Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit dem Thema „Die zwei Formen des einen Römischen Messritus“ und bezieht sich damit auf das Apostolische Begleitschreiben Motu proprio „Summorum Pontificum“, welches von Papst Benedikt XVI. am 07.Juli.2007 beschlossen und verkündet wurde. Seit dem Motu proprio des Papstes gilt diese Form neben der üblichen Messe als „forma extraordinaria“ und darf also wieder gefeiert werden. Allerdings stellt sich bei dieser Maßnahme die berechtigte Frage, warum der Papst die alte Form der Messe wieder zulässt, obwohl der alte Ritus bereits vor knapp vierzig Jahren reformiert worden ist. Stellt diese Rückbesinnung nicht die Entscheidungen des II. Vatikanischen Konzils in Frage? Andererseits bekennen sich sehr viele gläubige Christen zu der alten Tridentinischen Messe, da sie der Ansicht sind, dass nur auf diese klassische und traditionelle Weise die Heilige Messe würdig gefeiert werden kann. Das Motu proprio des Papstes hat in jedem Fall eine lebhaft kontroverse Diskussion in der Gesellschaft entfacht, allerdings sind die gesamte Liturgie sowie die Hintergründe der Liturgiereformen ebenfalls sehr vielschichtig. Da ich persönlich die Tridentinische Messe nicht mehr miterleben durfte, ist es zunächst einmal wichtig zu erfahren wie diese überhaupt ausgesehen hat. Deshalb werde ich zu Beginn meiner Hausarbeit die Tridentinische Messe detailliert beschreiben und reflektieren sowie erläutern, warum diese auf dem II. Vatikanischen Konzil reformiert worden ist. Auf dieser Grundlage erläutere anschließend das Motu proprio „Summorum Pontificum“, welches die aktuelle Veränderung der Liturgie darstellt. Danach stelle ich die verschiedenen Reaktionen auf dieses Apostolische Schreiben dar und fasse die wichtigsten verschiedenen Stellungnahmen der Theologen zusammen, um die derzeitige theologische Diskussion besser zu verstehen. Am Ende der Hausarbeit fasse ich in einem Fazit noch einmal die wichtigsten Resultate zusammen und gebe für den weiteren Verlauf der Liturgie einen kurzen Ausblick.
Inhaltsangabe
1. Einführung in das Thema
2. Die Besonderheiten der tridentinische Messe
3. Erste Reformversuche und Liturgiereform des II.Vatikanums
4. Das Motu proprio „Summorum Pontificum“
5. Die theologische Diskussion um die Liturgie
6. Fazit und Ausblick
Quellenangaben
1. Einführung in das Thema
Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit dem Thema „Die zwei Formen des einen Römischen Messritus“ und bezieht sich damit auf das Apostolische Begleitschreiben Motu proprio „Summorum Pontificum“, welches von Papst Benedikt XVI. am 07.Juli.2007 beschlossen und verkündet wurde.
Durch dieses Apostolische Schreiben erlaubt der Papst die tridentinische Messe als außerordentlichen Form neben der üblichen katholischen Messe, welche seit dem II. Vatikanischem Konzil vollzogen wird. Seit dieser bedeutenden Liturgiereform gibt es nun also zwei verschiedene Formen, um die heilige Messe zu feiern. Als „forma ordinaria“ bezeichnen die Fachleute jene Messe der letzten vier Jahrzehnte, welche sich an das unter Pius X. herausgegebene erneuerte Messbuch von 1970 orientiert. Die tridentinische Messe ist die ältere Form der Messfeier, welche seit dem Konzil von Trient (um 1570) bis 1970 vollzogen wurde. Seit dem Motu proprio des Papstes gilt diese Form neben der üblichen Messe als „forma extraordinaria“ und darf also wieder gefeiert werden. Allerdings stellt sich bei dieser Maßnahme die berechtigte Frage, warum der Papst die alte Form der Messe wieder zulässt, obwohl der alte Ritus bereits vor knapp vierzig Jahren reformiert worden ist. Stellt diese Rückbesinnung nicht die Entscheidungen des II. Vatikanischen Konzils in Frage? Andererseits bekennen sich sehr viele gläubige Christen zu der alten tridentinische Messe, da sie der Ansicht sind, dass nur auf diese klassische und traditionelle Weise die heilige Messe würdig gefeiert werden kann. Das Motu proprio des Papstes hat in jedem Fall eine lebhaft kontroverse Diskussion in der Gesellschaft entfacht, allerdings sind die gesamte Liturgie sowie die Hintergründe der Liturgiereformen ebenfalls sehr vielschichtig.
