Die Forschungsfrage beschäftigt sich mit den Motivatoren von frühpädagogischen Fachkräften für die Teilnahme an Weiterbildungsveranstaltungen und deren beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten. Konkret lautete die Forschungsfrage: Was bewegt pädagogische Fachkräfte zur Teilnahme an einer Weiterbildungsveranstaltung und welche beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten ergeben sich daraus?
Im letzten vergangenen Jahrzehnt sind durch den gesellschaftlichen Wandel, das schlechte Abschneiden der Schüler*innen bei der PISA-Studie und die gewandelte Sichtweise über die Bedeutung von frühkindlicher Bildung die Erwartungen gegenüber frühpädagogischen Einrichtungen stark gestiegen und bot einen Anlass zur Weiterentwicklung des deutschen Früherziehungssystems. Frühpädagogische Einrichtungen – speziell für Kinder ab dem dritten Lebensjahr – werden nicht mehr nur als Betreuungseinrichtung gesehen, sondern gelten als Bildungsinstitut.
Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, muss sowohl bestehendes Personal als auch das kommende Personal gut geschult werden. Die neuen Auszubildenden werden durch die neu ausgerichteten Ausbildungswege bestmöglich auf diese Herausforderungen ausgebildet. Das bestehende Personal kann durch diverse Weiterbildungen ihr Wissen auffrischen oder sich in unterschiedlichen Bereichen spezifizieren und Zusatzqualifikationen erlangen. Dies führt immer häufiger zu multiprofessionellen Teams.
Inhaltsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung und Forschungsfrage
1.3 Aufbau der Arbeit
2 Begrifflichkeiten
2.1 Profession und Professionalisierung
2.2 Professionalität
2.3 Weiterbildung
3 Hintergründe der Professionalisierungsdebatte
3.1 Das Weiterbildungsverhalten frühpädagogischer Fachkräfte
3.2 Weiterbildungsangebote
3.3 Berufliche Entwicklungsmöglichkeiten der frühpädagogischen Fachkräfte
4 Methode
4.1 Forschungsdesign und M ethode
4.2 Datenerhebung und Fragebogenkonstruktion
4.2.1 Auswahl der Teilnehmer*innen
4.2.2 Fragebogenkonstruktion
4.2.3 Datenauswertung
4.3 Kritischer Blick auf die eigene Forschung
4.4 Ethische Aspekte und Datenschutz
5 Ergebnisse und Analyse
6 Fazit
Literatur
Anhang
Anhang 1 Fragebogen
Anhang 2 Tabellen
Anhang 3 Reports: Summarys mit codierten Segmenten
Anhang 4 Liste der Codes
Anhang 5 Kodierungen in allen Fragebögen
Anhang 6 Kodierleitfaden
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Rücklaufstatistik
Abbildung 2: Verteilung der Geschlechter in Prozent
Abbildung 3: Verteilung des Alters der Teilnehmer*innen in absoluten Zahlen
Abbildung 4: Verteilung der formalenBildung der Teilnehmer*innen in absoluten Zahlen
Abbildung 5: Verteilung der beruflichen Bildungsabschlüsse der Teilnehmer in absoluten Zahlen
Abbildung 6: Verteilung der Berufe der Teilnehmer*innen in absoluten Zahlen
Abbildung 7. Bundesland
Abbildung 8: Teilnahme an Weiterbildungen
Abbildung 9: Verteilung der Teilnehmer*innen-Stimmen bzgl. des Weiterbildungsklima in den Einrichtungen in absoluten Zahlen
Abbildung 10: Verteilung der Gründe/ Motivationen der Teilnehmer*innen in absoluten Zahlen
Abbildung 11: Weiterbildungsthemen
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 Weiterbildungsthemen : Haufigkeit der Codes
Tabelle 2: Häufigkeit der Codes
Tabelle 3: -Einverständniserklärung
Tabelle 4: Geschlecht
Tabelle 5: Alter
Tabelle 6: Bundesländer
Tabelle 7: Formale Bildung
Tabelle 8: Beruflicher Bildungsabschluss
Tabelle 9: Beruf
Tabelle 10: Träger
Tabelle 11: Nutzung von Weiterbildungen
Tabelle 12: Teilnahme Arbeitszeit
Tabelle 13: Kostenübernahme
Tabelle 14: Nutzung/ Häufigkeit
Tabelle 15: Letzte Fortbildung war
Tabelle 16: Praxistransfer
Tabelle 17: Weiterbildungsthemen
Tabelle 18: Gründe der Berufswahl
Tabelle 19: erneute Berufsentscheidung
Tabelle 20: Berufliche Entwicklungsmöglichkeiten
Tabelle 21: Bedeutung von Professionalisierung
Vorwort
Da ich sowohl eine konsequente Nennung aller Geschlechter als auch eine abwechselnde Nennung alsstörend für den Lesefluss empfinde, werde ich darauf verzichten, immer von Pädagogen und Pädagoginnen zu sprechen oder die weibliche, die männliche oder die diverse Bezeichnung abwechselnd zu verwenden. Ich werde im Verlauf dieser Arbeit dasGendersternchen verwenden,wel- ches selbstverständlichinalle Ausführungen für alle Geschlechter gilt.
1 Einleitung
Die frühkindliche Bildung, Betreuung, sowie die Erziehung in frühkindlichen Bildungsstätten als Ergänzung zu der elterlichen Betreuung ist in Deutschland weit vertreten und wird von Jahr zu Jahr immer weiter ausgebaut, besonders für Kinder unter drei Jahren.
Die außerhäusliche Betreuung bietet nicht nur Eltern die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, sondern bietet Kindern beim Besuch einer qualitativ hochwertigen Kindertageseinrichtung eine positive Entwicklung der kognitiven und sozial-emotionalen Fähigkeiten (vgl. Sylva et al. 2004).
Die Erwartungenbeziehungsweise das Ansehen frühpädagogischen Einrichtungen haben sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt -nicht zuletzt durch das schlechte Abscheiden der Schüler*innenbei der ersten Veröffentlichung der PISA-Studienergebnisse. Frühpädagogische Einrichtungen werden nicht mehr nur als Betreuungsform angesehen, sondern werden immer mehr als Bildungseinrichtung wahrgenommen-dies führt dazu, dass der Berufder frühpädagogischen Fachkräfte in den Fokus der Öffentlichkeit, sowie der Politik geraten und neue Erwartungen und Ansprüchean sie gestellt werden (vgl. Klein2010: 15).
Dashat zur Folge, dass neue Anforderungen an die beruflichen Qualifikationen unddie Qualität der Arbeit der pädagogischen Fachkräfte gestellt werden. Diese Entwicklung wird als „Professionalisierung der frühpädagogischen Fachkräfte“ bezeichnet. Als Antwort auf die Entwicklung wurde die Ausbildungan den Fachschulen reformiert,zum Beispiel wurde in Rheinland-Pfalz 2005 die Erzieherausbildung komplett neu geordnet, des Weiterenwurden Hochschulstudiengänge für frühpädagogische Fachkräfte, sowohl Vollzeitstudiengänge als auch Berufsbe- gleitende,eingerichtet.
Allerdings darf mannicht das bestehende Personal vergessen und ebenfalls mit auf den Weg zur Professionalisierung mitnehmen. Wie findet das bestehende Personal, welches die Ausbildung schon abgeschlossen hat, Anschluss an die neuen Entwicklungen?Wie sieht es mit deren Professionalisierung aus? Welche Unterstützung steht Ihnen zur Verfügung? Welche Rolle spielen dabei Weiterbil- dungen?Mit diesen Fragen beschäftigt sich diese Arbeit.
1.1 Problemstellung
Im letzten vergangenen Jahrzehntsind durch den gesellschaftlichen Wandel, das schlechte Abschneiden der Schüler*innen bei der PISA-Studie und die gewandelte Sichtweise über die Bedeutung von frühkindlicher Bildung die Erwartungen gegenüber frühpädagogischen Einrichtungen stark gestiegen und bot einen Anlass zur Weiterentwicklung des deutschen Früherziehungssystem.
Frühpädagogische Einrichtungen -speziell für Kinder ab dem dritten Lebensjahr -werden nicht mehr nur als Betreuungseinrichtung gesehen, sondern gelten als Bildungsinstitut.
Um diesen Anforderungen gerecht zu werden, muss bestehendes Personal, als auch das kommende Personal gut geschult werden. Die neu Auszubildenen werden durch die neu ausgerichteten Ausbildungswege bestmöglich auf diese Herausforderungen ausgebildet. Das bestehende Personal kann durch diverseWei- terbildungen ihr Wissen auffrischen oder sich in unterschiedlichen Bereichen spezifizieren und Zusatzqualifikationen erlangen. Dies führt immer häufiger zu multiprofessionellen Teams.
1.2 Zielsetzung und Forschungsfrage
Um die Forschungsfrage zu beantworten, fungiert der erste Teil der Bachelorarbeit als theoretische Basis des Analyseteils und liefert einen Einblick in die Thematik.
