Außerplanmäßige Abschreibung im Handelsrecht und Teilwertabschreibung im Steuerrecht. Analyse und Vergleich


Seminar Paper, 2021

18 Pages, Grade: 2,0


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

1 Einleitung

2 Bewertungsprinzipien des Handelsrechts am Beispiel des Vorsichtsprinzips
2.1 Grundlagen des Vorsichtsprinzips
2.2 Das Niederstwertprinzip
2.2.1 Voraussichtlich dauernde Wertminderung im Handelsrecht
2.2.2 Voraussichtlich dauernde Wertminderung im Steuerrecht
2.3 Wertaufholungsgebot bei Wegfall der dauernden Wertminderung
2.3.1 Wertaufholung im Handelsrecht
2.3.2 Wertaufholung im Steuerrecht
2.4 Praxisbeispiel Corona Pandemie Geschäftsjahr 2020

3 Das Teilwertabschreibungswahlrecht im Gegensatz zum Abschreibungsgebot
3.1 Wirkung handelsrechtlicher Normen für das Steuerrecht
3.1.1 Grundsatz der Maßgeblichkeit
3.1.2 Wirkung des Wegfalls der umgekehrten Maßgeblichkeit
3.1.3 Rechtfertigungsgründe für die Durchbrechung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung
3.2 Teilwertabschreibungswahlrecht ist keine echte „Kann“-Vorschrift

4 Fazit

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

HGB Handelsgesetzbuch

EStG Einkommenssteuergesetzbuch

EStR Einkommenssteuerrichtlinien

AO Abgabenordnung

GG Grundgesetz

IFRS International Financial Reporting Standards

AfA Absetzung für Abnutzung

BilMoG Bilanzrechtmodernisierungsgesetz

BFH Bundesfinanzhof

1 Einleitung

Außerplanmäßige Abschreibungen im Handelsrecht und Teilwertabschreibungen im Steuerrecht gehören seit Jahrzenten zu den Instrumenten bei der Bemessung der finanziellen Leistungsfähigkeit von Kaufleuten und Steuerpflichtigen. Die Kopplung der Steuerbilanz an die Handelsbilanz ist seit jeher der Grundpfeiler dieser Bemessung. Im Mai 2009 trat das Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz in Kraft und strukturierte weite Teile des Handels- sowie Steuerrecht neu. Ziel des BilMoG war es das Handelsrecht zu deregulieren. Beispielsweise wurde die Buchführungspflicht für Einzelkaufleute aufgehoben, wenn sie einen kleinen Geschäftsbetrieb unterhalten. Weiterhin wurde das deutsche Handelsrecht an die internationalen Regelungen für Rechnungslegung der IFRS angeglichen und mehrere EU-Richtlinien umgesetzt.

Hierbei kam es im für das die Erstellung der Steuerbilanz wichtigen Grundsatz der Maßgeblichkeit zu einer einschneidenden Änderung. Durch den Maßgeblichkeitsgrundsatz war gewährleistet, dass die Steuerbilanz nach den Grundsätzen der ordnungsmäßigen Buchführung erstellt wurde und die steuerlich finanzielle Leistungsfähigkeit auf den Grundsätzen des Handelsrechts beruht. Mit der Einführung des Wahlrechts zur Teilwertabschreibung bei dauernd wertgeminderten Wirtschaftsgütern kommt es zur effektiven Entkopplung einzelner Bilanzpositionen der Steuerbilanz von den Grundsätzen der handelsrechtlichen ordnungsmäßigen Buchführung.

Ausgehend der zuvor beschriebenen Problemstellungen wird die vorliegende Arbeit wird sich mit dem Vergleich und Analyse von außerplanmäßigen Abschreibungen mit der Teilwertabschreibung befassen. Ein weiterer Fokus wird auf das Maßgeblichkeitsprinzip des Handels- für das Steuerrecht gesetzt.

