Unsere Sprachgewohnheiten, unsere Begriffe und Bilder, die wir verwenden bestimmen letztlich, wie wir die Welt wahrnehmen. Unsere Sprache modelliert wesentlich unsere Vorstellungswelt. Aus der Sprache der Räuber und Vaganten, dem Rotwelsch, können wir viel über ihr Leben und ihre Umwelt erfahren. Diese sogenannte Gaunersprache, entwickelten die entlassenen Söldner im 12 und 13. Jahrhundert aus dem Mittelhochdeutschen (Mhd.). Das Rotwelsch besitzt ein reiches Vokabular für Gebiete, die Bettler, Gauner und Räuber, angehen, denn die Sprache wurde hauptsächlich vom fahrenden Volk, Gesindel, von Taschen- und Glücksspielern seit Jahrhunderten verwendet und ist teilweise heute noch erhalten, was diese Arbeit aufzuzeigen versuchen wird. Der Wortschatz ist für Außenstehende und Nichteingeweihte unverständlich und geheim. Bei der Wortschöpfung wurden zum einen Wörter aus der deutschen Sprache umgedeutet oder umfunktioniert sowie ungebräuchliche, wenig bekannte Ausdrücke aufgegriffen. Zum anderen wurden fremdsprachliche Wörter übernommen, denn das fahrende Volk kam vor allem mit der Sprache jüdischer Händler und Hausierer, dem Jiddisch, in Berührung, welches seinerseits für die Mehrheit der Bevölkerung unverständliche hebräische Wörter aus dem religiösen Bereich enthält. Hebräische Wörter und Entlehnungen gelangten so über das Jiddische in die Geheimsprache dieser Randgruppe. Es ergaben sich witzige bis boshafte Umdeutungen. Die Wörter setzten sich aber auch aus zigeunerischen und italienischen Ausdrücken zusammen bzw. sind es heute noch. In diesem Zusammenhang ist die Untersuchung der Lebenssituationen dieser besonderen Gruppen, d.h., Vaganten, Räuberbanden, Juden und Zigeuner, nicht von minderer Wichtigkeit. Das Rotwelsch erlebte sein hoch vor allem im 18. aber auch im angehenden 19. Jh. Ursache hierfür war das Ausmaß der Armut in der Frühen Neuzeit. Etwa 10% der Bevölkerung gehörten zu den beständig armen Menschen, weitere 20% gehörten der unterprivilegierten Gesellschaftsschicht an, die je nach Konjunktur in die Armut hineingesogen werden konnten, so daß zu Krisenzeiten bis zu 80% der Bevölkerung potentiell von Armut bedroht waren. Der Kampf gegen die Bettelei, den Diebstahl, den Warenschmuggel, die Landstreicherei oder die Prostitution war ein wichtiges sozialpolitisches Thema der Frühen Neuzeit. Juden, Zigeuner, Landstreicher, Diebe, Räuberbanden und Prostituierte wurden allesamt ´in einen Topf geworfen`. [...]
Inhaltsverzeichnis
- Forschungsansatz
- Geschichtlicher Rückblick: Die soziale Herkunft der Kriminellen
- Vaganten
- Zigeuner und Juden
- Gauner und Räuber
- Geheime Gaunerzeichen
- Pilotstudie: Vorkommen und Häufigkeit von 100 Wörtern aus dem Rotwelsch
- Ihr Ursprung und ihre Wortbedeutung
- Die Etymologie der Testwörter
- Einteilung der Begriffe in sprachliche Sachgruppen
- Häufigkeit der Wörter in anerkannten Wörterbüchern: Darlegung und Auswertung
- Stilistische Klassifikation
- Vorkommen der Wörter in der Literatur
- Zusammenfassung und Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Geschichte und den gegenwärtigen Gebrauch des Rotwelsch, einer Geheimsprache von Vaganten, Gaunern und anderen Randgruppen. Die Zielsetzung ist es, die etymologischen Wurzeln der Wörter zu erforschen und deren Bedeutung im historischen und gesellschaftlichen Kontext zu analysieren.
- Die historische Entwicklung des Rotwelsch und seine sozialen Wurzeln
- Die etymologische Analyse von 100 Rotwelsch-Wörtern
- Die sprachlichen Sachgruppen und die Bedeutung der Wortwahl
- Die stilistische Klassifizierung und der gegenwärtige Sprachgebrauch
- Die gesellschaftliche Bedeutung des Rotwelsch als Ausdruck von Armut und Ausgrenzung
Zusammenfassung der Kapitel
Forschungsansatz: Dieser Abschnitt legt den methodischen Rahmen der Arbeit dar, beschreibt die Herangehensweise an die Analyse des Rotwelsch und benennt die verwendeten Quellen, insbesondere etymologische Wörterbücher wie das von Friedrich Kluge. Es wird die Auswahl der 100 untersuchten Wörter begründet und die Methodik der Auswertung erläutert. Der Fokus liegt auf der Verbindung von sprachwissenschaftlicher Analyse und historischem Kontext.
