Der Konsument ist tagtäglich mit einer Vielzahl von Informationen konfrontiert. Er soll aus stetig wachsenden Produktpaletten diejenigen Produkte herausfiltern, die seine Bedürfnisse am besten befriedigen. Dies fällt ihm aufgrund der steigenden Informationsbelastung und der Gleichartigkeit der Produkte zunehmend schwerer. Er tendiert dazu, diejenigen Informationen vorzuziehen, die für ihn leicht zugänglich sind.
Eine umso größere Rolle spielt daher heute die Form, in der die produktspezifischen Informationen dargeboten werden. Folgen diese nicht den Gesetzen der menschlichen Wahrnehmung, wird der Kunde sie nicht beachten, seine Entscheidung fällt dann womöglich zugunsten eines anderen Produktes.
Ziel dieser Arbeit ist es, herauszufinden, wie die unterschiedlichen Formen der Darbietung von Informationen wahrgenommen werden und welchen Einfluss dies auf die Kaufentscheidung hat. Untersucht werden daher Grundlagen der Wahrnehmung (Kapitel II.1.), das Involvement der Konsumenten (Kapitel II. 2.), die verschiedenen Darbietungsformen von Information (II. 3), das Kaufverhalten und die Mental Convenience (Kapitel II. 5). Auf Grundlage der theoretischen Erkenntnisse wurden empirische Untersuchungen getätigt, um die Hypothesen zu belegen (Kapitel III).
A Inhaltsverzeichnis
В Abbildungsverzeichnis
С Abkürzungsverzeichnis
D Ausarbeitung
I. Einleitung
II. Theoretische Grundlagen
1. Wahrnehmung
1.1 Einführung in die Wahrnehmung
1.1.1 Der Prozess der Wahrnehmung
1.2 Die Analyse der Reizverarbeitung im Gehirn
1.2.1 Bottom-up und Top-down Betrachtung des
Wahrnehmungsprozesses
1.2.2 Die Verarbeitung visueller Reize
1.3 Gestaltpsychologie - Organisationsprinzipien der Wahrnehmung
1.3.1 Die Gestaltgesetze der Wahrnehmung
1.3.2 Die Organisationsprinzipien der Wahrnehmung
1.4 Die Erkenntnis aus der Theorie der Wahrnehmung
2. Involvement
2.1 Einführung in das Involvement
2.2 Definition von Involvement
2.3 Arten des Involvements
2.4 Wirkungen des Involvements
3. Informationsdarbietung
3.1 Informationsdarbietung als Entscheidungsgrundlage für den Konsumenten
3.2 Theoreti sehe Grundl agen
3.2.1 Kulturell geprägte Normen und Eigenschaften
3.2.2 Konzept der dualen Kodierung nach Paivio
3.2.3 Fluency
3.3 Wirkung unterschiedlicher Formen der Informationsdarbietung
3.3.1 Hierarchischeinformationsdarbietung
3.3.2 Personenspezifische Informationsneigung
3.3.3 Repräsentation von Produktinformation im Gedächtnis
3.4 Informationsdarbietung in Abhängigkeit vom Kommunikationskanal
3.4.1 Klassische Werbung
3.4.2 Produktverpackung
3.4.3 Persönlicher Verkauf
4. Kaufentscheidung
4.1 Entscheidungsverhalten der Konsumenten
4.2 Einflussfaktoren auf die Kaufentscheidung
4.3 Kognitive Steuerung bei Kaufentscheidungen
4.4 Arten der Kaufentscheidung
4.4.1 Extensive Entscheidungen
4.4.2 Limitierte Entscheidungen
4.4.3 Habitualisierte Entscheidungen
4.4.4 Impulsive Entscheidungen
5. Mental Convenience
5.1 Begriffsverständnis Mental Convenience
5.2 Rahmenbedingungen der Mental Convenience
5.3 Bedeutung des Vertrauens für die Mental Convenience
5.4 Ansatzpunkte zur Erzeugung der Mental Convenience im Marketing
III Empirische Ergebnisse
1. Ziel der Studie
2. Aufbau und Durchführung der Studie
3. Ergebnisse der Datenerhebung
3.1 Ergebnisse der Erhebung zum Low-Involvement-Produkt
3.2 Ergebnisse der Erhebung zum High-Involvement-Produkt
3.3 Vergleich der Ergebnisse von High- und Low-Involvement-Produkt
4. Erörterung der Hypothesen
5. Kritische Betrachtung der Studie
IV. Fazit
E Quellenverzeichnis
F Anhangsverzeichnis
G Anhang
B Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1, Schematische Darstellung der Reizvermittlung 3
Abbildung 2, Bsp. für den Figur-Grund-Kontrast
Abbildung 3, Bsp. 1 Objektwahrnehmung
Abbildung 4, Bsp. 2 Objektwahrnehmung
Abbildung 5, Scheinkonturen
Abbildung 6, Kontextabhängigkeit