Abschließend muss geklärt werden ob es bei dem Teilwertabschreibungswahlrecht um ein wirkliches, von den handelsrechtlichen Vorschriften abweichendes, Wahlrecht handelt. Oder ob die Grundsätze der ordnungsmäßigen Buchführung auch für diese steuerliche Norm gelten.

2 Bewertungsprinzipien des Handelsrechts am Beispiel des Vorsichtsprinzips

Nach § 242 HGB ist jeder Kaufmann verpflichtet zum Ende eines jeden Geschäftsjahres eine Aufstellung seines Vermögens sowie der Schulden in einem Jahresabschluss zu erarbeiten. Wie die Einzelnen Vermögensgegenstände bewertet werden unterliegt unterschiedlichen allgemeinen Bewertungsgrundsätzen welche in § 252 Abs. 1 HGB aufgelistet worden sind. Aus diesen allgemeinen Bewertungsgrundsätzen lassen sich weitere subsidiäre Grundsätze ableiten.

Die Bewertungsgrundsätze des Handelsrechts sind in § 252 Abs. 1 HGB aufgeführt und lauten wie folgt:

Bilanzidentitätsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 1 HGB), das Fortführungsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 2 HGB), das Einzelbewertungsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 3 HGB), das Periodisierungsprinzip (§ 252 Abs. 1 Nr. 5 HGB) und die Bewertungsmethodenstetigkeit (§ 252 Abs. 1 Nr. 6 HGB).1 2 Im Folgenden wird konkret auf das Vorsichtsprinzip des § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB eingegangen da sich aus diesem das Niederstwertprinzip mit den angeknüpften Vorgaben der Abschreibungen ergeben.

2.1 Grundlagen des Vorsichtsprinzips

In § 252 Abs. 1 Nr. 4 HGB wird das Vorsichtsprinzip benannt. Aus ihm geht hervor, dass alle vorhersehbaren Risiken und Verluste, welche bis zum Abschlussstichtag entstanden sind im Jahresabschluss zu berücksichtigen sind. Auch Risiken und Verluste, welche zwischen dem Abschlussstichtag und dem Tage der Aufstellung des Jahresabschlusses bekanntgeworden sind, müssen aufgenommen werden. Im Gegensatz dazu dürfen Gewinne nur dann berücksichtigt werden, wenn sie bis zum Abschlussstichtag realisiert worden sind. Konkret bezeichnet man diese Vorgehensweise als Imparitäts- bzw. Realisationsprinzip.

Mit dem Vorsichtsprinzip und den daraus abzuleitenden Prinzipien wird der Schutz der Gläubiger bezweckt. So wird gewährleistet, dass bei vorsichtiger Bilanzierung die Verpflichtungen des Schuldners gegenüber den Gläubigern gewahrt bleibt und die erforderlichen Mittel nicht zur Ausschüttung zur Verfügung stehen.3

Um das Imparitäts- sowie Realisationsprinzip in einer praktischen Verfahrungsweise umzusetzen, bietet das Niederstwertprinzip die Möglichkeit die beiden genannten Prinzipien auf die nächste Konkretisierungsstufe zu heben.4 Unterschieden wird zwischen dem strengen, das Umlagevermögen betreffende, sowie dem gemilderten, das Anlagevermögen betreffenden, Niederstwertprinzip.

2.2 Das Niederstwertprinzip

Zweck des Niederstwertprinzips, sei es gemildert oder streng, ist es Unternehmen davor zu schützen durch zu hohe Wertansätze in Liquiditätsengpässe zu rutschen. Umgesetzt wird es durch den Vergleich der bisherigen Vermögensgegenstände und der ihnen zugeschriebenen Werte mit dem Zeitwert. Unterschieden wird zwischen dauernder und vorübergehender Wertminderung. Falls der Wert nur vorübergehend wertgemindert ist, gibt es für das Anlagevermögen zwei Möglichkeiten.5

Gemäß § 253 Abs. 3 S. 6 HGB liegt bei vorübergehender Wertminderung des Finanzanlagevermögens ein Abschreibungswahlrecht vor. Bei Sachanlagevermögen und immateriellem Anlagevermögen gilt nach § 253 Abs. 3 S. 5 HGB hingegen ein striktes Abschreibungsverbot.