Die Forschungsfrage beschäftigt sich mit den Motivatoren von frühpädagogischen Fachkräften für die Teilnahme an Weiterbildungsveranstaltungen und deren beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten. Konkret lautete die Forschungsfrage: Was bewegt pädagogische Fachkräfte zur Teilnahme an einer Weiterbildungsveranstaltung und welche beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten ergeben sich daraus?
1.3 Aufbau der Arbeit
Die Arbeit unterteilt sich in sechs thematische Bereiche bzw. Kapitel.
Der Einleitungsteil (Kapitel 1)gibt einenkurzenÜberblick überdie gesamte Arbeit. Dieser Teil ist gegliedert in Einleitung, Problemstellung, Ziele und Forschungsfrage, sowie der Aufbau der Arbeit.
Der Einstieg ins Thema beginnt mit einer theoretischen Perspektive, um zentrale Begriffe, wie Profession, Professionalisierung, Professionalität und Weiterbildung einen Rahmen zu geben und die Arbeitsdefinitionen auszuarbeiten (Kapitel 2).
Nachdem die begriffliche Bestimmung vorgenommen wurde, werden darauf aufbauendaktuelle empirische Befunde zum Thema „Hintergründe der Professionalisierungsdebatte“, das Weiterbildungsverhalten frühpädagogischer Fachkräfte, die Weiterbildungsangebote und die beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten der Fachkräftein den Blick genommen (Kapitel 3). So werden Bestandsaufnahmen, offene Forschungspunkte und Rückbezüge für die Diskussion dereigenen Befunde in dieser Arbeit möglich.
Kapitel 4 stellt die Methode der empirischen Forschung dar.Es wird die gewählte Methode, der Forschungsgegenstand und die Datenerhebung näher beleuchtet. Anschließendwird die Forschung kritisch betrachtet, indem einzelne Schrittedie gut oder besser hätten laufen können,thematisiert werden (Kapitel 4.3). Im Kapitel 4.4 wird auf die ethnischen Aspekte und den Datenschutz eingegangen.
Im fünften Kapitel werden die Forschungsergebnisse analysiert und präsentiert.
Zum Schluss der Arbeit wird noch mal ein Fazit der gesamten Arbeit gezogen, wodie Ergebnisse der Forschung mit der Theorie verknüpft werden.
2 Begrifflichkeiten
Um der Arbeit eine theoretische Basis zu geben, werden zunächst, die Begriffe der Profession, Professionalisierung, Fortbildung und Weiterbildung definiert.
Die Begriffe Profession, Professionalisierung und Professionalität werden in der Frühpädagogik seit vielen Jahren häufig verwendet, vor allem im Kontext der Professionalisierung frühpädagogischer Fachkräfte. Meist werden sie verwendet ohne dass die Begriffenäher erläutert werden(vgl. Balluseck 2008).
Ziel dieses Kapitels ist es, die Verwendungsmöglichkeiten der Begriffe in den nachfolgenden Kapiteln nachvollziehen zu können.
2.1 Profession und Professionalisierung
Der Begriff profession' ist weit umfassend und wird im Alltag als Form des gehobenen Berufes verstanden. Historisch betrachtet wird ein Beruf als Profession verstanden, wenn er in der Gesellschaft ein hohes Ansehen hat, wie beispielsweise Juristen und Mediziner. Heute jedoch spielen diese Faktoren eher eine untergeordnete Funktion oder keine mehr.
Eine Profession ist durch einen hohen Gradan beruflicher Organisation, ein hohes Maßan Autonomieim Handelnund einer eigenenBerufsethikgekennzeich- net.Ein weiteres Merkmal für eine Profession ist eine wissenschaftliche Ausbildung mit entsprechendem Expertenwissen (vgl. Wildgruber; Becker-Stoll 2011: 62).
Balluseck (2008) geht davon aus, dass eine Profession an bestimmten berufsspezifischen Normenund Werte gebunden ist (vgl. Balluseck 2008: 24).
In der englischsprachigen Literatur werden die wissensbasierten Berufe als Profession aufgefasst. Professionen schaffen laut MiegStandards der Leistungsbewertung und kontrollieren diese (vgl. Mieg 2018: 33).Als Rahmenbedingung für Professionalisierung benennt Mieg (2018: 51)vier wichtige Punkte:
Es gibt1.einen gesellschaftlich relevanten Problembereich und ein dazu gehöriges Handlungs- und Erklärungswissen, 2. Bezug zu einem gesellschaftlichen Zentralwert, 3. eine akademisierte Ausbildung und 4. einen Berufsverband. (Mieg 2018:51)
Es gibt drei Ebenen der Professionalisierung:
Auf der institutionellen Ebene beschreibtdie Professionalisierung den Übergang einer Berufsgruppe zur Profession, während auf der individuellen Ebene es sich umden Übergang zur bezahlten selbstständigen Arbeithandelt, die sich an Leistungsstandards orientiertund strukturiert (Mieg 2018: 15, 23).
Unter Professionalisierung wird in der fachwissenschaftlichen Literatur Vielfältiges verstanden. Der Aktionsrat Bildung (2012) geht in seinem Gutachten von folgender Definition aus: „Der Begriff Professionalisierung wird im Gutachten pragmatisch im Sinne einer stärkeren wissenschaftlich abgesicherten Form von Betulichkeit und im Sinne der Suche nach einer Steigerung der Effektivitätund Qualitätsbesserung der pädagogischen Arbeit verwendet und umfasst nicht nur die bloße Akademisierung der Ausbildung an sich“ (VBW 2012: 16f). Auch Friedrichs-Liesenkötter ist der Meinung, dass Erzieher*innendurch denProzess der Professionalisierung eine höhere Qualität des pädagogischen Handelns erlangen und können kompetenter agieren (vgl. Friedrichs-Liesenkötter 2016: 44).
Thole geht noch weiter und beschreibt diverse Professionalisierungsmodelle, die sich speziell auf die frühe Kindheit und -pädagogik beziehen. Anhand dieser Modelle wird versucht „eine Neujustierung curricularer Rahmenbedingungen und darauf bezogener Fort-und Weiterbildungskonzeptionen für die professionellen Standards“ (Thole 2008: 275) durchzusetzen. Eine wichtige Voraussetzung für Professionalität ist das Zusammenführen von Kompetenzen und Erfahrungswissen, also denPraxiserfahrungen(vgl. VBW 2012: 62ff.).Durch die Professionalisierung bilden sich „hervorragend arbeitende Experten“ aus (Wildgruber/ Becker-Stoll 2011:62).
Für Harald A. Mieg (2018: 11) bedeutet Professionalisierung der „Prozess der Entwicklung einer Berufsgruppe in Richtung einer Profession, d.h. einer Berufsgruppe mit einer gewissen Autonomie in der Leistungsdefinition und -kontrolle. In einem weiten Sinn bedeutet Professionalisierung den Übergang zu selbstständiger bezahlter Arbeit, die gewissen, potenziell einklagbaren Leistungsstandards unterliegt. In diesem weiten Sinne können sowohl Personen als auch Tätigkeiten sich professionalisieren.“ (Mieg 2018: 11). Hierbei geht es um den Prozess, bestimmte Berufsgruppen zu qualifizieren.Mieg betrachtet Professionalisierung historisch gesehen als ein „Prozess mit offenem Ausgang“ (Mieg 2005: 342), der das Ziel hat, den gesellschaftlichen und ökonomischen Status einer Berufsgruppe, die Dienstleistungen anbietet, anzuheben.
Auch Helsper, Krüger und Rabe-Kleberg schließen sich Mieg an und sprechen ebenfalls von einem „unabgeschlossenen Prozess“, welcher keine Garantie auf Etablierung als Profession bietet undesimmer wieder neueLegitimierungen für die Profession erbracht werden müssen (vgl. Helsper et al. 2000).
Es scheint Einigkeit zu geben, dass der Professionalisierungsprozess nicht zwangsläufig zu einer Profession führt, jedoch Professionalität für das Handeln angestrebt wird und dass sowohl Fachwissen als auch Praxiserfahrungen vorhanden sein müssen.
Der Begriff ,Professionalisierung' ist sinngemäß eine Brücke zwischen Profession und Professionalität.
2.2 Professionalität
In den letzten Jahrzehnten wurden immer wieder unterschiedliche Versuche unternommen, den Begriff der Professionalität innerhalb einzelner Bereiche, wie beispielsweise der Sozialpädagogik, oderaber auch für die Disziplin der Pädagogik insgesamt, im Sinne einer pädagogischen Professionalität, zu bestimmen bzw. zu definieren.Im nachfolgenden werden relevante Punkte für diese Arbeit vorgestellt unddie Gemeinsamkeiten zusammengefasst.
Es erweist sich als schwierig Professionalität zu definieren, denn „Professionalität ist, [.], kein Zustand, der errungen oder erreicht werden kann, sondern eine flüchtige, jedes Mal aufs Neue situativ herzustellende berufliche Leistung“ (Nittel 2000: 109).
