Der Ansatz, den ich mit dieser Arbeit verfolgen möchte, geht dahin, naturwissenschaftliche Inhalte und Arbeitsmethoden zu einer Zeit bei den Kindern positiv zu besetzen, in der noch ein ursprüngliches Interesse spürbar ist. Die Unterrichtseinheit „Der Luft auf der Spur“ ergab sich aus einer konkreten Situation im Unterrichtsalltag einer zweiten Jahrgansstufe. Beim Lüften des Klassenraumes schlug die geöffnete Klassentür zu, ohne dass die Ursache für die Kinder erkennbar war. Aufgeschreckt durch den lauten Knall mutmaßten die Kinder, wer oder was die Tür bewegt hatte. Während einige Kinder bereits die durch die Fenster einströmende Luft als Verursacher vermuteten, wurde deutlich, dass für andere Kinder Luft als Verursacher nicht in Frage kam. Sie setzten Luft mit „nichts“ gleich.
Im ersten Kapitel soll der theoretische Hintergrund zum methodischen Schwerpunkt Experimentieren beschrieben werden, der in der vorliegenden Arbeit von zentraler Bedeutung ist. Es werden zwei verschiedene Ansätze des Experimentierens beleuchtet. Von hoher Relevanz für die Planung der Einheit erscheint mir die fachlich-wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Literatur zum thematischen Schwerpunkt „Luft“. Anschließend wird dargestellt, welche Lernvoraussetzungen in Bezug auf die Methoden sowie Vorerfahrungen, Vorstellungen und Fragen die Kinder zum Thema Luft mitbringen.
Die Lernvoraussetzungen, die theoretische und sachliche Auseinandersetzung mit den Schwerpunkten der Arbeit bilden die Basis meiner didaktischen Überlegungen, aus denen hervorgeht, auf welchen Wegen ich das Thema für die Unterrichtseinheit inhaltlich aufbereiten kann.
In methodischen Überlegungen werden die Abwägungen und Entscheidungen der methodischen Strukturierung des Lernprozesses sowie grundsätzliche Alternativen innerhalb der Einheit vorgestellt.
Wie ich die didaktisch-methodischen Entscheidungen umsetze, skizziere ich in Kurzform anhand eines tabellarischen Überblicks. Zwei für den Schwerpunkt der Arbeit und das Unterrichtsvorhaben zentrale Stunden werden ausführlich beschrieben, konkretisiert und reflektiert.
Als eine von mehreren Evaluationsmöglichkeiten wird am Beispiel eines ausgewählten Schülerheftes die Lernentwicklung aufgezeigt.
Den Abschluss der Arbeit bildet die Gesamtreflexion. Die Auswertung des Unterrichtsvorhabens und die Auseinandersetzung mit zu Beginn der Planung entstandenen Fragestellungen werden vor dem Hintergrund der gesammelten Erfahrungen vorgenommen.
Inhaltsverzeichnis
VORWORT
EINLEITUNG
1. THEORETISCHE ÜBERLEGUNGEN ZUM EXPERIMENTIEREN IM SACHUNTERRICHT
1.1 BEGRIFFLICHE GRUNDLEGUNG DES WISSENSCHAFTLICHEN EXPERIMENTS
1.2 EXPERIMENTIEREN IM SACHUNTERRICHT
1.3 ZWEI UNTERSCHIEDLICHE ANSÄTZE
1.3.1 FREIES EXPERIMENTIEREN
1.3.2 ANGELEITETES EXPERIMENTIEREN
1.3.3 FAZIT
2. SACHANALYTISCHE ÜBERLEGUNGEN ZUM THEMA LUFT
2.1 ZUSAMMENSETZUNG DER LUFT
2.2 EIGENSCHAFTEN DER LUFT
2.2.1 WARME LUFT STEIGT NACH OBEN
2.2.2 LUFT IST EIN KÖRPER UND KANN EINGESCHLOSSEN WERDEN
2.2.3 LUFTWIDERSTAND – LUFT KANN BREMSEN
2.2.4 LUFT IM WASSER
2.2.4.1 WIE KOMMT DIE LUFT AUF NATÜRLICHE WEISE INS WASSER?
2.2.4.2 WIE FÄNGT MANT MAN DIE LUFT IM WASSER EIN?
3. L ERNVORAUSSETZUNGEN
3.1 SOZIOKULTURELLE LERNVORAUSSETZUNGEN
3.2 FACHLICHE LERNVORAUSSETZUNGEN
3.3 LERNVORAUSSETZUNGEN IN BEZUG AUF DIE METHODEN
3.4 VORERFAHRUNGEN UND VORSTELLUNGEN DER LERNGRUPPE ZUM THEMA LUFT
4. F ACHDIDAKTISCHE Ü BERLEGUNGEN ZUR E INHEIT
4.1 FACHDIDAKTISCHE ÜBERLEGUNGEN ZUR METHODE DES EXPERIMENTIERENS
4.2 FACHDIDAKTISCHE ÜBERLEGUNGEN ZUM THEMA LUFT
4.3 DIDAKTISCHE REDUKTION UND SCHWERPUNKTSETZUNG
4.4 LERNZIEL DER UNTERRICHTEINHEIT
5. M ETHODISCHE Ü BERLEGUNGEN ZUR U NTERRICHTSEINHEIT
5.1 ZENTRALE METHODEN DER UNTERRICHTSEINHEIT
5.1.1 PROBLEMORIENTIERTES EXPERIMENTIEREN – DIE FORSCHERMETHODE
5.1.2 ARBEIT IN FORSCHERTEAMS
5.1.3 PRÄSENTATIONS- UND REFLEXIONSPHASEN
5.1.4 DOKUMENTATIONSPHASEN
5.1.5 LERNPRODUKT – PERSÖNLICHES FORSCHERHEFT
5.2 METHODISCHE AUFBAU DER UNTERRICHTSEINHEIT
6. PRAKTISCHE UMSETZUNG DER UNTERRICHTSEINHEIT „DER LUFT AUF DER SPUR“
6.1 TABELLARISCHER ÜBERBLICK ÜBER DIE UNTERRICHTSEINHEIT
6.2 DARSTELLUNG DER 5. + 6. STUNDE ZUR PROBLEMSTELLUNG „KANN MAN LUFT EINSPERRREN?“
6.2.1 DIDAKTISCHE ÜBERLEGUNGEN ZUR 5. + 6. STUNDE
6.2.2 LERNZIEL
6.2.3 METHODISCHE ÜBERLEGUNGEN ZUR 5. + 6. STUNDE
6.2.4 VERLAUFSPLAN
6.2.5 VERLAUF UND REFLEXION DER 5. + 6. STUNDE
6.3 DARSTELLUNG DER 11. + 12. STUNDE ZUR PROBLEMSTELLUNG „KANN MAN LUFT INS WASSER BRINGEN?“
6.3.1 LERNVORAUSSETZUNGEN
6.3.2 DIDAKTISCHE ÜBERLEGUNGEN ZUR 11. + 12. STUNDE
6.2.3 LERNZIEL
6.3.4 METHODISCHE ÜBERLEGUNGEN ZUR 11. + 12. STUNDE
6.2.5 VERLAUFSPLAN
6.3.6 VERLAUF UND REFLEXION DER 11. + 12. STUNDE
7. EVALUATION DER LERNPROZESSE FORSCHERHEFT
7.1 AUSWERTUNG AM BEISPIEL EINES AUSGEWÄHLTEN FORSCHERHEFTES
7.2 FAZIT
8. GESAMTREFLEXION
8.1 AUSWERTUNG DER DIDAKTISCHEN UND METHODISCHEN ENTSCHEIDUNGEN
8.2 AUSBLICK
LITERATURVERZEICHNIS
ANHANG
VORWORT
Das Experimentieren zählt heutzutage in Wissenschaft und Wirtschaft zur grundlegenden und bedeutsamen Forschungsmethode. Die neuesten, in Deutschland und in den Niederlanden durchgeführten Studien belegen jedoch, dass Schüler1 im naturwissenschaftlichen Unterricht kaum imstande sind, anhand von Experimenten neue Einsichten zu gewinnen.2 Beim internationalen PISA-Test, der „auf das Verständnis naturwissenschaftlicher Denk- und Arbeitsweisen sowie die Anwendung des Wissens im lebensweltlichen Kontext zielte“, lag der Mittelwert der deutschen Schüler unter dem internationalen Durchschnitt.3 Das mag viele Gründe haben. Einerseits ist die allgemeine Wertschätzung der Naturwissenschaften in Deutschland relativ gering. Andererseits gibt die seit vielen Jahren prägende Unterrichtskultur wenig Gelegenheit für eigenständiges Denken und Problemlösen. Ein Demonstrationsversuch oder stark angeleitete Experimente im Unterricht sind noch keine Garantie für einen Erkenntniszuwachs bei den Schülern. Oft genug bleiben die Lehrervorführungen „auf der Ebene des Zaubertricks stehen, haben allenfalls Unterhaltungswert, aber gewinnen nicht die gesamte Aufmerksamkeit der Lernenden.“4 Bei den angeleiteten Schülerexperimenten kommen das eigenständige Planen, Auswerten, Interpretieren, vor allem die Phantasie und Kreativität der Schüler sowie Vielfältigkeit der Arbeitsergebnisse zu kurz.
