Diese Arbeit soll sich primär mit den rechtlichen Abläufen des Kohleausstiegs im Rahmen des Kohleverstromungsbeendigungsgesetzes auseinandersetzen. Insbesondere der Ausschreibungsmechanismus zur frühzeitigeren Beendigung der Stromerzeugung aus Kohlekraft soll hierbei beleuchtet werden. Während die Intention des Bundesumweltministeriums durchaus berechtigt und gut durchdacht ist, wird diese Arbeit die Fehler des Verfahrens analysieren, um schlussendlich zu beweisen, dass der vorzeitige und besonders umweltfreundliche Kohleausstieg der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich ein ineffektives Werkzeug für den Klimaschutz ist, aber auch erste Handlungsmöglichkeiten zur Verbesserung aufzeigen.
Dies wird im Rahmen eines Fazits am Ende des Werkes zusammenfassend beleuchtet. Vor der Ausbreitung von SARS-CoV-2 war das präsenteste Thema das Aufhalten des Klimawandels. Für die Zeit nach Covid-19 lohnt sich der Blick in das deutsche Treibhausgasinventar. So lässt sich direkt der größte Posten mit geringem Aufwand feststellen: Die Energiewirtschaft. Im Jahr 2018 hat die Energiewirtschaft, hierbei insbesondere die Stromerzeugung, einen Ausstoß von Treibhausgasen im Gewicht von knapp 300 Millionen Tonnen kg (nur CO2) zur Folge gehabt. Schaut man sich nun an, dass Braunkohle hier für nahezu 150 Millionen Tonnen dieser und Steinkohle zusätzlich für beinahe 70 Millionen Tonnen Emissionen verantwortlich ist, muss durchaus die Frage gestellt werden:
Ist es für eine Industrienation wie Deutschland vertretbar, fast dreiviertel seiner energiebedingten CO2-Emissionen aus einem fossilen Brennstoff wie Kohle zu ziehen? Für das Erreichen der Klimaziele aus dem Kyoto-Protokoll, welches vor allem für die Einzelstaaten relevant ist, und dem zentralen Ziel des Pariser Klimaabkommens, die globale Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad Celsius zu beschränken, ist der weltweite Ausstieg aus der Kohlekraft aktuell alternativlos. Betrachtet man den neusten Bericht des Weltklimarats ist sogar ein sofortiger Kohleausstieg als erforderlich anzunehmen (im Vergleich zu Rockström).
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
Rechtssprechungsverzeichnis
Tabellenverzeichnis
1 Einleitung
2 Der Kohleausstieg
2.1 Allgemeiner Verfahrensablauf
2.2 Vorstellung der unterschiedlichen Methoden
2.2.1 Steinkohle
2.2.2 Braunkohle
3 Bewertung der Effizienz
3.1 Gefährdung deutscher & europäischer Klimaziele
3.1.1 Deutsche Klimaziele
3.1.2 Europäische Klimaziele
3.2 Option zum früheren Kohleausstieg ab 2035?
4 Alternativen zum aktuellen System
4.1 Ausschreibungssystem der Steinkohleverstromung
4.2 Umbau des ETS
4.2.1 Linearer Reduktionsfaktor
4.2.2 Umbau der MSR
4.2.3 Löschung von freigewordenen Zertifikaten
4.2.4 Mindestpreis eines CO2-Zertifikats
4.3 EEG-Förderoffensive
4.3.1 Konkurrenz zum Umbau des ETS?
4.3.2 Problemstellungen EEG-Förderung
4.4 Strikter Ausstieg ähnlich dem Atomausstieg
5 Fazit
Literaturverzeichnis
Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildungsverzeichnis
Die Abbildungen 3 und 5 wurden aus urheberrechtlichen Gründen von der Redaktion entfernt.