Da ich persönlich die tridentinische Messe nicht mehr miterleben durfte, ist es zunächst einmal wichtig zu erfahren, wie diese überhaupt ausgesehen hat. Deshalb werde ich zu Beginn meiner Hausarbeit die tridentinische Messe detailliert beschreiben und reflektieren sowie erläutern, warum diese auf dem II. Vatikanischen Konzil reformiert worden ist. Auf dieser Grundlage erläutere ich anschließend das Motu proprio „Summorum Pontificum“, welches die aktuelle Veränderung der Liturgie darstellt. Danach stelle ich die verschiedenen Reaktionen auf dieses Apostolische Schreiben dar und fasse die wichtigsten verschiedenen Stellungnahmen der Theologen zusammen, um die derzeitige theologische Diskussion besser zu verstehen. Am Ende der Hausarbeit fasse ich in einem Fazit noch einmal die wichtigsten Resultate zusammen und gebe für den weiteren Verlauf der Liturgie einen kurzen Ausblick.
2. Die Besonderheiten der tridentinische Messe
Die sogenannte „Tridentinische Messe“ wurde in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts auf dem Konzil in Trient (vom 13.12.1545 bis zum 04.12.1563) definiert und herausgebracht. Ziel dieses „Concilium Tridentium“ war es, eine Antwort auf die derzeitigen Missstände und den Herausforderungen durch die Reformation zu finden. Besonderes Augenmerk wurde hier auf die Liturgie gelegt, denn die katholische Kirche war sehr darauf bedacht, sich in vielen elementaren Formen von den neu entstandenen Konfessionen und religiösen Gruppierungen abzugrenzen. Die tridentinische Messe ist nicht die allerälteste Form der Messe, obwohl sie – dadurch, dass sie in lateinischer Sprache gefeiert wird, der Priester „mit dem Rücken zum Volk steht“, auf den modernen Menschen von heute recht altmodisch wirkt. Die Liturgie ist im Allgemeinen ein spezielles religiöses Fachgebiet, welches nicht irgendwann definiert und festgelegt wurde, sondern in einem langen und komplexen Prozess gewachsen ist und auch in Zukunft immer weiter wachsen wird. Bereits vor seinem Leiden am Kreuz feierte Jesus mit seinen Jüngern das Abendmahl, welches reich an Ritualen, Gesten, Symbolen und Redewendungen war, die bis in die heutige Zeit in der Messe gebraucht werden. Daher kann durchaus davon gesprochen werden, dass die Liturgie zumindest in ihrem Kern bereits zu jener Zeit vorhanden war. Die Liturgie hat sich im Laufe der Zeit immer weiter ausgebildet und erhielt besonders nach den Entscheidungen auf dem Trienter Konzil im 16. ]Jahrhundert bestimmte Veränderungen in Form von Kennzeichen, Ritualen und Motiven. Bevor ich allerdings detaillierter auf die tridentinische Messe eingehen möchte, halte ich es zunächst für sinnvoll, den allgemeinen Begriff der Liturgie zu erläutern, denn dieser meint in der katholischen Kirche weit mehr als nur eine bloße Ordnung des Gottesdienstes.
Nach dem griechischen Wort [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] bedeutet Liturgie Dienst für die Gemeinde, Dienst der Priester oder auch einfach Gottesdienst1. Neben der äußerlichen Form des Gottesdienstes ist besonders der Inhalt der gottesdienstlichen Feier sehr interessant, denn jedes liturgische Handeln hat sinnvollerweise auch seine theologische Bedeutung. Dieser theologischen Bedeutung möchte ich mich gerne anhand einiger ausgewählter Beispiele widmen.
