Deutsche Parteien beobachten den amerikanischen Wahlkampf und wägen ab, welche Elemente auch für den deutschen Wahlkampf Erfolg versprechend sind. Vielen Methoden, denen sich die Parteien und ihre Kandidaten im Wahlkampf bedienen, wird nachgesagt, sie würden den amerikanischen Wahlkampf kopieren. Seit das Wort zu Beginn der 1990er Jahre erstmals auftauchte, wird immer häufiger von einer „Amerikanisierung“ der deutschen Wahlkampfkommunikation gesprochen. Schon 1996 schrieb Peter Radunski: „Die Amerikanisierung der Politik ist längst auch deutsche Wirklichkeit.“!
Trotzdem wirkt der amerikanische Wahlkampf in einzelnen Elementen oft befremdlich auf deutsche Beobachter und wird sehr kritisch bewertet. Szenen wie auf der „Democratic Convention“ sind in Deutschland kaum vorstellbar. Kritikern der von Radunski vertretenen These erscheint die Verwendung des Begriffs „Amerikanisierung“ angesichts der erheblichen politischen und medialen Systemunterschiede zwischen den USA und der Bundesrepublik als nicht angebracht.
Ich möchte in dieser Hausarbeit untersuchen inwieweit das vielgenannte Schlagwort von der „Amerikanisierung“ zutrifft. Leider wird der Begriff der „Amerikanisierung“ in der politik- und kommunikationswissenschaftlichen Literatur recht uneinheitlich und sehr unscharf verwendet; zudem finden sich dort noch eine Reihe anderer Begriffe wie „Modernisierung“ oder „Professionalisierung“, die ganz ähnliche Phänomene beschreiben.
Darum möchte ich unter 2. zunächst die Begriffe „Amerikanisierung“, „Modernisierung“ und „Professionalisierung“ zu definieren versuchen.
Unter 3. möchte ich auswerten, welche einzelne Merkmale von verschiedenen Autoren unter dem Begriff „Amerikanisierung“ gefasst werden. Danach werde ich festzulegen versuchen, welche Merkmale ich unter dem Amerikanisierungsbegriff fassen werde um mit diesen im weiteren Verlauf der Hausarbeit zu arbeiten.
Anschließend werde ich die ausgewählten Merkmale näher beschreiben.
Unter 4. werde ich dann untersuchen, ob und in welcher Form die ausgewählten Merkmale im Bundestagswahlkampf 2002 vorkamen.
Im 5. Teil meiner Arbeit werde ich versuchen, meine Ausgangsfrage zu beantworten, ob und inwieweit eine Amerikanisierung der politischen PR zum Bundestagswahlkampf 2002 festzustellen ist.
Im Schlussteil möchte ich ein Fazit bezüglich des aktuellem Stands der Amerikanisierungsdebatte ziehen und einen kurzen Ausblick auf die zukünftige wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Thema wagen.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Begriffsbestimmung