Zielpfad zur Stilllegung von Kohlekraftwerken 5
Tabellarische Darstellung der notwendigen Reduktion von Treibhaus- gasemissionen gestaffelt nach Sektoren aus dem Treibhaus- gasinventar nach dem Kyoto-Protokoll
Darstellung zur preislichen Entwicklung verschiedener Energie- träger
Übersicht der möglichen Verläufe der Zertifikatsmengen in der 4. Handelsperiode (2021 - 2030)
Chart des Preises eines EU-Emissionszertifikats mit Markierung der Ankündigung (rot) & Einführung (grün) der MSR
Rechtssprechungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Tabellenverzeichnis
Gegenüberstellung Sektorenergebnisse & Sektorenziele
1 Einleitung
Während aktuell berechtigterweise alles darangesetzt wird, die Auswirkungen der Corona-Pandemie möglichst zu bremsen bzw. aufzufangen, enden die Probleme der Welt nicht mit dem Aufheben des Pandemie-Status durch die WHO.
Vor der Ausbreitung von SARS-CoV-2 war das präsenteste Thema das Aufhalten des Klimawandels.
Zwar hilft eine globale Pandemie in diesem Bereich durchaus mit, aber bei Weitem nicht genug. Dennoch sind die direkten Folgen von Corona wie etwa vermehrtes Vorkommen von Homeoffice-Arbeitssituationen und folglich weniger Verkehr auf den deutschen Straßen, kaum Flugverkehr und massiv reduzierte Industrieemissionen ursächlich für das „Über-Erreichen“ des deutschen Klimaziels.
Für die Zeit nach Covid-19 lohnt sich der Blick in das deutsche Treibhausgasinventar. Dies wird beim UBA geführt, jährlich aktualisiert und gibt einen (sehr detaillierten) Überblick über die Menge, die Art und die Verursacher von ausgestoßenen Treibhausgasen in Deutschland.
So lässt sich direkt der größte Posten mit geringem Aufwand feststellen:
Die Energiewirtschaft.
Im Jahr 2018 hat die Energiewirtschaft, hierbei insbesondere die Stromerzeugung, einen Ausstoß von Treibhausgasen im Gewicht von knapp 300 Millionen Tonnen kg (nur CO2) zur Folge gehabt. Schaut man sich nun an, dass Braunkohle hier für nahezu 150 Millionen Tonnen dieser und Steinkohle zusätzlich für beinahe 70 Millionen Tonnen Emissionen verantwortlich ist, muss durchaus die Frage gestellt werden:
Ist es für eine Industrienation wie Deutschland vertretbar, fast dreiviertel seiner energiebedingten CO2-Emissionen aus einem fossilen Brennstoff wie Kohle zu ziehen?
Für das Erreichen der Klimaziele aus dem Kyoto-Protokoll, welches vor allem für die Einzelstaaten relevant ist, und dem zentralen Ziel des Pariser Klimaabkommens, die globale Erderwärmung auf maximal 1,5 Grad Celsius zu beschränken, ist der weltweite Ausstieg aus der Kohlekraft aktuell alternativlos.
Betrachtet man den neusten Bericht des Weltklimarats ist sogar ein sofortiger Kohleausstieg als erforderlich anzunehmen (im Vergleich zu Rockström).
Von der zu erwartenden Preisexplosion von Strom aus fossilen Energieträgern sowie der Verschärfung der Verfügbarkeit solcher Brennstoffe und der daraus resultierenden Versorgungsschwierigkeit ist hierbei noch keinerlei Rede.
Umso bedenklicher ist es, dass Länder wie Deutschland, trotz allem Unterzeichner und großer Verfechter des Pariser Klimaabkommens von 2015 sowie vieler weiterer Klimaschutzabkommen und -vereinbarungen, weiterhin fossile Brennstoffe in solchen Ausmaßen durchgehend betreiben (und teilweise fördern).
Immerhin folgte Mitte 2020 endlich das Gesetz zur Reduzierung und zur Beendigung der Kohleverstromung, kurz Kohleausstiegsgesetz, welches die Verstromung von Braun- und Steinkohle beenden wird.
