Die vorliegende Arbeit besteht aus den drei Themenfeldern: Grundlagen, gesellschaftlicher Wandel und Stabilisierungsfaktoren sozialer Ungleichheit. Im ersten Teil Grundlagen wird die gegenwärtige Sozialstruktur Deutschlands in Anlehnung an das dynamische Schichtmodell Rainer Geißlers vorgestellt, gegenüber anderen Strukturkonzepten abgegrenzt, und die zugrundeliegenden Begriffe werden operationalisiert.
Nach Darstellung der Sozialstruktur in der die soziale Mobilität stattfindet, wird der Begriff soziale Mobilität selbst erläutert und die verschiedenen Ausprägungen werden dargestellt. Es handelt sich also im ersten Teil um die Verortung sozialer Mobilität, da diese stark von der Sozialstruktur abhängt. Hieraus ergeben sich Fragen nach der Strukturprägung durch einzelne Determinanten wie zum Beispiel Bildungsabschlüssen. Der zweite Themenbereich gesellschaftlicher Wandel soll die Bereiche zunehmender sozialer Mobilität der Nachkriegsgesellschaft anhand der Schwerpunkte Bildung und Arbeitsmarkt aufzeigen. Wo findet oder fand soziale Mobilität im Zeitverlauf statt und welche Faktoren ermöglichten dies? In welchem Zusammenhang stehen die einzelnen Schichtindikatoren, wie Beruf, Einkommen, Sozialprestige oder Bildung?.
Der dritte Bereich Stabilisierungsfaktoren sozialer Ungleichheit steht dem zweiten konträr gegenüber. Hier sollen den Pluralisierungs- und Dynamisierungstendenzen Formen sozialer Schließung im Bereich der Familie, der Qualifikation/Bildung und des Arbeitsmarktes gegenübergestellt werden. Was behindert also soziale Mobilität und welche gesellschaftlichen Gruppen lassen sich hierbei identifizieren? Da alle Unterpunkte sowohl mobilisierende als auch hemmende Faktoren in Bezug auf soziale Mobilität angeben, steht die Einordnung in diese groben Kategorien nur für die zentrale Tendenz. Je nach spezifischer Sozialisation wird so der Bildungsweg vorgeprägt, woraus sich wiederum ein bestimmtes Berufsfeld ergibt.
Anhand der Gegenüberstellung stabilisierender wie auch flexibilisierender gesellschaftlicher Faktoren und Einflüsse soll so die Frage geklärt werden, wie durchlässig die gesellschaftliche Sozialstruktur ist und vor allem, wovon Mobilität abhängt. Wie offen ist die offene Gesellschaft Deutschlands wirklich?
Inhaltsverzeichnis
1. Prolog
2. Methodik
Grundlagen
3. Soziale Schicht
3.1. Das moderne Schichtkonzept Rainer Geißlers
4. Soziale Mobilität
5. Moderne Entschichtungstheorien: Soziale Milieus – oder von der Klasse zur Schicht zum Milieu?
Der Gesellschaftliche Wandel – Kennzeichen zunehmender Mobilität
6. Die moderne Gesellschaft
7. Schichtstrukturen des Arbeitsmarkts – statistische Trends
8. Trend zur Mittelschicht und subjektive Schichteinteilung
Stabilisierungsfaktoren sozialer Ungleichheit
9. Heiratsbeziehungen und Familieneinflüsse
10. Ungleichheit im Bildungssektor
11. Neuere Forschungsergebnisse: Elitenforschung, Pisa Studie
12. Neue Grundschicht
13. Schlussbemerkung
Literaturverzeichnis
1. Prolog
Der Begriff der Gleichheit beziehungsweise Ungleichheit ist ein Schlüsselbegriff der modernen Gesellschaftsgeschichte. Die moralische und rechtliche Gleichheit aller Menschen war das revolutionäre Prinzip, das die Aufklärung dem ancien régime, der Gesellschaft der Stände, der Privilegien und der von Gott gewollten Ordnungen entgegenhielt. Der Abbau dieser Privilegien, die Zerschlagung der Stände, Zünfte und Korporationen war das Ziel der Französischen Revolution von 1789. Gleiche unter Gleichen sollten die Gesellschaft bilden und gleich unmittelbar sein zum Staat, der demokratisch legitimierten Ordnungsmacht. Dieser rechtlichen und politischen Gleichheit folgte im 19. Jh. die Forderung nach sozialer Gleichheit (Klassenkampf).