3. Indikatoren der „Amerikanisierung“
3.1 Personalisierung
3.2 Verwendung von Marketing-Techniken
3.3 Professionalisierung
4. Personalisierung, Verwendung von Marketing-Techniken und Professionalisierung im Bundestagswahlkampf
4.1 Personalisierung im Bundestagswahlkampf 2002
4.2 Verwendung von Marketing-Techniken im Bundestags- wahlkampf 2002
4.3 Professionalisierung im Bundestagswahlkampf 2002
5. Amerikanisierung im Bundestagswahlkampf 2002 ?
6. Schlussteil
Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Es ist Parteitag der Demokraten im Fleetcenter von Boston, Krönungsmesse für John Kerry und Lehrstück für Parteistrategen aus aller Welt. Luftballons und Konfetti regnen von der Decke. Veteranen schwärmen vom Vietnamhelden Kerry. Kerrys Töchter erzählen, wie der Vater den Hamster vorm Ertrinken rettete. Ein zwölfjähriges Mädchen wird für seine Initiative „Kids for Kerry“ gefeiert. Und die Frage, die sich Bütikofer, dem Chairman of Alliance 90/The Greens stellt, ist: Was lässt sich davon für den Wahlkampf zu Hause übernehmen? Bütikofer hat eine ganze Delegation zusammengestellt, um modernes Campaigning zu studieren. Sechs Leute sind es insgesamt, darunter der Chef der Böll- Stiftung, eine Bundesgeschäftsführerin der Grünen sowie Bütikofers Frau. Es gibt ziemlich viele Wahlen zu gewinnen in Deutschland während der nächsten Jahre, und ziemlich viele Fragen, die man sich als deutscher Wahlkampfmanager stellen könnte. Ist es wirklich undenkbar, dass die Grünen für ihren Bundesparteitag 2006 einen Filmregisseur aus Hollywood oder zumindest aus München engagieren? Oder dass sie Filme zeigen aus der Rebellenzeit von Joschka? Oder dass der Parteitag am Ende schwarz-rot-goldene Fahnen schwenkt? (Hornig 2004: 65)
Deutsche Parteien beobachten den amerikanischen Wahlkampf und wägen ab, welche Elemente auch für den deutschen Wahlkampf Erfolg versprechend sind, und das nicht erst seit 2004. Vielen Methoden, denen sich die Parteien und ihre Kandidaten im Wahlkampf bedienen, wird nachgesagt, sie würden den amerikanischen Wahlkampf kopieren. Seit das Wort zu Beginn der 1990er Jahre erstmals auftauchte, wird immer häufiger von einer „Amerikanisierung“ der deutschen Wahlkampfkommunikation gesprochen. Schon 1996 schrieb Peter Radunski: „Die Amerikanisierung der Politik ist längst auch deutsche Wirklichkeit.“!
Trotzdem wirkt der amerikanische Wahlkampf in einzelnen Elementen oft befremdlich auf deutsche Beobachter und wird sehr kritisch bewertet. Szenen wie auf der „Democratic Convention“ sind in Deutschland kaum vorstellbar. Kritikern der von Radunski vertretenen These erscheint die Verwendung des Begriffs „Amerikanisierung“ angesichts der erheblichen politischen und medialen Systemunterschiede zwischen den USA und der Bundesrepublik als nicht angebracht.
Ich möchte in dieser Hausarbeit untersuchen inwieweit das vielgenannte Schlagwort von der „Amerikanisierung“ zutrifft. Leider wird der Begriff der „Amerikanisierung“ in der politik-und kommunikationswissenschaftlichen Literatur recht uneinheitlich und sehr unscharf verwendet; zudem finden sich dort noch eine Reihe anderer Begriffe wie „Modernisierung“ oder „Professionalisierung“, die ganz ähnliche Phänomene beschreiben.
Darum möchte ich unter 2. zunächst die Begriffe „Amerikanisierung“, „Modernisierung“ und „Professionalisierung“ zu definieren versuchen.
Unter 3. möchte ich auswerten, welche einzelne Merkmale von verschiedenen Autoren unter dem Begriff „Amerikanisierung“ gefasst werden. Danach werde ich festzulegen versuchen, welche Merkmale ich unter dem Amerikanisierungsbegriff fassen werde um mit diesen im weiteren Verlauf der Hausarbeit zu arbeiten.
Anschließend werde ich die ausgewählten Merkmale näher beschreiben.
Unter 4. werde ich dann untersuchen, ob und in welcher Form die ausgewählten Merkmale im Bundestagswahlkampf 2002 vorkamen.
Im 5. Teil meiner Arbeit werde ich versuchen, meine Ausgangsfrage zu beantworten, ob und inwieweit eine Amerikanisierung der politischen PR zum Bundestagswahlkampf 2002 festzustellen ist.
Im Schlussteil möchte ich ein Fazit bezüglich des aktuellem Stands der Amerikanisierungsdebatte ziehen und einen kurzen Ausblick auf die zukünftige wissenschaftliche Auseinandersetzung mit diesem Thema wagen.