Das strenge Niederstwertprinzip des Umlaufvermögens sieht vor, dass bei Wertminderung zwingend auf den niedrigeren beizulegenden Wert abgeschrieben werden muss. Diese Vorgaben ergeben sich aus dem § 253 Abs. 4 HGB. Weiterhin ist der Norm zu entnehmen, dass sich der beizulegende Wert dem Börsen- oder Marktwert ergibt. Ist ein Börsen- oder Marktwert nicht feststellbar ist auf den Wert unter den Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten abzuschreiben. Dabei gilt es als unerheblich ob die Wertminderung dauernd oder nur vorübergehend feststellbar ist, sogar wenn diese bei Bilanzerstellung nicht mehr gilt.6

2.2.1 Voraussichtlich dauernde Wertminderung im Handelsrecht

Kommt es zu einer voraussichtlich dauernden Wertminderung eines Vermögensgegenstandes besteht gemäß § 253 Abs. 3 S. 5 HGB eine Pflicht zur Abschreibung auf den niedrigeren beizulegenden Wert. Da es keine gesetzliche Definition des Begriffes „dauernd“ gibt, er aber nicht als unendlich gemeint ist, muss jede Art von Vermögensgegenständen isoliert betrachten werden und auf Grundlage der Eigenschaften des Vermögensgegenstandes eine Beurteilung gefällt werden. Eine dauernde Wertminderung liegt nach herrschender Meinung für Vermögensgegenstände, welche der planmäßigen Abschreibung unterliegen, dann vor, wenn der Stichtagswert, der sich aus planmäßigen Abschreibungen ergibt während eines erheblichen Teils der Restnutzungsdauer, oder in den nächsten fünf Jahren, nicht erreichen wird. Bei Anlagevermögen, welches bereits vor dem geplanten Stilllegungszeitpunkt nicht mehr genutzt wird, muss auf den vorsichtig ermittelten Veräußerungs- oder Schrottwert abgeschrieben werden. Nicht mehr vollständig ausgenutztes Anlagevermögen muss auf einen beizulegenden Wert abgeschrieben werden, welcher in der Regel höher als der Schrottwert ist.7

Die Pflicht zur außerplanmäßigen Abschreibung von Vermögensgegenständen bei dauernder Wertminderung gehört zu den Grundpfeilern einer den realen Tatsachen abbildenden Handelsbilanz.

2.2.2 Voraussichtlich dauernde Wertminderung im Steuerrecht

Das Bundesministerium für Finanzen definiert den Begriff der dauernden Wertminderung in seinem Schreiben vom 16. Juli 2014 wie folgt:

„Eine voraussichtlich dauernde Wertminderung bedeutet ein voraussichtlich nachhaltiges Absinken des Werts des Wirtschaftsguts unter den maßgeblichen Buchwert; eine nur vorübergehende Wertminderung reicht für eine Teilwertabschreibung nicht aus (vgl. auch § 253 Abs. 3 S. 3 HGB).“8