Auch wenn überall pädagogischer Professionalität gefordert wird, ist unklar, was genau damit gemeint ist, da die verschiedenen Handlungsfelder unterschiedlichenAnforderungen unterliegen. In Kindergärten sind die Anforderungen an Professionalität anders als in Schulen, des-weiteren ist es vom einzelnen, handelnden Professionellen abhängig (vgl. Helsper/Tippelt 2011 zit. nach Friederich 2017: 143).
Professionalität beruht auf Grundlagenwissen, das durch Erfahrungen ausgewertet wird. Gieske geht davon aus, dass pädagogische Fachkräfte individuelleAuf- gabenlösungen, Deutungen, InterpretationenundDiagnosenstellen können, die Handlungen nach sich ziehen (vgl. Gieseke 2005b:12).Gieseke ist derAuffas- sung, dass Professionalität „[. ]die kompetente flexible Anwendung von Wissen im Feld, sowie das diagnostisch und flexibel vernetztes Handeln“umfasst(Gies- eke 2018: 1056).
Mit Professionalität ist die besondere Qualität beruflichen Könnens gemeint, d.h. der Begriff bezieht sich nicht nur auf die Qualität innerhalb der klassischen Professionen Theologie, Medizin und Recht, sondern auf unterschiedlichste berufliche Felder (vgl. Friedrichs-Liesenkötter 2016: 43).
„Professionelle Kompetenz ist also dadurch gekennzeichnet, dass sich Befähigung (nachgewiesen durch eine meist wissenschaftliche Ausbildung), Bereitschaft (angezeigt durch Leistungsangebote) und Befugnis (beglaubigt durch Zertifikate) in formaler Deckung befinden. Das Prinzip der Zertifizierung ,regelt‘ im Rekurs auf besondere und exklusive Wissensbestände die Frage der Zuständigkeit (...) für Probleme und ihre Lösungen“ (Pfadenhauer 2005: 14).
„Für die Weiterbildung bedeutet Professionalität die Fähigkeit, unter einer Leitaufgabe auf hohem wissenschaftlichem und theoretischem Niveau komplexe Probleme zu lösen, die sich jeweils speziell auf den Menschen beziehen.“ (Gies- eke 2005b) Professionalität ist zusammenfassend das Handeln auf Basis von Grundwissen, welches durch Erfahrungen und neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen stetig und kompetent weiterentwickelt wird.
2.3 Weiterbildung
„Erwachsenenbildung ist die organisierte, zielgerichtete Fortsetzung des Lernprozesses neben oder nach einer Berufstätigkeit“ (Siebert 1972: 10).
Die Fort-bzw. Weiterbildungssysteme werden als „kontinuierliches, berufsbegleitendes Lernen zur Ergänzung und Aktualisierung [.] der erworbenen Kenntnisse [.] oder als Stützmaßnahme zur Umsetzung von Bildungsreformen“ (Oberhue- mer 2012: 75)verstanden.
Der deutsche Bildungsrat (1970) definierteWeiterbildungen als Fortsetzung bzw. Wiederaufnahme von organisiertem Lernen nach Ende einer ersten Bildungsphase und Aufnahme einer Erwerbstätigkeit. Die Weiterbildungen umfassen die Erweiterung des Grundwissens, die beruflicheundallgemeineWeiterbildung, sowie die politische Bildung (Deutscher Bildungsrat 1970:197). Diese Definition, die seitdem als Grundlage für folgende Weiterbildungsdefinitionen verwendet worden ist, hat bis heute noch Bestand.
Eurostat (2006) als auch der deutsche Bildungsrat (1970) unterscheiden zwischen unterschiedlichen Arten von Weiterbildungen.
Für diese Arbeit istdie Unterscheidungzwischenberuflicher, formalorganisierter, undinformellerWeiterbildungwichtig.
Bei der beruflichen Weiterbildung geht es um die Vertiefung, Erweiterung oder Aktualisierung einer bereits vorhandenen beruflichen Bildung aus einer vorherigen Bildungsphase.
Es gibt sowohl die formalen als auch die nicht formalen Weiterbildungen. Bei der formalen Bildung belegen die Teilnehmer abschlussbezogene Kurse (z.B. Fach- wirt*in für Kita-Management)undbekommen im Anschluss, meist im Zusammenhang mit einer Abschlussprüfung verbunden, ein Zertifikat, das im jeweiligen nationalen Qualifikationsrahmen (NQR) verortet ist. Diese Weiterbildungen sind jedoch in Deutschland eher selten vertreten. (Eurostat 2006) In Deutschland dominieren auf dem Fort-und Weiterbildungsmarkt die nicht-formalen Fortbildungen. Diese Fortbildungen können in interne und externe Fortbildungen unterteilt werden.
Zu internenFortbildungen zählen zum Beispiel Teamberatungen und -supervisionen, In-house-Konferenzen, sowie fortlaufende Kompetenzentwicklungen durch Teamarbeit.
Zu externen Fortbildungen zählen unteranderem Veranstaltungen,wie beispielsweise Seminare, Workshops, Fachkonferenzen, -kongresse oder -tagungen (vgl. Oberhuemer 2012: 76).
Die wissenschaftliche Weiterbildung umfasst Angebote von Hochschulen in Form von einzelnen Kursen, Workshops oder aber auch mehrjährigen Studiengänge zu bestimmten Themen.
Weiterbildungen haben sich in Deutschland zu einem eigenständigen und wichtigen Bestandteil des Bildungssystems etabliert. 2018 haben in Deutschland 54% der 18- bis 64-jährige Erwerbstätigen in den vergangenen zwölf Monaten an einer Weiterbildung teilgenommen - wobei die Quoten der Teilnahme in West-Deutschland um 7 Prozentpunkte, von 49% auf 56%, anstieg und Ost-Deutschland seit 2003 prägnant niedrigerer Prozentzahl (48%) als Westdeutschland hat (vgl. BMBF 2019: 13-15).
Besonders durch stetig wachsende Ansprüche an die Frühe Bildung und der Professionalisierung von frühpädagogischen Fachkräften ist die Teilnahme an Weiterbildungen unabdingbar(vgl. Buschle/ Gruber 2018).
Weiterbildungen dienen zur Auffrischung von erworbenem Wissen, zur Spezialisierung von Fachkräften in einen bestimmten Fachbereich, aber auch der schnellen und adäquaten Begegnung von neuen Herausforderungen (vgl. Buschle/ Gruber 2018).
Ein Vorteil von Weiterbildungen ist die Personalgewinnung durch diverse Aufstiegs- und Anpassungsweiterbildungen für Quer- und Wiedereinsteiger (vgl. Buschle/ König2018), jedoch ist hier die Befürchtung, dass die Qualität und das Ansehen des Berufes stagniert oder gar sinkt.
Aus einem OECD1 -Berichtgeht hervor, dass ein Ausbau des Systems zur frühkindlichen Betreuung, Bildung und Erziehung sowohl quantitativ als auch qualitativ notwendig ist (OECD 2004: 51). Dieser Ausbau geht nur einher mit einer guten Qualifizierung des Personalsindiesem Fachgebiet-daher sind Fort-und Weiterbildungen unabdingbar.
In 14 Bundesländern gibt es Weiterbildungsgesetze - welche meist durch landesspezifische Verordnungen ergänzt oder spezifiziert werden. In Berlin und Hamburgwurden keine eigenständigen Gesetze zu Weiterbildungen verabschie- det.(vgl. Tippelt/Hippel2010: 553)
3 Hintergründe der Professionalisierungsdebatte Kurzer historischer Rückblick
Über Professionalisierung pädagogischerTätigkeiten wird in den Erziehungswissenschaften seit knapp einem Jahrhundert gesprochen und diskutiert. Angefangen mit Aloys Fischers „Erziehung als Beruf“ (1921), 1955 veröffentlichte Wolfgang Brezinka ein gleichnamiges Buch und im Jahr 1987 veröffentlichte Hermann Gieseckes das Buch „Pädagogik als Beruf“ zum Thema Professionalisierung im pädagogischen Bereich. Den ersten Höhepunkt der Professionalisierungsdebatte gab es während der Bildungsreform in den 1960er- und 1979er- Jahren (vgl. Dewe et al: 1992), dabei ging es darum, inwieweit pädagogische Berufe als Professionen angesehen werden können. Dies wurde anhand des Indikatorenmodells überprüft und führte zu dem Ergebnis, dass pädagogische Berufe den Anforderungen überwiegend nicht entsprechen (vgl. Combe/ Helsper: 2002). Es ging vorrangig um die Verwissenschaftlichung der pädagogischen Berufe durch die Akademisierung der Ausbildung, um einen höheren Status in der Gesellschaft zu erlangen.
Abden 1980er Jahren wurde versucht pädagogische Berufe theoretisch neu zu erfassen und an „Binnenstrukturen und an der Logik professionellen Handelns“ anzusetzen(Kraul, Marotzki & Schweppe 2002: 7zit. nach Friederich2017: 139).