2. Begriffsbestimmung
In der politik- und kommunikationswissenschaftlichen Literatur treten im Zusammenhang mit dem Begriff der „Amerikanisierung“ immer wieder auch die Begriffe „Professionalisierung“ und „Modernisierung“ auf, wobei die Begriffe mitunter synonym verwendet werden. In anderen Fällen stehen sie allerdings auch für konträre Ansätze. Ich möchte zunächst die genannten Begriffe zu definieren versuchen um dann einen Begriff festzulegen, mit dem ich im weiteren Verlauf meiner Hausarbeit arbeiten möchte.
Unter dem Begriff der „Amerikanisierung“ versteht Fritz Plasser einen einseitig gerichteten Konvergenzprozess, bei dem sich die Wahlkampfpraxis in Westeuropa der in den USA anpasst. (Vgl. Plasser 2000: 50) Strittig ist, ob es sich dabei nur um eine „Imitation dort vorherrschender Kommunikationspraktiken“ handelt, „die zumeist oberflächlich bleibt“ (Esser/Pfetsch 2003: 48), oder ob diese Veränderungen auch strukturelle Auswirkungen auf Institutionen des politischen Systems wie z.B. die Parteien haben.
Die Anhänger des Modernisierungsansatzes vertreten dagegen die These, die Veränderungen seien als endogen zu betrachten, d. h. sie beruhten letztlich auf strukturellen Veränderungen in allen drei an der Wahlkampfkommunikation beteiligten Gruppen: sowohl der Wähler als auch der Parteien und der Medien. Der Ursprung dieses Veränderungsprozesses liege dabei in der funktionalen Ausdifferenzierung der Gesellschaft begründet und finde in allen Repräsentativdemokratien statt, die Länder reagierten hierauf allerdings mit differierenden „spezifisch nationalen Anpassungsleistungen“. (Esser/Pfetsch 2003: 49)
Auch der Modernisierungsansatz sieht dabei eine Orientierung der politischen Akteure an den Vereinigten Staaten, da diese sich in einem fortgeschrittenen Stadium der Modernisierung befänden: (Vgl. Donges 2000: 36)
Die Parteien orientieren sich also am Vorbild USA um auf Veränderungen in Gesellschaft und Mediensystem eingestellt zu sein, bevor sie von diesen strukturellen Veränderungen überholt werden. Im Unterschied zum „Amerikanisierungsansatz“ sind die USA jedoch weniger „Quelle der Veränderungen, sondern ein mögliches Vorbild“.(Donges 2000: 36) Professionalisierung der Wahlkampfführung kann definiert werden als „Verlagerung der Kampagnenorganisation aus den Parteien hin zu den Spezialisten der persuasiven Kommunikation“. (Holtz-Bacha 1999: 10) Diese Professionalisierung des Wahlkampfes gilt vielen Autoren als Hauptmerkmal der Amerikanisierung.
Die kurzen Definitionen der Begriffe „Amerikanisierung“, „Modernisierung“ und „Professionalisierung“ sollten einleitend einen Überblick über die Diskussion in der Literatur zu Wahlkämpfen und helfen die Aufgabenstellung dieser Arbeit zu verdeutlichen.
In dieser Hausarbeit soll es nicht um die Frage gehen, ob die neuen Wahlkampfpraktiken einseitig aus den USA übernommen wurden oder ob die Veränderungen Folgen eines von den USA unabhängigen sozialen Wandels sind. Stattdessen möchte ich in der wissenschaftlichen Untersuchung einen Schritt zurückgehen und untersuchen, ob sich die Merkmale einer „Amerikanisierung“, die in der Literatur immer wieder genannt werden, überhaupt konkret im Bundestagswahlkampf 2002 nachweisen lassen. Denn vielfach wird aus Ähnlichkeiten aus verschiedenen Wahlkämpfen der vergangenen Jahre mit den amerikanischen Wahlkämpfen bereits auf eine – z. T. recht unterschiedlich verstandene – „Amerikanisierung“ geschlossen. Dabei werden Widersprüche und Unterschiede in der wissenschaftlichen Beweisführung vielfach ignoriert. In meiner Analyse des Bundestagswahlkamps 2002 möchte ich dagegen genauer beschreiben, welche Merkmale auftreten, aber auch worin sich die auftretenden Merkmale zwischen den Vereinigten Staaten und Deutschland unterscheiden.
