Die Wiedervereinigung von SPD im Herbst 1922 war keine Vereinigung "auf gleicher Augenhöhe", sondern die Rückkehr des "kleinen Bruders" in die große Sozialdemokratie. In dieser Arbeit wird neben dem Weg zur Vereinigung im Herbst 1922 den Veränderungen der beiden Parteiführer Arthur Crispien und Otto Wels nachgegangen. Woher kamen sie? Welche Verbindungen gab es zwischen diesen beiden Vorsitzenden? Zum Teil unveröffentlichtes Material zum "vergessenen" Crispien aus Schweizer und Deutschen Archiven ergänzen diese Studie.
Für Crispien war die internationale Solidarität, die Arbeit für eine sozialistische Internationale der Arbeiterklasse von überragender Bedeutung, sein Engagement in der Sozialistischen Arbeiter-Internationale zeigte dies deutlich. Die Themenbereiche von Crispien Leitartikel und Broschüren decken ein weites politisches Feld seines Engagements für die Arbeiter ab.
Inhalt
Einleitung
1 1914 Crispien, Arthur, u.a., Im Kampf um unsere Grundsätze. Tatsachenmaterial zum Gewaltstreich des Landesvorstandes der Sozialdemokratie Württembergs gegen die politische Redaktion der Schwäbischen Tagwacht.
2 1919 Eine Abrechnung mit den Rechtssozialisten. Rede Arthur Crispiens Gehalten am 20. Juni 1919 auf der Generalversammlung des Verbandes der Unabhängigen sozialdemokratischen Vereine Berlins und Umgebung.
3 1919 Crispien, Arthur: Programm und Taktik der USPD in ihrer geschichtlichen Entwicklung. Rede auf dem Leipziger Parteitag.
4 1920 Crispien, Arthur: Die Internationale. Vom Bund der Kommunisten bis zur Internationale der Weltrevolution.
5 1920 [Crispien, Arthur:] USPD trotz alledem! Rede des Genossen Crispien auf dem Parteitag in Halle [Oktober 1920].
6 1921 Crispien, Arthur: Überflüssige Menschen. Grundsätzliche Bemerkungen und praktische Vorschläge zur Frage der Bevölkerungspolitik.
7 1921 Crispien, Arthur, Der Internationale: freie Bahn!
8 1922 Crispien, Arthur Glossen eines vaterlandslosen Gesellen. Material für sozialistische Bekenntnisse gegen bürgerliche Schmähungen.
9 1924 Crispien,Arthur „Krieg und Frieden“, in, Nie wieder Krieg,illustriert.von Kollwitz, u.a.
10 1925 Arbeiterblut darf nicht vergossen werden.Rede des Abgeordneten Crispien im Reichstag am 20. März 1925 15 S.
11 1930 Crispien, Arthur „Vorwort“, in, Abramowitsch, Die politischen Gefangenen in der Sowjetunion.
12 1931 Marxistisches ABC.Zusammengestellt und erläutert von Arthur Crispien.
13 1932 Crispien, Arthur Die Sozialdemokratie und die Reparationen.
14 1933 Crispien, Arthur Marx, der Denker und Kämpfer. Gedenkschrift zum 50. Todestag.
Literatur
Einleitung
Der Titel des Buches gibt – leicht abgewandelt – ein wichtiges Statement von Crispien wieder, das in vielen Broschüren und Reden – auch von ihm selbst - aufgenommen wurde (so auch z.B. in Nr. 7: Glossen eines vaterlandslosen Gesellen), nachdem es von den politischen Gegnern (Sozialdemokraten, konservative Parteien, Kommunisten und später Nationalsozialisten) gegen ihn in Auseinandersetzungen als Beweis herangezogen wurde, um ihn als vaterlandslosen Verräter zu diskriminieren. Wortwörtlich formulierte Crispien auf dem Parteitag in Leipzig im Dezember 1919:
„Aber darum gilt mir nicht nur das Land meiner Geburt als Vaterland, sondern mein Vaterland sind die Länder der Erde; ich fühle mit allen Völkern der Erde und lebe mit Kopf und Herz im internationalen Sozialismus.“1
Es zeichnet eine grundlegende Haltung von Crispien aus: gegenüber der Internationalität des Kapitals bedarf es einer Internationale aller klassenbewussten Arbeiter, um dagegen – quasi auf Augenhöhe - bestehen zu können: eine Schaffung einer gemeinsamen „Internationale der Arbeiter“. In diesem Sinne konnte weder die alte 2. Internationale, noch die kommunistische (3.) Internationale dies erfolgreich umzusetzen; diese „Internationale aller revolutionärer Arbeiter“blieb aber dessen ungeachtet sein politisches Hauptziel. Die Wiener International e, 1921 als Übergangserscheinung, dann ab 1923 die Sozialistische Arbeiter-Internationale (SAI) als die Internationale in der Weimarer Republik konnte diese Aufgabe auch nicht erfüllen, da ein nicht unbedeutender Teil der Arbeiterklasse - die kommunistischen Arbeiter – in ihr nicht vertreten waren.
Die hier wieder veröffentlichten Broschüren werden, da sie nur zerstreut in wenigen Bibliotheken verfügbar sind, hier ungekürzt (mit jeweils einer kurzen Einleitung von Hartfrid Krause) wiedergegeben - zwei Broschüren wurden bereits in Parteitagsprotokollen veröffentlicht.2 Die Texte einiger Broschüren, die zunächst in Fortsetzungen in Die Freiheit – und ab 1922 im Vorwärts – abgedruckt und dann als eigenständige, teilweise etwas erweiterte Broschüre veröffentlicht wurden,sind ebenfalls in diesem Buch aufgenommen worden.
Sie ergänzen die beiden dokumentarischen Veröffentlichungen über Crispien und die USPD3 wie auch meine Biografie über Arthur Crispien.4
Crispien politischer Werdegang ist durchaus typisch für die Zeit der Arbeiterbewegung zum Ende des 19. Jahrhunderts: Geboren 1875, ausgebildet als Maler in Ostpreußen, politisch-gewerkschaftlich nach seiner Ausbildung aktiv zunächst im Königsberger Raum, bald als Redakteur in Königsberg und Danzig; nach „Qualifizierung“ auf der sozialdemokratischen Parteischule in Berlin 1909/10 (Rosa Luxemburg war eine von Crispien sehr geschätzte Lehrerin), ab 1912 in Stuttgart leitender Redakteur, 1914-1918 Mitarbeiter an den Spartakusbriefen, 1919-1922 Vorsitzender der USPD, 1922-1933 Vorsitzender der SPD, 1920-1933 Mitglied des Deutschen Reichstages, 1933 Emigration in die Schweiz, wo er bis zu seinem Tode 1946 lebte.
Für Crispien war die internationale Solidarität, die Arbeit für eine sozialistische Internationale der Arbeiterklasse von überragender Bedeutung, sein Engagement in der Sozialistischen Arbeiter-Internationale zeigte dies deutlich.
Crispien war ein aktiver Schreiber (seine Leitartikel und seine drei autobiografischen-Entwürfe5 legen darüber ein beredtes Zeugnis ab.)
Zu seiner parteipolitischen Arbeit in der USPD und ab 1922 in der SPD gilt insgesamt: Crispien blieb unabhängig; er war nie ein Vertreter des jeweiligen „Parteiapparates“. Trotz seiner Nähe zu Rosa Luxemburg folgte er nicht ihrem Schritt zur Ende Dezember 1918 neu gegründeten Kommunistischen Partei.
Die Themenbereiche seiner Leitartikel und Broschüren deckten ein weites politisches Feld seines Engagements für die Arbeiter ab: neben Auseinandersetzung zur aktuellen politischen Fragen waren für Crispien von großer Bedeutung: Frage der Unabhängigkeit der Parteipresse (1914), des Anschlusses an eine Internationale (1919/20), Kritik an der Mehrheitssozialdemokratie (1919-1922) und vor allem an den Kommunisten und der Kommunistischen Internationale (1920 f.), als sozialdemokratischer „Theoretiker (1925 f.), zu Krieg und Frieden (1924) und als Historiker zur Geschichte der USPD und der SPD.
Als Redner konnte Crispien seine Zuhörerinnen und Zuhörer fesseln und für die von ihm dargelegten Probleme aufgeschlossen machen; als Autor –soweit diese Beiträge nicht unmittelbar aus Reden hervorgingen - zeigte sich Crispien von einer anderen Seite:
-Er kannte sich aus in den „sozialistischen Klassikern“ von Marx bis Luxemburg und versuchte sie für alle Leser verständlich zu erklären.(so in Nr. 12: Marxistisches ABC und Nr. 14: Marx der Denker)
-Crispien galt und gilt als profunder Kenner der internationalen sozialdemokratischen und kommunistischen Bewegung.
-Seine entschiedene Kritik an den Kommunisten und Bolschewisten wurde zunehmend schärfer.(Nr.4: D ie Internationale; Nr. 5: USPD trotz alledem: Nr.7: Die Internationale: freie Bahn.
-Crispien behandelte in seinen Broschüren Fragen und Probleme aus sehr unterschiedlichen gesellschaftlichen Bereichen.(Nr.6: Überflüssige Menschen; Nr. 8: Vaterlandslose Gesellen)
-Er versuchte stets, schwierige theoretische Frage der sozialistischen ‚Klassiker‘ für den Arbeiter verständlich zu „übersetzen“, „herunterzubrechen“.(Nr.3: Programm und Taktik; Nr. 14: Marx der Denker).
-In der Wahl seiner Worte, in der Kritik der Sozialdemokraten war Crispien nie ein Vertreter leiser Andeutungen oder Worte: das Florett war nicht seine Angriffswaffe. In seiner Wortwahl war er gegenüber den Sozialdemokraten zunächst radikal ablehnend, später nach 1922 auf Verständnis ausgerichtet.(Nr.1: Im Kampf um unsere Grundsätze; Nr. 10: Arbeiterblut:).
-Gegenüber den Bolschewisten und den deutschen Kommunisten kann man bei Crispien eine deutliche Veränderung im Verlauf seines Lebens erkennen. Crispien revidierte seine Position gegenüber den Kommunisten ganz grundsätzlich in relativ kurzer Zeit:(Nr.5: Trotz alledem);
Von 1914 bis Ende 1918 – eine Kommunistische Partei Deutschlands existierte noch nicht – wurde die politische Entwicklung in Russland verbal gefeiert und bewundert für die erste erfolgreiche europäische sozialistische Revolution; die Kommunistische Internationale existierte ebenfalls noch nicht. Obwohl Crispien nicht zur KPD übertrat wie viele andere Spartakusanhänger (Luxemburg, Liebknecht), war für ihn der Vorbildcharakter der Bolschewiki – trotz mancher innerer zu Fragen des Terrors oder der Räte Differenzen – klar erkennbar.
Von 1919-Herbst 1920 bliebt die harsche Kritik gegenüber der Sozialdemokratie erhalten; gegenüber der Kommunistischen Partei und insbesondere gegenüber der 1919 gegründeten Kommunistischen Internationale wurde von Crispien eine schärfer werdende, ablehnende Kritik an der arbeiterfeindlichen, undemokratischen Diktatur der Bolschewiki formuliert.6
Vom Herbst 1920 - Frühjahr 1922 blieb die schärfer werdende Kritik gegenüber der Kommunistischen Internationale das ‚Hauptbetätigungsfeld‘ der politischen Agitation, während die Kritik an der Mehrheitssozialdemokratie demgegenüber mehr in den Hintergrund trat; sie wurde aber nicht fallengelassen.
Ab dem Frühjahr 1922 – 1933: Kaum bis keine Kritik an der Sozialdemokratie, weiter und immer grundsätzlichere, kompromisslose Kritik an den deutschen Kommunisten und den russischen Bolschewiki.
(Nr. 11: Die politischen Gefangenen)
-Einen klar definierten roten Faden der sehr unterschiedlichen Broschüren – Reden auf Parteitagen, fast wissenschaftlich didaktische Zusammenfassungen marxistischer Denker, aktuelle Kampfschriften - ist nicht zu erkennen: zu unterschiedlich waren die Anlässe seiner Veröffentlichung.