Auf dem II. Vatikanischen Konzil wurde 1963 die „Konstitution über die heilige Liturgie“ (Sacrosanctum Concilium) gegründet, welche genau auf das Wesen der Liturgie eingeht. In der heiligen Liturgie „vollzieht sich das Werk unserer Erlösung“, wodurch der gläubige Christ das Mysterium Christi begreifen und verstehen kann. Jesus Christus hat „durch sein Sterben unseren Tod vernichtet und durch sein Auferstehen das Leben neugeschaffen; denn aus der Seite des am Kreuz entschlafenden Christus ist das wunderbare Geheimnis der ganzen Kirche hervorgegangen“2. In den katholischen Gottesdiensten ist Jesus Christus immer gegenwärtig: Er ist in der Gestalt des Priesters gegenwärtig, in den verschiedenen Sakramenten sowie in den Worten, die verkündet und gebetet werden, denn „Wo zwei oder drei versammelt sind in meinem Namen, da bin ich mitten unter ihnen“3. Theologisch betrachtet ist die Liturgie also der durch Jesus Christus im Heiligen Geist vermittelte Dialog zwischen Gott und der versammelten Kirchengemeinde. Die Liturgie versucht in all ihren Handlungen das christliche Leben unter den Gläubigen zu vertiefen, indem durch den Vollzug der heiligen Messe Gott verherrlicht und die Menschheit geheiligt wird. Im Mittelpunkt der Liturgie steht das Abendmahl als Vergegenwärtigung des durch Jesu Christi bewirkten Heils. Der Begriff Liturgie umfasst neben der Gottesdienstordnung aber auch die Feier der Sakramente, die Verkündigung des Wortes Gottes, den täglichen Gottesdienst der Kirche im Stundengebet sowie Andachten und Prozessionen.
Bereits in der Zeit vor dem Mittelalter waren die Messfeiern noch „öffentliche Veranstaltungen, in die die Gemeinde eingebunden ist“4, doch mit dem Eintritt ins Mittelalter entsteht jene tridentinische Messe, welche vier Jahrhunderte lang gefeiert wurde und nach einer knapp vierzigjährigen „Pause“ von nun an auch wieder als außerordentliche Form gefeiert werden darf. Als Antwort auf die Einflüsse der Reformation durch Martin Luther wurde die tridentinische Messe auf dem Konzil von Trient (1545-1563) nach und nach festgeschrieben. Es entstand das Messbuch „Missale Romanum“, welches im Jahr 1570 verbindlich herausgegeben wurde. Die Grundform der tridentinischen Messe kommt im Gegensatz zu der vorherigen (vormittelalterliche Zeit) und nachfolgenden Form (nach dem II. Vatikanum) eher einer stillen Privatmesse gleich, denn zum einen war der Priester - abgesehen von den Altardienern - die einzig handelnde Person und zum anderen wurde die Messe in der lateinischen Kultsprache gebetet.
Um sich den Ablauf der römischen Messe genauer vor Augen zu führen, gehe ich im Folgenden auf die sogenannte Ordo Missae ein, anschließend werde ich dann einige ausgewählte Elemente und Besonderheiten der tridentinischen Messe genauer erläutern. Die Ordo Missae ist die Messordnung des Gottesdienstes, welche den genauen Verlauf der Messe strukturiert und regelt. Nach dieser Ordnung wird die alte Messe in die drei Teile Vormesse, Opfermesse und Nachmesse eingeteilt.
Die Vormesse ist die Vorbereitung auf die danach folgende Opfermesse; hier beten der Priester sowie die Ministranten und die Kirchengemeinde zu Gott, indem sie sich zu ihm bekennen, ihn loben und preisen sowie um Vergebung der Sünden bitten, sodass sie Gottes Gnade empfangen können. Die Vormesse besteht aus den Teilen Introitus (Einzugsgebet), dem Kyrie eleison („Herr erbarme dich“), dem Gloria, der Oration (Kirchengebet), der ersten Lesung (meistens ein Epistel aus dem Neuem Testament), der zweiten Lesung (ausgewählte Evangelienperikope), der Predigt (sonntags und feiertags) sowie dem Credo (Glaubensbekenntnis).
