Um eine Antwort auf die Frage zu erhalten, inwieweit der Konstruktivismus als neues Gewand der Englischen Schule angesehen werden darf, ist eine weitere Frage zu stellen: Welchen Zweck verfolgt ein neues Gewand? Ein neues Gewand kann den Träger, hier der Ansatz der Englischen Schule, in neuem Licht erscheinen lassen, ohne dass dieser sich inhaltlich gewandelt hat, oder der Träger präsentiert mit dem neuen Gewand seine veränderte Einstellung. Aber haben sich nun die theoretischen Einstellungen der Englischen Schule gewandelt oder können sie durch den Konstruktivismus ergänzt werden?
Seit jeher wurde von Kritikern wie Roy E. Jones bezweifelt, ob die Englische Schule überhaupt als einheitliches Forschungsprogramm betrachtet werden kann und eine ausreichende theoretische Basis besitzt um die internationalen Beziehungen hinreichend erklären zu können. Um die in den 1980er Jahren fast vergessene Englische Schule wiederbeleben zu können, versuchten Forscher wie Hidemi Suganami, eine komplementäre Verbindung zwischen der Englische Schule und dem Konstruktivismus herzustellen. Ausgehend von gemeinsamen methodologischen Grundpositionen, sollten beide Ansätze die zentralen Bedingungen in den IB beschreiben.
Ziel dieser Arbeit ist es die Bedeutung des Konstruktivismus für die Englischen Schule darzustellen und kritisch zu hinterfragen. Ausgehend von einer kurzen Darstellung der Merkmale des Konstruktivismus und der Englischen Schule soll eine vergleichende Analyse der Grundelemente beider Ansätze möglich werden. Zu diesen Grundelementen gehören die Akteure und Strukturen, die Anarchie und Machtstrukturen, die Rolle von Normen und der strukturelle Wandel im internationalen System. Abschließend wird die Frage zu klären sein, inwieweit der Konstruktivismus ähnliche Perspektiven wie die Englische Schule bereithält und demzufolge Annahmen der Englischen Schule vervollständigen kann.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Merkmale der Englischen Schule und des Konstruktivismus
- III. Grundelemente im Vergleich
- a. Akteure und Strukturen im internationalen System
- b. Anarchie und Machtstrukturen im internationalen System
- c. Normen und struktureller Wandel im internationalen System
- IV. Der Konstruktivismus – eine Fortsetzung der Englischen Schule?
- VI. Literaturverzeichnis
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Bedeutung des Konstruktivismus für die Englische Schule der Internationalen Beziehungen. Sie vergleicht die Merkmale beider Ansätze und analysiert deren Grundelemente, um zu klären, ob der Konstruktivismus die Englische Schule ergänzt oder lediglich ein neues Gewand darstellt.
- Vergleich der Englischen Schule und des Konstruktivismus
- Analyse der Akteure und Strukturen im internationalen System
- Untersuchung der Rolle von Normen und strukturellen Wandel
- Bewertung der Gemeinsamkeiten und Unterschiede beider Ansätze
- Frage nach der komplementären Beziehung beider Theorien
Zusammenfassung der Kapitel
I. Einleitung: Die Einleitung stellt die Forschungsfrage nach dem Verhältnis zwischen Konstruktivismus und Englischer Schule und skizziert den methodischen Ansatz der Arbeit. Sie erwähnt frühere Kritik an der Englischen Schule und den Versuch, diese durch den Konstruktivismus zu revitalisieren.
II. Merkmale der Englischen Schule und des Konstruktivismus: Dieses Kapitel beschreibt kurz die Kernpunkte der Englischen Schule (mit Fokus auf Hedley Bull) und des Konstruktivismus (mit Fokus auf Alexander Wendt), um die Grundlage für den folgenden Vergleich zu schaffen. Es werden die zentralen Konzepte beider Ansätze vorgestellt.
III. Grundelemente im Vergleich: Dieser Abschnitt vergleicht die Akteure, Strukturen, Anarchie, Machtstrukturen, Normen und den strukturellen Wandel im internationalen System, wie sie von der Englischen Schule und dem Konstruktivismus betrachtet werden. Der Fokus liegt auf den Gemeinsamkeiten und Unterschieden in der jeweiligen Perspektive.
Schlüsselwörter
Englische Schule, Konstruktivismus, Internationale Beziehungen, Hedley Bull, Alexander Wendt, Staatengesellschaft, Anarchie, Normen, Struktureller Wandel, „society of states“, „hobbesianische Geistestradition“, „kantianische Geistestradition“, „grotianische Geistestradition“, methodologische Gemeinsamkeiten.
- Quote paper
- Felix Neumann (Author), 2007, Englische Schule und Konstruktivismus im Vergleich , Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/125521