Während das Kohleausstiegsgesetz viele Antworten auf nun relevante Fragen liefert, wie etwa die steuerliche Behandlung von Anpassungsgeldern für den Kohleausstieg in § 3 Nr. 60 EStG, soll sich diese Arbeit primär mit den rechtlichen Abläufen des Kohleausstiegs im Rahmen des Kohleverstromungsbeendigungsgesetz auseinandersetzen, insbesondere der Ausschreibungsmechanismus zur frühzeitigeren Beendigung der Stromerzeugung aus Kohlekraft soll hierbei beleuchtet werden.
Genau dieser mögliche frühere Ausstieg aus der Kohleverstromung wird allerdings nicht (aufgrund der Anstrengungen der Bundespolitik) geschehen.
Während die Intention den Bundesumweltministeriums durchaus berechtigt und gut durchdacht (und wenn man diese Abwägung direkt zulässt: zusätzlich fair für beide Seiten) ist, wird diese Arbeit die Fehler des Verfahrens analysieren, um schlussendlich zu beweisen, dass der vorzeitige und besonders umweltfreundliche Kohleausstieg der Bundesrepublik Deutschland tatsächlich ein ineffektives Werkzeug für den Klimaschutz ist aber auch erste Handlungsmöglichkeiten zur Verbesserung aufzeigen.
Dies wird im Rahmen eines Fazits am Ende des Werkes zusammenfassend beleuchtet.
2 Der Kohleausstieg
2.1 Allgemeiner Verfahrensablauf
Um die genauen Probleme der Verfahrensmechanismen und die anschließenden Auswirkungen dieser Fehler besser einschätzen zu können, lohnt es sich, die allgemeinen Eckpunkte des deutschen Kohleausstiegs zuerst zu beleuchten und sich diese einzuprägen.
Regelmäßig ist die erste Frage zum Kohleausstieg: „Wann steigen wir aus der Kohle aus?“
Wahrlich, tatsächlich eine, wenn nicht sogar die, wichtigste Frage ist die zeitliche Abfolge des Kohleausstiegs aufgrund von vielen Faktoren:
Der offensichtlichste ist natürlich der Emissionsfaktor denn wer keine Kohle verbrennt, stößt logischerweise keine Emissionen aus.
Weiterhin sind aber auch solche Faktoren wie Arbeitsplatzsicherheit der Beschäftigten in der Kohleindustrie oder eben die Versorgungssicherheit mit Strom in der Republik zu beachten.
Genau diese „[…] sozialverträgliche, […] sichere, preisgünstige, effiziente und klimaverträgliche Versorgung der Allgemeinheit mit Elektrizität […]“ ist gem. § 2 Abs. 1 KVBG der erklärte Leistungsmaßstab an dem sich die Bundesregierung messen lassen muss.
Die zeitliche Umsetzung dieses Ziels folgt auch prompt in § 2 Abs. 2 KVBG welcher die jährliche Abschmelzung der Gesamtleistung von Kohleverstromung erläutert und sowohl für Braun- als auch für Steinkohle genaue Zielwerte festlegt.
Aktuell ist es unser Bestreben bis zum Ende des Kalenderjahres 2022 die Nennleistung von Braun- und Steinkohlestromkraftwerken auf jeweils max. 15 Gigawatt zu beschränken.
Finales Ziel ist es gem. Nr. 3 spätestens Ende 2038 jegliche Kohleverstromung eingestellt zu haben.
Grafisch dargestellt sieht der deutsche Kohleausstieg wie folgt aus:
Abb. 1: Zielpfad zur Stilllegung von Kohlekraftwerken
Aus dieser grafischen Darstellung lassen sich vor allem zwei wichtige Faktoren ableiten:
1. Das geplante Ende der Kohleverstromung im Kalenderjahr 2038 kann drei Jahre früher geschehen.
Nach der aktuellen Regelung könnte Deutschland, rechtlich gesehen, frühestens 2035 aus der kohlebasierten Stromgewinnung aussteigen.
Wie diese Vorverlegung zustande kommen kann, wird unter 2.2.1.1 erklärt.
