Ist ein Zustand von dauerhaftem Frieden zwischen den Menschen angesichts der menschlichen Erfahrung von Leid und Krieg eine reine Utopie? - so lautet das Thema dieser Arbeit. Der Verfasser geht sein Thema aus zwei verschiedenen Blickrichtungen - dem der Gegenseitigkeits- und Antizipationslogik und dem der politischen Anthropologie an. Dabei kommt er unter dem ersten Aspekt zu dem Ergebnis, dass Friede im Kontext einer Ordnung von Recht und Gewalt stets nur kurzfristig und regional begrenzt den Frieden zu sichern vermag, was er an historischen Beispielen zu belegen versucht. Unter dem zweiten Aspekt, dem der politischen Anthropologie, kommt er zu einem ähnlichen Ergebnis. Da die Friedenssicherung im Kontext einer Ordnung von Macht und Gewalt stets von einer politischen Anthropologie à la Thukydides, Machiavelli und Hobbes ausgehe - von einem tendenziell pessimistischen Menschenbild also - könne sie nur von begrenzter Reichweite sein. Das Anliegen des Verfassers ist es letztlich nachzuweisen, dass diese 'negative' Anthropologie durch eine 'positive' ersetzt werden müsse, wenn man das Ziel dauerhaften Friedens ernst nehme. Letztlich streben alle Menschen nach Frieden, betrachten diesen aber erst als erreicht, wenn ihre Ziele wenigstens annäherungsweise erreicht würden und ihre Bedürfnisse gestillt. Dies führe tatsächlich zu dem Hobbes'schen bellum omnium contra omnes. Da den Menschen das Bedürfnis nach Frieden aber letztlich eingeboren sei, bleibe ihnen nichts anderes übrig als auf der Suche nach dem Guten den von Platon vorgezeichneten Erkenntnisweg des Philosophen zu beschreiten. Und diesen Erkenntnisweg zeichnet der Verfasser in stetem Blick auf das platonische Sonnen- und Höhlengleichnis - man ist geradezu versucht, zu sagen: liebevoll - nach.
Nur so könne er über Stufen und dornenvolle Wegstrecken (zu denen u.a. auch die Beachtung der aristotelischen Mesotes-Lehre gehöre) zur Herstellung des Friedens im Erkennenden selbst und durch seine Vermittlung dann schließlich auch in der Gesellschaft gelangen. Schließlich habe es einen Zustand des Friedens schon einmal gegeben, zumindest sei er als alter Menschheitstraum im Bewußtsein der Völker präsent, was am Beispiel des Rousseau'schen Discours, aber auch anhand der verschiedenen Erinnerungskulturen vom "Goldenen Zeitalter", von der "Traumzeit", vom "Paradies" etc. belegbar sei.
Inhaltsverzeichnis
- A Das Paradox von Krieg und Frieden. Eine Betrachtung von Außen.
- B Die menschliche Erfahrung von Leid und Krieg - Friede als Utopie?
- I. Der Krieg als politische Realität. Von der Unmöglichkeit des Friedens im Kontext einer Ordnung von Macht und Gewalt.
- 1. Politischer Realismus, warum er berechtigt ist.
- 2. Die politische Ordnung, warum sie bedenklich ist.
- 3. Krieg als ethisch legitimes Mittel der Politik?
- 4. Actio = reactio, oder hinein in den unbegrenzten Kriegszustand!
- 5. Warum das System den Menschen zum Handeln zwingt.
- 6. Der Krieg als auswegsloses Schicksal des Menschen?
- II. Der Friede als natürliche Wahrheit. Vom natürlichen Ursprung des Menschen als eines friedlichen Wesens.
- 1. Die Hypothese vom friedlichen Naturzustand.
- 2. Der Verfall - Verlust des Friedens in den Ketten der Unfreiheit.
- III. Die historischen Ordnungen des Friedens als empirischer Ausdruck eines politischen Strebens nach Frieden.
