Angesichts der mannigfaltigen Konfliktlagen in der Region, der unzähligen Brüche, historischen Vorfälle und pauschaler Intoleranz zwischen Äthiopien und Somalia im Speziellen sowie der wiederholt vorgetragenen Intervention fremder Mächte, kann das dieser Arbeit zugrunde liegende Thema in einem äußerst amorphen Gitter innerer und äußerer Politikfelder verortet werden.
Die internationale Analyse gewalttätiger Konflikte hat sich zum Beispiel in der Kriegsursachen- und der Friedensforschung niedergeschlagen. Nun bildet jedoch die Meinungsbildung zum Krieg eine Dimension von Politik. Logische Konsequenz muss also die Analyse des Entscheidungsprozesses, der Entscheidungsträger und der sie umgebenden Umwelt sein. Daher widmet sich diese Arbeit umfassend den Hintergründen äthiopischer politischer Willensbildung und seiner historischen und geographisch-strategischen Erfahrungswelt.
Als Ergebnis der Arbeit wird festgestellt, dass Somalia insbesondere nach dem äthio-eritreischen Krieg von 1998-2000 eine Aufwertung in der strategischen Politik Äthiopiens erfahren hat und seine Bedeutung in mehreren Dimensionen zum Ausdruck gelangt: Religiöse Dimension, geographische Dimension, moralisch-mentale Dimension, Dimension der regionalen Sicherheitsstruktur, internationale Dimension.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung
- 1.1. Fragestellung
- 1.2. Theorie und Methode
- 1.2.1. Theorie
- 1.2.2. Methode
- 2. Äthiopische Historie und historisch fundierte Leitlinien der Außenpolitik
- 2.1. Chronologie und Faktoren der äthiopischen Erfahrungswelt
- 2.1.1. Aksum und Äthiopien bis zur Kolonialzeit
- 2.1.2. Äthiopien von der Konsolidierung bis zum Ende des Kalten Krieges
- 2.1.3. Äthiopien nach 1991: Eine „zentralistische Föderation“
- 2.1.4. Gewalt, Militarisierung und Proliferation
- 2.1.4.1. Gewalt und Gewaltgewöhnung
- 2.1.4.2. Militär und Militarisierung
- 2.1.4.3. Bewaffnung und Proliferation
- 2.1.5. Der Faktor Religion
- 2.1.5.1. Christentum: Die koptische Orthodoxie
- 2.1.5.2. Der Islam und der Islamismus
- 2.2. Außenpolitik unter Haile Selassie und Mengistu Hailemariam
- 2.3. Historische Einflüsse und historisch beeinflusste Leitlinien äthiopischer Außenpolitik
- 2.3.1. Sendungsbewusstsein und regionale Hegemonialmacht
- 2.3.2. Christentum vs. Islam: Krieg gegen die Isolation
- 2.3.3. Machtimport durch Bündnispolitik und: Der Feind meines Feindes ist mein Freund
- 2.3.4. Militarisierung und Verheerung
- 2.3.5. Ägypten und die Nilfrage
- 2.1. Chronologie und Faktoren der äthiopischen Erfahrungswelt
- 3. Somalia bis zum Jahr 2000
- 3.1. Das Clansystem: Segmentäre Gesellschaft und pastorale Demokratie
- 3.2. Die Kolonialzeit: Aufteilung und Gegenwehr
- 3.3. Unabhängigkeit und Diktatur im Zeichen der nationalen Einigung
- 3.4. Anarchie nach 1991: Fragmentierung ins Chaos
- 3.4.1. Internationale Intervention
- 3.5. Der Islam in der somalischen Gesellschaft und Konfliktstruktur
- 3.6. Äthiopien im Kontext der somalischen Erfahrungswelt
- 4. Die allgemeine Konstellation am Greater Horn
- 4.1. Strategische Bedeutung der Region und internationale Interessen
- 4.1.1. Auswirkungen externer Interventionen am Horn
- 4.2. Die inneren Grundsätze regionalstrategischer Abläufe
- 4.3. Die Konstellation vor dem äthio-eritreischen Krieg: Die New African Leaders
- 4.4. Das Sudan-Containment
- 4.5. Die regionale Konstellation nach dem Stillhaltevertrag von Algier
- 4.6. Die Intergovernmental Authority on Development (IGAD)
- 4.7. Zusammenfassung der Situation
- 4.1. Strategische Bedeutung der Region und internationale Interessen
- 5. Die äthiopische Außenpolitik unter dem Regime Meles Zenawi
- 5.1. Die Außenpolitik bis zum Krieg mit Eritrea
- 5.2. Krieg mit Eritrea: „Verdun in der Wüste“1
- 5.3. Die Außenpolitik Äthiopiens nach dem Schiedsspruch der IBC
- 5.4. Die Außenpolitik nach Westen
- 5.5. Die äthiopische Somaliapolitik bis 2000: Friedensinitiativen, Sabotage, Intervention
- 5.5.1. Frühe militärische Eingriffe
- 5.5.2. Kontinuierliche Eskalation nach dem äthio-eritreischen Krieg
- 5.5.3. Plan B: Die Institutionalisierung der Anarchie
- 5.5.4. Die Politik gegenüber Somalialand
- 5.6. Conclusio: Eine Regierung mit eingeschränkten Handlungsoptionen?
