Im personalisierten Verhältniswahlsystem der Bundesrepublik Deutschland gestaltet sich die Mehrheitsbildung mit steigender Anzahl an politischen Wettbewerbern und fragmentieren Wahlergebnissen zunehmend schwieriger. So mussten Christ- und Sozialdemokraten seit 2005 bereits drei Mal eine Große Koalition bilden, was gemeinhin eine Ausnahme statt der Regel im deutschen Parlamentarismus darstellt. Als Alternative zur Sicherstellung eindeutiger Mehrheiten wurde bereits in den Sechzigerjahren die relative Mehrheitswahl nach britischem Vorbild wissenschaftlich wie politisch diskutiert.
Dieser Ansatz wird aufgegriffen und die Mehrheitswahlbedingungen werden auf die bisherigen 20 Bundestagswahlen projiziert. Es zeigt sich, dass dieses Wahlsystem aus sich heraus in 90 Prozent der Fälle eine Parlamentsmehrheit für eine Partei bildet. Hierbei werden die Parteien der Christ- und Sozialdemokraten zu Lasten der Interessenparteien gestärkt. Es kommt allerdings auch in diesem Szenario zur Notwendigkeit von Koalitionsregierungen, wenngleich die Wahrscheinlichkeit hierfür geringer ist. Große Koalitionen zwischen Christ- und Sozialdemokraten hingegen werden erfolgreich vermieden. Es gilt zu beachten, dass die Möglichkeit einer Wahlsystemänderung bei den derzeitigen politischen Mehrheitsverhältnissen und durch die institutionellen Vetospieler Bundesrat und Bundesverfassungsgericht faktisch ausgeschlossen werden kann.
Inhaltsverzeichnis
- Einführung
- Wahlen, Wahlfunktionen und -systeme
- Funktionen von Wahlen
- Repräsentationsfunktion
- Prozessfunktion
- Stabilitätsfunktion
- Wahlsysteme
- Verhältniswahlrecht
- Mehrheitswahlrecht
- Rahmenbedingungen Deutschland
- Historischer Kontext
- Personalisiertes Verhältniswahlrecht
- Wahlrechtsreformen und Reformvorhaben
- Fragmentierung des Parteiensystems und die Große Koalition
- Die Mehrheitswahl als Alternative?
- Volksparteien-Domäne Wahlkreismandate
- Bundestagsmehrheiten - Regierung und Opposition
- Projektion 1: Republikanische Formierung und Anpassung
- Projektion 2: Dominanz und Omnipotenz der großen drei
- Projektion 3: Zwischen politischer Wende und Jahrtausendwende
- Projektion 4: Leichte Fragmentierung und abschwächende Dominanz
- Wahlergebnisse im Vergleich der Wahlsysteme und Funktionsauswertung
- Vetospieler und Realisierungschancen
- Herausforderungen der Mehrheitsbildung im deutschen Parteiensystem
- Fragmentierung des Parteiensystems und die Notwendigkeit von Koalitionsregierungen
- Analyse des Mehrheitswahlrechts als Alternative zum Verhältniswahlrecht
- Projektion der Auswirkungen eines Mehrheitswahlrechts auf die deutschen Bundestagswahlen
- Bewertung der Folgen für die deutsche Parteienlandschaft und die Regierungsbildung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Masterarbeit analysiert die Herausforderungen der Mehrheitsbildung im deutschen politischen System unter Berücksichtigung der Ergebnisse der Bundestagswahl 2021. Sie untersucht insbesondere die wachsende Schwierigkeit der Regierungsbildung aufgrund der zunehmenden Fragmentierung des Parteiensystems und der damit verbundenen Notwendigkeit von Koalitionsregierungen. Als Alternative zum Verhältniswahlrecht, das in Deutschland angewandt wird, wird das Mehrheitswahlrecht diskutiert, das in anderen Ländern, wie zum Beispiel Großbritannien, zur Anwendung kommt. Die Arbeit projiziert die Auswirkungen eines Mehrheitswahlsystems auf die Ergebnisse der letzten 20 Bundestagswahlen und analysiert die möglichen Folgen für die deutsche Parteienlandschaft und die Regierungsbildung.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in das Thema Wahlen, Wahlfunktionen und Wahlsysteme. Dabei werden die verschiedenen Funktionen von Wahlen und die gängigen Wahlsysteme, wie das Verhältniswahlrecht und das Mehrheitswahlrecht, erläutert. Im zweiten Kapitel wird der Fokus auf die Besonderheiten des deutschen Wahlsystems gelegt. Es werden der historische Kontext, die Funktionsweise des personalisierten Verhältniswahlrechts, die vergangenen Wahlrechtsreformen und die Auswirkungen der zunehmenden Fragmentierung des Parteiensystems auf die Bildung von Mehrheiten untersucht. Das dritte Kapitel widmet sich der Frage, ob das Mehrheitswahlrecht eine Alternative zum Verhältniswahlrecht in Deutschland sein könnte. Die Analyse umfasst die Auswirkungen des Mehrheitswahlrechts auf die Verteilung von Wahlkreismandaten und die Bildung von Mehrheiten im Bundestag.
Schlüsselwörter
Mehrheitswahlrecht, Verhältniswahlrecht, Bundestagswahl, Große Koalition, Fragmentierung des Parteiensystems, Regierungsbildung, Wahlsystemreform, Vetospieler, politische Stabilität.
- Quote paper
- Patrick Deligas (Author), 2022, Die Große Koalition und das Mehrheitswahlrecht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1244693