Nach einem kurzen Abriss über die Geschichte der Hadithsammlungen im 1./7. und 2./8. Jahrhundert wird das Werk der beiden wichtigen Traditionarier Ibn Hibban und ad-Darimi vorgestellt und ihre Bedeutung im Kontext der Hadithsammlungen dargestellt.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Referenzrahmen: Die Ḥadīṯsammlungen im 1./2. Jahrhundert nach der Ḥiğra
3. Abū Bakr Muḥammad ʾibn Ḥibbān at-Tamīnī al-Bustī aš-Šāfcī
3.1. Biografie
3.2. Werk
4. cAbdallāh ʾibn cAbd ar-Raḥman ʾibn al-Faḍl ʾibn Bahrām ʾibn cAbd aṣ-Ṣamad Abū Muhammad as-Samarqandī ad-Dārīmī
4.1. Biografie
4.2. Werk
5. Fazit
6. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
„li -ʾllahi ḥubbunā waḥda“ lautet der erste Satz in ʾIbn Ḥibbāns » al-Musnad aṣ-ṣaḥīḥ cala-t-taqāsīm wa-l-anwāc«. (Fleischhammer, 1959: V) und Khoury verweist mit seinem Koranzitat „Sprich: Wenn ihr Gott liebt, dann folgt mir, so wird Gott euch lieben und euch eure Sünden vergeben“ darauf das sich die Gottesliebe für einen gläubigen Muslim in der treuen Gefolgschaft zeigt die er Gottes Gesandtem erweist. (Khoury, 2001: 34)
Mehr noch war es einem Gläubigen verboten in Angelegenheiten die Gott oder sein Gesandter entschieden hatten frei zu wählen. (Khoury u.a. 1991: 325 f.)
Ein striktes Befolgen der, durch den Propheten Muḥammad geoffenbarten Regeln Gottes ist jedoch nur möglich wenn möglichst viele Einzelheiten von der Sunna des Propheten bekannt sind.
Die Ḥadīṯe bilden, direkt nach dem Koran, die zweite Wurzel des fiqh, der islamischen Rechtswissenschaft. Was der Prophet „getan, befohlen oder nur stillschweigend gebilligt hatte das galt nach muslimischer Auffassung, bedingungslos als Richtschnur für Leben und Glauben“ (Juynboll Th.W., 1910:13)
Guillaume (1924: 11) zieht Parallelen zwischen der Situation der Muslime nach dem Tod Muḥammads und der Juden nach dem Tod Moses
„The Jews found the Mosaic law with its wealth of detail insufficient by itself without the assistance of case law and tradition, and the Talmud arose to supply this need. Similarly, the Muhammadan community found itself at the death of Muhammad with a holy book and the living memory of a prophet; from those two sources the ecclesiastical and temporal polity of the Islamic world was for all time build.”
Die Sammlung und Niederschrift der Ḥadīṯe war zugleich wissenschaftliche und religiöse Betätigung. Durch die Sammlung wurden die Berichte vom Leben des Propheten den Gläubigen und vor allem den Gelehrten zugängig und brachten den Kompilatoren hohes Ansehen und den Respekt ihrer Mitmenschen ein. Beestone u.a.(1983: 271) verweisen zudem darauf, dass die Abwesenheit einer offiziellen, staatlich kontrolierten Ḥadīṯsammlung die Eigeninitiative der frühen Kompilatoren förderte.
Sowohl ʾIbn Ḥibbān als auch Ad-Dārīmī verbrachten einen Großteil ihres Lebens auf Reisen, um bei verschiedenen Lehrern Ḥadīṯe zu sammeln.
Zuerst soll ein kurzer Abriss über die Geschichte der Ḥadīṯsammlung im 1./7. und 2./8. Jahrhundert angeführt werden der im folgenden als Referenzrahmen für die Klassifizierung der Werke von ʾIbn Ḥibbān und Ad-Dārīmī dienen soll. Im Folgenden werden dann die Autoren jeweils mit ihrer Biographie und ihrem Werk vorgestellt.
2. Referenzrahmen: Die Ḥadīṯsammlungen im 1./2. Jahrhundert nach der Ḥiğra
Während des ersten Jahrhundert nach der Ḥiğra war die Sammlung der Ḥadīṯe durch ein ambivalentes Vorgehen geprägt. Sowohl Aṣḥāb als auch Tābicūn sahen die Notwendigkeit, die Berichte von den Taten des Propheten für die Nachwelt zu erhalten, wogen diese jedoch gegen die Gefahr, das schriftlich fixierte Ḥadīṯsammlungen eine Konkurenz zum Qurʾān darstellen könnten, ab.
