborigines und Nicht Aborigines ist das überwiegende "Trinken bis zur Vergessenheit" (drinking to oblivion)bei der indigenen Minderheit. Die Trinkgewohnheit mit dem beabsichtigten Zweck der Betrunkenheit wurde von SACKETT (1987), BECKETT (1965), WILSON (1982 in: FUA/LUMSDEN 1984) und
anderen herausgestellt. Exzessiver Alkoholkonsum erfüllt Funktionen wie Trost und andere Fluchtmechanismen aus Hoffnungs- und Hilfslosigkeit. Von einer Alkoholsucht sind in beson derem Maße Menschen betroffen, die unter ärmlichen Bedingungen leben, da Armut und chronische Erwerbslosigkeit Quellen von Frustation sind. Frustration selbst ist einer der Faktoren, welche Menschen dazu veranlassen. eine vorübergehende Zuflucht in exzessivem Alkoholkonsum zu suchen. Dieser kann demnach selbstverstärkend und selbsterhaltend sein (vgl. HEALY et al. 1985:202; LARSEN 1979; WILSON 1982 in: FUA/LUMSDEN 1984; FISK
1985:110).
CLIFFORD (1981 in: HEALY et al. 1985:196,205) weist daraufhin, daß dieses Trinkmuster ein weltweites Phänomen der Armen und Machtlosen darstellt und sich nicht nur auf die Aborigines beschränkt Nach Ansicht etlicher Autoren sind die Trinkgewohnheiten der Aborigines mit denen
1 86 Der Begriff "ann" wird hier pauschal verwendet; er ist immer relativ.
von anderen verarmter und enteigneter Völker vergleichbar187, deren Umwelt durch bedrückende sozio-ökonomische Lebensbedingungen, familiäre Trinkvorbilder und lebenslange Konfrontatio nen mit Diskriminierung gekennzeichnet ist. Wie bei ähnlich enteigneten Völkern machen Abori gines den exzessiven Alkoholkonsum zu einer eigenen Lebensweise. SARGENT (1987:129) bemerkt hierzu:"... the result was the destruction of the Aboriginal way of life with nothing to put in its place" (vgl. LARSEN 1979:149; SAGGERS/GRAY 1991:113; WILSON 1982 in: FUA/ LUMSDEN 1984).
Zahlreiche Autoren stellen eine Verbindung zwischen historischen Ereignissen und dem gegen wärtigen exzessiven Alkoholkonsum der Aborigines her. Sowohl BECKETT (1965) als auch ROWLEY (1973 in: HEALY et al 1985:196-97) führen das Alkoholproblem der Aborigines auf demoralisierende Umstände der europäischen Kolonialisierung zurück. Seine Ursachen liegen hauptsächlich im Zusammenbruch der traditionellen Gesellschaft, deren Enteignung, deren Ver lust von Autonomie und Selbstachtung, den mangelnden Chancen in der australischen Gesell schaft und in Diskriminierung (vgl. HEALY et al. 1985:193-204) (vgl. Kap. 3.2). LARSEN (1979: 136) extrahiert in seiner Ätiologie des Alkoholmißbrauchs der Aborigines 24 Faktoren, welche ihm zufolge nahezu alle auf nur wenigen grundlegenden sozialen Ursachen basieren. Der funda mentale Bestimmungsgrund ist für ihn die "differenzierende Behandlung", demnach Diskrimi nierung. Diese führt zu einer Reihe von sekundären Ursachen. Eine diskriminatorische soziale Umwelt trägt auch nach Ansicht von HEALY et al. (1985:205) und SARGENT (1979:132) in erheblichem Maße zum Alkoholmißbrauch der indigenen Bevölkerung bei. Obgleich die früheren diskriminatorischen Gesetze beabsichtigten, das Wohlbefinden der Aborigines zu "schützen", ließen sie Trinkgewohnheiten entstehen, welche dazu dienten, Vorstellungen von weißer Über legenheit zu formulieren und zu bekräftigen (vgl. HEALY et al. 1985:199) (vgl. Kap. 9.2).
Die Alkoholabhängigkeit der Aborigines spiegelt demzufolge die Art ihres Akkulturations prozesses wider und muß als ein Problem der Rassenbeziehungen zwischen Schwarzen und Weißen betrachtet werden. Die untergeordnete Position in der australischen Mehrheitsge sellschaft, Barrieren hinsichtlich Gleichberechtigung und Gleichbehandlung und die kulturelle und soziale Deintegration der Aborigines spielen dabei ein gravierende Rolle. Wo sich eine herrschende und eine untergeordnete Klasse gegenüberstehen, und die letztere allmählich die Lebensweise der ersteren annimmt, treten sämtlich_e Schwierigkeiten eines Akkulturations prozesses in den Vordergrund. Eine rapide Akkulturation verschärft diese. Der Druck ist jedoch am größten, wenn die Akkulturation unvollständig bleibt und Barrieren bezüglich ihrer Vollendung existieren (vgl. Kap. 4.1.1). Durch Alkoholkonsum drücken Aborigines oftmals ihre Antipathie aus, ihr Leben von anderen verwalten zu lassen. Ein berauschter Zustand kann im symbolischen Sinne dazu dienen, einen Widerstand gegenüber der dominanten Klasse oder zumindest eine "überwundene" Unterordnung auszudrücken (vgl. HEALY et al. 1985:206). Durch den Alkohol mißbrauch aus politischem Protest und Trotz heraus kann eine machtlose und untergeordnete Gruppe ihre eigene Identität und Werte gegenüber denen der herrschenden Gruppe behaupten (vgl. SARGENT 1987:132-35; HEALY et al. 1985:206). Alkoholismus stellt demnach ein Symp-
1 87 SARGENT (1987:129) zufolge trifft dies außer auf die nordamerikanischen Indianer z.B. auch auf indigene Völker aus New Guinea, Indien und Mexiko zu.
tom von tieferliegenden Problemen dar."... drink can be seen as a shield manipulated by certain people in their travails to maintain themselves as a distinct population. In like fashion many Aboriginal groups engage in a struggle to maintain a degree of autonomy" (SACKETT 1988:67). Als eine Auswirkung historischer Ereignisse dient das Alkoholtrinken den Aborigines demnach auch zu funktionalen Zwecken. Es wird benötigt, um eine Gruppensolidarität entstehen zu lassen. LARSEN (1980 in: HEALY et al. 1985:196) stelltin seiner Studie den Zusammenhang zwischen Alkoholmißbrauch und der "Randgruppenidentitätskultur" her. Er ist der Überzeugung, daß das Trinkverhalten der Aborigines ein Ausdruck von Gruppenidentität darstellt. "... drunken ness serves as an equivocal vehicle for exhibiting and expressing defiance" (BECKETT 1965:45).
Die traditionelle Gesellschaft der Aborigines kannte keinen Alkohol. Demnach ist die Einführung des Alkohols in Aboriginal Communities ,insbesondere in Zentralaustralien, ein sehr junges Ereignis. Während des Zeitraums von nur einem Vierteljahrhundert, in dem Aborigines freien Zugang zu Alkohol besitzen, konnten sich nicht die Restriktionen und sozialen Normen bezüglich ihres Konsums und Trinkverhaltens entwickeln, welche für westliche Gesellschaften charakte ristisch sind (vgl. BURDEN 1994:177). Der Genuß von Alkohol wurde Aborigines in den Anfängen der weißen Kolonialherrschaft lange Zeit ausnahmslos verboten (vgl. BROOME 1982:55). Seitdem sie die gesetzliche Gleichberechtigung hinsichtlich des Zugangs zu Alkohol erhalten haben, sind Aborigines nicht länger von traditionellen Trinkstätten, welche früher ausschließlich Weißen vorbehalten waren, ausgeschlossen. Das Alkoholproblem der indigenen Minderheit entwickelte sich, nachdem man die Restriktionen hinsichtlich des Alkoholgenusses für Aborigines in den 1960er Jahren aufhob. "For Aboriginal people it was drinking rights as opposed to voting rights that were most symbolic of citizenship ..."18s
Um diesen problembehafteten Auswirkungen der indigenen Alkoholabhängigkeit vorzubeugen, haben etliche traditionell orientierte Communitiesin Western Australia, South Australia, im Northern Territory und in Queensland den Verkauf und Konsum von Alkohol verboten, während andere einen rationierten Konsum erlauben (vgl. SAGGERS/GRA Y 1991:113; FUA/LUMSDEN 1984:9). Im Jahr 1986 hatten sich 50 Aboriginal Communitiesunter dem Northern Territory Liquor Act 1979 als sogenannte "trockene Gebiete" ausgewiesen. Die Restriktionen hingegen verdrängen die unliebsamen Trinker aus der Community oder in die größeren Zentren, welche häufig mehrere hundert Kilometer entfernt liegen (vgl. THE BULLETIN, 17.5.94).1B9
188 Nach Aussage des Soziologen P. D'ABBS in: THE BULLETIN, 17.5.94.
189 In Alice Springs (NT) wurde mit der Central Australian Aborig inal Alcoho/ Prevention Unit(CAAAPU)eine relativ neue Initiative gegen das weitverbreitete Alkoholproblem der indigenen Bevölkerung gestartet. Sie beabsichtigt, ein kulturell angepaßtes, von Aborigines selbst kontrolliertes Rehabilitationszentrum für indigene Alkoholabhängige einzurichten. Details hierzu sind im Jahresbericht des TANGENTYERE COUNCIL (1992) zu finden.
10.2 Alkoholabhängigkeit und Kriminalität im Zusammenhang
Die Beziehung von Alkoholabhängigkeit und Verstößen gegen das Gesetz ist allgemein bekannt und folgenschwer. Alkohol steht mit der hohen lnhaftierungsrate der Aborigines in Zusammen hang. Das große Ausmaß sozialer Konflikte in vielen Aboriginal Communitieskann in diesen Kontext eingebettet werden. Der kausale Zusammenhang zwischen Intoxikation und Gewalt stellt ein wesentliches Merkmal der indigenen Kriminalität dar (vgl. FUA/LUMSDEN 1984:7-10; NAHSWP 1989; SAGGERS/GRAY 1991:115-16).1 90
SACKETT (1988:66) zufolge gibt es Hinweise darauf, daß 80 bis 95% aller Fälle, in denen Aborigines in Gesetzeskonflikte verwickelt sind, auf Alkoholkonsum zurückzuführen sind. 1981 wurden im Northern Territory über 80% der inhaftierten Aborigines aufgrund von alkoholbe dingten Straftaten verurteilt. Die Situation der Überrepräsentierung indigener Personen in Strafanstalten, von denen die Mehrheit wegen Alkoholdelikten verurteilt wird, existiert in ganz Australien (NAHSWP 1989:198). Lösungsansätze, um den Teufelskreis von Alkohol und Gewalt zu durchbrechen, liegen letztendlich nicht in speziellen Bildungs- oder Alkoholvorbeugungs programmen. Sie basieren auch nach Ansicht von WILSON (1982 in: FUA/LUMSDEN 1984:7) vielmehr auf einem umfassenderen Ansatz, welcher indigenen Menschen Gefühle wie Selbstwert und Achtung zurückgeben soll.
Ein Großteil des Alkoholkonsums der Aborigines findet in der Öffentlichkeit statt, vor allem auf den Straßen oder in Parks. Dies erregt eher die Aufmerksamkeit der Polizei und der allgemeinen Gesellschaft, als wenn er in Gaststätten und Bars stattfinden würde (vgl. FUA/LUMSDEN 1984:7). Somit existiert ein zusätzlicher Anlaß für rassistische Meinungs- und Stereotypenbil dung gegenüber Aborigines. Ein Grund dafür, daß betrunkene Aborigines der Öffentlichkeit mehr auffallen, liegt unter anderem darin, daß bis zum heutigen Tag in zahlreichen Gaststätten keine Aborigines akzeptiert werden (vgl. HEALY et al. 1985:191). Dies kann aber auch auf unter schiedliche kulturelle Präferenzen der Aborigines zurückgehen, was bedeutet, daß sie Alkohol an den Orten konsumieren, an denen sie sich wohl fühlen. Den Zusammenhang zwischen Alkoholkonsum und Schuld erklärt man allgemein als das Produkt zusätzlicher Faktoren. Die weitverbreitete Arbeitslosigkeit, ärmliche Wohnverhältnisse, der schlechte Gesundheitszustand, das niedrige Selbstwertgefühl etc. schafften die Bedingungen für Alkoholkonsum und -miß brauch. Dies sind allesamt die Auswirkungen der europäischen Landnahme selbst wie Enteignung und Zerstörung der indigenen Kultur und Gesellschaft (vgl. WILSON 1982 in: FUA/LUMSDEN 1984:6-7). "This mode of ·escape', however, only serves to compound their plight (...) frustrations and aggression once channelled and kept within bounds by accepted and
190 Merle Thomas von der Night Patrol (9.6.94 in Alice Springs) und der Aboriginal Legal Service (18.4.94 in Redfem/Sydney) bestätigten, daß sich Gewalttätigkeiten und Auseinandersetzungen bei Aborigines zum Großteil auf exzessiven Alkoholkonsum zurückführen lassen. Aborigines begehen die meisten Delikte, insbesondere Gewalttätigkeiten, in alkoholisiertem Zustand. Es sind vorwiegend die arbeitslosen Aborigines, welche in Konflikt mit dem Gesetz kommen. Alkohol stellt nach Überzeugung des ALS dasgrößte Problem der indigenen Minderheit dar (AboriginalLegalService, 18.4.94 in Redfem/Sydney; Bob Carroll, Aboriginal Homeless People Ngura ,22.4.94 in Asfield/Sydney).
recognized rules, but now left unchecked and even aggravated by the built and social environ ment people must endure, are many times 'triggered' and released in an explosive, self destructive or combative manner" (SACKETT 1988:66-67). Der Reaktion der Aborigines, im Alkohol Zuflucht zu suchen, begegnete man mit verstärkten Versuchen, sie zu beschränken und zu belehren, was wiederum zu größerem Alkoholkonsum, zunehmenden Verhaftungen und dem Fortbestehen dieses zerstörerischen Kreislaufs führte.
10.3 lndigene Kriminalität
10.3.1 Kriminalitätscharakteristika
Die RoyalCommission lnto Deaths in Custody(RCIDIC 1991) berichtet von einer massiven Überrepräsentierung indigener Personen auf jeder Ebene der Strafverfahren. Einer Studie des Australian Institute of Criminology im Jahr 1992 zufolge werden Aborigines 26 mal häufiger als nicht-indigene Personen in Polizeigewahrsam genommen (in: ATSIC 1994:40). Die Aboriginal Bevölkerung ist auch in Strafanstalten stark überrepräsentiert. Im August 1988 betrug der Anteil der Aborigines an den gesamten Inhaftierten 28.6%. Wenn man nun den indigenen Anteil an der australischen Gesamtbevölkerung von 1.6% im Jahr 1991 berücksichtigt, liegt die Inhaftierungs rate der Aborigines 29 mal so hoch wie diejenige der nicht-indigenen Australier (HRSC 1992:274). WALKER (1990 in: HAZELHURST 1991:1) schätzt den Anteil der indigenen Haft insassen im Jahr 1988/89 in australischen Gefängnissen auf 26.6%. Das Institute of Criminology(in: ATSIC 1994:40) berichtet davon, daß Aborigines im Vergleich zur weißen Bevölkerung 15 mal stärker in Strafanstalten vertreten sind (1992). In Western Australia sind junge Aboriginal Männer über 60 mal so häufig wie nicht-indigene Männer inhaftiert (HRSC 1992:274). Ein indigener Anteil von 20% an allen Inhaftierten scheint für HAZELHURST (1991:4) 192 ein akzeptabler Wert zu sein. Die National Aboriginal and TSI Survey 1994 ) fand heraus, daß jede(r) fünfte Befragte über 13 Jahre mindestens einmal im Zeitraum der letzten fünf Jahren verhaftet wurde; 12% der Aborigines wurden mehr als einmal festgenommen (in: KOORI MAIL,
8.3.95. Die Überrepräsentierung der indigenen 10-17jährigen in Jugendvollzugsanstalten beträgt in einigen Staaten in etwa das Doppelte der erwachsenen Gefängnisinsassen (ATSIC 1994:40).
Es ragen gewisse Merkmale in bezug auf die Kriminalität der Aborigines heraus. Ein Kenn zeichen ist die geringe Deliktsnatur ihrer Straftaten, welche sie vor allem gegen die guten Sitten und Eigentum begehen. Das zweite Merkmal besteht in dem häufigen Auftreten von Gewohn heitstätern. Ein weiteres Charakteristikum ist darin zu sehen, daß Inhaftierungen nur wenig
19 1 Datenmaterial über das exakte Ausmaß der Überrepräsentierung (over-representation)indigener Personen im Strafrechtssystem stehen nur begrenzt zur Verfügung. Ergebnisse unterschiedlicher Studien divergieren zudem relativ stark.
192 HAZELHURSTs (1991:4-5) Ergebnisse basieren auf dem australischen prison census,den Reports ofDepartment of Corrective Services,den Erfahrungen des Aboriginal Legal Service ,der Untersuchung durch die RC/O/Cund auf verschiedenen anderen Studien.
Abschreckungswirkung auf Aborigines ausüben. Aborigines werden weitaus eher für gering fügige Straftaten auf dem Gebiet der Bagatell-Kriminalität bestraft. Dies ist aus ihrer relativ kur zen Aufenthaltsdauer in Strafanstalten ersichtlich. Aborigines neigen außerdem wesentlich mehr dazu, rückfällig zu werden. Sie sind auch häufiger selbst Opfer von Straßenkriminalität (vgl. STEVENS 1981:43; HAZELHURST 1991:4-5). PATTEL-GRAY (1991:25) nach zu schließen,
bestehen die meisten Delikte, für welche den Aborigines Gefängnisstrafen auferlegt werden, aus Eigentums-, Verkehrs- und geringfügigen Gewaltdelikten. Diese trugen Mitte der 1980er Jahre zu etwa 80% ihrer Verurteilungen bei. Ihre starke Überrepräsentierung beginnt schon in den Jugendbesserungsanstalten. In New South Wales beträgt der Anteil der indigenen Jugendlichen, welche in family and community services institutions untergebracht sind, etwa 25%; dieser Anteil kann in Western Australia bei 70 bis 90% liegen (vgl. HAZELHURST 1991:6).
10.3.2 Einfluß auf sozio-ökonomische Indikatoren
Ausmaß und Charakteristika ihrer Kriminalität und die starke Überrepräsentierung der indigenen Minderheit in australischen Strafanstalten verdeutlichen, daß Konflikte mit dem Gesetz bzw. mit der Polizei und entsprechende Bestrafungen eine nicht ungewöhnliche Facette ihres Lebens darstellen, im Gegensatz zur weißen Bevölkerung. "...The present punishments virtually have become taken for granted aspects of people's life" (SACKETT 1988:73). Bestrafungen, die Aborigines für ihre im Durchschnitt geringfügigen Delikte in Kauf nehmen müssen, reichen von Aufenthalten in Strafanstalten und Jugendheimen bis hin zu Geldstrafen. Die Gefängnisstrafen sind für Aborigines zwar im allgemeinen von relativ kurzer Dauer, wirken sich jedoch äußerst negativ auf ihre Arbeitsmarktchancen aus. Zum einen sinkt ihre Aussicht auf eine Arbeitsstelle ganz erheblich, wenn eine Vorbestrafung vorliegt. Da ein beträchtlicher Anteil der indigenen Bevölkerung mindestens einmal mit dem Gesetz in Konflikt getreten ist, ist diese Tatsache mit weitreichenden Konsequenzen auf ihre Beschäftigungschancen verbunden und verstärkt ihre Arbeitslosigkeit auf dem formellen Arbeitsmarkt. Eine Inhaftierung führt außerdem zu der Unterbrechung oder dem Abbruch eines Arbeits- oder Ausbildungsprozesses. Im Hinblick auf eine Beschäftigung hat eine Inhaftierung sehr häufig die Entlassung vom Arbeitsplatz zur Folge. Zusätzlich wirktsich eine lnhaftierungszeit negativ auf die Arbeitserfahrung und deren Zeit spanne aus. Auch die Regelung von Gesetzeskonflikten ist eine oftmals langwierige und zeitaufwendige Angelegenheit. Die Möglichkeit, eine Berufslaufbahn anzustreben, wird somit schon in jungen Jahren behindert oder sogar ausgeschlossen.
Zahlreiche Aborigines sind dazu gezwungen, "für die Polizei zu arbeiten". Sie müssen einiges an Geld aufwenden, um ihre Geldstrafen für begangene Delikte begleichen zu können. Wenn man das größere Ausmaß an Bagatelldelikten bei Aborigines berücksichtigt, erkennt man, daß dies in indigenen Familien sehr viel häufiger vorkommt als in nicht-indigenen Familien. Dadurch ist das Budget der indigenen Haushalte um einiges stärker belastet. Ein weiterer Schlüsselfaktor besteht darin, daß Aborigines aufgrund ihres niedrigen Einkommensniveaus häufig nicht dazu in der Lage sind oder es versäumen, die ihnen auferlegten Geldstrafen zu bezahlen. Sie müssen
folglich als Alternative Gefängnisstrafen in Kauf nehmen. Damit schließt sich der Teufelskreis von sozio-ökonomischem Status und Kriminalität (vgl. SACKETT 1988:73; PATTEL-GRAY 1991:25).
10.3.3 Ursachen- und Wirkungsgefüge
In seiner Studie über Aboriginal Ex-Häftlinge und Ex-Haftinsassen stellt ALEXANDER (1987: 328) heraus, daß 68% der ehemaligen Häftlinge und 77% der damaligen Insassen zum Zeit punkt ihrer begangenen Straftat keiner Beschäftigung nachgingen, demnach erwerbslos waren. HAZELHURST (1991:5) argumentiert hingegen, daß sowohl indigene als auch nicht-indigene Häftlinge zumeist ähnliche sozio-ökonomische Charakteristika aufweisen und die Überrepräsen tierung von Aborigines in Strafanstalten keineswegs auf ihre negativeren sozio-ökonomischen Indikatoren zurückzuführen ist.
WILSON (1982 in: FUNLUMSDEN 1984:6) extrahiert vier Ursachenkomplexe bezüglich der extrem hohen lnhaftierungsraten der Aborigines. Der erste Faktor ist in der einseitigen Ausrich tung des Strafrechtssystems begründet. Eine zweite Ursache bezieht sich auf rassistische Hal tungen und Diskriminierung von seiten des Vollzugspersonals. Ihre Konfrontation mit gravieren den sozialen Problemen, welche Aborigines direkt in einen Konflikt mit dem Gesetz bringen, ist eine weitere Komponente. Schließlich ist der Konflikt zwischen den Sitten und Gebräuchen der Aborigines und dem "weißen Gesetz" hervorzuheben (vgl. Kap. 4.2). FUNLUMSDEN (1984:6) sind der Ansicht, daß innerhalb des Kontextes von Diskriminierung und stigmatisierten Sub gruppen die vier Erklärungen zu integrierten Aspekten eines komplexen Systems werden. Sie erläutern, daß soziale Aspekte die gravierendsten und komplexesten Problembereiche ein nehmen, welche Aborigina/ Communitieszu bewältigen haben. Der Alkoholmißbrauch spielt hierbei eine entscheidende Rolle.
Diskriminatorische Vorgehensweisen australischer Polizeibeamten stellen nach wie vor das Hauptproblem dar. Aborigines sind in vielen Fällen Opfer von ungerechtfertigten schikanieren den, erniedrigenden und würdelosen Behandlungen durch die Polizei. Provokationen und Mani pulationen von seiten der Polizei gegenüber der indigenen Bevölkerung sind an der Tages ordnung. 193 Dies spiegelt häufig die fortdauernde Beziehung aus der Vergangenheit wider, welche sich durch Überwachungsmethoden auszeichnete. Ansonsten kann es einfach dem Mißbrauch von Macht zugeschrieben werden (vgl. STEVENS 1981:42; RCIADIC 1991:44). "The off ences against good order are the by-product of deprivation and the deviant and delinquent surroundings of the offenders" (STEVENS 1981:43). Verstöße gegen Eigentum sind häufig ein Bestreben, um sich von Entbehrungen zu befreien. Dies verstärkt sich offensichtlich durch
1 93 Sehr viele Aborigneswerden aufgrund von swearingverhaftet (bis zu 6 Monate Gefängnishaft). Wesentliche Gründe snd Provokationen und unnötige Kontrollen durch die weißaustralische Polizei (Mr. Waters, Mitar beiter eines Rehabilitationszentrums für indigene Jugendliche, 20.4.94 in Redfem).
Polizeibeamte, die eine geringere Toleranz gegenüber Vergehen der Aborigines als derjenigen der Weißen besitzen. Für WILSON (1982:69) bestehen keine Zweifel darüber, daß sich Probleme wie Betrunkenheit, hohe Arbeitslosenraten und kulturelle Unterschiede negativ auf das Verhältnis zwischen der Polizei und Aborigines auswirken, wie es beim Trinken in der Öffentlich keit beobachtet wird. HAZELHURST (1991:6) argumentiert ebenfalls, daß die relativ häufigere Inhaftierung der indigenen Minderheit in erster Linie auf die Beziehung und die Verhaltensmuster zwischen der australischen Polizei und den Aborigines zurückzuführen ist. Man geht davon aus, daß diese ein Spiegelbild der Einstellungen und Verhaltensmuster der allgemeinen Gesellschaft darstellen (vgl. Kap. 9.3). Das größte Konfliktpotential zwischen der indigenen Bevölkerung und der australischen Polizei tritt in den ländlichen Regionen, den sogenannten Aboriginal towns,auf. Dieses Problem verschärft sich weiterhin durch den Umstand, daß im ländlichen Raum
häufig keine Alternativen zu einer Inhaftierung oder zu Jugendanstalten existieren.194
194 Ein Beispiel für eine Initiative von Aboriginal Communities in Zentralaustralien, welche diese Mißstände zu veningem beabsichtigt, istdie sogenannte NightPatrol.Diese Aboriginal "Nachtstreife", die nachts ihre Runden durch die r,digenen towncampsund Communitiesdreht, fungiert als Vorbeugungsmaßnahme zur Schlichtung von Streitereien und Konflikten. Gegenwärtig gibt es 13 Night Patrolsin Zentralaustralien und zusätzliche in den Kleinstädten von Alice Springs und Tennant Creek. Sie umfassen durchschnittlich 10 bis 20 aktive Mitglieder. Die Night Patrolsweisen bemerkenswerteErfolge in ihrer Wirksamkeit für die betroffenen AboriginalCommunitiesauf. Dazuzählt vor allem eine dadurch stark verringerte Kriminalität. Das Ausmaß von Schläge reien, schweren Körperverletzungen, Vandalismus, häuslicher Gewalt sowie alkoholbedingten Unfällen, Todesfällen und Straftaten ging seit der Einrichtung der Night Patrolserheblich zurück. Außerdem verbessert sich die Kooperation von Polizei und Mitgliedern der indigenen Communitiesund eine Integration der beiden Vorstellungen von Recht nach Aboriginal und westlichen Maßstäben wird allmählich ermöglicht (nach Aussagen von Merle Thomas, 9.6.94 in Alice Springs; vgl. MOSEY 1994:5-16).
