Beinahe jeder in Deutschland kennt sie, nur wenige können sie wirklich tanzen und kaum einer weiß, was sie wirklich ist: die Salsa. In dieser Arbeit soll ihre Entwicklung von den Anfängen bis heute betrachtet werden, wobei die Frage nach der Bedeutung dieser Musik für die Identitätsfindung der lateinamerikanischen Emigranten in den USA behandelt werden soll. Dabei wird der Identitätsbegriff im Kontext der Salsa-Entwicklung neu zu definieren sein und anhand von Textbeispielen soll die Art der Identitätsvermittlung veranschaulicht werden.
Auch soll die Rolle der Musikindustrie berücksichtigt werden, wobei es herauszufinden gilt, ob Formen wie die Salsa romántica ausschließlich Produkte einer exzessiven Vermarktung darstellen und ob Verkommerzialisierung und Kreativität sich antagonistisch gegenüber stehen.
Die Ausführungen zur Identität basieren hauptsächlich auf dem Werk „Nación y Ritmo. Descargas desde el Caribe“ von Juan Ortero Garabís und als Ausgangspunkt für eine kritische Betrachtung der Kommerzialisierungsproblematik dienen Peter Manuels Essays zur Musikindustrie.
Doch zunächst soll beschrieben werden, worum es sich bei der Salsa handelt und dann wird ein Überblick über ihre Entwicklung bis hin zu den Anfängen ihrer Vermarktung durch die Musikindustrie gegeben.
Inhalt
1. Einleitung
2. Was ist Salsa?
2.1. Zum Begriff „Salsa“
2.2. Musikalische Charakteristika
3. Entwicklung der Salsa
3.1. Die Wurzeln
3.2. Lateinamerikanische Musik im New York des 20. Jhs.
3.2.1. Mario Bauzá>
3.2.2. Vorläufer der Salsa
3.2.3. „Salsa was already in the air”
3.3. Die Gründung von Fania Records
4. Die Bedeutung der Salsa für die Identitätsfindung der Latinos in New York
4.1. Das Barrio Spanish Harlem
4.2. „Nuestra cosa latina“ – Modifizierung des Identitätsbegriffs
4.3. Vermittlung einer Identität durch die Salsa
4.3.1. Willie Colón, Héctor Lavoe, Rubén Blades und die Salsa consciente
4.3.2. Die Rolle Fanias
4.4. Resümee
5. Der Einfluss der Musikindustrie auf die Entwicklung der Salsa
5.1. Kreativität vs. Kommerzialität?
5.2. Resümee
6. Literaturverzeichnis
7. Anhang
1. Einleitung
Beinahe jeder hier in Deutschland kennt sie, nur wenige können sie wirklich tanzen und kaum einer weiß, was sie wirklich ist: die Salsa. In dieser Arbeit soll ihre Entwicklung von den Anfängen bis heute betrachtet werden, wobei die Frage nach der Bedeutung dieser Musik für die Identitätsfindung der lateinamerikanischen Emigranten in den USA behandelt werden soll. Dabei wird der Identitätsbegriff im Kontext der Salsa-Entwicklung neu zu definieren sein und anhand von Textbeispielen soll die Art der Identitätsvermittlung veranschaulicht werden.
Auch soll die Rolle der Musikindustrie berücksichtigt werden, wobei es herauszufinden gilt, ob Formen wie die Salsa romántica ausschließlich Produkte einer exzessiven Vermarktung darstellen und ob Verkommerzialisierung und Kreativität sich antagonistisch gegenüber stehen.
Die Ausführungen zur Identität basieren hauptsächlich auf dem Werk „Nación y Ritmo. Descargas desde el Caribe“ von Juan Ortero Garabís und als Ausgangspunkt für eine kritische Betrachtung der Kommerzialisierungsproblematik dienen Peter Manuels Essays zur Musikindustrie.