Ein weiterer Schritt der Professionalisierungbzw. ein Versuch, das gesellschaftliche Ansehen von Erzieher*innen zu steigern wurde 2020 in Nordrhein-Westfalen eingeführt. Seit2020müssen in Nordrhein-Westfalen Erzieher*innenfür einen Bachelorabschluss nicht mehr studieren, dennnach erfolgreich abgeschlossener Ausbildung können die Absolvent*innen auf Antrag den Titel „Bachelor Professional im Sozialwesen“ bzw. „Bachelor Professional in Sozialwesen“ tra- gen(vgl. Ministeriumfür Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen 2021).
Die Anforderungen an den Beruf von frühpädagogischen Fachkräften werden zunehmend komplexer und anspruchsvoller und viele Aufgabenbereiche müssen gleichzeitig erfolgen, wie beispielsweise etwa „[.] Kindorientierung und Familienorientierung, Bildungsauftrag undDienstleistungsauftrag, individuelle Bedarfsorientierung und Gemeinwesenorientierung“(BMDF 2018: 11).
MitVeröffentlichung voninternationalenSchulleistungen, bei denen Deutschland im internationalen Vergleich schlecht abschnitt, sorgten für Neuerungen und Überarbeitung der frühpädagogischen Rahmenbedingungen.
In einem kurzen Zeitraum von ca. vier Jahren -2002 bis 2006 -wurden in allen Bundesländernkurzerhand Bildungspläne (Bildungs-, Erziehungs-oder Orientierungspläne) für alle Kindertageseinrichtungen entwickelt, die sich an dem „Gemeinsamen Rahmen der Länder für die frühe Bildung in Kindertageseinrichtungen“ der Jugendministerkonferenz und der Kultusministerkonferenz von 2004 orientieren (vgl. Jugendministerkonferenz/Kultusministerkonferenz 2004). Neben einer breiten Förderung der Persönlichkeit der Kinder wird nun auch die Förderung in spezifischen Inhaltsbereichen wie Mathematik, Sprache, Vorläuferfähigkeiten für Lese- und Rechtschreibkompetenzen oder Naturwissenschaften pointiert. Die Bildungspläne heben ebenso hervor, dass dies nicht (nur) in spezifischen Angeboten stattfinden soll, sondern alltagsintegriert, heißt eingebettet in den normalen Alltag der Kindertageseinrichtungen - hier wird besonders die Sprachförderung betont. Dies bedeutet, dass die aktuellen Interessen, Bedürfnisse und Kompetenzen der Kinder als Bezugspunkt in der pädagogischenArbeit einbezogen werden,um eine bewusste und regelmäßige Sprachförderung für die Kinder sicherzustellen. Hierbei werdendie individuellen Unterschiede der Kinder sowie die Besonderheiten des Lebensumfeldesberücksichtigt.
Neben den neuen und verstärkten Bildungserwartungen an die frühpädagogischen Einrichtungen bestimmt auch der quantitative Ausbau der Betreuung, besonders im U3-Bereich, die gegenwärtigen Diskussionen über Professionalisierung der frühpädagogischen Fachkräfte. Zudem hat jedes Kind seit dem 01.08.2013 einenRechtsanspruch auf einen Kitaplatz ab dem ersten Lebensjahr.
Der AKTIONSRATSBILDUNG hat 2012 zentrale Empfehlungen für die Professionalisierung von frühpädagogischen Fachkräften herausgegeben. Unteranderem wurde vorgeschlagen, dass ein „koordiniertes Gesamtkonzept für die Aus-, Weiter- und Fortbildung des frühpädagogischen Fachpersonals auf verschiedenen Ausbildungsebenen hin zur weiteren Professionalisierung entwickelt werden“ soll (VBW 2012: 12). Dieses Konzept sollten auf der Ebene von Jugend- und Familienministerkonferenz und Kultusministerkonferenz vereinbartund vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) unterstützt werden(vgl. ebd.).
Des Weiterensollten die Studiengänge an Hochschulen deutschlandweit vereinheitlicht, speziell aufden Bereich der Kindertagesstätten ausgerichtet sein, und die berufsbegleitenden Studiengänge ausgeweitet werden (vgl. VBW 2012: 12).
Fort-und Weiterbildungen sollten für frühpädagogische Fachkräfte verpflichtend werden und ein systematisches und zertifizierendes Weiterbildungsprogramm geschaffen werden, um ein höheren Fachkräftestatus zu erreichen, ohne dass die ausgebildeten Fachkräfte ein Hochschulstudium aufnehmen müssten.
Stand 2021 ist es, dass Fort-undWeiterbildungen fürFachkräfte nicht überall verpflichtend sind - jedoch gibt es einige Arbeitgeber, die die Fachkräfte durch ihre Arbeitsverträge zu Fort-und Weiterbildungen verpflichten -des weiteren dominieren in Deutschland weiterhin die nicht-formalen Weiterbildungen den Markt, bei denen man meist nur eine Teilnahmebescheinigung erhält.
Bis 2020 sollte mindestens eine akademisierte Fachkraft in einer Kindertagesstätte arbeiten (VBW 2012: 12). Der Fachkräftebarometer aus dem Jahr 2021 zeigt deutlich auf, dass dieses Ziel nicht erreicht wurde und es an akademisierten Fachkräften in Kindertagesstätten mangelt(vgl. Autorengruppe Fachkräftebarometer 2021).
Wenn man die Empfehlungen des AKTIONSRATBILDUNG betrachtet, hat sich seit 2012 viel in dem Ausbildungsangebot von frühpädagogischen Fachkräften getan.
Seit 2012 wirddas Ausbildungsangebot an Fachschulen der Sozialpädagogik deutlich ausgebaut - es sind 96 neue Schulen hinzugekommen, sodass im Schuljahr 2019/2020 an 650 Schulen deutschlandweit die Erzieherausbildung starten konnte (vgl. Autorengruppe Fachkräftebarometer 2021: 118).
Durch die Vielzahl von, zum Teil sehr unterschiedlichen, Formaten der Ausbildung-bzw. Studiengänge, die eine flexible Anpassung auf unterschiedliche Bil- dungs-, Berufs-undLebensumständebieten, werden immer mehr Interessenten angesprochen und führt zu einem Wachstum der Berufsanfänger im sozialpädagogischen Bereich(vgl. Autorengruppe Fachkräftebarometer 2021: 130).
Trotz der enormen Personalexpansion hat sich seit 2006 nicht wirklich was an dem Anteil der Qualifikationsgruppen geändert (vgl. Autorengruppe Fachkräftebarometer 2021: 34). Der Großteil der pädagogischen Fachkräfte (ca. 65%) hat einen Fachschulabschluss, auch wenn die Zahlen der Hochschulabschlüsse gestiegen ist, ist es dennoch zahlenmäßig auf einem niedrigen Niveau (ebd.).
Während in so gut wie allen anderen Bereichen des Bildungswesens die Fachkräfte akademisiert sind, fällt im Bereich der frühkindlichen Bildung auf, dass hier kaum akademisierte Fachkräfte arbeiten (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2020: 93).
Was ebenso auffällt, ist, dass für pädagogische Fachkräfte ein Nachteil besteht, insbesondere für Fachkräfte ohne akademischen Abschluss, dass sie „[...] auf dem europäischen Arbeitsmarkt stark eingeschränkte Chancen zur beruflichen Mobilität“ haben (BMDF 2018: 11).
Mit dem starken und schnellen Anstiegdes Personalzuwachs, stiegdie Befürchtung ebenso stark, dass die Qualität des Personals abnimmt. Das Qualitätsniveau der pädagogischen Fachkräfte ist jedoch laut dem Bildungsbericht Deutschland nicht gesunken - allerdings ist auch keine Verbesserung in Aussicht (vgl. Autorengruppe Bildungsberichterstattung 2020:92).
Derstark ansteigende Personalwachstum reicht jedoch nicht, um den Fachkräftemarkt ausreichend zu decken - dies liegt unteranderem an demkausalen Zusammenhang von dem Ausbau der U3-Betreuung und an dem Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz für jedes Kind ab einem Jahr.
Wenn man die Erwartungen an frühpädagogischen Fachkräften zusammenfasst, kommt man aufdrei Hauptmerkmale (vgl. VBW 2012):
- Die frühpädagogischen Einrichtungen sollen die Vereinbarkeit von Familie und Berufstätigkeit ermöglichen.
- Die frühpädagogischen Einrichtungen sollen alle Kinder optimal fördern undsie auf diezukünftige Schulkarriere vorbereiten. Der Bildungsauftrag ist eingebettet in eine breite Persönlichkeitsbildung der Kinder und beschränkt sich nicht nur auf eng umrissene kognitive Kompetenzen.