Die oben zitierte voraussichtliche Nachhaltigkeit gilt für den Steuerpflichtigen, wenn der Wert des Wirtschaftsgutes aus objektiv kaufmännischer Betrachtungsweise als dauerhaft wertgemindert erscheint. Hierauf ist insbesondere dann abzustellen, wenn mehr Gründe für als gegen eine Wertminderung vorliegen. Der Wert des Wirtschaftsgutes gilt grundsätzlich dann dauernd wertgemindert „,wenn der Wert des Wirtschaftsgutes die Bewertungsobergrenze während eines erheblichen Teils der voraussichtlichen Verweildauer im Unternehmen nicht erreichen wird.“[9] Weiterhin konkretisiert der BFH die voraussichtlich dauernde Wertminderung für Wirtschaftsgüter des abnutzbaren Anlagevermögens wenn der reelle Wert des Wirtschaftsgutes für mindestens die Hälfte der restlichen Nutzungsdauer unter dem planmäßigen Buchwert liegt.[10] Die planmäßige Restnutzungsdauer ist nach den amtlichen AfA-Tabellen zu bestimmen oder ergibt sich für Gebäude aus § 7 Abs. 4 & 5 EStG.

Eine dauernde Wertminderung bei Wirtschaftsgütern des nicht abnutzbaren Anlagevermögens muss darauf abgestellt werden ob die Gründe für die niedrigere Bewertung voraussichtlich anhalten werden.

In § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG erlaubt der Gesetzgeber bei dauernder Wertminderung eines Wirtschaftsgutes die Abschreibung auf den Teilwert. Dies ist der Betrag den ein Erwerber des ganzen Betriebes im Rahmen des Gesamtkaufpreises für das einzelne Wirtschaftsgut ansetzen würde; dabei ist davon auszugehen, dass der Erwerber den Betrieb fortführt. Die Ermittlung des Teilwerts setzt dementsprechend in drei Punkten auf die Annahme eines hypothetischen tatsächlich nicht eintreffenden Sachverhaltes voraus11 Sie ist in jedem Fall eine Schätzung im Sinne des § 162 AO und setzt den hypothetischen Ausnahmefall eines Betriebserwerbes voraus.12

Die Nachweispflicht, dass ein Wirtschaftsgut einen niedrigeren Teilwert aufweist, liegt beim Steuerpflichtigen.13

Im Gegensatz zum Handelsrecht, welches bei dauernder Wertminderung eine strikte Pflicht zur Abschreibung vorsieht, erlaubt das Steuerrecht gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG ein Wahlrecht, ob der niedrigere Teilwert angesetzt wird oder nicht. Sollte der Steuerpflichtige das Teilwertabschreibungswahlrecht in Anspruch nehmen ist dieser nach § 5 Abs. 1 S. 2 und 3 EStG verpflichtet die betroffenen Wirtschaftsgüter in besonderen, laufend zu führenden Verzeichnissen aufzunehmen. In diesen müssen folgende Angabe enthalten sein: Tag der Anschaffung oder Herstellung, Anschaffungs- oder Herstellungskosten sowie die Vorschrift des ausgeübten steuerlichen Wahlrechts und die vorgenommenen Abschreibungen.14

Mit diesem Wahlrecht gibt der Gesetzgeber dem Steuerpflichtigen eine Abweichungsmöglichkeit der Steuerbilanz von der Handelsbilanz und durchbricht das sogenannte Maßgeblichkeitsprinzip des Handels- für das Steuerrecht. Fraglich ist folglich ob diese Durchbrechung gerechtfertigt ist. Zum Maßgeblichkeitsprinzip und der Folgen der Durchbrechung mehr in Kapitel 3 der vorliegenden Seminararbeit.

2.3 Wertaufholungsgebot bei Wegfall der dauernden Wertminderung

2.3.1 Wertaufholung im Handelsrecht

Entfällt der Grund für die dauernde Wertminderung ganz oder teilweise, gilt nach § 253 Abs. 5 S. 1 HGB ein Wertaufholungsgebot. Der Bilanzierende muss den Wert des Vermögensgegenstandes durch Zuschreibung, auf die um die planmäßigen Abschreibungen verminderten, Anschaffungs- oder Herstellungskosten korrigieren. Im Gegensatz dazu sieht § 253 Abs. 5 S. 2 HGB ein Wertaufholungsverbot bei einem niedrigerem Wertansatz eines entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwertes vor. Das Wertaufholungsgebot ist eine weitere Ausprägung des Vorsichtsprinzips und verhindert die Bildung stiller Reserven. Der Jahresabschluss vermittelt dadurch ein den tatsächlichen Verhältnissen entsprechendes Bild des Unternehmens.15