Doch zunächst soll beschrieben werden, worum es sich bei der Salsa handelt und dann wird ein Überblick über ihre Entwicklung bis hin zu den Anfängen ihrer Vermarktung durch die Musikindustrie gegeben.[1]
2. Was ist Salsa?
2.1. Zum Begriff „Salsa“
Um den Terminus „Salsa“ und seine Entstehung ranken sich zahlreiche Geschichten. Laut dem Wörterbuch der Real Academia Española bezeichnet „Salsa“ nicht nur eine Sauce, sondern auch „...una cosa que mueve o excita el gusto“[2]. Der Begriff existierte also schon bevor es Salsa als Musikrichtung gab. Hernando Calvo Ospina ist der Ansicht, dass das Plattenlabel Fania Records in den 1970ern dem Wort „zum Durchbruch verholfen“[3] hat. Zuvor hatten bereits Musiker wie Ignacio Piñeiro in den 1920ern und später Beny Moré und Celia Cruz innerhalb ihrer Performances „Salsa“ gerufen. Auch gab es ein kubanisches Son-Ensemble mit dem Namen Los Salseros.[4]
Der Herausgeber des Magazins Latin New York Izzy Sanabria sagte in einem Interview:
„…it´s not so much about who used the word. The word salsa was used by a lot of people. (…) The point is, one, what is salsa, and, number two, how did this music start to get its name as salsa, and, three, who first started to define the music as salsa. (…) So what it really defined was the flavor and spice. So this is where the terminology actually comes from.”[5]
Die ursprüngliche kulinarische Bedeutung des Wortes hatte nach Sanabria durchaus mit seiner Übertragung auf einen Musikstil zu tun und wesentlicher als die Suche nach denjenigen, die Salsa zuerst sagten ist für ihn die nach dem, der zuerst Salsa als Bezeichnung für eine bestimmte Art von Musik anwendete. Hierbei sieht er sich selbst in einer nicht unbedeutenden Rolle als Moderator einer Fernsehshow namens Salsa und Herausgeber des Magazins Latin New York.[6]
Für die Promotion eines neuen Musikstils ist ein einprägsamer Begriff notwendig. Sanabria betont, dass der Begriff Salsa deshalb so geeignet war, weil er für alle leicht auszusprechen und, da er bereits benutzt wurde, einfach zu lernen war.[7]
Heute assoziiert man mit dem Wort Salsa eine Musikrichtung karibischen Ursprungs: „Género de música popular bailable, con influencia afrocubana, que ejecuta una orquesta acompañada por instrumentos tradicionales del Caribe y por uno o varios cantantes.“[8]
Dennoch ist umstritten, was genau sich hinter dem musikalischen Begriff Salsa verbirgt. Hier sollen nun einige zentrale Merkmale herausgearbeitet werden.
2.2. Musikalische Charakteristika
Die Wurzeln der Salsa sind laut der MGG primär in Kuba und Puerto Rico zu suchen. Besonders in der rhythmisch-musikalischen Struktur ist der Einfluss des kubanischen Son erkennbar.[9] Jedoch ist Salsa keinesfalls ein homogenes Phänomen und neben den karibischen Einflüssen hat auch nordamerikanische Musik, insbesondere der Jazz, zu ihrer Entwicklung beigetragen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: Rhythmische Grobstruktur der Salsa. In: Birkenstock, Arne/Blumenstock, Eduard: 2002, S. 314.
Was die Salsa in erster Linie vom ländlichen Son unterscheidet ist ihr urbaner Charakter, der sich in Musik und Text widerspiegelt. So ist die Salsa „schneller, der Sound entspre-chend des rauhen barrio -Ambientes agressi-ver, aufpeitschender.“[10]
Im Salsaensemble ist das Son-Conjunto erweitert: Die in die zwei Ebenen hoch und tief geteilte Rhythmusgruppe besteht aus Bongos, einem Paar Congas, Timbales, einer Kuhglocke (cencerro), Claves, Schlagzeug, Bass, Klavier, Tres und weiteren kleinen Perkussionsinstrumenten wie Güiro und Maracas. Abbildung 1 zeigt die rhythmische Grobstruktur der Salsa.
Meist gibt es zwei bis drei Frontsänger, einen Chor und als wesentliches Unterscheidungs-merkmal zum Son ist die Blechbläsergruppe, bestehend aus Trompeten, Posaunen und gelegentlich Saxophonen, anzusehen. Das Clave-Pattern nimmt hierbei eine zentrale Stellung unter den Perkussions-Patterns ein, da es den „Schlüssel“ für die polyrhythmische Struktur darstellt und den Musikern als Orientierung dient.