Abbildung 7, Printkampagne Boddingtons Bier
Abbildung 8, Fließtext ohne hierarchische Informationsdarbietung
Abbildung 9, Fließtext mit hierarchischer Informationsdarbietung
Abbildung 10, Schlecht lesbare Informationsdarbietung auf
Abbildung Produktverpackungen
Abbildung 11, Entscheidungsarten
Abbildung 12, Fallübersicht
Abbildung 13, Darstellung der verwendeten Intervallskala
C Abkürzungsverzeichnis
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
D Ausarbeitung
I. Einleitung
Der Konsument ist tagtäglich mit einer Vielzahl von Informationen konfrontiert. Er soll aus stetig wachsenden Produktpaletten diejenigen Produkte herausfiltern, die seine Bedürfnisse am besten befriedigen. Dies fällt ihm aufgrund der steigenden Informationsbelastung und der Gleichartigkeit der Produkte zunehmend schwerer. Er tendiert dazu, diejenigen Informationen vorzuziehen, die für ihn leicht zugänglich sind. Eine umso größere Rolle spielt daher heute die Form, in der die produktspezifisehen Informationen dargeboten werden. Folgen diese nicht den Gesetzen der menschlichen Wahrnehmung, wird der Kunde sie nicht beachten, seine Entscheidung fällt dann womöglich zugunsten eines anderen Produktes.
Ziel dieser Arbeit ist es, herauszufinden, wie die unterschiedlichen Formen der Darbietung von Informationen wahrgenommen werden und welchen Einfluss dies auf die Kaufentscheidung hat. Untersucht werden daher Grundlagen der Wahrnehmung (Kapitel ILE), das Involvement der Konsumenten (Kapitel II. 2.), die verschiedenen Darbietungsformen von Information (II. 3), das Kaufverhalten und die Mental Convenience (Kapitel II. 5). Auf Grundlage der theoretischen Erkenntnisse wurden empirische Untersuchungen getätigt, um die Hypothesen zu belegen (Kapitel III).
II. Theoretische Grundlagen
1. Wahrnehmung
1.1 Einführung in die Wahrnehmung
In der kognitiven Psychologie und in der Physiologie bezeichnet Wahrnehmung die Summe der Schritte der physischen Aufnahme, Interpretation, Auswahl und Organisation von sensorischen Informationen und deren psychologischer Verarbeitung (vgl. www.adlexikon.de). Durch diesen Prozess werden aufgenommene Umweltreize und innere Signale entschlüsselt. Sie bekommen dadurch Sinn (= Informationsgehalt) für das Individuum und werden zusammen mit anderen Informationen zu einem inneren Bild der Umwelt und der eigenen Person verarbeitet (vgl. Kroeber-Riel, 2003, s. 265). Allerdings gelten nicht alle Sinnesreize als Wahrnehmungen, sondern nur jene, welche geistig auch verarbeitet werden (vgl. www.adlexikon.de).
Die Wahrnehmung ist in den größeren Rahmen des menschlichen Erkennens, Verhaltens und Handelns eingeordnet. In diesem Rahmen dient sie der Aufrechterhaltung eines Basisbezugssystems, der Raumwahmehmung und Orientierung, der Erkennung von Gegenständen und Ereignissen, der Kontrolle der eigenen Bewegungen, der Zeitwahmehmung, der Kommunikation und den speziellen Fertigkeiten des Menschen. Die Wahrnehmung dient also in erster Linie dazu, uns über die Eigenschaften der Umwelt zu informieren, die für uns wichtig sind. Die zweite Funktion der Wahrnehmung besteht darin, dass Wahrnehmung uns hilft, in unserer Umwelt angemessen agieren zu können (vgl. Goldstein, 2002, S.3). Die herausragendsten Kennzeichen der Wahrnehmung sind aber das bewusste Erleben und die direkte Verbindung von Wahrnehmen, Erkennen und Handeln (vgl. Goldstein, 2002, s.3)
Die Wahmehmungspsychologie hingegen hat die Aufgabe, auf den verschiedenen Sinnesgebieten den Vorgang der Wahrnehmung, die Perzeption, und dessen subjektives Ergebnis, das Perzept, zu beschreiben und zu erklären. Sie wird als Teilgebiet der Kognitionspsychologie aufgefasst, deren Gegenstand außer der Wahrnehmung vor allem höhere kognitive Leistungen wie Denken, Problemlosen, Urteilen umfasst, die letztlich auf Wahrnehmungen aufbauen (vgl. www.wikipedia.de).
