Schon ein kurzer Blick auf das Gebiet der Entwicklungstheorien lässt erahnen, dass eine Beschäftigung mit diesem Themenfeld – losgelöst von der weltweit vom Norden dominierten soziopolitischen und ökonomischen Entwicklung der letzten Jahrhunderte –hier noch weniger möglich ist, als in anderen wissenschaftlichen Disziplinen. Um eine „objektive“ Untersuchung des Themas dieser Hausarbeit zu ermöglichen, muss der retrospektive Charakter der Beschäftigung mit dem Thema Entwicklung und die Abhängigkeit des Konzeptes von unterschiedlichen regionalen Realitäten verdeutlicht werden.
Eine sich besonders auf die Ausführungen Ulrich Menzels (1995) stützende Erläuterung der Wirtschafttheorien des Abendlandes soll verdeutlichen, weshalb die industrialisierte Welt Entwicklung zwangsläufig mit Begriffen wie „stetiges Wachstum“, „Erhöhung“ und „Voranschreiten“ verbindet.
Als Anfang der 1950er Jahre Entwicklungstheorie zu einer eigenen akademischen Disziplin wird, sind Modernisierungstheorien tonangebend. In einer kurzen Betrachtung jüngerer entwicklungspolitischer Ereignisse, soll das Weiterleben dieser wirtschaftsliberalen Ideen beleuchtet werden. Die zweite Kategorie klassischer Entwicklungstheorien, bilden die Dependenztheorien der späten 60er und der 70er Jahre. Sie entstehen auf der Grundlage der andauernden wirtschaftlichen Marginalisierung Lateinamerikas nach dem zweiten Weltkrieg und der ausbleibenden Erfolge von zwanzig Jahren Entwicklungshilfe. Im Mittelpunkt meiner Abhandlung stehen die „allgemeine“ lateinamerikanische Dependenztheorie und einige ihr verwandte Entwicklungstheorien.
Parallel zur Erläuterung dieser beiden Modelle, sollen Ausführungen zu entwicklungspolitischen Großereignissen der Jahre 1940 bis ca. 1980, im wesentlichen zwei Umstände, verdeutlichen: Die beiden klassischen Modelle der Entwicklungstheorie sind als offene Theoriegebäude zu sehen, als wachsende Ansammlung von stetig modifizierten Annahmen und Methoden. Darüber hinaus dienten sie oft zur nachträglichen Beschreibung und/oder Legitimierung politischen Handelns.
Inhaltsverzeichnis
- I Das weite Feld der Entwicklungstheorien
- a) Einleitung
- b) Allgemeine Merkmale von Entwicklungstheorien
- c) Entwicklungstheorien und ihre Aufgaben im Wandel der politischen Gezeiten
- II Zwei „Großtheorien“
- a) Politische Rahmenbedingungen I
- b) Die Modernisierungstheorie (im engeren Sinn)
- c) Politische Rahmenbedingungen II
- d) Die (lateinamerikanische) Dependenztheorie
- e) Politische Rahmenbedingungen III
- III Ausblicke und Zusammenfassung
- a) Ausblick
- b) „Verwandte“ Theorieansätze
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht klassische Entwicklungstheorien, beleuchtet deren Entstehung im Kontext der soziopolitischen und ökonomischen Entwicklung des Nordens und analysiert die Modernisierungs- und Dependenztheorien als zentrale Konzepte. Der Fokus liegt auf der Darstellung dieser Theorien als offene Systeme, die sich im Wandel der politischen Gegebenheiten stetig modifizieren und oft zur nachträglichen Legitimierung politischen Handelns dienten.
- Die Entwicklung der Entwicklungstheorie als akademische Disziplin
- Vergleichende Analyse der Modernisierungs- und Dependenztheorien
- Der Einfluss politischer und wirtschaftlicher Rahmenbedingungen auf die Entwicklungstheorien
- Die Rolle von Entwicklungstheorien in der Legitimierung politischen Handelns
- Die Kritik an den klassischen Entwicklungstheorien und deren implizite Ausbeutungsmechanismen
Zusammenfassung der Kapitel
I Das weite Feld der Entwicklungstheorien: Dieses Kapitel führt in das komplexe Feld der Entwicklungstheorien ein und betont deren untrennbaren Zusammenhang mit der globalen Entwicklung. Es verdeutlicht die Notwendigkeit einer retrospektiven Betrachtungsweise und die Abhängigkeit der Konzepte von regionalen Realitäten. Die Arbeit betont die Verknüpfung der Entwicklungstheorie mit den Wirtschaftstheorien des Abendlandes und ihren Begriffen wie „stetiges Wachstum“ und „Voranschreiten“. Schließlich werden die Modernisierungstheorien der 1950er Jahre und die Dependenztheorien der 1960er und 1970er Jahre als zwei zentrale Kategorien klassischer Entwicklungstheorien eingeführt. Der retrospektive Charakter der Betrachtung und die Abhängigkeit der Konzepte von unterschiedlichen regionalen Realitäten wird hervorgehoben. Die Entstehung der Entwicklungstheorie als eigene akademische Disziplin in den 1950er Jahren wird ebenso wie der Einfluss wirtschaftsliberaler Ideen und die Entstehung der Dependenztheorien im Kontext der Marginalisierung Lateinamerikas erläutert.