Keine Gesellschaftstheorie mit Ausnahme der kommunistischen leugnet das Vorhandensein und die Berechtigung sozialer Ungleichheit, oder neutraler formuliert sozialer Differenzierung. Die Unterscheidung einzelner Sozialstrukturen bezieht sich vielmehr auf die unterschiedliche Ausprägung sozialer Mobilität. Die gegenwärtige deutsche Gesellschaft wird im Gegensatz zu geschlossenen Sozialstrukturen, die es nicht oder nur äußerst schwierig ermöglichen die soziale Schicht zu wechseln wie der indischen Kastengesellschaft oder der ständisch-mittelalterlichen Feudalgesellschaft als offen bezeichnet. In einer als offen bezeichneten Gesellschaftsform kann (zumindest theoretisch) jedes Mitglied jede gesellschaftliche Ebene erreichen, wenn es die entsprechenden Fähigkeiten besitzt. Die soziale Mobilität zwischen den gesellschaftlichen Positionen ist also besonders ausgeprägt, und gesellschaftliche Ressourcen inklusive Sozialprestige werden allein nach individueller Leistung verteilt, welches sozialen Abstieg nicht ausschließt.
Diese Arbeit soll die These Helmut Schelskys prüfen, dass wir uns inzwischen in der „nivellierten Mittelstandsgesellschaft“ befinden, einer Leistungsgesellschaft in der die soziale Positionierung allein anhand der individuellen Leistungsfähigkeit und Bereitschaft erfolgt. Nicht zuletzt die Pisa Studie hat der Frage nach der Offenheit der deutschen Gesellschaft und ihrer Sozialstruktur Aktualität verliehen.
Eine Analyse der Art und des Ausmaßes sozialer Mobilität ist hierbei eng an die Sozialstruktur gekoppelt, welche sich wiederum im Zeitverlauf beständig wandelt. Um also soziale Mobilität zu analysieren, muss zuerst die bestehende Sozialstruktur (Klassen- Schichtmodell, Lebensstilkonzept etc.) klassifiziert werden.
2. Methodik
Die vorliegende Arbeit besteht aus den drei Themenfeldern: Grundlagen, gesellschaftlicher Wandel und Stabilisierungsfaktoren sozialer Ungleichheit.
Im ersten Teil Grundlagen wird die gegenwärtige Sozialstruktur Deutschlands in Anlehnung an das dynamische Schichtmodell Rainer Geißlers vorgestellt, gegenüber anderen Strukturkonzepten abgegrenzt, und die zugrundeliegenden Begriffe werden operationalisiert.
Nach Darstellung der Sozialstruktur in der die soziale Mobilität stattfindet, wird der Begriff soziale Mobilität selbst erläutert und die verschiedenen Ausprägungen werden dargestellt. Es handelt sich also im ersten Teil um die Verortung sozialer Mobilität, da diese stark von der Sozialstruktur abhängt. Hieraus ergeben sich Fragen nach der Strukturprägung durch einzelne Determinanten wie zum Beispiel Bildungsabschlüssen.
Der zweite Themenbereich gesellschaftlicher Wandel soll die Bereiche zunehmender sozialer Mobilität der Nachkriegsgesellschaft anhand der Schwerpunkte Bildung und Arbeitsmarkt aufzeigen. Wo findet oder fand soziale Mobilität im Zeitverlauf statt und welche Faktoren ermöglichten dies? In welchem Zusammenhang stehen die einzelnen Schichtindikatoren, wie Beruf, Einkommen, Sozialprestige oder Bildung? Ferner sollen exogene Faktoren einbezogen werden, die tendenziell soziale Mobilität fördern.
Der dritte Bereich Stabilisierungsfaktoren sozialer Ungleichheit steht dem zweiten konträr gegenüber. Hier sollen den Pluralisierungs- und Dynamisierungstendenzen Formen sozialer Schließung im Bereich der Familie, der Qualifikation/Bildung und des Arbeitsmarktes gegenübergestellt werden. Was behindert also soziale Mobilität und welche gesellschaftlichen Gruppen lassen sich hierbei identifizieren? Da alle Unterpunkte sowohl mobilisierende als auch hemmende Faktoren in Bezug auf soziale Mobilität angeben, steht die Einordnung in diese groben Kategorien nur für die zentrale Tendenz.