1.1.1 Der Prozess der Wahrnehmung
Um einen beliebigen Gegenstand in seiner Umwelt wahrnehmen zu können, müssen von diesem zunächst Reize ausgehen, die mit den Sinnesorganen erfasst werden können (vgl. www.wikipedia.de). Augen, Nase, Ohren und Haut leiten diese Reize über Rezeptoren an unser Gehirn weiter. Dort fällt die Entscheidung, wie wichtig und wie dringend die Reize für unsere momentane Situation sind.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1, Schematische Darstellung der Reizvennittlung (www.wikipedia.de)
So gehen beispielsweise von einem Kaminfeuer ״distale Reize“ wie Licht und Wärme, das Knistern des Holzes und der Geruch von Rauch aus. Diese distalen Reize regen nun eine physikalische Wirkung in den Sinnesrezeptoren an, zum Beispiel das bei den Stäbchen und Zapfen im Auge. Dieser so genannte ״proximale Reiz“ wird nun über mehrere Stufen analysiert, strukturiert und in einen Zusammenhang gebracht. Erst diese sukzessive Verarbeitung ist es, die eine Wahrnehmung ermöglicht, die aus einem Reiz ein Perzept, eine Erfahrung macht. Dabei folgt der Prozess verschiedenen Gesetzen, wobei hier die wissenschaftlichen Erklärungen, nach welchen Kriterien und wie genau diese Strukturierung erfolgt, teilweise sehr unterschiedlich sind.
Die Wahrnehmung ist im Allgemeinen veridikal, das bedeutet, dass zwischen einem Reiz und seiner Repräsentation im Gehirn ein kausaler nachvollziehbarer Zusammenhang besteht.
Das Kaminfeuer wird als leuchtend empfunden, weil es viele Lichtreize ausgesendet hat, als warm, weil wir hohe Temperaturen spüren (vgl. www.adlexikon.de).
Wichtig für den Wahrnehmungsprozess sind außerdem seine
1 ) Subj ektivität: j eder einzelne lebt in seiner subj ektiv wahrgenommenen Welt,
2) Aktivität: Wahrnehmung ist nicht nur passiv, sie ist ein aktiver Vorgang der Informationsaufnahme und -Verarbeitung, durch den der Einzelne seine subjektive Welt konstituiert und als Beobachter auf Teile des Wahrnehmungsprozesses reflexiv einwirken kann, sowie
3) Selektivität: Wahrnehmung als ein System der Informationsbewältigung dient dazu, aus einer unübersehbaren Menge der auf die Sinnesorgane einwirkenden Reize einen
kleinen Teil auszuwählen. Ohne diese Auswahl wäre unser Informationssystem überfordert (vgl. Kroeber-Riel, 2003, S.266 sowie Goldstein, 2002, S.13). Reizverarbeitung ist also nicht frei von subjektiven Einflüssen, im Gegenteil, es lässt sich nachweisen, dass vom Gehirn als zentrale Verarbeitungsebene, starker Einfluss auf den Prozess der Wahrnehmung genommen wird. Unsere Erwartungen, Wünsche oder Erfahrungen beeinflussen, was wir wahrnehmen uns wie wir etwas wahrnehmen.
1.2 Die Analyse der Reizverarbeitung im Gehirn
1.2.1 Bottom-up und Top-down Betrachtung des Wahrnehmungsprozesses
Die Wahrnehmungsanalyse beginnt mit der Beschreibung der verfügbaren, der durch die Eigenbewegung erzeugten und der beachteten Umweltinformationen. Die Beschreibung muss darauf Bezug nehmen, welche Handlungsangebote in der Umweltinformation enthalten sind. Die komplexen Reizmuster, die aufgrund der Aktivität des Beobachters an den Rezeptorflächen eintreffen, stellen die Basis für die Wahrnehmung dar.
Im Gehirn werden in komplexen Netzwerken die neu aufgenommenen Informationen zusammen mit gespeicherten Informationen verarbeitet, verglichen und verbunden. Dies beinhaltet auch die multimodale[1] und sensomotori sehe[2] Interaktion.
