Diese Seminararbeit beschäftigt sich mit dem zweiten Abschnitt der "Grundlegung zur Metaphysik der Sitten". Kant beginnt diesen Abschnitt gleich mit einer These: "Wenn wir unsern bisherigen Begriff der Pflicht aus dem gemeinen Gebrauche unserer praktischen Vernunft gezogen haben, so ist daraus keineswegs zu schließen, als hätten wir ihn als einen Erfahrungsbegriff behandelt."
Von dieser These ausgehend argumentiert Kant und schließt wieder mit dem Gedanken, dass der Begriff der Pflicht ein Vernunftsbegriff ist.
Aus seinen Überlegungen zur Apriorität der Begriffe der Pflicht und der Sittlichkeit leitet Kant eine Begriffserweiterung ab - er spricht nicht mehr vom Menschen allein, sondern von den "vernünftige[n] Wesen überhaupt".
Meine Arbeit ist eine Textinterpretation der "Grundlegung zur Metaphysik der Sitten".
Warum findet "Nachahmung im Sittlichen gar nicht statt" und warum dienen "Beispiele nur zur Aufmunterung"? Fragen, die auch heute bewegen. Denn im Grunde geht es Kant um selbstbestimmte Aufrichtigkeit, die uns fern von Clichés und gesellschaftlichen Zwängen unmotiviert gut handeln lässt.
Inhaltsverzeichnis
A. Vorwort und Aufbau der Seminararbeit
B. Erstes Kapitel
Von der 'Ableugnung' der "Wirklichkeit von moralischer Gesinnung in den mensch -lichen Handlungen" und der "Richtigkeit des Begriffs von Sittlichkeit
Die "Begriffe der Pflicht" als Erfahrungsbegriffe und als Vernunftsbegriffe
Zweites Kapitel
Von den "vernünftigen Wesen überhaupt
Drittes Kapitel
Uber die Sittlichkeit
C. Nachwort und Zusammenfassung
D. Literaturangabe
A. Vorwort und Aufbau der Seminararbeit
Diese Seminararbeit beschäftigt sich mit dem zweiten Abschnitt der "Grundlegung zur Metaphysik der Sitten". Kant beginnt diesen Abschnitt gleich mit einer These: "Wenn wir unsern [sic] bisherigen Begriff der Pflicht aus dem gemeinen Gebrauche unserer praktischen Vernunft gezogen haben, so ist daraus keineswegs zu schließen, als [sic] hätten wir ihn als einen Erfahrungsbegriff behandelt."1
Von dieser These ausgehend argumentiert Kant dann deduktiv und schlieSt wieder mit dem Gedanken, dass der Begriff der Pflicht ein Vernunftsbegriff ist.
In diesem zweiten Abschnitt geht Kant ebenfalls auf die "Richtigkeit des Begriffs von Sittlichkeit"2 ein und erläutert, dass manch andere Phüosophen leugnen, dass es moralisches menschliches Handeln gebe, dass diese aber dennoch die Richtigkeit des "Begriffs von Sittlichkeit" akzeptieren.
Aus seinen Uberlegungen zur Apriorität der Begriffe der Pflicht und der Sittlichkeit leitet Kant dann eine Begriffserweiterung ab - er spricht nicht mehr vom Menschen allein, sondern von den "vernünftige[n] Wesen überhaupt"3.
Meine Arbeit soll eine Textinterpretation der "Grundlegung zur Metaphysik der Sitten" sein. Deshalb verwende ich keine Sekundärliteratur, sondern gehe textintern vor.
Das gewählte Thema ist Thema D von der Liste der Hausarbeitsthemen; die Kapiteleinteüungen richten sich nach den gestellten Aufgaben. Ihre Uberschriften geben die Aufgabenstellung wieder.
Ich beginne mit dem Begriff der Pflicht und der "Richtigkeit des Begriffs von Sittlichkeit" und gehe dann auf die 'Zuordnung der Pflicht' (Ist die Pflicht nun Erfahrungs- oder Vernunftsbegriff?) ein. Im zweiten Kapitel wird der Gedanke zum Pflichtbegriff als Vernunftsbegriff auf alle "vernünftige[n] Wesen überhaupt" ausgedehnt.
Das letzte Kapitel ist den Fragestellungen, '"Warum findet "Nachahmung... im Sittlichen gar nicht statt"' und '"Warum dienen "Beispiele nur zur Aufmunterung"?"' gewidmet.
Das Nachwort stellt eine Art Fazit mit persönlicher Stellungnahme dar.
Die Fußnoten geben die Randzählung an, an welcher das jeweüige Zitat zu finden ist.
B. Erstes Kapitel
Von der 'Ableugnung' der "Wirklichkeit von moralischer Gesinnung in den menschlichen Handlungen" und der "Richtigkeit des Begriffs von Sittlichkeit"
Kant beginnt den zweiten Abschnitt der "Grundlegung zur Metaphysik der Sitten" mit der Wiederaufnahme des Begriffes der "Pflicht"4 und stellt fest, dass es "immer noch [sic] zweifelhaft"5, also alles andere als nachweisbar sei, ob eine Handlung nun "aus Pflicht geschehe"6 "und also einen moralischen Wert habe"7 oder ob diese Handlung nun aus Neigung erfolge.