II Zwei „Großtheorien“: Dieses Kapitel untersucht im Detail die Modernisierungs- und Dependenztheorien. Es analysiert die politischen Rahmenbedingungen, die die Entwicklung und Anwendung dieser Theorien prägten. Die Modernisierungstheorie wird im engeren Sinn definiert und deren wirtschaftsliberale Implikationen werden diskutiert. Die lateinamerikanische Dependenztheorie, die auf der anhaltenden wirtschaftlichen Marginalisierung Lateinamerikas beruht, wird ausführlich behandelt. Die Analyse untersucht die beiden Theorien als offene, sich stetig modifizierende Modelle, die oft zur nachträglichen Beschreibung und Legitimierung politischen Handelns dienten. Es wird der Einfluss der politischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auf beide Theorien untersucht, wobei der Fokus auf dem Vergleich und den Unterschieden zwischen beiden liegt.
Schlüsselwörter
Entwicklungstheorien, Modernisierungstheorie, Dependenztheorie, Entwicklungshilfe, Nord-Süd-Konflikt, Bretton-Woods-System, Weltbank, IWF, Wirtschaftswachstum, Unterentwicklung, Abhängigkeit, Marginalisierung, Politische Ökonomie.
Häufig gestellte Fragen zu: Entwicklungstheorien: Eine Analyse der Modernisierungs- und Dependenztheorie
Was ist der Gegenstand dieser Arbeit?
Diese Arbeit analysiert klassische Entwicklungstheorien, insbesondere die Modernisierungs- und Dependenztheorien. Sie untersucht deren Entstehung im Kontext der soziopolitischen und ökonomischen Entwicklung des "Nordens" und beleuchtet deren Funktion als (oft nachträgliche) Legitimation politischen Handelns. Der Fokus liegt auf der Darstellung dieser Theorien als offene, dynamische Systeme, die sich im Wandel der politischen Gegebenheiten stetig verändern.
Welche Theorien werden im Detail behandelt?
Die Arbeit konzentriert sich auf zwei zentrale "Großtheorien": die Modernisierungstheorie (im engeren Sinn) und die (lateinamerikanische) Dependenztheorie. Es werden die jeweiligen politischen Rahmenbedingungen ihrer Entstehung und Anwendung analysiert und ein Vergleich beider Theorien vorgenommen.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in drei Hauptteile: Teil I ("Das weite Feld der Entwicklungstheorien") bietet eine Einführung in das Thema und einen Überblick über die Entwicklung der Entwicklungstheorie als akademische Disziplin. Teil II ("Zwei „Großtheorien“") analysiert detailliert die Modernisierungs- und Dependenztheorien. Teil III ("Ausblicke und Zusammenfassung") beinhaltet einen Ausblick und eine Diskussion verwandter Theorieansätze.
Welche Themenschwerpunkte werden behandelt?
Die Arbeit behandelt folgende Schwerpunkte: die Entwicklung der Entwicklungstheorie als akademische Disziplin; einen Vergleich der Modernisierungs- und Dependenztheorien; den Einfluss politischer und wirtschaftlicher Rahmenbedingungen auf die Entwicklungstheorien; die Rolle der Theorien bei der Legitimation politischen Handelns; und die Kritik an den klassischen Entwicklungstheorien und ihren impliziten Ausbeutungsmechanismen.
Welche Schlüsselwörter charakterisieren die Arbeit?
Schlüsselwörter sind: Entwicklungstheorien, Modernisierungstheorie, Dependenztheorie, Entwicklungshilfe, Nord-Süd-Konflikt, Bretton-Woods-System, Weltbank, IWF, Wirtschaftswachstum, Unterentwicklung, Abhängigkeit, Marginalisierung, Politische Ökonomie.
Welche Kapitel umfasst die Arbeit und was ist ihr Inhalt?
Kapitel I: Einführung in das Feld der Entwicklungstheorien, Betonung des Zusammenhangs mit globaler Entwicklung, retrospektive Betrachtungsweise, Abhängigkeit von regionalen Realitäten, Verknüpfung mit wirtschaftsliberalen Ideen, Einführung der Modernisierungs- und Dependenztheorien. Kapitel II: Detaillierte Analyse der Modernisierungs- und Dependenztheorien, Analyse der politischen Rahmenbedingungen, Diskussion wirtschaftsliberaler Implikationen der Modernisierungstheorie, ausführliche Behandlung der lateinamerikanischen Dependenztheorie, Darstellung beider Theorien als offene, dynamische Modelle.
Was ist das Ziel der Arbeit?
Die Arbeit zielt darauf ab, klassische Entwicklungstheorien zu untersuchen und deren Entstehung im Kontext der soziopolitischen und ökonomischen Entwicklung zu beleuchten. Sie analysiert die Modernisierungs- und Dependenztheorien als zentrale Konzepte und betont deren Funktion als offene Systeme, die sich im Wandel der politischen Gegebenheiten stetig modifizieren und oft zur nachträglichen Legitimierung politischen Handelns dienten.
- Quote paper
- Franz Thiel (Author), 2008, Die klassischen Entwicklungstheorien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/125678