Wahrnehmung unterliegt einem ständigen Lernen. Differenzierungslernen, Nachjustieren der Auswertung von Reizinformationen und das Abgleichen zwischen verschiedenen Wahrnehmungssystemen sind wichtige Lernarten (vgl. Goldstein, 2002, s. 13). Der Wahrnehmungsprozess kann prinzipiell von zwei Seiten aus angegangen werden: Die Betrachtung von ״unten nach oben“ (Bottom-up) untersucht den Weg des Reizes von seiner Aufnahme durch die verschiedenen Sinnesrezeptoren über die Verarbeitung bis hin zu einer bewussten Wahrnehmung. Die Untersuchung ״von oben nach unten“ (Top-down) hingegen versucht, aus einer bestimmten Wahrnehmung Rückschlüsse auf die erhaltenen Sinnesreize und ihre Verarbeitung zu erzielen (vgl. www.adlexikon.de). Hier wirken beim Erkennen Gedächtnis und kognitive Einflüsse auf die Wahrnehmung ein. Wissen, Vorerfahrungen und Erwartungen können die Wahrnehmung mitbestimmen (vgl. Goldstein, 2002, s. 12).
1.2.2 Die Verarbeitung visuellen Reize
Das menschliche Gehirn verarbeitet visuelle Eindrücke in drei Phasen: der Globalauswertung, der Detailauswertung und der elaborativen Auswertung: Beim ersten Blick (der
Globalauswertung), nimmt der Betrachter noch keine Details wahr. Er gelangt zunächst zu einem Gesamteindruck. Dabei kategorisiert er die visuelle Information sofort (z.B. Landschaft, Mensch, Tier, etc.) und ordnet sie einem Schema in seinem Erfahrungsschatz zu, das er zum weiteren Verständnis benutzen wird.
So erfolgt beispielsweise die Auswertung von Zeichnungen und Texten mit anderen Mitteln als die Auswertung von ״normalen“ dreidimensionalen visuellen Informationen (vgl. www.wikipedia.de,). Der Wahrnehmende nimmt also sprichwörtlich zunächst den Wald, aber noch nicht einzelne Bäume wahr. Es herrscht allgemein Bevorzugung von Bildern zur Informationsaufnahme, dies erklärt sich dadurch, dass der Betrachter sich von Bildern mehr interessante Informationen verspricht. Zu dieser quantitativen Bevorzugung von Bildern bei der Informationsaufnahme tritt die Überlegenheit der Bilder bei der gedanklichen Informationsverarbeitung und -Speicherung (diese Überlegenheit kommt besonders bei der Low-Involvement-Werbung zum Zuge) (vgl. Kroeber-Riel, 2003, s 254).
Auf den Gesamteindruck folgen Blicksprünge über das Bild, so genannte Saccadensprünge, bei denen er jeweils bestimmte Bereiche fixiert. Hier erfolgt also die Detailauswertung. Die visuellen Informationen werden kategorisiert und geistig geordnet. Die Saccadensprünge folgen zunächst der konventionellen Leserichtung, also im westlichen Raum von links nach rechts und von oben nach unten. Nach dieser Grobabtastung springt das Auge automatisch auf Bildbereiche, die das Interesse des Gehirns geweckt haben. Dies sind vor allem Bildbereiche, die außergewöhnlich gestaltet sind und sich vom Gesamtbild optisch abheben. Den stärksten Kontrast, der somit auch höchste Aufmerksamkeit in der Wahrnehmung erhält, ist der HellDunkel-Kontrast, direkt gefolgt vom Figur-Grund-Kontrast (www.wikipedia.de).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2, Beispiel für den Figur-Grund-Kontrast: Rubins Kippbild, (Goldstein, 2002, s. 198)
In der Werbung wird schlechte Erkennbarkeit von Bild- und Textelementen oft durch einen zu geringen Figur-Grund-Kontrast zwischen Hauptbildmotiv und dem Hintergrund beziehungsweise zwischen Schrift und Hintergrund hervorgerufen (vgl. Esch, 2000, s. 208). Erst jetzt folgt der Schritt der elaborativen (differenzierten) Auswertung. Der Wahrnehmende aktiviert jetzt ein Modell zur Übersetzung der visuellen Information in ein mentales Modell, welches für seine reale Problematik und die zu lösende Aufgabe geeignet scheint und betrachtet dann nur jene Details, die zur Bildung des mentalen Modells benötigt werden. Mentale Modelle sind vereinfachte Modelle im Kopf eines Menschen, die das reale Geschehen beschreiben und erklären. Alles Wissen setzt sich aus mentalen Modellen zusammen. Sie Steuern das Verhalten, bestimmen, was Menschen wahmehmen und auf welche Reize sie reagieren (vgl. Bach, 2000, s. 15-17).