(Nr. 8: Glossen; Nr.12: Marxistisches ABC; Nr. 13: Marx, der Denker)
Als SPD-Vorsitzender seit 1922 war Crispien in Einzelbereichen stets als radikaler Sozialist und alter USPD-Fahrensmann erkennbar, aber für die Einheit der organisierten Arbeiterklasse (ohne die Kommunisten) kämpfte er immer wieder. Aktionseinheiten mit den Kommunisten oder Einheitsfront gegenüber den Faschisten lehnte Crispien auf Grund negativer Erfahrungen mit vielen Kommunisten in zentralen Positionen als Vorsitzender der SPD nach 1922 ab. Sein Hauptbetätigungsfeld neben seiner Arbeit als SPD-Vorsitzende sah er in der Sozialistischen Arbeiter-Internationale.
Ein Vergleich seiner Broschüren Publikationen mit seinen Leitartikeln in der Parteipresse und seinen parteipolitischen Auftritten bei Ortsvereine gibt einen ersten Eindruck dieser parteipolitischen, schriftstellerisch-öffentlichen Arbeit.
Auffallend ist seine kontinuierliche produktive Schreibarbeit als USPD-Vorsitzender bis 1922: In den drei Jahren zwischen 1919 und 1922 veröffentlichte Crispien 6 von insgesamt 13 Broschüren, 82 von insgesamt 147 Leitartikel, während in den folgenden 10 Jahren (1923 bis 1933) – mit fünfjähriger Pause - nur noch 6 Broschüren erschienen sowie 63 (von 147) Leitartikel.
Crispien: Anzahl seiner Leitartikel, Broschüren und Reden
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Ebenso bemerkenswert sind seine vielen Leitartikel, die er als USPD-Vorsitzender 1918-1922 in Die Freiheit schrieb.78 Crispien hielt es augenscheinlich für notwendig, die Masse der neu eingetretenen USPD-Mitglieder aufzuklären und zu schulen für die neuen Aufgaben des Proletariats im Übergang zu einer sozialistischen Gesellschaft.
Mit dem Vorsitz in der SPD veränderten sich die Schwerpunktsetzungen: weniger Broschüren, weniger Leitartikel, mehr direkte Reden „vor Ort“ auf lokalen Parteiveranstaltungen.
Die bereits bei der Anzahl der veröffentlichten Broschüren erkennbare Tendenz wird in der Anzahl seiner Orts-Referate umgedreht: 37 Reden vor Parteiuntergliederungen im Zeitraum 1923/24 stehen nur durch 9 Auftritte in lokalen Parteiorganisationen 1921/22 gegenüber.
Standen für ihn 1921/22 seine Leitartikel in der Arbeiterpresse im Vordergrund seiner politischen Aktivität, so verlegte er sich in den folgenden Jahren verstärkt auf Reden innerhalb der sozialdemokratischen Parteiorganisationen. In den wenigen Broschüren als SPD-Vorsitzender nach 1922 wurden von Crispien stärker allgemeine historische Fragen der Arbeiterbewegung thematisiert.
Trotz mancher Doppelungen in verschiedenen Broschüren tritt die revolutionäre Überzeugung von Crispien deutlich hervor: bei erneuter Lektüre nach 100 Jahren ist seine Siegeszuversicht („Der Sozialismus wird siegen“) bemerkenswert . Noch zu seinen L ebzeiten wird er – davon war Crispien zutiefst überzeugt - eine erfolgreiche Sozialisierung der Gesamtgesellschaft durch eine siegreiche Revolution des revolutionären internationalen Proletariats erleben.
Diese ungebrochene Zuversicht liest sich im Jahr 2022 mit zunehmendem Erstaunen: das Proletariat als Motor der Gesellschaftsveränderung oder eine revolutionäre Arbeiterpartei gibt es in dieser Form nicht mehr, neue Fragen und existentielle Herausforderungen – von Hunger-, Kriegs- bis zur Klimakatastrophe - haben es bisher nicht geschafft, dass sich die Erdbevölkerung trotz aller Unterschiede gemeinsam auf den Weg macht, diesen Planeten zu erhalten. Auch die UN kann in ihrer jetzigen Form diese Aufgabe nicht erfüllen: die immer wieder erhobene Forderung der grundsätzlichen Strukturänderung der UN führte bisher zu keiner tiefgreifenden Veränderung. Die ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates entscheiden nach ihren nationalen Eigeninteressen und blockieren notwendige Grundsatzentscheidungen.
Umso bemerkenswerter sind Crispiens Analysen und historische Darlegungen zur Geschichte der Arbeiterbewegung, seine streng an Marx orientierte Zuversicht auf eine Zukunft ohne Unterdrückung, Armut und ohne kriegerische Eroberungen. Eine unverrückbare Grundüberzeugung über eine erfolgreiche sozialistische Zukunft bestimmte Crispiens Denken und Handeln: Das aktive Proletariat in allen Ländern wird eine internationale, sozialistische Gesellschaft schaffen und damit einen friedenschaffenden und friedenserhaltenen Bund freier Völker.
Crispiens lebenslange Überzeugung, die er fast mit religiösem Impetus immer wieder artikulierte - „Mein Vaterland ist die Menschheit, die Länder der Erde“ – entsprang aus seiner tiefen humanistisch internationalistischen und sozialistischen Grundüberzeugung, an der er unerschütterlich festhielt; sie gab die Vorlage für den Titel dieser Zusammenstellung seiner Broschüren.
Zur Edition:
Die Rechtschreibung ist moderat angepasst
Anmerkungen in den Broschüren stammen vom Autor dieser Veröffentlichung, ebenfalls die mit kleineren Buchstaben vorangehenden eingerückten Erklärungen.
Die politischen Hintergründe, die Crispien zu den Broschüren geführt haben, werden in einer kurzen Vorbemerkung - kursiv gedruckt - eingeführt; Anmerkungen sind i.d.R. vom Autor dieses Buches.
Die Nr. 8. Völkerfrühling 1921 konnte bisher weder im Original noch in Kopie beschafft werden.
Die Broschüren von Arthur Crispien
1. Im Kampf um unsere Grundsätze (1914)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
1912 übernahm Crispien in Stuttgart die Funktion als Leitender Redakteur der Schwäbischen Tagwacht mit Unterstützung der Stuttgarter Linken, des Parteivorstandes in Berlin und auch des konservativeren württembergischen Landesvorstandes.
Lange hielt die Ruhe nicht zwischen den bereits zerstrittenen Flügeln in Württemberg. Crispien stand bald - zusammen mit anderen auf dem linken Flügel stehenden Redakteuren mit Unterstützung der Stuttgarter Arbeiterschaft – im grundsätzlichen Widerspruch zum württembergischen Landesvorstand. Crispien kam aus Ostpreußen und wurde vor dem 1. Weltkrieg als Vertreter des linken Flügels angesehen.
Spätestens mit der Zustimmung der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion zu den beantragten Kriegskrediten in Berlin am 4. August 1914 kippte der latente Burgfriede um in offen ausgetragene politischen Gegensätze. Waren für Crispien die alten Beschlüsse der sozialdemokratischen Parteitage und der II. Internationale Richtschnur ihrer Beiträge, so von Seiten des württembergischen Landesvorstandes die Mehrheitsposition der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion und die Position anderer sozialdemokratischer Kriegskreditbefürworter.
Was sollte in der Tagwacht abgedruckt werden und wer hatte letztendlich die Entscheidung, ob dieser oder jener Artikel aufgenommen werden sollte. Sollte die Presse gegen den – objektiv nicht vorhandenen – zaristischen Überfall Position beziehen? Als Gegenspieler trat insbesondere Wilhelm Keil (1870-1968) in Erscheinung, der von 1902 -1912 leitender Redakteur der Schwäbischen Tagwacht war.
Bereits eine Woche nach der Zustimmung der sozialdemokratischen Reichstagsfraktion zu den Kriegskrediten wird in Stuttgart von Keil der Kampf gegen die unabhängigen Redakteure geführt: man müsse sich doch an die „herrschende Volksstimmung“ anpassen und die Kriegsbegeisterung in der Presse entsprechend würdigen. Diese Auseinandersetzung zwischen Presse, Landesvorstand, Berliner Parteivorstand zog sich drei Monate hin, bis der württembergische Landesvorstand – ohne Einbeziehung der satzungsgemäß vorgesehenen Presskommission - die Redakteure faktisch entließ, da sie sich nicht dem wieder eingesetzten Keil unterordnen wollten. Die entlassenen Redakteure schrieben daraufhin die folgende Broschüre:
Crispien [Arthur], Hörnle[Edwin], W alcher [Jakob]: Im Kampf um unsere Grundsätze. Tatsachenmaterial zum Gewaltstreich des Landesvorstandes der Sozialdemokratie Württembergs gegen die politische Redaktion der Schwäbischen Tagwacht.
Einleitende Bemerkungen.
Die Bemühungen bestimmter Parteikreisen, die politische Redaktion der Schwäbischen Tagwacht für eine opportunistische Politik festzulegen sind nicht von heute und gestern. Sie datieren Jahre zurück. Wir wollen nur auf das verweisen, was sich seit unserer Redaktionstätigkeit abgespielt hat. Das einschlägige Material über die Differenzen vom Beginn unserer Tätigkeit in der Schwäbischen Tagwacht bis zum Kriegsausbruch haben wir in einem Schlusskapitel zusammengestellt. Daraus kann jeder entnehmen, dass die politische Redaktion, die im Jahre 1912 ihr Amt antrat, von Anfang an die größten Schwierigkeiten zu überwinden hatte. Gleichwohl gewann die Redaktion, die sich bemühte, alles Persönliche dem Meinungsstreit streng fernzuhalten, mit ihrer grundsätzlichen Haltung im ganzen Lande immer mehr an Boden. Bis zur Landesversammlung im Juli 1914 war die Stellung der Redaktion bereits derart gefestigt, dass die Opportunisten die Redaktion nicht mehr offen anzugreifen wagten. Dann kam der Krieg. Als unsere Genossen zum großen Teil draußen in den Schützengräben lagen und die radikale Sozialdemokratie den Belagerungszustand ausgesetzt war, hielt der Landesvorstand die Zeit für gekommen, gegen die Redaktion schärfere Seiten aufzuziehen. Der Landesvorstand glaubte in einem Kampf unter dem Belagerungszustand alle Chancen auf seiner Seite zu haben: einmal ist den Gegnern der Fraktionspolitik eine ausreichende Gegenwehr unmöglich gemacht, zum anderen hat sich bereits gezeigt, dass jeder, der gegen die Sozialdemokraten alten Schlags zu Felde zieht, sich der eifrigsten Unterstützung durch die bürgerliche Presse erfreuen darf.
In den nachfolgenden Kapiteln haben wir uns bemüht, ein möglichst objektives Bild von den Kämpfen zu entwerfen, die zwischen uns und den Landesvorstand vom ersten Mobilmachungstag bis zum 4. November ausgetragen wurden. Der Leser wird sich überzeugen, dass es uns nicht nur um eine persönliche Rechtfertigung zu tun ist. In unserer Person soll die Sache getroffen werden, die wir vertreten. Die Sache aber, um die es geht, ist die einfache Frage, ob die deutsche Sozialdemokratie ihrem Programm und ihrem bisherigen Charakter treu bleiben, ob sie unbeirrt von einer vorübergehenden Volksstimmung bewegt, weisend vorangehen will, oder ob sie, von der wechselnden Gunst des Augenblicks umhergeworfen, sich zum Spielball kluger Diplomaten erniedrigen lässt. Wir kämpfen nicht für uns selbst, wir kämpfen für die Lauterkeit und Unantastbarkeit des sozialdemokratischen Programms.
Der Landesvorstand von gestern.