1971 wurde der erste AboriginalLegalService (ALS)in Redfem (Sydney) eingerichtet. Diesem Beispiel folgten
auch die anderen austrafischen Bundesstaaten. Aboriginal LegalServices betreuen die indigene Bevölkerung in Rechtsfragen und unterstützen sie bei Konflikten, die im Zusammenhang mit dem weißaustralischen Strafrechtssystem stehen. Mitarbeiter von ALS sind vorwiegend Mitglieder der indigenen Minderheit. Der Aboriginal Legal Service in Redfem bestätigte, daß die australische Polizei sehr viele Vorurteile gegenüber Aborigines hat. Diese werden viel eher als weiße Australier inhaftiert, vor allem für geringfügige Vergehen
(18.4.94 in Redfem).
10.4 Die Gesundheitssituation der Aborigines
Der mangelhafte Gesundheitszustand der indigenen Minderheit findet erhebliche Aufmerksam keit in der australischen Öffentlichkeit. In der Berichterstattung wird dieser häufig als Symbol für ihre unzureichenden sozialen und wirtschaftlichen Lebensbedingungen angeführt.
10.4.1 Der Gesundheitszustand
Mortalität
Datenmaterial über South Australia, Western Australia und das Northern Territory (1985) deutet darauf hin, daß die Mortalität bei den Aborigines 2.8 mal so hoch wie bei den nicht-indigenen Australiern liegt, wobei sämtliche Ursachen mit eingeschlossen sind (NAHSWP 1989:16). Nach Angaben der NAHSWP (1989:8) sind die gesamten Sterbeziffern der indigenen Bevölkerung bis zu viermal, nach Angaben von ATSIC (1994:38) zwischen zwei- und siebenmal so hoch wie bei den übrigen Australiern. Die altersspezifische Mortalität ist für Aborigines aller Altersgruppen höher als jene der nicht-indigenen Bevölkerung. Die wesentlichsten Unterschiede treten in den mittleren Lebensjahren, also bei den 25-44jährigen auf. In der Altersgruppe der 35-44jährigen beträgt die Sterberate der indigenen Minderheit mehr als sechsmal derjenigen der Gesamt bevölkerung. Erst im fortgeschrittenen Alter nähert sich die Mortalität der Aborigines jener der nicht-indigenen Australier an (NAHSWP 1989:13; ATSIC 1994:38). Die hohe Mortalität der 30 und 40jährigen, d.h. der Aborigines im erwerbsfähigen Alter, verursachen ernsthafte soziale und öffentliche Gesundheitsprobleme. 196 Ursachen für die weitaus höhere Mortalität lassen sich hauptsächlich in der größeren Krankheitswahrscheinlichkeit der Aborigines finden. Ein weiteres Problem besteht in der erschwerten Versorgung von Familienangehörigen, insbesondere von Kindern, bei Krankheits- oder Todesfällen in der Familie. Aborigines weisen eine kürzere Lebenserwartung als nicht-indigene Australier auf. Sie ist bei den Aborigines in allen Bundes staaten und Territorien niedriger als jene der Nicht-Aborigines. Den Schätzungen zufolge liegt die durchschnittliche Lebenserwartung der männlichen Aborigines bis zu 22 Jahren unter dem nationalen Durchschnitt der Männer. Bei den weiblichen Aborigines ist sie bis zu 15 Jahren niedriger im Vergleich zum weiblichen Landesdurchschnitt. Trotz eines erheblichen Rückgangs der Säuglingssterblichkeit sieht sich die Aboriginal Bevölkerung noch immer einem unakzeptabel niedrigen Niveau der Lebenserwartung gegenüber, welche das Bevölkerungswachstumsniveau dämpft Die Säuglingssterblichkeit der indigenen Bevölkerung ist nahezu viermal so hoch wie die
195 Ministerien und Behörden der Bundesstaaten und Territorien sowie die Volkszählung stellen die wichtigsten Daten über den Gesundheitszustand zur Verfügung. Die Vollständigkeit und Vergleichbarkeit des Daten materials über die indigene Bevölkerung sind stark begrenzt. Es existieren keine Informationen über die Auswirkungen individueller Risikofaktoren wie Rauchen, Alkoholkonsum und Ernährung, obgleich sie eine große Rolle für die unbefriedigende Gesundheitssituation der Aborigines spielen (ATSIC 1994:37; SAGGERS/GRAY 1991:99-100; N.THOMSON/HONARI 1988:108).
1 96 Weiterführende Informationen über Mortalität und Gesundheit finden sich in GRAY (ed.) (1990), (1992) und HONARI(1990).
der Gesamtbevölkerung (HUGO 1991a:28; ATSIC 1994:37). 197
Krankheiten
Der Gesundheitszustand von Aborigines, die in ländlichen und peripheren Regionen leben, ist in vielen Fällen mit demjenigen von Bevölkerungen in "Entwicklungsländern" gleichzusetzen. Besonders die Situation der Aboriginal Kinder ist mit der eines "Dritte-Welt-Landes" vergleichbar (vgl. SAGGERS/GRAY 1991:116, BURDEN 1994:158; THE WEST AUSTRALIAN, 26.4.94).
Während die beiden Ethnien ähnliche Todesursachen aufweisen, zeigen Aborigines bei dreiviertel aller Krankheitskategorien eine weitaus höhere Erkrankungswahrscheinlichkeit als nicht-indigene Australier auf. Die NAHSWP (1989:7) gelangt zu der Aussage, daß "Aborigines have the worst health status of any identifiable group in Australia".
lndigene Erwachsene leiden zusätzlich an sämtlichen "Zivilisationskrankheiten" (lifestyle diseases).Ihnen wird ein hoher Stellenwert in bezug auf den indigenen Gesundheitszustand beigemessen. Erwachsene Aborigines sind besonders für ischämische Herzkrankheiten, Diabetes und Hypertonie anfällig (vgl. ANDERSON 1988:59). Statistiken zufolge leiden 8 bis 19% der indigenen Bevölkerung an Diabetes mellitus vom Typ 2. Dies entspricht etwa drei- bis achtmal der Häufigkeit der nicht-indigenen Bevölkerung (2.3%) (N. THOMSON 1984 in: SAGGERS/GRAY 1991:107). ATSIC (1994:37) deutet darauhin, daß jede(r) fünfte Aborigine an Diabetes mellitus erkrankt ist. Aboriginal Frauen im Pilbara-Gebiet (WA) sterben 40 mal häufiger als nicht-indigene Australierinnen an Diabetes (THE WEST AUSTRALIAN, 30.4.94). 198 Hypertonie, Diabetes mellitus und Krankheiten, die mit Mißbrauch von Substantia (substance abuse) assoziiert sind, stellen Erscheinungen dar, welche den traditionellen Aboriginal Gruppen praktisch unbekannt waren. Sie stehen im direkten Zusammenhang mit der veränderten Lebensweise der Aborigines; Seßhaftigkeit, Armut und Fehlernährung kommt eine entschei dende Bedeutung zu. Das semi-nomadische Jäger-Sammler-Dasein schützte die traditionellen Aborigines vor einer Vielzahl von Krankheiten, welche in seßhaften Gesellschaften vorherrschen (vgl. SAGGERS/GRA Y 1991:35,112).
Die Augenkrankheit des Trachoms - eine infektiöse Conjunctivitis - tritt verstärkt in Aboriginal Communitiesauf. Sie wird durch Infektionen aufgrund mangelnder hygienischer Verhältnisse übertragen und ist die Hauptursache für Hornhaut-Blindheit bei Aborigines. Das National Trachoma and Eye Health Programstellte fest, daß 38% der untersuchten Aborigines, alle Altersgruppen eingeschlossen, ein Trachom aufwiesen im Gegensatz zu nur 1.7% der nicht-indi-
197 N. THOMSON (1990) behandelt das Thema der Kindersterblichkeit.
198 Der Alukura Women·s Congress (7.6.94 bei Alice Springs) beziffert den Prozentanteil der Aboriginal Frauen, die während ihrer Schwangerzeit Diabetes haben, auf 10.8%. Er liegt 2.5 mal so hoch wie bei nicht-indigenen Frauen.
Der AMS stellt Diabetes als ein großes Problem bei Aborigines heraus. Die Krankheit ist vor allem ihrer
zuckerreichen Ernährung zuzuschreiben. Da auch in Alkohol viel Zucker enthalten ist, trägt exzessiver Alkoholkonsum massiv zu ihrer Fehlernährung bei. Exzessiver Alkoholkonsum ist ein Hauptgrund für die niedrige Lebenserwartung der Aborigines (Ricky Lions, AMS, 18.4.94 in Redfem).
genen Bevölkerung. Allerdings existieren erhebliche regionale Unterschiede, was diese Krank heit anbelangt. Die größten Häufigkeiten treten in Zentralaustralien, der Western Desert Region, den Pitjantjatjara Homelands und in der Kimberley Region auf (vgl. ANDERSON 1988:59). Dies sind vorwiegend aride periphere Regionen. Man fand in bezug auf ein Trachom signifikante zusammenhänge sowohl mit unhygienischen Umweltbedingungen als auch klimatischen Einflüs sen heraus. Bei den Aborigines ab 50 Jahren zeigten 61.1% Anzeichen eines ehemaligen Trachoms im Vergleich zu 6.3% der nicht-indigenen Australier (SAGGERS/GRAY 1991:105). 199
10.4.2 Einfluß auf sozio-ökonomische Indikatoren
Die Gesundheitssituation der Aborigines ist im Durchschnitt weitaus negativer als diejenige der nicht-indigenen Australier einzustufen. Dieser Faktor benachteiligt die Aborigines in ihrem Bestreben, effektiv an wirtschaftlichen Aktivitäten in der australischen Gesellschaft teilzu nehmen. Ein schlechter Gesundheitszustand vermindert die Fähigkeit eines Individuums, eine Beschäftigung aufzunehmen und dieser für einen längeren Zeitraum nachgehen zu können. Negative Konsequenzen betreffen demnach die allgemeine Arbeits- und Leistungsfähigkeit. Dadurch reduzieren sich die Chancen auf dem Arbeitsmarkt für Aborigines ganz erheblich (vgl. DALY/HAWKE 1993:15; FISK 1985:111).
MOODIE (1973) nennt als Beispiele die chronischen Atemwegserkrankungen, Emphyseme und Asthma, welche die Arbeitsfähigkeit eines Individuums durch verminderte Lungenfunktion stark beeinträchtigen können. Dies trifft insbesondere für Aborigines zu. Die meisten von ihnen sind in niedrig qualifizierten, manuellen Tätigkeiten beschäftigt, welche häufig schwere körperliche Arbeit erfordern. Auf Grund dessen wirken sich diese Atemwegserkrankungen für sie im Durchschnitt erheblich negativer aus als für die nicht-indigene Arbeitsbevölkerung, von denen ein größerer Teil in höher qualifizierten Berufen erwerbstätig ist. Die vergleichsweise schlechtere Gesundheitssituation der indigenen Bevölkerung hat somit eine allgemein geringere physische und intellektuelle Arbeits- und Leistungsfähigkeit zum Ergebnis. Längerfristige bzw. häufige Arbeitsunterbrechungen, die Aufgabe eines Arbeitsplatzes oder das frühe Eintreten in den Altersruhestand aus gesundheitlichen Gründen sind demzufolge bei den indigenen Erwerbstä tigen häufiger anzutreffen. Dies kann man auch daraus schließen, daß Aborigines anteilsmäßig mehr Empfänger von Kranken- und lnvalidengeldern verzeichnen (vgl. DALY/HAWKE 1993:15).
Eine Vielzahl von Studien belegt eine signifikante ernährungsabhängige Wachstumsverzögerung (growth retardation)bei Aboriginal Kindern, welche bei ihnen weitaus häufiger auftritt als bei nicht-indigenen Kindern. Diese Krankheit kann die intellektuelle Leistung der indigenen Kinder erheblich beeinträchtigen. Das Ausmaß der Wachstumsverzögerung korreliert mit den entspre chenden Lebensumständen der Kinder (vgl. ANDERSON 1988:54; BECK 1985:30-39). Die
199 Etwa 80% aller Krankenhauspatienten in Alice Springs sind Aborigines. Die vergleichsweise bessere medizinische Vers.orgung in dem einzigen städtischen Zentrum Zentralaustraliens wird auch von Aborigines aus peripheren Regionen in Anspruch genommen (Alex Stepin, Aboriginal Inland Mission,4.6.94 in Alice
Springs).
Krankheit wird durch negative Umweltbedingungen wie ärmliche Wohnverhältnisse, schlechte Wasserversorgung, Fehlernährung bzw. den mangelnden Zugang zu frischen Nahrungsmitteln verursacht (vgl. BROOME 1982:149; MOODIE 1973:184-87,202).
Bei Aboriginal Kindern treten im Durchschnitt ebenfalls sehr viel häufiger Ohrenkrankheiten als bei nicht-indigenen Kindern auf. Die infektiöse Mittelohrentzündung nimmt einen besonderen Stellenwert ein. Eine folgenschwere Konsequenz dieser Ohrenkrankheiten sind Gehörschäden. Man stellte beispielsweise Mitte der 1970er Jahre bei 40% der indigenen Kinder erhebliche Hörstörungen fest; dies entsprach zehnmal der Häufigkeit der übrigen australischen Kinder (FITZGERALD 1976). Die NAHSWP (1989:App.) berichtet von einer Schätzung über das Northern Territory, wo nahezu die Hälfte aller indigenen Kinder Gehörschäden aufweist. Der Anteil der Aboriginal Kinder, welcher an Taubheit leidet, wird auf 15% geschätzt; im Gegensatz dazu kommt sie nur zu 4.7% bei nicht-indigenen Kindern vor (N. THOMSON 1984 in: SAG GERS/GRAY 1991:105). Gehörschäden haben gravierende Auswirkungen auf Schulleistungen. Da die Krankheiten bei Aborigines häufiger auftreten, sind sie besonders stark davon betroffen. Ihre geringeren Schulleistungen und ihr niedrigeres Ausbildungsniveau sind teilweise hierauf zurückzuführen. Folglich werden viele indigene Schüler als "schlechte" Schüler eingestuft, allein aus dem Umstand heraus, daß sie ihren Lehrer nicht hören können. Durch diese Krankheit erfahren indigene Kinder erhebliche Benachteiligungen in der Schule und in höheren Bildungs einrichtungen (vgl. MOODIE 1973:193-94) (vgl. Kap. 7.1). Die KOORI MAIL (20.4.94) berichtet außerdem davon, daß Hörschäden die Kommunikationsfähigkeit der Aborigines im Strafrechts system gravierend beeinträchtigt und sie dadurch geringere Chancen für eine Rechtfertigung und folglich auch Strafmilderung aufweisen.
10.4.3 Ursachen- und Wirkungsgefüge
Es gibt zahlreiche Kausalfaktoren für die negative Gesundheitssituation der indigenen Australier. Umwelteinflüsse nehmen hierbei einen hohen Stellenwert ein. Faktoren wie klimatische Umwelt bedingungen, Wasserversorgung, Sanitäranlagen, Abfallentsorgung, Wohnverhältnisse, Haus haltsvonichtungen und Bevölkerungsdichte, die in einer Verschärfung von Krankheiten resultie ren, sind allgemein anerkannt. Die Wohnverhältnisse und Umweltbedingungen der Aborigines sind häufiger als unterdurchschnittlich oder sogar ärmlich zu bewerten im Vergleich zu denjeni gen der nicht-indigenen Australier. Grundlegende Einrichtungen wie fließend warmes und kaltes Wasser, Abfall- und Abwasserentsorgungssysteme oder elektrische Stromversorgung sind nicht immer vorhanden. Für abgeschiedene Communitiesist die Situation besonders negativ, vor allem bezüglich ihrer Wasserversorgung und sanitären Einrichtungen (vgl. SAGGERS/GRAY 1991:17,117; BURDEN 1994:159,170-72; MOODIE 1973:92-93). Die Überfüllung von Unter
künften ist ein wichtiger Faktor für die Entstehung und Verbreitung von Krankheiten (vgl. NAHSWP 1989:26) (vgl. Kap. 8.3). Die Schaffung relativ großer zentralisierter Aboriginal Communities,welche Abwasser-, Abfallentsorgungs- und Wasserversorgungseinrichtungen erfordern, und in denen viele Menschen im Gegensatz zu ihren voreuropäischen Lebens situationen dazu gezwungen sind, auf kleiner räumlicher Distanz zusammenzuleben. hat zu der
Übertragung von Infektionskrankheiten geführt. Zusätzlich haben Aborigines häufiger Schwierig keiten, mit den komplexen Anforderungen der modernen Hygiene zurechtzukommen, was in mangelnden hygienischen Verhältnissen resultiert (vgl. YOUNG 1981:32). 200
Man kann diese negative Gesundheitssituation der Aborigines u.a. auf ihre Armut zurückführen. "... poverty remains the chief cause of disease ..." (N. THOMSON 1984 in: SAGGERS/GRAY 1991:120; vgl. BURDEN 1994:170; MOODIE 1973:111). Die klassischen "Krankheiten der Armut" sind nach MOODIE (1973:72) und BROOME (1982:148) "Gastroenteritis", Lungenent zündung und Unterernährung. Sie tragen einen großen Teil zu der weitaus höheren indigenen Kindersterblichkeit bei. Armut hat gravierende Folgewirkungen auf die Gesundheit, da sie häufig als eine Barriere fungiert, um einen angemessenen Ernährungszustand zu erreichen.
Krankheiten wie Diabetes und hoher Blutdruck werden in großem Maße durch die Ernährung beeinflußt. 201 Fehl- und Mangelernährung sind ein häufiges Vorkommnis. Die unzureichende Ernährung der indigenen Bevölkerung wird vor allem durch ein Ernährungs-Mißmanagement bewirkt. Der weitverbreitete exzessive Alkoholkonsum trägt erheblich zu einer Fehlernährung bei. Zudem herrscht eine nachlässige Einstellung gegenüber der Ernährung der Kinder vor. In ländli chen und peripheren Regionen ist die Auswahl erhältlicher Nahrungsmittel außerdem sehr begrenzt. Ein weiterer Grund wird den starken Fluktuationen im Haushaltseinkommen zuge schrieben (vgl. MOODIE 1973:92-93). Das Ausmaß der Fehlernährung von Aboriginal Kindern im NT rivalisiert mit den negativsten Situationen in der "Dritten Welt". Eltern verwenden ihre Sozialunterstützungsgelder eher für Alkohol anstatt für Nahrungsmittel (vgl. THE BULLETIN, 17.5.94). 202
Ursachen für das häufige Auftreten von psychischen Krankheiten bei Aborigines können in ihrer sozialen Umwelt gesucht werden. Diese ist durch geringe Beschäftigungschancen, unterdurch schnittliche Einkommen und eine schlechte Gesundheitssituation charakterisiert. Eine Studie über Aborigines, welche den Victorian Aboriginal Heafth Service in Melbourne besuchten,
200 Eigene Erfahrungen in mehreren Aboriginal Communiües (v.a. in Zentralaustralien) zeigten, daß Aborigines meist nicht mit erforderlichen Hygienemaßnahmen wie z.B. mit der Abfallentsorgung vertraut sind. Daß eine hygienische Communityeine Besonderheit darstellt, wird daraus deutlich, daß z.B. die Wa//ace Rockwho/e Community(südwestlich von Alice Spmgs) versucht, Touristen in ihre "saubere" Communityanzuziehen. Den Eingang der Commmunity säumen zahlreiche Auszeichnungen auf plakatierten Schildern.
Aborigines zeigen jedoch oftmals kein Bedürfnis nach Unterkünften, Wohnverhältnissen oder Einrichtungs gegenständen westlichen Maßstabs. Es ist somit nicht nur ihre Armut, welche "erforderliche" Umwelt bedingungen nicht eriaubt, sondern auch unterschiedliche kulturelle Präferenzen. Die Ausstattung mit grundlegender Infrastruktur muß selbst in entlegenen indigenen Communiüesheute offiziell gewährleistet sein (vgl. Kap. 4.2.2) (vgl. R. ROSS 1987).
201 Literatur von HETZEUFRITH (eds.) (1978); N. THOMSON (1982); PALMER/BRADY (1991) und ISMCS
(1992b) beschäftigt sich mit der (traditionellen) Ernährung der Aborigines.
202 Die "typische" australische Ernährungsweise basiert auf der sogenannten "Fast-food-Kultur"; diese läßt sich generell als "ungesund" charakterisieren. Fast-fooddominiert hinsichtlich des Angebotes an Nahrungsmitteln in ganz Australien. Alternativen für eine gesunde Ernährung stehen vor allem in ländlichen und peripheren Regionen meistnicht zur Verfügung. Aborigines achten häufig nicht auf eine ausgewogene Ernährung. Fastfoodist meist leichter erhältlich, erfordert keine Zubereitungszeit und ist zudem preiswerter. Kostengründe spielen für sie aufgrund ihresniedrigen Lebensstandards eine große Rolle. Es werden aufgrund der negativen Ernährungssituation speziell für Aborigines entwickelte Ernährungsprogramme in Aboriginal Communitiesdurchgeführt (Ernährungsexpertin und Jenny Disley, 22./23.6.94 in Titjikala).
enthüllt. daß 54% von ihnen eine Art von "psychischer Störung" hatten. Depressionen und Angstgefühle nehmen dabei einen hohen Stellenwert ein. Die Studie belegt ebenfalls eine extreme sozio-ökonomische Benachteiligung und hohe Anteile von ehemals institutionalisierten Aborigines (vgl. McKENDRICK et al. 1990). Jede zehnte indigene Person über 24 Jahren trennte man als Kind von ihrer Familie (NATIONAL ABORIGINAL AND TSI SURVEY 1994 in: KOORI MAIL. 8.3.95) (vgl. Kap. 3.2.3). Auch von Zentralaustralien berichtet man über zahlreiche Aboriginal Communities. in denen "gestörtes Verhalten" das Sozialleben der Communitybeeinträchtigt (DUNLOP 1988 in: SAGGERS/GRAY 1991:109). SAGGERS/GRA Y (1991:11)
betrachten das häufige Auftreten von "Geisteskrankheiten" (mental illness) bei Aborigines als eine Konsequenz ihrer historischen Erfahrungen wie Enteignung und Unterdrückung, ihres Ausschlusses aus der australischen Mehrheitsgesellschaft sowie ihrer mangelnden wirtschaft lichen Basis. Psychische Krankheiten resultieren wiederum in Entmutigungen, nach Arbeit zu suchen. "... (the psychosocial factors of health) include the trauma and social dislocation associated with loss of land, the powerlessness associated with loss of autonomy, the depen dency which has accompanied institutionalisation and the inertia and general anomie that (...) [has] so widely characterised Aboriginal life during their association with us" (STANNER 1979:235). Die große Bedeutung psycho-sozialer Streßfaktoren in der Ätiologie von Krankheiten ist allgemein anerkannt (vgl. GATCHEL et al. 1989; BOYDEN 1987; TAYLOR 1986; alle in: BURDEN 1994:170). Psyche-soziale Streßfaktoren führen - wie Alkoholismus und Spielsucht - häufig zu einem Zusammenbruch der sozialen Kohäsion, "which contribute to the downward spiral of malfunctioning" (CAWTE 1974:201 in: SAGGERS/GRAY 1991:9).
Sowohl die Distanz und fehlende Akzeptanz der Aborigines von medizinischen Versorgungs einrichtungen als auch der Mangel an geeigneten Gesundheitszentren spielen eine übergeord nete Rolle. Traditionelle Überzeugungen und Verhaltensweisen können ebenfalls Barrieren bezüglich eines angemessenen Gesundheitszustandes darstellen. da sie Faktoren der modernen Medizin unberücksichtigt lassen. Aborigines nehmen die existierenden medizinischen Versorgungseinrichtungen oftmals wegen mangelnder kultureller und sozialer Akzeptanz nicht in Anspruch (vgl. Kap. 4.2.2.6). Die National Aboriginal and TSI Survey 1994 (KOORI MAIL, 8.3.95) schätzt, daß nur 44% der indigenen Minderheit im Vergleich zu 75.5% der Gesamt bevölkerung in jüngster Zeit eine medizinische Versorgung in Anspruch nahm, obwohl die Aborigines mit einem weitaus gravierenderen Gesundheitsproblem konfrontiert sind. Aufgrund dieser Tatsache sowie der steigenden Forderung nach Selbstbestimmung und Selbstverw ltung, errichteten die Aborigines ab Anfang der 1970er Jahre von ihnen selbst kontrollierte und verwaltete Gesundheitsinstitutionen (Aboriginal Health and Medical Services). "A community controlled health program recognises that the health problems of any community are inter related with the economic, political and cultural problems of society. Health is thus seen as only one component of the overall development of the community" (ABORIGINAL MEDICAL CENTRE
sehen Verständnis von Gesundheit. Beispiele für medizinische Einrichtungen der Aborigines sind der AborginalMedicalService (AMS)in Redfem (Sydney) und der Central Australian Aboriginal Congress in Alice Springs. Der letztere fungiert zugleich als soziales und kulturelles Zentrum für Aborigines aus Zentralaustralien.20 4
ln der traditionellen Aboriginal Gesellschaft existierte kein Wort oder Ausdruck für "Gesundheit", in dem Sinne,
was man unter ihr in der westlichen Gesellschaft versteht (NAHSWP:ix).