Fehler bei der Entscheidung, welche Details zu berücksichtigen sind und welche nicht, sind bei diesem Prozess üblich und können nur durch Erfahrung minimiert werden. Die Wahrnehmung variiert durch die individuellen Gedächtnisinhalte, Stimmungen und Denkprozesse des Wahrnehmenden, die zum Aufbau eines mentalen Modells benutzt werden. Daher hat jedes Wesen seine eigene Wahrnehmung. Diese Modelle werden benötigt um Informationen, die neu aufgenommen werden sollen, überhaupt erst in einen Kontext einordnen zu können. Dadurch können sie verstanden und bewertet werden.
1.3 Gestaltpsychologie - Organisationsprinzipien der Wahrnehmung
1.3.1 Die Gestaltgesetze der Wahrnehmung
Die Gestaltpsychologie entwickelt die Auffassung, dass das menschliche Wahrnehmungssystem Umweltreize zumindest teilweise unter Hinzufügen einer eigenen Organisation verarbeitet. Ein Gestaltgesetz bezeichnet die Art des Zusammenschlusses von erlebten Teilen zu einer erlebten Gesamtheit. Das von den Gestaltpsychologen für das am wichtigsten gehaltene Gesetz der Prägnanz (auch ״Gesetz der guten Gestalt“) lautet: Jede Reizkonfiguration wird so gesehen, dass sie eine möglichst einfache Struktur ergibt. Die Wahrnehmung tendiert also bei komplexen Figuren dazu, möglichst prägnante Figuren zu entdecken (vgl. Guski, 2000). Das Wahrnehmungsergebnis wird immer so gut (einfach, stabil, konsistent) sein, wie es die Reizgegebenheiten erlauben. Gemeint ist die Tendenz unseres Wahrnehmungssystems, das Wahrnehmungsfeld möglichst einfach zu strukturieren (vgl. Kebeck, 1994).
Das Gesetz der Ähnlichkeit besagt, dass man in einer komplexen Reizsituation diejenigen Elemente zu einer Einheit organisiert, die einander ähnlich sind (sei es hinsichtlich Farbe, Intensität, äußerer Form, Geschwindigkeit, Höhe oder anderem).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbidlung 3, Beispiel 1 Objektwahmehmung (psychologie.femuni-hagen.de)
Die Kreise in der Abbildung erscheinen aufgrund der Ähnlichkeit der Farbe in Spalten angeordnet. Das dritte Gestaltgesetz der Nähe besagt, dass solche Reizelemente als eine zusammengehörige Gestalt organisiert werden, die räumlich nahe beieinander liegen.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 4, Beispiel 2 Objektwahmehmung (psychologie.femuni-hagen.de)
In der linken Abbildung wird die Anordnung der Punkte (Reize) in vertikalen Spalten wahrgenommen, ad der Abstand der Punkte zueinander vertikal kleiner ist als horizontal. In der rechten Abbildung ist es genau umgekehrt. Das Gesetz der Geschlossenheit besagt, dass fehlende Teile einer Figur in der Wahrnehmung ergänzt werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5, Scheinkonturen (Goldstein. 2002, s. 191)
Das letzte Gesetz des gemeinsamen Schicksals bezeichnet die Tatsache, das Punktmuster, Linien oder Töne, die einen gemeinsamen Verlauf haben, als eine Wahrnehmungseinheit gesehen werden (vgl. Guski, R., 2000)
1.3.2 Die Organisationsprinzipien der Wahrnehmung
Organisationsprinzipien sind bestimmte Gesetzmäßigkeiten und Erfahrungswerte, nach denen dann der Strukturierungsprozess der Wahrnehmung die aufgenommenen Reize klassifiziert. Die Kontextabhängigkeit bezeichnet die Tatsache, dass Objekte immer im Kontext mit ihrer Umgebung wahrgenommen werden.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 6, Kontextabhängigkeit, (www.wikipedia.de)
Der rechte blaue Ball scheint größer als der Linke, obwohl ihre Größe identisch ist. Der Kontext kann dabei nicht nur die Größenwahmehmung, sondern auch die Bedeutung oder Funktion des Wahrgenommenen verändern. Die Kontextabhängigkeit wird deutlich, wenn ein Objekt aus seinem gewohnten Kontext herausgelöst und in einen atypischen Kontext gesetzt wird. Ein Bier in einem Glas ist etwas Alltägliches. Ein Bier in einer Eiswaffel ist etwas Ungewöhnliches und wird sofort unsere Wahrnehmung auf sich ziehen - ein Effekt, den die Werbung sich zu nutze macht, um Aufmerksamkeit zu erregen, wie die Printkampagne von Boddingtons Bier (1997) zeigt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 7, Printkampagne Boddingtons Bier (www.advision.de)
Auch der Einfluss von Erfahrungen spielt eine Rolle bei der Strukturierung von Informationen. Müssen sich widersprechende Informationen verarbeitet werden, bevorzugt das Gehirn die wahrscheinlichste Interpretation durch Vergleich mit abgespeicherten, erlernten Erfahrungen. Die Sinnesorgane nehmen außerdem nur einen bestimmten Teil der möglichen Reize auf, es existieren also Filtereffekte. Bei der Weiterverarbeitung werden diese Informationen in kleinere Einheiten zerlegt, getrennt verarbeitet und in verschiedenen Gehirnarealen wiederzusammengefügt.