Zum Kampfe gegen den jetzt herrschenden Krieg hatte der Landesvorstand in Ausführung eines Beschlusses der letzten Landesversammlung ein Flugblatt herausgegeben, in dem es heißt:
Im Verein mit den profithungrigen Rüstungsinteressenten steuert das eroberungssüchtige Großkapital seit Jahr und Tag auf einen völkermordenden Weltkrieg los …
Als Vorwand zur Eröffnung des Blutbades … wurde die Mordtat von Sarajevo benützt …
Die Tat von Sarajevo ist demselben Geist der Völkerverhetzung entsprossen, der in allen Ländern Europas von interessierten Cliquen geschnürt wird. Dem Geist, der … in der Unterjochung und Ausbeutung des einen Volkes durch das andere das höchste Ziel der Staatsweisheit erblickt …
Die österreichische Kriegspartei wollte den Krieg. Sie wollte ihn, obgleich sie weiß, dass Russland eine völlige Demütigung Serbiens nicht dulden wird, obgleich ein Krieg Österreichs gegen Serbien einen Krieg Russlands gegen Österreichs in den Bereich der allernächsten Möglichkeit rückt. Die österreichische Regierung verlässt sich auf die Bündnistreue Deutschlands. Die Unterstützung Österreichs durch Deutschland führt zu einem Eingreifen Frankreichs. In der weiteren Folge würden Italien und wahrscheinlich auch England an dem großen Blutvergießen teilnehmen …
Die deutsche Arbeiterklasse wird nicht zurück stehen im Kampf gegen den drohenden Weltbrand. Im Namen der Menschlichkeit und der Kultur protestiert sie mit aller Leidenschaft gegen das Treiben der Kriegsherren. Sie fordert von der deutschen Regierung, dass sie ihren Einfluss auf die österreichische Regierung ausübe, zur baldigen Wiederherstellung des Friedens und zur Abwendung drohender Gefahren.9
Weder die deutsche noch die französische Regierung darf sich in einen Krieg verwickeln lassen, der vermieden werden konnte, wenn nicht der Machtkitzel der österreichischen Gewalt habe die Oberhand gewonnen hätte … Das deutsche und französische Volk kann ihre Würde nur wahren durch gemeinsames Handeln im Interesse des Friedens, nicht aber dadurch, dass sie sich zu Vasallen Österreichs oder Russlands erniedrigen.
Kein Bündnisvertrag darf gesunde Vernunft außer Kraft setzen …
Sollen nun die Arbeitsmänner des Deutschen Reiches ihre Haut zu Markte tragen zur Verteidigung des ungeheuerlichen Aberwitzes der österreichischen Regierung? Sollen sie sich opfern zur Befriedigung der frivolen Profitgelüste einer Hand voll deutscher Kriegsinteressenten? Nimmermehr darf das geschehen!
Die Arbeiterklasse hat kein Interesse an einer Zerfleischung der Völker. Die Kriege entspringen der kapitalistischen Profit- und Eroberungssucht, die Reibungen erzeugt und Gegensätze schafft …
Hervor daher, ihr alle, die ihr zu den Schaffenden und Ausgebeuteten zählt! Erklärt mit uns gemeinsam Krieg dem Kriege!
Das Flugblatt des Landesvorstandes sollte am Sonntag, den 2. August 1914 in ganz Württemberg verbreitet werden. Am 31. Juli 1914 wurde der Kriegszustand für Deutschland erklärt. Wegen des Kriegszustandes fordert der Landesvorstand die Parteimitglieder Württembergs durch die württembergische Parteipresse auf, das Flugblatt nicht zur Verteilung zu bringen.
Der Burgfrieden zwischen dem Landesvorstand und der politischen Redaktion.
Am Tage nach der Erklärung des Kriegszustandes, am 1. August 1914, hielt der Landesvorstand mit dem ersten politischen Redakteur der Schwäbischen Tagwacht, Crispien, eine Sitzung ab. Die Presskommission war nicht eingeladen. Es wurde der Ausnahmezustand besprochen und vereinbart, dass die Redaktion sich allen Ereignissen gegenüber zunächst referierend verhalten solle, dass sie erst sondieren müsse, wie weit noch Bewegungsfreiheit für die Presse vorhanden sei. Zwischen der Redaktion und den Vorsitzenden des Landesvorstandes, Fr. Fischer, wurde ferner vereinbart, dass nur noch ein Redakteur verantwortlich zeichnen solle, um den Staatsgewalten eine möglichst kleine Angriffsfläche zu bieten und um zu verhindern, dass die gesamte Redaktion auf einen Schlag lahmgelegt werden könnte.
Der Bruch des Burgfriedens durch Mitglieder des Landesvorstandes.
Schon in der Sitzung am 1. August versuchte Keil die politische Redaktion in seinem Sinne festzulegen. Keil verlangte den Abdruck eines Artikels aus der Korrespondenz des Genossen Stampfer. Dieser Artikel stand im schroffen Gegensatz zu dem Flugblatt des Landesvorstandes. Keil verlangte den Abdruck des Stampferschen Artikels am 1. August, während das Flugblatt des Landesvorstandes, dessen Mitglied Keil ist, am 2. August verbreitet worden wäre. Nur weil durch den inzwischen in Kraft getretenen Kriegszustand die alten Rechtsverhältnisse aufgehoben waren, unterblieb die Verbreitung. Der Stampfersche Artikel trug die Überschrift: Sein oder Nichtsein und besagte:
Wenn die verhängnisvolle Stunde schlägt, werden die Arbeiter das Wort einlösen, das von ihren Vertretern für sie abgegeben worden ist. Die vaterlandslosen Gesellen werden ihre Pflicht erfüllen und sich darin von den Patrioten in keiner Weise übertreffen lassen. Unsere Fraktion stets bei der Frage der Bewilligung der Kriegskredite vor einer verantwortungsvollen Entscheidung, die hierdurch keine Diskussion erschwert werden darf …
Jenseits aller Greuel der Verwüstung steigt uns ein anderes, freundlicheres Bild auf. Ein freies deutsches Volk, dass sich sein Vaterland eroberte, in dem es dieses sein Land verteidigte. Dieses freie deutsche Volk nach billigen Friedensbedingungen im Bunde mit den großen Kulturvölkern des Westens. Unsere große Sache allüberall im Vordringen. Drüben aber im Osten die rauchenden Trümmer eines Zarenthrones.
Den Abdruck dieses Artikels, den Keil muss musterhaft nannte, lehnte die politische Redaktion ab. Selbst Stampfer konnte später seinen Artikel nicht aufrechterhalten, er sandte am 6. August 1914 folgendes Telegramm an die Parteipresse:
Artikel Sein oder Nichtsein zurückgezogen. Abdruck ist zu unterlassen. Stampfer.
Keil verlangte ferner schon am 1. August, dass die politische Redaktion gegen Russland schreibe und dass sie zum Ausdruck bringe, es gelte jetzt Deutschland gegen den Zarismus zu verteidigen. Crispien lehnte es ab, die oberflächliche chauvinistische Hetze deutscher Patrioten gegen das Ausland mitzumachen, geschweige, sie gar zu verstärken. Sozialdemokraten können nicht nationalistisch schreiben, sie müssen aufrecht bleiben, auch unter einem Ausnahmezustand.
Am Sonntag, 2. August 1914, versuchte Keil die politische Redaktion - die Sonntagsdienst hatte - telefonisch abermals in seinem Sinne zu beeinflussen. Crispien lehnte jede Beeinflussung ab.
Am 3. August 1914 erhielt die politische Redaktion von Keil einen Artikel mit dem Ersuchen um Abdruck. In diesem Artikel schrieb Keil:
Nach den Darstellungen der deutschen Regierung, die im Moment nicht angefochten werden können, hat die Treulosigkeit des „Friedenszaren“ den furchtbaren Krieg gewissenlos heraufbeschworen.
Im Flugblatt des Landesvorstandes hieß es, dass die österreichische Kriegspartei den Krieg wollte und dass sie sich bei der unvermeidlichen Ausdehnung des Blutbades auf die Bündnistreue Deutschlands verlasse.
Keil schrieb weiter:
Und nun gilt es, zu verhüten, dass die zaristische Henkerregiment weitere Eroberungen macht.
Im Flugblatt des Landesvorstandes hieß es, die Arbeitsmänner des Deutschen Reiches dürfen nimmermehr ihre Haut zu Markte tragen zur Verteidigung des ungeheuerlichsten Aberwitzes der österreichischen Regierung und zur Befriedigung der frivolen Profitgelüste einer Handvoll deutscher Kriegsinteressenten.
Die politische Redaktion lehnte es ab, Keils Artikel abzudrucken. Einmal konnte sie nicht, wie Keil, zu gleicher Zeit zwei Meinungen haben oder jeden Tag nach Bedarf eine andere. Dann aber auch war es wegen der Militärzensur den Redakteuren nicht möglich, zu dem Artikel als Sozialdemokraten in der Tagwacht Stellung zu nehmen.
Am 3. August kam ferner der Vorsitzende des Landesvorstandes auf die Redaktion. Er stellte den Redakteur für Partei und Gewerkschaftliches, Walcher, zur Rede, wegen eines Aufrufs: an unsere Gesinnungsgenossen und -Genossinnen! In diesem Aufruf wurde gewünscht, dass diejenigen, die zu den Waffen gerufen werden und ins Feld müssen, bald wieder heil und gesund zurückkehren möchten. Die Genossen und Genossinnen, die im bürgerlichen Leben bleiben, wurden aufgefordert, unsere Organisationen aufrechtzuerhalten, die Vereine in Wirksamkeit zu belassen und die Lücken zu füllen. Nach einer Warnung vor unvorsichtigen Worten und unüberlegten Schritten schloss der Aufruf:
Arbeiter und Arbeiterinnen, lasst euch nicht entmutigen, verlasst die Fahne nicht, haltet treu zur Sache des arbeitenden Volkes. Das Ende des Krieges wird uns vor schwere Aufgaben stellen. Was wir in vierzigjähriger, opferreicher und zäher Arbeit angefangen, muss nach dem Kriege weitergeführt und vollendet werden. Hoch die Sozialdemokratie!
Walcher hatte den Aufruf in die Setzerei gegeben. Wie er von dort in die Hände des Vorsitzenden des Landesvorstandes gekommen ist, das entzieht sich unserer Kenntnis. Fischer sagte, der Aufruf dürfe in der jetzigen Zeit nicht in der Tagwacht erscheinen, besonders bedenklich sei der Schlusssatz: Hoch die Sozialdemokratie. Walcher antwortete, es handele sich um eine ruhige Warnung, die nach einem ähnlichen Aufruf des österreichischen Parteivorstandes verfasst und noch vorsichtiger gehalten sei. Der Schlusssatz könne vielleicht gestrichen werden, dann aber sei die Veröffentlichung des Aufrufes absolut ungefährlich. Fischer meinte demgegenüber, wenn die Redaktion den Aufruf veröffentlichen wolle, dann müsse er annehmen, dass sie das Blatt absichtlich zugrunde richten wollen. Walcher musste sich weiter, sogar von Fischer, sagen lassen: „Wenn Sie sich meinen Anordnungen nicht fügen wollen, dann ist es besser, Sie kommen überhaupt nicht mehr ins Geschäft. Einer muss jetzt bestimmen.“ Walcher hatte, es war kurz vor Schluss der Redaktion, keine Zeit zum Streit und verzichtete um des lieben Friedens willen darauf, den Aufruf ins Blatt zu bringen.
Der Kampf des Landesvorstandes gegen die politische Redaktion.