Der Aboriginal Medica/Service in Redfem (Sydney) betonte, daß die indigenen Gesundheitszentren die einzigen snd, zudenen Aborignes Vertrauen zeigen. Sie bevorzugen eine Behandlung von Angehörigen ihres eigenen Volkes, da diese auf einer holistischen Basis erfolgt und eine Rücksichtnahme auf ihre Kultur, Lebensweise, Weltanschauung und Mentalität ntegriert. (Ricky Lions, AMS, 18.4.94 in Redfem/Sydney).
11 Schlußbetrachtung und Ausblick
Ziel dieser Arbeit war,die aktuelle sozio-ökonomische Benachteiligung der indigenen Bevölke rung Australiens darzulegen und zugrundeliegende Ursachen herauszukristallisieren. Der Groß teil der Aborigines geht in heutiger Zeit keiner traditionellen Lebensweise mehr nach, sondern finanziert seine Lebenshaltungskosten entweder durch Erwerbsarbeit oder durch staatliche Sozialunterstützungen. Die Subsistenzwirtschaft spielt nur noch eine geringfügige Rolle..Die indigene Bevölkerung ist offiziellen Standardindikatoren bzw. Statistiken zufolge eine in sozio ökonomischer Hinsicht stark benachteiligte autochthone Minderheit. Diese "Benachteiligung" konnte erst in ihrer Gegenüberstellung zur nicht-indigenen Bevölkerung Australiens ihren Ausdruck finden. Die indigenen Australier weisen eine nur geringfügige Integration in den australischen Arbeitsmarkt auf. Sie besitzen demnach eine äußerst schwache Anbindung an den formellen Arbeitsmarkt. Ihre Arbeitslosigkeit liegt weit über derjenigen der Nicht-Aborigines, wobei empirische Studien noch höhere Arbeitslosenquoten enthüllen. Das durchschnittliche Einkommensniveau der Aborigines liegt folglich weit unter demjenigen ihrer nicht-indigenen Pendants. Die Konzentration der indigenen Beschäftigung in staatlichen Einrichtungen spiegelt ebenso wie die geringen Einkommensanteile aus Erwerbstätigkeit die große Abhängigkeit der indigenen Bevölkerung von staatlichen Sozialleistungen wider.
Eine Gegenüberstellung der Aborigines mit den weißen Australiern ist im Vergleich zu anderen indigenen Gruppen in westlichen Industrieländern besonders interessant: Die indigene Bevölke rung Australiens ist sehr spät, d.h. erst Ende des 18. Jahrhunderts mit der europäischen Kultur in Kontakt getreten. Die Aborigines hatten im Gegensatz zu anderen indigenen Gruppen nur während eines sehr kurzen Zeitraums die Möglichkeit, sich in die weißaustralische Gesellschaft zu integrieren bzw. anzupassen. Daraus ergibt sich ein enormes Konfliktpotential sowohl zwi schen den beiden Ethnien als auch für die Aborigines selbst. Diese Zeitspanne ist einerseits viel zu kurz für eine zufriedenstellende Akkulturation bzw. Assimilation. Andererseits beinhaltet dies auch eine große Chance für die Aborigines, einer vollständigen Assimilation entgegenwirken zu können. Ihre Außenseiterposition als Bevölkerungsminderheit in einer westlichen Gesellschaft ist durch große Anpassungsschwierigkeiten geprägt.
Es hat sich heute eine neue, sehr starke Identität bei den Aborigines herauskristallisiert, und zwar die Pan-Aboriginalität, welche die Gesamtheit aller australischen Aborigines umfaßt und, welche mit der Stärkung ihres kulturellen Bewußtseins und ihres Kulturerhalts einhergeht. Für diese neue Identität jedoch werden Kulturelemente aus der Vergangenheit in die Gegenwart projiziert. Ihre Identität ist demnach häufig nicht mit ihrem "gelebten Leben" kongruent, d.h. ihre Kultur ist zum Teil sinnentfremdet worden. Ein Paradoxon besteht darin, daß den Aborigines ein Großteil des Wissens über ihre traditionelle Lebensweise von weißen Australiern vermittelt wird.
Es lassen sich einzelne Akkulturationsstadien bei den Aborigines feststellen, die häufig mit räumlichen Disparitäten konform gehen; man kann demzufolge ganz grob zwischen "städti schen" und "ländlichen" Aborigines unterscheiden. Trotz dieser ausgeprägten Pan-Aboriginal ldentität besteht bei der indigenen Bevölkerung Australiens keine Einigkeit darüber, wie Prozesse der Akkulturation, Anpassung und der Aufrechterhaltung ihres kulturellen Bewußtseins bzw. des Kulturerhalts ablaufen sollen. Ihr Identitätskonflikt bzw. ihr Konflikt zwischen "Tradition" und "Moderne" rückt in den unmittelbaren Brennpunkt. Mit Identitätskonflikten sind vor allem die jüngeren Generationen konfrontiert. Diese bewegen sich sozusagen in zwei Welten.
Die Kultur der Aborigines ist zwar durch eine Verschmelzung mit derjenigen der Weißaustralier charakterisiert, viele traditionelle Kulturelemente der indigenen Minderheit sind jedoch bis heute bewahrt worden. Wertmaßstäbe der indigenen Bevölkerung sind meist nicht mit westlichen Vorstellungen vereinbar und wirken in vielen Situationen kontraproduktiv. Zahlreiche indigene Wertvorstellungen korrelieren nicht mit den Erfordernissen des westlichen Materialismus. Dies findet seinen Ausdruck sowohl auf dem Arbeitsmarkt als auch im Bildungssektor. Demzufolge wirkt das ausgeprägte kulturelle Bewußtsein der Aborigines als besonders starker Hemmfaktor für ihre Integration in das australische Wirtschaftssystem und somit auch einer Verbesserung ihrer sozio-ökonomischen Lebensbedingungen entgegen. Im Rahmen ihrer holistischen Weltan schauung ist die Sozialstruktur der Aborigines, in der Verwandtschaftsnetzwerk.en eine große Bedeutung zukommt, stark mit wirtschaftlichen Aspekten verflochten. Traditionelle Verteilungs und Austauschnetzwerke nehmen einen hohen Stellenwert ein. Das ausgeprägte Kollektivbe wußtsein der Aborigines, welches mit dem Individualismus der westlichen Gesellschaft kontrastiert, steht im Zusammenhang mit Prinzipien wie Reziprozität, Egalitarismus sowie der Verantwortung anderen gegenüber in bezug auf die Verteilung und den Besitz von materiellen Gütern. Aborigines bewerten materielle Güter wesentlich niedriger als nicht-indigene Australier. Der kulturell-bedingte Schutz ihres Landes hat häufig Vorrang vor einer wirtschaftlichen Ausbeutung wie z.B. einer bergbaulichen Erschließung. Aborigines haben eine unterschiedliche Auffassung sowohl von Besitz als auch von Arbeit als die nicht-indigenen Australier. Sie geste hen Tätigkeiten eine Priorität zu, welche für die gesamte Communityvon Nutzen sind. Infolge dessen zeigen sie auch eine geringere Leistungs- und Konkurrenzbereitschaft und sind weniger von Erfolgsdenken geprägt. Es herrschen zudem negative Einstellungen hinsichtlich einer geregelten Arbeitszeit vor. Diese Faktoren wirken sich äußerst nachteilig auf die Integration der Aborigines in den formellen Arbeitsmarkt und ihre Beschäftigungschancen aus. Viele von ihnen entscheiden sich bewußt für einen divergierenden Lebensstil bzw. gegen eine Anbindung an den Arbeitsmarkt. Dies spiegelt sich auch in ihrer sozio-kulturellen Distanz zum bzw. in der mangeln den Akzeptanz des australischen Bildungssystems wider. Traditionelle Bildungselemente neh men bei den Aborigines einen höheren Stellenwert ein als die westlichen; diese stehen dabei meist im krassen Widerspruch zueinander; Prioritäten hinsichtlich Lerninhalten und -methoden werden unterschiedlich gesetzt. Aborigines zeigen nur wenig Interesse, Fähigkeiten zu erlernen, welche nicht offensichtlich mit ihrem Lebenstil vereinbar sind. Sie entscheiden sich häufig bewußt dafür, in abgeschiedenen Regionen zu leben. Sowohl ländliche als auch städtische Aborigines zeigen zudem kaum eine Motivation, arbeitsplatzorientierte Wanderungen vorzu nehmen. Ihr Mobilitätsverhalten ist sehr ausgeprägt. jedoch vorwiegend durch sozio-kulturelle
Motivationen charakterisiert. Das Bedürfnis, in der Nähe ihrer Familie bzw. Communityund ihres traditionellen Landes zu wohnen hat meist Vorrang vor Zugangsmöglichkeiten zu Erwerbstä tigkeit und Bildung. Dies wirft die Frage auf, inwieweit Aborigines in Wirklichkeit eine soziale Mobilität anstreben.
Doch welche Kulturelemente der indigenen Bevölkerung sind tatsächlich traditionell-bedingt? Sind einige nicht auch aus ökonomischer Notwendigkeit heraus entstanden? Sind im Fall, daß einzelne Komponenten schon einen Anpassungsprozeß durchlaufen haben, demzufolge nicht auch gewisse andere Elemente zwangsläufig zur Anpassung gezwungen, da ansonsten keine Kongruenz mehr besteht? Aborigines machen von materiellen Gütern der westlichen Gesell schaft zweifellos Gebrauch, auch wenn ihr Streben danach nur schwach ausgeprägt ist. Müßten sie diesen demnach nicht auch einen höheren Wert beimessen und für ihre Instandhaltung sorgen (z.B. in bezug auf Fahrzeuge, Unterkünfte)? Aborigines haben sich z.B. auch hinsichtlich ihrer Ernährung an die weißaustralische Gesellschaft angepaßt. Wer würde noch jagen und sammeln gehen, wenn Fast-foodum die Ecke erhältlich ist? Doch Kenntnisse über eine ausgewogene Ernährung und die Einbettung in die damit zusammenhängende Lebensweise entwickeln sich nur allmählich.
Unter Berücksichtigung dessen, daß das kulturelle Bewußtsein der Aborigines als ein Schlüssel element ihrer häufig bewußt vorgenommenen Distanz zum australischen Wirtschaftssystem fungiert, muß für sie die Aussagekraft sozio--0konomischer Standardindikatoren wie Erwerbs status (Anbindung an den ArbeitsmarkUArbeitslosigkeiUErwerbstätigkeit) und reales Einkommen
- zur Messung ihres sozio--0konomischen Status' - eingeschränkt werden. Diese herkömmlichen Indikatoren verhüllen wichtige Faktoren der indigenen Einbettung in den formellen Arbeitsmarkt und ignorieren kulturell begründete wirtschaftliche Entscheidungen. Die Arbeitslosigkeit wird in offiziellen Statistiken unterschätzt; empirische Forschungen belegen weitaus höhere Quoten. Da viele kulturelle Tätigkeiten nicht mit Standardindikatoren gemessen und dadurch nicht in offizielle Statistiken integriert werden können, ziehen manche Autoren hingegen die Schlußfolgerung, die Arbeitslosigkeit der Aborigines werde überschätzt. Standardindikatoren sind zur Beurteilung ihrer Arbeitslosigkeit meist nicht gut geeignet und stehen häufig in keiner Beziehung zu ihrem Lebensstil. Die unterschiedlichen Auffassungen von Wirtschaft bzw. Arbeit der beiden Ethnien sollten berücksichtigt und kulturell angepaßte Kriterien herangezogen werden.
In dieser Arbeit wurde erörtert, daß eine starke "sozio--0konomische Benachteiligung" der Abori gines vorliegt, wenn ihr sozio--0konomischer Status demjenigen der nicht-indigenen Australier gegenübergestellt wird und mit westlichen Maßstäben, d.h. mit sozio--0konomischen Standard indikatoren gemessen wird. Doch wäre es sicherlich zu vereinfacht, die indigene Minderheit lediglich als verarmte Randgruppe zu charakterisieren, die in einem westlichen Industrieland äußerst elenden Lebensbedingungen ausgesetzt ist. Kann eine Bevölkerungsgruppe denn nicht nur unter der Voraussetzung als benachteiligt eingestuft werden, wenn diese bestrebt ist, sich in den formellen Arbeitsmarkt zu integrieren und die Messung ihres sozio--0konomischen Status' nach westlichen Maßstäben akzeptiert? Inwieweit betrachten sich die Aborigines selbst als in sozio-ökonomischer Hinsicht benachteiligt bzw. zielen auf eine - statistisch gemessene -
Gleichstellung hinsichtlich Erwerbsstatus und Einkommen ab?
Australische Aborigines erkennen zwar einen gemeinsamen kulturellen Hintergrund an, halten jedoch gleichzeitig vielfältige Lebensweisen aufrecht, was sich in divergierenden Einstellungen bezüglich ihrer Akkulturation und Integration widerspiegelt. Die Aborigines selbst setzen unter schiedliche Prioritäten, was die Verbesserung ihrer sozio-ökonomischen Lebensbedingungen einerseits und die Bewahrung ihrer Kultur andererseits anbelangt.
Darf man diejenigen eigentlich als benachteiligt bezeichnen, die sich bewußt - demnach aus kulturell-bedingten Gründen - vom formellen Arbeitsmarkt absondern bzw. dem Materialismus einer westlichen Gesellschaft negativ gegenüberstehen und sich von diesem distanzieren? Man muß diejenigen uneingeschränkt als benachteiligt betrachten, die eine Integration in den formel len Arbeitsmarkt sowie eine soziale Mobilität in der gleichen Weise anstreben wie die nicht indigene Bevölkerung. Schließlich müßte - entweder unter Berücksichtigung einer Absonderung oder aber einer Integration in das australische Wirtschaftsleben - auch eine differenzierte Gewichtung der einzelnen Einflußfaktoren auf den sozio-ökonomischen Status erfolgen. Inwieweit ist eine Aufrechterhaltung der Kultur der Aborigines möglich bei ihrer gleichzeitigen Integration in den australischen Arbeitsmarkt? Das Dilemma, welches durch den Schutz der traditionellen Kultur und der gleichzeitigen Forderung nach maximalem Grad an Fortschritt entsteht, ist nicht aufzuheben.
Trotz eines verstärkten Bewußtseins über Aborigines und indigene Problematiken werden Aborigines von anderen Australiern allgemein als minderwertig angesehen; die indigene Bevölkerung wird sehr häufig mit diskriminatorischen Einstellungen und Verhaltensweisen auf dem formellen Arbeitsmarkt bzw. in ihrem Berufsumfeld konfrontiert. Dadurch wird ihnen eine Gleichberechtigung mit nicht-indigenen Australiern verwehrt. Dies verringert einerseits ihre allge meinen Beschäftigungschancen und begrenzt andererseits ihre Möglichkeiten, einen höheren sozio-ökonomischen Status zu erwerben.
Können Diskriminierungen und kulturelle Unterschiede nun nicht auch als zwei Seiten einer Medaille aufgefaßt werden? Einerseits existieren zweifellos starke Vorurteile gegenüber Abori gines: Sie seien "faul", "unpünktlich", "unzuverlässig", "verschwenderisch" und es fehle ihnen an Ehrgeiz und Interesse. Doch resultieren andererseits nicht gerade diese Charakteristika, welche hier mit einem negativen Sinn belegt sind, aus den kulturellen Präferenzen der Aborigines im Hinblick auf ihre Arbeitsethik bzw. -mentalität? Dieselben negativen Charakteristika können ebenfalls mit "positiven" Eigenschaften belegt werden: Aborigines engagieren sich nur dann, wenn Tätigkeiten im Zusammenhang mit ihrer Lebensweise stehen und sie diese für wichtig erachten; sie verschwenden mehr Gedanken an das Heute als an das Morgen, zeigen eine Abneigung gegenüber geregelten Arbeitsabläufen; sie machen zwar von materiellen Dingen Gebrauch, messen ihnen jedoch keinen hohen Stellenwert bei; soziale Verantwortungen sind bedeutsamer als individuelles Besitzstreben und beruflicher Aufstieg. Es ist hier sicherlich Vorsicht vor Verallgemeinerungen geboten, da Ansichten und Bestrebungen auch auf indigener Seite nicht im Einklang stehen. Von Diskriminierungen sind sicherlich alle Aborigines betroffen, doch diskriminatorische Behandlungen führen besonders zur Benachteiligung derjenigen, welche eine Integration in den formellen Arbeitsmarkt - und eventuell auch eine generelle Assimilation - bevorzugen unter Aufgabe zumindest eines Teils dieser kulturellen Elemente. Aborigines, mit
dem Beweggrund, sich zu integrieren, werden meist Steine in den Weg gelegt, die sie durch Diskriminierungen zu spüren bekommen.
Eine bewußte Distanzierung vom australischen Wirtschaftssystem kann andererseits auch - in Form einer Rückkopplung - mit ihrer gesellschaftlichen Position als stigmatisierte Randgruppe zusammenhängen. Dies bedeutet, daß sich Aborigines auch aus dem Grund als eigenständige kulturelle Gruppe von der allgemeinen Gesellschaft abgrenzen, weil sie von dieser schon von vorneherein als Außenseiter abgestempelt wurden bzw. werden. Aborigines haben sich nichtsdestoweniger schon seit jeher sehr stark der Assimilierung durch die dominante Gruppe widersetzt.
Man kann zur der Aussage gelangen, daß die - in der Arbeit erläuterten - Einflußfaktoren im Bereich von Kultur (einschließlich Demographie in bezug auf Fertilität, Familienstruktur und - größe), Bildung und Raum zu einem Großteil bewußt vorgenommene Entscheidungen aufseiten der indigenen Minderheit implizieren, d.h. es sind vorwiegend "interne Faktoren", die ihrer sozio ökonomischen Gleichstellung entgegenwirken. Daneben existieren "externe Ursachen·, zu denen die historischen Einflußfaktoren, Diskriminierung sowie die sozialen Problembereiche - davon vor allem Kriminalität und Alkoholismus - zählen. (Die politischen Einflußfaktoren fungie ren dabei eher in Form von Lösungsansätzen). Eine Zuordnung der einzelnen Einflußfaktoren ist natürlich von der jeweiligen Perspektive abhängig. Historische Bestimmungsgründe müssen andererseits auch als gesonderte Dimension aufgefaßt werden, da diese Voraussetzungen für alle anderen Einflußfaktoren schaffen und auf diese Auswirkungen haben - einschließlich Kultur, Bildung und räumliche Charakteristika. Unter diesem Gesichtspunkt wird die Gesamtheit der Einflußfaktoren zu externen Ursachen.
Bei einer Ausweitung des Begriffes der "Benachteiligung", wie er in dieser Arbeit untersucht wurde, müssen weitere Faktoren berücksichtigt werden, welche die zweifelsfrei gravierende Benachteiligung der indigenen Minderheit in der australischen Gesellschaft belegt. Die histori schen Umstände haben eindeutig zur Benachteiligung der Aborigines geführt bzw. diese erst entstehen lassen. Die historisch geschaffene Abhängigkeit bzw. der Autonomieverlust der Aborigines schlägt sich in sämtlichen Lebensbereichen nieder. Die indigene Minderheit ist in einem Teufelskreis ihrer sozio-ökonomischen Benachteiligung und deren Einflußfaktoren gefangen. Das Ursachengefüge enthüllt, daß selbst die einzelnen Einflußfaktoren häufig in Form eines Teufelskreises bzw. durch Rück- und Wechselwirkungen miteinander verflochten sind. Es seien hier noch einmal einige wichtige Aspekte angeführt:
Die hohe Arbeitslosigkeit der Aborigines resultiert sehr häufig in einen Motivationsmangel und in eine entstehende Ablehnungshaltung auf seiten indigener Kinder der Schule gegenüber. Dieser Widerstand mündet oft in einer Sackgasse, da damit auch Möglichkeiten für persönliche sozio ökonomische Autonomie sowie soziale Mobilität von vorneherein abgelehnt werden.
Ein bedeutendes Kennzeichen ihrer Benachteiligung stellt die gravierende Überrepräsentierung der Aborigines in australischen Strafanstalten dar. Festnahmen wegen "Trunkenheit", "unge bührlichem Verhalten", "Beamtenbeleidigung" und "Widerstand gegen die Staatsgewalt" gehören zu den wichtigsten Anklagepunkten. Verhaftungen sind für die indigene Bevölkerung an der Tagesordnung. Die meisten Gesetzeskonflikte bzw. Verurteilungen sind auf Alkoholkonsum
zurückzuführen. Da es die finanzielle Situation der indigenen Haushalte häufig nicht erlaubt, auferlegte Geldstrafen zu bezahlen, ist eine Inhaftierung die Konsequenz, was wiederum ihre Beschäftigungschancen verringert. Der institutionalisierte Rassismus in Australien findet seinen Ausdruck darin, daß Aborigines in einem Kreislauf gefangen sind, der sich durch Polizeiwillkür, Schikane, Provozierungen, Mißhandlungen und Kriminalisierung schließt. Dies kann sich für Aborigines in der Weise indirekt auswirken, daß es ihnen an der Motivation mangelt, sich am Erwerbsleben zu beteiligen oder z.B. eine höhere Ausbildung bzw. einen Ausbildungsabschluß anzustreben. Das breite Angebot an staatlichen Unterstützungen und Programmen sowie Landrückgewinnungen und Entschädigungen in großem Umfang verstärken wiederum Vorurteile und Diskriminierungen auf seiten der weißen Bevölkerung. Aborigines werden häufig als "Schmarotzer" betrachtet. Kulturelle Unterschiede, die weitverbreitete Arbeitslosigkeit, Alkohol abhängigkeit und Inhaftierung lassen zusätzlich rassistische Einstellungen entstehen. Daraus resultierende Diskriminierungen von seiten der Polizei und Konflikte der Aborigines mit dem "weißen Gesetz" führen zu häufigeren Inhaftierungen.
Die negative Gesundheitssituation der Aborigines läßt sich zu einem Großteil auf mangelhafte Umweltbedingungen zurückführen, welche wiederum ein Ausdruck ihrer Armut sind.
Wo müßte man beginnen, diese Teufelskreise zu durchbrechen? Das starke kulturelle Bewußt sein der Aborigines bzw. ihre sozio-kulturelle Distanz und teilweise auch bewußt entwickelte Randgruppenidentität hemmt diesen Durchbruch sicherlich in vielerlei Hinsicht. Eine freiwillige Anpassung an die australische Gesellschaft würde ohne Zweifel etliche Probleme beseitigen. Das starke - häufig konträre - kulturelle Bewußtsein bzw. die bewußte Distanzierung der indigenen Minderheit kristallisiert sich - neben den historischen Voraussetzungen - als ein Schlüsselfaktor für ihren niedrigeren sozio-ökonomischen Status bzw. ihre sozio-ökonomische "Benachteiligung" heraus.
Wirkliche Veränderungen von einer protektiven Zwangsherrschaft hin zu Gleichberechtigung fanden erst seit den 1960er Jahren statt. Doch Gleichberechtigung heißt nicht unbedingt Gleich stellung. Rechte hängen mit Einstellungen der Gesellschaft zusammen, welche sich nur langsam ändern. Die Regierungspolitik und staatliche Programme konnten die Diskrepanz sozio ökonomischer Lebensbedingungen nicht beseitigen und diejenigen der Aborigines nicht wesentlich verbessern trotz umfangreicher Sozialunterstützungen und Wohlfahrtsprogramme. Es wurde herausgestellt, daß die öffentliche Hand der wichtigste Arbeitgeber der indigenen Bevölkerung ist. Es stellt sich die diffizile Frage, inwieweit eine Abhängigkeit von öffentlichen Geldern als sinnvoll und wirkungsvoll angesehen werden kann. Die Berechtigung der Aborigines für eine "Wiedergutmachung" von staatlicher Seite bleibt unumstritten. Doch ist es eine fortge setzte Abhängigkeit aus früheren Zeiten und einstige Selbstversorger sind zu Wohlfahrtsem pfängern geworden. Ist eine Wiedergutmachung für die indigene Minderheit, wie sie von öffent licher Seite erstrebt wird,überhaupt möglich? Was soll diese enthalten? Aborigines sollte erst einmal Zeit und Chancen eingeräumt werden, sich von ihrer - historisch geschaffenen - Abhängigkeitsrolle zu lösen und eigene Antriebskräfte und Motivationen zu entwickeln, welche sie zu ihrer Selbstbestimmung und Selbständigkeit benötigen. Ohne eigene Anstrengungen, Engagement oder Interesse ist auch keine Selbstbestimmung möglich.
Viele weiße Australier machen die Aborigines für ihre gegenwärtigen Probleme verantwortlich, anstatt sie als Opfer weißer Herrschaft zu betrachten. In Australien herrscht die weitverbreitete Ansicht, daß "Unmengen" von Regierungsgeldern an das indigene Volk für Beschäftigungs-, Bildungs- und Gesundheitsprogramme "verschleudert" werden. Der Vorwurf, daß Aborigines - im Vergleich zu den nicht-indigenen Australiern - durch ihren Zugang zu öffentlichen Geldern scheinbar bevorteilt werden und sie "Nutznießer" seien, ist allgegenwärtig. Sie werden dafür beschuldigt. ihre Aboriginalität auszunutzen, um für verschiedene Gelder berechtigt zu sein. Doch staatliche Gelder werden nicht immer richtig eingesetzt. Es sollen beispielsweise die umfangreichen Ausgaben für Unterkünfte für die indigene Bevölkerung angesprochen werden; Wohnungen bzw. Häuser, die für Aborigines bestimmt sind, werden meist nach westlichen Richtlinien konzipiert, welche nicht mit den Vorstellungen der Aborigines konform gehen.