Bestehen Gründe über den Zeitpunkt und den Umfang einer möglichen Wertaufholung eines Vermögensgegenstandes zu zweifeln sollte von einer dauernden Wertminderung ausgegangen werden. Die alleinige Möglichkeit einer Wertaufholung reicht nicht aus, um den Zustand der dauernden Wertminderung aufzuheben. Ferner müssen konkrete Hinweise vorliegen, die eine voraussichtliche Werterholung rechtfertigen.[16] Professor Dr. Karlheinz Küting verneint die dauernde Wertminderung für Wertschwankungen, „die sich höchstwahrscheinlich im Zeitablauf auf Grund zyklischer Schwankungen kompensieren.“17

Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Wertminderung von Vermögensgegenständen des Sachanlagevermögens und immateriellen Anlagegegenständen nur vorübergehend auftritt ist als selten einzustufen. In der Regel tritt bei diesen Vermögensgegenständen eine Wertminderung aufgrund eines besonderen Ereignisses wie einem Unfall, Zerstörung oder teilweiser Beschädigung auf und ist dementsprechend in den meisten Fällen irreversibel.18

2.3.2 Wertaufholung im Steuerrecht

Trotz des Wahlrechts den niedrigeren Teilwert anzusetzen, sieht das Steuerrecht ein Wertaufholungsgebot in § 6 Abs. 1 Nr. S. 4 EStG vor.

Der Wert eines Wirtschaftsgutes ist an jedem Bilanzstichtag aus dem Vergleich der um die planmäßigen Abschreibungen geminderten Anschaffungs- oder Herstellungskosten als der Bewertungsobergrenze und dem niedrigeren Teilwert als der Bewertungsuntergrenze zu ermitteln. Bei einem Wegfall der dauernden Wertminderung und einer daraus resultierenden Werterholung des Wirtschaftsgutes muss diese Betriebsvermögensvermehrung steuerlich erfasst werden. Sie darf die Bewertungsobergrenze der Anschaffungs- oder Herstellungskosten nicht übersteigen. Da die Nachweispflicht der dauernden Wertminderung beim Steuerpflichtigen liegt kann diese auslaufen lassen und das Wirtschaftsgut einer steuerlichen Wertaufholung unterziehen. Die Bewertungsobergrenze unterliegt ebenfalls der Nachweispflicht des Steuerpflichtigen und muss von diesem dokumentiert werden.19

2.4 Praxisbeispiel Corona Pandemie Geschäftsjahr 2020

Das Geschäftsjahr 2020 war maßgeblich von den Auswirkungen der Corona-Pandemie geprägt. Unterschiedliche Geschäftsbereiche konnten stark von den unterschiedlichen Auswirkungen profitieren. Der Online- und Lebensmittelhandel konnte erhöhte Umsätze erzielen. Viele andere Bereiche wurden von den Auswirkungen allerdings negativ betroffen.

Im Sachanlagevermögen führen verschlechterte Unternehmensergebnisse in Folge zeitweise stillgelegter Produktionsanlagen nicht automatisch zu außerordentlichen Abschreibungen. Da die Corona-Pandemie voraussichtlich zeitlich begrenzt sein wird ergeben sich in der Praxis generell wenige Praxisanwendungen von außerplanmäßigen Abschreibungen und Teilwertabschreibungen. Einzig bei Sachanlagevermögen mit einer geringen Restlaufzeit würden außerplanmäßige Abschreibungen in Frage kommen. Für das Finanzanlagevermögen gilt im Grunde dasselbe, hier besteht handelsrechtlich allerdings ein Wahlrecht auf eine außerplanmäßige Abschreibung bei auch nur vorrübergehender Wertminderung nach § 253 Abs. 3 S. 6 HGB. Für das im Umlaufvermögen befindliche Vorratsvermögen gilt nach § 253 Abs. 4 HGB das strenge Niederstwertprinzip. Demzufolge muss auch bei vorübergehender Wertminderung außerplanmäßig abgeschrieben werden.[20] Anhand der aufgeführten Bilanzpositionen und die unterschiedliche Wirkung der Corona-Pandemie wird deutlich, dass die außerplanmäßige Abschreibung bzw. die Teilwertabschreibung ein wichtiges Instrument der Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung ist.