Am 10. August tagte eine Sitzung des Landesvorstandes, der Geschäftsteilhaber des Tagwachtunternehmens und der Redaktion. Es wurden zunächst geschäftliche Dinge besprochen, wie Gehaltskürzungen, Betriebseinschränkungen, Unterstützungen usw. Keil benutzte die Gelegenheit zu einem neuen Vorstoß gegen die Redaktion. Die Presskommission war nicht eingeladen. Keil verlangte aus „rein geschäftlichen Gründen“, dass die Tagwacht sich der jetzt herrschenden Volksabstimmung anpassen müsse. Neun Zehntel des Volkes seien kriegsbegeistert, deshalb müsse auch die Tagwacht in diesem Sinne wirken. Die Redaktion habe nicht alle in den ersten Augusttagen gehaltenen Kaiserreden gebracht und nicht durch auffallenden Druck hervorgehoben. Auch die Rede des Reichskanzlers, die er am 4. August im Reichstage gehalten habe, sei in der Tagwacht nicht ausführlich genug wiedergegeben. Wenn die Redaktion diese Wünsche nicht erfülle, würden die Abonnenten der Tagwacht bürgerliche Zeitungen lesen, damit sie alle diese Dinge auch eingehend genug erfahren. Keil bemängelte weiter, dass die Tagwacht nicht den Eintritt Vanderveldes ins belgische Ministerium in einem längeren Artikel gewürdigt habe. Es dürfe jetzt natürlich nicht untersucht werden, ob sich Vanderveldes Handlungsweise mit irgendwelchen Beschlüssen internationaler Kongresse decke. Das wäre Sektiererei. Die Redaktion habe auch nicht die Haltung der Deutschen sozialdemokratischen Reichstagsfraktion gebilligt und verteidigt. Die politische Redaktion antwortete, dass noch nicht festgestellt sei, wie die Mehrheit des Volkes über den Krieg und die Mehrheit der Partei über die Haltung der Reichstagsfraktion denke. Keil könne darüber nur seine Vermutungen äußern. Sollte das Volk in seiner übergroßen Mehrheit nationalistisch und imperialistische fühlen und denken, dann hätten die sozialdemokratischen Zeitungen die doppelte Pflicht, sich nicht vom Kriegsrausch treiben zu lassen, sondern dem Volke die ernsten Erscheinungen dieser Zeit in ihrer wahren Natur vorzuführen und sich fester denn je auf den Boden der sozialistischen Grundsätze zu stellen. Die politische Redaktion erklärte, dass sie die Tagwacht in anständiger Weise und im sozialistischen Sinne führen wolle, sodass sie nach dem Kriege allen Genossen in allen Ländern mit offenen Augen gegenübertreten könne. Auseinandersetzungen über die Haltung der Reichstagsfraktion wie über die ganze Taktik der Parteileitungen müssen notgedrungen bis nach dem Kriege zurückgestellt werden. Darum wäre es einfache Pflicht unserer Genossen, die jetzt mit allem einverstanden sein, ebenfalls den Burgfrieden innerhalb der Partei zu beachten.
Am 8. September schickte der Vorsitzende des Landesvorstandes die Nummer 208 der Freien Volkszeitung, Göppingen, vom 8. September 1914 auf die Redaktion. In der Volkszeitung ist eine Polemik des Genossen Richard Fischer aus Berlin als Leitartikel abgedruckt, die Fischer im Züricher sozialdemokratischen Volksrecht gegen das gleiche Blatt geführt hat. Auf die Freie Volkszeitung hatte der Vorsitzende des Landesvorstandes geschrieben: „Ersuche um Abdruck des Artikels von Gen. R. Fischer. Mit Gruß Fr. Fischer“. Diesem „Ersuchen“ konnte die politische Redaktion nicht nachkommen. Richard Fischer hat in seiner Polemik Behauptungen aufgestellt und Ansichten geäußert, die unter dem Kriegszustand nicht in genügendem Maße richtiggestellt und widerlegt werden können. Dazu kommt, dass es sich um eine Polemik handelt, die Richard Fischer in einem Schweizer Parteiblatt gegen einen Artikel geführt hat, den die Leser der Tagwacht gar nicht kennen. Man müsste also erst den Artikel des Züricher Volksrechts abdrucken. Die politische Redaktion halte es für richtiger, nicht ohne Not einen Parteistreit anzufangen, denn es sei selbstverständlich, dass auf Richard Fischer Artikel gezwungenermaßen eine Antwort erfolgen müsste, soweit das unter der Militärzensur nur irgend möglich sei.
Am 18. September hielt der Landesvorstand eine Sitzung mit der Redaktion ab. Von der Redaktion waren anwesend Hörnle, Walcher, Sauerbeck. Diese Sitzung war ohne vorherige Einladung ganz plötzlich zustande gekommen. Crispien erfuhr erst am Tage darauf, dass überhaupt eine Sitzung getagt hatte. Die Presskommission war nicht eingeladen. Der Landesvorstand hob die alleinige Verantwortlichkeit Walchers auf. Jeder müsse wieder seinen Teil verantwortlich zeichnen. Als Gründe für diese Maßnahme wurden angeführt, dass es besser so sei, denn viele Genossen dächten, die andere Redakteure wären Soldaten geworden oder sie wären zu ängstlich, um selbst zu zeichnen. Auch wären jetzt die Verhältnisse in der Redaktion so, dass es besser sei, wenn nicht einer für alles verantwortlich zeichne. Das kann nur so verstanden werden: Walcher ist radikal. Als verantwortlicher Redakteur hat er, wenn nötig, dass Einspruchsrecht gegen solche Artikel, für die er die Verantwortung nicht übernehmen kann. Dieses Einspruchsrecht sollte Walcher nicht eingeräumt werden. Sachlich bestanden selbstverständlich immer noch die Gründe, die zur Einsetzung eines einzigen verantwortlichen Redakteurs geführt hatten. Diese Gründe: möglichst keine Angriffsfläche für die Militärzensur, Schutz vor Lahmlegung der Gesamtredaktion auf einen Schlag, bestehen so lange zurecht, wie der Kriegszustand dauert. Ferner beauftragte der Landesvorstand Pflüger mit der Bearbeitung des Stuttgarter Teils, den so lange Sauerbeck mit Walchers Hilfe bearbeitet hatte, nachdem der Lokalredakteur Herpich eingerückt war.
Am 19. September verlangte der Vorsitzende des Landesvorstandes telefonisch von der Redaktion (Crispien war am Telefon), dass sie die Beschlüsse und Publikationen von Parteiorganisationen, die geeignet seien, die „Einmütigkeit der Partei“ in Württemberg zu stören, vor ihrer Veröffentlichung in der Tagwacht dem Landesvorstand vorlege. Crispien ersuchte den Landesvorstand, er möchte der Redaktion schriftlich mitteilen, was er eigentlich wolle, damit die Redaktion dazu Stellung nehmen könne. Im Übrigen seien die Organisationen selbstständig und ein Eingreifen in ihre elementarsten Rechte nicht angängig. Fischer beharrte, er müsse das verlangen und wenn die Redakteure sich weigerten, das Verlangen zu erfüllen, dann - Crispien antwortete, Fischer drohe fortwährend mit der Hungerpeitsche. Solche Mittel, die auf die Redaktion keinen Eindruck machen, sollte man ruhig den Kapitalisten überlassen. Fortgesetzt werde die Redaktion geschurigelt, das lasse sich kein Arbeiter gefallen. Fischer sprach dann noch von geplanten Unsinnigkeiten der Stuttgarter Parteiorganisation, die eine Versammlung gegen die Annexionshetze ausgeschrieben hatte. Fischer meinte, Crispien könnte solche Unsinnigkeit verhindern, wenn er nur wolle. Crispien sagte, was Fischer unsinnig erscheinen, sei doch eine der höchsten Pflichten eines Sozialdemokraten. Die Sozialdemokratie müsse jede kapitalistische Eroberungspolitik und Unterdrückung auch fremder Völker bekämpfen. Das Telefongespräch endete mit der Versicherung Fischers, er werde dem Landesvorstand mitteilen, dass er seinen Wunsch der Redaktion schriftlich unterbreiten möge. Eine schriftliche Mitteilung hat die Redaktion nicht erhalten.
Am 21. September tagte abermals eine Sitzung des Landesvorstandes mit der Redaktion. Die Presskommission war nicht eingeladen. Der Vorsitzende des Landesvorstandes teilte mit, dass die Sitzung notwendig geworden sei, wegen der Versammlung der Stuttgarter Parteiorganisation. Fischer sei von der Stadtdirektion vorgeladen worden, weil aus der Versammlungseinladung in der Tagwacht nicht zu ersehen sei, wer die Versammlung veranstalten wolle. Die Einladung sei unterschrieben: die Parteileitung. Dadurch habe man den Anschein erweckt, als habe der Landesvorstand die Versammlung einberufen und als handle es sich um eine Veranstaltung der württembergischen Sozialdemokratie. Die Landesvorstandsmitglieder Wasner und Steinmeier meinten, es sei eine Anmaßung der Stuttgarter Parteileitung, ein Versammlungsinserat mit Parteileitung zu unterzeichnen. Das erwähnte Inserat lautete:
Gegen die Annexionshetze!
Über dieses Thema spricht Reichstagsabgeordneter Karl Liebknecht am kommenden Montag, den 21. September, abends 8:00 Uhr, in der Mitgliederversammlung der sozialdemokratischen Verein Stuttgart im Festsaal des Gewerkschaftshauses, Esslinger Straße 19.
Die Parteileitung. J. A.: Westmeyer.
Fischer fuhr fort, die Vorladung vor die Stadtdirektion sei ihm sehr unangenehm gewesen umso, umso mehr, als er eben mit Crispien darüber gesprochen habe, dass die Tagwacht nichts veröffentlichen solle, was geeignet sei, die Partei irgendwie festzulegen. Auch dürfe die Tagwacht nicht in Gefahr gebracht werden. Er habe auf der Stadtdirektion erklärt, dass er mit der Versammlung gegen die Annexionshetze nichts zu tun habe und es sei ihm dann eröffnet worden, dass wir nichts tun dürfen, was die Einigkeit des deutschen Volkes gefährden könnte. Die Redaktion sei verpflichtet, die Tagwacht im Sinne und Geist des Parteivorstandes und der Reichstagsaktion zu redigieren. Die Vereinbarung, nur zu referieren, gelte nicht mehr, sondern die Redaktion habe die Haltung der Reichstagsfraktion rückhaltlos zu verteidigen. Wenn die Redaktion sich nicht füge, dann wäre der Landesvorstand eines seiner Mitglieder damit beauftragen, die Artikel und Notizen vor dem Druck der Tagwacht durchzusehen und alles zu streichen, was dem Landesvorstand nicht gefalle. Die Redaktion müsse auch auf die Existenzen der Personen Rücksicht nehmen, die ihm Tagwachtu nternehmen beschäftigt sind. Steinmayer, ein Mitglied des Landesvorstandes, sprach davon, dass Leute ohne Verantwortungsgefühl die Zeitung zunichtemachen wollen. Keil vertrat seine alten Forderungen: Anpassung an die Volksstimmung und rückhaltlose Verteidigung der Reichstagsfraktion.
