Denkt man an Germanen, so wird oft die Legende von blutigen Ritualmorden, archaischen Stammesstrukturen und rückständiger Technik tradiert. Es scheint, als habe das antike Bild der Germanen mit ihren "wild blickenden blauen Augen, dem rötlichen Haar und den großen Gestalten" bis heute Gültigkeit .
Interessant ist es deshalb, das Germanenbild jener antiken Autoren zu untersuchen, die das bis in unsere Zeit nachwirkende Bild lieferten. Besonders relevant sind dabei Caesar und Tacitus, denn ihre Schriften enthalten die wichtigsten erhaltenen ethnographischen Informationen über die Völkerschaften, die rechts des Rheins lebten. Darüber hinaus prägten sie das für Jahrhunderte gültige Germanenbild.
Was auch immer eine korrekte Definition des Begriffs "Germane" – sofern es diese überhaupt geben kann – sei: Das in den Quellen Widergespiegelte ist nicht unbedingt identisch mit der Realität. Die Art der Widerspiegelung aber erklärt sich aus einem Apparat von Voraussetzungen, denen der Autor verhaftet ist. Wesentlich gehören dazu Ziel und Zweck seiner Arbeit, die hier nicht aus den Augen verloren werden dürfen.
Da nach antiker Vorstellung "der Germane" den Barbaren schlechthin verkörperte, wird zunächst ein kurzer Überblick zur Entwicklung des Barbarenbegriffs gegeben, der sich sehr früh in der griechischen Antike entwickelte und von den Römern im Zuge ihrer Hellenisierung übernommen wurde. Nach einer knappen Darstellung des Lebens und des Werks Caesars wird sein Germanenbegriff untersucht, um dann sein Germanenbild anhand der oben genannten Stellen unter systematischen Gesichtspunkten zu untersuchen. Im zweiten Teil der Analyse wird nach der Darstellung des Lebens und Werks Tacitus’ sein Germanenbegriff und –bild untersucht, um schließlich einen systematischen Vergleich des caesarischen und taciteischen Germanenbildes anzustellen. Eine unterschiedliche Behandlung der Quellen ist die unvermeidbare Konsequenz zweier verschiedener literarischer Produkte: Ein Kriegsbericht liefert notwendigerweise andere Informationen als eine monographische Ethnographie. Ziel dieser Arbeit ist es nicht primär, die in den Quellen dargestellten Fakten auf ihre Richtigkeit hin zu untersuchen und daraufhin eine These zu ihrem Wahrheitsgehalt aufzustellen, sondern das nachwirkende Bild zu analysieren, das Caesar und Tacitus von "den Germanen" prägten.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der antike Barbarenbegriff
- Das Germanenbild Caesars im De bello Gallico
- C. Iulius Caesar: Leben und Werk
- Inhalt der vorliegenden Quelle: De bello Gallico I, IV und VI
- Der Germanen- und Germanienbegriff Caesars
- Das Bild des „rex Germanorum“ Ariovist
- Germanische Volkseigenschaften
- Das Bild eines germanischen Stammes: Die Sueben
- Die Germanen als „Volk“
- Vorbemerkungen
- Religion, Lebensweise und Kleidung
- Landwirtschaft
- Wanderungstrieb, Kriegstüchtigkeit und Gefährlichkeit
- Gefolgschaftswesen und Gastfreundschaft
- Caesars Vergleich zwischen Galliern und Germanen und der Hercynische Wald als Spiegel des germanischen Geistes
- Das Germanenbild des Tacitus
- P. Cornelius Tacitus: Leben und Werk
- Inhalt der Quelle: De origine et situ Germanorum liber (Germania)
- Der Germanenbegriff Tacitus’
- Das Bild der Germanen
- Die Germania
- Das äußere Erscheinungsbild der Germanen
- Landeskunde, Bodenerzeugnisse und Handel
- Politische Führung und Sozialordnung
- Religion
- Thing und Gefolgschaftswesen
- Siedlungsweise und Wohnstätten
- Kleidung
- Ehe, Stellung der Frau und Kindererziehung
- Fehde und Geselligkeit (Gastfreundschaft, Tagesablauf, Nahrung und Spiele)
- Totenbestattung
- Die Sueben und die Nordostgrenzen Germaniens
- Tacitus’ persönliche Meinung und Intention
- Das spätere Germanenbild Tacitus’: Die Historien und Annalen
- Die Germania
- Synthese und Vergleich des caesarischen und taciteischen Germanenbildes
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Darstellung der Germanen bei Caesar und Tacitus, um die Entstehung und Entwicklung des antiken Germanenbildes zu analysieren. Dabei wird der Fokus auf die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Beschreibungen gelegt, um ein umfassenderes Verständnis der damaligen Wahrnehmung dieser Völker zu gewinnen.
- Der antike Barbarenbegriff und seine Entwicklung
- Analyse des Germanenbegriffs bei Caesar und Tacitus
- Vergleich der Beschreibungen germanischer Lebensweisen und Eigenschaften
- Untersuchung der Intentionen und der jeweiligen Quellenlage bei Caesar und Tacitus
- Die Rolle von Topoi und Vorurteilen in der Konstruktion des Germanenbildes
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik ein und erläutert die Bedeutung der Quellen Caesars und Tacitus für das antike und heutige Germanenbild. Kapitel 2 skizziert die Entwicklung des Barbarenbegriffs in der Antike. Kapitel 3 analysiert Caesars Darstellung der Germanen in seinem De Bello Gallico, fokussiert auf seine Beschreibungen verschiedener germanischer Stämme und deren Lebensweisen. Kapitel 4 untersucht Tacitus' Germania und seinen Ansatz bei der Beschreibung germanischer Kultur und Gesellschaft. Die Arbeit endet mit einem Vergleich der beiden Perspektiven, bevor das letzte Kapitel, welches die Schlussfolgerungen enthält, ausgelassen wird, um Spoiler zu vermeiden.
Schlüsselwörter
Germanen, Barbaren, Caesar, Tacitus, De Bello Gallico, Germania, Antike, Ethnographie, Volk, Topoi, Vorurteile, Römer, gesellschaftliche Strukturen, Lebensweise.
- Quote paper
- Esther Maier (Author), 2005, Das Germanenbild bei Caesar und Tacitus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/125190