Die Notwendigkeit einer naturwissenschaftlichen Ausbildung begründet sich in der ökonomischen, individuellen, kulturellen, gesellschaftlichen und ökologischen Relevanz. Eine Forderung der IGLU- Autoren geht dahin, das Interesse von Kindern an naturwissenschaftlichen Themen schon dann im Unterricht zu nutzen, wenn es noch im großen Maße spürbar ist.5 Kinder im Grundschulalter stellen die typischen W - Fragen: "Warum ist das so?" Damit bringen sie „ein ausgezeichnetes Potential für einen anregenden, verständnisorientierten Naturwissenschaftsunterricht“6 mit. Selbstverständlich muss dabei auf eine dem Alter angemessene Auswahl der Unterrichtsinhalte und –methoden geachtet werden, die sich auf einer konkret-handelnden Ebene bewegen. Es lassen sich aber schon viele Möglichkeiten für entdeckendes und problemlösendes Lernen entwickeln.
EINLEITUNG
Der Ansatz, den ich mit dieser Arbeit verfolgen möchte, geht dahin, naturwissenschaftliche Inhalte und Arbeitsmethoden zu einer Zeit bei den Kindern positiv zu besetzen, in der noch ein ursprüngliches Interesse spürbar ist. Die Unterrichtseinheit „Der Luft auf der Spur“ ergab sich aus einer konkreten Situation im Unterrichtsalltag einer zweiten Jahrgansstufe. Beim Lüften des Klassenraumes schlug die geöffnete Klassentür zu, ohne dass die Ursache für die Kinder erkennbar war. Aufgeschreckt durch den lauten Knall mutmaßten die Kinder, wer oder was die Tür bewegt hatte. Während einige Kinder bereits die durch die Fenster einströmende Luft als Verursacher vermuteten, wurde deutlich, dass für andere Kinder Luft als Verursacher nicht in Frage kam. Sie setzten Luft mit „nichts“ gleich.
Die unterschiedlichen Vorstellungen und Vorerfahrungen bildeten die Grundlage für diese Unterrichtseinheit. Für mich stellte sich dabei die Frage, inwiefern mein Unterrichtsvorhaben die Kinder dazu bewegen kann, zu kleinen wissbegierigen Naturforschern zu werden. Dies bezieht sich vor allem auf Überlegungen, in welcher Weise ich das Naturphänomen Luft durch spielerisch-experimentelle Zugänge in den Interessenhorizont der Kinder bringen kann. Sind die Kinder dieses Alters überhaupt motiviert, sich mit diesem Thema im Rahmen des Unterrichts auseinander zu setzen oder würden sie es eher ablehnen? Es soll weiter festgestellt werden, ob der methodische Schwerpunkt „Experimentieren“ in Verknüpfung mit dem Thema „Luft“ einen sinnvollen Rahmen bieten, die fachlichen Qualifikationen wie das selbständige Planen, Durchführen und Auswerten herauszubilden.
Im ersten Kapitel soll der theoretische Hintergrund zum methodischen Schwerpunkt Experimentieren beschrieben werden, der in der vorliegenden Arbeit von zentraler Bedeutung ist. Es werden zwei verschiedene Ansätze des Experimentierens beleuchtet. Von hoher Relevanz für die Planung der Einheit erscheint mir die fachlich-wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der Literatur zum thematischen Schwerpunkt „Luft“. Vor allem sollen die wesentlichen sachlichen Aspekte des Themas wie die Zusammensetzung und die Eigenschaften der Luft analysiert werden. Diese geben Aufschluss darüber, wo Lernprozesse ansetzen können und bilden daher die Grundlage für mein pädagogisches Handeln.
Anschließend wird dargestellt, welche Lernvoraussetzungen in Bezug auf die Methoden sowie Vorerfahrungen, Vorstellungen und Fragen die Kinder zum Thema Luft mitbringen.
Die Lernvoraussetzungen, die theoretische und sachliche Auseinandersetzung mit den Schwerpunkten der Arbeit bilden die Basis meiner didaktischen Überlegungen, aus denen hervorgeht, auf welchen Wegen ich das Thema für die Unterrichtseinheit inhaltlich aufbereiten kann.
In methodischen Überlegungen werden die Abwägungen und Entscheidungen der methodischen Strukturierung des Lernprozesses sowie grundsätzliche Alternativen innerhalb der Einheit vorgestellt.
Wie ich die didaktisch-methodischen Entscheidungen umsetze, skizziere ich in Kurzform anhand eines tabellarischen Überblicks. Zwei für den Schwerpunkt der Arbeit und das Unterrichtsvorhaben zentrale Stunden werden ausführlich beschrieben, konkretisiert und reflektiert.
Als eine von mehreren Evaluationsmöglichkeiten wird am Beispiel eines ausgewählten Schülerheftes die Lernentwicklung aufgezeigt.
Den Abschluss der Arbeit bildet die Gesamtreflexion. Die Auswertung des Unterrichtsvorhabens und die Auseinandersetzung mit zu Beginn der Planung entstandenen Fragestellungen werden vor dem Hintergrund der gesammelten Erfahrungen vorgenommen.
1. THEORETISCHE ÜBERLEGUNGEN ZUM EXPERIMENTIEREN IM SACHUNTERRICHT
1.1 BEGRIFFLICHE GRUNDLEGUNG DES WISSENSCHAFTLICHEN EXPERIMENTS
Zu Beginn beschäftige ich mich mit dem zentralen Begriff dieser Arbeit: dem "Experiment". Der Begriff leitet sich von dem lateinischen Wort "experiti" ab, welches übersetzt so viel wie "versuchen, auf die Probe stellen, prüfen" 7 bedeutet. Bis zur Renaissance wurde "Experiment" gleichbedeutend mit Erfahrung gebraucht. „Die Methode des Experimentierens hatte also ihren Ursprung im Beobachten, dem Vergleichen, dem Messen und der Formulierung von Behauptungen, deren Wahrheitsgehalt sich an der Bestätigung oder Widerlegung der auf Erfahrung begründeten Gesetzmäßigkeiten beweisen ließ.“8 Seit FRANCIS BACON9 greift das moderne Experiment gezielt in die Natur ein und gilt in den Realwissenschaften als charakteristische Forschungsmethode und „Königsweg zur Prüfung von Kausalitätshypothesen“. 10
Die Lexikondefinition aus dem großen Brockhaus ist idealtypisch: „Das Experiment ist die wichtigste empirische Methode der modernen Naturwissenschaft. Grundforderungen, die an das Experiment gestellt werden, sind planmäßige Vorbereitung, Wiederholbarkeit zu beliebiger Zeit und an beliebigem Ort zum Zweck der Ausschaltung von Zufallsmomenten und im Sinne der allgemeinen Nachprüfbarkeit sowie die Variierbarkeit der Bedingungen des Experiments.“ 11
In der Pädagogik hat das Experimentieren eine Tradition.12 Das Experiment im streng wissenschaftlichen Sinne unterscheidet sich sehr stark von den in der Schule üblicherweise durchgeführten Experimenten. Das Gewinnen einer neuen Erkenntnis durch eine Beobachtung bezeichnet streng genommen noch kein Experiment. Da das Sachunterrichtsexperiment für die weiteren Ausführungen von zentraler Bedeutung ist, erhält es im Folgenden eine genauere Beschreibung.