Der unermüdliche Versuch australischer Regierungen, die Aborigines den anderen Australiern gleichzumachen durch politische Leitbilder der Assimilierung ist langfristig gesehen nicht gelun gen. Dies beweist die Existenz des Aboriginal Volkes als eigenständige rassische und kulturelle Gruppe mit einer unterschiedlichen und anhaltenden sozialen und kulturellen Identität innerhalb der australischen Gesellschaft. lndigene Australier sind weder in die Mehrheitsgesellschaft assimiliert worden noch haben sie eine Gleichstellung erfahren. Durch die Politik der Selbstbe stimmung hat ein Teil der indigenen Bevölkerung eine gewisse Kontrolle über staatliche Dienst leistungen wie z.B. Bildung, Wohlfahrt und Gesundheit erhalten. Als Reaktion auf ihren Wider stand gegenüber einer Integration in die Hauptströmung der Gesellschaft sollte der Staat seine politischen Zielsetzungen und Programme vielmehr als bisher dahin verlagern, die kulturelle Identität der Aborigines aufrechtzuerhalten und zu unterstützen. Zahlreiche Beschäftigungs programme können keine großen Erfolge aufweisen, da immer von der Annahme ausgegangen wird, die Aborigines werden im laufe der Zeit in den formellen, größtenteils städtisch-lokali sierten Arbeitsmarkt integriert werden. Versuche könnten darin bestehen, kulturell angepaßte Beschäftigungsprogramme einzuführen und kulturell geeignete Initiativen und Unternehmen aufzubauen. Diese erfahren eine weitaus höhere Akzeptanz bei der indigenen Minderheit. In vielen Fällen müßten kulturell angepaßte Tätigkeiten erst geschaffen werden. Solange Programmkonzeptionen nicht von den Aborigines selbst kommen, ist deren Effektivität stark anzuzweifeln, denn so kann kein eigenes Engagement entstehen, welches Voraussetzung für das Prinzip von Selbstbestimmmung ist. Es bleibt offen, welche Politik die seit März 1996 amtie rende konservative Regierung verfolgen wird.
Auch wenn offizielle Indikatoren kulturell nicht geeignet sind, ist es nicht von der Hand zu weisen, daß dem Großteil der Aborigines eine für sie als sinnvoll angesehene Tätigkeit bzw. Aufgabe fehlt Nicht nur ein gut bezahlter, regelmäßiger Arbeitsplatz ist für die indigenen Australier eine Seltenheit, es mangelt auch an anderen Tätigkeiten. Diese Tatsache ist von grundlegender Bedeutung für ihre Situation, da "Arbeit" als Grunddaseinsfunktion sowohl für das materielle als auch psycho-soziale Wohlbefinden einen zentralen Stellenwert einnimmt. Einer Beschäftigung nachgehen zu können, mit der Funktion, sich seinen Lebensunterhalt eigen ständig zu verdienen, schafft Lebensperspektiven und einen Lebenssinn und prägt die Lebensweise bzw. den Lebensstil grundlegend. Arbeitslosigkeit ist sicherlich nicht nur ein
Problem für Aborigines. Doch der Anteil von ihnen, welcher von Erwerbslosigkeit betroffen ist, ist erschreckend hoch. Ein Großteil von ihnen war praktisch noch nie richtig beschäftigt. Man halte sich nur einmal das Szenario vor Augen, wie sich eine viele Jahrzehnte anhaltende extrem hohe Arbeitslosigkeit sozial und psychologisch für die indigene Minderheit auswirken könnte ... Geschlechtsspezifische Komponenten konnten im Rahmen dieser Arbeit nur am Rande behandelt werden. Da ihnen ebenfalls eine große Bedeutung zukommt, erfordern sie eigene Untersuchungen. Wie wirkt sich nun die sozio-ökonomische Benachteiligung im Vergleich zwischen weiblichen und männlichen Aborigines aus? Ist die hohe Arbeitslosigkeit für indigene Männer nicht folgenschwerer, da die Frauen durch ihre überwiegende Mutterrolle "zumindest" noch eine Aufgabe besitzen, welche ihnen einen Sinn im Leben geben kann?
Im Gegensatz zu früheren Erwartungen haben Aborigines einen Großteil, wenn auch nicht die Gesamtheit, ihrer traditionellen Kultur aufrechterhalten. Viele von ihnen versuchen einiges von dem, was verloren wurde, wieder zu beleben und traditionelle Wege zu errichten. Durch das Mabo-Urteil könnte dieser Prozess erheblich gestärkt werden, indem der Identifikation traditio neller Landbesitzer, der Erhaltung heiliger Stätten und der Identifikation mit traditionellen Landnutzungsformen ein hoher Stellenwert beigemessen wird. Das Überleben und Wiederbe leben der traditionellen Kultur besitzt grundlegende Auswirkungen auf wirtschaftliche Unter nehmen in Aboriginal Communties. Dies impliziert, daß eine Basis für die Entwicklung von Subsistenzunternehmen existiert. Eine Bewahrung der traditionellen Kultur ohne die Beibehal tung der traditionellen Wirtschaftsform muß erhebliche Verluste und Modifikationen hinnehmen. Traditionelle wirtschaftliche Aktivitäten sollten demnach gestärkt werden, da sie in mehrerer Hinsicht den Aboriginal CommunitiesChancen für eine Verbesserung ihrer sozio-ökonomischen Lebensbedingungen bieten können. Da ein Großteil der Aborigines nicht unbedingt bestrebt ist, sich an formellen wirtschaftlichen Aktivitäten zu beteiligen bzw. sich in bestehende Arbeits märkte zu integrieren, könnten Unternehmen, die auf der Subsistenzwirtschaft beruhen, alterna tive kulturell angepaßte Erwerbsmöglichkeiten schaffen. Unternehmen, die auf einer Subsistenz produktion basieren und auf lokalen Verbrauch und Handel abzielen, könnten Chancen auf Erfolg haben. Diese wären nicht unbedingt von der herausgestellten räumlichen Benachteiligung der Aborigines betroffen, da die vorhandene Ressourcenbasis genutzt werden könnte. Die Gewinnung (und Vermarktung) von Nahrungsmitteln (bushtucker/bushfood)und anderen lokal erhältlichen Ressourcen, wie z.B. das Sammeln von Holz und die Errichtung von Unterkünften würde insbesondere in begünstigten Regionen eine Abhängigkeit von monetären Mitteln, vor allem für Lebensmittel, verringern. Diese Unternehmensformen würden das Potential zur Selbst versorgung und einer verringerten Abhängigkeit von staatlichen Geldern außerordentlich erhöhen. Kulturelemente der Aborigines wie Verwandtschaftsstrukturen, die Güterverteilung nach dem Prinzip der Reziprozität und die Beziehungen der Menschen zum Land könnten ebenfalls weitaus einfacher in Subsistenzunternehmen eingebettet werden. Ihre Organisation sollte im Einklang mit indigenen Kontrollsystemen gehen, welche weder hohe Investitionen noch komplexe finanzielle Vorgehensweisen hinsichtlich Management und Verwaltung erfordern. Von Bedeutung ist nicht nur eine reine Selbstversorgung, sondern auch eine Kombination von markt und subsistenzwirtschaftlichen Komponenten. Subsistenzunternehmen könnten ein beträchtli ches Beschäftigungspotential zur Verfügung stellen, wobei Community-Mitglieder jeden Alters
und Geschlechts integriert werden könnten. Die Beschäftigung stände mit den Bedingungen der von den Aborigines selbstgewählten und bevorzugten Lebensweise im Einklang. Wirtschaftliche Aktivitäten könnten eine Grundlage dafür schaffen, eine "gelebte Kultur" entstehen zu lassen. Vorhandene Kenntnisse und Fähigkeiten der indigenen Bevölkerung könnten angewendet werden und dazu anregen, diese der jüngeren Generation weiterzuvermitteln. Dadurch erhielten diese wieder verstärkten Zugang zu ihrer eigenen Kultur und eine Identitätsfindung würde erleichtert. Dies könnte wichtige Funktionen erfüllen, da sie den Menschen ihren Stolz zurückge ben, ihre Eigeninitiative fördern und Gefühle der Entfremdung und Hilfslosigkeit überwinden sowie das Alkoholproblem kontrollieren helfen würde. Man kann diese Faktoren nicht überbe werten. Eine wirtschaftliche Selbstversorgung würde außerdem zu einer gesünderen Lebens weise beitragen. Die Subsistenzwirtschaft und das Sammeln von traditionellen Materialien für die Herstellung von Kunst und Kunsthandwerk könnte tendenziell Hand in Hand gehen. Diese Produktion könnte nicht nur zur eigenen Verwendung, sondern insbesondere zum Verkauf auf dem Markt dienen.
Das CDEP-Programm wäre - mit seiner staatlichen Subventionierung - zur Stärkung der indige nen Subsistenzwirtschaft geeignet. Communities sind im Rahmen eines COEP-Programmes zudem in der Lage, eigenständige Entscheidungen zu treffen. Aborigines können diesbezüglich selbst bestimmen, was für sie Beschäftigung darstellen soll, d.h. sie können kulturell geeignete Aktivitäten als "Arbeit" definieren. Da das Programm jeweils immer für eine gesamte Aboriginal Communityeingeführt wird, ist es ihnen dadurch möglich, Tätigkeiten für die Community selbst zu erfüllen, wie sie es bevorzugen. Das Programm findet, wie herausgestellt wurde, eine große Akzeptanz bei der indigenen Bevölkerung. Da nicht allen Communities,welche an CDEP Interesse zeigen, die Chance zu einer Teilnahme daran gegeben wird, könnten weitere Bemü hungen darin bestehen, Beschäftigungsmöglichkeiten für die indigene Bevölkerung durch eine umfangreichere Ausweitung dieses Programms zu schaffen.
Als Konsequenz aus den unüberwindbaren Hindernissen, Unvereinbarkeiten und Nachteilen heraus rückt die Idee einer Selbstverwaltung der indigenen Minderheit in den Brennpunkt. Forderungen der Aborigines nach Autonomie, welche in Appellen nach "Unabhängigkeit", "Souveränität" oder zumindest nach wirksamem "Selbstmanagement" ausgedrückt werden, unterliegen jedoch durch das Fehlen einer unabhängigen wirtschaftlichen Basis und einer alternativen Wohlfahrtsökonomie, deren kleine Bevölkerung und ihrer fortwährenden Abhängig keit vom Staat enorm großen Grenzen. Dies hat zu der strukturellen Einbettung und Integration der Aborigines in den Staatskörper geführt trotz zahlreicher demonstrativer Verweigerungen ihrerseits hinsichtlich der Legitimität dieses Prozesses. Aborigines sind in der Gefahr, in ihrer eigenen Enklave des Wohlfahrtsstaates eingesperrt zu werden. Durch Autarkie wäre die indigene Minderheit dazu gezwungen, sich aus der bis heute aufrechterhaltenen Abhängigkeits rolle von der weißaustralischen Gesellschaft zu befreien und eigene Wege zu beschreiten. Eine wesentliche Voraussetzung für die Verbesserung ihrer sozio-ökonomischen Lebensbedingungen wäre sicherlich die Verfügbarkeit über eine ausreichende Ressourcenbasis, die ihnen Mög lichkeiten zur Subsistenzproduktion bietet.
Zum Abschluß sollen noch einige weiterreichende - im Zusammenhang mit dieser Arbeit interes sante - Forschungsfragen aufgeworfen werden: Inwieweit korreliert diese - hinsichtlich des sozio-ökonomischen Status' der Aborigines und den weißen Australiern analysierte - Kluft mit anderen indigenen Völkern in westlichen Industrieländern? Inwiefern wirkt nun bei anderen indigenen Völkern ein kulturelles Bewußtsein einer gleichgestellten Teilnahme im formellen Arbeitsmarkt entgegen? Vergleiche zwischen einzelnen indigenen Völkern bezüglich ihres sozio ökonomischen Status' wären sehr aufschlußreich, vor allem unter Berücksichtigung der Ursa chenkomplexe im Hinblick auf eine Benachteiligung.
Literaturverzeichnis
ABBIE,A.A.(1970):The Original Australians. Wellington.
ABORIGINAL MEDICAL SERVICE REDFERN(p1990): Papers, Concepts, Reports, Objectives (unpubl.).
ABORIGINAL AND TORRES STRAIT ISLANDER SOCIAL JUSTICE COMMISSION (1993):
First Report 1993. AGPS. Canberra.
ABSa(AUSTRALIANBUREAUOFSTATISTICS)(1984):Division of National Mapping: Sydney
- A Social Atlas. Atlas of Population and Housing, Vol.2. 1981 Census. Belconnen.
-- ABSb (1989):Aboriginal and Torres Strait lslander Counts. 1986 Census of Population and Housing: Data Quality. Catalogue No.2602.0. Belconnen.
-- ABSc(1993):1991 Census of Population and Housing. Aboriginal Community Profile.
Catalogue No. 2722.0. Belconnen.
--------- ABSd(1993):1991 Census of Population and Housing. Aboriginal and Torres Strait lslander Community Profile. Northern Territory. Catalogue No.2722.7. Darwin.
-- ABSe(1993):Australia's Aboriginal and Torres Strait lslander Population. Census of Population and Housing 1991. Catalogue No. 2740.0. Belconnen.
-------- ABSf (1992):Final Counts for Selected Areas. Northern Territory. 1991 Census.
Catalogue No. 2801.7. Darwin.
------ABSg(1993):Aboriginal People in South Australia. 1991 Census. Catalogue No.2841.4.
Adelaide.
--ABSh(1993):Geographie Areas. 1991 Census. Catalogue No. 2905.0. Belconnen.
--ABSi(1993):Western Australia's Aboriginal People. 1991 Census of Population and Housing. Cat. No. 4107.5. Perth.
--------- ABSj(1993):A Social Atlas. Sydney/ Adelaide/ Brisbane/ Perth/ Hobart/ Canberra/ Melbourne/ Darwin. 1991 Census of Population and Housing. Woden.
--ABSk(1994):Northern Territory's lndigenous People. 1991 Census of Population and Housing. Catalogue No. 4107.7. Darwin.
--------- ABSI(1994):Northern Territory in Focus 1994. Catalogue No. 1306.7. Darwin.
--------- ABSm(1994):Year Book(s) of South Australia/ Victoria/ Western Australia. Belconnen.
ALBERTS, F./ANDERSON, C. (1994):Art:lnterpreting Reality. In: BOURKE, C.&E./ B. EDWARDS: Aboriginal Australia: 199-211.
ALEXANDER, C. (1987):From Dreamtime to Nightmare: The Voices of 168 Aboriginal (Ex-) Prisoners in New South Wales. In: The Australian & New Zealand Journal of Sociology (ANZJS), 23 (3): 323-343.
ALTMAN, J.C. (1979):Maningrida Outstations. Canberra.
------- (1982):Hunters and Gatherers and the State: The Economic Anthropology of the Gunwinggu of North Australia. Canberra.
-------- (1987a):Hunter-Gatherers Today. An Aboriginal Economy in North Australia. AIATSIS: Canberra.
---------- (1987b):The Potential for Reduced Dependency at Aboriginal Communities in the East
Kimberley Region. East Kimberley Working Paper No.18. Centre for Ressource and Environmental Studies. Canberra.
-------- (1988):Aborigines, Tourism, and Development. The Northem Territory Experience.
Darwin.
--------- (ed.) (1991):Aboriginal Employment Equity by the Year 2000. For the Academy of the Social Sciences in Australia by the Centre for Aboriginal Economic Policy Research (CAEPR). Research Monograph No.2. Canberra.
-- (1991):Conclusion. In: ALTMAN, J.C.: Aboriginal Employment Equity by the Year 2000: 155-174.
-- (ed.) (1992):A National Survey of lndigenous Australians: Options and lmplications.
CAEPR. Research Monograph No.3. Canberra.
-- (1992):Statistics About lndigenous Australians: Needs, Problems, Options, and lmplica tions. In: ALTMAN, J.C.: A National Survey of lndigenous Australians.
---------- (1995):Coping with Locational Disadvantage: The Economic Development Potential of
Tourism at Seisa Community, Cape York Pensinsula. CAEPR, DP No.99. Canberra.
Al TMAN, J.C./ALLEN, L.M. (1992):lndigenous Participation in the Informal Economy: Statistical and Policy lmplications. In: ALTMAN, J.C.: A National Survey of lndigenous Austra lians: 138-151.
ALTMAN, J.C./HAWKE, A.E. (1993):lndigenous Australians and the Labour Market: lssues for the Union Movement in the 1990s. CAEPR, DP No.45. Canberra.
ALTMAN, J.C./NIEUWENHYUSEN, J.(1979):The Economic Status of Australian Aborigines. Cambridge.
ALTMAN, J.C./SANDERS, W.G. (1991):Government Initiatives for Aboriginal Employment: Equity, Equality and Policy Realism. In: ALTMAN, J.C.: Aboriginal Employment Equity by the Year 2000: 1-18.
ALTMAN J.C./SMITH, D.E. (1993):Compensating lndigenous Australian "Losers": A Community-Orientated Approach from the Aboriginal Social Policy Arena. CAEPR. DP No.47. Canberra.
ALTMAN, J.C./TAYLOR,J. (1987):Employment Opportunities for Aboriginal People at Outstations and Homelands. A Report to the Australian Council for Employment and Training. Canberra.
-- (1989):The Economic Viability of Aboriginal Outstations and Homelands. Report to the Australian Council for Employment and Training. AGPS. Canberra.
AMANKWAH, H.A. (1994):Mabo and International Law. In: Race & Class. A Journal for Black and Third World Liberation, 35 (4): Aboriginal Australia: Land, Law and Culture: 57-63. Institute of Race Relations. London.
AMERY, R./BOURKE, C. (1994):Australian Languages: Our Heritage. In: BOURKE, C& E./EDWARDS, B.: Aboriginal Australia: 199-211. •
ANDERSON, J. (1988):Koorie Health in Koorie Hands. An Orientation Manual in Aboriginal for Health-Care Providers. Melbourne.
ARTHUR, W.S. (1991):The Prospects for Employment Equity in Remote Areas: The Torres Strait Case. In: ALTMAN, J.C.: Aboriginal Employment Equity by the Year 2000: 107-119.
ATSIC (ABORIGINAL AND TORRES STRAIT ISLANDER COMMISSION) (1992): Setting Our
Own Course. Community Development Employment Projects Scheme. Woden.
---------- (1993a):Annual Report 1992-93. Commonwealth of Australia. Woden.
--(HEALTHANDCOMMUNITYDEVELOPMENTBRANCH}(1993b):Aboriginal and
Torres Strait lslander Health: Current Status and Recent Initiatives. In: Australian Health Review. A Publication of the Australian Hospital Association. Woden, 16 (4): 332-339.
-- (1993c}:Review of the Aboriginal Employment Development Policy. Woden.
---------- (1994a}:Information Kit on Native Title. Woden.
---------- (1994b}:lndigenous Australia Today. An Overview by ATSIC. Woden.
--------- (1994c):Economic Empowerment. The Way Ahead. A Strategy Paper. Aboriginal Employment Development Policy. Woden.
ATTWOOD, B. (1989):The Making of the Aborigines. Sydney.
ATTWOOD, B./ARNOLD,J. {eds.) (1992):Power,Knowledge and Aborigines. Special Edition of the Jounal of Australian Studies. Melbourne.
AUSTRALIAN INSTITUTE OF CRIMINOLOGY (1991}: Survey of Aboriginal Prisoners in South Australia Prisons - July 1990. Canberra.
BÄHR, J. (1983):Bevölkerungsgeographie. Stuttgart.
BARWICK, D. (1963): ALittle More than Kin. Regional Affinity and Group ldentity among Aboriginal Migrants in Melbourne.
BATES, D. (1938):The Passing of the Aborigines. A Lifetime Spent among the Natives of Australia. Melbourne.
BEADLE, N.C.W.(1981):The Vegetation of Australia. Stuttgart.
BECK,E.J.(1985):The Enigma of Aboriginal Health. lnteraction betwee Biological, Social and Economic Factors in Alice Springs Town-Camps. Canberra.
S.•
BECKETT, J. (1964):Aborigines, Alcohol and Assimilation. In: REAY, M.: Aborigines Now.
-- {ed.) (1988):Past and Present. The Construction of Aboriginality. Canberra.
-- (1988):The Past in the Present; The Present in the Past: Constructing a National Aboriginality. In: BECKETT, J.: Past and Present. The Construction of Aboriginality: 191- 214.
---------- (1991):Kinship, Mobility and Community in Rural New South Wales. In: KEEN, 1. : Being
Black. Aboriginal Cultures in "Settled" Australia: 117-135.
BELL, D. (1983):Daughters of the Dreaming. Melbourne.
BERNDT, C.H. (1977):Out of the Frying Pan ..? or, Back to Square One? In: BERNDT, R.M.: Aborigines and Change: 402-411.
BERNDT, R.M. (1951):lnfluence of European Culture on Australian Aborigines. In: Oceania, 21 (3).
---------- (ed.) (1970):Australian Aboriginal Anthropology. Perth.
---------- (ed.) (1977):Aborigines and Change: Australia in the '?Os. Canberra.
---------- (1977):Aboriginal ldentity: Reality or Mirage. In: BERNDT, R.M.: Aborigines and Change:
1-12.
--------- (ed.) (1982):Aboriginal Sites, Rights and Resource Development. Academy of the Social Science in Australia. Fifth Academy Symposium, 11. Nov. 1981. Proceedings. Perth.
---------- (1982):Traditional Concepts of Aboriginal Land. In: BERNDT, R.M.: Aboriginal Sites,
Rights and Resource Development: 1-11.
-- (1982):Mining Ventures: Alliances and Oppositions. In: BERNDT, R.M.: Aboriginal Sites, Rights and Resource Development: 233-253.
BERNDT,R.M. & CH. (eds.) (1965): Aboriginal Man in Australia. Sydney.
-- (1979):Aborigines of the West: Their Past and their Present. Nedlands.
-- (1987):End of an Era: Aboriginal Labour in the Northern Territory. AIATSIS. Canberra.
---------- (51992){11964):The World of the First Australians. Aboriginal Traditional Life: Past and
Present. Canberra.
BICCHIERI, M.G.(ed.)(1972):Hunters and Gatherers Today. New York.
BLAINEY, G. (1975):Triumph of the Nomads. A History of Ancient Australia. Melbourne.
-- (1993):The Tyranny of Distance. How Distance Shaped Australia's History. Sydney.
BODLEY, J.H.(1983):Der Weg der Zerstörung. Stammesvölker und die industrielle Zivilisation. München.
BOLTON, G.C.(1982):Aborigines in Social History: An Overview. In: BERNDT, R.M.: Aboriginal Sites, Rights and Resource Development: 59-68.
BOURKE,C.(1994):Economics: lndependence or Weltare. In: BOURKE, C. & E./EDWARDS, B.: Aboriginal Australia: 179-198.
BOURKE,C./COX, H.(1994):Two Laws: One Land. In: BOURKE, C. & E./ B. EDWARDS:
Aboriginal Australia: 49-64.
BOURKE, C. & E./EDWARDS, B. (eds.) (1994):Aboriginal Australia. An lntroductory Reader in Aboriginal Studies. St.Lucia.
BOURKE, C./EDWARDS,E. (1994):Family and Kin. In: BOURKE, C. & E./EDWARDS, B.:
Aboriginal Australia: 85-101.
BOURKE, E. (1994a):Imagesand Realities. In: BOURKE, C. & E./EDWARDS, B.: Aboriginal Australia: 4-16.
--------- (1994b):Australia's First Peoples: ldentity and Population. In: BOURKE, C. & E./ EDWARDS, B.: Aboriginal Australia: 35-48.
BOWDEN, R/BUNBURY, B. (1990):Being Aboriginal. Comments, Observations and Stories from Aboriginal Australians. From the ABC Radio Programs. Sydney.
BRINKE, J. (1985):Bevölkerungsgeographischer Überblick von Australien. In: Geographische Berichte, 30: 187-198. '
BROOME,R. (1982):Aboriginal Australians. Black Response to White Dominance 1788-1980. Sydney.
BROWN,K.(1986):Establishing Oifference: Culture, "Race" and Ethnicity and the Production of ldeology. In: Australian and New Zealand Journal of Sociology (ANZJS), 22 (2): 175-186.
BRUNTON, R. (1993):Black Suffering, White Guilt? Melbourne.
BURDEN, J. (1994):Health: A Holistic Approach. In: BOURKE, C. & E./EDWARDS, B: Aboriginal Australia: 157-178.
BURNLEY, I.H. (1974):Urbanization in Australia: The Post War Experience. Cambridge.
BURNLEY,1.H./PRYOR, R.J./ROWLAND, D.T. (eds.) (1980):Mobility and Community Change in Australia. St Lucia.
BUTLIN, N.G. (1983):Our Original Aggression: Aboriginal Populations of Southeastern Australia. 1788-1850. Sydney.
--------- (1993):Economics and the Dreamtime. A Hypothetical History. Cambridge.
BYRNES, J. (1988):Enterprises in Aboriginal Australia: Fifty Case Studies. Armidale.
CALM (DEPARTMENT OF CONSERVATION AND LAND MANAGEMENT) (1991): Aboriginal
Activities and Nature Conservation in the South West of Western Australia. Perth.
CANE, S./ STANELEY, O. (1985):Land Use and Resources in Desert Homelands. NARU. Canberra.
CARUANA, W. (1993):Aboriginal Art. Singapur.
CASSELMANN, M. (1991):Nationalparke in Australien. Interessenkonflikte zwischen Natur schutz, Bergbau und Tourismus; dargestellt am Beispiel des Kakadu Nationalpark. Frankf. Wirtschafts- und Sozialgeogr. Sehr., 59: 229-256.
CASTLE,R. (1987):Employment Prospects for Aboriginals in Rural Labour Markets. Report to the Australian Council for Employment and Training. AGPS. Canberra.
CHAPMAN, B.J. (1991):Aboriginal Employment, lncome and Human Capital: Towards a Conceptual Framework. In: ALTMAN,J.C.: Aboriginal Employment Equity by the Year 2000: 133-139.
CHRISTIE,M.(1985):Aboriginal Perspecüves on Experiences and Learning. The Role of Language in Aboriginal Education. Geelong. '
CLARK,D.J. (1987):The Elements of an Applied Nutrition Program in a Remote Aboriginal Community in the Northern Territory. In: Proceedings of the Menzies Symposium: Nutrition and Health in the Tropics, 26.+ 27.August 1987 in Townsville. Darwin: 109-119.
CLARK, M. (1963):AShort History of Australia. Sydney.
COE,P. (1994):ATSIC: Seif-Determination or Otherwise. In: Race & Class. A Journal for Black and Third World Liberation. Vol.35 (4): Aboriginal Australia: Land, Law and Culture: 35-39. Institute of Race Relations. London.
COLLMAN,J. (1988):Fringe Dwellers and Welfare.
CONNELL, J./HOWITT,R. (1991):Mining and lndigenous Peoples in Australia. South Melbourne.