Dieser Auswahl liegt die Annahme zugrunde, dass sich durch soziale Prägung auf der Mikroebene der Familie der Lebensweg des Einzelnen weitgehend –stochastisch nicht deterministisch- ergibt. Je nach spezifischer Sozialisation wird so der Bildungsweg vorgeprägt, woraus sich wiederum ein bestimmtes Berufsfeld ergibt. Aus der Berufstätigkeit folgt wiederum Sozialprestige (Makroebene),dass auf die Mikroebene der Familie zurückwirkt. Es wird also von einer Art geschlossenem Regelkreis ausgegangen dessen Zentrum die Familie bildet. Beruf, Einkommen, Sozialprestige sind also Wirkung nicht –primär nur sekundär- Ursache. Schließlich sind diese “Aggregatzustände“ über die Familie vermittelt und nicht primär über Indifferenz, beziehungsweise rein individuelle Fähigkeit.
Anhand der Gegenüberstellung stabilisierender wie auch flexibilisierender gesellschaftlicher Faktoren und Einflüsse soll so die Frage geklärt werden, wie durchlässig die gesellschaftliche Sozialstruktur ist und vor allem, wovon Mobilität abhängt. Wie offen ist die offene Gesellschaft Deutschlands wirklich?
Grundlagen
3. Soziale Schicht
In der Sozialstrukturanalyse werden die Teilbereiche einer Gesellschaft und ihre Zusammenhänge untereinander untersucht. Das ermöglicht die Klärung ihrer Funktionsweise sowie die Beobachtung möglicher Veränderungsprozesse in der Gesellschaft. Einer der wichtigsten Bestandteile ist die Analyse der Schichtstruktur, auch (normativ) Ungleichheitsanalyse. Zielsetzung der Sozialstrukturanalyse ist die möglichst getreue Darstellung der gesellschaftlichen Differenzierung, ihres Aufbaus.
Das Schichtkonzept ist seit der Schichtungsanalyse Theodor Geigers aus den 30’er Jahren ein soziologischer Grundbegriff vorwiegend der Makrosoziologie. Mit dieser aus der Geologie übernommenen Metapher soll soziale Ungleichheit, wie sie in jeder Gesellschaft existiert analysiert werden. Hierbei zeigen sich jedoch wichtige Unterschiede zu den Erdschichten der Geologie. Soziale Schichten können horizontal wie vertikal angeordnet sein, wohingegen Erdschichten immer übereinander lagern und sich eindeutig abgrenzen. Da zur Bildung eines Schichtindex in der Regel mehrere Faktoren, wie Bildungsabschluss, Einkommen, Sozialprestige etc. sozioökonomisch miteinander kombiniert werden und das daraus resultierende Verhalten nur typisch aber nicht deterministisch ist (nach Theodor Geiger) grenzen sich soziale Schichten an den Randbereichen nur schwach ab. Einfachere eindimensionale Modelle wie Einkommens- oder Berufsschichten lassen sich zwar untereinander klarer abgrenzen, sind dafür weniger realitätsnah.
Die in einen Schichtindex eingehenden Faktoren welche ohnehin gesellschaftsspezifisch unterschiedliche Bedeutung haben verändern sich ständig, wodurch sich auch die sozialen Schichten ändern, es kommt zur „Umschichtung“ (R. Geißler 1990 nach T. Geiger: 87). Zudem ist eine soziale Schicht mehrdimensional und es gibt neben dominanter Schichtung mehrere untergeordnete Schichtungen. Dominante Schicht und Subschichten bilden jeweils durch ähnliche Lebensumstände und Lebenslagen typische Schichtmentalitäten, die sich überlagern und so eine Abgrenzung zwischen verschiedenen Schichten erschweren.
Eine Gesellschaft wird nach verschiedenen Determinanten in Schichten unterteilt. Hierbei werden Differenzen in vier unterscheidbaren gesellschaftlichen Teilbereichen unterschiedlich stark einbezogen (siehe Grafik).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Differenzen im ökonomischen Teilbereich beziehen sich auf die unterschiedliche Stellung des Individuums im System der Erwerbsarbeit (z.B. Betriebshierarchie). Im politischen Teilbereich zeigen sich Unterschiede in Bezug auf Macht- und Herrschaftsstruktur (die Möglichkeit des Einzelnen eigene Zielvorstellungen politisch zu verwirklichen/ Einfluss).