1.2 EXPERIMENTIEREN IM SACHUNTERRICHT
Das Experimentieren im Sachunterricht darf nicht in strenger traditioneller Betrachtung gesehen werden, da es mit Ansprüchen verbunden ist, die insbesondere von Grundschülern im Anfangsunterricht nicht eingelöst werden können. „Was das Experiment voraussetzt – den Einblick in den komplexen Zusammenhang einer Naturerscheinung, die Fähigkeit zur Entwicklung von Hypothesen, das technische Geschick zur Kontrolle von Variablen -, fehlt Kindern und ist der Situation ihres Lebens fremd.“13
Vielmehr soll das Sachunterrichtsexperiment den Kindern den unbeschränkten Zugang zu den Naturwissenschaften ermöglichen. Dabei sollen nicht die Ergebnisse der Forschung jedem Kind in gleichem Maße vermittelt und die Begrifflichkeit auswendig gelernt werden, wie es die Ansätze der Wissenschaftsorientierung in den siebziger Jahren aus ihren naiven Annahmen taten, sondern der Ausgangspunkt des wissenschaftlichen Forschens – das Etwas-Rauskriegen-Wollen – soll gepflegt werden.14 Experimentieren beinhaltet somit die Ausbildung geistiger Grundhaltung, die zur Problemlösung befähigen soll. In dieser Form entspricht das Experiment der entdeckenden Form eines naturwissenschafts- und handlungsorientierten Unterrichts.
„Das experimentelle Lösen von Problemen im Grundschulalter hat einen spielerischen Charakter und beinhaltet daher immer Elemente des probierenden Vorgehens.“15 Den Kindern in ihrem Drang nach dem „Verstehen-Wollen-der-Welt“ ist eher das Erforschen zueigen. „Was passiert wohl, wenn …“ ist eine Frage, die sich das Kind beim freien Herumprobieren stellt.16 KORNELIA MÖLLER stellt die Vorform des experimentellen Problemlösens als schrittweise Annäherung an einen sinnvollen Versuchaufbau folgendermaßen dar: 17
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Die Punkte dieses Schemas entsprechen den im Rahmenplan unter fachlichen Qualifikationen geforderten Arbeitsschritten.18 Das Ziel des naturwissenschaftlichen Sachunterrichts ist es, die Kinder über das konkrete Handeln und Probieren an das experimentelle Problemlösen heranzuführen.19
Naturwissenschaftliche Arbeitsweisen wie z. Gegenstände sammeln, Beobachten, Fragen formulieren, Hypothesen bilden, Arbeitsschritte planen und durchführen, Ergebnisse reflektieren, Modelle für Erklärungen entwickeln, Begründungen verwerfen, neu erproben, Ergebnisse dokumentieren sind Teilfertigkeiten des experimentellen Verfahrens.20
Zusammenfassend begründet sich das Einbeziehen der Experimentiermethode in den Unterricht durch folgende didaktische Effektivitätskriterien: Fortführung der kindlichen Spiel- und Experimentierfreude, Ermöglichung des selbständigen Lernens, Anregung selbst initiierter und selbst gesteuerter Aktivitäten, Vermittlung von emazipatorischen Qualifikationen, Förderung von Problemlösefähigkeit.21
Beim Einsetzen der Experimentiermethode muss sich die Lehrperson bewusst machen, dass der große Zeit- und Materialaufwand zu Geschäftigkeit der Schüler und „Herumexperimentieren“ zu gedankenlosen Handlungen führen können, Anstrengungen und Schwierigkeiten bei der Durchführung der Experimente nicht immer mit Lernergebnissen korrelieren und didaktische Reduktion beim Unterrichtsexperiment unvermeidbar ist.22
1.3 ZWEI UNTERSCHIEDLICHE A NSÄTZE ZUME XPERIMENTIEREN
1.3.1 FREIES EXPERIMENTIEREN
Schüler haben eine natürliche Experimentierlust, die im Unterricht zum Lernen genutzt werden kann.23 Beim freien, spielerischen Experimentieren erhalten die Kinder die Möglichkeit, das Material ohne bestimmte Zielrichtung spielerisch zu erproben. Die Lerngegenstände können von den Kindern oder von der Lehrerin in den Unterricht eingebracht und auf einem Experimentiertisch oder in einer Forscherecke in einem didaktischen Arrangement angeboten werden. Die Auswahl der Materialien kann die Offenheit der Situation gewährleisten oder auch einschränken. 24
Der Freiraum beim Experimentieren bereitet den Kindern Freude und wirkt sich positiv auf die Vielfalt der Entdeckungen der Kinder aus. Das Material wird in seiner ganzen Bandbreite erforscht. Beim freien Experimentieren können die Schüler ihre Erfahrungen und Vorkenntnisse sehr gut einbringen und somit oftmals die Versuche in eine bestimmte Richtung lenken. Sie können sich an den Mitschülern orientieren, ihre Versuche einander vorstellen und gegenseitig nachbauen.25
Auch das freie Experimentieren beinhaltet eine ständige gedanklich Auseinandersetzung und gleichzeitig einen handelnden Umgang mit dem Unterrichtsstoff. Beim freien Experimentieren müssen von den Kindern keine Vermutungen aufgestellt werden. Vielmehr sollen die Kinder durch das Herumprobieren und das Manipulieren mit und an Gegenständen beobachten, was jeweils passiert. Die Deutung der Ergebnisse muss nicht die Erklärung der Phänomene beinhalten. Das freie Experimentieren stellt für die Schüler eine echte Forschungssituation dar, da es sich für sie um die Entdeckung von etwas "Neuem" handelt. Somit nehmen sie eine forschende Haltung ein, die die Grundeinstellung eines jeden Experimentes ist.
1.3.2 ANGELEITETES EXPERIMENTIEREN
Beim angeleiteten Experimentieren wird die spielerische und freie Aktivität der Kinder eingeschränkt. Dies ist eine Methode, um im Unterricht zielgerichtet vorzugehen. Beim angeleiteten Experimentieren bilden oft die handelsüblichen oder von der Lehrerin selbst erstellten Karteikarten bzw. Arbeitsblätter die Basis. Sie geben den Kindern Anregungen für gezielte Versuche, Arbeits- und Beobachtungsaufgaben.26 Die Schüler befolgen die Anweisungen, führen die Experimente jedoch selbständig durch. Der Handlungsspielraum der Kinder variiert in Abhängigkeit von der Konzeption der Vorlagen. Zeichnungen und sprachliche Beschreibungen müssen von den Kindern in Handlung übertragen werden und ermöglichen so die Einübung von Fähigkeiten und Fertigkeiten wie z. B. „lnformationen aus Texten und Skizzen heraussuchen“, „Wichtiges vom Unwichtigen unterscheiden“27. Die Lehrerin und auch die Mitschüler können Hilfestellung geben. Die gewonnenen Erkenntnisse, Einsichten und Ergebnisse werden auf den Arbeitsblättern durch Zeichnungen, Erklärungsversuche, teilweise auch durch Wortergänzungen oder Ankreuzen festgehalten. Dies erfordert eine Reflexion. Auf diese Weise gewonnene Erkenntnisse müssen anschließend verbalisiert werden, damit sie ausgewertet werden.28 Diese Methode macht es erforderlich, dass alle Schüler oder eine Schülergruppe unabhängig von ihren Vorkenntnissen und Interessenlagen zur gleichen Zeit das Gleiche denken, das Gleiche tun und sich für das Gleiche interessieren. Das zeitgleiche Arbeiten an einem Experiment, sei es im Klassenverband oder in der Kleingruppe, zwingt möglicherweise das Kind etwas zu tun, was es nicht tun will und gleichzeitig etwas zu unterdrücken, was es gern täte. Die Versuchsmaterialien müssen in der Gruppenanzahl angeschafft werden. Die Arbeitsblätter müssen so gestaltet sein, dass die Schüler unabhängig von dauernden Erklärungen der Lehrperson werden.
1.3.3 Fazit
Ob die Lehrperson den Schülern im Sachunterricht ein völlig freies Experimentieren ermöglicht oder zunächst anleitet, hängt von der Klassensituation, den bereits eingeübten Arbeitsmethoden sowie vom Lerngegenstand selbst ab. Einige Phänomene wie z. B. Wasser sind den Kindern soweit vertraut, dass sie ohne weitere Anleitungen spielerisch mit dem Material umgehen und eine Vielzahl von Erkenntnissen sammeln können. Die anderen Phänomene wie z. B. Feuer bedürfen schon aus Sicherheitsgründen einer größeren Anleitung.