- IV. Von der unbegrenzten Natur des Friedens. Was bedeutet Friede über die politische Konzeption hinaus?
- V. Innerer Friede durch Umkehr und Einkehr. Von der grundsätzlichen Notwendigkeit einer Herrschaft des Philosophen.
- 1. Vom Ort des Friedens - eine Reise ins innere Selbst.
- 2. Die Überwindung der inneren Zerrissenheit des Menschen.
- 3. Erforschen wir den geistigen Frieden!
- 4. Von der Wendung des Blicks zur innerlichen Einkehr.
- 5. Die Fähigkeit des Philosophen zur vernünftigen Selbstherrschaft.
- VI. Die Vernunft als Bedingung einer natürlichen Ordnung des Friedens. Über Utopie und Realität eines Friedens der Gewaltfreiheit.
- 1. Die Vernunft als handlungsleitendes Prinzip.
- 2. Über die vernünftige Handlung zur Natur der Tugend.
- 3. Das Beispiel Gandhi - die natürliche Tugend der Gewaltfreiheit.
- 4. Tugendhaftigkeit als bewusste Entscheidung für das gute Leben.
- VII. Der Aufstieg des Philosophen von der Dunkelheit ans Licht. Wandel im Bewusstsein als Bedingung für vernunftgemäße Erkenntnis.
- 1. Wandel im Bewusstsein durch Selbsterkenntnis.
- 2. Vom geistigen Aufstieg des Philosophen ans Licht.
- 3. Oben angekommen, was erkennt der Philosoph im Licht?
- VIII. Einsicht in die vernunftgemäße Ordnung der Natur. Was ist die Idee des Guten, wer bewirkt sie?
- 1. Die Idee des Guten, was sie bedeutet.
- 2. Die Wissenschaft erkennt sie nicht, aber der Philosoph?
- 3. Über das Gute, das die Idee bewirkt.
- IX. Die Verwirklichung der Idee des Guten - oder der Weg in die Einheit einer natürlichen Ordnung des Friedens.
- C Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Magisterarbeit untersucht das Paradox von Krieg und Frieden aus philosophischer Perspektive. Sie hinterfragt die Möglichkeit eines dauerhaften Friedens im Angesicht der menschlichen Geschichte, die von Gewalt und Konflikt geprägt ist. Die Arbeit analysiert den Krieg als politische Realität und den Frieden als natürliches Streben des Menschen.
- Das Paradox von Krieg und Frieden in der Menschheitsgeschichte
- Der Krieg als politisches Instrument und seine ethische Legitimität
- Der Friede als natürlicher Zustand des Menschen und seine historische Entwicklung
- Die Rolle der Vernunft und der Tugend für den Frieden
- Die Möglichkeit eines Friedens der Gewaltfreiheit
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel A betrachtet das Paradox von Krieg und Frieden aus der Perspektive eines außenstehenden Beobachters. Kapitel B, Teil I, analysiert den Krieg als politische Realität, untersucht den politischen Realismus und die Rolle von Macht und Gewalt in der internationalen Politik. Teil II beleuchtet den Frieden als natürlichen Zustand des Menschen. Teil III untersucht historische Versuche, Frieden zu erreichen. Kapitel B, Teil IV und V befassen sich mit der Natur des Friedens jenseits politischer Konzepte und der Bedeutung des inneren Friedens. Kapitel B, Teil VI und VII erörtern die Vernunft als Bedingung für Frieden und den Wandel im Bewusstsein als Voraussetzung für vernunftgemäße Erkenntnis. Kapitel B, Teil VIII und IX befassen sich mit der Idee des Guten und ihrem Bezug zum Frieden.
Schlüsselwörter
Krieg, Frieden, Politischer Realismus, Gewaltfreiheit, Vernunft, Tugend, Philosophie, Naturzustand, Menschheitsgeschichte, Utopie, Gandhi.
- Quote paper
- Helmut Wagner (Author), 2008, Die menschliche Erfahrung von Leid und Krieg - Friede als Utopie?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/124972