Jeder Sinneseindruck wird auch mit einem Gefühl (Angst, Freude, Hunger, etc), also mit einer Bewertung verknüpft. Diese Bewertung bestimmt dann die Lenkung der Aufmerksamkeit auf das spezifische Sinnesmaterial (www.wikipedia.de). Aufmerksamkeit impliziert motorische Prozesse und Reaktionen, die die Sinnesorgane auf das jeweils als beachtenswert befundene Wahrnehmungsobjekt ausrichten. Man nennt sie ״Orientierungsreaktionen“. Wenn eine Orientierungsreaktion über einen längeren Zeitraum aufrechterhalten wird oder werden muss, (Beispiel Radarschirm), sich Aufmerksamkeit also kontinuierlich auf einen bestimmten Reiz richtet, spricht man von Vigilanz. Bei Experimenten hat sich gezeigt, dass bei solchen Aufgaben schon nach etwa einer halben Stunde häufig Fehler auftreten. Die Versuchspersonen reagieren deutlich seltener auf Signale. Es scheint auch mit der Zeit die Bereitschaft der Versuchsperson abzunehmen, auf ein tatsächlich wahrgenommenes Signal auch die entsprechende Reaktion zu zeigen (vgl. Kebeck, G., 1994)
In der Werbung können Produktinformationen auf verschiedene Art und Weise ״verpackt“ sein, um Aufmerksamkeit auszulösen und die Voraussetzungen für ein effiziente Aufnahme, Verarbeitung und Speicherung der Produktinformation zu schaffen. Darüber hinaus können sie so gestaltet werden, dass sie in einer ganz bestimmten Weise verstanden und in das kognitive Bezugssystem des Konsumenten eingebaut werden. Sie üben dann einen entsprechenden Einfluss auf die Produktbewertung aus (vgl. Kroeber-Riel, 2003, s. 283). Allerdings klingt es nur so einfach: wenn man die Botschaft nicht versteht, wird man sie nicht lernen. Und wenn man sie nicht lernt, wird man auch letztlich das Produkt, die Marke nicht kaufen. Verstehen beruht sowohl auf der wahrgenommenen Botschaft, als auch auf dem früher gespeicherten Wissen der Konsumenten. Der Verständnisgrad variiert also von Person zu Person (Jaffie, L. et al, 1992, S.31).
Außerdem werden Ereignisse sofort vergessen, wenn sie durch andere Informationen oder Reize überlagert in kurzer Zeit werden. Sie dringen dann nicht in unser Bewusstsein, wenn wichtigere Informationen in unser Gehirn gelangen. Diese Selektive Wahrnehmung ist wichtig, um nicht aufgrund der Fülle von Informationen permanent überfordert zu werden. Wir sprechen heute von Reizüberflutung und meinen oft nicht mehr in der Lage zu sein, die Informationen zu strukturieren und einzuordnen. Deren Relevanz für Verhalten oder Entscheidung sind oft nicht mehr erkennbar.
1.4 Die Erkenntnis aus der Theorie der Wahrnehmung
Wahrnehmung ist ein selektiver, subjektiv geprägter Prozess. Wir erleben nicht die Wirklichkeit sondern konstruieren Wirklichkeit aufgrund ganz individueller Bewertungen. Auch soziale Einflüsse spielen dabei eine wichtige Rolle. Wahrnehmung ist nicht nur Verarbeitung gegenwärtiger Reize, sondern integriert auch Erfahrungen aus der Vergangenheit, die in ein Gesamtbild eingearbeitet werden.
Wahrnehmung wird geprägt durch die soziale Situation, die der Einzelne positiv oder negativ erlebt hat. Sie ist auch abhängig vom Wissen über Vorgänge, Strukturen, Inhalte, Hintergründe und Werte oder Normen. Wahrnehmung prägt Einstellungen, verändert oder verfestigt diese. Wahrnehmung ist oft unbewusst und bedarf der Bewusstmachung, um Verhalten ändern zu können (vgl. www.behnundfriends.de). Jeder Sinneseindruck, jeder Gedanke gibt von Geburt an einen Impuls an das Gehirn, wie ein Fußabdruck in einer Schneelandschaft. Wo viele Fußabdrücke sind, entstehen breite Wege, die leichter begehbar sind. So entstehen gewissermaßen Landkarten, an denen wir uns tagtäglich orientieren (Spitzer, 2004, S.128).