- Die Einrichtungen sollen zu einer sozialen Gerechtigkeit und einer Reduzierung von sozial bedingten Ungleichheiten noch vor Schulbeginn beitragen
Damit die verschiedenen Erwartungen erfüllt werden können, stellen sich besondere Anforderungen an Quantität und Qualität des frühpädagogischen Personals auf. Zum einen wird für den Ausbau der Betreuung, sowohl der U3-Ausbau als auch der Ausbau der Ganztagsbetreuung, mehr Personal benötigt. Zum anderen werden durch die stetig ansteigenden Anforderungen Verbesserung der Qualität gefordert-dies wird durch eine fundierte Ausbildung und guten Weiterbildungen erreicht.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass seit über ein Jahrhundert die Professionalisierungsdebatte immer wieder neuaufgerollt wird und man durch neue Ausbildungs-bzw. Studienangebote, sowie neue Betitelung, versucht den Fachkräftemangel von pädagogischen Fachkräften entgegenzuwirkenund den Beruf der frühpädagogischen Fachkräfte durch akademische Abschlüsse versucht aufzuwerten. Bestehendes Personal hat die Möglichkeiten die erworbenen Fähigkeiten durch Weiterbildungen zu vertiefen, erweitern oder neue Kenntnisse hinzuzugewinnen.
3.1 Das Weiterbildungsverhalten frühpädagogischer Fachkräfte
Seit einigen Jahren wird derFrage nach den Weiterbildungsmöglichkeiten, sowie demWeiterbildungsverhalten von Fachkräften immer wieder nachgegangen und empirisch erforscht. Das Niedersächsischen Instituts für frühkindliche Bildung und Entwicklung (Nifbe)sowie diePublikationen der WiFF(Weiterbildungsinitia- tiveFrühpädagogischer Fachkräfte) beschäftigen sich mit diesen Themen intensiv und zeigen bedeutende Ergebnisse auf.
Bei einer bundesweiten Befragung von Einrichtungsleitungen und Fachkräften in Kindertageseinrichtungen „Zehn Fragen -Zehn Antworten“, die durch WIFF veröffentlicht wurde, hat sich gezeigt, dass frühpädagogische Fachkräfte großes Interesse an Weiterbildungsangebote haben. Der Großteil der Befragten nimmtan kurzen, meist an zwei bis drei Tagen, Veranstaltungen teil (vgl. Beher/ Walter 2012: 33;Balluseck 2008:18).
Auch die AQUA-Studie (vgl. Schreyer et al. 2014) zeigt auf, dass pädagogische Fachkräfte überdurchschnittlich oft an Weiterbildungen teilnehmen - Leitungskräfte gaben an, durchschnittlich ca. 5,2 Tage an Weiterbildungen teilzunehmen, frühpädagogische Fachkräfte 3,4 Tage.
Die OECD-Studien aus dem Jahr 2015 weisen darauf hin, dass das Qualifikationsniveau der Arbeitnehmer*innen Einfluss auf die Teilnahme an Weiterbildungsveranstaltungen hat (vgl. OECD 2021: 152). Beher und Walter (2012) stellten ebenfalls fest, dass akademisierte Fachkräfte deutlich häufiger an Weiterbildungen teilnehmen als Fachschulabsolvent*innen (vgl. Beher/ Walter 2012).
Während Auszubildende auf Fachschulen die Teilnahme an Weiterbildungen als hohen materiellen Nutzen einstufen, stufen berufstätige Fachkräfte den materiellen Nutzen als gering ein (vgl. Beher /Walter 2012; Buschle / Gruber 2018: 10; Autorengruppe 2021).
Die meisten Befragten nehmen an Weiterbildungsveranstaltungen teil, um ihre Kenntnisse und Fähigkeiten zu erweitern bzw. zu vertiefen oder um neue Anregungen für den Alltag mit den Kindern zu bekommen (vgl. Beher/ Walter 2012: 40ff.). Weiter Motive für die Teilnahme sind unteranderem der Austausch mit anderen Fachkräften, eine höhere Arbeitsmotivation, sowie Möglichkeiten der Selbstreflexion in Form der Auseinandersetzung mit der eigenen Person (vgl. ebd.; Siebert: 2006). Die Erwartungen der Teilnehmer werden auch meist als erfüllt wahrgenommen (vgl. Autorengruppe 2021)
Viele der Befragten sehen Fortbildungen als wichtig an und können die Inhalte der Weiterbildungsveranstaltungen mit ins Team transportieren, was unteranderem zu einem guten Weiterbildungsklima führt (vgl. Beher/ Walter 2012:40).
Oft wird die Weiterbildungsteilnahme jedoch durch berufliche Belastung, Personalmangel, geringes Weiterbildungsbudget oder durch unzureichende Freistellung beeinträchtigt (vgl. König/Buschle 2017; Beher/ Walter 2012: 68). Beher und Walter (2012) weisen darauf hin, dass circa 30% der Befragten eine unzureichende Kostenübernahme auf Seiten des Arbeitgebers beklagen, und daher oft an den gewünschten Weiterbildungen nicht teilnehmen.
Es lässt sich zusammenfassen, dass frühpädagogische Fachkräfte überdurchschnittlich viel an Weiterbildungen teilnehmen, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Die Themeninteressen sind weit gefächert, dass an dieser Stelle es Sinn macht, die Weiterbildungsangebote näher zu betrachten.
Die Jugend- und Familienkonferenz hateine Empfehlungzu Weiterbildungen ausgesprochen, die die Förderung in entsprechenden Landesgesetzen als „[...] zu förderndes Instrument der Qualitätsentwicklung“ (Oberhuemer 2012: 78) festgelegt hat.Dies soll das Weiterbildungsverhaltenzusätzlichfördern und stärken.
3.2 Weiterbildungsangebote
In Deutschland überwiegen die nicht formalen Fortbildungen, die meist als kumulativen Qualifikationserwerbs oder einer formalen Zertifizierung anrechnungsfähig sind. Diese werden vom Anstellungsträger oder anderweitigen Fort-und Weiterbildungsträger angeboten. Sie dienen als Kompetenzvertiefung innerhalb der Profession und können meist nicht als Qualifizierung für einen beruflichen Aufstieg genutzt werden.(vgl. Oberhuemer2012: 75ff.)
Die nicht formalen Fortbildungen können in interne oder externe Art unterteilt werden.
Unter externe nicht formale Fortbildungen zählen zum Beispiel kurze, halbtags oder ganztägige Seminare,regionale/ überregionale Fachkonferenzen zu einem aktuellen fachpolitischen Thema, sowie eine Teilnahme an Forschungsprojekten, die außerhalb der Einrichtung stattfinden.
Zu den internen nicht formalen Fortbildungen gehören meist kostenlose und innerhausstattfindenden Veranstaltungen, wie beispielsweise themenspezifische Konferenzen, Reflexionsgespräche, Teamberatungen oder auch Mentoring durch erfahrene Mitarbeiter.
Bayern hat, laut einer WIFF-Studie aus dem Jahr 2011, mit knapp 51.000 den zweitgrößten Anteil an pädagogischen Fachkräften und mit 17 Anbietern (17,7%) den größten Anteilan evaluierten Weiterbildungsanbieter. Hingegen hat Nordrhein-Westfalen mit fast 75.000 den größten Anteil pädagogischer Fachkräfte, allerdings nur ein geringes Angebot von Anbietern (9,4%). Ein ebenfalls großer Anteil anAnbietern fanden sich in Niedersachsen und Hessen - hingegen konnte Thüringen keinen Anbieter vorweisen. (vgl. Baumeister/Grieser 2011: 12; Be- her/Walter 2012)
Der Weiterbildungsbedarf der pädagogischen Fachkräfte ist laut der WIFF-Studie (2011) durch viele kleine Anbieter deutschlandweit abgedeckt (vgl. Baumeis- ter/Grieser 2011).
Etwa ein Fünftel der Angebote wird von öffentlichen Trägern, wie Bund oder Gemeinden, angeboten. Mit über 60% haben die (frei-)gemeinnützigen Träger den größten Anteil der Angebote. Mit nur knapp 18% haben die privat gewerblichen Träger den geringsten Anteil an Weiterbildungsanbietern.
Es gibt dank der Heterogenität von Träger und Anbietern ein breitgefächertes Spektrum an offerierten Weiterbildungsthemen.
Die Weiterbildungsveranstaltungen richten sich an vier Zielgruppen: frühpädagogische Fachkräfte, Leitungen frühpädagogischer Einrichtungen, Fachberater bzw. Multiplikatoren sowie sonstige Zielgruppen (andere pädagogische Fachkräfte (z.B. Lehrerinnen). (vgl. Baumeister / Grieser 2011: 29)
Baumeister und Grieser (2011) fanden bei der Studie raus, dass der Großteil, ca. 67%, der Veranstaltungen sich ausschließlich an die frühpädagogischen Fachkräfte richten.
Die angebotenen Themen sind sehr vielseitig. Neben den Themen, die sich direkt auf die Entwicklungs-, Bildungs- und Lernprozesse der Kinder sowie auf die Förderung und Dokumentation der Prozesse beziehen, gibt es auch Themen, die sich auf den Berufsalltag und die beruflichen Aufstiegs- bzw. Entwicklungsmöglichkeiten der Fachkräfte beziehen. Ebenso werden aktuelle (bildungspolitische) Themen, wie Sprachentwicklung und Mehrsprachigkeit sowie Inklusion und Teilhabe berücksichtigt. (vgl. Baumeister/ Gieser 2011) Zusammenfassend sind die Weiterbildungsangebote groß und die Themen der Weiterbildungsanbieter setzen sich aus den Weiterbildungsbedarfe der Zielgruppen, aus der Umsetzung von (bildungs-)politischer Programme sowie aus den eigenen intentionellen Profilenund Entwicklungen der Organisationen zusam- men(vgl. Reichen-Claasen/ von Hippel 2011).