Nach dieser Feststellung gibt Kant die Meinung jener Phüosophen wieder, die "ableugnen"8, dass es 'gute Handlungen' gebe, die -mit anderen Worten- bestreiten, dass ein "guter Wüle"9 existiert, die aber dennoch zugeben, dass die Idee der 'guten Handlung', also die Idee der "Sittlichkeit"10 als positiv zu bewerten ist.
Diese 'Ableugnung' kann demnach also die "Richtigkeit des Begriffs von Sittlichkeit"11 nicht infrage stellen, da sie gar keine adäquate Diskussionsbasis darstellt. Die 'Ableugnung' bezieht sich auf das menschliche Handeln, während der "Begriff von Sittlichkeit" dem vernünftigen Wesen a priori eingegeben ist.
Kant spricht an dieser Stelle wohlgemerkt nicht von der Sittlichkeit 'an sich', sondern von einem "Begriff[ ] von Sittlichkeit"; das heißt, von einer Vorstellung oder Idee der Sittlichkeit. Diese Vorstellung sei dem Menschen gegeben, mit anderen Worten: er habe ein 'Gespür' für sittliches Handeln.
Handelt der Mensch nun aus diesem 'Gespür' heraus, so handelt er mit den Sittengesetzen. Diese Sittengesetze besagen nichts Geringeres als das Handeln mit dem kategorischen Imperativ. Der Vollständigkeit halber führe ich an dieser Stelle seine drei Formeln auf:
"[H]a n d l e n u r n a c h d e r j e n i g e n M a x i m e , d u r c h die d u z u g l e i c h w o l l e n k a n n s t , daß s i e e i n a l l g e m e i n e s G e s e t z w e r d e."12, "[H] a n d l e s o , a l s o b die M a x i m e d e i n e r H a n d l u n g d u r c h d e i n e n W i l l e n z u m a l l g e m e i n e n N a t u r g e s e t z w e r d e n s o l l t e ."13 und "H a n d l e so,daß d u die M e n s c h h e i t , s o w o h l i n d e i n e r Person, a l s i n d e r Person e i n e s j e d e n a n d e r n , [sic] j e d e r z e i t z u g l e i c h a l s Z w e c k , n i e m a l s bloß a l s Mittel[sic] b r a u c h t e s t ."14.
Das Handeln mit dem kategorischen Imperativ wird von Kant auch "d[as] Hand[eln] aus Pflicht"(397ff) genannt, und meines Erachtens ist die Erwähnung der Pflicht an dieser Stelle von entscheidender Wichtigkeit , da sie noch einmal unterstreicht, dass nicht die Neigungen entscheiden, sondern die Vernunft - und diese besagt das Handeln "aus Pflicht". Handelt der Mensch nämlich "aus Pflicht", so handelt er ohne eigene Antriebe; sein Egoismus wird sozusagen 'ausgeschaltet', und er überträgt die Formeln des kategorischen Imperativs tatsächlich auf seine Mitmenschen, weü er muss.
Kant nimmt nun (Randzählung 406) Stellung zu jenen anderen Phüosophen, den 'Skeptikern', "welche die Wirklichkeit dieser Gesinnung [nämlich der Gesinnung der Sittlichkeit oder auch moralischer Gesinnung] in den menschlichen Handlungen schlechterdings abgeleugnet, und alles der mehr oder weniger verfeinerten Selbstliebe zugeschrieben haben, ohne doch deswegen die Richtigkeit des Begriffs von Sittlichkeit in Zweifel zu ziehen, vielmehr mit inniglichem Bedauren [sic] der Gebrechlichkeit und Unlauterkeit der menschlichen Natur Erwähnung taten, die zwar edel gnug [sic] sei, sich eine so achtungswürdige Idee zu ihrer Vorschrift zu machen, aber zugleich zu schwach, um sie zu befolgen, und die Vernunft, die ihr zur Gesetzgebung dienen sollte, nur dazu braucht, um das Interesse der Neigungen, es sei einzeln, oder, wenn es hoch kommt [sic], in ihrer großten Verträglichkeit unter einander [sic], zu besorgen."15.