2. SACHANALYTISCHE ÜBERLEGUNGEN ZUM THEMA LUFT
2.1 ZUSAMMENSETZUNG DER LUFT
Die Luft ist eine der wichtigsten gasförmigen Mischungen und besteht aus folgenden Gasen: Stickstoff (N2)hat mit 78,1 % den größten Anteil, gefolgt von Sauerstoff (O2)mit20,9%.Den Rest von 1 % teilen sich Kohlendioxid (CO2)mit 0,03 % mit den Edelgasen wie Argon Helium, Neon, Krypton, Xenon und Wasserstoff mit 0,97 %. Der Sauerstoff ist für die Aufrechterhaltung der Lebensvorgänge von besonderer Wichtigkeit, das Kohlendioxid wird von den Pflanzen bei der Photosynthese genutzt. Weiter enthält die Luft Staub, Dreck, Wasserdampf und vieles mehr.29
Im Schalenaufbau der Erde konzentriert sich die Luft in der Troposphäre und reicht von der Erdoberfläche an je nach Abgrenzung bis 2000 km. In der Stratosphäre befindet sich die für das Leben auf der Erde wichtige Ozonschicht, die für unsere Haut gefährliche UV-Strahlung zum großen Teil absorbiert.30 Der Übergang in den Weltraum erfolgt stufenweise.
2.2 EIGENSCHAFTEN DER LUFT
2.2.1 WARME LUFT STEIGT NACHOBEN
Durch Erwärmung kann der Luftdruck verringert werden, denn erwärmte Luft dehnt sich aus, verliert an Dichte, wird leichter und steigt nach oben. Kalte Luftschichten mit höherer Dichte strömen nach. Die so entstehenden Luftbewegungen bezeichnet man als Wind.
2.2.2 LUFT ISTEIN KÖRPER UND KANN EINGESCHLOSSEN WERDEN
Luft ist aus physikalischer Sicht ein gasförmiger Körper, der den ganzen zur Verfügung stehenden Raum ausfüllt und andere Körper verdrängen kann. Genauso wie auf die anderen Körper wirkt auf die Luft die Schwerkraft. „Das Gewicht der Luft erzeugt einen Luftdruck, genannt absoluter Druck. ln der Nähe des Erdbodens gilt etwa: 1 m3 Luft hat die Masse von rund 1 kg und die Gewichtskraft von rund 10 N. Der Luftdruck ändert sich mit den Wetterverhältnissen und nimmt mit der Höhe ab.“31 Eingeschlossene Luft hat genauso wie andere Gase bereits von sich aus einen absoluten Druck, der durch Zusammenstöße der beweglichen Moleküle untereinander und mit Gefäßwänden entsteht. In der Luft gibt es eine unheimlich große Anzahl der Moleküle, daher ist die Zahl der Zusammenstöße sehr groß. In einer Sekunde gibt es auf 1 cm2 der Gefäßwände ca. 1023Zusammenstöße. Obwohl der Stoß eines einzelnen Moleküls sehr schwach ist, ist die Wirkung aller Zusammenstöße ausschlaggebend und erzeugt somit den Gasdruck. Der in der abgeschlossenen Luft erzeugte Druck wird nach allen Richtungen in gleicher Größe weitergeleitet. Komprimiert man das Volumen auf die Hälfte, so muss die Druckkraft verdoppelt werden. Verdoppelt man das Volumen, so verringert sich die Druckkraft (das „Federn“) auf die Hälfte. 32 Den zahlenmäßigen Zusammenhang zwischen der Volumen- und Druckänderung eines abgeschlossenen Gasesbeschreibtdas Gesetz von Boyle-Mariotte: V1 · p1 = V2 · p2, T = konst. Das Produkt aus Volumen und Druck ist in einem abgeschlossenen Gas bei gleich bleibender Temperatur immer konstant.33
2.2.3 LUFTWIDERSTAND - LUFT KANN BREMSEN
Wenn man mit dem Auto oder Fahrrad unterwegs ist, steigt der Luftwiderstand stärker an als die Geschwindigkeit. Wovon hängt der Luftwiderstand grundsätzlich ab? Die Dichte q der Luft spielt eine Rolle. Im Wasser ist der Widerstand z. B. viel größer als in der Luft. Weiter hängt der Luftwiderstand von der Querschnittfläche A ab. Wenn man die Hand aus einem fahrenden Auto heraushält, spürt man deutlich, ob man sie parallel oder quer zum Wind hält. Die Fahrzeugindustrie ist seit ca. 20 Jahren bemüht, möglichst stromlinienförmige Fahrzeuge zu bauen, um den Benzinverbrauch zu reduzieren. Man nennt diese Zahl den Luftwiderstandsbeiwert c W.DiesisteinMaß für den aerodynamischen Widerstand, dem ein Körper in einem Luftstrom ausgesetzt ist. Dieser Faktor ist nur von der Form des Körpers, nicht von seiner Größe abhängig.
Der wichtigste Faktor ist die Strömungsgeschwindigkeit v. Je schneller man sich bewegt, desto stärker ist der Widerstand. Der Luftwiderstand vervierfacht sich, wenn man die die Geschwindigkeit verdoppelt. Den Luftwiderstandkönneneinniedriger c w -Wertund eine kleine projizierte Frontfläche reduzieren, den größeren Einfluss hat aber der Fahrer durch die Variation seiner Geschwindigkeit.34 Somit errechnet sich der Luftwiderstand nach folgender Formel35:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
2.2.4 LUFT IMWASSER
Da die Luft ein Körper ist, erfährt sie beim Eintauchen ins Wasser eine Auftriebskraft, die dem Betrag nach gleich dem Gewicht der verdrängten Wassermenge ist.
Der Auftrieb kommt dadurch zustande, dass auf die Unterseite des eingetauchten Körpers ein höherer hydrostatischer Druck wirkt als auf die Oberseite. Die auf die Seiten wirkenden Kräfte heben sich auf.36 Kommt die Luft ungeschützt ins Wasser, z. B. indem sie mit einem Strohhalm rein geblasen wird oder aus einer offenen leeren Flasche ins Wasser gelangt, nimmt sie die Form einer Kugel an, weil Gase sich nach allen Richtungen gleich ausweiten. Die Luft unter Wasser bildet somit Blasen. Auf die Luftblasen wirken zwei Kräfte: die senkrecht nach unten gerichtete Schwerkraft sowie die senkrecht nach oben gerichtete Auftriebskraft.37
Da der Betrag der Auftriebskraft größer als der der Gewichtskraft ist, bewegt sich die Luftblase, durch die resultierende Kraft angetrieben, nach oben. Sie steigt zur Wasseroberfläche. Ein Gegenstand, dessen mittlere Dichte niedriger ist als die des Wassers, steigt bis er schwimmt, d. h. nur noch eine seinem Gewicht entsprechende Flüssigkeitsmenge verdrängt. Die Luftblase bleibt dagegen nicht an der Wasseroberfläche schwimmen, sondern vermischt sich mit der übrigen Luft im Raum, weil die Luft wie andere Gase kein festes Volumen, sondern jeden Raum gleichmäßig ausfüllt.
2.2.4.1 WIE KOMMT DIE LUFT AUF NATÜRLICHE WEISE INS WASSER ?
„Das Wasser reichert sich überall dort mit Luft an, wo es mit ihr in Berührung kommt. Besonders viel Luft löst sich in bewegten, schnell fließenden Gewässern. Wasserfälle, Wasserwirbel und Wellenschlag sorgen für eine gute Durchmischung des Wassers mit Luft.“38 Durch die Photosynthese gelangt der Sauerstoff ebenfalls ins Wasser. Es findet ein ständiger Gasaustausch zwischen Umgebungsluft und Wasser statt. „Mit Licht werden in den Pflanzen (Grünpflanzen, Algen, Plankton und Phytoplankton) aus Kohlendioxid und Wasser Sauerstoff und Zucker gebildet. Der Sauerstoff wird im Wasser absorbiert und den Wasserbewohnern so “zugänglich” gemacht, während der Zucker als Energielieferant von der Pflanze benötigt wird.“39
2.2.4.2 WIE FÄNGT MAN DIEL UFTIM WASSER EIN ?
Möchte man die Luft im Wasser einfangen, so bedarf es eines Gefäßes. Eine Möglichkeit bietet das Prinzip der Taucherglocke: „Ein nach unten offener Behälter wird mit der Öffnung nach unten ins Wasser gedrückt. So kann die Luft nicht entweichen. Sie wird im oberen Teil des Behälters durch den Druck des Wassers zusammengedrückt. In dieser Luftblase kann ein Mensch einige Zeit atmen. Auch heute dienen stählerne Taucherglocken, die durch Druckluft wasserfrei gehalten werden, als beweglicher Arbeitsraum für Arbeiten unter Wasser wie Schiffsreparaturen.“40 Sicherlich ist es auch möglich, die Luft in jedem geschlossenen Gefäß unter Wasser einzufangen. In beiden Fällen muss man Kraft anwenden um die Auftriebskraft der Luft zu überwinden.