Crispien stellt zunächst fest, dass es sich bei der Bekanntmachung der Stuttgarter Parteiversammlung um ein Inserat handelte, für das die Redaktion nicht verantwortlich sei. Das Inserat sei von der Organisation mit dem Wunsche in Auftrag gegeben, es auf der ersten Seite des Hauptblattes als Aufruf zu bringen. Crispien hatte nichts dagegen einzuwenden, weil es üblich sei, wichtige Veranstaltungen auf der ersten Seite des Hauptblattes bekanntzumachen. Schimmel, der für den Inseraten Teil verantwortliche Expedient, bestätigte die Angaben Crispiens als richtig. Weiter führte Crispien aus, dass von den sozialdemokratischen Standpunkten aus weder etwas gegen die Veranstaltung der Versammlung noch gegen die Haltung der Redaktion zum Kriege einzuwenden sei. Die Erörterungen über die Versammlung gehören hier nicht her. Das gehe die Stuttgarter Organisation an, über die der Landesvorstand nicht zu Gericht sitzen könne, weil sie sozialdemokratisch gehandelt habe. Was nun die Haltung der Redaktion betreffe, so sei zu bemerken, dass es sich um eine sozialdemokratische Redaktion handele, die unter keinen Umständen sozialdemokratische Grundsätze verleugnen dürfe. Die Redaktion sei mit der Haltung der Reichstagsfraktion nicht einverstanden. Trotzdem stelle die Redaktion in dieser Zeit ihre eigene Ansicht zurück, weil sie alles vermeiden wolle, was eine Parteiauseinandersetzung in der Tagwacht heraufbeschwören könnte. Das müsse schon wegen der Militärzensur geschehen, wegen der Aufhebung der Pressefreiheit und der Versammlungsfreiheit. Ohne diese Rechte sei eine für die Partei ersprießliche und nützliche Auseinandersetzung und Klärung nicht möglich. Angesichts dieser Sachlage sollten auch die Genossen, die mit der Haltung der Fraktion zufrieden seien, schon als Anstand darauf verzichten, der Öffentlichkeit ihre Meinung in einer Zeit aufzudrängen, in der die anderen wehrlos seien. Wenn aber gar verlangt werde, eine sozialdemokratische Redaktion solle im Sinne einer bewusst und für bestimmte Zwecke erzeugenden oberflächlichen und vorübergehenden Volksstimmung zu den kriegerischen Ereignissen Stellung nehmen, dann höre einfach alles auf. Man könne von einer sozialdemokratischen Redaktion nur verlangen, dass sie sozialdemokratisch schreibe. Wolle man die gegen ihre Überzeugung zwingen, für eine bestimmte Richtung zu schreiben, dann bedeutet das, die Redakteure zu Gesinnungslumpen zu machen, zu Werkzeugen bestimmter Genossen. So erniedrige sich aber kein Mensch von Charakter; dann lieber brotlos werden. Niemand könne auch nur eine einzige Zeile aus dem politischen Teil der Tagwacht anführen, die gegen den Sozialismus verstoße. Die Redaktion hüte sich davor, die Völkerhetze mitzumachen und den Kriegsrausch zu steigern. Die Redaktion halte es für ihre Pflicht, entsprechend dem sozialdemokratischen Programm auch die Eroberungsgelüste gewisser Kreise zu bekämpfen. Die Redaktion handele ganz im Sinne jenes Briefes einer maßgebenden Parteiinstanz an die Redaktionen der Parteipresse, in dem es heißt:
An unsere Presse werden in dieser Zeit gewiss harte Anforderungen gestellt. Jetzt geht es aber auch zu beweisen, dass sie auf der Höhe ihrer Aufgaben steht ….
Unsere Presse darf keinen Augenblick vergessen, dass die Durchführung des Krieges eine harte bittere Notwendigkeit ist, und dass sie sich niemals einem Kriegsrausch hingeben darf.
Der Ausbruch des Krieges hat bewiesen, wie richtig die Sozialdemokratie die Gefahren des Wettrüstens vorausgesagt hat. Unsere Presse muss - soll sie nicht den Maßstab für die Beurteilung der Ereignisse verlieren - sich dessen erinnern, was sie oft genug über die Triebkräfte der geschichtlichen Entwicklung geschrieben hat.
Beschimpfungen anderer Völker, die - soweit die Massen in Betracht kommen - gegen ihren Willen in das Verhängnis hineingerissen sind, wäre ihrer unwürdig. Sie hat es überhaupt auf das strengste zu vermeiden, den Ton anzuschlagen, den sie als den Ausdruck chauvinistischer Gesinnung stets einmütig mit Entschiedenheit bekämpft hat. Gerade jetzt, wo Ausschreitungen auf diesem Gebiete nur zu häufig sind, geziemt ihr eine edle Sprache.
Mehr als je soll sich unsere Presse als Richtschnur die Worte nehmen: „Der Menschheit Würde ist in eurer Hand gegeben. Bewahrtet sie!“
Anstatt dass nun der Landesvorstand die Redaktion in ihrer schweren, äußerst verantwortungsvollen Arbeit unterstützte, wollte er sie fortgesetzt in seinem Sinne und im Gegensatz zu den sozialdemokratischen Grundsätzen beeinflussen. Haben wir denn mit dem Beginn des Krieges aufgehört Sozialdemokraten zu sein? frug Crispien. Sollen wir feige die Vertretung der Volksinteressen einstellen? Wahrlich, man könne von vielen Sozialdemokraten nicht sagen, dass sie sich in dieser Zeit mannhaft benehmen. Da müsse an die tapfere Haltung der Genossen Bebel und Liebknecht erinnert werden, die 1870 aufrechte Sozialdemokraten blieben. Vor solchen Männern könne man Achtung haben. Die Sozialdemokraten seien doch keine stummen Hunde, sie dürfen selbst unter den schwierigsten Verhältnissen ihre Überzeugung nicht preisgeben. Gewiss sei es schrecklich, wenn einzelne Existenzen gefährdet werden. Wenn sich das auf ehrliche Art vermeiden lasse, dann solle man es tun. Aber es gäbe in der Weltgeschichte Zeiten, wo die Rücksicht auf Existenzen hinter Wichtigerem zurücktreten müsse, wo jeder bereit sein müsse, seine Existenz im Dienste der Menschheit zu opfern. Hat der Krieg nicht ungezählte Existenzen vernichtet, müssen unsere Brüder nicht auf dem Schlachtfeld ihr Leben opfern? Und wir sollten zu Hause nicht so viel Mut zusammenbringen, Sozialdemokraten zu sein und zu bleiben? Wir zu Hause werden unseren Brüdern draußen, wenn sie heimgekehrt sind, Rechenschaft abzulegen haben. Die Redaktion werde sich nicht auf die Knie zwingen lassen; sie werde gewissenhaft und peinlich alle Verstöße gegen die Militärzensur vermeiden, wie bisher; sie wisse, dass sie nicht alles das schreiben könne, was Sozialdemokraten jetzt über den Krieg zu schreiben hätten; sie werde aber niemals ihre sozialistische Gesinnung abschwören, das verlange selbst die Militärzensur nicht. Der Chef des Generalstabes des württembergischen Generalskommandos habe selbst zu ihm gesagt, man verlange nicht, dass die sozialdemokratischen Redakteure ihre Gesinnung aufgeben sollen. Es werde lediglich verlangt, dass die militärischen Maßnahmen nicht gestört oder durchkreuzt werden. Der Generalstabschef habe ausdrücklich gesagt, dass Crispien verständlich genug sei, sich in die Lage zu finden, (Beachtung der Militärzensur ohne Aufgabe der politischen Gesinnung). Wiederholt sei von der Zensur gesagt worden, dass sie im Allgemeinen mit der Haltung der Tagwacht zufrieden sei und dass sie (bei kleineren, meist technischen Versehen) mit der Tagwacht nicht größere Schwierigkeiten habe eher weniger, als mit der bürgerlichen Presse. Selbst Fischer sagte gelegentlich auf der Redaktion, dass sich die Zensur auch ihm gegenüber ähnlich geäußert habe. Es liege also auch nicht der Schein eines Grundes dafür vor, einen Zensor des Landesvorstandes einzusetzen und dadurch die bisher selbstständigen Redakteure zu Untergebenen des Landesvorstandes zu degradieren.
Herr Müller und Walcher schlossen sich diesen Ausführungen an. Die Redaktion stellt nun folgenden Antrag:
Wir beantragen eine Sitzung des Landesvorstandes, der Presskommission und der Redaktion mit der Tagesordnung: der Krieg und die Pflicht der Sozialdemokratie
Crispien, E. Hörnle, J. Walcher.
Keil rief, dann müsse auch der Landesausschuss hinzugezogen werden, um Schluss zu machen. Fischer war der gleichen Meinung. Die Sitzung ging damit, ohne dass Beschlüsse gefasst wurden, zu Ende.
Am folgenden Tag bemerkte Crispien, also er zum Umbrechen des Blattes in der Setzerei war, dass hinter dem Rücken der Redakteure Korrekturabzüge ins Landessekretariat hinaufbefördert wurden, bis nach einigen Stunden vom Landessekretariat die Anweisung kam, die Zustellung der Korrekturfahnen solle eingestellt werden. Die Redaktion ist von dieser Aktion weder vorher noch nachher unterrichtet worden. An dieser Stelle sei gleich bemerkt, dass später zwischen Mitgliedern des Landesvorstandes und der Geschäftsleitung, wieder hinter dem Rücken der Redakteure, vereinbart wurde, dass die Redakteure nicht mehr die Setzerei betreten dürfen, um beim Umbrechen des Blattes die Reihenfolge usw. anzugeben, wie das seit Jahren üblich gewesen ist. Nötig war die Anwesenheit der Redakteure, weil sie vor dem Druck aus Mangel an Zeit keine Seitenabzüge zur Nachprüfung erhalten konnten. Deshalb war es häufig unmöglich, selbst grobe Fehler noch im letzten Augenblick auszumerzen. Besonders aber lag es den Redakteuren in der Kriegszeit daran, die ganze Zeitung noch einmal durchzusehen, bevor sie der Zensur in die Hände kam. Wenn die Anwesenheit der Redakteure beim Umbrechen des Blattes auch kein voller Ersatz für die Durchsicht von Seitenabzügen war, so war es doch immerhin ein beachtenswertes Ersatzmittel.
Am 28. September nahm in Berlin eine Konferenz der Redakteure der deutschen Parteipresse zur Lage während des Krieges Stellung. Die Redaktion der Tagwacht war durch Crispien vertreten. Keil, obgleich nicht Redakteur, nahm ebenfalls an der Konferenz teil, wie er sagte, als Vertreter zweier württembergische Parteiblätter. Fischer erklärte später in der Sitzung am 4. November, dass Keil als Vertreter der Redaktion des Neckar-Echos auf der Berliner Konferenz gewesen sei. Die Konferenz einigte sich auf folgende Richtlinien für die sozialdemokratischen Zeitung in Deutschland:
1. Gegen Chauvinismus;
2. Gegen Annexionen;
3. Objektivität bei Berichten über Gräuel;
4. Für soziale Fürsorge.
Diese Richtlinien, die Haase als Vorsitzender der Deutschen Sozialdemokratischen Partei noch durch die Erklärung unterstrich, dass kein sozialdemokratischer Gedanke verleugnet werden dürfe, erkannte die Redaktion der S chwäbischen Tagwacht ohne jeden Vorbehalt an. Im Sinne dieser Richtlinien ist die Tagwacht auch bis zum 4. November 1914 geleitet worden.
Am 4. Oktober beschäftigte sich abermals eine Konferenz für Württemberg im Stuttgarter Gewerkschaftshause mit der Haltung der politischen Redaktion der S chwäbischen Tagwacht. Vertreten waren: Landesvorstand, Landesausschuss, Fraktion der Landtagsabgeordneten, Kreisvorstände und Redaktionen.
Die Presskommission war nicht eingeladen. Der Vorsitzende des Landesvorstandes gab einen Bericht über die Vorgänge und über die Verhandlungen mit der Redaktion, Wasner gab Aufschluss über den Stand der Organisationen und Keil berichtete über die Sitzungen des deutschen Parteiausschusses und der Redakteurkonferenz in Berlin. Unter Führung Keils wurden von zahlreichen Rednern, die zur opportunistischen Richtung gehören, die alten schon mitgeteilten Angriffe gegen die Redakteure erneuert. Wieder wurde verlangt, dass die Redaktion neben anderen mit Wärme die Ansicht vertrete, dass der Sieg des Deutschen Reiches mit dem kulturellen Fortschritt und dem sozialen Aufstieg der Arbeiterklasse unlösbar verknüpft sei. Die politische Redaktion präzisierte ihre Ansicht dahin, sich sie bei aller Rücksichtnahme auf den bestehenden gesetzlichen Ausnahmezustand doch die Grundsätze des internationalen Sozialismus nicht verleugnen könne. Im Übrigen seien für sie die von der Redakteurkonferenz für die gesamte deutsche Parteipresse aufgestellten Richtlinien maßgebend. Die Konferenz dauerte etwa sieben Stunden.