Die Opferungsmesse besteht aus den drei Teilen Opferung, Wandlung und Kommunion. Die Opferung beginnt mit dem Offertorium; hier liest der Priester den Offertoriumsvers vor und bereitet die bevorstehende Opferung vor. Die Opfergaben Brot und Wein werden durch die Hände des Priesters dargebracht, um bei der Wandlung zum Opferleib und Opferblut Christi zu werden. Die Hostie, der Leib Christi, wird auf der Patene geopfert, wobei alle Gläubigen ihr persönliches Opfer darbringen, indem sie sich dem Herrn hingeben (Selbstaufopferung). Bei der Mischung von Wein und Wasser verbindet der Priester dann göttliche und menschliche Natur in der Person Jesu Christi. Danach ruft der Priester den Heiligen Geist an und segnet das Opfer. Anschließend reinigt er seine Hände, da er später mit seinen Fingern den Leib Christi berühren wird. Nach dieser Lavabo spricht er das Aufopferungsgebet zur Allerheiligsten Dreifaltigkeit („Suscipe sancta Trinitas“), damit das Opfer angenommen wird. Vor der Kommunion wendet sich der Priester noch einmal dem Volk zu, indem er mit ihnen betet und wendet sich dann dem Allerheiligsten zu. Die Opferungsmesse endet im Stillgebet (Secret), wodurch sich der Bogen des anfänglichen Oremus wieder schließt.
Die Nachmesse ähnelt dann wiederum an die Vormesse, weil hier hauptsächlich gebetet und gesegnet wird. Während der feierlichen Kommunion wird ein Psalmgesang gesungen (Communio), welcher an das anfängliche Introitus erinnert. In der Postcommunio betet der Priester, dass es zur vollen Auswirkung der Eucharistie kommt. Danach wird die Gemeinde noch gesegnet und entlassen. Das Schlussevangelium und der feierliche Auszug bildet abschließend den Schluss der Messfeier.
Um nun näher auf die ausgewählten Elemente und Besonderheiten der tridentinischen Messe einzugehen ist zunächst einmal die lateinische Liturgiesprache zu nennen. Sie ist sicherlich viel feierlicher und verleiht der gottesdienstlichen Feier eine erhabene und würdevolle Atmosphäre, allerdings war bestimmt auch ein großer Teil der Gemeinde ausgeschlossen, weil sie der lateinischen Sprache nicht so mächtig waren. Das Empfangen der Heil bringenden Gnade für die lebenden und verstorbenen Menschen war den Christen derzeit vermutlich viel wichtiger als das Miteingebundensein oder das Mitfeiern der Messe, daher nahmen die Besucher wahrscheinlich diese eher passive Rolle ein. Der Priester las also mehr oder weniger „seine Messe“ und betete Messandachten, Gebete sowie den Rosenkranz in lateinischer Sprache und vollzog dadurch die einzig wirkliche Liturgie; denn „nur das und all das, was der Priester am Altar betete [war] wirklicher Vollzug der Liturgie“5. Das Mitsingen der Gemeinde in Chören oder Gesängen wurde lediglich als betonender Schmuck für die vom Priester durchgeführte Liturgie betrachtet. Die Gemeinde und Ministranten antworteten demnach lateinisch auf die Gebete und Grüße des Priesters, schauten dem Priester bei der Messe zu, durften die priesterlichen Texte aus dem Heiligen Messbuch mitlesen, sangen Kirchenlieder mit und beteten den Rosenkranz. An diesen Aufgaben wird deutlich, dass die Gemeinde an der Messe kaum oder zumindest nur wenig beteiligt war, doch durch diese liturgischen Maßnahmen sollte Gott ehrenvoller verherrlicht und jedem Christ das Mysterium Christi feierlich geoffenbart werden. Der damalige Kirchengänger musste viele Kenntnisse und Kompetenzen mitbringen, wenn er die alte Messe gänzlich verstehen wollte, da auch die Verkündigung des Wortes Gottes durch das Verlesen der Heiligen Schrift in der alten Form der Messe aufgrund der lateinischen Sprache sehr schwer zu verstehen war. So dürften selbst Kirchenbesucher mit „großem Latinum“ zwar die meisten Gebete und Worte, nicht aber die Lesungen, Epistel oder Evangelien komplett verstanden haben.
[...]
1 Vgl. Gemoll, W. und Vretska, K. (2006), S.497.
2 Vgl. Sacrosanctum Concilium 5
3 Mt 18,20
4 Kunzler, M. (2008), S.32.
5 Vgl. Kunzler, M. (2008), S. 33.
- Arbeit zitieren
- Matthias Kaiser (Autor:in), 2008, Die zwei Formen des einen römischen Messritus, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/124133
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