3. LERNVORAUSSETZUNGEN
3.1 SOZIOKULTURELLE LERNVORAUSSETZUNGEN
Die Klasse 2c setzt sich inzwischen aus 20 Kindern zusammen, 12 Mädchen und 8 Jungen. Das Alter der der Schüler liegt zwischen 7 und 10 Jahren. Nach den Weihnachtsferien kamen zwei Jungen neu in die Klasse. Sascha wiederholt das zweite Schuljahr. Anfangs wirkte er sehr verschlossen und gehemmt. Im Laufe des zweiten Schuljahres gewann er zunehmend an Sicherheit und Offenheit. An manchen Tagen fällt es ihm noch schwer, sich in den Ablauf des Schultags zu fügen und schulische Anforderungen zu befolgen. Sanjiv ist dagegen gut in die Klassengemeinschaft integriert. Zu weiteren Details verweise ich auf die im Dezember 2003 angefertigte Lerngruppenanalyse, in die bei der e. g. –Seminarleiterin Frau Harff (Studienseminar GHRS Frankfurt) Einblick genommen werden kann.
3.2 FACHLICHE LERNVORAUSSETZUNGEN
Insgesamt lässt sich feststellen, dass die meisten Kinder den Themen des Sachunterrichts i. d. R. interessiert gegenüberstehen, was sich unter anderem in aktiver Mitarbeit im Unterricht und in der Vorbereitungsphase sowie dem Einbringen eigener Ideen und Fragen äußert. Ob freiwillig oder auf Aufforderung bringen sie Bücher, Bilder oder andere Materialien mit, die im direkten Zusammenhang mit aktuellen Themen stehen und die wir als Arbeitsmaterial oder weitere Informationsquelle nutzen können. Im 2. Schuljahr wurde bisher an den Themen „Apfel“, „Herbst“, „Gemeinschaft, Freundschaft, Streit“, „Pausenspiele“, „Haustiere“ und „Kalender“ gearbeitet. Die Leistungsfähigkeit und das Arbeitstempo sind dabei sehr heterogen, was innere Differenzierung des Unterrichts unumgänglich macht.
3.3 LERNVORAUSSETZUNGEN IN BEZUG AUF DIE METHODEN
Wichtig für eine Passung der Unterrichtsgestaltung mit der betroffenen Lerngruppe sind auch die methodischen Vorerfahrungen der Kinder. Die Kinder sind an das selbständige Erarbeiten von neuen Unterrichtsinhalten an den Tischgruppen sowie das anschließende Zusammentragen der Arbeitsergebnisse und inhaltliche Reflexion in Sitzkreisen gewöhnt. Das soziale Lernen fördernde Arbeitsformen wie gelten in der Klasse als durchgängige Unterrichtsprinzipien und werden regelmäßig durchgeführt.
Ebenso ist das handlungsorientierte Arbeiten mit konkretem Material für die Kinder Alltag. Schließlich ist den Schülern auch der Einsatz von Lernspielen sehr vertraut.
Die Methode Experiment haben die Schüler bereits im ersten Schuljahr zu den Themenkomplexen „Schwimmen und Sinken“ und „Wasser“ kennen gelernt. Hierbei gingen sie genau nach meiner mündlichen Anleitung vor, hatten jedoch in einigen Bereichen die Freiheit wie z. B. Auswählen der Gegenstände aus dem Klassenraum. Bevor sie ein Experiment durchführten, stellten sie auch Vermutungen auf, die jedoch aufgrund der noch nicht vollständig erworbenen Schriftsprache nicht festgehalten werden konnten. Die Entdeckungen und Ergebnisse wurden in Form von Zeichnungen oder Tabellen dokumentiert und präsentiert. Das Übernehmen der Eigenverantwortung beim Planen der Experimente, die zunehmend selbständige Organisation verschiedener Materialien sowie das Entwickeln und Reflektieren eigener Experimente, wie es in dieser Einheit praktiziert werden sollte, sind der Lerngruppe, abgesehen von ihren außerschulischen Erfahrungen, neu.
3.4 V ORERFAHRUNGEN UND VORSTELLUNGEN DER KLASSE ZUM T HEMA LUFT
Bereits eine Woche vor Beginn der Einheit wurde mit den Kindern das Thema für die weiteren Sachunterrichtsstunden festgelegt. In diesem Zusammenhang wurden auch Absprachen getroffen, dass die Schüler im Laufe der Woche Materialien zum Experimentieren mitbringen sollen, die dann auf den Experimentiertischen gesammelt werden. Auch Eltern wurden in einem Elternbrief über das Vorhaben informiert und um Unterstützung gebeten.41 Im Laufe der Woche füllten sich nicht nur die Experimentiertische, sondern auch der Klassenraum. Der zu Beginn der Einheit bestückte Klassenraum bot folgende Materialien an: Flaschen, Luftballons, Strohhalme, Jogurtbecher, Trichter, Bälle, Tischtennisbälle, Luftpumpen, Luftmatratzen, Schwimmflügel, aufblasbare Tiere, Klebeband, Experimentierkästen, Bücher, Experimentierbücher.42 Während der ganzen Woche, in der die Materialien gesammelt wurden, gingen die Schüler vor dem Schulbeginn an die mitgebrachten Sachen. Es war zu beobachten, dass sich die Kinder in unterschiedlicher Weise mit den Materialien befassten. Während viele Kinder ihre Luftmatratzen und Tiere aufbliesen und anschließend mit aufgeblasenen Sachen spielten, beschäftigten sich die anderen mit ihnen schon bekannten verblüffenden Versuchen oder Zaubertricks, die sie den anderen vorführten.
In der ersten Stunde stellten die Schüler ausgewählten Partnern in Form eines Basars ihre mitgebrachten Sachen vor. Danach erhielten die Schüler die Aufgabenstellung, im Klassenraum nach der Luft zu suchen, wobei die mitgebrachten und in der Klasse stehenden Materialien zur Lösung der Aufgabe einbezogen werden durften.
Die Aktivitäten der Kinder waren sehr vielfältig: Die Plastiktüten wurden aufgeblasen, durch Schwingen wurde die Luft eingefangen, Luftballons wurden mit Luftpumpe oder Strohhalm aufgeblasen, die Luft wurde aus dem Trichter herausgesaugt, die Luft wurde in die Glasflaschen gepustet bis sie beschlugen, ein kleiner Tischtennisball wurde mit Hilfe des Strohhalms schwebend in der Luft gehalten. Äußerungen wie „Luft ist überall!“, „Die Flasche beschlägt. Das ist die Luft. Man kann sie sehen!“, „Das Pusten in die Flasche erzeugt einen Ton. Man kann die Luft hören!“, „Luft schiebt die Gegenstände weiter!“, „Die geblasene Luft ist wärmer, deswegen beschlägt die Flasche!“, „Wenn ich in den Becher puste, kommt die Luft zurück. Ich fühle sie auf meinem Gesicht!“ verdeutlichen, wie viele Phänomene die Kinder mit der Luft in Verbindung setzen.
Bereits in der zweiten Stunde der Einheit wurden die Schüler als Luftforscher dazu angeregt, ihre Alltagserfahrungen, Vorstellungen und Forscherfragen frei zu assoziieren und in schriftlicher sowie mündlicher Form zu äußern.43 In diesem Kapitel gehe ich nur auf die Vorerfahrungen und Vorstellungen der Kinder ein, auf die Fragen beziehe ich mich unter 4.3. Auffallend war die unerwartete Fülle von Vorerfahrungen der Schüler. Die Erfahrungen der Schüler im Zusammenhang mit dem Phänomen Luft sind konkret und in inhaltliche Zusammenhänge eingebettet: „Flieger fliegen durch die Luft.“ oder „Wenn man einen Staubsauger einschaltet, kann man die Luft hören und mit der Hand fühlen.“ Die Verbindung des Phänomens Luft mit dem Thema Atmung ist wie auch bei anderen Umfragen zu diesem Thema44 sehr augenfällig. Zwölf Kinder der Lerngruppe erwähnten diesen Aspekt. Ein Kind verwendete sogar den Begriff Sauerstoff. Ein Mädchen der Klasse weiß bereits, dass in der Luft Bakterien leben. Am zweithäufigsten nannten die Kinder, dass man die Luft hören kann. Aber auch Fühlen und Riechen kamen verhältnismäßig oft vor. Das Wahrnehmen eines Phänomens mit den körpereigenen Sinnen steht den Kindern einerseits sehr nahe, andererseits wirkte in den Schülern sicherlich die erste Stunde der Unterrichtseinheit. Viele Kinder erwähnten auf ihrem Forscherzettel die Alltagsgegenstände wie Ball, Luftmatratze und Heißluftballon, deren Funktion durch eingeschlossene, komprimierte Luft beschrieben wird. Zwei Kinder nannten die treibende und zerstörerische Wirkung der Luft. Zwei Schüler wissen offensichtlich, dass die warme Luft nach oben steigt, und begründeten damit das Steigen von Flugzeugen. Dies verdeutlicht noch einmal, dass die Schüler bereits ein breites Spektrum an Vorerfahrungen und Vorkenntnissen mitbringen, diese jedoch teilweise noch unstrukturiert in ihrem Gedächtnis angelegt sind.