Am 7. Oktober gab es eine neue Sitzung. Beteiligt waren Landesvorstand, Geschäftsleitung und Redaktion. Besprochen wurden die Herausgabe der Tagwacht als Morgenblatt, Herausgabe einer Sonntagsausgabe, Einführung von Anschlagtafeln und anderen geschäftlichen Sachen. Kaum waren diese Dinge erledigt, da begann Keil wieder mit seinen alten Angriffen. Die Presskommission war nicht eingeladen. Crispien erklärte, dass jetzt endlich ein Ende mit diesen ewigen Quälereien gemacht werden müsse. Die Arbeit der sozialdemokratischen Redakteure sei während der Kriegszeit so anstrengend, dass sie ruhige Nerven brauchen. Die Umschiffung aller Zensurklippen erfordere kühle Überlegung. Dazu komme jetzt die viel längere Redaktionstätigkeit, mit Abend- und Sonntagsdienst. Wenn das der Landesvorstand nicht einzusehen vermöge, dann sehe man sich gezwungen ihn endlich zu sagen, dass auch Redakteure Rücksichten auf ihre geistige und körperliche Gesundheit verlangen dürfen. Keil solle endlich offen sagen, was er eigentlich wolle, oder die Redakteure in Ruhe lassen und ihnen nicht die Arbeitsfreudigkeit verekeln. Fischer fragte, was mit dem Antrag der Redakteure auf Ladung der Presskommission geschehen solle. Crispien antwortete, wenn der Landesvorstand nicht wieder durch einen Zensor oder sonst durch einen Beschluss Redaktion einer Umschrift bestimmte Richtung festlegen wolle, dann ziehen die Redakteure ihren Antrag zurück, nachdem jetzt auch durch die Redakteurkonferenz in Berlin die Sachlage für die Redaktion vollkommen geklärt sein. Die Sitzung fand dann, soweit die Teilnahme der Redakteure in Betracht kam, ihr Ende.
Der Gewaltstreich des Landesvorstandes am 4. November 1914.
Zum 4. November hatte der Landesvorstand eine Sitzung einberufen, zu der neben dem Landesvorstand und der Redaktion zum erstenmale auch die Presskommission eingeladen war. Der Landesvorstand hatte aber auch gleich die Berufungsinstanz, den Landesausschuss, hinzugezogen, damit die Presskommission sofort überstimmt und die sorgfältig und geheim vorbereitete Überrumpelung der Redaktion und der Presskommission durchgeführt werden konnte. Die Einladung zu dieser Sitzung war in folgender Form abgefasst:
Einladung!
Werter Genosse! Am Mittwoch, den 4. November, nachmittags 3 Uhr, findet im Landessekretariat, Hauptstädterstraße 96 II, eine gemeinschaftliche Sitzung des Landesvorstandes mit dem Landesausschuss, der Presskommission und der Redaktion der S chwäbischen Tagwacht statt.
Tagesordnung: Bericht und Stellungnahme zur Haltung der Schwäbischen Tagwacht.
Sie werden hiermit dazu eingeladen und rechnen wir auf Ihr pünktliches Erscheinen
mit Parteigruß
Für den Landesvorstand: J. A.: Otto Wasner.
Kein Mensch konnte aus der Einladung ersehen, dass die Ressortredaktion der Tagwacht, wie sie von der Landesversammlung beschlossen war, beseitigt und durch eine Chefredaktion mit Keil an der Spitze ersetzt werden sollte. Weder die Redaktion noch die Presskommission hatten vorher Gelegenheit, zu dieser wichtigen Frage Stellung zu nehmen.
Auch die Zusammensetzung der Sitzung verstieß gegen die klaren Beschlüsse der Landesversammlungen und gegen das Landestatut (§ 24). Danach entscheidet die Presskommission in Gemeinschaft mit dem Landesvorstand über die prinzipielle und taktische Haltung der Tagwach t, insbesondere über die Anstellung und Entlassung von Personal in der Redaktion und in der Expedition. Erst wenn sich Landesvorstand und Presskommission nicht einigen können, ist der Landesausschuss als weitere Instanz zuzuziehen.
Von der Presskommission, die sieben Mitglieder zählte, konnten nur drei anwesend sein. Die Vorsitzende der Presskommission, Cl[ara] Zetkin, war verreist und erhielt überhaupt erst einige Tage nach dem 4. November von diesen Vorgängen Kenntnis. Ein anderes Mitglied der Presskommission konnte am Tage (die Sitzung war auf 3 Uhr nachmittags einberufen) seine Arbeit nicht verlassen, am Abend hätte es teilnehmen können. Ein weiteres Mitglied ist Soldat und hätte sich auch nur für einen Abend frei machen können.
Das alles teilte Westmeyer, Mitglied der Presskommission, dem Vorsitzenden des Landesvorstandes mit dem Ersuchen mit, die Sitzung um einige Tage zu verschieben. Das wurde rundweg abgelehnt. So blieb denn den Presskommissionsmitglieder nichts anders übrig, als am 4. November die Sitzung, nachdem der eigentliche Zweck det Sitzung mitgeteilt war, nach Abgabe folgender Erklärung zu verlassen:
Die Unterzeichneten sind nicht in der Lage, zu der überaus wichtigen Frage der Anstellung des Genossen Keil als leitender Redakteur der Tagwacht Stellung zu nehmen. Bei der großen Bedeutung des Antrags für das ganze Parteileben erwarten wir, dass möglichst allen Presskommissionsmitgliedern Gelegenheit gegeben wird, unter vorheriger Bekanntgabe der Tagesordnung mit dem Landesvorstand die Angelegenheit zu beraten. An der heutigen Beratung können wir nicht weiter teilnehmen.
Bildstein. Härlin. Westmeyer.
Vom Landesausschuss verließ ebenfalls ein Mitglied unter Protest die Sitzung. Ein zweites Mitglied des Landesausschusses blieb da, um gegen die Anträge des Landesvorstandes zustimmen.
Die Redaktion zog sich, nachdem Fischer mitgeteilt hatte, dass Keil Chefredakteur werden sollte, zu einer besonderen Beratung zurück. Während dieser Zeit beschloss das übrig gebliebene Rumpfparlament, Keil als Chefredakteur anzustellen. Die Redaktion wurde dann wieder hinzugezogen und ihr der Beschluss mitgeteilt. Darauf antwortete Crispien mit folgender Erklärung:
Die Redaktion ist als Kollektiv- bzw. Ressortredaktion eingerichtet und bei meiner Anstellung wurde ausdrücklich von einer Chefredaktion abgesehen. Ich bin als erster politischer Redakteur angestellt, als selbstständiger Redakteur. Bei einer Redaktion mit Keil als Chef hätte ich mich nie beworben. Sollen die Beschlüsse der Landesversammlung und die Anstellungsvereinbarungen aufgehoben werden, dann muss das bisherige Verhältnis ordnungsgemäß gelöst und gefragt werden, ob ich unter den neuen Bedingungen in der Stellung bleiben will. Feststellen will ich noch, dass sachlich kein Grund vorliegt, einen Chefredakteur mit der Nebeneigenschaft als Zensor des Landesvorstandes anzustellen, da die bisherige Redaktion das Blatt so geleitet hat, dass sein Bestand durch die Haltung der Redaktion von der Militärzensur nicht gefährdet ist.
Die Redakteure Hörnle und Walcher schlossen sich dieser Erklärung an. Pflüger, Redakteur für den württembergischen Teil, erhob keinen Widerspruch. Von Sauerbeck, einem älteren Kollegen, der Landesnachrichten, Soziales, Kommunales, Genossenschaftliches usw. bearbeitet, haben die Redakteure Crispien Hörnle und Walcher nicht verlangt, dass er sich an dem Konflikt beteiligen solle. Der Lokalredakteur Herpich ist Soldat und zurzeit verwundet.
Gründe und Gegengründe.
Wir lassen nun die einzelnen Gründe folgen, die Fischer für den Landesvorstand zur Verteidigung seines Vorgehens am 4. November angeführt hat. Zur besseren Übersicht setzten wir gleich unter jede Behauptung Fischers die Antwort der Redaktion.
Fischer: Bei der Anstellung Crispiens sagte der Parteivorstand, Crispien sei zwar radikal, er werde aber die Gegensätze in württembergischen Parteileben überbrücken können. Crispien habe aber enttäuscht und keinen Anschluss an den Landesvorstand gesucht.
Redaktion: die Überbrückung der Gegensätze scheiterte an der Haltung des Landesvorstandes, der verlangt, dass man sich seiner Meinung unbedingt unterzuordnen habe. Wer daran schuld ist, dass die politische Redaktion keinen engeren Anschluss an den Landesvorstand suchen konnte, darüber mögen die Leser dieser Broschüre urteilen.
Fischer: Es sei aus Sitzungen des Landesvorstandes mit der Redaktion in Vertrauensmännersitzungen und Mitgliederversammlungen berichtet worden.
Redaktion: Der Landesvorstand versuchte in geschlossenen Sitzungen, wo ihm die Mehrheit sicher war, die Rechte großer Parteiorganisation zu schmälern und schließlich am 4. November völlig zu beseitigen. Damit zwang er die politische Redaktion in die Notwehr, Schutz bei den zuständigen Organisationen zu suchen. Außerdem darf es bei allgemein wichtigen Fragen keine Geheimniskrämerei geben. Jede Parteiinstanz muss so handeln, dass sie das Licht der Partei Öffentlichkeit nicht zu scheuen braucht.
Fischer: Der Lokalredakteur Herpich sei bei seinem Eintritt in die Redaktion ganz verständig gewesen. Crispien habe ihn aber für den radikalen Flügel in der Redaktion gewonnen.
Redaktion: Diese Behauptung, die an und für sich lächerlich ist, wurde schon auf der Landesversammlung 1913 aufgestellt. Und schon 1913 hat Herpich diese Behauptung durch folgende Erklärung abgetan:
Alle Genossen, die mich seit längerer Zeit kennen, werden es verstehen, wenn ich mich gegen diesen Vorwurf wehre. Ich habe meine Auffassung über prinzipielle Fragen keineswegs geändert. Das beweist ja die Abstimmung in der Redaktion über die Beteiligung der Fraktion an der Landtagseröffnung, bei der nicht ich, sondern ein anderer Genosse umfiel.
Fischer: Die Stuttgarter Parteiorganisation habe Beschlüsse gegen Maßnahmen des Landesvorstandes gefasst und ganz besonders sei unter Mitwirkung Crispiens die Herausgabe eines Mitteilungsblattes beschlossen.
Redaktion: Handlungen der Stuttgarter Parteiorganisation haben mit der Redaktion absolut nichts zu tun. Wie andere Organisationen ihre Mitteilungsblätter für tätige Genossen eingeführt haben, so hat auch die Stuttgarter Organisation das Recht dazu.
Fischer: Die freie Jugendorganisation habe Beschlüsse z. B. den, sich nicht an der nationalen Jugendwehr zu beteiligen - ohne Mitwirkung des Landesvorstandes gefasst und sogar ein Flugblatt in einer bürgerlichen Druckerei herstellen lassen.
Redaktion: Was haben die Beschlüsse der Jugendorganisation mit der Redaktion zu tun, die obendrein der Jugendorganisation gar nicht angehört? Wenn der Landesvorstand, der im Ausschuss der Jugendorganisation vertreten ist, von den erwähnten Beschlüsse nichts weiß, dann ist damit höchstens bewiesen, dass der Vertreter des Landesvorstandes die Sitzungen geschwänzt hat. Das Flugblatt hat die Jugendorganisation in der Druckerei eines Parteigenossen herstellen lassen, nachdem der Landesvorstand verhindert hatte, dass die Jugendorganisation in der Tagwach t zu Wort kommen konnte.
Fischer: Westmeyer sitze viel zu lange in der Redaktion oder Redakteure sitzen viel zu lange im Sekretariat der Stuttgarter Organisation.
Redaktion: Westmeyer hat die Redaktion nicht mehr als andere Genossen besucht, ja viel seltener als verschiedene andere. Die Redaktion hat Sprechstunden für jeden, der zu ihr kommt. Crispien ist zweiter Vorsitzender des Sozialdemokratischen Vereins Stuttgart und wenn er an den Besprechungen und Sitzungen der Stuttgarter Parteiinstanzen teilnehmen will, so bleibt ihm nichts anderes übrig, als in das dafür vorhandenes Sitzungszimmer zu gehen.
Fischer: Wenn er in dem Vorgehen des Landesvorstandes bisher noch geschwankt habe, dann sei sein Entschluss durch den Verlauf der letzten Stuttgarter Parteiversammlung fest geworden. Dort habe ihn Crispien nicht gegen Angriffe geschützt.