3.3 Berufliche Entwicklungsmöglichkeiten derfrühpädagogischen Fachkräfte
Wie schon im dritten Kapitel angedeutet ist die Chance auf berufliche Mobilität deutscher Fachkräfte auf dem europäischen Arbeitsmarkt oft verwehrt. Dies liegt unteranderem daran, dass pädagogische Fachkräfte in fast allen anderen EU- Staaten und in vielen Staaten außerhalb Europas auf Hochschulniveau ausgebildetwerden und die deutschen Fachkräfte mit einer,normalen Ausbildung‘kaum Anstellungschancen haben. Hier versuchen einzelne Bundesländer, wie beispielsweise Nordrhein-Westfalen, durch eine neue Abschlussbezeichnung der Erzieher*innen, mit englischen Begriffen, die Chance auf dem internationalen Arbeitsmarkt zu erhöhen(vgl. Ministerium für Schule und Bildung des Land Nordrhein-Westfalen 2021).
Nicht nur auf den internationalen Arbeitsmarkt ist es schwer sich beruflich zu entwickeln, sondern auch auf dem nationalen deutschen Arbeitsmarkt. Im Kindertageseinrichtungen gibt es wenig Karrierechancen, da es unterandere sehr flache Hierarchiengibtund geringe Ausdifferenzierungsgrade. Es gibt nicht, wie in anderen Berufsfeldern, Abteilungsleiter, Teamleiter oder ähnliches - die einzige Karriereleiter, die zu erklimmen ist, ist die Position der Kindertageseinrichtungsleitung.
Es gibt viele Fachkräfte, die die Aufstiegs- bzw. Entwicklungschancen kritisieren und auf Grund von schlechten Beschäftigungs- und Rahmenbedingungen den Beruf der Erzieher*innen aufgeben. Ein häufiger Grund für einen potenziellen Ausstieg aus der Kindertageseinrichtung ist die gesundheitliche Belastung und die schlechte Bezahlung(vgl. OECD 2021: 143-145).
Der Großteil derFachkräfte nimmtan nicht formalen Weiterbildungen teil, wo es meist nur ein Teilnehmer-Zertifikat undmeistkeine Kreditpunktegibt- in der Regel führen solche Teilnahme zu keiner beruflichen Beförderung oder zu einer Gehaltserhöhung (vgl. Oberhuemer 2012: 85). Allerdings wurde im Jahr 2002 bei der Kultusministerkonferenz (KMK) eine grundsätzliche Empfehlungzur „Anrechnung von außerhalb des Hochschulwesens erworbenen Kenntnissen und Fähigkeiten auf ein Hochschulstudium“ verabschiedet, nach der bis zur Hälfte der im Studium vorgesehenen Kreditpunkte anerkannt werden können, dies soll die Entwicklungschancen der frühpädagogischen Fachkräfte fördern (KMK 2002).
Diese Position wurde auch im Gemeinsamen Orientierungsrahmen „Bildung und Erziehung in der Kindheit“ der JFMK und KMK unter Punkt 7 bestätigt (vgl. JFMK 2010: 5).
Aufgrund der föderalen Zuständigkeit der Bildung, sowie der strukturellen Unterschiede zwischen den Bundesländern besteht bei der Herstellung und Umsetzung eines zusammenhängenden Qualifizierungssystems, das sowohl beständige als auch anschlussfähige und durchlässigen Strukturen großer Handlungsbedarf (vgl. Diller 2010: 13, zit. nach Oberhuemer 2012: 85). Wünschenswert wäre ein einheitliches Qualifizierungssystem, um berufliche Chancengleichheit herzustellen.
In Bezug auf die Anrechnung der Fachschulausbildung gibt es eine positive Entwicklung, denn bei den meisten FH-Bachelorstudiengänge mit dem Schwerpunkt Früh-/Elementar-/Kindheitspädagogik wird der Fachschulabschluss meist mit rund 30% zu den Studienleistung angerechnet (vgl. Keil/ Pasternack 2011: 133). Bereits seit den 1970er-Jahren sind die fehlenden beruflichen Aufstiegschancen für Erzieher*innen in Deutschland ein wiederkehrendes Thema in der Fachliteratur (vgl. Ebert 2006).
Derzeit gibt es gute Berufsaussichten aufgrund eines großen Fachkräftemangel. Das Image des Berufes ist insgesamt positiv, auch wenn die Aufstiegs- und Verdienstmöglichkeiten mehrheitlich eher schlecht eingeschätzt werden.(vgl. Institut für Demoskopie Allensbach 2018).
Resümierend wird die berufliche Entwicklung der frühpädagogischen Fachkräfte seit Jahrzehnten immer wieder neu aufgerollt und diskutiert und neue Wege zum Karriereaufstieg werden ins Leben gerufen.
Um zu schauen, ob die,in diesem Kapitel, beschriebenenSituationennoch aktuell sind, wurde eine Studie zum Thema „Weiterbildungsverhalten und den beruflichen Entwicklungschancen frühpädagogischer Fachkräfte“ durchgeführt, welche in den nachfolgenden Kapiteln beschrieben und analysiert wird.
4 Methode
Gläser und Laudel (2010: 24) bezeichnenempirische Sozialforschung als Unter- suchungen,welcheeinen speziellen Auszugder sozialen Welt beobachten, um dadurch bestehende Theorien zu prüfen und/oder weiterzuentwickeln. Das passiert, indem Forscher*innen auf Basis theoretischer VorüberlegungenTeilstücke der sozialen Welt beobachten und anhand dieser Beobachtungen theoretische Schlüsse ziehen (vgl. Gläser/ Laudel2010: 24).Je nach Forschungsgegenstand und Ziel der empirischen Untersuchung werden unterschiedliche Forschungsmethoden angewandt. Methodisch unterscheidet man in der Sozialforschung zwischen den Forschungsstrategien ,quantitativ‘und,qualitativ‘. Die quantitative Methode steht für ein ,deduktives‘, ,theorietestendes‘ Vorgehen, welchesdurch standardisierte Datenerhebung und Tests strategisch nach Zusammenhängen forschtund zahlenmäßige Aussagen über Verteilungen und Wahrscheinlichkeiten geben kann.Bei dem deduktiven Verfahren wird eine bestehende Theorie mit einer neuen empirischen Forschung auf den Prüfstand gestellt. Hingegenwird die qualitative Methode als ,induktive‘ und ,theoriegenerierende‘ Forschung bezeichnet, die insbesondere ein Verstehen und Rekonstruieren von subjektiven Wirklichkeiten betrachtet (ebd.: 26f.). Bei dieser Methode fehlt es oft an fundierter Literatur und es werden neue Theorien aufgestellt. Für jede Methode ergeben sichMethoden und Grenzen zudenRückschlüssenaus dengewonnenen Daten.
Um die Aussagekraft der gewonnenen Daten dieser Studie einschätzen zu können, und auch, um das Vorgehen transparent darzulegen, beschreibt dieses Kapitel das methodische Vorgehen der empirischen Untersuchung. Als erstes werden der Forschungsgegenstand und das Forschungsverfahren beschrieben. Im Anschluss daran werden Forschungsdesign und die Methode näher erläutert. Forschungsgegenstand
Um Kindern in Kindertageseinrichtungen eine qualitativ hochwertige Bildung, Betreuung und Erziehung zu ermöglichen, sind Fachkräfte mit einem hohen Fach- lichkeitsgrad ihrer pädagogischen Arbeit und einer hohen Qualität ihrer Aus- und Weiterbildungen unabdingbar.
Erkenntnisse aus vorangegangenen empirischen Untersuchungen, zum Beispiel zum Weiterbildungsverhalten der frühpädagogischen Fachkräfte, werden auf der Basis aktueller Erhebungen zum Teil neu bewertet, erweitert und aktualisiert. Hierzu werden unter anderem Publikationen von Beher und Walter (2012), Buschle und König (2017) und Buschle und Gruber (2018) näher betrachtet und mit dieser Studie verglichen.
Bestandteil der Erhebung ist die Befragung von Einrichtungsleitungen sowie von pädagogisch tätigen Mitarbeiter*innen im Gruppendienst von Kindertageseinrichtungen sowie von Anerkennungspraktikanten der Erzieherausbildung.
4.1 Forschungsdesign und Methode
In der empirischen Sozialforschung gibt es im Großen und Ganzen drei Gruppen der Erhebungsmethoden: die Recherche, die Beobachtung und die Befragung (vgl. Gläser/ Laudel 2010).
Die Forschungsfrage ist nicht durch Beobachtungen zu beantworten, da das Weiterbildungsverhalten von frühpädagogischen Fachkräften ein Prozess ist, der sich entwickelt. Dieser Prozess lässt sich nicht auf einen bestimmten Zeitpunkt festlegen, zu dem die Beobachtungen stattfinden.