3. Indikatoren der Amerikanisierung
Patrick Donges erklärt, dass dem Amerikanisierungsbegriff eine klare Bedeutung fehle, da sowohl der Gegenstand, auf den sich die „Amerikanisierung“ beziehe, als auch die Merkmale, die unter dem Begriff zusammengefasst werden, unklar seien. Zudem sei undeutlich, welcher der beteiligten Akteure und Gruppen – Parteien, Medien und Wähler – das Subjekt der „Amerikanisierung“ sei, diese also aktiv und initiativ vorantreibe. (Vgl. Donges 2000: 27)
Darum möchte ich zunächst festlegen, welchen Gegenstand ich von einer „Amerikanisierung“ betroffen sehe und auf welcher Ebene (Parteien, Medien oder Wähler) ich diese „Amerikanisierung“ untersuchen möchte. Anschließend werde ich festlegen, welche Merkmale ich unter dem Begriff der „Amerikanisierung“ fasse um mit diesem im Verlauf meiner Hausarbeit weiter arbeiten zu können.
Die überwiegende Mehrzahl der Autoren versteht den Wahlkampf, genauer den Bundestagswahlkampf, als Gegenstand, der von einer „Amerikanisierung“ betroffen sei. (Vgl. Radunski 1996: 33; Kamps 2000: 9; Plasser 2000: 49) Auch in meiner Arbeit soll es um Veränderungen in der Wahlkampfführung gehen, auch wenn einzelne Autoren den Begriff „Amerikanisierung“ weiter fassen und darunter auch Veränderungen in der gesamten Politikdarstellung und in der politischen Kultur anzeigen. (Blum 1999, zitiert nach Donges 2000: 27)
Patrick Donges erklärt, es sei unklar, welche der drei an der Wahlkampfkommunikation beteiligten Akteure und Gruppen – Parteien, Medien und Wähler – diejenigen sind, die eine „Amerikanisierung“ entweder als Subjekt aktiv vorantreiben oder ihr als Objekt unterliegen. (Donges 2000: 28)
In meiner Arbeit soll es primär um die Nutzung von Wahlkampfinstrumenten gehen, damit ist implizit bereits ausgedrückt, dass ich Phänomene auf der Ebene der Parteien untersuchen möchte.
Die Autoren verwenden einen sehr unterschiedlichen Katalog von Kriterien, an denen sie die Amerikanisierung festmachen. Christine Holtz-Bacha sieht die „Professionalisierung“ als Hauptmerkmal der Amerikanisierung. Unter „Professionalisierung“ versteht sie, dass „Experten die Aufgaben übernehmen, die einst von Parteimitgliedern erbracht wurden, und sich der Erkenntnisse des Marketings sowie des Kommunikationsmanagements bedienen.“ (Holtz-Bacha 1999: 44) Andere häufig als Merkmale für eine „Amerikanisierung“ genannte Erscheinungen wie die Personalisierung oder die Verwendung von Marketing- Techniken sind demzufolge aus den veränderten Bedingungen für Politikvermittlung abzuleiten und werden als Folgen dieser Professionalisierung betrachtet. (Vgl. Holtz-Bacha 1999: 45)
Fritz Plasser führt dagegen sogar acht charakteristische Komponenten der politischen Kampagnen auf, nämlich „Medien- und TV- Wahlkampf“, „Personalisierung“, „Professionalisierung“, „Angriffswahlkampf“, „Ereignismanagement“, „Political Marketing“ und „Cyber Campaigning“. (Plasser 2000: 55)
Falter/Römmele erläutern in diesem Zusammenhang die „Personalisierung“, die „Rolle der Spin- Doctors“ und die „Verwendung von Marketing- Techniken“. (Falter/Römmele 2002: 51)
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