Redaktion: Es tut uns leid, und zwar um Fischer, auch diese Behauptung in ihr nichts auflösen zu müssen. Zunächst ist es doch begreiflich genug, dass die Parteigenossen über die fortgesetzten Reibereien einer bestimmten Clique und über die fortwährenden Kämpfe des Landesvorstandes gegen die Redaktion erregt sind. Ebenso verständlich ist es, dass in erregten Versammlungen harte Worte von beiden Seiten fallen. Nichtparlamentarische Ausdrücke sind regelmäßig von der Versammlungsleitung gerügt worden. Nun ist es gerade das Auftreten verschiedener Opportunisten in Parteiversammlungen, dass oft geradezu provozierend wirken muss. In der vorletzten Parteiversammlung wurde zum Beispiel über die Not der Arbeitslosen gesprochen. Dabei sagte Fischer, der Vorsitzende des Landesvorstandes, einem alten Parteigenossen, dass er doch nicht über die Not der Arbeitslosen sprechen könne, da er doch - Hausbesitzer sei und nicht von Not wisse. Der alte Parteigenosse ist Mitglied einer Arbeiterwohnhaus-Genossenschaft, darin liegt seine ganze Hausbesitzereigenschaft. Aber selbst, wenn der Genosse, der, wie Fischer wusste, durch einen Streit monatelang arbeitslos war, Hausbesitzer gewesen wäre, durfte Fischer sich nicht so gegen einen Genossen betragen. Darum musste Fischer zur Ordnung gerufen werden. In der folgenden Parteiversammlung wurde darüber gesprochen, dass es in Stuttgarter „Vertrauensmänner“ der Partei gebe, die auf Vertrauensmännersitzungen Geheimberichte an den Parteivorstand in Berlin liefern und dass die Tagwacht bei den Behörden denunziert worden sei. Da rief ein Genosse, der Soldat war, das Wort Polizeispitzel! Diesen Ruf bezog Fischer auf sich und er antwortete: dieser Lump in der Uniform da, hat mich beschimpft! Crispien leitete die Versammlung und musste den Genossen in der Uniform und auch Fischers zur Ordnung rufen. Der Genosse in der Uniform hat dann noch ausdrücklich festgestellt, dass er seinen Ruf gar nicht auf Fischer gemünzt hatte. Angesichts dieser Tatsache kann man es nur als pharisäisch bezeichnen, wenn Fische und seine Freunde die Stuttgarter Parteigenossen immer wieder als Radaubrüder hinzustellen versuchen, um Stimmung zu machen und sachliche Differenzen auf das persönliche Gebiet zu schieben.
Fischer: Zwischen dem Landesvorstand und der Redaktion müsse eine engere Verbindung bestehen, der Landesvorstand müsse entscheidenden Einfluss auf die Haltung der Tagwacht haben, in seinem Sinne geleitet werden müsse. Dazu soll ein Mitglied des Landesvorstandes, Keil, als Chefredakteur eingesetzt werden. Die Redaktion habe nicht warm betont, dass Deutschland siegen müsse und dass dieser Sieg im Interesse der Arbeiterklasse liege.
Redaktion: Der Landesvorstand ist nur ausführendes Organ aller Genossen und kein Herrschaftsinstrument einer bestimmten Richtung; seine Handlungen unterliegen ebenso der Kritik der Genossen wie der übrigen Parteiinstanzen. Daraus folgt, dass der Landesvorstand keiner anderen Parteiinstanz seiner Meinung und seinen Willen aufzwingen darf. Die Tagwacht ist Parteiorgan. Für ihre Haltung ist das Parteiprogramm der Sozialdemokratie die Grundlage. Solange sie das Parteiprogramm befolgt, darf ihr die Pressefreiheit nicht geraubt werden; die Tagwach t muss führend vorangehen, für Aufklärung sorgen, und dazu beitragen, dass auch die schwierigsten politischen und parteipolitischen Fragen geklärt werden, damit die Genossen wissen, worauf es ankommt. Es ist die Pflicht der Tagwacht, zu allen diesen Fragen ihre eigene Meinung zu sagen. Wer diese Meinung nicht teilt, hat das Recht, seine abweichende oder entgegengesetzte Meinung in der Tagwacht zum Ausdruck zu bringen. Danach hat die politische Redaktion bis zur 4. November streng gehandelt, selbst wenn der Landesvorstand sie unberechtigterweise daran hindern wollte. Während des Krieges musste die Redaktion wegen der Militärzensur nach beiden Seiten Auseinandersetzungen über die Haltung der Fraktion abwehren. Zu diesem Zweck schrieb sie gleich zu Beginn des Krieges, am 6. August ehrlich und offen:
Die Zeit ist nicht dazu angetan, um darüber zu rechten, ob die sozialdemokratischen Reichstagsabgeordneten in diesem Augenblick anders handeln konnten oder nicht. Sie werden nachher, wenn die Gräuel des Krieges vorüber sind und seine Wirkungen auch für das Proletariat bis in die letzten Konsequenzen offenbar werden, ihren Wählern und der Partei Rechenschaft ablegen.
Die Tagwacht muss ein unabhängiges Organ der Parteigenossen sein, wenn sie ihre Aufgaben im Interesse der Gesamtpartei erfüllen soll. Das ist nicht möglich, wenn der Landesvorstand sie entgegen den elementarsten sozialdemokratischen Grundsätzen gewissermaßen zu seinem Amtsblatt macht.
In ihrer Haltung zum Kriege waren für die politische Redaktion das sozialdemokratische Programm, die sich damit deckenden Richtlinien der Redakteurkonferenz für die gesamte deutsche sozialdemokratische Presse maßgebend und der Beschluss der württembergischen Landesversammlung 1914, gegen den jetzt herrschenden Krieg. In diesem Beschluss heißt es, dass auch bereits in Deutschland die bürgerlichen und die unaufgeklärten Massen von der Suggestion der Kriegshetze erfasst sind. Die gesamte Bevölkerung sollte, nach dem Beschluss der Landesversammlung, in geeigneter Weise über die Motive der Kriegshetzer, die Gefahren des Krieges und die Friedensinteressen des Proletariats aufgeklärt werden. Besonders sollte der Suggestivkraft kriegerischer Begeisterung und den chauvinistischen Tiraden der bürgerlichen Presse gegenüber aufklärend und ernüchternd gewirkt werden.
Das Sozialdemokratische Programm und die vom sozialdemokratischen Geist erfüllten, angeführten Beschlüsse sind uns heiliger Ernst. Wir können nicht, wie leider mancher andere, heute mit Füßen treten und abschwören, was gestern unsere innerste Überzeugung war; auch dann nicht, wenn unsere Existenz auf dem Spiel steht. Wir sind Sozialdemokraten und dem Proletariat treu geblieben. Das ist alles. Wenn uns die Genossen darum verurteilen wollen, dann sind wir bereit, alle Konsequenzen auf uns zu nehmen. Wir sind bereit, den dornenvollen und opferreichen Weg der Verfolgten zu gehen und verschmähen den angenehmen breiten Weg, den die Gnadensonne der Herrschenden bescheint.
Nach dem Gewaltstreich.
Am 4. November schon, unmittelbar nach der Sitzung, trat Keil sein Amt als Chefredakteur an. Am 5. November in der Frühe kam Fischer noch vor den Redakteuren Crispien und Hörnle, die um 7:00 Uhr früh mit der Arbeit begannen, auf die Redaktion. Fischer nahm die eingegangenen Zeitungen und Briefe, die für die Redaktion bestimmt waren, an sich und trug sie in das Zimmer, in dem Keil arbeitete. Ob Fischer auch als Redakteur des Landesvorstandes eingesetzt ist, darüber haben wir keine Mitteilung erhalten. Crispien, Hörnle und Walcher arbeiteten, ohne von Fischer und Keil Notiz zu nehmen. Crispien gab einen Leitartikel in die Setzerei. Wo dieser Leitartikel geblieben ist, hat Crispien nie erfahren. Als die Zeitung fertig war, sah Crispien, dass ein Leitartikel im Blatt stand, den Keil in die Setzerei gegeben hatte. Hörnle konnten verschiedene aktuelle Notizen und Nachrichten über Theater nicht ins Feuilleton hineinbringen, weil ihm hinter seinen Rücken die Post weggenommen war. Als Hörnle eine entsprechende entschuldigende Notiz für die nächste Nummer in die Setzerei gegeben hatte, wanderte die Notiz aus der Setzerei wieder zu Keil, der ihre Aufnahme ins Blatt untersagte. Auf Walchers Ressort, Partei und Gewerkschaften, nahm Keil ebenso wenig Rücksicht, indem er Walcher völlig ausschaltete. Härle, der Faktor der Druckerei, teilte der Redaktion nach Fertigstellung des Satzes mit, dass er den Auftrag habe, das Blatt nach den Angaben Keils zusammenzustellen. So wurden die Redakteure in unrechtmäßiger Weise an der Arbeit gehindert und sie zogen es vor, um unliebsamen Zwischenfällen aus dem Weg zu gehen, beim Landesvorstand und bei der Presskommission zu beantragen, dass ihr Anstellungsvertrag wiederhergestellt wird und dass man sie bis zur Klärung der Angelegenheit als suspen[s]diert betrachten möge. Ein anderer Weg blieb den Redakteuren umso weniger übrig, als ja Fischer am 4. November sogar mit dem Hausrecht des Landesvorstandes drohte, wenn Keil in der Redaktion auf Widerstand stoßen sollte.
Mundtot gemacht.
Am 5. November veröffentlichte der Landesvorstand an der Spitze der Tagwacht folgende Erklärung:
An die Parteigenossen und die Leser der Schwäbischen Tagwacht.
Wir geben hiermit bekannt, dass die Redaktion der Schwäbischen Tagwacht vom heutigen Tage an durch den Eintritt des Genossen Reichstagsabgeordneten Wilh[elm] Keil erweitert wurde, dem bis auf weiteres die Leitung des Blattes übertragen worden ist.
Stuttgart, den 4. November 1914.
Der Landesvorstand der Sozialdemokraten Württembergs.
I.A.: Fr[iedrich]. Fischer.
Dazu wollten die Redakteure Crispien, Hörnle, Walcher bemerken:
„Dazu bemerken wir, dass die oben angekündigte Änderung der Redaktionsverhältnisse nach unserer Auffassung entweder nur mit unserer Zustimmung oder nach vorheriger Lösung unserer Anstellungsverhältnisse vorgenommen werden kann. Beides ist nicht erfolgt.
Crispien. Hörnle. Walcher.“
Keil hat die Aufnahme dieser Anmerkung in die Tagwacht hintertrieben und nachträglich die Mundtotmachung der Redakteure durch die unwahre Behauptung in der Tagwacht zu bemänteln versucht, dass er gesagt habe, die Anmerkung könne an dem betreffenden Tage nicht aufgenommen werden. Wenn den Redakteuren daran liege, dass sie am folgenden Tage veröffentlicht werde, dann stehe der Landesvorstand zu einer Besprechung zur Verfügung. Ganz abgesehen davon, dass nicht recht klar ist, was den Landesvorstand die Redaktionsanmerkung angeht, hat Keil etwas derartiges nicht gesagt. Es waren drei Redakteure dabei und keine hat gehört, was Keil gesagt haben will.
Denunziert.
Am 9. November schrieb Keil in einer Polemik gegen den Vorwärts, der den Gewaltstreich des Landesvorstandes verurteilt hatte, als neuesten Grund zum Vorgehen gegen Crispien, Hörnle und Walcher:
Mit einer Einmütigkeit, wie sie selten in einer die Partei beschäftigenden großen Frage geherrscht hat, steht die sozialdemokratische Arbeiterschaft Deutschland auf dem -selbstverständlichen - Standpunkte, dass sie in den großen Völkerringen in ihrem ureigenen Interesse den Schrecknissen einer feindlichen Invasion vorbeugen und den Sieg der deutschen Waffen wünschen und mit dazu beitragen muss, ihn herbeizuführen. Wer die absonderliche Anschauung vertritt, dass diese Politik falsch sei, dem wird man zwar seine Meinung lassen, aber nicht gestatten können, im Namen der deutschen Sozialdemokratie zu sprechen.