Der Ablauf eines Salsastückes charakterisiert sich nach dem instrumentalen Intro primär durch den Wechsel von montunos und mambos, wobei erstere Wechselgesänge zwischen Chor und Solisten (oft im Call-and-response-Prinzip) und letztere instrumentale Riffs bezeichnen. Daneben fällt es dem Frontsänger zu, die Strophen vorzutragen und sowohl Sänger als auch Instrumentalisten stellen in Soloimprovisationen ihre Fähigkeiten unter Beweis. Den Abschluss bildet meist eine Coda, die dem Intro entsprechen kann.
3. Entwicklung der Salsa
Im Folgenden soll nun anhand einiger beteiligter Musikstile und Musiker in aller Kürze die Entstehung der Salsa beschrieben werden.
3.1. Die Wurzeln
Um die musikalischen Erscheinungen der Karibik zu verstehen, ist es nötig, einen Blick in die Kolonialgeschichte zu werfen. Hierbei spielt die Sklaverei eine bedeutende Rolle, da in dieser Zeit, etwa von 1440 bis in die Mitte des 19. Jhs. vermutlich mehrere Millionen Afrikaner von den Eroberern des amerikanischen Kontinents in die Neue Welt verschleppt wurden.[11] Wenngleich die Kolonisten versuchten, den Sklaven ihre Kultur zu verbieten, konnten diese doch einen Teil ihrer Riten heimlich weiter ausüben. Da aber hauptsächlich junge Afrikaner in die Karibik gebracht wurden, waren wenig ausgebildete Musiker unter ihnen und beim Kontakt mit der europäischen Kultur entwickelten sich Mischformen. Hierbei sind es besonders die Rhythmen der Afrikaner, die sich mit der Harmonik und Melodik der Europäer verbanden.[12] Ebenso kam es auch auf religiöser Ebene zu Vermischungen von afrikanischen Bräuchen und dem Christentum, wobei Musik ein Ausdrucksmittel für z.B. Santería und Candomblé wurde.[13]
Nach Abschaffung der Sklaverei ist eine Mischkultur in der Karibik zurückgeblieben, die diverse Formen und Stile hervorbringen sollte. Auch im kubanischen Son, der in den sozialen Unterschichten zu großer Beliebtheit gelangte, ist diese Verschmelzung aus dem 18. Jh. evident. Birkenstock bezeichnet ihn als „Paradebeispiel für die Integration afrikanischer und spanischer Elemente in der kubanischen Populärmusik.“[14]
3.2. Lateinamerikanische Musik im New York des 20. Jhs.
Für die Entwicklung der Salsa spielt die Vermischung afrokaribischer Musik mit nord-amerikanischen Formen eine entscheidende Rolle. Hier soll nun knapp beschrieben werden, wie und unter welchen Einflüssen die Salsa im New York des 20. Jhs. entstanden ist.
3.2.1. Mario Bauzá
Mario Bauzá wird deshalb an dieser Stelle erwähnt, weil er als Wegbereiter der Verbindung zwischen kubanischer Musik und dem nordamerikanischen Jazz gelten kann. Der Klarinettist hatte bereits auf Kuba mit Jazzmusikern aus den USA zusammengearbeitet,[15] als er Ende der 1930er mit dem Chic Webb Orchestra als deren Leiter in New York auftrat und die Zuhörer begeisterte. Auf den Rat seines Freundes Dizzy Gillespie hin gründete er mit seinem Schwager Francisco Grillo („Machito“) sein Orchester „Machito y sus Afrocubans“ aus Lateinamerikanern in der Perkussionsgruppe und Nordamerikanern an den Blasinstrumenten. Die Verschmelzung von Jazz und karibischen Klängen brachte den sogenannten Latin-Jazz hervor.[16]
3.2.2. Vorläufer der Salsa
Ein weiterer Musikstil, der Einfluss auf die Salsa ausüben sollte, war der Mambo, der zu Beginn der 1930er Jahre auf Kuba entstanden war. 1931, in einer Zeit, als das Radio zunehmend an Bedeutung gewann, konnte man den Titel „Mambo“ des Komponisten Oreste López hören. Ignacio Loyola alias Arsenio Rodríguez, der 1940 eine Band gründete, griff diesen Stil auf und veränderte die Gestalt des Son -Orchesters durch die Verstärkung der Rhythmusgruppe und den Einsatz von Trompeten.[17] Damaso Pérez Prado ließ dann „die Saxofone synkopische Läufe spielen und den Bass den Rhythmus forcieren“ und nachdem er „weitere Elemente des Jazz in seine Danzón -Variante integriert [hatte]“[18], nannte er sie Mambo. Bei diesem steht vor allem der instrumentale Anteil der Stücke im Vordergrund. In den USA tanzte man später eine langsame Version des Mambo, den Chachacha.[19]
Plena y Bomba ist „typische puertoricanische Musik, voll schelmischer Geschichten, Klatsch, Ereignissen aus der Nachbarschaft oder vom Strand.“[20] Mitte der 50er Jahre erreichte sie, über das sich entwickelnde Fernsehen und die Radiostationen, die USA.