2. Involvement
2.1 Einführung in das Involvement
In der heutigen Zeit wird es immer wichtiger, Aufmerksamkeit beim Kunden zu erwecken. Aufmerksamkeit bedeutet die Selektion und Konzentration auf bestimmte Reize bzw. Informationen (vgl. Trommsdorff, 1998 s. 43). Der Grad dieser enorm wichtigen Aufmerksamkeit wird dabei in hohem Maße von dem Involvement gegenüber einem Sachverhalt oder einem Objekt beeinflusst. Das von Krugman (1965) eingeführte Involvement Konstrukt hat bereits einen zentralen Stellenwert in der Konsumentenforschung erlangt (vgl. Krugman, 1965, s. 349ff). Der Begriff Involvement rückt somit immer mehr in den Mittelpunkt der Werbeforschung (vgl. Kroeber-Riel/Esch, 2000, S.133).
Viele Theorien unterstellen, dass Konsumenten aktiv nach Informationen suchen und somit eine durchdachte Auswahl treffen - der Konsument wird hier als stets intelligent handelnder, rational denkender und problemlösungsorientierter Organismus dargestellt (vgl. Zaichkowsky, 1985, s. 341). Mit anderen Worten hieße dies, dass jede Entscheidung, die der Konsument trifft, unter hohem Involvement stattfindet - der Konsument verfügt in diesem Fall über alle relevanten Informationen, die er für eine Kaufentscheidung benötigt. Bei der Vielzahl von Entscheidungen, die ein Konsument tagtäglich trifft, erscheint dies jedoch sehr fragwürdig (vgl. Zaichkowsky, 1985, s. 341).
2.2 Definitionen von Involvement
In Abhängigkeit von der Ausprägung des Involvement gibt es unterschiedliche Reaktionen auf Werbemaßnahmen oder auf Informationsdarbietungen generell, jenachdem wie stark oder schwach das Involvement ausgeprägt ist. Involvement als ein ״zentraler Begriff der Werbeforschung“ (vgl. Kroeber-Riel/Esch, 2000, s. 133) wird somit zu einer einflussreichen Determinante des Kaufverhaltens bzw. der Kaufentscheidung. Dementsprechend sollten Werbemaßnahmen und Informationsdarbietungen auf das jeweilige Involvement abgestimmt werden. Seit der Einführung des Begriffs wird er dazu benutzt, die Aufnahme von Kommunikation durch den Konsumenten zu erklären (vgl. Ratchford, 1987, s. 25).
Sucht man nun nach einer Definition für das Konstrukt ״Involvement“, stellt man fest, dass es nicht ״die“ richtige Definition für den Begriff gibt. Vielmehr findet man in der Literatur unterschiedliche Ansätze von verschiedenen Autoren. Kapferer und Laurent definieren: ״Involvement is an unobservable state of motivation arousal or interest. It is evoked by a particular stimulus or situation. It has drive properties: its consequences are types of searching, information processing and decision making” (vgl. Kapferer/Laurent, 1985, s. 290). Zaichkowsky formuliert hingegen folgende Definition: “A persons perceived relevance of the object based on iherrent needs, values and interests” (vgl. Zaichkowsky, 1984, s. 342). Diese Definition kommt der von Esch und Kroeber-Riel sehr nahe: ,,Involvement ist das Engagement bzw. die Ich-Beteiligung, mit der sich eine Person einem Gegenstand oder einer Aktivität zuwendet (Bereitschaft sich für etwas zu engagieren oder sich mit einer Sache auseinander zu setzten)“ (vgl. Kroeber-Riel/Esch, 2000, s. 133). Involvement stellt somit ein schwer zu beobachtendes und komplexes Konstrukt dar, welches als ״auf Informationsprozesse ausgerichtete, spezifische Aktiviertheit“ bezeichnet werden kann. Im Vergleich zum Involvement wird Aktivierung definiert als eine Grunddimension aller Antriebsprozesse (Erregung oder innere Spannung). Durch die Aktivierung wird der Organismus mit Energie versorgt und in einen Zustand der Leistungsbereitschaft und Leistungsfähigkeit versetzt. Aktivierung wird in diesem Sinne auch als moderner Ausdruck für psychische Aktivität verstanden, als Erregung, die den Organismus zum Aktivsein stimuliert (vgl. Kroeber-Ri el/Weinberg, 2003, s. 51). Allen hier aufgeführten Involvement- Definitionen ist letztlich die zielgerichtete Informationssuche und -Verarbeitung gemein.