3 Das Teilwertabschreibungswahlrecht im Gegensatz zum Abschreibungsgebot

3.1 Wirkung handelsrechtlicher Normen für das Steuerrecht

3.1.1 Grundsatz der Maßgeblichkeit

Die handelsrechtlichen Grundsätze der ordnungsmäßigen Buchführung gelten durch § 5 Abs. 1 S. 1 EStG maßgeblich ebenfalls für steuerrechtliche Bilanzierungsvorschriften. Für die steuerliche Buchführung bedeutet dies, dass die Handelsbilanz, sollte sie nach den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung erstellt worden sein, als Grundlage für die steuerliche Gewinnermittlung dient.

Mit dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz vom Mai 2009 hat der Gesetzgeber umfassende Neuregelungen im Handels- sowie Steuerrecht verabschiedet. Unter anderem den Wegfall der sogenannten umgekehrten Maßgeblichkeit.

3.1.2 Wirkung des Wegfalls der umgekehrten Maßgeblichkeit

Vor dem Wegfall der umgekehrten Maßgeblichkeit galten steuerrechtliche Wahlrechte als zwingend in der nach Grundsätzen der ordnungsmäßigen Buchführung geführten Handelsbilanz auszuweisen, und umgekehrt. Aus der umgekehrten Maßgeblichkeit ging hervor, dass sowohl ein steuerrechtliches als auch ein handelsrechtliches Wahlrecht in den unterschiedlichen Bilanzen nicht anders ausgeübt werden darf. Abweichend hiervon galten einige steuerrechtlichen Regelungen wie der § 4d Abs. 2 S. 4 EStG.21

Mit der Neuordnung durch das BilMoG hat der Gesetzgeber am Grundsatz der materiellen Maßgeblichkeit festgehalten. Allerdings erhält das Steuerrecht durch den 2. Halbsatz des § 5 Abs. 1 S. 1 EStG gegenüber dem Handelsrecht abweichende Gestaltungsmöglichkeiten. Dieser lautet „es sei denn, im Rahmen der Ausübung eines steuerlichen Wahlrechts wird oder wurde ein anderer Ansatz gewählt“. Als Folge der systematischen Stellung dieses Halbsatzes führt dies dazu, dass steuerrechtlichen Wahlrechten den handelsrechtlichen Vorschriften, damit den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung, eine Vorrangstellung eingeräumt wird. Somit wird die grundsätzliche Herangehensweise, die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung als Maßstab für die steuerliche Gewinnermittlung heranzuziehen, durchbrochen.22

Mit Blick auf den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG muss der Gesetzgeber gewährleisten, dass die steuerliche Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit nicht durch individuelle Gestaltungsmöglichkeiten geschmälert wird um weiterhin Rechtsanwendungsgleichheit zu gewährleisten. Steuerpflichtige mit ausreichenden Ressourcen sind durch die steuerlichen Wahlrechtsmöglichkeiten wie dem Teilwertabschreibungswahlrecht in der Lage sich durch Steuerbilanzpolitik in ihrem Sinne reicher oder ärmer zu rechnen. Sie widersprechen so dem Prinzip die Leistungsfähigkeit objektiv und für alle Steuerpflichtigen gleich zu ermitteln.23