2. Die Braunkohleverstromung wird uns bis zum endgültigen Ende der Kohleverstromung in Deutschland begleiten und Steinkohle wird als Energieträger wesentlich früher aus der deutschen Energieversorgung ausscheiden als Braunkohle.
Wie sinnhaft dieses Vorgehen ist, wird unter 3.3 beleuchtet.
Der Vollständigkeit halber sei ebenfalls das Steinkohlekraftwerk Datteln IV angesprochen:
Der Betreiber des Kraftwerks UNIPER hat grundsätzlich die Erlaubnis für sowohl Errichtung als auch Betrieb eines Kraftwerkblocks in diesem Bereich erhalten.
Die Kohlekommission (offiziell Kommission für Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung) regte an, mit UNIPER eine vertragliche Lösung zu finden, um die Inbetriebnahme von Datteln IV zu verhindern.
Dies scheiterte.
Somit sind, aufgrund der zu erwartenden Mehremissionen von Datteln IV, Sonderausschreibungen zur Kompensation für die Zieldaten 2023, 2024 & 2025 geplant.
Jede dieser Ausschreibungen wird gem. § 6 Abs. 5 KVBG um 1 GW erhöht sein.
2.2 Vorstellung der unterschiedlichen Methoden
Kohlekraftwerke werden grundsätzlich mit Steinkohle oder Braunkohle befeuert.
Aufgrund diverser Unterschiede im Betrieb zwischen diesen beiden Kraftwerkstypen hat sich die Bundesregierung entschlossen, die Brennstoffe differenziert zu behandeln und unterschiedliche Wege in deren Ende der Verfeuerung zu beschreiten.
2.2.1 Steinkohle
Allein im Bereich des Steinkohleausstiegs sind zwei verschiedene Verfahren zu unterscheiden:
Die Möglichkeit zur Vorverlegung des Stilllegungszeitpunkts durch Gewinnen eines Zuschlags zu diversen Gebotsterminen der BNetzA im Rahmen eines geregelten Ausschreibungsverfahrens gem. den §§ 10 ff. KVBG oder die gesetzliche Reduktion/Stilllegung für alle Steinkohlekraftwerke ohne Zuschlagszuteilung gem. §§ 27 ff. KVBG.
2.2.1.1 Erklärung des Ausschreibungsverfahrens
Wie bereits erwähnt, wird in Teil 3 des KVBG die „Ausschreibung zur Reduzierung der Steinkohleverstromung“ geregelt.
Dieses Ausschreibungsverfahren wird von der BNetzA als zuständiger Behörde gem. § 61 Abs. 1 Nr. 5 KVBG durchgeführt.
Anfänglich berechnet die BNetzA gem. § 7 Abs. 2 bis 5 KVBG das sog. Ausgangsniveau.
Dieses Ausgangsniveau (§ 3 Nr. 3 KVBG) ist der Differenzwert zwischen aktuell verfügbarer Leistung (§ 7 Abs. 2 Nr. 1 KVBG; ab dem 1. März 2022 gilt § 7 Abs. 2 Nr. 2 KVBG) und der Leistung, welche grundsätzlich vor der Abschaltung steht.
Als mathematische Formel ergibt sich aus § 7 KVBG wie folgt:
Ausgangsniveau=(Summe der Nettonennleistung)/(Summe der Nettonennleistung gem.§ 7 Abs.3 KVBG)
Bereits zum oberen Abschnitt ergibt sich eine Besonderheit für das Ausschreibungsverfahren:
Bis zum Ausschreibungsverfahren am 01. Oktober 2021 (Zieldatum 2023 gem. § 4 Abs. 1 i.V.m. § 10 Abs. 2 Nr. 4 KVBG), herrscht ein sog. beschleunigtes Verfahren mit anderen Regelungen zur Berechnung der Nettonennleistung.
Hierbei wird die Summe der aktuell zur Steinkohleverfeuerung lizenzierten Kraftwerke als Basisgrundlage genommen.
Dies ist der Chronik des KVBG geschuldet.
Dieses trat am 14.08.2020 in Kraft.