COOMBS,H.C. (1982):On the Question of Government. In: BERNDT, R.M.:Aboriginal Sites, Rights and Resource Development: 227-232.
COOMBS,H/ McCAN,H./ROSS,H. LWILLIAMS, N. (eds.) (1989):Land of Promises:
Aborigines and Development in the East Kimberleys. Canberra.
COUGHLAN,F. (1991):Aboriginal Town Camps and Tangentyere Council. The Battle for Self Determinaüon in Alice Springs. Bundoora.
COWLISHAW, G. (1988):Black, White or Brindle: Race in Rural Australia. Melbourne.
CUTTER, T. (1978):Nutrition and Food Habits of the Central Australian Aboriginal. In: HETZEL, B.S./FRITH, H.J. (eds.): The Nutrition of Aborigines iA Relation to the Ecosystem of Central Australia: 63-71.
DAAD (Deutscher Akademischer Austauschdienst) (1994):Studienführer Australien. Bonn.
DALY,A.E.(1991):Aboriginal Women in the Labour Market. In: ALTMAN,J.C.: Aboriginal Employment Equity by the Year 2000: 91-100.
-- (1992):Aboriginal and Torres Strait lslander Participation in the Labour Market. In: ALTMAN. J.C.: A National Survey of lndigenous Australians: 124-132.
--------- (1993a):The Position of Older Aboriginal People in the Labour Market. CAEPR, DP No.43. Canberra.
--------- (1993b):The Changing Labour Force Status of lndigenous Australians, 1971-91: A Census-Based Analysis. CAEPR, DP No.50. Canberra.
--------- (1993c):Education and Employment for Young Aborigines. CAEPR. DP No.38.
Canberra.
-------- (1993d):Self-Employment Among Aboriginal People. CAEPR, DP No.39. Canberra.
DALY, A.E., ALLEN, B., AUFFLICK, L., BOSWORTH,E. & M. CARUSO (1993):Determining
the Labour Force Status of Aboriginal People Using a Multinomial Logit Model. CAEPR, DP No.44. Canberra.
DALY, A.E./HAWKE, A.E. (1993):Work and Weltare for lndigenous Australians. CAEPR, DP No.48. Canberra.
DEET(DEPARTMENTOF EMPLOYMENT, EDUCATION AND TRAINING) (1993):National
Aboriginal and TSI Education Policy. Joint Policy Statement. Canberra.
--------- (1994):National Review of Education for Aboriginal and Torres Strait lslander People.
AGPS. Canberra.
DEPARTMENT OF ABORIGINAL AFFAIRS (1984):Aboriginal Social lndicators 1984. Canberra.
DEPARTMENT OF ADMINISTRATIVE SERVICES(AUSTRALIANSURVEYING AND LAND
INFORMATION GROUP)(1990):Atlas of Australian Resources. Third Series. Vol. 6: Vegetation. Canberra.
DEPARTMENT OF HOUSING AND CONSTRUCTION(1985):Study lnto Homelessness and lnadequate Housing, Vol.1. Canberra.
DINGLE,T. (1988):Aboriginal Economy. Patterns of Experience. Fitzroy.
DIVISION OF NATIONAL MAPPING (1980a):Atlas of Australian Resources. Third Series. Vol.1: Soils and Land Use. Canberra.
-- (1980b):Atlas of Australian Resources. Third Series. Vol.4: Population. Canberra.
DIXON, R.A./DILLON, M.C.(eds.)(1990):Aborigines and Diamond Mining. The Politics of Resource Development in the East Kimberley Western Australia. Nedlands.
DODSON, M.(1994):Towards the Exercise of lndigenous Rights: Policy, Power and Seif Determination. In: Race & Class. A Journal for Black and Third World Liberation, 35 (4): Aboriginal Australia: Land, Law and Culture: 65-76. Institute of Race Relations. London.
DOWNING, J.(1988):Ngurra Wadytja: Country of My Spirit. NARU. Darwin.
ECKERMANN,A.-K.(1977):Group Organisation and ldentity within an Urban Aboriginal Community. In: BERNDT, R.M.: Aborigines and Change: 288-319.
EDMUNDS, M. (1990):They Get Heaps. A Study of Attitudes in Roeburne, Western Australia. AIATSIS. Canberra.
EDWARDS, B.(1994):Living the Dreaming. In: BOURKE, C. & E./EDWARDS, B.: Aboriginal Australia: 65-84.
EDWARDS, W.H. (ed.)(1991):Traditional Aboriginal Society. A Reader. Hong Kong.
ELKIN, A.P. (1951):Reaction and lnteraction: A Food Gathering People and European Settlement in Australia. American Anthropologist, 53 (2).
-- (1977){11945):Aboriginal Men of High Degree. St. Lucia.
-- (1981)(11938):The Australian Aborigine. Sydney.
ELLANNA, L./LOVEDAY, P./STANLEY, O./YOUNG,E.A. (1988):Economic Enterprises in Aboriginal Communities in the Northern Territory. NARU. Darwin.
ELLIS, R.R. (1993):The First Australians. Aboriginal and Torres Strait lslander People in Contemporary Australian Society. Canberra.
ERDMANN, C. (1991):Aborigines im Tourismus des australischen Nordterritoriums - Bereiste oder Unternehmer? In: Pazifik-Forum, 2: 127-143.
-- (1995):Nationalparke in Australien. Älteste und führende Standorte eines nachhaltigen Tourismus. In: Geographische Rundschau, 47: 640-645.
FAUTZ, B. (1970):Agrarräume in den Tropen und Subtropen Australiens. In: Geographische Rundschau, 22: 385-391.
FISK,E. K. (1985):The Aboriginal Economy in Town and Country. Sydney.
FITZGERALD, R.T. (1976):Poverty and Education in Australia. AGPS. Canberra.
FOLEY, G./FLOWERS, R. (1991):Strategies for Seif-Determination. Aboriginal Adult Education, Training and Community Development in New South Wales. A National Research Fellowship Scheme Research Project. Final Report. Faculty of Education. University of Technology. Sydney.
FOURMILE, H. (1989):The Aboriginal Art Market and the Repatriation of Aboriginal Cultural Property. In: Social Alternatives, 8 (1).
FRANTZ, K. (1993):Die lndianerreservationen in den USA. Erdkundliches Wissen 109. Stuttgart.
FUA, C./LUMSDEN, L. (1984):Aboriginal Alcohol Abuse & Crime in Queensland. In: SWAN
TON, B.: Aboriginal & Criminal Justice: 6-17.
GALE, F.(1964):AStudy of Assimilation: Part-Aborigines in South-Australia. Adelaide.
---------- (1972):Urban Aborigines. Canberra.
-- (1977):Aboriginal Values in Relation to Poverty in Adelaide. In: BERNDT, R.M.: Aborigines and Change: Australia in the '?Os: 326-331.
-- (1981):Adjustmentof Migrants in Cities: Aborigines in Adelaide. In. JONES, G.W./RICH- TER, H.V. (eds.): Population Mobility and Development. Canberra.
GALE, F./WUNDERSITZ, J. (1982):Adelaide Aborigines. A Case Study of.Urban Life 1966- 1981. The Aboriginal Component in the Australian Economy 4. Development Studies Centre. Canberra.
GAMINIRATNE, K.H.W. (1993):Change in Aboriginal and Torres Strait lslander Population Distribution 1986-91. CAEPR, DP No.49. Canberra.
GAMINIRATNE, K.H.W./TESFAGHIORGHIS, H. (1992):Demographie Data on lndigenous Australians: Current Availability and Future Needs. In: ALTMAN, J.C.: A National Survey of lndigenous Australians: 98-108.
GLOVER,J./WOOLLACOTT, T. (1992):ASocial Health Atlas of Australia. Vol.1+2. ABS Catalogue No.4385.0. Kent Town (SA).
GOSTIN, 0./CHONG,A (1994):Living Wisdom: Aborigines and the Environment. In: BOURKE,
C. & E./EDWARDS, B.: Aboriginal Australia: 123-139.
GOVERNMENT OF WESTERN AUSTRALIA (1994):Report of the Task Force on Aboriginal Social Justice. Perth.
GRAY, A (1989):Aboriginal Migration to the Cities. In: Journal of the Australian Population Association, 6 (2).
- (ed.)(1990): AMatter of Life and Death. Contemporary Aboriginal Mortality. The Institute
Report Series. Canberra.
-- (1990):National Estimates of Aboriginal Mortality. In: GRAY, A.: A Matter of Life and Death: 147-158.
-- (1992):Health and Housing in Aboriginal and Torres Strait lslander Communities. In: ALTMAN, J.C.: A National Survey of lndigenous Australians: 109-123.
GRAY, AfTESFAGHIORGHIS, H. (1991):Social lndicators of the Aboriginal Population of Australia. CAEPR, DP No.18. Canberra.
GREGORY, RG.(1991):The American Dilemma Down Under: a Comparison of the Economic Status of US Indians and Blacks and Aboriginal Australians. In: ALTMAN, J.C.: Aboriginal Employment Equity by the Year 2000: 141-154.
GROOME, H.(1994):Education: The Search for Relevance. In: BOURKE. C. & E./EDWARDS, B.: Aboriginal Australia: 140-156.
GROTZ, R. (1990):Der Outback Australiens. Problemräume der Welt 13. Köln.
GROVES, R.H.(1981):Australian Vegetation. Cambridge.
GRUNN,J.(1993):Aboriginal & Torres Strait lslander Cross-Cultural Package. Communication Concepts. DEET. Canberra.
HAMILTON, A.(1987):Equal to Whom? Visions of Oestiny and the Aboriginal Aristocracy. In: Mankind, 17 (2): 129-139. •
HARRIS,P.(1991):Mathematics in a Cultural Context. Aboriginal Perspectives on Space, Time and Money. Geelong. •
HARRIS, S.(1984):Culture and Learning: Tradition and Education in Northeast Arnhem Land. AIATSIS. Canberra.
- (1990):Two-Way Aboriginal Schooling. Education and Cultural Survival. Canberra.
HARVEY,B./McGINTY,S. (eds.)(1988):Learnlng my Way: Papers from the Nati6nal Confe rence on Adult Aboriginal Learning. Western Australian College of Advanced Education. Institute of Applied Aboriginal Studies. Mount Lawley (.W..A).
HATTY, S.E.(1988):Suicide in Goal: The Construction and Measurement of a Phenomenon. In: Australian Journal of Social lssues, 23 (3): 184-195.
LHURST,K.(1991):The Marginalisation of Aboriginal People Within the Criminal Justice Systm and an Examination of Alternative Policies and Practices. Australian Institute of Criminology. Canberra.
HEALY, B.fTURPIN, T./HAMILTON, M. (1985):Aboriginal Drinking: A Case Study in lneqality and Disadvantage. In: Australian Journal of Social lssues, 20 (3): 191-209.
HEATHCOTE, R.L. (ed.) (1988):The Australian Experience: Essays in Australian Land Settlement and Resource Management. Melbourne.
HEMMING, S.(1994):Changing History: New Images of Aboriginal History. In: BOURKE, C. & E./EDWARDS, B.: Aboriginal Australia: 17-34.
HEPPELL, M. (ed.) (1979): ABlack Reality. Canberra.
--------- (1979):lntroduction: Past and Present Approaches and Future Trends in Aboriginal Housing. In: Heppell, M. (ed.): A Black Reality: 1-65.
HEPPELL,M./WIGLEY, J.(1981):Black out in Alice: A History of the Establishment and Oevelopment of Town Camps in Alice Springs. Development Studies Centre No.26. Canberra.
HETZEL, B.S./FRITH,H.J. (eds.) (1978):The Nutrition of Aborigines in Relation to the Ecosystem of Central Australia. Papers presented at a Symposium of the Commonwealth Scientific and lndustrial Research Organization (CSIRO). 23-26 October 1976 in Canberra. Melbourne.
HIATT, L.R. (1965):Kinship and Conflict. A Study of an Aboriginal Community in Northern Arnhem Land. Canberra.
---------- (1974):Review: The Australian Aborigines. By K. MADDOCK. Mankind, 9 (3).
-- (ed.) (1978):Australian Aboriginal Concepts. AIATSIS Canberra.
-- (1982):Traditional Attitudes to Land Resources. In: BERNDT, R.M.: Aboriginal Sites.
Rights and Resource Development: 13 26.
HILL, K. (1975):AStudy of Aboriginal Poverty in Two Country Towns. Australian Govemment Commission of lnquiry into Poverty. AGPS. Canberra.
HONARI,M. (1990):Causes of Aboriginal Mortality. In: GRAY, A.: A Matter of Life and Death: 139-146.
HORNE,D. (1964):The Lucky Country. Australia in the Sixties. Melbourne.
---------- (1968):The Unlucky Australians. Melbourne.
HOYT,0.(1969):Aborigines of Australia. New York..
HRSC (HOUSE OF REPRESANTATIVES STANDING COMMITTEE ON ABORIGINAL
AFFAIRS) (1987):Return to Country. The Aboriginal Homelands Movement in Australia. Report by Blanchard, C.A. (Chairman) AGPS. Canberra.
--------- (HOUSE OF REPRESANTATIVES STANDING COMMITTEE) (1992) :Mainly Urban.
Report of the lnquiry into the Needs of Urban Dwelling Aboriginal and TSI People. Canberra. • • -
-- (HOUSE OF REPRESANTATIVES SELECT COMMITTEE) (1985):Aboriginal Education.
AGPS. Canberra.
HUDSON,P.(1989):Diversity in Small Service Towns in North Western Australia. In: LOVE DAY, P./WEBB, A.: Small Towns in Northern Australia: 40-79.
---------- (1989):Population Growth in Northern Australia: lmplications for the 1990s. In: LOVE-
DAY, P./WEBB, A.: Small Towns in Northern Australia: 183-207.
HUGHES, R. (1988):The Fatal Shore. London.
HUGO, G.J. (1986):Australia's Changing Population. Melbourne.
---------- (ed.) (1989):Atlas of the Australian People: South Australia. Census 1986. Canberra.
---------- (ed.) (1990):Atlas of the Australian People: Queensland. Census 1986. Canberra.
-- (ed.){1991a):Atlas of the Australian People: Northern Territory. Census 1986. Canberra.
-- (ed.) (1991b):Atlas of the Australian People: Western Australia. Census 1986. Canber- ra.
--------- (ed.) (1992):Atlas of the Australian People: New South Wales. Census 1986. Canberra.
HUGO,G.J./SMAILES, P.J.(1985):Urban-Rural Migration in Australia: A Process View of the Turnaround. In: Journal of Rural Studies. 1 (1): 11-31.
IRWIN,H.(1988):Cultural Variability·and Communication: the Talking Solution to Cultural Blindness. In: WRIGHT, B./MOODY, D./PETCHKOVSKY, L.: Contemporary lssues in Aboriginal Studies, 2: 1-23.
ISAACS,J.(1992a):Australian Dreaming. 40.000 Years of Aboriginal History. Sydney.
--------- (1992b):Bush Food. Aboriginal Food and Herbal Medicine. Sydney.
JASCHKE,D. (1987):Die agrarische Tragfähigkeit Australiens. Berliner Geographische Studien 22.
JEANS,D.N. (ed.)(1986):Australia - A Geography. Vol.1: The Natural Environment. Sydney.
---------- (ed.) (1987):Australia - A Geography. Vol.2: Space and Society. Sydney.
JOHNSON, K.(1992):The Ausmap Atlas of Australia. Australian Surveying & Land Information Group. Cambridge.
JONAS, W. (1992):Aboriginal Community and Agency Perceptions About the Collection of Social Statistics. In: ALTMAN, J.C.: A National Survey of lndigenous Australians: 48-57.
JONES, F.L. (1991):Economic Status of Aboriginal and Other Australians: A Comparison. In: Al TMAN, J.C.: Aboriginal Employment Equity by the Year 2000: 27-45.
---------- (1993):Unlucky Australians: Labour Market Outcomes Among Aboriginal Australians. In:
Ethnic and Racial Studies, 16 (3): 420-458. London.
JORDAN, D.F. (1988):Aboriginal ldentity: Uses of the Past, Problems for the Future? In: BECKETT, J.: Past and Present. The Construction of Aboriginality: 109-129.
KAMIEN, M. (1978):The Dark People of Bourke. A Study of Planned Social Change. AIATSIS. Canberra.
KEEFFE, K. (1992):From the Centre to the City. Aboriginal Education, Culture and Power. Canberra.
KEEN, 1. (ed.) (1991):Being Black. Aboriginal Cultures in "Settled" Australia. Canberra.
KELLY, M. (ed.) (1987):Sydney: City of Suburbs. Kensington (NSW).
KRMS, F. (1992):Ethnolinguistische Bevölkerungsgruppen und Minoritäten in der geographi schen Forschung. In: Die Erde, 123: 177-190.
KULS, W. (1993):Bevölkerungsgeographie. Stuttgart.
LAMPING, H. (1985):Australien. Länderprofile - Geographische Strukturen, Daten, Entwick lungen. Stuttgart.
--------- (1986):Neue Aspekte des Verdichtungsprozesses in Australien. In: Berliner Geogra phische Studien, 18: 125-151.
--------- (1988):Bergbauliche und landwirtschaftliche Raumerschließung in Australien. In: Zeitschrift f. Wirtschaftsgeographie, 27: 65-85.
LAMPING, H./B. HAIN (eds.) (1991):Australien. Beiträge zur Wirtschaftsgeographie. Frankfurter Wirtschafts- und Sozialgeographische Schriften, 59.
LANGTON, M. (1991):Medicine Square. In: Keen, 1.: Being Black: 201-225.
LARSEN, K. (1979):Social Crisis and Aboriginal Alcohol Abuse. In: Australian Journal of Social lssues, 14 (2).
LAWRENCE, R. (1968):Aboriginal Habitat and Economy. Department of Geography. School of General Studies. Canberra.
LEVY-STRAUSS, C. (1981):Das Prinzip der Gegenseitigkeit. In: Levi-Strauss, C.: Die elemen taren Strukturen der Verwandtschaft: 107-127. Frankfurt.
LEWIS, O. (1966):The Culture of Poverty. In: Scientific American, 215 (4): 19-25. New York.
LIPPMANN, L. (1971):Aboriginal-White Attitudes: A Syndrome of Race Prejudice. In: STE VENS, F.S.: Racism. The Australian Experience, Vol 2.
---------- (1974):Aboriginal Education. Paper issued by the Centre for Research into Aboriginal
Affairs. Monash University.
--------- (1981):Generations of Resistance: The Aboriginal Struggle for Justice. Melbourne.
LÖFFLER, E. (1985):Naturräumliche Faktoren und Landnutzungspotential Australiens. In: Geographische Rundschau, 37: 4-11.
LÖFFLER, E. /GROTZ, R. (1995):Australien. Wissenschaftliche Länderkunden, 40. Darmstadt.
LOVEDAY, P. (ed.)(1982):Service Delivery to Remote Communities. NARUMonograph. Darwin.
--(1985):Aboriginal Employment in Katherine. In: WADE-MARSHALL, 0./ LOVEDAY, P.: Employment and Unemployment.
LOVEDAY, P./COOKE, P. (eds.) (1983):Aboriginal Artsand Crafts and the Market. NARU. Darwin.
LOVEDAY P./WEBB, A. (eds.) (1989):Small Towns in Northern Australia. NARU. Darwin.
LOVEDAY, P.NOUNG,E.(1984):Aboriginal Adult Education: TAFE in the Northern Territory. NARU. Darwin.
LOWLOR, R. (1993):Am Anfang war der Traum. Die Kulturgeschichte der Aborigines. Gutenberg.
McCONNOCHIO,K./HOLLINSWORTH,D./PETTMAN,J.(1988):Race and Racism in Australia. Sydney.
McFARLANE, W.V. (1978):Aboriginal Desert Hunter/Gatherers in Transition. In: HETZEL, B.S./FRITH, H.J.: The Nutrition of Aborigines in Relation to the Ecosystem of Central Australia: 49-62.
MACKAY, H. (1988):Being Australian. The Mackay-Report. Sydney.
McKENDRICK,J. et al. (6 Autoren) (1990): AUnique and Pioneering Mental Health Service for Victorian Aboriginal People. In: Aboriginal Health Information Bulletin, 13: 17-21.
McKENZIE, P./STEPHEN, A. (1987):La Perouse: An Urban Aboriginal Community. In: KELLY, M.: Sydney: City of Suburbs: 172-191.
MADDOCK, K. (1972):The Australian Aborigines. A Portrait of Their Society. London.
---------- (1977):Two Laws in One Community. In: BERNDT, R.M.: Aborigines and Change: 13-
31.
MADERSPACHER F./STÜBEN, P.E. (eds.) (1984):Bodenschätze contra Menschenrechte. Vernichtung der letzten Stammesvölker und die Zerstörung der Erde im Zeitalter des "Fort schritts". Hamburg.
MALIN, M.(1990):The Visibility and lnvisibility of the Aboriginal Child in an Urban Classroom. In: Australian Journal of Education, 34 (3).
MARTIN, D.E (1995):Money, Business and Culture: lssues for Aboriginal Economic Policy. CAEPR, DP No.101. Canberra.
MARTIN, M./ALLENBY, G. (1989):Australia. Environments And People. Marrickville.
MATTINGLEY, C./HAMPTON, K. (eds.) (1992):Survival in Our Own Land. "Aboriginal" Experiences in "South Australia" since 1836. Told by Nungas and Others. Sydney.
MEEHAN,B./WHITE, N. (1990):Hunter-Gatherer Demography. Past and Present. Oceania Monograph, 39. University of Sydney.
MEGGITT, M.J. (1962):Desert People: A Study of the Walbiri Aborigines of Central Australia.· Sydney.
MILES, M.R. (1978):Current Problems in Crop Production in Central Australian Aboriginal Communities. In: HETZEL, B.S./FRITH, H.J.: The Nutrition of Aborigines in Relation to the Ecosystem of Central Australia: 97-103.
MILLER, M. (1985)(Chairman): Report of the Committee of Review of Aboriginal Employment and Training Programs. AGPS. Canberra.
MILLER, P.W. (1987):The Structure and Dynamics of Aboriginal and Non-Aboriginal Youth Unemployment. A Report for the Australian Council for Employment and Training. AGPS. Canberra.
-- (1991):Aboriginal Youth Unemployment. In: ALTMAN, J.C.: Aboriginal Employment Equity by the Year 2000: 79-90.
MOIR,P.(1988):Welfare Rights and Aboriginal Problems. In: WRIGHT, 8./MOODY, D./ PETCHKOVSKY, L.: Contemporary lssues in Aboriginal Studies, 2: 421-437.
MOLONY, J. (1988):The Penguin History of Australia. The Story of 200 Years. Ringwood.
MONK, J.J. (1972):Socio-Economic Characteristics of Six Aboriginal Communities in Australia: A Comparative Ecological Study. Univ. of lllinois at Urbana- Champaign. (for Ph.D. Geography}.
MOODIE, P.M. (1973):Aboriginal Health. Canberra.
MORGAN, H.M. (1982):The Mining lndustry and Aborigines. In: BERNDT, R.M.: Aboriginal Sites, Rights and Resource Development: 177-199.
MORONY, R. (1991):The Community Development Employment Projects (CDEP) Scheme. In: ALTMAN, J.C.: Aboriginal Employment Equity by the Year 2000: 101-106.
MORSE, B.W. (1986):Aboriginal Self-Government in Australia and Canada. Aboriginal Peoples and Constitutional Reform. Background Paper No.4: 5-11. Ontario.
MOSEY, A. (1994):Central Australian "Remote Area Aboriginal Night Patrols": A Review. Drug & Alcohol Services Association Alice Springs lnc. (DASA).
MULVANEY, D.J. (1975):The Prehistory of Australia. Ringwood.
MULVANEY, D.J./GOLSON, J. (eds.) (1971):Aboriginal Man and Environment in Australia. Canberra.
MYERS,F.R.(1986):Pintubi Country, Pintubi Seif: Sentiment. Place, and Potitics Among Western Desert Aborigines. Canberra.
NAHSWP (NATIONAL ABORIGINAL HEALTH STRATEGY WORKING PARTY) (1989) :A
National Aboriginal Heatth Strategy. Canberra.
NEVERMANN, H./WORMS, E.A./PETRI, H. (1968):Die Religionen der Südsee und Australiens. Stuttgart.
NEWFONG, J. (p1990):Aboriginal Australia - The Reality and Not the Myth. National Aboriginal Health Strategy Working Party. (unpubl. paper).
NEWTON, J. (1988):Aborigines, Tribes and the Counterculture. In: Social Analysis. Journal of Guttural and Sociat Practice, 23: 53-68.
PALMER,K./BRADY, M. (1991):Diet and Lifestyle of Aborigines in the Vicinity of the Atomic Test Sites in South Australia. In: Sixth International Conference on Hunting and Gathering Societies (CHAGS 6), May 27 - June 1. 1990. Vol 1. Precirculated Papers & Abstracts: 1-16. University of Alaska. Fairbanks, USA. •
XIV
'1
PATTEL-GRAY, A. (1984):Through Aboriginal Eyes. The Cry from the Wilderness. WCC [World Council of Churches] Publications. Geneva.
PEARSON, N. (1994):A Troubling lnheritance. In: Race & Class. A Journal of Black and Third World Liberation, 35 (4): Aboriginal Australia: Land, Law and Culture: 1-9. Institute of Race Relations, London.
PENNYO.H./MORIARTY, J. (1978):Aboriginal Economy - Then and Now. In: HETZEL, B.S./FRITH, H.J.: The Nutrition of Aborigines in Relation to the Ecosystem of Central-Australia: 19-24.
PERKINS, C.(1982):Economic Imperatives as far as Aborigines are Concerned. In: BERNDT, R.M.: Aboriginal Sites, Rights and Resource Development: 153-176.
PETERSON, N. (ed.) (1976):Tribes and Boundaries in Australia. AIATSIS. Canberra.
--------- (1978):The Traditional Pattern of Subsistence to 1975. In: HETZEL, B.S./FRITH, H.J.:
The Nutrition of Aborigines in Relation to the Ecosystem of Central Australia: 25-35.
PETERSON,N./LANGTON,M.(eds.) (1983):Aborigines, Land and Land Rights. AIATSIS. Canberra.
PETRI,H. (1954):Sterbende Welt in Nordwest-Australien. Braunschweig.