3.1.3 Rechtfertigungsgründe für die Durchbrechung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung

Wenn es zu solchen Ungleichbehandlungen kommt bedarf es stets einer Rechtfertigung. Als Rechtfertigung könnten in diesem Fall gesetzgeberische Lenkungszwecke oder Praktikabilitätserwägungen sein.[24] Da der Maßgeblichkeitsgrundsatz selbst Ausfluss einer Praktikabilitätserwägung ist Abweichungen zu einem administrativen Mehraufwand und eben nicht zu einer Erleichterung führen, kommen nur gesetzgeberische Lenkungszwecke als Rechtfertigung in Betracht. Daraus folgt, dass die Auslegung des Begriffs der „steuerlichen Wahlrechte“ nur auf diejenigen Wahlrechte begrenzt ist denen ein bestimmter Lenkungszweck unterliegt.25 Dem Gesetzgeber wird im Bereich des Steuerrechts ein weitreichender Entscheidungsspielraum zugestanden.26

3.2 Teilwertabschreibungswahlrecht ist keine echte „Kann“-Vorschrift

Der § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG trägt in seinem Wortlaut die Voraussetzung für eine „Kann“-Vorschrift in sich. Dennoch ist die Norm teleologisch auszulegen und im Zusammenhang mit anderen Regelungsbereichen zu sehen.

In der Zeit vor dem Bilanzrechtsmodernisierungsgesetz war es innerhalb der Rechtsprechung des BFH und des Schrifttums allgemein anerkannt, dass Teilwertabschreibungen aufgrund des handelsrechtlichen Niederstwertprinzips zwingend anzuwenden waren. Auch nach Inkrafttreten des BilMoG wird diese Auffassung von weiten Teilen des Schrifttums angenommen und vertreten.27

Um dem Leistungsprinzip größtmöglich gerecht zu werden müssen steuerliche Wahlrechte auf ein Minimum reduziert werden. Gerade Wahlrechte die den Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung widersprechen müssen demnach streng begrenzt werden.28 Mit dem BilMoG sollte allein die wirtschaftliche Bindung der Handelsbilanz an die Steuerbilanz entfallen, die Geltung der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung sollte aber bestehen bleiben und weiterhin durch den Maßgeblichkeitsgrundsatz für die Steuerbilanz gelten. Das Wahlrecht zur Teilwertabschreibung enthält weder einen Lenkungszweck, noch gewährt es einen Praktikabilitätsgewinn für den Steuerpflichtigen oder die Finanzverwaltung. Durch die Vorgabe ein Verzeichnis über die abweichenden Wirtschaftsgüter nach § 5 Abs. 1 S. 2 und 3 EStG zu führen ist allerdings ein Praktikabilitätsverlust verknüpft. Auch entfaltet das Teilwertabschreibungswahlrecht keinen Lenkungszweck wie etwa die steuerliche Subventionsvorschrift des § 6b EStG. So bleiben die Grundsätze der ordnungsmäßigen Buchführung maßgeblich für die Teilwertabschreibung und wandeln die „Kann“- in eine „Muss“-Vorschrift, wenn im Handelsrecht eine Pflicht zur außerplanmäßigen Abschreibung besteht.29

4 Fazit

Mit dieser Seminararbeit sollte die außerplanmäßige Abschreibung mit der Teilwertabschreibung verglichen und analysiert werden.

Die außerplanmäßige Abschreibung im Handels- und die Teilwertabschreibung im Steuerrecht bilden beide einen Ausdruck des Vorsichtsprinzips aus den allgemeinen Bewertungsgrundsätzen und den Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung.

Bei dauernder Wertminderung eines Vermögensgegenstandes oder eines Wirtschaftsgutes müssen beide Verfahren angewandt werden um ein dem Leistungsprinzip gerecht werdendes Gesamtbild der finanziellen Leistungsfähigkeit der Handels- sowie Steuerbilanz darzustellen.