Im kulturellen Teilbereich lässt sich eine Gesellschaft nach unterschiedlichen Verhaltens- und Interaktionsmustern, spezifischen Subkulturen, unterschiedlichen Mentalitäten und Lebensstilen differenzieren. Diese typischen Mentalitäten und kulturellen Verhaltensweisen ergeben sich aus ähnlichen Lebenslagen. Interaktionen im politischen und ökonomischen Bereich wirken so auf den kulturellen Teilbereich.
Die drei genannten Teilbereiche sind allesamt “sozial“, schließlich verweisen sie zumeist auf bestimmte Interaktionsmuster und Abhängigkeitsnetzwerke zwischen einzelnen Personen. Dennoch lässt sich ein spezieller sozialer Teilbereich ergänzen, der auf Unterschiede in Prestige, Besitz und Einkommen, sowie im Bildungsniveau verweist.
Nach Theodor Geiger lässt sich eine Gesellschaft in Gruppen mit typischer Soziallage einteilen. Die Soziallage, oder synonym der Status setzt sich aus mehreren Indikatoren zusammen. Diese Indikatoren sind: Lebensstandard, Privilegien, Einfluss, Rang und Sozialprestige. Die richtige Gewichtung einzelner Indikatoren unterliegt dem gesellschaftlichen Wandel ist also zeit- wie ortspezifisch und keine Konstante. Aus der Soziallage ergeben sich wiederum typische Lebenschancen, also Ziele, die in einer Gesellschaft allgemein als erstrebenswert angesehen werden, verbunden mit einer schichttypischen Mentalität.
Soziale Schichtung und soziale Lagen sind Begriffe, die sich vorwiegend auf die vertikale Gliederung der Gesellschaft aufgrund struktureller Ungleichheiten und auf die Position von Personen in einer Statushierarchie beziehen. Diese Terminologie suggeriert eine Skalierung der Gesellschaft in Kategorien wie arm und reich, oben und unten. Begriffe wie soziale Lagen beziehen sich daneben auch auf sogenannte neue soziale Ungleichheiten, die alte, durch soziale Schichtung determinierte Ungleichheiten überlagern oder abschwächen.
In komplexe, mehrdimensionale Schichtungsmodelle finden somit nicht nur objektive (Einkommen, Lebensverhältnisse etc.), sondern auch subjektive Merkmale in Form schichttypischer Einstellungsmuster Eingang.
3.1. Das moderne Schichtkonzept Rainer Geißlers
Rainer Geißler greift das Schichtmodell Theodor Geigers auf, wonach verschiedene Determinanten jeweils gesellschaftsspezifisch unterschiedlich gewichtet werden. Ein jeweiliger Schichtindex in den bestimmte Determinanten eingehen, ist daher historisch und hat keinen allgemeingültigen Anspruch wie der Marxsche Klassenbegriff, bei dem das Produktionsverhältnis durchgehend der dominierende Faktor ist (vgl: R.Geißler:86).
Nach Geißler hängen die jeweiligen Lebenschancen insbesondere von Berufsposition und in zunehmendem Maße vom Bildungsniveau ab. Diese vertikalen Unterschiede des sozialen Teilbereichs gesellschaftlicher Differenzierung seien sehr viel allgemeiner und stärker ausgeprägt als horizontale Schichtungsunterschiede wie: Geschlecht, Region, Alter und Nationalität.
Wie Theodor Geiger sieht Geißler Klassen, Kasten, Stände als historische Sonderformen des allgemeinen Schichtmodells. Der Schichtbegriff bezieht sich im Gegensatz zum Klassenbegriff nicht nur auf ökonomische Ursachen sozialer Ungleichheit. Hierdurch werden neue sozial und politisch relevante Gruppierungen erfasst.
Seit den 80’er Jahren gerät der Begriff soziale Schicht zunehmend in die Kritik. Das traditionelle Schichtmodell erfasse durch den Schwerpunkt der vertikalen Unterschiede wichtiger werdende soziale Gruppierungen wie Arme, Obdachlose, Ausländer nicht genügend und sei auf die sich stärker differenzierende Gesellschaft nicht weiter anwendbar (siehe Lebensstilkonzept).