In diesem Sinne bringt Keil es fertig, den Redakteuren Crispien, Hörnle, Walcher dem Wunsch nach einer feindlichen Invasion in Deutschland zu unterschieben. Bürgerliche Zeitungen haben diese Denunziation sofort aufgegriffen und unterstrichen. Keils Unterstellung ist derart schmutzig, dass sie sich von selbst richtet. Wir sind Sozialdemokraten, also für die Selbstständigkeit und Freiheit jedes Volkes, selbstverständlich auch des eigenen. Als Sozialdemokraten erwarten wir nicht den Aufstieg und die Befreiung der Arbeiterklasse von einer ausländischen Bourgeoisie, sondern nur von der Arbeiterklasse selbst. Bei den großen Welthändeln der besitzenden Klassen haben wir in erster Linie die Interessen der Arbeiterklasse zu vertreten. Wir haben in dieser Stunde darüber zu wachen, dass dem arbeitenden Volke im Strudel des Krieges nicht auch die wenigen Rechte noch abhandenkommen, die es sich unter schweren Opfern schon errungen hat. Wir möchten noch bemerken, dass Keil unsere Erwiderung auf seinen Artikel in der Tagwacht nicht aufgenommen hat.
Die Verteidigung des Landesvorstandes.
Am 6. November verschickte der Landesvorstand ein Flugblatt zur Verteidigung seines Gewaltstreiches. Wir wollen hier nur einige Stellen zerpflücken, da das Flugblatt im Allgemeinen schon durch den bisherigen Inhalt dieser Broschüre widerlegt ist. Der Landesvorstand schreibt:
Durch eine der gegebenen Weisungen zuwiderlaufende Maßnahme wurde die Gefahr des Verbots der Schwäbischen Tagwacht heraufbeschworen.
Hier spielt der Landesvorstand auf das Inserat an, durch das zur Versammlung gegen die Annexionshetze eingeladen wurde. Die politische Redaktion ist aber für Inserate nicht verantwortlich. Außerdem war es bis zum Erscheinen des Inserates nicht verboten, allgemein gegen Annexionhetzereien Front zu machen. Nur mit dem Schicksal Belgiens sollte sich die Presse nicht beschäftigen. Es konnte also niemand vorausahnen, dass etwas derartiges verboten sei. Die Militärzensur hat nicht mit dem Verbot gedroht, sondern mit der Einführung einer Präventivzensur. Aber selbst, wenn die Tagwach t aus Gründen, für die die Redaktion verantwortlich gemacht werden kann, mal verboten worden wäre, so darf nicht vergessen werden, dass wir unter Ausnahmerecht stehen. Da kann es jederzeit Zeitung passieren, dass sie verboten wird. Das ist vielen Zeitungen passiert, nicht nur dem sozialdemokratischen (Vorwärts, Parteiblätter in Danzig, Bochum, Görlitz, Breslau, Rheinisch-Westfälische Zeitung, Augsburger Zentrumsblatt. u.a.) Tatsächlich ist die Tagwacht bis zum 4. November niemals einer ernsten Gefahr ausgesetzt gewesen. Dass der Vorfall mit dem Inserat schon im September spielte und schon längst vergessen war, sei nur nebenbei erwähnt.
Der Landesvorstand schreibt:
Was der Vorstand unserer italienischen Partei dieser Tage erklärte, das will auch der Landesvorstand: der Gefahr entgegentreten, dass das Organ der Partei das Werkzeug der Ideen und Absichten einzelner werde.
In Italien ist die Partei, wie durch Urabstimmung festgestellt wurde, so gut wie einmütig gegen den Krieg, entsprechend den sozialistischen Grundsätzen. Entgegen diesen sozialistischen Grundsätzen war der Leiter des Parteiblattes nicht für bedingungslose Neutralität. Der italienische Parteivorstand hatte also recht, wenn er erklärte, dass ein sozialdemokratisches Blatt auch sozialdemokratische Grundsätze vertreten müsse. In Württemberg wollte der Landesvorstand die politische Redaktion der Tagwacht daran hindern, sozialdemokratische Grundsätze zu vertreten und sie zwingen, opportunistisch und nationalistisch zu schreiben. Man kann uns nicht eine einzige Zeile nachweisen, die nicht sozialdemokratischen Geist hatte.
Es hilft dem Landesvorstand alles nichts, die einfache nackte Wahrheit ist nicht unterzubringen.
Protest der Presskommission.
Die weiteren unwahren Behauptungen des Landesvorstandes in seinem Flugblatt, dass er seit Wochen wiederholt vergeblich versucht habe, eine Sitzung mit der Presskommission zustande zu bringen, und dass sich die Presskommission selbst ausgeschaltet habe, beantwortet die Vorsitzende der Presskommission, Genossin Zetkin, mit folgendem Protest:
An den Landesvorstand der Sozialdemokraten Württembergs,
zu Händen des Genossen Otto Wasner!
Werte Genossen! Wilhelmshöhe, den 9. November 1914.
Der Landesvorstand hat für heute Abend von den seitherigen Redakteuren der Tagwacht eine Erklärung eingefordert, wie sie sich zu der Regierung zu der Regelung der Redaktionsverhältnisse stellen, die durch den Beschluss des Landesvorstandes und des Landesausschusses vom 4. d. M. eingeleitet worden ist. Entgegen den unzweideutigen und bindenden Bestimmungen des Statuts ist die Presskommission nicht zu der heutigen Sitzung eingeladen worden, die sich mit der Sache beschäftigen soll. Als Vorsitzende der Presskommission protestiere ich gegen die willkürliche und dauernde Ausschaltung dieser Körperschaft bei Entscheidungen, die ohne ihre Mitwirkung gar nicht rechtskräftig gefasst werden können.
Des weiteren weise ich auf das entschiedenste die Behauptung des Landesvorstandes im Zirkular vom 6. November zurück, die Presskommission habe sich selbst von der Mitwirkung an der Regelung der Redaktionsverhältnisse ausgeschaltet. Was der Landesvorstand zur Begründung dieser Behauptung über das angebliche Verhalten der Presskommission erzählt, trifft in den entscheidenden Punkten nicht zu.
Es ist unrichtig, dass der Landesvorstand „seit Wochen wiederholt vergeblich versucht hat, eine Sitzung mit der Presskommission zustande zu bringen.“ Als Vorsitzende der Presskommission bin ich nur ein einziges Mal davon benachrichtigt worden, dass eine gemeinschaftliche Sitzung beider Körperschaften stattfinden sollte, die meines Wissens von den Redakteuren beantragt worden war. Da ich damals krank lag und andere Mitglieder der Presskommission verhindert waren, an dem vorgeschlagenen Tage an einer Sitzung teilzunehmen, fand in meinem Auftrag eine telefonische Verständigung über die eventuelle Vertagung der Sitzung statt. Diese wurde im allgemeinen Einvernehmen verschoben, ohne dass indessen irgendwelche Abmachungen über einen bestimmten späteren Termin stattgefunden hätte. In all den Wochen seither hat der Landesvorstand nichts über eine geplante Sitzung verlauten lassen.
Die Einladung zur Sitzung am 4. November ist am 1. in meiner Wohnung eingetroffen, während ich zur Kräftigung meiner Gesundheit abwesend war. Nicht einmal bei telegrafischer Benachrichtigung hätte ich rechtzeitig zu Sitzung hier eintreffen können. Da mir vor meiner Abreise von einer nahen bevorstehenden Sitzung des Landesvorstandes und der Presskommission nichts bekannt war, hatte ich natürlich bei meinen Dispositionen eine solche Sitzung nicht in Rechnung gestellt.
Angesichts dieser Tatsache hat der Landesvorstand nicht das Recht, von einer freiwilligen Ausschaltung der Presskommission zu sprechen und eine absichtliche Verschleppung wichtiger Entscheidungen anzudeuten.
Mit Parteigruß.
Clara Zetkin.
Die Bemühungen des Parteivorstandes der Sozialdemokraten Deutschlands.
Sofort am 4. November haben Crispien, Hörnle und Walcher den Parteivorstand angerufen. Am 7. November war das Parteivorstandsmitglied Braun in Stuttgart. Seine Versuche, eine gemeinsame Sitzung des Landesvorstandes und der Presskommission mit der Redaktion zustande zu bringen, scheiterten. Fischer lehnte diese Sitzung mit folgender Begründung ab:
Der Landesvorstand hält an seinem Beschlusse fest und ist nur bereit und gewillt, mit der Presskommission über die Maßnahmen zu beraten, die durch den Beschluss notwendig geworden sind.
Braun sagte darauf zu den beteiligten Redakteuren, sie möchten dem Parteivorstand einen Bericht einschicken, damit dann der Parteivorstand zu der Angelegenheit Stellung nehmen könne.
Zu diesem Zwecke überreichen wir dem Parteivorstand dieser Broschüre.
Von 1912-1914
Die Neubildung der Redaktion
Nach der Redaktionkrisis im Jahr 1911, die mit dem Ausscheiden der Redakteure Keil, Westmeyer, Krille und Roßmann endete, gelang es nach langwierigen Verhandlungen zwischen dem Landesvorstand und der Presskommission, wobei auch der Parteivorstand mitwirkte, die politische Redaktion der Tagwacht neu zu besetzen. Am 1. Juli 1912 trat Crispien sein Amt als erster politischer Redakteur an. Hörnle war schon vorher als Feuilletonredakteur und zweiter politischer Redakteur angestellt worden. Walcher wurde 1912 als Ressortredakteur für Partei und Gewerkschaftliches bestätigt, nachdem er bereits über ein Jahr in der politischen Redaktion mitgearbeitet hatte. Die Gesamtredaktion der Schwäbischen Tagwacht, in der Pflüger den württembergischen Teil, Herpich Lokales und Sauerbeck die Nachrichten aus dem Lande, Vereinslebens u.s.w. bearbeiteten, wurde als Kollektivredaktion betrachtet.
[...]
1 Protokoll USPD Leipzig 1919, S.219.
2 Siehe Dokument 3 vom Leipziger Parteitag 1919; Dokument 5 vom Hallenser Parteitag 1920.
3 Krause (2021 ): Crispien, Reden sowie Krause(2021 ): Aufrufe.
4 Krause (2022): Vom Spartakusanhänger zum Reformsozialisten.
5 Siehe Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn; Zusammenfassung in Krause (2022): Vom Spartakusanhänger zum Reformsozialisten.
6 Siehe die Verlautbarungen des USPD-Zentralkomitees Nr. 85-98, in, Krause (2021): Aufrufe und Manifeste, S.151-173.
7 Eigene Zusammenstellung; sie Die Freiheit 1921/22 sowie den Vorwärts 1922/23, davon ausgehend, dass in diesen Parteizeitungen die meisten Reden des Vorsitzenden mit Tagesordnung und Zeit angegeben wurden.
8 Sie sind abgedruckt in Krause (2021): Reden und Leitartikel.
9 Im deutschen Weißbuch ist darüber zu lesen: Der Reichskanzler an die Bundesregierungen, Berlin, den 28. Juli 1914. Vertraulich! … Bei dieser Sachlage müssen das Vorgehen sowie die Forderungen der österreichisch-ungarischen Regierung als gerechtfertigt angesehen werden … Der österreichisch-ungarischen Regierung wird demnach, will sie nicht auf ihre Stellung als Großmacht endgültig Verzicht leisten, nichts anderes übrigbleiben, als ihre Forderungen durch einen starken Druck und nötigenfalls unter der Ergreifung militärischer Maßnahmen durchzusetzen … Sollte indes wider Erhoffen durch ein Eingreifen Russlands der Brandherd eine Erweiterung erfahren, so würden wir getreu unserer Bundespflicht mit der ganzen Macht des Reiches die Nachbarmonarchie zu unterstützen haben.
- Quote paper
- Dr. Hartfrid Krause (Author), 2022, „Mein Vaterland ist die Menschheit, die Länder der Erde“. Die Broschüren von Arthur Crispien (1914-1933), Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1255652
-
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X. -
Upload your own papers! Earn money and win an iPhone X.