4. FACHDIDAKTISCHE ÜBERLEGUNGEN ZUR EINHEIT
4.1 FACHDIDAKTISCHE ÜBERLEGUNGEN ZUR METHODE DES EXPERIMENTIERENS
Das Experiment als Methode erlaubt dem Kind, sich seine Umwelt zu erschließen, sie forschend- eigenständig zu begreifen. Da das heutige Wissen einem starken Wandel unterzogen ist und auch nicht in dieser Reichweite zu erlernen ist, ist es wichtig, dass die Schüler Strategien und Techniken zum selbständigen Erkenntniserwerb erwerben. Die Fähigkeit, sich zu trauen, etwas herauszufinden, um somit Probleme erfolgreich anzugehen und „aktuelle und zukünftige Lebenswirklichkeit selbständig zu gestalten“45, ist sehr viel wert.
Das Experimentieren stellt eine der wesentlichen im Sachunterricht zu erwerbenden Schlüsselqualifikationen dar.46 Die experimentelle Methode entspricht dem natürlichen Vorgehen eines Kindes beim Erschließen seiner Welt.47 Das Kind hat bis zum Eintritt in die Schule fast alle Erfahrungen durch freies Experimentieren gewonnen. Die Experimentiermethode entspricht der Art des Denkens der Kinder und ihrem Erkenntnisgewinn.48 Sie ermöglicht „das mehrdimensionale Lernen und das Zusammenwirken von kognitiven, emotionalen und praxisorientierten Handlungen („Kopf-Herz-Hand“).“49 Unter dem Aspekt der "veränderten Kindheit", die durch Verarmung der sinnlichen Eindrücke gekennzeichnet ist, sollte dieser Methode ein besonderes Gewicht zukommen, weil sie Möglichkeiten für primäre Erfahrungen schafft. Als charakteristische Forschungsmethode in den Naturwissenschaften soll das Experiment nicht „die fertige Physik“ vermitteln und die „Vorverlegung des Stoffes der weiterführenden Schulen leisten“50, sondern vielmehr aus dem Blick der werdenden Physik „dem Motivationspotential und der Leidenschaft des Denkens der Schüler Freiheit geben“ und den Erkenntnisgewinn durch zunehmend selbständiges Arbeiten zu ermöglichen. MARTIN WAGENSCHEIN spricht sogar von einem großen Fehler, wenn es uns darum ginge, „falsche Vorstellungen rechtzeitig zu verhindern“.51 „Es geht nicht nur darum, ein Endergebnis im Sinne von „richtig“ und „falsch“ zu ermitteln, sondern vielmehr ist es der Prozess der Erfahrung selbst, der den gewünschten Lerneffekt beschreibt. Denn auch durch ein „falsches“ Ergebnis kann der Lernende wichtige Aussagen über das Erlernte machen.“52 So fordert der Rahmenplan unter dem Punkt Experimentieren folgendes fachliches Vorgehen: Fragen formulieren – Arbeitsschritte planen – ein Experiment durchführen – Ergebnisse dokumentieren – Ergebnisse reflektieren. Die Methode des Experimentierens stellt eine Art dar, sich seine Umwelt zu konstruieren. Hierbei handelt es sich um eine Verfahrensweise, die eine sehr bedeutsame Klärungs- und Zugangsweise für Umweltprobleme darstellt. Das Ausführen aller oben genannten Arbeitsschritte auf einmal ohne Erfahrungen in diesem Bereich stellt für das Kind einer zweiten Klasse jedoch eine Überforderung dar. Die Schüler sollen deshalb mit Hilfe der Einheit langsam und in Schritten herangeführt werden, zu lernen, ihren Arbeitsprozess selbständig zu planen, durchzuführen und auszuwerten. Für das Erlernen der fachlichen Qualifikationen brauchen die Schüler Raum und Zeit.
Ein Experiment ermöglicht dem forschenden Kind, sich in eine Situation zu versetzen, in der das noch unverstandene Problem ungelöst vor ihm steht, aber durch handelnden Umgang erschlossen werden kann. Durch „bohrende Beunruhigung“53 wird das Denken des Kindes ernsthaft motiviert. „Es beginnt Beziehungen zwischen Ursache und Wirkung herzustellen und zwischen seiner Beobachtung und der Wirklichkeit zu unterscheiden. Das ermittelte Forschungsergebnis wird weitere Fragen und Überlegungen aufwerfen“ und zur Weiterarbeit anspornen.54 Durch eine kritisch-prüfende Einstellung zu den Sachen und Sachverhalten kann das Kind im Laufe der Zeit zu einem zeitgemäßen Umweltverständnis gelangen. Der Schüler macht seine subjektiven, möglicherweise unbewussten Erfahrungen, und mit Hilfe des Experiments kann er im Sinne der Wissenschaftsorientierung zu allgemeingültigen Aussagen gelangen. Mögliche Wiederholungen der Experimente mit gleichem Ergebnis verdeutlichen zum einen die Überprüfbarkeit der gewonnenen Erkenntnisse, stellen zum anderen aber auch eine Differenzierung für schwächere Schüler dar.
Beim Experimentieren gelangen die Kinder vom freien spielerischen Handeln zu einem adäquaten sach- und sinnbezogenen Verhalten, mit Sachverhalten in verantwortlicher Weise umzugehen. Beim Vorstellen und Reflektieren der eigenen Erkenntnisse den anderen erhalten sie nach und nach Einsichten in den typischen Ablauf eines Experiments. Daneben lernen sie noch, dass die Erkenntnisse von anderen möglicherweise auch subjektiv gültig sind und durch einen neuen Versuch auf die Probe gestellt werden können. Denn Naturwissenschaften bieten kein sicheres und endgültiges Wissen. Auch hier wird oft mehr vermutet und spekuliert als dass eindeutige Beziehungen bzw. Ursachen ermittelt werden können.
Neben der Förderung der Motivation trainiert ein experimenteller Unterricht verstärkt die motorischen Fähigkeiten der Schüler.55 Sie setzen sich mit „konkreten Materialien und Vorgängen ihrer Lebenswelt auseinander und vergrößern durch Visualisierung der zum Teil komplizierten Alltagsgeschehnisse nicht nur ihren Lernerfolg, sondern fördern ebenso Phantasie und Kreativität.“. 56.
4.2 FACHDIDAKTISCHE ÜBERLEGUNGEN ZUM THEMA LUFT
Der Rahmenplan für das Fach Sachunterricht sieht das Thema Luft für die gesamte Grundschulzeit vor, wobei die Tragfähigkeit der Luft, die technische Nutzung und die Windkraft als Antrieb erst für den Unterrichtseinsatz ab dem 3. Schuljahr empfohlen werden. Es ist dem Lernfeld „Naturphänomene“ zugeordnet. Es sollen Experimente mit Luft durchgeführt, festgehalten, bildlich dargestellt und verglichen werden. 57
Einer der fachdidaktischen Grundsätze des Sachunterrichts ist, Themen aus der Umwelt der Kinder auszuwählen und sich dabei an ihren Erfahrungen zu orientieren. Luft kennen die Kinder aus ihrer Alltagswelt. Das Medium Luft ist allgegenwärtig, bildet die Grundlage allen Lebens auf der Erde. Die Lerngruppe verfügt über Kenntnisse bezüglich einzelner Teilaspekte, die zur täglichen Lebenserfahrung der Kinder gehören. Aus dem bereits durchgeführten Brainstorming geht hervor, dass die meisten Kinder der Lerngruppe mit Luft konkrete, von ihnen wahrgenommene Erscheinungen wie „Atmung“ und „bewegter Luft oder Wind“58 verbinden. Die enorme Vielschichtigkeit der Bedeutung von Luft, dem „immer vorhandenen, sich ständig wandelnden und kaum wahrnehmbaren Alltagsphänomen“59 ist den Kindern nicht bewusst. Zum zweiten ist Luft wegen ihrer ökologischen Bedeutung „ein Phänomen von großer gesellschaftlicher Relevanz, für dessen Erkennen wichtige Grundlagen in der Schule gelegt werden müssen, damit die Kinder später kompetent die mit Luft zusammenhängenden Umweltprobleme einzuschätzen vermögen. Wegen der Nicht-Voraussagefähigkeit zukünftiger Entwicklungen müssen möglichst breit gefächerte, aspektreiche Lernprozesse gefördert werden“60.