Aufgrund der zeitlichen Regelung des § 4 Abs. 2 i.V.m. § 10 Abs. 2 Nr. 1 KVBG war der erste Gebotstermin für eine Ausschreibung bereits am 01.09.2020.
Die Grundlage für diese Summenberechnung hatte die BNetzA schon aus dem ihr vorgeschriebenen, durchgängig erfolgenden, Monitoring des Netzbetriebes gem. § 35 EnWG bereitgestellt.
Demnach war die schnelle Abwicklung der Gebotstermine bis Oktober 2021 nur so möglich.
Für die weiteren Termine ab März 2022 gilt die Maßgabe, dass alle Steinkohlekraftwerke die gem. § 29 Abs. 4 KVBG aufgereiht sind (und auf die Anordnung der Stilllegung warten) abzüglich derer die ihre Betriebsgenehmigung aus diversen Gründen verlieren werden/verloren haben, die Basissumme des Ausgangsniveaus darstellt.
Nach dem Feststellen des Ausgangsniveaus kommt das erste größere Problem auf uns zu welches uns, zumindest in einer Form der Ausprägung, für den Rest dieser Arbeit begleiten wird:
Der Umfang der stillzulegenden Leistung bei der jeweiligen Ausschreibungsrunde gem. § 6 KVBG.
Grundsätzlich ist die Berechnung nach § 6 Abs. 2 KVBG wahrlich simpel:
Das geforderte Zielniveau zum jeweiligen Zieldatum gem. § 4 KVBG ist vom berechneten Ausgangsniveau nach § 7 KVBG abzuziehen.
Dieses Ausschreibungsvolumen kann, erneut ähnlich wie im EEG, auch unterzeichnet werden.
Hierbei handelt es sich um eine negative Deckung des Ausschreibungsvolumens durch die eingereichten Gebote.
Sollte eine solche Unterzeichnung eintreten, berücksichtigt die BNetzA die unterzeichnete Menge und addiert diese zu dem Ausschreibungsvolumen der folgenden Ausschreibungsrunde hinzu.
Nach erfolgter Ausschreibung und Bekanntmachung jener auf der Internetpräsenz der BNetzA gem. § 14 Abs. 1 KVBG, sind die Anlagenbetreiber aufgefordert, ihre Gebote nach den Inhaltsvorschriften gem. § 14 KVBG über die in § 62 Abs. 2 KVBG bestimmten Verfahrenswege einzureichen.
Sobald die Frist zur Abgabe abgelaufen ist, beginnt die BNetzA mit der eigentlichen Arbeit der Ausschreibungsrunde: das Aufreihen der Gebote nach Maßgabe der vergebenen Kennziffer nach dem § 18 Abs. 3 KVBG.
Da diese Reihung von essenzieller Bedeutung ist, lohnt es sich hierbei einen genaueren Blick auf diesen Vergabemechanismus zu werfen und damit die Grundlage für die Bewertung des Steinkohleausstiegs bzw. des möglicherweise früheren Ausstiegs aus der Kohleverstromung überhaupt bewerten zu können.
Die Kennziffer nach dem § 18 KVBG ist schlussendlich das Ergebnis einer mathematisch vorgeschriebenen Formel:
Die vergebene Kennziffer ist der Quotient aus dem Gebotswert an geforderter Entschädigung (pro stillzulegender MW Nettonennleistung des Steinkohlekraftwerks; § 3 Nr. 15 KVBG) geteilt durch den durchschnittlichen jährlichen historischen CO2-Ausstoßes des Kohlekraftwerks.
Dieser jährliche historische CO2-Ausstoß ist allerdings nicht die Masse an Treibhausgasen X die im Kalenderjahr XXXX von dem jeweiligen Steinkohlekraftwerk ausgestoßen wurde: Es handelt sich hierbei tatsächlich nicht um die real ausgestoßene Menge, welche der Kraftwerksbetreiber bereits bei Abgabe seines Gebots gem. § 14 Abs. 1 Nr. 10 KVBG, angeben muss, sondern müssen die Emissionen der letzten drei Jahre angesetzt werden.