Ein anderer Rhythmus, der Einfluss auf die Salsa haben sollte, war der Boogaloo (oder span. bugalú). Bezeichnend für diesen war, „dass hier nicht nur die Rhythmen Nordamerikas und der Karibik miteinander verwoben wurden, sondern dass auch der Text zweisprachig war (...)“[21].
Der letzte Rhythmus, der auf Kuba entstanden war und vor der Blockade der Insel durch die Vereinigten Staaten den Weg nach New York fand, war die pachanga (nach Johnny Pacheco, zuvor auch charanga (mit Blechbläsern)), ein vom danzón abgeleiteter Rhythmus, bei dessen Instrumentierung Flöten und Violinen eingesetzt wurden.[22]
Nach der kurzen Betrachtung einiger Vorläufer der Salsa soll nun diese selbst betrachtet werden.
[...]
[1] Übersetzungen von der Autorin zu den spanischsprachigen Zitaten werden in den jeweiligen Fußnoten angefügt. Die Übersetzungen zu den Songtexten befinden sich im Anhang.
[2] „...eine Sache, die bewegt oder Gefallen erregt.“
Internet: www.rae.de, Suchbegriff: “Salsa”
[3] Calvo Ospina, Hernando: Salsa. Havanna Heat – Bronx Beat. Schmetterling Verlag, Stuttgart: 1997, S. 83.
[4] Vgl. ebenda.
[5] Visions and Views of Salsa Promoter Izzy „Mr. Salsa“ Sanabria: Popularizing Music. (Interview mit Izzy Sanabria durchgeführt von Boggs, Vernon B.) In: Boggs, Vernon W. (Hrsg.): Salsiology. Afro-Cuban Music and the Evolution of Salsa in New York City. Greenwood Press, New York, Westport, London: 1992, S. 187f.
[6] Vgl. ebenda, S. 188.
[7] Vgl. Boggs, Vernon W. (Hrsg.): 1992, S. 190.
[8] „Populäres, tanzbares Musikgenre mit afrokubanischem Einfluss, ausgeführt von einem Orchester mit traditionellen Instrumenten der Karibik und einem oder mehreren Sängern.“
Internet: www.rae.de, Suchbegriff: “Salsa”
[9] Vgl. Quintero, Sabrina: Artikel Salsa. In: Finscher, Ludwig (Hrsg.): Die Musik in Geschichte und Gegenwart. Bärenreiter, Kassel/ Metzler, Stuttgart: 1994, Sp. 869.
[10] ebenda.
[11] Vgl. Birkenstock, Arne/ Blumenstock, Eduardo: Salsa, Samba, Santería. dtv, München: 2002, S. 142.
[12] Vgl. ebenda, S. 146f.
[13] Vgl. ebenda, S. 148.
[14] Birkenstock, Arne/ Blumenstock, Eduardo: 2002, S. 223.
[15] Vgl. Calvo Ospina, Hernando: 1997, S. 51.
[16] Vgl. Birkenstock, Arne/ Blumenstock, Eduardo: 2002, S. 241f.
[17] Vgl. Birkenstock, Arne/ Blumenstock, Eduardo: 2002, S. 230.
[18] Birkenstock, Arne/ Blumenstock, Eduardo: 2002, S. 230.
[19] Vgl. Calvo Ospina, Hernando: 1997, S. 53.
[20] Calvo Ospina, Hernando: 1997, S. 57.
[21] Birkenstock, Arne/ Blumenstock, Eduardo: 2002, S. 245.
[22] Vgl. Quintero, Sabrina: 1994, Sp. 868.
- Quote paper
- Susanne Ziese (Author), 2005, Die Bedeutung der Salsa für die Identitätsfindung der Latinos in New York und die Rolle der Musikindustrie, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/125631
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.