Dies bedeutet, dass die von Kant angesprochenen Skeptiker zwar das moralische Handeln leugnen, dass sie jedoch nicht glauben, dass es keine Maxime für ein solches Handeln gebe. Und mehr noch: Diese Phüosophen "[b]edau[e]r[t]en" nach Kant die "Gebrechlichkeit und Unlauterkeit in der menschlichen Natur"16, welche sich zwar Handlungsmaximen schaffe, diese jedoch aus "[S]chw[ä]ch[e]" nicht befolgen könne.Das Adjektiv "edel" in Bezug auf die Menschheit und die Nicht-in-Zeifel-Ziehung der "Richtigkeit des Begriffs von Sittlichkeit" ist positiv konnotiert, was bedeutet, dass besagte Phüosophen eine Wertung vorgenommen haben. Sie leugnen zwar die "Wirklichkeit [von moralischer] Gesinnung in den menschlichen Handlungen" ab und heben hervor, dass der Mensch ihrer Meinung nach aus einer "mehr oder weniger verfeinerten Selbstliebe"17 handelt, stellen die "Richtigkeit des Begriffs von Sittlichkeit" an sich jedoch nicht infrage.
Die "Begriffe der Pflicht" als Erfahrungsbegriffe und als Vernunftsbegriffe
Die "Pflicht als Pflicht überhaupt"18 liegt nach Kant in der "Idee einer den Wülen durch Gründe a priori bestimmenden Vernunft"19.Diese Aussage lässt sich auf den vorherigen Abschnitt insofern beziehen, als dass die Vernunft wieder das Mittel darstellt, welches nötig ist, um eine Handlungsmaxime zu 'erstellen'. Die Vernunft "gebiete, was geschehen soll"20 - im Rahmen der Sittlichkeit und Pflicht.
Kant übt in der Textstelle mit der Randzählung 407 allerdings auch von Ironie durchzogene Selbstkritik: So meint er, man könne "denen, die alle Sittlichkeit[,] als bloßes Hirngespinst einer durch Eigendünkel sich selbst übersteigernden menschlichen Einbüdung, verlachen, keinen gewünschteren Dienst tun, als ihnen einzuräumen, daß die Begriffe der Pflicht (so wie man sich auch aus Gemächlichkeit gerne überredet, daß es auch mit allen übrigen Begriffen bewandt sei) lediglich aus der Erfahrung gezogen werden mußten[]".
[...]
1 Kant, Immanuel, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, Randzählung 406
2 ebd.
3 ebd., Randzählung 408
4 Kant, Immanuel, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, Randzählung 406: "Wenn wir unsern [sic] bisherigen Begriff der Pflicht aus dem gemeinen Gebrauche unserer praktischen Vernunft gezogen haben, [...]"
5 ebd., Randzählung 406: "[ ] dennoch es immer noch zweifelhaft sei, ob es eigentlich a u s P f l i c h t geschehe und also einen moralischen Wert habe."
6 ebd.
7 ebd.
8 ebd., Randzählung 406: "Daher es zu aller Zeit Phüosophen gegeben hat, welche die Wirklichkeit dieser Gesinnung in den menschlichen Handlungen schlechterdings abgeleugnet, und alles der mehr oder weniger verfeinerten Selbstliebe zugeschrieben haben, ohne doch deswegen die Richtigkeit des Begriffs von Sittlichkeit in Zweifel zu ziehen, vielmehr mit inniglichem Bedauren [sic] der Gebrechlichkeit und Unlauterkeit der menschlichen Natur Erwähnung taten , die zwar edel gnug [sic] sei, sich eine so achtungswürdige Idee zu ihrer Vorschrift zu machen, aber zugleich zu schwach, um sie zu befolgen[.]"
9 ebd., Randzählung 393ff.: "Es ist überall nichts in der Welt, ja überhaupt auch außer derselben zu denken möglich, was ohne Einschränkung für gut könnte gehalten werden, als allein ein gut e r Wül e."
10 vgl. 8, Randzählung 406: "[ ] ohne doch deswegen die Richtigkeit des Begriffs von Sittlichkeit in Zweifel zu ziehen [ ]"
11 ebd.
12 Kant, Immanuel, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, Randzählung 421
13 ebd., Randzählung 421
14 ebd., Randzählung 429
15 ebd., vgl. 8
16 Kant, Immanuel, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten., vgl. 8. Zu der Wortwahl "Natur", sowie zu der Wortwahl "Selbstliebe"(14) ist zu sagen, dass dies Begriffe aus dem Bereich der "Sinnenwelt"(bei Kants "Grundlegung zur Metaphysik der Sitten" bei Randzählung 453ff. zu finden) sind, keine Begriffe aus dem Bereich der "Verstandeswelt" (ebd.).Soll heißen: Handelt der Mensch nach seinen Sinnen, beziehungsweise Instinkten, so ist die Vernunft 'ausgeschaltet' , und es liegt Empirie vor. Kant wül jedoch die Giütigkeit des "Begriffs von Sittlichkeit" nicht an der Empirie festmachen, sondern im Gegenteü an der Ratio.
17 ebd., Randzählung 406, vgl. 16
18 ebd., Randzählung 408
19 ebd., Randzählung 408
20 ebd., Randzählung 408
- Quote paper
- Stephanie Lipka (Author), 1999, Von der Richtigkeit des Begriffes von Sittlichkeit und der Apriorität des Begriffes der Pflicht für alle vernünftigen Wesen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/126032
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