Faktisch wird demnach der Durchschnittswert dieser drei Jahre verwendet:
Gemäß § 18 Abs. 3 S. 3 KVBG sind die letzten drei Jahreswerte zu summieren und anschließend durch 3 zu teilen.
Zur Verdeutlichung ergibt sich schlussendlich aus § 14 Abs. 3 KVBG also folgende Berechnung:
Kennziffer=(Gebotswert )/((Summe reale CO2-Emissionen der letzten 3 Jahre/3) )
Jedes formell gültige Gebot für die jeweilige Ausschreibungsrunde erhält eine solche Kennziffer.
Diese Kennziffern werden gem. § 14 Abs. 7 KVBG aufsteigend aufgereiht.
Nach dieser Reihung werden alle Kennziffern bzw. die dahinterstehenden Gebote einen Zuschlag erhalten, welche das Ausschreibungsvolumen nicht komplett aufbrauchen.
Der maximale Gebotswert wird hierbei legal vordefiniert:
Nach § 19 Abs. 1 KVBG sinkt die maximal mögliche Entschädigung von 165.000 € pro abzuschaltender Nettonennleistung in MW auf lediglich 89.000 € ab.
Dieses Abschmelzen der Vergütung ist als marktpolitischer Anreiz für die Kraftwerksbetreiber gedacht, ihre Steinkohlekraftwerke möglichst frühzeitig vom Netz zu nehmen. Dies wird insbesondere deutlich, wenn man sich im Klaren darüber ist, dass die erste Ausschreibungsrunde am 01. September 2020 stattfand und die letzte Runde für den 01. Juni 2023 terminiert ist; somit verlieren Kraftwerksbetreiber bei Untätigkeit knapp die Hälfte an möglichen Entschädigungen innerhalb von zweieinhalb Jahren.
Auch hier kann eine erneute Parallele zur Systematik des EEG aufgefunden werden: Im EEG schmilzt die mögliche Förderung für EE-Anlagen im Laufe der Zeit ab um ein „Hinterherfallen“ des Zeitplans zu vermeiden und möglichst frühe Planungssicherheit zu erhalten.
Um Verzerrungen zu verhindern, wird gem. § 19 Abs. 2 KVBG ein Gebotswert der über dem zulässigen Wert nach Abs. 1 liegt, als Höchstgebot im Rahmen des gesetzlichen Spielraums aus Abs. 1 fingiert.
Die mathematische „Auswertung“ dieser Formell beinhaltet also die Grundsätze, dass:
- Je mehr CO2 das Kraftwerk ausstößt und/oder
- Je niedriger der Gebotswert ist,
die Chance auf eine Zuschlagserteilung steigen lässt.
Nach Vollendung des Vergabeverfahrens wird das Ergebnis der Ausschreibungsrunden nach § 24 KVBG auf der Internetpräsenz der BNetzA veröffentlicht.
Kraftwerksbetreiber die einen Zuschlag erhalten haben aber auch diejenigen welche kein erfolgreiches Angebot abgegeben haben, werden separat gem. § 21 KVBG über das Ergebnis der Ausschreibung informiert.
Als finales Resultat dieser Ausschreibung steht das Verbot der Kohleverfeuerung nach § 51 Abs. 1 Alt. 1 KVBG.
Nach Zuschlagserteilung durch die BNetzA (§ 21 Abs. 1 KVBG) darf in dem jeweiligen Steinkohlekraftwerk ab dem aus § 51 Abs. 2 Nr. 1 KVBG zu bestimmenden Tag keinerlei Kohle mehr verfeuert werden. Ebenso darf keinerlei aus diesem Kraftwerk stammende Leistungen gem. § 52 KVBG vermarktet werden.
2.2.1.2 Fazit zu bisher erfolgten Ausschreibungen
Bisher hat die BNetzA drei Ausschreibungsrunden erfolgreich abgewickelt.
Dies resultiert in einer Nettonennleistung von 8.434,358 MW an Kapazitäten von Steinkohlekraftwerken die bis zum 01.01.2022 stillgelegt werden.