Da die Fragestellung dieser Bachelorarbeit sich also nicht über Beobachtungen beantworten lässt, und die aktuelle Corona-Pandemie persönliche Interviews aus Hygiene-/Gesundheitsrisiken nicht zulässt, wurde als Erhebungsmethode die schriftliche Befragung, anhand eines Online-Fragebogens, ausgewählt, um eine größere Anzahl an Daten zu gewinnen. Diese Methode wird durch Literaturrecherche ergänzt, welche im Theorieteil ausführlich dargestellt wird. Die Theorie und die erhobenen Daten sollen miteinander verglichen und kombiniert werden.
4.2 Datenerhebung und Fragebogenkonstruktion
In diesem Kapitel wird näher auf die Datenerhebung und die damit verbundenen Auswahl der Teilnehmer eingegangen und die Konstruktion des Fragebogens erläutert.
4.2.1 Auswahl der Teilnehmer*innen
Die Anzahl der Online-Befragung wurde auf 21 Stück begrenzt, um den Rahmen der Bachelorarbeit handhabbar zu halten. Die Anzahl der Online-Befragungen ermöglicht eine ausreichende große Datenmenge zur Beantwortung der Forschungsfrage.
Der Fragebogen ist an pädagogische Mitarbeiter*innen gerichtet, welche in einer frühpädagogischen Einrichtung arbeiten.
In der vorliegenden Erhebung wurden durch eine Veröffentlichung in der Face- book-Gruppe „Ideenpool für ErzieherInnen“ bundesweit pädagogische Fachkräfte aus frühpädagogischen Einrichtungen angesprochen und gebeten an der Onlinestudie teilzunehmen. Dies hat den Vorteil deutschlandweite Daten zu erfassen und eventuelle regionale Unterschiede aber auch Gemeinsamkeiten herauszustellen.
4.2.2 Fragebogenkonstruktion
Der Fragebogen bestand aus elf offenen und zwei geschlossenen, fünf HybridFragen sowie abschließende Angaben zum soziodemografischen Hintergrund der Befragten. Da im Gegensatz zu einer mündlichen Befragung, Inhalte der Datenerhebung nicht nachträglich mehr konkretisiert werden können, erfordert die Konstruktion eines Fragebogens im Vorfeld der Studieeine gute Strukturierung des Befragungsinhalts, (vgl. Raab-Steiner/ Benesch 2008: 44). Offen formulierte Fragen ermöglichen den Teilnehmern einerseits Freiheit in der Beantwortung, da sie sich nicht an vorgegebene Antwortkategorien halten müssen, andererseits kann es den Teilnehmer bei der Verbalisierungüberfordern oder die Fragen bleiben unbeantwortet, da es manchen Probanden zu viel ist - dies führt zu einer eingeschränkten Vergleichbarkeit. Ebenfalls ist die Auswertung offener Fragen aufwendiger als jener, die standardisierte bzw. geschlossene Frageformate aufweisen. Die Hybridfragen bieten Antwortmöglichkeiten und eine eigene Ergänzung der Antworten zugleich.
Die Antworten der offenen Fragenmüssen systematisiert und kategorisiert wer- den,um die Ergebnisse der Studie zusammenzufassen -dieser Prozess ist wesentlich zeitintensiver als dieAuswertungkomplettstandardisierter Fragebögen (vgl. Raab-Steiner/ Benesch 2008: 48).
Zum Thema „Motivatoren von pädagogischen Mitarbeiter*innen für die Teilnahme an Weiterbildungen und deren beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten“ gibt es diverse Forschungsprojekte. Diese wurden für die Erstellung des Fragebogens gesichtet und genutzt. Teilweise wurden Fragen übernommen bzw. abgeändert. So wurde die WIFF- Publikation „Qualifikationen und Weiterbildung frühpädagogischer Fachkräfte Bundesweite Befragung von Einrichtungsleitungen und Fachkräften in Kindertageseinrichtungen: Zehn Fragen -Zehn Antworten“ aus dem Jahre 2012, wurde als Inspiration genutzt. Zum Beispiel wurdendie Fragen„Aus welchenGründenbildensichEinrichtungsleitungenundFachkräfte weiter und wo liegen die Hürden der Teilnahme?“und „Wie sind die Rahmenbedingungen für Fort-und Weiterbildung in den Einrichtungen?“ in den Fragebogen abgeändert übernommen, um Abweichungen oder sogar identische Ergebnisse zu vergleichen und zu analysieren.
Bei der Gestaltung des Fragebogens wurdedarauf geachtet, dass der Inhalt gut verständlich ist- dafür wurden einfach strukturierte Sätze verwendet - und die Beantwortung der Fragen nicht zu viel Zeit in Anspruch nimmt, damit die Motivation nicht frühzeitig abreißt und es somit zu einem verfrühten Abbruch der Befragung kommt.
Der Fragebogen ist in sechs Teile unterteilt:
Der erste Teil des Fragebogens, welcher im Anhang 1 beigefügt ist, enthält eine kurze Erläuterung des Inhalts, zeigt auf, wie viel Zeit die Bearbeitung in Anspruch nehmen wird, welchem Zweck der Fragebogen dient und klärt auf, dass alle Daten freiwillig und anonym erfasst werden. Im Anschluss folgt eine Erklärung der Fragbogentechnik zur Beantwortung der Fragen. Für den Fall, dass Fragen in Bezug auf den Fragebogen und/oder die Studie auftauchen oder Teilnehmer Anregungen herantragen möchten wurde eine E-Mail-Adresse öffentlich zur Verfügung gestellt.
Im zweiten Teil werden die Teilnehmer nach ihren soziodemografischen Daten (Geschlecht, Alter, schulische und berufliche Bildung, Bundesland, Arbeitgeber) befragt.
Nach der Abfrage der soziodemografischen Daten wurden die Teilnehmer über ihr Weiterbildungsverhalten befragt. In diesem Teil des Fragebogens ging es darum herauszufinden, ob die Teilnehmer an Weiterbildungen teilnehmen, welche Beweggründe sie haben, an welchen Weiterbildungen sie teilnehmen oder warum sie an keiner Weiterbildung teilnehmen.
Im vierten Abschnitt der Befragung wurden die Motivatoren der Teilnehmer näher beleuchtet. Hierbei ging es darum konkret die Beweggründe der Teilnehmer zu identifizieren und zu schauen, ob es Parallelen gibt, ob die Teilnehmer alle die gleichen Gründe haben oder ob jeder Teilnehmer einen individuellen Grund hat an Weiterbildungen teilzunehmen.
Im fünften werdendie Teilnehmerdurch die Frage „Was verstehen Sie unter Professionalisierung?“ aufgefordert Ihre Gedanken und Meinungen zu diesem Thema zu verschriftlichen. Es wird gefragt, warum die Teilnehmer sich für diesen Beruf entschieden haben und ob sie diesen erneut wählen würden und aus welchem Grund.
Im letzten Teil der Befragung werdendie Teilnehmer gefragt, ob sie alle Fragen beantwortet haben,erneutgefragt, ob die Daten anonymisiert verarbeitet werden können und ob sieetwas zu der Befragung mitteilen möchten.
Durchführung der Fragebogenerhebung
Nach der Konstruktion des Fragebogens und vor der Veröffentlichung des Fragebogens wurde ein PreTest durchgeführt. Personen aus dem Studien-sowie aus dem persönlichen Umfeld haben sich die Rohfassung angeschaut. Es wurden das Layout, die Sprache, die Verständlichkeit der Fragen, die Dauer der Bearbeitung sowie die Auswahl der Antwortmöglichkeit betrachtet. Aufgrund des Feedbacks der Testteilnehmer, wurdendie Einleitungsowie zwei Fragen etwas abgeändert. Auch die angekündigte Bearbeitungszeit wurde von 20-25 Minuten auf 15-20 Minuten reduziert, da die Teilnehmer zurückgemeldet haben, dass die Bearbeitungszeit bei 15-20 Minuten lag.Der finale Fragebogen wurde dann mit einer Online-Befragungssoftware SoSci (www.soscisurvey.de) erstellt.
Für die Datenerhebung war der Zeitraum vom 04.07.2021-31.09.2021 vorgesehen. Da jedoch schon im Juli21gültige Fragebögen abgegeben wurden,welches man in der Rücklaufstatistik (Abbildung 1)erkennen kann,und somit genug Daten im Rahmen der Bachelorarbeit vorlagen, und bis Ende August niemand weiteres an der Befragung teilgenommen hatte, wurde am 01.09.2021 die Befragung vorzeitig beendet. Die Teilnahme an der Umfrage wurde auf Facebook in der Gruppe „ErzieherInnen im Austausch“ via Gruppenbeitrag angeboten. Alle Interessenten, konnten sich per Kommentar melden und bekamen anschließend alle wichtigen Informationen sowie den passenden Link als persönliche Nachricht geschickt. Der Vorteil an diesem Verfahren war, dass man pädagogische Fachkräfte aus ganz Deutschland erreichen konnte.Der Link wurde insgesamt 74 mal angeklickt, 22 abgeschlossene Fragebögenwurde abgegeben,davon waren 21 Bögen gültig.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: Rücklaufstatistik
4.2.3 Datenauswertung
Die gewonnenen Daten der 21 gültig vorliegenden Fragebögen wurden anhand des Onlinetools „SoSciSurvey“ in Excel exportiert. Die standardisierten Fragen wurden mit der Funktion Excel Pivot Table in Diagrammen visualisiert.