Diese Kritik an einem zu statischen nicht mehr der Empirie entsprechenden Schichtmodell greift Geißler auf. Zunehmende Diversifizierung, der Sozialstruktur erfordere „die Herausbildung einer dynamischen, stärker pluralisierten Schichtstruktur“ (R. Geißler 1994: 17).
Aufgrund steigender Komplexität, steigender Ausdifferenzierung moderner Gesellschaften und der daraus entstehenden Vielschichtigkeit und Unübersichtlichkeit gibt es demnach kein einheitlich akzeptiertes Modell zur Entwicklung und Abbildung der Schichtstruktur. Nach jeweiligen Erkenntnisinteresse gehen andere Indikatoren in einen Schichtungsindex ein.
Weder dürfe man die Fixierung rein auf soziale Schichten und vertikale Ungleichheiten im Sinne einer normativen sozialkritischen Perspektive beibehalten, noch dürfe die notwendige Perspektiverweiterung zu einem „radikalen Perspektivwechsel“ (ebd:15) führen (siehe Grafik).
Schaubild: Vielfalt oder Ungleichheit?
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Trotz „neuer“ sozialer Vielfalt bestünden schichttypische Soziallagen und Lebenschancen fort.
4. Soziale Mobilität
Moderne Sozialstrukturen sind dynamisch; sie verändern sich ständig (autopoietische Systeme) und zwingen dadurch viele Menschen, sich im sozialen Gefüge zu bewegen, mobil zu sein. Ein Faktor der gesellschaftlichen Wandel und damit auch soziale Mobilität stark fördert ist der technologische Fortschritt und die hiermit verbundene Änderung des Produktionsprozesses.
Die Soziologie spricht von sozialer Mobilität, wenn sich Individuen im sozialen Positionsgefüge bewegen und ihre Positionen wechseln – zum Beispiel ihren Beruf, ihren Betrieb, ihre Stellung innerhalb eines Betriebes oder ihre Schicht.
Um in modernen Gesellschaften die Vielfalt der Mobilitätsprozesse zu erfassen, werden verschiedene Typen sozialer Mobilität unterschieden. Von vertikaler Mobilität wird gesprochen, wenn mit dem Positionswechsel ein sozialer Aufstieg oder Abstieg verbunden ist, wenn die neue Position höher oder niedriger, besser oder schlechter ist als die alte. Dieser Auf- oder Abstieg kann sich in geändertem Einkommen oder einem anderen Sozialprestige äußern. Horizontale Mobilität liegt vor, wenn mit der Bewegung im Positionsgefüge keine Besser- oder Schlechterstellung verbunden ist. Dies ist beispielsweise bei einem Betriebswechsel bei gleichen Arbeitsbedingungen der Fall, bei Partei- oder Konfessionsmobilität, sowie geographischer Mobilität (z.B. Wohnort- wechsel).
Eine weitere wichtige Unterscheidung ist die zwischen Karrieremobilität (Intra- Generationenmobilität) und Generationenmobilität (Inter-Generationen- mobilität). Bei der Karrieremobilität geht es um den sozialen Aufstieg oder Abstieg innerhalb eines Lebensschicksals. Die Weiterqualifikation und Beförderung auf der einen und der Verlust des qualifizierten Arbeitsplatzes auf der anderen Seite sind Beispiele für diesen Typ von Mobilität. Inter- Generationenmobilität meint den Positionswechsel in der Generationenfolge; es wird danach gefragt, ob Kinder einen ähnlichen sozialen Status einnehmen wie ihre Eltern oder ob sie im Vergleich zu ihrer Herkunftsfamilie sozial aufgestiegen oder abgestiegen sind. Aus sogenannten Zu- und Abstromquoten lässt sich somit ersehen inwieweit soziale Herkunft Schicksalsbestimmend ist.
Die Dynamik einer modernen Sozialstruktur weist stets einen Doppelaspekt auf: Zum einen bewegen sich Menschen im Berufs- oder Schichtgefüge einer Gesellschaft (individuelle Mobilität); zum anderen befindet sich auch das Gefüge selbst – die Berufsstruktur oder die Schichtstruktur – in ständiger Bewegung. Es verändert kontinuierlich seine Struktur. Die sozioökonomische Besserstellung einer Berufsgruppe zum Beispiel durch Arbeitskampf entspräche somit kollektiver Mobilität. Die kollektive Besserstellung ganzer Bevölkerungsgruppen hat der Münchener Soziologe Ulrich Beck als „Fahrstuhleffekt“ (Die Zeit 20/02) bezeichnet.