2.2.1.2.1 Ausschreibung 01.09.2020:
Die erste der geplanten sieben Ausschreibungen folgte prompt auf den Kohleausstieg selbst am 01. September 2020.
Wie in § 6 Abs. 3 S. 2 KVBG unmissverständlich geregelt ist, betrug das ausgeschriebene Volumen 4 GW.
Die erstmalige Ausschreibungsrunde verlief glücklicherweise direkt höchst erfolgreich und war mit knapp über 800 MW überzeichnet.
Demnach erhielt das erste Gebot, welches erstmals die Volumengrenze von 4 GW überschritt, den letzten Zuschlag.
Den Zuschlag wurden insgesamt 11 Kraftwerke zugestanden, hiervon sind die Emissionen der sechs größeren Kohlekraftwerke (ab 50 MW Leistung) im Schadstoffregister PRTR aufgelistet.
Allein diese Ausschreibung hat, ab Wirksamwerden des Kohleverfeuerungsverbots, ein jährliches Ersparnis von über 18 Millionen Tonnen CO2-Emissionen zur Folge.
Gleichzeitig geht der Verlust von 4,8 GW Stromerzeugungskapazitäten einher.
Weiterhin ist auch der nicht genau bezifferbare Wert an (Fern-)Wärmekraft zu bedenken da die meisten Kohlekraftwerke an eine Kraft-Wärme-Kopplung angeschlossen sind um ihren Wirkungsgrad zu erhöhen.
Finanziell offenbart sich hier eines der größeren Probleme des Steinkohleausstiegs:
Bis zum Ende des Verfahrens kann die Höhe der zu leistenden Entschädigungen überhaupt nicht abgeschätzt werden da die BNetzA die bezuschlagten Gebotswerte grundsätzlich nicht veröffentlicht, sondern lediglich die höchsten sowie auch die niedrigsten erfolgreichen Teilnehmer.
Laut BNetzA liegen die Kosten allein dieser Ausschreibung bei etwa 317.000.000,00 €.
2.2.1.2.2 Ausschreibung 01.04.2021:
Auch in der zweiten erfolgten Ausschreibung war das Volumen gem. § 6 Abs. 3 S. 2 KVBG gesetzlich verankert, diesmal jedoch auf weniger als die Hälfte, nämlich 1,5 GW um genau zu sein.
Ebenfalls war auch Ausschreibung Nummer 2 überzeichnet allerdings lediglich um 14 MW.
Bezugschlagt worden sind drei verschiedene Kraftwerke wobei die Emissionen von zwei Kraftwerken publik sind.
Hierbei werden jährlich knapp 4 Millionen Tonnen CO2-Emissionen eingespart.
Die zweite Ausschreibungsrunde ist mit Aufwendungen zwischen 0,00 € (da der niedrigste bezuschlagte Gebotswert 0€/MW ist) und 89.326.000,00 €.
Anzumerken ist, dass die anfängliche Transparenz der geschätzten Kosten pro Ausschreibungsverfahren ab der zweiten Ausschreibung nicht mehr öffentlich einsehbar ist, weshalb nur noch Minimal- und Maximalwerte angegeben werden können.
2.2.1.2.3 Ausschreibung 30.04.2021:
Die dritte Ausschreibungsrunde zeigt bereits die einige Probleme in einem solchen ausschreibungsorientierten Programm auf:
Im April 2021 kam es zur ersten Ausschreibungsrunde, bei der nicht genug Produktionskapazitäten stillgelegt werden was zu einer sog. Unterzeichnung der Ausschreibung führte.
Demnach wurde jedes eingereichte Gebot bezuschlagt.
Alle 11 Kraftwerke erhielten den Gebotszuschlag; dies resultiert in einer nachweislich reduzierten Emission von 8 Millionen Tonnen CO2.
Die dritte und bisher neuste Ausschreibungsrunde beläuft sich auf Kosten von 0,00 € bis 330.565.710,00 €.
Summiert man die erfolgten Zuschlagsverteilungen kommt man auf eine Überzeichnung der aktuellen Ausschreibungen um knapp 5,5 %.