Die Datenauswertung erfolgte methodisch durch Zusammenfassung in Anlehnung an die qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring.Dabei wurden die Antworten der Befragtengebündelt und im nächsten Schritt Kategorien zugeordnet, die bereits vorher festgelegt waren (vgl. Mayring 2015: 70). Die Hybrid-bzw. offenen Fragen wurden softwaregestützt mit MAXQDA Pro 20 ausgewertet. Diese Software kann über die „Liste der Codes“ ein Kategoriensystem mit Codes und Subcodes erstellt und verwaltet werden.Die Analyse erfolgt deduktiv in Anknüpfung an die theoretischen Ausführungen zu den Kapiteln2 und 3. Zu Beginn wurden aus demtheoretischen AusgangspunktHauptkategorien gebildet, die anschließend, induktiv aus den Antworten der Befragten, mit Unterkategorien (= Subcodes) ergänzt wurden,dies wird im fünften Kapitel näher erläutert.
Es wurde ein Kodierleitfaden,welcher in Anhang 6 wiederzufinden ist, erstellt. Dieser stellt für jede Kategorie eine Definition, typische Textpassagen als Ankerbeispiele und Kodierregeln zur Abgrenzung zwischen den Kategorien dar.
Zunächst wurden thematische Hauptkategorien(Codes)entwickelt,wie z.B. Weiterbildungsthemen, welche im Anschluss allen passenden Antworten der Teilnehmer zu geordnet wurden. Um ein differenziertes Bild zu erstellen, wurden Subkategorien (Subcodes) zu den Hauptkategorien (Codes) induktiv bestimmt - es wurde ein differenziertes Kategoriensystem erstellt. Aus den Hauptkategorien wurden die codierten Stellen passenden Subcodes zugeordnet.
4.3 Kritischer Blick auf die eigene Forschung
Die zeitliche Ansetzung der Befragung war passend. Es gab genug Zeitden Fragebogen zu konstruieren. Während des Befragungszeitraum konnte der theoretische Teil bearbeitet und verfasst werden. Im Anschluss der Befragung gab es genug Zeit diese auszuwerten und schriftlich zu verfassen.
Bei der Auswertung des Fragebogens hat sich gezeigt, dass die Konstruktion des Fragebogens bzw. der inhaltliche Aufbau etwas anders aufgebaut hätte, sein können. Zum Beispiel hätten die Fragen zum Bundesland vor den formalen und beruflichen Bildungen, sowie Beruf und Trägerschaft optisch als auch bei der Auswertung mehr Sinn gemacht.
Der Stichprobenumfang weist eine starke Übervertretung von studierten Fachkräften in frühpädagogischen Einrichtungen auf, welches in der Praxis so nicht vorkommt (vgl. Fachkräftebarometer 2021). Ein Grund für die hohe Beteiligung von studierten Fachkräften könnte ein stärkeres Interesse am Forschungsgegenstand sein. Dennoch kann davon ausgegangen werden, dass die Teilnehmenden der Zielpopulation entsprechen, da das Hauptkriterium (pädagogische Fachkraft in einer frühpädagogischen Einrichtung) für die Teilnahme als erfüllt gilt. Es könnte jedoch sein, dass das Weiterbildungsverhalten sich zwischen studierten und nicht studieren Fachkräften unterscheidet. Das wäre ein Ansatz für zukünftige Forschung.
Durch die Veröffentlichung in der Facebook-Gruppe wurden Fachkräfte aus ganz Deutschland erreicht und es konnte ein bundeslandübergreifendes Bild erfasst werden.
Der Fragebogen ist sehr umfassend gestaltet worden. Beim Codieren wurde deutlich, dass einige Fragen sich ziemlich ähneln, einige Fragen nicht direkt zum Thema passen, jedoch interessant sind, um die weitere Entwicklung zu erkennen. Zum Beispiel wurden die Fragen ,9. An welchen Weiterbildungen nehmen Sie teil', ,20. Welche Weiterbildung streben Sie in der nächsten Zeit an und wa- rum?‘ und ,21. WelcheThemenbereiche interessieren Sie und warum?‘beim Codierenzusammengefasst, da sie die Themenbereiche, die die Teilnehmerinteressieren, beschreiben.
Bei der Zuordnung von Antworten zu Kategorien (Codes) war es teilweise schwierig, den zentralen Aspekt, den die frühpädagogische Fachkraft mit ihrer Antwortausdrücken will, herauszufinden. Deshalb konnten teilweise Antworten nicht eindeutig einer Kategorie zugeordnet werden. So entstandenbeim Codieren teilweise Kategorien oder Unterkategorien, die sehr ähnlich sind oder sich gegenseitig bedingen, ein Beispiel hierfür findet sich bei der Kategorie Weiterbildungsthem en und dendazugehörigen Subcodes Kindbezogene Themen/ Praxis und Pädagogischer Schwerpunkt/ berufliche Weiterbildung. Nichtsdestotrotz konnte das gewählte Vorgehen einen guten Ein-und Überblick über die Befra- gungen,die das Weiterbildungsverhalten und die Motivatoren von frühpädagogischen Fachkräften zur Teilnahme an Weiterbildungen, sowie deren Entwicklungsmöglichkeiten, geben.
Beim Kodierenwurden zunächst alle Antworten in viele verschiedene Kategorien zugeordnet, dies war jedoch noch nicht aussagekräftig und gab noch keinen klaren Überblick. Um dies zu ermöglichen, wurden in den einzelnen Kategorien mehrere Stufen (Unterkategorien/Subcodes) gebildet und die einzelnen Nennungen den jeweiligen Unterkategorien zugeordnet.Dies hatteden Vorteil, dassdie Tendenzen, z.B. bei dem Themeninteresse, besser erkennbar waren und man direkt sieht wie viele Nennungen zu den einzelnen Themen vorkamen.
Es wurden sowohl offene als auch geschlossene Fragen verwendet. Der Vorteil der offenen Fragen ist, dass die Teilnehmer offen und frei antworten können und in ihrer Antwortauswahl nicht eingeschränkt werden. Bei den geschlossenen
Fragen geht es darum konkrete Daten zu erfassen und diese miteinander zu vergleichen.
Alle Fragen waren sehr aufschlussreich und interessant, jedoch teilweise nicht relevant für die Forschungsfrage und die Arbeit. Zum Beispiel war die Frage bezüglich der Aufgabenbereiche zwar interessant, um zu sehen, was die frühpädagogischen Fachkräfte alles leisten müssen, jedoch war es für die Beantwortung der Forschungsfrage irrelevant. Man kann deutlich sehen, dass das Aufgabenspektrum sehr groß ist und man kann, vermuten, dass die Fülle der Aufgaben eventuell ein Grunde dafür ist, dass die pädagogischen Fachkräfte keine Zeit haben, ihre neu erworbenen Kenntnisse der Weiterbildung in den Alltag zu transportieren.
Das Kernziel der Umfrage wurde erreicht und es konnte ein umfangreiches Bild von den Motivatoren und dem Weiterbildungsverhalten frühpädagogischer Fachkräfte, sowie deren beruflichen Entwicklungschancen erstellt werden.
Diese Studie zeigt, wie diverse andere, dass trotz schlechter Rahmenbedingungen und einer nicht so guten Aussicht auf einen Karriereaufstieg, die Motivation und die Teilnahme an Weiterbildungen bei frühpädagogischen Fachkräften enorm hoch ist - deutlich über dem Durchschnitt anderer Berufsgruppen.
4.4 Ethische Aspekte und Datenschutz
Auf der ersten Seit des Onlinefragebogens wurden die Teilnehmer auf das Datenschutzgesetz hingewiesen und mussten ihr Einverständnis zur anonymisierten Datenverarbeitung mit einem Haken bei „Ja, einverstanden“ bestätigen.
Nach dem Bundesdatenschutzgesetz dürfen personenbezogene und personenbeziehbare Daten nur veröffentlicht werden, wenn derBetroffene eingewilligt hat. „Die personenbezogenen Daten sind zu anonymisieren, sobald dies nach dem Forschungszweck möglich ist“ (BDSG § 40 Abs. 2, Satz 1).
Vor diesem forschungsethischen Hintergrund sind keine Namen der Teilnehmer oder Arbeitsstätten abgefragt und benannt worden.
[...]
- Quote paper
- Stefanie Lorbeer (Author), 2022, Professionalisierung von frühpädagogischen Fachkräften. Motivatoren und Entwicklungsmöglichkeiten von Mitarbeiter*innen in frühpädagogischen Einrichtungen, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1257532
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