Weiterhin wurde festgestellt, dass das steuerliche Wahlrecht zur Teilwertabschreibung kein vom Maßgeblichkeitsgrundsatz ausgenommenes echtes steuerliches Wahlrecht darstellt und stets unter den Gesichtspunkten der Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung parallel mit der außerplanmäßigen Abschreibung durchzuführen ist.

Literaturverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Versicherung

„Ich versichere, dass ich die vorstehende Arbeit selbständig angefertigt und mich fremder Hilfe nicht bedient habe. Alle Stellen, die wörtlich oder sinngemäß veröffentlichtem oder nicht veröffentlichtem Schrifttum entnommen sind, habe ich als solche kenntlich gemacht.“

[...]


1 MüKoHGB/Ballwieser, 4. Aufl. 2020, HGB § 252

2 Ulrike Geismann, Basiswissen Buchführung, Bonn, Springer Gabler, 2017

3 BeckOGK/Tiedchen, 15.9.2020, HGB § 252 Rn. 57

4 Beck STBH 2021/2022, A. ABC der Buchführung, Bilanzierung und Bewertung, beck-online Rn. 102

5 Beck STBH 2021/2022, A. ABC der Buchführung, Bilanzierung und Bewertung, beck-online Rn. 102a

6 Beck STBH 2021/2022, A. ABC der Buchführung, Bilanzierung und Bewertung Rn. 102b, beck-online

7 Beck Bil-Komm./Schubert/Andrejewski, 12. Aufl. 2020, HGB § 253 Rn. 317

8 DStR 2016, 2107 Rn. 5, beck-online Rn. 5

9 DStR 2016, 2107 Rn. 5, beck-online Rn. 6

10 BFH Urt. v. 29.4.2009 – I R 74/08, BeckRS 2009, 24003731, beck-online

11 BFH Beschl. v. 16.7.1968 – GrS 7/67, BeckRS 1968, 21000890, beck-online

12 Brandis/Heuermann/Ehmcke, 158. EL August 2021, EStG § 6 Rn. 585

13 DStR 2016, 2107 Rn. 4, beck-online

14 EBJS/Böcking/Gros, 4. Aufl. 2020, HGB § 243 Rn. 23-25

15 Beck'sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon, Wertaufholung Rn. 1, 2, beck-online

16 Beck Bil-Komm./Schubert/Andrejewski, 12. Aufl. 2020, HGB § 253 Rn. 316

17 LSK 2005, 260837, beck-online

18 Beck Bil-Komm./Schubert/Andrejewski, 12. Aufl. 2020, HGB § 253 Rn. 317

19 DStR 2016, 2107 Rn. 27-28, beck-online

20 DStR 2021, 366, beck-online

21 Brandis/Heuermann/Krumm, 158. EL August 2021, EStG § 5 Rn. 181

22 DStR 2010, 395, beck-online

23 DStR 2010, 395, beck-online

24 DStR 2009, 2384, beck-online

25 DStR 2010, 395, beck-online

26 DStRE 2009, 922, 26b, beck-online

27 DStR 2011, 534, beck-online

28 DStR 2010, 395, beck-online

29 DStR 2010, 395, beck-online

Excerpt out of 18 pages

Details

Title
Außerplanmäßige Abschreibung im Handelsrecht und Teilwertabschreibung im Steuerrecht. Analyse und Vergleich
College
University of Applied Sciences Bielefeld
Grade
2,0
Author
Year
2021
Pages
18
Catalog Number
V1257666
ISBN (eBook)
9783346697059
ISBN (Book)
9783346697066
Language
German
Keywords
Außerplanmäßige Abschreibungen Teilwertabschreibung
Quote paper
Adrian Brelage (Author), 2021, Außerplanmäßige Abschreibung im Handelsrecht und Teilwertabschreibung im Steuerrecht. Analyse und Vergleich, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1257666

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