Ich möchte in dieser Arbeit ein modernes Licht auf die Frage nach der Besonnenheit werfen. Dazu werfe ich es zunächst auf Platons "Charmides" selbst und betrachte ihn im Anschluss durch die Lupe der modernen empirischen Psychologie.
Die Frage nach der Besonnenheit ist aus meiner Sicht insofern interessant, als dass er in der heutigen Alltagssprache kaum noch vorkommt, obwohl dem Konzept der "Selbsterkenntnis" nach wie vor eine große wissenschaftliche und lebenspraktische Bedeutung zukommt. Das Ziel dieser Arbeit ist es, die im "Charmides" gegebenen Definitionen für "Besonnenheit" nachzuzeichnen, um daraus eine modernere Arbeitsdefinition des Begriffes abzuleiten.
Dazu bediene ich mich vor allem psychologischer Theorien und empirischer Studien zu den Themen "Overconfidence Bias" und "Dunning-Kruger effect" (Dunning-Kruger Effect). Aus der psychologischen Perspektive definiere ich anschließend die Besonnenheit als eine Fähigkeit, sich selbst und die eigenen Fähigkeiten objektiv einzuschätzen zu können, verweise auf die Vorteile einer solchen Definition und weise auf potenzielle Probleme hin, die auftreten, wenn wir uns selbst einschätzen.
Später benutze ich die neu gewonnene Definition, um ein neues Licht auf die Figuren Charmides und Kritias zu werfen. Vor dem Hintergrund des Dunning-Kruger Effect erscheint vor allem Kritias, als eine zerrissene Figur, die sich zwischen politischem Einfluss und besonnener Zurückhaltung bewegt. Zum Ende der Arbeit zeige ich am Beispiel von Philip E. Tetlocks "superforecasters" mögliche Wege mit dem Dunning-Kruger Effect umzugehen und kläre als Letztes auf, welcher der drei Akteure in der fiktiven Krankenhausszene als besonnen gelten kann.
Inhaltsverzeichnis
- Catch me if you can: Das sokratische Problem und Kritias
- Do you concur?
- Gliederung
- Das Problem des historischen Sokrates und Kritias
- Charmides und die Tugend der Besonnenheit
- Die fünf Definitionen der Besonnenheit im „Charmides“
- Möglichkeit und Nützlichkeit der Besonnenheit
- Besonnenheit als eine Fähigkeit, sich selbst objektiv beurteilen zu können
- Probleme bei der Beurteilung der eigenen Kompetenz
- Sokrates als Aufklärer
- Neue Definition und der „Charmides“
- Wie gehen wir mit dem Dunning-Kruger-Effekt um?
- Philip Tetlocks „superforecasters“
- Do you still concur?
- Literaturverzeichnis
- Primärquellen
- Sekundärquellen
- Internetquellen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit dem sokratischen Problem der Selbsterkenntnis, insbesondere in Bezug auf die Tugend der Besonnenheit (sophrosyne), wie sie in Platons Dialog „Charmides“ behandelt wird. Das Ziel dieser Arbeit ist es, die im „Charmides“ gegebenen Definitionen für „Besonnenheit“ nachzuzeichnen und daraus eine modernere Arbeitsdefinition des Begriffes abzuleiten. Dazu werden moderne empirische Theorien und Studien zu den Themen „Overconfidence Bias“ und „Dunning-Kruger Effect“ herangezogen.
- Das sokratische Problem der Selbsterkenntnis
- Platons „Charmides“ und die verschiedenen Definitionen der Besonnenheit
- Die Beziehung zwischen Besonnenheit und der Fähigkeit, sich selbst objektiv zu beurteilen
- Der „Overconfidence Bias“ und der „Dunning-Kruger Effect“ im Zusammenhang mit der Selbsterkenntnis
- Modernere Arbeitsdefinition des Begriffs „Besonnenheit“
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in das sokratische Problem und stellt den Zusammenhang mit dem fiktiven Charakter Frank Abagnale aus dem Film „Catch Me If You Can“ her. Das sokratische Problem, welches sich mit der Schwierigkeit der Selbsterkenntnis befasst, findet in Abagnale eine moderne Illustration. Kapitel 2 analysiert Platons „Charmides“ und untersucht die verschiedenen Definitionen der Besonnenheit, die im Dialog präsentiert werden. Kapitel 3 untersucht die Besonnenheit als Fähigkeit zur objektiven Selbstbeurteilung, beleuchtet die Schwierigkeiten bei dieser Beurteilung und betrachtet Sokrates als Aufklärer. Kapitel 4 beschäftigt sich mit dem Dunning-Kruger-Effekt und den „superforecasters“ von Philip Tetlock. Dieses Kapitel erörtert, wie moderne empirische Forschung die Beziehung zwischen Kompetenz und Selbsterkenntnis beleuchtet.
Schlüsselwörter
Die Arbeit behandelt die Schlüsselthemen des sokratischen Problems, der Selbsterkenntnis, der Besonnenheit (sophrosyne), Platons „Charmides“, der objektiven Selbstbeurteilung, dem „Overconfidence Bias“, dem „Dunning-Kruger Effect“, der empirischen Psychologie und der „superforecasters“ von Philip Tetlock.
- Arbeit zitieren
- Vladislav Shenker (Autor:in), 2020, Platons "Charmides" und die Fähigkeit, sich selbst objektiv beurteilen zu können, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1244464