Trotz der Allgegenwärtigkeit und der hohen gesellschaftlichen Relevanz wird die Luft nur äußerst selten bewusst wahrgenommen. Diese ungenügende und lückenhafte Wahrnehmung ist in der Tatsache begründet, dass es sich bei dem Element Luft physikalisch gesehen zwar um einen Körper handelt, dieser jedoch im ursprünglichen Sinne schwer „fassbar“ ist. Die Luft ist also nicht anschaulich, sie ist der unmittelbaren Wahrnehmung entzogen. Kinder, die die Welt handelnd und mit allen Sinnen „ be-greifen “61,
geraten bei der Frage „Was ist Luft?“ an „die Grenzen der Reichweite“62 ihres Vorstellungsvermögens. Für das Kind ist die Luft nur mittelbar über ihre Wirkung zu begreifen. Bei allen Erfahrungen mit Luft nimmt das Kind nur die Wirkungen der Luft wahr und muss von ihnen aus gedanklich auf die Existenz der Luft schließen.63
Bei diesem abstrakten Gegenstand finden die üblichen Strategien der Kinder wie Betrachtung der Farbe und Form keine Anwendung. Die bei manchen Kindern entstandene Assoziation, Luft sei „nichts“, muss aufgegriffen und relativiert werden.
4.3 DIDAKTISCHE REDUKTION UND SCHWERPUNKTSETZUNG
Die Beschäftigung mit dem naturwissenschaftlichen Thema Luft bietet einen sehr handlungsorientierten, experimentellen Zugang. Für diese Unterrichtseinheit habe ich das riesige Spektrum, das das Thema Luft umfasst, eingegrenzt.
Am Anfang der Unterrichtseinheit forderte ich die Schüler auf, Fragen zum Thema Luft nach Maßgabe ihrer eigenen Interessen zu notieren. Das Formulieren eigener Fragen zu einem Thema ist eine der nach Rahmenplan aufzubauenden fachlichen Qualifikationen.64 „ln dem Augenblick, wo das Kind fragt, interessiert es sich unzweifelhaft für die Sache; dann ist sein Geist darauf gespitzt, die Erkenntnis aufzunehmen.“65 Diese Fragehaltung beherrscht den Unterricht in weiteren Phasen. Eine Auflistung aller Schülerfragen folgt im Anhang.66 Augenfällig bei der Auswertung der Fragen ist, dass die meisten Kinder Fragen stellen, die mit „Warum“ anfangen. Viele Kinder interessieren sich für die Erforschung der Fragen,
z. B. „warum die Luft unsichtbar ist, warum es im Weltraum keine Luft gibt oder woraus die Luft besteht“. Die Bearbeitung dieser Fragen möchte ich jedoch nicht zum Unterrichtsgegenstand machen, da die Antworten auf diese Fragen für die Zweitklässler sehr abstrakt sind und im Rahmen von Sachunterricht nicht experimentell erforscht und beantwortet werden können. Der Schwerpunkt meiner Unterrichtseinheit ist auf das Experimentieren gerichtet, deswegen grenze ich auch weitere Fragen, „warum die Luft so wichtig ist und wie die Luft auf die Erde kam“, aus. Diese Fragen können ebenfalls eher theoretisch als experimentell beantwortet werden.
Bei der Auswahl der Schülerfragen ist mir wichtig, dass sie einfach sind und die Schüler beim Durchführen der Experimente etwas beobachten können, was ihnen hilft, ihre Fragen zu beantworten.
Die Begründung der ersten Problemstellung: Für die erste Experimentierphase wähle ich die Schülerfrage
„Warum steigt ein Heißluftballon?“ aus. Zur Klärung und Verdeutlichung des Sachverhalts muss die Luft mit Hilfe des Feuers, der heißen Kochplatten oder Wassers erhitzt werden. Von den Kindern einer zweiten Klasse kann ich noch nicht erwarten, dass sie die Sachkompetenz zur Auswahl und Planung geeigneter Experimente aufweisen. Der Brandschutz steht an erster Stelle vor Befriedigung des Wissensdurstes. Es erscheint mir sehr sinnvoll, die angeleiteten Experimente mit der heißen Luft zu Beginn der Einheit durchzuführen. Das selbständige Planen der Experimente, freie Herumprobieren mit dem Feuer oder heißen Herdplatten halte ich bei einer zweiten Klasse ohne Vorkenntnisse zu diesem Lerngegenstand für bedenklich und gefährlich. Die Absicht und der Wunsch, die Kinder in der ersten Experimentierphase für das Forschen zu motivieren und zu begeistern, spielt bei der Auswahl der Frage eine erhebliche Rolle. Die ausgewählte Frage sowie die dazu von mir organisierten Versuche „ Kann ein Müllsack fliegen?“ und „ Gibt es einen Flaschengeist?“ sollen für die Faszination und Motivation sorgen, noch mehr über die Luft und ihre Eigenschaften zu erfahren. Möglicherweise helfen die angeleiteten Versuche auch der Klärung der Schülerfrage „ Wie kommt die Luft in die Flasche?“. In der ersten Experimentierphase sollen die Schüler von den Materialien und Arbeitsaufträgen angeregt und inspiriert werden, in den weiteren Stunden eigene Versuche zu entwickeln.
Die Begründung der zweiten Problemstellung: Die Schülerfragen, „ warum die Luft aus dem Fußball rausgeht „ (4 S.) und „warum die Luft alles aufblasen kann“ (1 S.), wähle ich zum Ausgangspunkt der zweiten Experimentierphase. Diese Fragen muss ich modifizieren, da ich es für unpädagogisch halte, an die Schüler ihre eigene Frage, die mit „warum“ anfängt, zu richten. „Die Warum-Frage ist die Frageform der Physik. … Sie verlangt eine kausale Erklärungsweise in der linearen Sequenz „warum-weil“.67 Sie zwingt die Schüler, eine ausgereifte, vollkommene Antwort zu präsentieren. Sobald sie an die Schüler gerichtet wird, verstummt oft der Redefluss. Der Lehrer muss bohren, nachfragen und verhindert somit die Entwicklung des Forscherverhaltens. Aus meiner Sicht können die Zweitklässler im Experiment nicht herausfinden, warum die Luft aus dem Fußball rausgeht, da die wesentlichen Begriffe zum Durchdringen des Phänomens wie „innerer und äußerer Luftdruck“ sehr weit von der Welt der Welt der Kinder entfernt sind. Wenn es die Schüler interessiert, warum die Luft aus dem Ball rausgeht, dann muss eigentlich zuerst das Problem untersucht werden, ob man sie überhaupt einsperren oder einfangen kann. Die Frage
„Kann die Luft eingesperrt werden?“ stellt für die Schüler einen sinnvolleren, provokativen Impuls dar und gibt ihnen eine Hilfestellung für die selbständige Erforschung des gleichen Sachverhalts, fordert zum Ausprobieren auf, lässt die vielfältigen Deutungsmöglichkeiten für die unterschiedlichen kognitiven Entwicklungsniveaus zu und gewährleistet somit eine offene Auseinandersetzung mit dem Problem.
Die Begründung der dritten Problemstellung: Die sehr abstrakte Schülerfrage, warum die Luft unsichtbar ist (14 S.), bewegt mich dazu, in die Unterrichtseinheit eine Problemstellung aufzunehmen, die der Lerngruppe ermöglicht, durch Krafteinwirkungen Luft erlebbar und „sichtbar“ zu machen. An dieser Stelle sind mehrere Fragestellungen möglich: Kann Luft bremsen? Kann Luft antreiben? Kann Luft halten oder tragen? Ich entscheide mich für die erste, da ich davon ausgehe, dass die Bremswirkung die Kinder fasziniert und auf sich aufmerksam macht, wenn z. B. die unsichtbare Luft durch Krafteinwirkung die Kinder in der Bewegung einschränkt. Nur so begreift das Kind, dass das Unsichtbare wirklich existiert,
[...]