Gemäß dem Ausstiegspfad läuft der deutsche Steinkohleausstieg also besser als erwartet.
2.2.1.2.4 Ausblick auf die kommende Ausschreibung 01.10.2021
Am 1. Oktober 2021 läuft die vierte Ausschreibungsrunde, die einen erheblichen Meilenstein für den Steinkohleausstieg darstellt:
Das Ausschreibungsvolumen ist mit 433,016 MW wesentlich niedriger als bei allen anderen Runden zuvor.
Theoretisch könnte es passieren, dass mit der Ausschreibung die Abschaltung von lediglich einem einzigen Kraftwerk eintritt.
Errechnet man das Ausgangsniveau gem. § 7 KVBG, insbesondere mit den Abzügen aus Abs. 3, steht das Niveau mit 13.335,016 MW gegen das geplante Zielniveau aus § 4 KVBG von 13.902 MW zum 01. Juli 2023.
Die Differenz aus beiden Werten ergibt das Ausschreibungsvolumen.
Dies wäre nach dieser Berechnung tatsächlich negativ mit -566,984 MW.
In diesem Bereich muss man von der höchst umstrittenen Zulassung des Kohlekraftwerks Datteln IV reden und diese begrüßen.
Die Errichtung des Kohlemeilers Datteln IV wurde knapp vor dem Kohleausstieg dem Betreiber UNIPER genehmigt; trotz Empfehlung der Kohlekommission konnten sich Betreiber und Bundesregierung nicht auf ein Verwerfen dieser Genehmigung einigen weshalb UNIPER das Kraftwerk errichtete.
Um die nun auftretenden Emissionen zu kompensieren, führt das KVBG gem. § 6 Abs. 5 KVBG für insgesamt 3 Ausschreibungsterminen eine Erhöhung des Ausschreibungsvolumens von jeweils 1 GW durch.
Somit beläuft sich das endgültige Ausschreibungsvolumen für den Termin am 01.10.2021 auf 433,016 MW.
Wäre Datteln IV nicht ans Netz gegangen, hätte diese Ausschreibung eventuell nie stattgefunden.
2.2.1.2.5 Wegfall einer Ausschreibungsrunde
Eine neue Besonderheit des Ausschreibungsverfahrens sei der Vollständigkeit halber angesprochen:
Mit der Novelle des KVBG, systematisch eher falsch im „Gesetz zur Umsetzung unionsrechtlicher Vorgaben zur Regelung reiner Wasserstoffnetze im Energiewirtschaftsrecht“ umgesetzt, gelten seit dem 27.07.2021 veränderte Gebotstermine.
Eine achte Ausschreibungsrunde für das Jahr 2027 wurde gestrichen (vgl. § 5 Abs. 1 Nr. 2, 3 KVBG a.F.).
Diese Änderung beeinflusst den Steinkohleausstieg insofern, dass nun ab dem 1. April 2027 (§ 5 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. § 4 Abs. 1 KVBG) lediglich die gesetzliche Reduktion angewandt wird.
2.2.1.3 Gesetzliche Reduktion der Steinkohleverstromung
Wie aus der Grafik auf Seite 3 gut zu erkennen ist, ist der Ausstiegspfad aus der Kohleverstromung relativ fest geplant und kann nur geringfügig verändert werden.
Während der „Sprung“ auf das Ende der Stromerzeugung aus allen Kohlearten 2035 durch effiziente Ausschreibungen möglich ist, existiert im Bereich des Ausstiegs aus der Steinkohleverstromung auch ein Mittel zur Stilllegung für alle Anlagen, die nicht am Ausschreibungsverfahren erfolgreich teilgenommen haben.
Die gesetzliche Reduzierung gem. den §§ 27 ff. KVBG ermächtigt die BNetzA durch Anordnungen, alle Steinkohlekraftwerke, die noch keinen Zuschlag nach § 21 Abs. 1 KVBG durch das Ausschreibungsverfahren erlangt haben, stillzulegen.
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