PETTMANN J. (1988):Aborigines and Racism. In: WRIGHT, B./MOODY, D./PETCHKOVSKY,
L.: Contemporary lssues in Aboriginal Studies, 2: 23-41.
POYNTON, P. (1994):Mabo: Now You See lt, Now You Don't! In: Race & Class: A Journal for Black and Third World Liberation, 35 (4): Aboriginal Australia: Land, Law and Culture: 41-56. Institute of Race Relations. London.
RADCLIFFE-BROWN, A.R. (1952):Structure and Function in Primitive Society. London.
RAGAZ, C. (1988):Geography and the Conceptual World. The Significance of Place to Aboriginal Australians with Reference to the Historical Lakes Tribes of South Australia. Zürich.
-- (1988):Die Entwicklung der sozio-politischen Artikulationsfähigkeit der Ureinwohner Australiens. In: Geographica Helvetica, 43:203-207.
RANFT-PANEK, B. (1990):Konfrontation und Anpassung. Sozioökonomische Veränderungen und ihr Einfluß auf den Kulturwandel bei den australischen Aborigines. Bonn.
RCIDIC (ROYAL COMMISSION INTO OEATHS IN CUSTODY) (1991): National Report.
Overview and Recommendations. (Commissioner E. Johnston). AGPS. Canberra.
REAY,M. {ed.) (1964):Aborigines Now: New Perspectives in the Study of Aboriginal Commu nities. Sydney.
REED, A.W. (1993):Aboriginal Place Names and their Meanings. Chatswood.
REYBURN,B.(1988):Aboriginal Sovereignty and Australian Anthropology. In: WRIGHT, B./MOODY, D./PETCHKOVSKY, L.: Contemporary lssues in Aboriginal Studies, 2: 83-97.
REYNOLDS,H. (1982):The Other Side of the Frontier. Aboriginal Resistance to the European Invasion of Australia. Ringwood.
--(1987):The Law of the Land. Ringwood.
-- (1989):Dispossession. Black Australians and White lnvaders. St Leonards.
RICH, D.C. (1987):The lndustrial Geography of Australia. North Ryde.
RICKARD,J.(1992):Aborigines. In: WHITLOCK, G./CARTER, D.: Images of Australia: 61-74.
ROBERTS,D.(1994):Seif-Determination and the Struggle for Aboriginal Equality. In: BOURKE,
C. & E./EDWARDS, B.: Aboriginal Australia: 212-236.
ROBERTS,J. (1979):Nach Völkermord, Landraub und Uranabbau. Die Schwarzaustralier kämpfen ums Überleben. Gesellschaft für bedrohte Völker (GfbV) (ed.). Göttingen.
ROSS, H. (1987):Just for Living. Aboriginal Perceptions of Housing in Northwest Australia. Canberra.
ROSS, H./DRAKAKIS-SMITH, D. (1983):Socio-Spatial Aspects of Australian Aboriginal Underdevelopment. In: Geoforum, 14 (3):325-32.
ROSS, R.T. (1987):The Labour Market Position of Aboriginal People in New South Wales. Working Paper No.99. Department of Economics. University of Sydney.
-------- (1990):AProbit Analysis of the Factors lnfluencing the Labour Market Success of Aborigines in New South Wales. Social Policy Research Centre. University of NSW. Discussion Paper No.27. Kensington.
-- (1991):Employment Prospects for Aboriginals in New South Wales. In: ALTMAN, J.C.: Aboriginal Employment Equity by the Year 2000: 121-132.
ROSS,RT./ WHITEFORO,P. (1990):lncome Poverty among Aboriginal Families with Children: Estimates from the 1986 Census. DP No.20. Social Policy Research Centre. Sydney.
ROWLEY, C.D. (1970/71):Aborigines in Australian Society: Ringwood:
-- (1970):The Destruction of Aboriginal Society. Vol.1.
---------- (1971a):The Remote Aborigines. Vol.2.
--------- (1971b):Outcasts in White Australia. Vol.3.
---------- (1978):A Matter of Justice. Canberra.
-- (1986):Recovery. The Politics of Aboriginal Reform. Ringwood.
ROWSE,T. (1988):From Hauses to Households? The Aboriginal Development Commission and Economic Adaptation by Alice Springs Town Campers. In: Social Analysis, 24: 50-65.
---------- (1992):Remote Possibilities: The Aboriginal Domain and the Administrative Imagination.
NARU. Darwin.
RUTHERFORD, A. (ed.)(1988):Aboriginal Culture Today. Sydney.
SACKETT, L. (1988):Resisting Arrests: Drinking, Development and Discipline in a Desert Context. In: Social Analysis, 4: 66-77.
SAGGERS, S./GRAY, D.(1991):Aboriginal Health and Society. The Traditional and Contem porary Aboriginal Struggle for Better Health. Sydney.
SAHLINS, M.D. (1974):Stone Age Economies. London.
SANDERS, W. (1993):Rethinking the Fundamentals of Social Policy Towards lndigenous Australians: Block Grants. Mainstreaming and the Multiplicity of Agencies and Programs. CAEPR, DP No.46. Canberra.
SANSOM,B.(1977):Aborigines and Alcohol: A Fringe Camp Example. In: Australian Journal of Alcoholism and Drug Dependence, 4: 58-62.
--------- (1980):The Camp at Wallaby Cross: Aboriginal Fringe Dwellers in Darwin. AIATSIS. Canberra.
-- (1982):The Aboriginal Commonality. In: BERNDT, R.M.: Aboriginal Sites, Rights and Resource Development: 117-138.
-- (1991):AGrammar of Exchange. In: Keen, 1.: Being Black: 159-177.
SARGENT,M. (1987):Drinking and Alcoholism in Australia: A Power Relations Theory. Melbourne.
SHARP,I.G./TATZ, C.M. (eds.) (1966):Aborigines in the Economy: Employment, Wages and Training. Brisbane.
SCHWAS,R.G.(1995):The Calculus of Reciprocity: Principles and lmplications of Aboriginal Sharing. CAEPR, DP No. 100. Canberra.
SLOAN,J.(1991):The Effectiveness of Labour Market Programs: an Evaluation. In: ALTMAN, J.C.: Aboriginal Employment Equity by the Year 2000: 19-26.
SMITH,D.E.(1991):Aboriginal Unemployment Statistics: Policy lmplications of the Divergence between Official and Gase Study Data. CAEPR, DP No.13. Canberra.
- (1992):The Cultural Appropriateness of Existing Survey Questions and Concepts. In:
ALTMAN, J.C.: A National Survey of lndigenous Australians: 68-85.
- (1994):The Cross-Cultural Validity of Labour Force Statistics about lndigenous Austra-
lians. CAEPR, DP No.69. Canberra.
SMITH,L.R. (1980a):The Aboriginal Population of Australia. Aborigines in Australian Society 14. Canberra.
--------- (1980b):New Black Town or Black New Town: The Urbanization of Aborigines. In: BURNLEY, 1.H./PRYOR, R.J./ROWLAND, D.T.: Mobility and Community Change in Australia: 193-209.
SOFTESTAD, LT. (1988):lndigene Völker und Landrechte: Ein Überblick. In: Geographica Helvetica, 43 (4):164-176.
SORENSEN, T. (1995):Regionen und Regionalismus in Australien. In: Geographische Rundschau,47:616-624.
SORENSON,A.D. (1993):The Future of the Country Towns: Strategies for Local Economic Development. In: SORENSON, A.D./EPPS, W.R. (eds.): Prospects and Policy for Rural Australia. Melbourne.
SPENCER, B./GILLEN,F.J. (1938) {11899):The Native Tribes of Central Australia. London.
STANNER, W.E.H. (1969):After the Dreaming. Sydney.
-- (1979):White Man got no Dreaming. Essays 1938-1973. Canberra.
STEVENS, F.S. (ed.) (1971):Racism: The Australian Experience. A Study of Race Prejudice in Australia, Vol 2.
-- (1974):Aborigines in the Northern Territory Cattle lndustry. Canberra.
--------- (1981):Black Australia. Sydney.
STONE, S.(ed.) (1974):Aborigines in White Australia. A Documentary History of the Attitudes Affecting Official Policy and the Australian Aborigine 1697-1973. Melbourne.
STREHLOW, T.G.H. (1965):Culture, Social Structure, and Environment in Aboriginal Central Australia. In: BERNDT, R.M. & C.H.: Aboriginal Man in Australia.
---------- (1968) (11947):The Aranda Traditions. Melbourne.
STROHSCHEIDT, E. (1995):Australien - "Gemeinschaft der Diebe"? Landrechte der Aborigines und Torres Strait lslanders. In: Geographische Rundschau, 47: 634-639.
STURMER, von, J. (1982):Aborigines in the Uranium lndustry: Toward Seif-Management in the Alligator River Region? In: BERNDT, R.M.: Aboriginal Sites. Rights and Resource Development: 69-116.
SWAN, P. (1988):200 Years of Unfinished Business. Paper for the "Mental Health Status of the Nation" Conference. Aboriginal Medical Service Redfern. Sydney.
SWANTON, B. (1984):Aboriginal & Criminal Justice. Canberra.
SYKES,L.(1995):Welcome to our Land. In: The Geographical Magazine, (10):22-25.
SYKES, R.B. (1989):Black Majority. An Analysis of 21 Years of Black Australian Experience as Emancipated Australian Citizens. Melbourne.
TANGENTYERE COUNCIL (1992):Annual Report 1990-91. Alice Springs.
---------- (1993):Tangentyere Council Profile. Alice Springs.
TATZ,C. (1979):Race Politics in Australia. University of New England Publishing Unit. Armidale.
--------- (1982):The Recovery and Discovery of Rights: An Overview of Aborigines, Politics and Law. In: BERNDT, R.M.: Aboriginal Sites, Rights and Resource Development: 201-226.
-- (1992):Aboriginality as Civilisation. In: WHITLOCK, G./CARTER, 0.: Images of Australia: 75-93.
TAYLOR, J.(1977):Diet, Health and Economy. In: BERNDT, R.M.: Aborigines and Change: 147-158.
- (1988):Aboriginal Population Mobility and Urban Development in the Katherine Region.
In: WADE-MARSHALL, O./LOVEDAY, P.: Northern Australia: Progress and Prospects, Vol.1. NARU. Darwin.
-- (1989):Migration and Small Town Population Change. In: LOVEDAY, P./WEBB, A.: Small Towns in Northern Australia: 8-25.
-- (1991a):Spatial Mobility of Working-age Aborigines in Settled and Remote Australia: A preliminary Analysis. CAEPR, DP No.17. Canberra.
-- (1991b):Aboriginal Labour Migration for Employment: the Evidence. In: ALTMAN, J.C.: Aboriginal Employment Equity by the Year 2000: 65-77.
-- (1992a):Populations Mobility: Policy Relevance, Survey Methods and Recommendations for Data Collection. In: ALTMAN, J.C.: A National Survey of lndigenous Australins: Options and lmplications: 86-97.
-- (1992b):Geographie Location and Economic Status: A Census-Based Analysis of Outstations in the Northern Territory. In: Australian Geographical Studies, 30 (2): 163-84.
-- (1992c):Aboriginal Migration and Labour Market Programs. In: Journal of the Australian Population Association, 9 (1): 53-71.
-------- (1993a):The Relative Economic Status of lndigenous Australians, 1986-91. CAEPR, Research Monograph No.5. Canberra.
--------- (1993b):Regional Change in the Economic Status of lndigenous Australians, 1986-1991.
CAEPR, Research Monograph No.6. Canberra.
TAYLOR,J./JIN, Lui (1995):Change in the Relative Distribution of lndigenous Employment by lndustry. CAEPR, DP No. 96. Canberra.
TAYLOR,J./ROACH, L. (1994a):The Relative Economic Status of lndigenous People in New South Wales, 1986-1991. CAEPR, DP No.55. Canberra.
--(1994b):The Relative Economic Status of lndigenous People in Tasmania, 1986-1991.
CAEPR, DP No.56. Canberra.
--(1994c):The Relative Economic Status of lndigenous People in Victoria, 1986-1991.
CAEPR, DP No.57. Canberra.
-- (1994d):The Relative Economic Status of lndigenous People in South Australia, 1986- 1991. CAEPR, DP No.58. Canberra.
-- (1994e):The Relative Economic Status of lndigenous People in Western Australia, 1986- 1991. CAEPR, DP No.59. Canberra.
-- (1994f):The Relative Economic Status of lndigenous People in Queensland, 1986-1991.
CAEPR, DP No.60. Canberra.
-- (1994g):The Relative Economic Status of lndigenous People in the Australian Capital Territory, 1986-1991. CAEPR, DP No.61. Canberra.
--------- (1994h):The Relative Economic Status of lndigenous People in the Northern Territory, 1986-1991. CAEPR, DP No.62. Canberra.
TESFAGHIORGHIS,H. (1991):Geographie Variations in the Economic Status of Aboriginal People: A Preliminary lnvestigation. CAEPR, DP No.2. Canberra.
TESFAGHIORGHIS,H./ALTMAN, J.C. (1991):Aboriginal Socio-Eco.nomic Status: Are there any Evident Changes? CAEPR, DP No.3. Canberra.
TESFAGHIORGHIS, H./GRAY, A. (1991):The Demographie Structure and Location of the Aboriginal Population: Employment lmplications. In: ALTMAN J.C.: Aboriginal Employment Equity by the Year 2000: 47-64.
THIELE, S. (1991):Taking a Sociological Approach to Europeanness (Whiteness) and Aboriginality {Blackness). In: The Australian Journal of Anthropology, 2 (2): Special lssue 2: Reconsidering Aboriginality: 179-201.
THOMSON,D.F.(1949):Economic Structure and the Ceremonial Exchange Cycle in Arnhem Land. Melbourne.
THOMSON,N. (1982):Aboriginal Nutrition: The Need for a Cultural Historical Perspective. In: Proceedings of the Nutrition Society of Australia, 7: 20-29.
--(1989):Aboriginal Health: A Socio-Cultural Perspective. In: LUPTON, G.M./NAJMAN,
J.M. (eds.): Sociology of Health and lllness. St. Lucia.
---------- (1990):Trends in Aboriginal Infant Mortality. In: GRAY, A.: A Matter of Life and Death: 1-
8.
TINDALE, N.B. (1974):Aboriginal Tribes of Australia. Their Terrain, Environmental Controls, Distribution, Limits and Proper Names. Berkely.
-------- (1978):Notes on a Few Australian Aboriginal Concepts. In: HIATT, L.R.: Australian Aboriginal Concepts: 156-163.
TJUWANPARESOURCECENTRE INC. (ed.) (1992):Outstation CDEP. Rural Management (N.T.) Pty. Ltd. Parkwood.
TOHMATSU, D.T. (1993):No Reverse Gear. A National Review of the Community Development Employment Projects (CDEP) Scheme. Report to the Aboriginal & Torres Strait lslander Commission. Canberra.
TONKINSON,M.& R. (1979):Modem Housing for Sedentarised Nomads. In: HEPPELL, M.:A
Black Reality: 196-206.
TRIGGER, D.S. (1986):Blackfellas and Whitefellas: The Concepts of Domain and Social Closure in the Analysis of Race-Relations. In: Mankind, 1.6 (2): 99-117.
--(1992):Whitefella Comin'. Aboriginal Responses to Colonialism in Northern Australia.
Cambridge.
TURNER, D.H. (1980):Australian Aboriginal Social Organization. AIATSIS. Canberra.
TYLER, W. (1990):Aboriginality and Socioeconomic Attainment in Australia's Northern Territory. In: The Australian & New Zealand Journal of Sociology {ANZJS), 26 (1): 68-85.
VOIGT, J.H. (1988):Die Geschichte Australiens. Stuttgart.
WADE-MARSHALL, 0./LOVEDAY, P. (eds.) (1985):Employment & Unemployment. Darwin.
WALMSLEY, D.J./SORENSON,A.D.(1993):Contemporary Australia: Explorations in Economy, Society and Geography. Melbourne.
WATSON, C./FLEMING, J./ALEXANDER, K. (1988):ASurvey of Drug Patterns in Northern Territory Aboriginal Communities: 1986-87. Darwin.
WELLS, J. (1993}: Marketing lndigenous Heritage. A Case Study of Uluru National Park. In: HALL, M./McARTHUR. S. (eds.): Heritage Management in New Zealand and Australia. Visitor Management, Interpretation, and Marketing: 137-146. Auckland.
WHITE,N./MEEHAN,B./HIATT,L./JONES,R. (1990):Demography of Contemporary Hunter Gatherers: Lessons from Amhem Land. In: MEEHAN, B./WHITE, N.: Hunter-Gatherer Demogra phy: Past and Present. Oceania Monograph 39: 171-185. Sydney.
WHITLOCK,G./CARTER,D.(eds.)(1992):Images of Australia. St Lucia.
WILSON, L./ELLIS,L.(p1990):Cultural Etiquette. Institute for Aboriginal Development. Alice Springs. (unpubl. paper).
WRIGHT, B./MOODY,O./PETCHKOVSKY, L.(eds.)(1988):Contemporary lssues in Aboriginal Studies:2. Proceedings of the Second National Conference on Aboriginal Studies. Nepean College of Advanced Education, Oct. 1987. Sydney.
YOUNG,E.A. (1981):Tribal Communities in Rural Areas. The Aboriginal Component in the Australian Economy , 1. Canberra.
--------- (1984):Outback Stores. Retail Services in North Australian Aboriginal Communities.
Darwin.
---------- (1985):Aboriginal Employment - To What Purpose? In: WADE-MARSHALL, D./LOVE
DAY, P.: Employment & Unemployment: 23-33.
---------- (1990):Aboriginal Population Mobility and Service Provision: A Framework for Analysis.
In: MEEHAN, B./WHITE, N.: Hunter-Gatherer Demography: Past and Present: 186-195.
-- {1991):Comparative lssues in Remote Area Aboriginal Development: Australia and North America. In: MOFFATT, I.J/WEBB, A. {eds.): North Australian Research: Same Past Themes and New Directions:1-9, 74-81. Darwin.
---------- (1993):Aborigines, Land and Society. Australian Geographical lssues. Melbourne.
YOUNG, E.A./DOOHAN,K.(1989):Mobility for Survival: A Process Analysis of Aboriginal Population Movement in Central Australia. NARU Monograph. Darwin.
YOUNG,E.A./FISK,E,K. (eds.) (1982a):Town Populations. The Aboriginal Component in the Australian Economy, 2. Canberra.
---------- (eds.)(1982b):Small Rural Communities. The Aboriginal Component in the Australian
Economy, 3. Canberra.
Yu,P.(1994):The Kimberley: From Welfare Colonialism to Seif-Determination. In: Race & Class. A Journal for Black and Third World Liberation, 35 (4):Aboriginal Australia: Land, Law and Culture: 21-33. Institute of Race Relations. London.
Sonstige Quellen
Tiefeninterviews(siehe beiliegende Auflistung)
Australische Tageszeitungen und Periodika (verschiedene Ausgaben):
THE ADVERTISER THEAGE
THE AUSTRALIAN
THE BULLETIN (v.a. 17.5.94) CANBERRA TIMES CENTRALIAN ADVOCATE
KOORI MAIL (vierzehntägig erscheinende nationale Aboriginal und TSI Zeitung) (v.a.
8.3.95; 20.4.94)
LAND RIGHTS NEWS
N.T. NEWS
SOCIAL ALTERNATIVES SYDNEY MORNING HERALD
THE WEST AUSTRALIAN (v.a. 26.4.94; 30.4.94)
Sonstige Periodika:
PROGROM (Zeitschrift der Gesellschaft für bedrohte Völker. Göttingen)
Karten (Auswahl):
ABORIGINAL AND TORRES STRAIT ISLANDER COMMISSION (1993): ATSIC
Regions.
COMMONWEALTH OF AUSTRALIA (1993): Australia - Land Tenure. Edition 1. Canberra.
DEPARTMENT OF LANDS, HOUSING AND LOCAL GOVERNMENT/NORTHERN
TERRITORY (1990): Northern Territory Pastoral and General Tenure Map. Darwin.
Außerdem verwendete QuellenBroschüren/ Informationsschriften TV-Dokumentationen/ Videos.
Liste der Tiefeninterviews und Feldbesuche (Auswahl)
Sydney (Hauptstadt von NSW)
Redfern, Aboriginal Community(Eveleigh Street), 11.-30.4.94.
David Gilchrist (indian.-schott. Abstammung): Engagement im internationalen Kulturaustausch indigener Völker; Mitglied von Kooriwadjula (Aboriginal-weißaustral. Band), 11.-30.4.94.
Aboriginal Horne Gare Service,13.4.94.
Richard Pearce [vom Stamm der Wayilwan (nördl. NSW)]: Aboriginal dance theat re14.,15., 20.4.94.
Redfern Public School(staatliche primary schoo◊:nicht-indigene Direktorin; Aboriginal Lehrerin, Kathy Waters; Mr. Waters vom Jugendrehabilitationszentrum für indigene Strafentlassene, 15./ 20.4.94.
Aboriginal LegalService in Redfern: Aboriginal Liaison Officer ,18.4.94.
Aboriginal Medical Servicein Redfern: Health Worker,Ricky Lyons, 18.4.94. Aboriginal and TSI Commission/ NSWState Office: Mitarbeiter, Fay Nelson, 19.4.94. Aboriginal and TSI Social Justice Commission ,19.4.94.
Tranby Aboriginal Cooperative College(Glebe), 21.4.94.
National Aboriginal and lslanders Skills Development Association INC .(Glebe), 21.4.94.
AboriginalHomeless PeopleHostelNgura(Mitglied der Aboriginal Corporation forHomelessandRehabilitation CommunityServices) in Asfield: Aboriginal Geschäftsleiter, Bob Carroll, 22.4.94.
Yvonne & Grahame Rich (traditioneller Aboriginal Künstler Mundara Koorang) von der AboriginalCommunityLa Perouse, 25.4.94.
Aboriginal Working Coperationin Redfern: Aboriginal CDEP-Manager ,Shane Philipps, 27.4.94.
Commonwealth EmploymentService Centre (CES)(föderale Organisation) in Newton: Aborigi nal Mitarbeiterin, 28.4.94.
Aboriginal Didgeridoo-Spieler: Mark Atkins [vom Stamm der Yamatji (WA)], 28./29.4.94.
Aboriginal Research and Resource Centre(University of NSW, Kensington), 29.4.94.
Canberra (ACT; Bundeshauptstadt)
Australian Institute of Aboriginal and Torres Strait lslander Studies (AIATSIS), 2.5.-6.5.94.
Central Officedes Australian Bureau of Statistics (ABS)in Weden: Mitarbeiter der National Aboriginal and TSI Survey,Jan Reid, 4.5.94.
Department of Housing and Employment,4.5.94.
Centre for AboriginalEconomicand Policy Research,6.5.94.
Adelaide (Hauptstadt von SA)
Tandanya Aboriginal Cultural Institute/NC.:Aboriginal Mitarbeiter, 11.5.94.
Perth (Hauptstadt von WA)
Graham Ellis-Smith: ehern. Project Officeram Department of Conservation and Land Manage ment (CALM)in Perth; Aborland Consultancy, Djara BushTours,18.-24.5.94 und 29.-31.5.94.
Aboriginal Economic Deve/opment Office,20.5.94.
DepartmentofEmployment,Education and Training,20.5.94.
Museum of Western Australia:Direktor und Anthropologe, Peter Bindon, 20.5.94.
Aboriginal Affairs Planning Authority,23.5.94.
Aboriginal and TSI Commission (State OfficeWA),23.5.94.
Department of Conservation and Land Management,30.5.94.
Pinjarra (SW-Australien)
(non-Aboriginal town;ca. 80 km südlich von Perth) 205
Pinjarra Aboriginal Community Center, bush-food-Projekt,19.5.94.
Narrogin(SW-Australien)
(non-Aboriginaltown;ca. 190 km südöstlich von Perth; etwa 5.500 Einwohner; die Aboriginal Communitybesteht aus etwa 300-400 Mitgliedern)
Noel Nannup: Aboriginal Uasion Officervon CALM; Mitglied folgender Komitees: Vorsitzender und Berater von TAFE,Aboriginal-Police Community Relations, Kooramanning (Aboriginal Centre);Southern Aboriginal Corporation,Curtin University Review of Heritage Studies (Major)als erster Aborigine in einen town council Western Australia's gewählt), 25.-28.5.94.
Kooramanning Aboriginal Community Centre,25./27.5.94. TAFE-College:Aboriginal Klasse und Lehrer, 25./26.5.94. Conservation and Land Management (CALM),26.5.94.
Community Development Employment Project (CDEP),27.5.94.
Die Entfernung ist hier in Luftlinie angegeben.
Waigin (SW-Australien)
(non-Aboriginal town;ca. 200 km südöstlich von Perth)
TAFE-College:Aboriginal Klasse und Lehrerin, 25.5.94. Besichtigung verschiedener Naturreservate, 25.5.94.
Greenmount National Park (SW-Australien)
(bei Mundaring, ca. 30 km nordöstlich von Perth)
Traditioneller Aboriginal Kultur-Workshop (Veranstalter Graham Ellis-Smith und Aboriginal Mitar beiter), 29.5.94.
Alice Springs (NT/ Zentralaustralien)
(24.300 Einwohner, davon etwa 3.700 Aborigines)
Environment Center,2.6.94.
Diverse Aboriginal Kunstgallerien; Kunsthändler.
Aboriginal Housing Referral Service (Department of Lands,Housing and Local Government),
2.6.94.
Institute for Aboriginal Development (education center):Aboriginal Mitarbeiterinnen und Lehre rin, 3.6.94 und 15.6.96.
Central Australian Aboriginal Media Association,3./20.6.94.
Aboriginal and TSI Commission:nicht-indigener Mitarbeiter, 4.6.94.
Aboriginal town camp CommunityMoarris Soak: Bronwyn Smith, Brian Austral, Valerie Glynda etal., 4.,11.,15.6.94.
Chairmandes Aboriginal Land CouncilvonLismore (NSW):Redge King, 4./11.6.94.
Aboriginal Inland Mission:Missionare Alex & Lilly Stepin [Sonntagsschule des Aboriginal Yulara College(Internatsschule)] aus Alice Springs, 5.6.94.