Geschichtlicher Rückblick: Die soziale Herkunft der Kriminellen: Dieses Kapitel beleuchtet die sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen der Frühen Neuzeit, die zur Entstehung und Verbreitung des Rotwelsch führten. Es skizziert die Lebensumstände von Vaganten, Zigeunern, Juden und anderen Randgruppen, die durch Armut und gesellschaftliche Ausgrenzung marginalisiert wurden. Der Fokus liegt auf der Darstellung der Ursachen von Kriminalität im Kontext von sozialer Exklusion und dem Zusammenhang zwischen Armut und der Entwicklung einer eigenen, Geheimsprache zur Selbstbehauptung und Solidarität.
Pilotstudie: Vorkommen und Häufigkeit von 100 Wörtern aus dem Rotwelsch: Dieser Abschnitt präsentiert die Ergebnisse der Untersuchung von 100 ausgewählten Rotwelsch-Wörtern. Er analysiert deren etymologische Herkunft, die Einteilung in semantische Gruppen und die Häufigkeit ihres Auftretens in anerkannten Wörterbüchern. Die stilistische Klassifizierung der Wörter und ihre Verwendung in der Literatur werden ebenfalls untersucht. Der Schwerpunkt liegt auf der Darstellung der sprachlichen Struktur und Entwicklung des Rotwelsch und dem Vergleich mit der Standardsprache.
Schlüsselwörter
Rotwelsch, Gaunersprache, Geheimsprache, Vaganten, Zigeuner, Juden, Armut, Kriminalität, Frühe Neuzeit, Etymologien, Sprachgeschichte, Soziale Ausgrenzung, Wortbedeutung, Sprachwandel.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Arbeit: "Rotwelsch: Eine sprachwissenschaftliche Untersuchung"
Was ist der Gegenstand der vorliegenden Arbeit?
Die Arbeit untersucht die Geschichte und den gegenwärtigen Gebrauch des Rotwelsch, einer Geheimsprache von Vaganten, Gaunern und anderen Randgruppen. Der Fokus liegt auf der etymologischen Analyse von 100 Rotwelsch-Wörtern und deren Bedeutung im historischen und gesellschaftlichen Kontext.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt die historische Entwicklung des Rotwelsch, seine sozialen Wurzeln, die etymologische Analyse von 100 ausgewählten Wörtern, die sprachlichen Sachgruppen und die Bedeutung der Wortwahl, die stilistische Klassifizierung und den gegenwärtigen Sprachgebrauch sowie die gesellschaftliche Bedeutung des Rotwelsch als Ausdruck von Armut und Ausgrenzung.
Welche Methoden wurden in der Arbeit angewendet?
Die Arbeit verwendet eine sprachwissenschaftliche Methode, die die etymologische Analyse von Wörtern mit der Untersuchung ihres historischen und gesellschaftlichen Kontextes verbindet. Es werden etymologische Wörterbücher, wie das von Friedrich Kluge, als Quellen herangezogen. Die Auswahl der 100 untersuchten Wörter wird begründet und die Methodik der Auswertung erläutert.
Welche historischen Gruppen werden im Zusammenhang mit Rotwelsch untersucht?
Die Arbeit beleuchtet die Lebensumstände von Vaganten, Zigeunern, Juden und anderen Randgruppen der Frühen Neuzeit, die durch Armut und gesellschaftliche Ausgrenzung marginalisiert wurden und Rotwelsch verwendeten.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in die Abschnitte Forschungsansatz, Geschichtlicher Rückblick (mit Unterabschnitten zu Vaganten, Zigeunern und Juden, Gaunern und geheimen Gaunerzeichen), Pilotstudie (mit Unterabschnitten zur Etymologie, Wortbedeutung, Häufigkeit, stilistischen Klassifikation und dem Vorkommen in der Literatur), sowie Zusammenfassung und Fazit. Ein Inhaltsverzeichnis und eine Liste der Schlüsselwörter sind enthalten.
Welche Ergebnisse liefert die Pilotstudie?
Die Pilotstudie analysiert die etymologische Herkunft von 100 ausgewählten Rotwelsch-Wörtern, ihre Einteilung in semantische Gruppen, die Häufigkeit ihres Auftretens in anerkannten Wörterbüchern, ihre stilistische Klassifizierung und ihre Verwendung in der Literatur. Der Schwerpunkt liegt auf der Darstellung der sprachlichen Struktur und Entwicklung des Rotwelsch und dem Vergleich mit der Standardsprache.
Welche Schlüsselwörter beschreiben die Arbeit am besten?
Schlüsselwörter sind: Rotwelsch, Gaunersprache, Geheimsprache, Vaganten, Zigeuner, Juden, Armut, Kriminalität, Frühe Neuzeit, Etymologien, Sprachgeschichte, Soziale Ausgrenzung, Wortbedeutung, Sprachwandel.
- Quote paper
- Jasmina Cirkic (Author), 2002, Rotwelsch in der deutschen Gegenwartssprache, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/12487