- 6. Somalia und die Äthio-Connection seit dem Jahr 2000
- 6.1. Die Arta-Konferenz und das Transitional National Government (TNG)
- 6.1.1. Die Union of Islamic Courts (UIC): Entstehung und Ausrichtung
- 6.2. Eine Regierung äthiopischer Prägung: Das Transitional Federal Government (TFG)
- 6.2.1. Blitzkrieg der UIC: Islamisten gegen Kriegsherrn im War on Terror
- 6.2.2. Der Vorabend zur Invasion
- 6.2.3. Die Invasion und danach: Going Iraq?
- 6.2.4. Die Rebellion: Heterogene Guerilla und ein Ziel
- 6.3. Zusammenfassung: Mangel an Optionen
- 6.4. Ausblick
- 6.1. Die Arta-Konferenz und das Transitional National Government (TNG)
- 7. Die Rolle der Vereinigten Staaten am Horn von Afrika und bei der äthiopischen Invasionsentscheidung
- 7.1. Die regionale Bedeutung der USA in der Vergangenheit
- 7.2. Die amerikanische Somaliapolitik
- 7.3. War on Terror und äthiopische Invasion
- 7.4. Die militärische Präsenz in der Region
- 7.5. Perspektiven, Image, Interessen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Diplomarbeit analysiert den Stellenwert Somalias in der äthiopischen Außenpolitik zwischen 2006 und 2008, unter Berücksichtigung der US-amerikanischen Interessen in der Region. Die Arbeit untersucht die historischen und aktuellen Faktoren, die die äthiopische Politik gegenüber Somalia prägen.
- Historische Entwicklung der äthiopischen Außenpolitik
- Das somalische Clansystem und die daraus resultierenden Konflikte
- Regionale Machtstrukturen am Horn von Afrika
- Der Einfluss der USA auf die Region
- Die Rolle Äthiopiens im somalischen Bürgerkrieg
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 1 führt in die Fragestellung und die Methodik der Arbeit ein. Kapitel 2 beleuchtet die historische Entwicklung Äthiopiens und die daraus resultierenden Leitlinien der äthiopischen Außenpolitik. Kapitel 3 beschreibt die Geschichte Somalias bis zum Jahr 2000, mit Fokus auf das Clansystem und die Folgen der Unabhängigkeit. Kapitel 4 analysiert die allgemeine geopolitische Lage am Horn von Afrika und die Interessen verschiedener Akteure. Kapitel 5 befasst sich mit der äthiopischen Außenpolitik unter Meles Zenawi und der Entwicklung der Beziehungen zu Somalia bis zum Jahr 2000. Kapitel 6 analysiert die Situation in Somalia und die äthiopische Intervention seit dem Jahr 2000.
Schlüsselwörter
Äthiopien, Somalia, Außenpolitik, Horn von Afrika, Clansystem, Bürgerkrieg, US-amerikanische Interessen, regionale Hegemonie, Militarisierung, Intervention.
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- Mag. Andreas Stefan Tiwald (Author), 2008, Der Stellenwert Somalias in der Außenpolitik der Demokratischen Bundesrepublik Äthiopien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/124243