Tangentyere Council INC.(Community Council& Resource Agency for Aboriginal town campers):
* Rundfahrt durch verschiedene town camps, 7.6.94
* Aboriginal Koordinatorin des CDEPfür Frauen: Christine Palmer, 7.-9.,15.,20.6.94.
* senior supervisors des women's CDEP:Vicky Hayes, Melanie Pope, Maxine Coombe, 7.- 9.6.94.
* Aboriginal Koordinator des CDEPfür Männer: Lenny Cole, 6.-8.6.94.
* publishing-bureau:Chris Hallett, 7.-8.6.94.
* Night Patrol,Koordinatorin: Merle Thomas, 8.-9.6.94.
Alakura Women's Centre(Eröffnungsfestival), 7.6.94.
Yipirinya School (primary schoolfür Aborigines): Lehrerin Elizabeth Jones; Curriculum-Koordi natorin Maggie Wallace und Direktorin Maureen Trindle, 8.6.94.
Central Australian Aboriginal Congress:Aboriginal Mirarbeiter, 9.6.94.
Teilnahme an der Night Patroldurch die towntampsvon Alice Springs, 9.6.94.
Pitjantjatjara Council(resource centre),10.6.94.
Streh/owResearchCenter,10.6.94.
Touristenveranstaltung über traditionelle Aboriginal Kultur, 11.6.94. Aboriginaland TS/Commission:CDEP-Koordinator, Les O'Brien, 8.6.96. Departmentof Education,Employmentand Training,14.6.94.
ArremteCouncil(zuständig für bush-Communities und outstationsöstlich von Alice Springs): Aborigines Kevin & Charlotte Buzzarott, Alex Kruger, Herby Laughton et al., 14.,16.-18., 27.6.94.
JukurrpaAboriginal Artists Coorporation:nicht-indigene Managerin und Aboriginal Künstlerinnen, 14.,15., 20.6.94.
CentralAustralian Family ResourceCentre,20.6.94.
Führung durch das Aboriginaltown campAmoonguna und traditionelles Land (östlich von Alice Springs) von Willie Bray, Aboriginal lnteressensvermittler und Mitarbeiter im Disabilities Services ofCentral Austra/ia (DSCA)(Alice Springs), 17.6.94.
Wallace Rockwhole
Aboriginal Community(Aboriginal town)(ca. 90 km westlich von Alice Springs; etwa 200 Einwohner), 12.6.94.
Hermannsburg
Aboriginal Community(ca. 110 km westlich von Alice Springs; etwa 700-800 Einwohner, davon etwa 380 Aborigines): assistant store manager ,12.6.94.
Yambah
Aboriginaloutstation(ca. 60 km nördlich von Alice Springs; 6 Einwohner), 19.6.94.
Titjikala
Aboriginal Community(Aboriginaltown),(fitjikala = "eag/e from the claypan";an die Rinder station Maryvale angrenzend; ca. 110 km südlich von Alice Springs; etwa 130 Aboriginal Einwohner; Sprachgruppe: Luritja/Arremte), 21.-25.6.94.
* Verwalter/ehern. CDEP-Koordinator des Tjuwanpa OutstationResourceCentre:Alan Keeling
* Laden-Managerin: Jenny Disley
* Leiterin des women centre
* Ernährungsexpertin
Darwin (Hauptstadt des NT}
AustralianBureau of Statistics (HeadOfficedes NT),30.6.94.
Aboriginal Women's ResourceCentre,30.6.94.
Glossar
Bei der Begriffswahl wird sich in dieser Arbeit nach dem Stand der neuesten australischen Literatur gerichtet.
Aboriginal- Adjektiv von "Aborigine" (->) (-> indigenous)
Aboriginal Affairs- Angelegenheiten, welche die Aborigines betreffen
Aboriginal Community-
Gemeinschaft (Kommune, Gemeinde) aus Aborigines bestehend; eine Aboriginal Community bezeichnet meist einen Zusammenschluß von indigenen Personen, die in der gleichen Lokalität leben. Aboriginal Gruppen bevorzugen diesen kollektiven Aus druck heutzutage. Der Begriff beinhaltet auch eine umfassendere Bedeutung, in der die Gesamtheit der australischen Aborigines mit eingeschlossen wird.
Aboriginal Council- Gemeinderat, Ältestenrat der Aborigines
Aboriginal land-
Land, welches der Commonwealthals unveräußerlichen freien Grundbesitz (freeholdtitle)Aboriginal Land Trusts(->) unter dem Aboriginal Land Rights(NT)Actoder als vergrößerten freien Grundbesitz eingetragenen Aboriginal Körperschaften o.ä. überträgt
Aboriginal Land Council-
von Aborigines selbstverwalteter "Landrat", der sich mit Landrechtsfragen beschäftigt.
Aboriginal town-
kleine Siedlungen, in denen fast ausschließlich Aborigines leben; es sind meist frühere
settlementswie Missionen und Reservats-Communities(-> non-Aboriginaltown).
Aborigine-
jede Person, die sich (in der australischen Volkszählung) bezüglich ihrer ethnischen Abstammung als Aborigine oder Torres Strait lslander ausgibt (Selbstidentifikation); hier wird Aborgine mit indigener Person Australiens gleichgesetzt(-> Aboriginal) (der Begriff aborigine bezeichnet im herkömmlichen Sinne auch generell "Ureinwohner", "Eingebo rener").
alcoholic oblivion-
exzessiver Alkoholkonsum mit dem Zweck, die eigenen Probleme vergessen zu lassen annual individual income- jährliches Pro-Kopf-Einkommen (brutto)(-> individual income)Australian Government- Verwaltung auf der CommonwealthEbene, Bundesbehörden
A$- Australian Dollar
bachelor degree- niedrigster akademischer Grad im australischen Bildungssystem
blackfellalaw-
allgemeiner Begriff für die Verhaltensnormen, Wertvorstellungen etc. der Aborigines (->
whitefella law)
bush- australischer Busch(-> outback)
Capital City- Hauptstadt eines Bundesstaates(-> Rest of State)
caste barrier-
Kasten-Barriere/-Sperre (fig.) in bezug auf die Segregation zwischen Aborigines und Weißen
cattle station- Viehstation. Rinderstation, Rinderfarm
CDEP-
Community Development Employment Project= ein Beschäftigungsprogramm für Aborigines, welches Aboriginal Communities Arbeitslosengelder-Äquivalente "en bloc" ausbezahlt ("work for the dole scheme")
chain-migration- "Kettenmigration"; Mobilitätsform
circulation- Zirkulation; Mobilitätsform clerks- bürotechnische Berufe Community-
wird hier immer in bezug auf eine Aboriginal Gemeinschaft verwendet(-> Aboriginal
Community}
community services- kommunale Dienstleistungen (Wirtschaftsbranche)
country town- Landstadt, Landgemeinde
crownland(inalienated)-
unveräußertes Kronland; Gebiete, die sich nicht in öffentlichem oder privatem Besitz befinden oder verpachtet sind; (freies Kronland = Land der Regierung ohne Ansied lungen)
curriculum- Theorie des Lehr- und Lernablaufs, Lehrplan, Lehrprogramm, Curriculum
decentralisation-
Wanderungsbewegungen von Aborigines vor allem in den 1970er Jahren, die aus größeren in kleinere und homogenere Communitiesmit engverwandten Mitgliedern statt fanden (-> outstat ion).
dependants- abhängige Familienangehörige
dependency ratio-
die Anzahl der Personen unter dem Alter von 15 und über 64 Jahren pro 100 Personen im erwerbsfähigen Alter
dependent offspring-
0-14jährige oder Vollzeit-Schüler bzw. -Studenten im Alter von 15 bis 24 Jahren; nicht verwandte Kinder können ebenfalls als dependent offspring klassifiziert werden.
descent- Abstammung, Herkunft
drop-out- vorzeitig von der Schule abgehen
education- Bildung, Erziehung; hier häufig im Sinne von Ausbildung
employed persons(erwerbstätige Personen) -
Personen ab 15 Jahren, welche einer Vollzeit- oder Teilzeitbeschäftigung in der Woche vor der Volkszählung nachgingen. Es sind Personen mit eingeschlossen, die gegen Bezahlung oder Gewinnbeteiligung arbeiteten, die während ihres Urlaubs abwesend waren, krankgeschrieben oder in Streik waren oder zeitweilig ausfielen oder, die einer unbezahlten Beschäftigung in einem Familienbetrieb oder einer anderen unbezahlten Beschäftigung nachgingen.
employment rate- Erwerbstätigenquote
english literacy- englische Sprachfähigkeit bzw. Sprachkenntnisse
equity- Gleichheit, Gleichbehandlung, Gleichberechtigung
family income(Familieneinkommen) -
beinhaltet das Individualeinkommen jedes Familienmitglieds (ohne Besucher); das Ein kommen der abhängigen Kinder zwischen 15-24 Jahren wird in das Familieneinkommen eingeschlossen; das Familieneinkommen ist nicht auf "nicht-Familien-Haushalte", Einper sonenhaushalte oder Personen in nicht-privaten Unterkünften anwendbar_
family reference person-
eine Person ab 15 Jahren, um die sich eine Familie bilden kann, normalerweise die erste Person auf dem Volkszählungsbogen; jede Familie besitzt eine family reference person,die entweder männlich oder weiblich sein kann. Dies ist nicht äquivalent mit dem Konzept des household headund besitzt keine statistische Signifikanz. Bei Mehrfa milienhaushalten wird eine family refe rence personfür jede Familie ausgewiesen. Die reference person der ersten Familie wird als household reference persondefiniert.
fringe camps-
Aboriginal Gemeinschaften, die am Rand von Siedlungen leben; Stadt-Camps(-> town camps)
fringe dweller-
hier im Sinne von indigenen Personen, die an Siedlungsrändern oder außerhalb der Stadt- bzw. Gemeindegrenze leben; auch figurativ verwendet.
frontier areas- Grenzgebiet, Gebiet an der Siedlungsgrenze, Neu-, Grenzland
fu/1-blood- Aborigine mit vollständiger Aborignal Abstammung ("rassisch unvermischt")
fu/1-time employment-
Vollzeiterwerbstätigkeit; Person, die 35 Stunden und mehr in der Hauptbeschäftigung arbeitete, welcher sie in der Woche vor der Volkszählung nachging (-> part-time employment)
governmentsector-
staatlicher bzw. öffentlicher Wirtschaftssektor; aufgegliedert in Commonwealth govern ment sector (-> Australian government),State governmentsector (->) und local governmentsector (->)
group household(Gruppenhaushalt) -
umfaßt eine Gruppe von Personen, die in einer Privatunterkunft zusammen leben und essen sowie nicht miteinander verwandt sind; ein Gruppenhaushalt wird demnach als ein Nicht-Familien-Haushalt definiert, der aus zwei und mehr nicht miteinander verwandten Personen besteht, von denen zumindest eine Person über 14 Jahre sein sollte.
half-caste- Aborigine mit partieller Aboriginal Abstammung, Mischling(-> part-Aborigine)
homeland-> outstation
household(Haushalt) -
eine alleinlebende Person bzw. zwei oder mehr Personen, die in einer privaten Wohnunterkunft zusammen leben und essen; ein Haushalt wird entweder als Familien-, Gruppen-, Einpersonenhaushalt oder als ein Haushalt. der ausschließlich aus Besuchern besteht, klassifiziert. Haushalte können ferner in Familien unterteilt werden. Partner, Kinder Oeden Alters) und Mitbewohner sollten an ihrem vorwiegenden Wohnort erfaßt werden. Charakteristika (z.B. Alter, Einkommen, Geburtsort) temporär Abwesender stehen nicht zur Verfügung.
household income(Haushaltseinkommen) -
die Summe aller persönlichen Einkommen der im Haushalt wohnenden Mitglieder ab 15
Jahren
housing- Unterkunfts- bzw. Wohnverhältnisse
improvised dwellings-
beinhalten Schuppen, Schutzhütten Zeltunterkünfte etc., welche auf einer permanenten
oder semi-permanenten Basis bewohnt werden und sich nicht in caravan parks befinden
lncorporation- amtlich eingetragene Körperschaft
indigenous(indigen) -
einheimisch, eingeboren (vgl. "lndigenat" (nlat): Untertanschaft; Heimatrecht; Staatsan gehörigkeit}; der Begriff indigen wird hier in bezug auf die Urbevölkerung Australiens, den Aborigines (->),verwendet(-> Aborigina(-> not-indigenous person)
indigenous dwelling -
eine Unterkunft, in der sich die reference personoder ihr Partner als Aboriginal oder
Torres Strait lslander identifiziert(-> familyreferenceperson).
indigenous (Aboriginal) family-
eine Familie, in der sich entweder die reference personund/oder ihr Partner als Aboriginal oder Torres Strait lslander identifiziert(-> family reference person)
indigenous (Aboriginal) household-
ein Haushalt, in dem sich entweder die reference personund/oder ihr Partner irgendeiner Familie des Haushaltes als Aboriginal oder Torres Strait lslander identifiziert; in der Volkszählung von 1986 wurde ein indigener Haushalt als solcher definiert, wenn entweder die reference personund/oder ihr Partner der primary familydes Haushaltes sich als Aboriginal oder TSI identifizierte. Diese definitorische Veränderung betrifft nur wenige Haushalte und hatte zur Folge, daß in der Volkszählung von 1991 eine kleine Anzahl von Haushalten als indigen gezählt wurde, die die Volkszählung von 1986 nicht als solche erfaßte(-> family reference person).
individual income(Pro-Kopf-Einkommen) -
bezieht sich auf das Einkommensniveau von Individuen ab 15 Jahren; Personen wurden aufgefordert, den Bereich anzugeben, in den ihr gewöhnliches wöchentliches Brutto-Ein kommen fällt. Brutto-Einkommen beinhalten Familienzuwendungen und -zuschüsse, Ruhe-gehälter, Arbeitslosenunterstützungen, Unterstützungen für Schüler und Studen ten, Kindergelder, Löhne, Gehälter, Überstundenauszahlungen, Dividenden, Miet- und Pachteinkommen, Zinsen, Betriebs- und Firmeneinkommen sowie Vergütungen von Angestellten.
industry sector of employment-
Erwerbstätigkeit in öffentlichem Sektor(-> governmentsector)bzw. Privatwirtschaft
industrydivision of employment- Wirtschaftsbranchen, Wirtschaftszweige
killings inpolicecustody-
Todesfälle von Aborigines, die sich in Gefängnishaft ereignet haben. Aus diesem Anlaß wurde die Royal Commission into Deaths in Custodyins Leben gerufen (vgl. Chronik 1987 bzw. 1991)
Koori- Lokalname für Aborigines im südöstlichen Australien
labourers and related workers- Arbeiter, unqualifizierte Arbeitskräfte
labourforce-
Erwerbsbevölkerung; sie umfaßt alle erwerbstätigen und arbeitslosen Personen (->
working-age population)(-> labour forcestatus)
Labour ForceConcept- Erwerbspersonenkonzept des International Labour Office (ILO)
labour forceparticipationrate-
Erwerbsquote; der Prozentanteil der Bevölkerung ab 15 Jahren an der Gesamt bevölkerung ab 15 Jahren, welcher zu der Erwerbsbevölkerung zählt. Die Erwerbsquote schließt Personen aus, deren Erwerbsstatus nicht bestimmt werden konnte (-> working age population)
labour force status-
Ewerbsstatus; auf alle Personen ab 15 Jahren bezogen: entweder a.) erwerbstätig oder
b.) arbeitslos oder c.) nicht zur Erwerbsbevölkerung zugehörig (-> labour force)
labour migration- arbeitsmotivierte Migration, d.h. eine Wanderung aus beruflichen Gründen
land trust- Treuhänder
lease(-hold)-
Pacht, Pachtbesitz (crownleases; pastoral leases; building leases und special purpose leases)
local government- Kommunalverwaltung, Kommunalbehörden locational(dis-)advantage- räumliche(r) Benachteiligung bzw. Vorteil lone-person household - Einpersonenhaushalt
Mabo-
Der Native Title Act(->) der CommonwealthRegierung (Juni 1992) (siehe Chronik)
mainstream-
z.B. mainstream /abour market(formeller Arbeitsmarkt bzw. Sektor); mainstream educa tion(formale Ausbildung)
major urban-
Raumkategorie der großstädtischen Verdichtungsgebiete ab 100.000 Einwohner (->
urban areas)
manager and administrators- Führungskräfte in der Wirtschaft und im öffentlichen Dienst
marginalisation-
Marginalisierung; Prozess, der zu einer Rand- bzw. Außenseitersituation (Marginalität) führt
median family income-
Jährliches Brutto-Einkommen von Familien (annual gross incomes of families). Das Familieneinkommen besteht aus der Summe aller persönlichen Einkommen der ansäs sigen Familienmitglieder ab 15 Jahren.
meanincome- Durchschnittseinkommen, mittleres Einkommen
median income- Medianwert des Einkommens
metropolitan- hauptstädtisch
Mil/er Report-
Report of the Committee of Review on Aboriginal Employment and Training Programs 1985 unter dem Vorsitz von M. Miller
multi-family household- Mehrfamilienhaushalt
multi-local residence- "multi-lokales Wohnen"; Mobilitätsform
Native Title-
Rechte und Interessen an Land und Gewässern, welche indigene Gruppen im Rahmen ihrer traditionellen Gesetze und Bräuche haben, und die durch das common law{d.h. durch das Gericht, nicht durch die Gesetzgebung) anerkannt werden (vgl. Chronik 1992)
non-indigenous person-
nicht-indigene Person; ein australischer Bürger, welcher nicht zur indigenen Bevölkerung zählt(-> indigenous)bzw. im Sinne von "Weißaustralier" (-> white person)
not in the labour force (NILF)-
Nichterwerbspersonen, d.h Personen, die nicht zur Erwerbsbevölkerung zählen; Personen ab 15 Jahren, die nicht erwerbstätig sind; Personen, die arbeiten wollen, jedoch nicht die Kriterien erfüllen, um als arbeitslos klassifiziert werden zu können; Personen, die nicht nach Arbeit suchen oder aufgrund von Arbeitsunfähigkeit oder Gebrechen nicht arbeiten können
nominalmeanincome- durchschnittliches Nominaleinkommen
non-Al)original town-
Landgemeinde oder Landstadt mit überwiegend nicht-indigenen Bewohnern, in der Aborigines als eine Bevölkerungsminderheit leben (-> Aboriginal town)
Nungar- Lokalname für Aborigines aus Südaustralien
Nyungar/ Nyungah- lokale Bezeichnung für Aborigines im Südwesten von Western Australia
occupation of employment- Berufshauptgruppen, Berufspositionen
other offspring- 15-24jährige und Nicht-Vollzeit-Schüler/Studenten, oder ab 25jährige
other urban-
Raumkategorie der sonstigen Städte mit 1.000 bis 99.999 Einwohnern (-> urban areas)
outback- der australische Busch
outstation-
kleine dezentralisierte AboriginalCommunity(normalerweise 35-40 Personen, die in enger Verwandtschaft zueinander stehen) mit traditionell-orientierter Wirtschaftsform, die durch europäische Nahrungsmittel und andere Ressourcen ergänzt wird. Outstations bestehen meist auf Land mit kultureller und wirtschaftlicher Bedeutung(-> homeland).
outstation resource centre (ORC)-
Versorgungsorganisation (bzw. -zentrum), welche jeweils mehreren outstations (->) bzw. homelandsverschiedene Dienstleistungen gewährleistet und meist in einer größeren Communitylokalisiert ist.
Pan-Aboriginality-
Pan-Aboriginalität; heutiges Zusammengehörigkeitsgefühl bzw. eine Identität. die Ge samtheit aller Aborigines umfassend
para-professional-
Person mit höherer Qualifikation ohne Universitätsabschluß, meist mit Diplomabschluß einer anderen berufspraktischen Bildungseinrichtung [z.B. TAFE(->)] (-> professiona◊
part-Aboriglne- Person mit teilweiser Aboriginal Abstammung, Mischling(-> half-caste)
part-time employment-
Teilzeitbeschäftigung; eine Person, die zwischen 0 und 34 Stunden in ihrer Hauptbe schäftigung arbeitete, welcher sie in der Woche vor der Volkszählung nachging(-> fu/1-time employment)
pastoral property (pastoral station)-
viehwirtschaftliches Besitztum, Viehzuchtbetrieb (meist Großgrundbesitz)
pastoral industry- Viehwirtschaft. v.a. Rinder- und Schafzucht
pastoralist- Viehzüchter
plant and machine operators- Fertigungsberufe, Bediener von Maschinenanlagen
pre-contact- vor dem Kontakt mit den Europäern
primary education-
primäres Bildungswesen; Grund(-schul)ausbildung (-> secondary education)
private sector- Privatwirtschaft
professional-
hochqualifizierte Person mit Universitätsabschluß (Berufe wie Ärzte, Rechtsanwälte, Lehrer, Wissenschaftler etc.)(-> para-professionaQ
Die Einteilung in Berufsgruppen wie sie die australischen Volkszählung vornimmt, beinhaltet sowohl eine Hierarchie der Berufspositionen als auch unterschiedliche Bereiche beruflicher Tätigkeiten, was eine Zuordnung erschwert. Da die australische nicht mit der deutschen Kategorisierung beruflicher Tätigkeiten übereinstimmt und Berufsbezeichnungen im Deutschen oftmals etwas anderes ausdrücken bzw. schon mit einer bestimmten Bedeutung belegt sind, werden hier die englischen Begriffe bevorzugt. Es kann demnach lediglich eine Einordnung der Berufsgruppen erfolgen.
public sector- öffentlicher Sektor, öffentlicher Dienst
qualified-
Prozentanteil der Gesamtbevölkerung ab 15 Jahren mit einem Gewerbe (trade), einem anderem Zertifikat oder einer tertiären Qualifikation
Referendum-
Verfassungsänderung durch eine Volksabstimmung im Jahr 1967: Aborigines wurden als australische Bürger anerkannt und in die Volkszählungen miteingeschlossen (siehe Chronik)
remote- entlegen, peripher
reserve- australisch: Reservat (im US-amerikanischen: reservation)
Rest of State-
alle Landesteile eines Bundesstaates, ausschließlich seiner Hauptstadt (-> Capital City)
retentionrate- Schulverbleibsrate
reciprocity- Gegenseitigkeit, Reziprozität
royalties(miningroyalty(equivalents),sonstige royalties)-
Ertragsanteile, Tantieme, Ausgleichszahlungen
ruralareas-
ländlicher Raum, umfaßt rural localitiesund other rural and migratory areas; rural localities bestehen aus Bevölkerungskonzentrationen von 200-999 Personen; viele Aboriginal Community townsfallen in diese Kategorie; other rural areas umfassen Aboriginal Communitiesauf pastoral properties ,in kleinen Community townsvon weniger als 200 Einwohnern sowie outstation-Bewohner.
school leaving age- Schulabgangsalter
secondary education-
sekundäres Bildungswesen; höhere Schul(aus)bildung (-> primary education)
sections-of-State-
übergeordnete Raumkategorien (Stadt-Land-Einteilungen) (-> major urban ;-> other urban;-> rural areas)
selfdetermination- Selbstbestimmung
semi-skilled- angelernt(-> skilled)(-> unskilled)
settlement-
frühere (Zwangs-}Ansiedlungen von Aborigines unter kirchlicher (mission settlement)
oder staatlicher (government settlement)Leitung; heutige Aboriginal towns (->) skilled- gelernt; skilled worker = gelernter Facharbeiter(-> semi-skilled)(-> unskilled) sorcery- traditionelle(r) Magie, Bann
squatter- Schafhalter
Statel Territorygovernment- Behörden der Bundesstaaten bzw. Territorien
statusof worker- Stellung im Beruf
stockmen- Viehzüchter (Äquivalent zum amerikan. "Cowboy")
TAFE-
Technical and Furlher Education;Bildungseinrichtung für berufspraktische Kurse, die berufsbegleitend stattfinden (es kann hier u.a. das associate diplomaerworben werden); die letzten zwei Jahre der high schoolkönnen u.a. hier nachgeholt werden und damit die Zulassung zur Universität gewährleisten.
Tangentyere- Versorgungsorganisation für die Aboriginal town campsin Alice Springs (NT)
terra nullius- Niemandsland
tertiary education-
tertäres Bildungswesen; tertiäre Ausbildung (Universität, Colleges of Advanced Education)
Top End- Der nördliche Teil des Northern Territory
TorresStrait /slander-
zweite indigene Bevölkerungsgruppe Australiens (ca. 10 % der gesamten indigenen Australier umfassend); ihre Herkunftsregion sind die Inseln der Torres Strait nördlich der Cape York Halbinsel im Nordosten von Australien.
town- in Australien allgemeiner Begriff für Siedlung, Gemeinde; er wird sehr unterschiedlich verwendet und kann sowohl Stadt, Stadtgemeinde, städtisches Zentrum (township)als auch Dorf-, Landgemeinde bedeuten (service town; mining town)
towncamps-
Siedlungen am Rande oder außerhalb einer Landstadt, die von Aboriginal Communities
bewohnt werden (-> fringecamps)
trade- Handel, Geschäft, Gewerbe, Handwerk
tradesperson- Gewerbebetreibende, Geschäftsleute, Handwerker
traditional-oriented- traditionell orientiert; auf die Lebensweise der Aborigines bezogen
tribal ancestry- Abstammung bzw. Ahnen eines Stammes
truancy- unentschuldigtes Fernbleiben von der Schule
Uluru- Ayers Rock
unemployment rate-
Arbeitslosenquote; der Prozentanteil der gesamten Erwerbsbevölkerung (erwerbstätige und arbeitslose Personen zwischen 15 und 64 Jahren), welcher nach einer Vollzeit- oder Teilzeiterwerbstätigkeit suchte und in der Woche vor der Volkszählung nicht erwerbstätig war oder nicht arbeitete
unskil/ed- ungelernt (-> semi-skilled) (-> skilled)
unskilled labour- Hilfsarbeiter, ungelernte Arbeitskraft
urbanareas-
umfassen städtische Zentren mit Bevölkerungen von 1.000 und mehr Einwohnern (->
major urban)(-> other urban)
vocational- betriebliche Ausbildung
white person- weiße/r Australier/in von meist europäischer Abstammung (-> non-indigenous)
whitefellalaw-
Verhaltensnormen und Wertmaßstäbe der weißaustralischen Gesellschaft(-> blackfella
/aw)
working-agepopulation-
erwerbsfähige Bevölkerung, d.h. die 15-64jährige Bevölkerung (-> labourforceet al.)
yearsof schooling- Anzahl der Schuljahre, Schulbesuchsjahre
Chronik
Die hier zusammengestellten Informationen sollen Rahmenbedingungen der Geschichte Australiens darlegen und zum detaillierteren Verständnis der Thematik beitragen. Es kann jedoch keine Vollständigkeit der historischen Ereignisse gewährleistet werden. Das Material wurde sehr unterschiedlichen Quellen entnommen.
bis1788
1770
1786
1788
1788-1850
1788-1890
1789
1803
1815-1850
1820
1824
1825
1829
1834
1836
ab1840
Etwa 500 Aboriginal Völker leben seit mindestens 40.000 bzw. über 50.000 Jahren auf dem australischen Kontinent.