Dennoch verzeichneten viele der Aṣḥāb und Tābicūn ihre Ḥadīṯe in ṣuḥuf (Manuskripten). Auch wenn der Vortrag vor ihren Schülern meist frei erfolgte, dienten die ṣuḥuf als Erinnerungsstütze und Rückversicherung.[1]
In diesem Kontext kann Röhrich, zitiert von Schoeler (1996: 4) zugestimmt werden wenn er schreibt:
„ […]auch Augen und Ohrenzeugenberichte weisen die Tendenz auf, bestimmte traditionelle Motive und Erwartungsmomente dem Erlebten überzustülpen, d.h. reale Vorgänge im Sinne oraler Tradition zu überformen und damit auch zu verfälschen […] Unser Gedächnis enthält mehr, als wir jemals erinnern können, aber es seligiert und verändert die Erinnerungsinhalte. […] Unabsichtlich, unbemerkt werden die Geschichten im Einklang mit den Interessen, Kenntnissen, Vorlieben, Abneigungen und Gemütsverfassungen der Nacherzähler umfrisiert. So werden die Geschichten den Erzählern immer ähnlicher.
Gegen Ende des ersten Jahrhundert n. H. begann ein verbreitete schriftliche Fixierung und damit einhergehend nahm auch die Zahl der Fälschung. Mit der Ermordung des dritten Kalifen ʾUṯman ʾibn Affan 656 n.Chr. und den folgenden Bürgerkriegen bekamen Sammlung und Auswahl der Ḥadīṯe zudem eine politische Dimension.
Um den Weg einer Überlieferung, und damit auch ihren Wahrheitsgehalt einschätzen zu können wurde dem matn, dem eigentlichen Bericht, nun der isnād, die Überliefererkette, hinzugefügt.
Ende des 1./7. und im frühen 2./8. Jahrhundert begannen die Kompilatoren die Ḥadīṯe in ihren Werken thematisch zu sortieren. Dieses System wurde muṣannaf genannt und zu seinen beteutendsten Werken gehören das » muṣannaf ʾabdir-rassāq ʾibn hammām« und das »muṣannaf abū bakr ʾibn abū šiba«.
Ḥadīṯsammlungen, in welchen Ḥadīṯe sich direkt auf den Propheten bezogen und die nach den Namen der Aṣḥāb sortiert waren, wurden musnad genannt. Wichtige Werke sind hier das musnad »al-ʾimām aḥmad ʾibn ḥanbal« sowie das »musnad abū ʾalī yaʾlā al-mūsalī«.
Da die Musnadwerke allerdings nicht zwischen starken und schwachen Ḥadīṯen unterschieden, begann fast gleichzeitig die Ṣaḥīḥ - Bewegung die in ihren Werken Ḥadīṯe mit einem bestimmten Qualitätsmerkmal zusammenfasste.
Da seit dem Ende des 1./7. Jahrhunderts immer mehr unqualifizierte Personen begonnen hatten Ḥadīṯwerke zu verfassen versuchten die Autoren des 3./9. Jahrhunderts in zunehmendem Maße ein System der kritischen Ḥadīṯstudien zu entwickeln, dass mit den Prophetengefährten begann. Die Aṣḥāb selbst waren allerdings über jeden Zweifel erhaben und wurden nicht in die kritische Bewertung mit einbezogen.
Das so entwickelte System der Analyse deckte sowohl Datum und Ort der Geburt eines Überlieferers als auch familiäre Beziehungen, Ausbildung, Lehrer, Reisen, soziale und geschäftliche Kontakte, Reputation, Moral und religiöses Verhalten, Genauigkeit, literarisches Werk und Todesdatum ab. Ebenso wurde eine kurze Bewertung des Ḥadīṯ hinzugefügt. In diesen Bewertungen ist der Ursprung der Ḥadīṯ-Klassifikation und der Terminologie der Ḥadīṯbeschreibung zu sehen.
[...]
[1] Zur Diskussion um den Zeitpunkt der ersten schriftlichen Fixierung der Ḥadīṯe vgl. (Sezgin, 1967)
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