Strukturwandel und soziale Mobilität sind hierbei eng miteinander verknüpft.
Mit dem Wandel zur Dienstleistungsgesellschaft, mit der Expansion der Dienstleistungsberufe, mit den höheren Qualifikationsanforderungen in der Berufswelt und der Verlagerung des Gewichts von der körperlichen zur geistigen Arbeit schrumpfen die unteren Schichten der manuell arbeitenden, gleichzeitig dehnen sich mittlere und obere Schichten im tertiären Sektor aus (siehe Anlage Datenreport). Menschen werden so durch den Strukturwandel “gezwungen“, ihre Positionen zu wechseln, in diesem Fall durch kollektive Aufstiegsmobilität. Schrumpfende Schichten oder Berufsgruppen – wie zum Beispiel die Bauern – “verdrängen“ Menschen, sie üben einen Abstoßeffekt aus. Dienstleistungsschichten hingegen expandieren zulasten der Arbeiterschichten klassischer Industriegesellschaften, sie üben einen Sogeffekt aus.
Die “Unterschichtung“ der Sozialstruktur durch die Ausländer in den sechziger und siebziger Jahren hat der deutschen Bevölkerung noch zusätzliche Aufstiegsmöglichkeiten gebracht, da die Gastarbeiter vorwiegend die unterste Ebene der Schichtungshierarchie besetzten.
5. Moderne Entschichtungstheorien: Soziale Milieus - oder
von der Klasse zur Schicht zum Milieu?
Entgegen der Marxschen Prognose einer Homogenisierung der Schichtstruktur wurde diese differenzierter durch:
- Verkleinerung und neue Funktionen des Mittelstandes
- soziale Ausdifferenzierung der Lohnabhängigen (Angestellte, Beamte), keine Ausbildung eines einheitlichen Klassenbewusstseins
- dies gilt ebenso für die Arbeiter welche sich durch unterschiedliche Qualifikation und Entlohnung unterscheiden
- Allgemeine Wohlstandssteigerung
Sowie “neue“ relevante Differenzierungen horizontaler Art (Stadt, Land, Region). Fragen des langfristigen Wandels in der Ungleichheitsverteilung können für die frühere Bundesrepublik als Trend einer partiellen Angleichung, aber (für andere Indikatoren) auch als beharrend beschrieben werden. Hierbei sind der partielle Abbau der Bildungsungleichheit, der aber von einer
schichtneutralen Chancengleichheit noch weit entfernt ist und der teilweise Angleichungsprozess bei den Lohnquoten hervorzuheben.
Die Gesellschaft wurde durch den sozialen Wandel umgeschichtet, sie wurde “offener“. Klare Schichtgrenzen mit äußerst geringer sozialer Mobilität zwischen der durch Geburt bedingten Schichtzugehörigkeit (wie in der mittelalterlichen Ständegesellschaft) lösten sich auf, und die Schichten differenzierten sich in der späten Industriegesellschaft schon allein aus ökonomischen Erfordernissen. Siehe Grafik (aus Hartfiel 1978: 106) :
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthaltenAbbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Inzwischen stellt sich die Frage, ob sich in der modernen Dienstleistungsgesellschaft soziale Differenzierung überhaupt noch durch ein Schichtmodell beschreiben lässt oder durch die neueren Konzepte der Milieus un Lebensstile ersetzt werden sollte. Seit den 70`er Jahren kann man eine weitere Nivellierung der Schichten bei Fortdauer der sozialen Ungleichheiten feststellen. Alte Schicht und vormals Klasse definierenden Indikatoren wie Beruf, Einkommen etc. bleiben erhalten und sorgen auch weiterhin für das Fortbestehen sozialer Ungleichheiten, sie konstituieren jedoch nicht mehr die Schicht oder Klasse nach dem bisherigen Verständnis, da die Gesellschaft an Komplexität und damit die relevanten gruppenbildenden Indikatoren zugenommen haben. Soziallagen und Lebensstile haben sich pluralisiert und individualisiert bei Vereinheitlichung der materiellen Lebensbedingungen. Kennzeichen sind:
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