James Cook nimmt das neuentdeckte Land als New South Wales für England in Besitz (einschließlich der späteren Kolonien Victoria und Queensland).
New South Wales wird zur eigenständigen Kolonie erklärt.
Ankunft der Briten an der Botany Bay/Sydney; Australien wird zur te rra nullius(Niemandsland) erklärt; Gründung einer Sträflingskolonie und Besiedlungsbeginn des Kontinents, was nahezu die Ausrottung der Ureinwohner und zahlreiche Massaker ihnen gegenüber zur Folge hat. Verdrängung der Aborigines in unfruchtbare Reservate.
Inbesitznahme von South Australia und Tasmania.
Australien wird durch die britische Landnahme Teil des Britischen Empires. Das "Landeigentum" der Aborigines wirddurch das Konzept der terra nulliusignoriert.
Australien wird zum "Einwanderungsland" britischer Sträflinge und Siedler. Epidemie rottet die Hälfte aller Stämme um Sydney aus.
Siedlungsbeginn in Tasmania.
Starke Zunahme der europäischen Bevölkerung und Ausdehnung der Land nutzung (v.a. für Schafhaltung) in die lnlandgebiete, von den Küstenstädten aus gehend.
Aufbau der ersten christlichen Missionsstationen. Besiedlungsbeginn von Queensland.
Tasmania wirdzur eigenständigen Kolonie.
Inbesitznahme und Besiedlungsbeginn von Western Australia, das gleichzeitig zur eigenständigen Kolonie erklärt wird.
Beginn der Besiedlung von Victoria.
Gründung der eigenständigen Kolonie South Australia.
Inlandsexpeditionen in entlegenere Regionen von Leichhardt (Nordosten, 1844- 45), Eyre (Westen, Küstenroute, 1840-41), Sturt (Süden-Zentralaustralien, 1844- 46), Bourke & Wills (Süd-Nord, 1860-61), Stuart (Süden bis Norden, 1860-62), Forrest (Süden, Zentrum bis Westen, 1874), Mitchell, Gregory u.a.
1842Errichtung der Native Police - bestehend aus Aborigines - unter dem Kommando weißer Polizisten, welche zur Ausrottung anderer Aborigines eingesetzt wird.
1844Das Gesetz zur Protection of Aboriginal Children wird verabschiedet; der Chief Protector ofAborigineswird zum gesetzlichen Vormund von half-casteund fu/1- blood Aboriginal Kindern; dies führt dazu, daß viele Kinder ihren Familien weg genommen werden.
1851Victoria wird zur eigenständigen Kolonie erklärt.
1851Beginn des Goldrausches in New South Wales und Victoria, verbunden mit einer großen Einwanderungswelle (600.000 Immigranten aus Übersee); in Western Australia in den 1890ern und in Queensland und im Norden Australiens in den 1870ern.
1850erAustralien besteht aus einer Reihe verschiedener Kolonien mit Migranten aus Europa, Nordamerika und China. Rassenkonflikte führen zu Einwanderungs barrieren für Chinesen, um dann schließlich die White Australia Policyentstehen zu lassen.
1855New South Wales, Victoria und Tasmania erhalten eine eigenständige Regierung.
Queensland wird ein Teil der Kolonie New South Wales.
1856South Australia erhält eine eigenständige Regierung.
1859Gründung der eigenständigen Kolonie Queensland mit eigener Regierung.
1860-1890Zunahme des Weizenanbaus (v.a. im Südosten und Südwesten) und der Rinder weidewirtschaft (v.a. im semi-ariden, ariden und tropischen Australien); die Wollindustrie (Schafhaltung) breitet sich in das Innere des Südens aus. Die starke Aufstockung, der zunehmende landwirtschaftliche Anbau und die gestiegenen Kaninchenzahlen verändern die ursprüngliche Vegetation und führen zu einer permanenten Produktivitätsverminderung in vielen Gebieten.
1863Das Northern Territory wird von New South Wales abgetrennt und wird ein Terri torium unter der Verwaltung von South Australia.
1866Siedlungsbeginn im ariden Zentrum des Kontinents.
1869Gründung des Board for the Protection of Aborigines in Victoria zum "Schutz" der Aborigines; er bestand bis 1957 weiter; danach übernahm ein Wohlfahrtsaus schuß seine Funktion (aktive Assimilierungspolitik).
1870-72Errichtung der transkontinentalen Telegraphenlinie von Adelaide bis Darwin, um sie an das Unterseekabel von Java und an das Überseekabel schalten zu können.
1877Eröffnung der ersten Schule im Northern Territory in Palmerston (Darwin) mit 34 Schülern.
Gründung der Hermannsburg Mission, 90 Meilen westlich von Alice Springs im Northern Territory.
1878Baubeginn des südlichen Endes einer beabsichtigten transkontinentalen Eisen bahnlinie, welche der Route der Überland-Telegraphenlinie folgen sollte.
1883-1969
1886
ab 1890
1890
1895
1897
1898
Durch den Aboriginal Protection Board(NSW) werden Tausende von Aboriginal Kindern durch die offizielle Regierungspolitik von ihren Familien getrennt.
Verabschiedung des Victorian Aborigines Act 1986.
Verstärkte Zunahme der Landnutzung in Form von Feldanbau und Weidewirt schaft; Ausweitung der städtischen Zentren; Errichtung der heutigen Siedlungs und Landnutzungsstruktur mit der Ausnahme von jüngeren städtischen Zentren wie Canberra und z.B. des Murrumbidgee Bewässerungsgebiets. Wirtschafts system und Handel sind weiterhin eng mit Großbritannien verknüpft.
Die Kolonie Western Australia erhält eine eigenständige Regierung. Gründung der Kolonie Western Australia.
Verabschiedung des Aborigines Protection and Restriction of the Safe of Opium Act 1897 in Queensland.
Verabschiedung des Commonwealth of Australia Constitution Act.
Ende19.Jhd.gezielte Protektion und Absonderung der Aborigines.
1901Gründung des Commonwealth of Australia; Australien wird zur konstitutionellen Monarchie im Commonwealth of Nations; die sechs eigenständigen britischen Kolonien schließen sich zum selbständigen Commonwealth of Australia(Födera tion der Staaten Australiens) nach der Bestätigung durch das britische Parlament zusammen. Zentralregierung zu Beginn in Sydney, später in der Hauptstadt Canberra. Angelegenheiten. welche die Aborigines betreffen, werden den einzelnen Staaten übertragen.
Verabschiedung des Constitution Act,welcher die Aborigines von den Leistungen und Programmen des Commonwealthbis in die 1970er ausschließt.
1905Verabschiedung des Western Australian Aboriginal Act 1905(auf einem Bericht des Verwalters der Aborigines Roth beruhend); der Beschluß wird 1936 ver schärft.
1907Australien erhält den Dominionstatus. welcher dem Land noch mehr Selbständig keit gegenüber dem Mutterland einräumt. Canberra wird zur Hauptstadt be stimmt.
1909New South Wales verabschiedet den Aborigines Protection Act of 1909.
1911Das zuvor unter Zentralverwaltung stehende Northern Territory und das Bundes territorium um Canberra werden Mitglieder des Commonwealth of Australia.Das Australian Capital Territory wird von New South Wales abgelöst und zur eigen ständigen Kolonie erklärt. Die Einzelkolonien werden zu Bundesstaaten mit weitgehend inneren Rechten.
Verabschiedung des Norlhern Territory Aboriginal Ordinance of 1911, des Aborigines Protection Act of South Australia 1911und des Queensland State Children's Act of 1911,welche die Aborigines auf Reservate begrenzen und sie von Stadtbezirken ausschließen; der Chief Protectorder Aborigines wird zum Kurator ihres gesamten Besitztums.
1913Eröffnung der ersten Schule für Aborigines und Torres Strait lslander mit 25 Schülern in Darwin.
1918Die AboriginalOrdinanceuntersagt "wilde Ehen" von Weißen und Asiaten mit Aboriginal Frauen im Northern Territory.
1919Erste Einführung eines Mindestlohnes für alle Aborigines in Queensland; Verordnungen hinsichtlich der Beschäftigung von Aborigines (Aboriginal employ- ment regulations) werden eingeführt. ,,.
1920Ausweisung des CentralAustralian Reservefür Aborigines; Ausweisung von
2.400 qMeilen um Oenpelli im Arnhem Land.
1923Ausweisung des Daly River Reserve mit über 4.000 qMeilen.
1927Übersiedlung in die "neutrale" Hauptstadt Canberra; geographisch zwischen den rivalisierenden Bewerberinnen Sydney und Melbourne gelegen (Canberra· hat heute ca. 30.000 Einwohner). Schaffung eines selbstverwalteten Distriktes, dem Bundesterritorium oder Australian Capital .Territory.
1928Massaker von Aborigines in der Coniston Region (Zentralaustralien) als Vergel
tung für den Mord eines weißen Bergbauarbeiters.
J. Bleakley besucht das Northern Territory, um eine Untersuchung über den Status und die Lebensbedingungen indigener Menschen im nördlichen und zentralen Australien durchzuführen. Der Bericht wird 1929 veröffentlicht.
1929
bis 1930
1932
1936
1937
Einrichtung einer Ermittlungskommission über Morde an Aborigines, welche in Zentralaustralien durch Polizeitruppen u.a. verübt wurden.
Rückgang der Aboriginal Bevölkerung auf etwa 80.000. Gründung der Australian Aborigines League(AAL)in Melbourne.
Zusatzartikel der Aboriginal Ordinance (1918 Northern Territory) ,welcher gewissen half-castesdie Befreiung von allen bzw. einigen Bestimmungen der Verordnung zubilligt.
Die Commonwealthand State Authorities Conferenceist die erste Konferenz über Aboriginal Angelegenheiten, die unter föderaler und Bundesstaaten-Beteili gung abgehalten wird. Diese resultiert in der prinzipiellen Annahme einer natio nalen Politik von ultimativer Assimilation für part-Aboriginesund absoluter Segre gation der fu/1-bloods.Doch die Wählerschaft lehnt im Jahr 1944 den Antrag, der föderalen Regierung die Verantwortlichkeit hinsichtlich der Verwaltung dieser Politik zu übertragen, mit großer Mehrheit ab.
Gründung der Aborigines Progressive Association(APA)in Dubbo (NSW), die für Bürgerrechte der Aborigines eintritt.
1938150 Jahr-Feier Australiens (Oay ofMoumingllnvasionDay<=> AustraliaDay)
Innenminister J. McEwan kündigt an, daß die zukünftige Aboriginal Politik darauf basieren wird, ihren Status zu erhöhen, um ihnen von Rechts wegen und durch Qualifikationen die normalen Bürgerrechte zuzusprechen (NT).
1939Aboriginal and Torres Strait fslanders PreseNation and Protection Act(Queens land)
South Australia Ammendment Act 1939(Protektionsgesetz)
1940Aboriginal WelfareBoard(AWB)ersetzt den Aboriginal Protection Board (APB).
Baubeginn des Stuartund des BarklyHighway(1943 vollendet).
1941Commonwealth ChildEndowmentfür Aboriginal Familien; diese finanzielle Zuwendung schafft eine leichte Verbesserung im Gesundheitszustand der Aborigines.
1942Aborigines werden zum ersten Mal Commonwealth Invalid and O/dAgePensions
ausbezahlt.
1944Verabschiedung des Western Australian Native (Citizen'sRights)Act:Es erhal ten diejenigen Aborigines Bürgerrechte, welche die Verbindung zu Stammes mitgliedern auflösen und ein "zivilisiertes Leben" (einschließlich zahlreicher Auflagen) führen.
1945-48Erste Einwanderungswelle setzt in den Nachkriegsjahren ein und bringt rund 1.7 Mio. Menschen ins Land (damalige Bevölkerung Australiens 7.3 Mio.).
nach1945Verbindungen mit Großbritannien nehmen ab; Australien errichtet allmählich Handels- und Investitionsbeziehungen mit den USA, Ost- und Südostasien.
1946Drei Jahre andauernder Aboriginal Pastoral Workers' Strikevon 800 Aborigines der Schafstationen der nordwestlichen Pilbara Region Western Australia's.
1949-1966Liberal-konservative Regierung unter Menzies.
1950-51Arbeiterstreiks von Aborigines in Darwin.
1951Einführung einer Assimilationspolitik für Aborigines durch die Native Welfare Conference.
1950/60erAnwendung des Assimilationskonzeptes; später Durchsetzung der Integrations- idee. •·
Verstärkte Einwanderung europäischer Migranten (1970er v.a. asiatische Ein wanderer); allmählicher Einstellungswandel der Australier, auch bezüglich der White Australia Policy.
1952
1952-56
1957
1958
Einrichtung des AboriginesBenefitsTrust Fund,damit Aborigines royaltiesaus staatlichen Aktivitäten auf Reservaten erhalten können.
Überirdische Atomversuche bei Maralinga und Emu Plains, wo hauptsächlich Aboriginal Gruppen leben (letzte Testreihen zwischen 1961 und 1963).
Gründung des Federal Council for theAdvancementof Aborigines and TSI
Gründung des Tranby Aboriginal Cooperative Collegein Glebe (Sydney) und des Federal Council for the Advancement of Aborigines (FCAA); 1964 werden die Torres Strait lslander miteinbezogen (FCAATSI).
1959lndigenen Personen stehen Sozialleistungen auf der gleichen Basis wie den anderen Mitgliedern der australischen Gesellschaft zur Verfügung.
1962Beginn der Landrechtsbewegung; Aborigines protestieren gegen die Rohstoff ausbeutung in ihren Reservaten.
1963Die Aborigines von Yirrkala (Arnhem Land) reichen der Regierung in Canberra eine Petition auf Rinde ein aufgrund des Verlustes nahezu ihres gesamten Reservatslandes an die Bauxit-Bergbaugesellschaft Nabalco.
1964Gründung des Australianlnsütute of Aboriginal and Torres Strait lslanderStudies(AfATSIS)an der Universität in Canberra.
Die Socia/ WelfareLegislationwird angenommen, um die Welfare Ordinanceund das Konzept der Vormundschaft (wardship) für Aborigines aufzuheben. Die Licensing Ordinancewird abgeändert, um die Beschränkung der Aborigines hinsichtlich ihres Erhalts von Alkohol aufzuheben.
1965FreedomRidesgegen die Segregation in öffentlichen Einrichtungen.
1966Walk offder Gurindji Aborigines von der Wave Hill Viehstation, um Anspruch auf ihr traditionelles Land bei Wattie Creek zu erheben (siebenjähriger Kampf um den Landrechtstitel).
South Australian Lands TrustAct(erste Gesetzgebung, die enteigneten Abori- gines Möglichkeit zu Landeigentum und Kompensationen gibt). 1
Aboriginal Arbeitern sollen einem Urteil der Commonwealth Arbitration Commis sion zufolge nach jahrzehntelanger Ausbeutung in der Viehwirtschaft die gleichen Löhne und Arbeitsbedingungen wie weißen Gewerkschaftlern zugestanden werden.
South Australian Prohibition of Discrimination Act(erstes Anti-Diskriminierungs gesetz).
Die Bundesregierung erleichtert die Einwanderung für Asiaten.
Ende1960erbis Anfang1970er
Zweite Einwanderungswelle (Asiaten machen Mitte der 1990er Jahre etwa die Hälfte der Einwanderer aus).
1967Nationales Referendum (mit über 90-prozentiger Zustimmung) gewährt den Aborigines sämtliche Bürgerrechte einschließlich des Wahlrechtes, mit Ausnah me von Queensland. Es beendet die verfassungsmäßige Diskriminierung der Aborigines. Der Sozialausschuß des Parlamentes von NSW beschließt die Auflö- sung der Reservate. •
Eröffnung des ersten von drei Colleges(Kormilda) für Aboriginal Schüler (im NT).
1968
1968-71
Errichtung des Commonwealth Office of Aboriginal Affairs;wird zum Department of Aboriginal Affairs (DAA)im Jahr 1972.
Aborigines von Yirrkala erheben Klage (sie verklagen die Bundesregierung und Nabalco) vor dem Obersten Gerichtshof des NT, um den Bauxitabbau durch die Bergbaugesellschaft Nabalco auf der Gove Peninsula zu verhindern; die Klage wird 1971 abgewiesen.
1969Errichtung einer Aboriginal EmploymentSection (AES)innerhalb des Commonwealth Employment Service (CES)und Einführung des Employment and Training Scheme for Aboriginals(ETSA).
Einrichtung von Aboriginal Study Grants (ABSTUDY)auf Commonwealth-Ebene
durch das Portefeuille des Bildungsministeriums.
abAnfang 1970er
Bildung unabhängiger, selbstverwalteter Aboriginal Kommunen (Communities) ,Organisationen (z.B. Gesundheitszentren, Rechtsberatungen, Unterkünfte, son stige soziale Einrichtungen für Aborigines), Körperschaften und Landräte.
Beginn der Aboriginal outstation-Bewegung.
1970Errichtung des ersten Aboriginal LegalService (ALS)in Redfern (Sydney) mit Vorbildfunktion für Community-kontrollierte Organisationen in ganz Australien.
Das Gibb Committeeberichtet über Bedingungen indigener Menschen auf viehwirtschaftlichen Besitztümern, empfiehlt die Landübereignung (grants of land)an Aborigines auf Viehzuchtbesitztümern (im NT).
Erstes Landrechtsgesetz in Victoria; es überträgt als erster Bundesstaat Grund besitz an die Ureinwohner; andere Staaten folgen in den 1970er und 1980er Jahren.
1971Errichtung des ersten Aboriginal Medical Service (AMS) in Redfern (Sydney); dient als Vorbild für zahlreiche weitere AMS in ganz Australien.
Aborigines and Torres Strait lslander werden zum ersten Mal vollständig in die Volkszählung miteingeschlossen.
1972Die sechsmonatige Aboriginal Tent Embassy vor dem Parlamentshaus in Canberra wirdzum Symbol der Auseinandersetzung zwischen "weißen Erobe rern" und "schwarzen Enteigneten"; die Aborigines wollen auf ihre Notlage und ihre Forderung nach mehr Rechten aufmerksam machen.
Errichtung eines Ministeriums für Aboriginal Affairsund des Department of Aboriginal Affairs (DAA).
Die Australian Labour Party (ALP)unter Whitlam kommt an die Regierung (bis 1975); sie führt die Politik der Selbstbestimmung für Aborigines ein.
Die ersten Aboriginal Housing Associationswerden gegründet.
1973Wahlen für das erste National Aboriginal Consultative Committee im NT, welches Aboriginal Standpunkte präsentieren soll.
Gründung des Aboriginal Community Collegein Adelaide (S.A.).
Gründung des Central Australian Aboriginal Congress (CAAC)als eine von Aborigines kontrollierte Gesundheits- und Wohlfahrtsorganisation für Aborigines.
1974Einrichtung der Aboriginal Land Fund Commissionfür den Aufkauf von Land für Aboriginal Gruppen. Richter J. Woodwards Bericht über Aboriginal Landrechte wird der Whitlam-Regierung präsentiert. Seine Empfehlungen werden grundsätz lich angenommen, dienen als Basis für Aboriginal Landrechte und für die Kontrolle über den Bergbau auf Aboriginal Land. Im April 1975 wird ein Interim
(Aboriginal) Land Commissionerernannt, um einer (späteren) Gesetzgebung zuvorzukommen.
1975Die Whitlam-Regierung verabschiedet den Racial Discrimination Act 1975.
Eine 3.238 qkm Weidepacht bei Wattie Creek (Wave Hill) wird dem Gurindji Stamm (NT) übergeben.
Die Liberal Partyunter John Fraser kommt im Spätjahr an die Regierung; verkün det die Politik des Selbstmanagements für Aborigines.
1976Verabschiedung des ersten Aboriginal Land Rights Act(Northern Territory) durch die Bundesregierung auf der Grundlage des Woodward-Berichtes; Bekannt machung im Januar 1977; dadurch wird Aborigines ermöglicht, einen Rechtstitel für bestehende Reservate zu erlangen und unveräußertes Kronland zu fordern.
Gründung des Tangatjira Rates in Alice Springs (heutiger Tangen tyere Counci .
1977Bekanntgabe der National Employment Strategy for Aboriginals (NESA)der Fraser-Regierung einschließlich der Einführung des Community Development EmploymentProjects (CDEP)für Aboriginal Communities.
Verabschiedung des New South Wales Anti-Discrimination Act.
Gründung der New South Wales, Victorian(ein Jahr später aufgelöst), Northern
und Central Land Councils.
1978Verabschiedung des Northern Territory Seif Government Act 1978 ;dadurch werden dem NT nahezu die gleichen Rechte der Eigenverwaltung eingeräumt wie den einzelnen Bundesstaaten.
Grundsatzentscheidung des Obersten Gerichtshofs: Aborigines haben keine Rechte an dem von ihnen bewohnten Land.
Gründung der nicht-staatlichen Aboriginal Schule Yipirinya in Alice Springs (NT) unter Kontrolle des Aboriginal Community Council.
1979Auseinandersetzung um Noonkanbah: Aborigines widersetzen sich erfolgslos gegen Ölbohrungen auf ihrem Land.
1980Errichtung der Aboriginal Development Commission (ADC).
1981Die Pitjantjatjara erhalten die Eigentumsrechte (freehold title)über ihr Land (102.630 qkm in SA).
Erster Kurs in oral historyan der Macquarie Universität mit Aboriginal Dozenten.
1983Die Labour Partyunter Premierminister Bob Hawke kommt an die Regierung.
1984Veröffentlichung des Aboriginal Land lnquiry Report von P. Seaman über Land rechte in WA.
1985Uluru (Ayers Rock)wird seinen traditionellen Eigentümern durch die Bundes regierung zurückgegeben; der Uluru Katatjuta Aboriginal Land Trusterhält die Urkunde (title deeds)über den Uluru Nationalpark.
Veröffentlichung des Mil/er Reportüber die Beschäftigungssituation der Aborigi nes.
1986
1986/87
1987
Lösung fast aller verfassungsmäßigen Bindungen an Großbritannien.
Einführung der Aboriginal Employment Development Policy (AEDP) der Hawke Regierung als Antwort auf den Mil/er-Report,deren wichtigstes Ziel die stati stische Gleichheit hinsichtlich Beschäftigung und Einkommensstatus von Abori gines und anderen Australiern bis zum Jahre 2000 ist.
Errichtung der Royal Commission into Aboriginal Deaths in Custody (RCIDIC) und des National Committee to Defend Black Rightsals Antwort auf Aboriginal Todesfälle in Gefängnishaft.
Labour-Partyunter Hawke wird als Regierungspartei bestätigt.
1988200-Jahr-Feier Australiens (Invasion Day <=> Australia Day)
Weltausstellung in Canberra.
1990Die staatliche Aboriginal and Torres Strait lslander Commission (ATSIC) übernimmt die Rollen des Department of Aboriginal Affairs (DAA) und der Aboriginal Development Commission (ADC). ATSICstellt den wichtigsten natio nalen Staatskörper für indigene Angelegenheiten dar. ATSICbesteht aus einem Netzwerk von 36 Regional Councils in ganz Australien, einem Gremium von 19 Aboriginal Commissioners und einer Verwaltungsabteilung. Die Organisation gewährt indigenen Personen ein großes Ausmaß an Programmen, Dienstleistun gen und finanzieller Unterstützung in sozialen, ökonomischen und kulturellen Bereichen, welche zur Entwicklung der indigenen Bevölkerung beitragen sollen.
1991Vorstellung des Report of Royal Commission into Aboriginal Deaths in Custody
mit 339 Empfehlungen.
Errichtung des Council for Aboriginal Reconciliation.
Paul Keating (Labour Party)löst Bob Hawke als Premierminister ab.
1992Mabo-Entscheidung (Mabo and Others v. the State of Queensland) des Obersten Gerichtshofs Australiens mit großer politischer und symbolischer Bedeutung; das Konzept der terra nullius(Niemandsland), welches sich auf die Annahme bezog, daß Australien zum Zeitpunkt der britischen Inbesitznahme im Jahr 1788 trotz der Präsenz indigener Völker unbewohnt war, wird revidiert; damit wird auch die Entscheidung von 1977 revidiert; die Regierung verpflichtet sich zu Schadenser satz.leistungen und zur Landrückgabe an Aborigines.
1993Feierlichkeiten des Year of the lndigenous People; eine International lndigenous Youth Conferencewird in Darwin abgehalten.
Paul Keating wird als Premierminister der Labour Partybestätigt.
1994Der Native Title Act 1993 tritt in Kraft (vgl. 1992).
Der Fünfjahresplan 1994-99 verdoppelte mit rd. A$ 500 Mio. die Ausgaben für Gesundheitsprogramme für die Aborigines. Ein Ende 1994 vorgelegter, von der Regierung in Auftrag gegebener Bericht über den gesundheitlichen Zustand der Aborigines hatte Ausgaben von rd. A$ 2 Mrd. für Trink- und Wasseranlagen sowie Straßen- und Wohnungsbau in Aboriginal Communitiesgefordert.
1995Aborigines, die 1953 wegen britischer Atomversuche von ihrem Land im Süden Australiens vertrieben wurden (80.000 qkm großes Gebiet), erhalten von der Regierung rd. A$ 13.5 Mio. Entschädigung.
1996Regierungswechsel; die Uberal Party unter Premierminister John Howard kommt an die Regierung.
- Quote paper
- Katja Hansen (Author), 1996, Die sozio-ökonomische Benachteiligung der Aborigines Australiens. Ursachenanalyse und Raumaspekte, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1264017
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.