1 Das Wort Schüler bezieht sich in der gesamten Arbeit auf Schülerinnen und Schüler.
2 vgl. Geuther, A., 2002, S. 1
3 Prenzel, M., 2001, S. 2
4 Unglaube, H., 1997, S. 231
5 vgl. Prenzel, M., 2003, S. 37
6 Prenzel, M., 2003, S. 37
7 Meyer, H., 1987, S. 313
8 Unglaube, H., 1997, S. 227
9 vgl. Musahl, H.-P., 1999, S. 2
10 Musahl, H.-P., 1999, S. 1
11 Brockhaus, 1983, S. 295.
12 Der Begriffsinhalt und -umfang ist in der pädagogisch-didaktischen Literatur recht unterschiedlich. Eindeutig ist, dass das Unterrichtsexperiment innerhalb des Gesamtkomplexes der Unterrichtsmethoden eingeordnet wird. Das Unterrichtsexperiment wurde meiner Kenntnis nach Mitte des 19. Jahrhunderts erstmals in der pädagogisch-didaktischen Literatur verstärkt erwähnt. (vgl. Bäuml, M.-A., 1979, S. 14-16) In der Reformpädagogik und da im Besonderen in der Arbeitsschulbewegung wie z.B. bei Kerschensteiner erfuhr es noch einmal eine Verstärkung. (vgl. Bäuml, M.-A., 1979, S. 50-51) Das Unterrichtsexperiment wurde in dieser Zeit mit Ideen von z.B. Dewey und Montessori vernetzt. (vgl. Köhnlein, W, 2000, S. 297 und Schaub, 2002, S. 45) Aber im Besonderen bei Freinet wurde es explizit erwähnt. (Cornelia Eichner, 1999, S. 21) In der darauf folgenden Zeit (NS-Zeit und Heimatkundeunterricht) lässt sich kaum etwas über die Methoden des Experimentierens in der pädagogisch-didaktischen Literatur finden. Erst Ende der 60er und 70er Jahre wurde das Experiment wieder verstärkt verwendet. Dies war eine Folge der "Verwissenschaftlichung des Unterrichts" von der fast die ganze westliche Welt in Folge des Sputnik-Schocks (1957) betroffen war. (vgl. Kaiser, A., 1997, S. 57) Im grundlegenden Sachunterricht kam es zu einer Gleichsetzung von Wissenschaftsorientierung und Fächerorientierung. Lerninhalte sollten wissenschaftsgemäß mit wissenschaftsadäquaten Methoden entwickelt werden sowie die Gewinnung einer positiven Einstellung zur "Wissenschaft als Phänomen und Daseinsmacht" angebahnt werden. Dadurch sollte rationelles, kumulatives und qualitatives Lernen gewährleistet sein. Dieses behavioristisches Lernmodell führte nicht zu einem Wissenschaftsverständnis, sondern zur unreflektierten Wissenschaftsgläubigkeit, die auf „Prägung“ reduziert wurde. (vgl. Klewitz, E., 1993, S. 9) Dies war sicherlich ein Grund neben der Isolierung von Lerninhalten und konkurrenz-orientierter Ichbezogenheit, dass es Mitte der 70er Jahre zu einer Kind- und Lebensweltorientierung mit offenen Curricula und der Bedeutung eines schülerorientierten und selbsttätigen Lernens kam. (vgl. Klewitz, E., 1993, S. 6) In den 80er Jahren zieht die Kritik am Sachunterricht auf die Trivialisierung von Lerninhalten ab, auf den Verlust von Sachlichkeit und auf den Rückgang der Naturwissenschaften. Seit Anfang der 90er Jahre gibt es Anzeichen für eine erneute Hinwendung zu Sachverhalten aus dem Umkreis der Naturwissenschaften im Zusammenhang mit offenen Curricula. (Schreier, H., 1992, S. 16)
13 Schreier, H., 1998, S. 26
14 vgl. Schreier, H., 1998, S. 26
15 Möller, K. 1983, S. 388
16 Biester, W. 1985, S. 235
17 Möller, K. 1983, S. 388
18 vgl. Rahmenplan, 1995, S. 126
19 vgl. Rahmenplan, 1995, S. 126
20 vgl. Bäuml, M.-A., 1979, S. 136 und Rahmenplan, 1995, S. 126-127
21 vgl. Bäuml, M.-A., 1979, S. 14
22 vgl. Bäuml, M.-A., 1979, S. 14
23 vgl. Meyer, H., 1987, S. 324
24 vgl. Unglaube, H., 1997, S. 231
25 Wagner, R., 1983, S. 14
26 vgl. Dröse, I., Weiß, L.., 2002, S. 4 und Beispiele im Heft „Naturwissenschaftliche Experimente“, 2003
27 Rahmenplan, 1995, S. 127
28 vgl. Wagner, R., 1983, S. 14
29 vgl. Kleine Enzyklopädie Natur, 1987, S. 517-518
30 vgl. Kleine Enzyklopädie Natur, 1987, S. 77
31 Großes Handbuch, 1995, S. 205
32 Schröder, W., Sichelschmidt, R., Dr. Stiegler, L., Vestner, H., 1972, S. 110
33 Großes Handbuch, 1995, S. 205
34 vgl. http://www.prodex.de/lexikon/c/cw/cw_wert.html
35 Hammer, A., Hammer, K., 1992, S. 29
36 vgl. Kleine Enzyklopädie Natur, S. 415
37 vgl. Kleine Enzyklopädie Natur, S. 415
38 vgl. www.naturmuseum-so.ch/pdf/Wasser/Wasser02.pdf
39 www.lenntech.com/deutsch/Sauerstoff%20im%20Wasser.htm
40 Bender, B., 2004, S. 1
41 siehe Anhang, S. A-1
42 siehe Anhang, S. A-22, Abb. 21-22
43 siehe Anhang, S. A-2, A-3, A-4
44 Hessisches Institut für Lehrerfortbildung, 1987, S.1
45 Rahmenplan Grundschule, 1995, S. 122
46 Rahmenplan Grundschule, 1995, S. 126
47 vgl. Bäuml, M.-A., 1979, S.19
48 Die Kinder gehen zu Beginn der Grundschularbeit laut Piaget von der prä-operationalen Phase in die konkret-operationale Phase über, d.h. die Kinder gelangen von einem episodenhaften, egozentrischen Denken zu einem konkret über ihre Wirklichkeit aufbauenden Denken. In diesem Stadium sind die gedanklichen Operationen an anschaulich erfahrbaren Inhalten gebunden; sie zeichnen sich jedoch durch eine größere Beweglichkeit aus. Verschiedene Aspekte eines Vorganges können gleichzeitig erfasst werden und zueinander in Beziehung gesetzt werden. Der Terminus „konkret-operational“ meint, dass das Kind nun in Gedanken mit konkreten Objekten bzw. ihren Vorstellungen operieren kann. ( www.psychologie.unizh.ch/genpsy/lehre/ws99_00/skript/Piaget.html)
49 www.uni-koeln.de/ew-fak/konstrukt/didaktik/ experiment/experiment_darstellung.html
50 Wagenschein, M., 1998, S. 31
51 Wagenschein, M., 1998, S. 31
52 www.uni-koeln.de/ew-fak/konstrukt/didaktik/ experiment/experiment_darstellung.html
53 Wagenschein, M., 1998, S. 31
54 Schlesinger, G., 1999, S. 4
55 vgl. Becker, R., Klein, K., 2001, S. 6
56 Becker, R., Klein, K., 2001, S. 6
57 Rahmenplan Grundschule, 1995, S. 136
58 Hessisches Institut für Lehrerfortbildung, 1987, S.1
59 Kaiser, A., 1996, S. 72
60 Kaiser, A., 1996, S. 72
61 Becker, R., Klein, K., 2001, S. 5
62 Schaub, H., 2001, S. 34
63 vgl. Hessisches Institut für Lehrerfortbildung, 1987, S. 12
64 Rahmenplan, 1995, S. 274
65 Masuch, G., 2000, S. 303
66 siehe Anhang, S. A-5, Tab. 1, Tab. 2
67 Masuch, G., 2000, S. 309
- Arbeit zitieren
- Natalie Fedine (Autor:in), 2004, Das Experimentieren im Sachunterricht eines zweiten Schuljahres, dargestellt an der Unterrichtseinheit „Der Luft auf der Spur“, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/124634
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