2.3 Arten des Involvements
Die Art des Involvements wird durch verschiedene Determinanten bestimmt, auf die in diesem Abschnitt näher eingegangen werden soll. Vorab sollte gesagt werden, dass diese Determinaten des Involvements in der Literatur von Autor zu Autor variieren. Im Wesentlichen lassen sich aber sechs Bestimmungsgründe heraussteilen, die die Arten des Involvements bestimmen (vgl. Zaichkowsky 1985, s. 342, Zaichkowsky 1986, s. 5ff, Kroeber-Riel/Esch, 2000, s. 135). Involvement als komplexe Größe wird im Folgenden bestimmt durch persönliche, produktspezifische, situationsspezifische, medienspezifische und werbemittelspezifische Determinanten.
Das persönliche Involvement wird begründet durch persönliche Werte, Motive und von Persönlichkeitszügen des Konsumenten. Es ist dementsprechend davon abhängig, welche Einstellungen der Konsument einem Objekt oder Sachverhalt gegenüber hat. (vgl. KroeberRiel/Esch, 2000, S.135, Esch, 2004, S.139, Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, s. 371).
Das Produktinvolvement hingegen wird durch den Preis, den wahrgenommenen Risiken des Kaufs und der Nutzung sowie von der sozialen Auffälligkeit des Produktes geprägt (vgl. Esch, 2004, S.139). Einschätzungen, welchen Produkten gegenüber ein hohes Involvement gezeigt wird, sind nur mit Vorsicht vorzunehmen. Laurent und Kapferer belegen in einer Studie, dass der Kauf eines Kleides über ein höheres Produktinvolvement verfügt als der Kauf einer Waschmaschine (vgl. Kapferer/Laurent, 1986, s. 54). Grund hierfür ist sicherlich das hohe soziale Risiko, welches beim Kauf eines Kleidungsstücks (aufgrund der sozialen Auffälligkeit) stärker ausgeprägt ist als beim Kauf einer Waschmaschine.
Das Markeninvolvement resultiert aus Beziehungen zwischen Personen und Marken. Diese Beziehungen prägen die Einstellung zum Objekt und damit auch das Involvement (vgl. Esch, 2004). Im Allgemeinen dienen Marken dazu, Vertrauen zu vermitteln. Somit kann mit dem Aufbau starker Marken das wahrgenommene Risiko in der Kaufsituation gesenkt werden. Esch begründet dieses ״andauernde Involvement“ damit, dass es eine emotionale und eine kognitive Richtung aufweist: ״Bei hohem kognitiven Involvement nehmen Konsumenten Informationen aktiv auf und verarbeiten diese mit hohem Aufwand (...). Bei hohem emotionalem Involvement denkt der Konsument kaum über ein Angebot nach, sondern will es einfach haben“ (Esch, 2004, s. 323, siehe auch Zaichkowsky, 1987, s. 33ff).
Als nächste Determinante folgt das situative Involvement (auch Situationsinvolvement). Wie die Bezeichnung vermuten lässt, handelt es sich hierbei um ein vorübergehendes, aufgrund eines aktuell bestehenden Reizes ausgelöstes Involvement. Dieses situationsbedingte Involvement hat starken Einfluss auf das Produktinteresse und damit eine große Bedeutung in der Werbeforschung. ״Nur in solchen Situationen, in denen es um größere Reparaturen und vor allem um den Kauf eines neuen Computers oder Autos geht, steigt das Involvement stark an. Es sind dann größere finanzielle Aufwendungen fällig, mannigfaltige Risiken einer Fehlentscheidung sind zu bedenken“ (Kroeber-Riel/Esch, 2004 S.137). Die Situation hat nach Kroeber-Riel und Esch einen besonders starken Einfluss auf das Involvement: ״Sie schlägt wesentlich stärker auf das Involvement durch als das Produktinteresse“ (Kroeber-Riel/Esch, 2000, S.135). Das situative Involvement wird stark durch Z.B. Zeitdruck, der Entscheidungs-, Kauf- und Konsumsituation beeinflusst (vgl. Kroeber-Riel/Esch, 2000, s. 135). Auch Zaichkowsky geht in ihren Arbeiten auf die Situation ein, die das Involvement stark prägt (vgl. Zaichkowsky, 1985, s. 348ff). In ihrer Arbeit wird die Bedeutung der jeweiligen Situation und deren Auswirkungen auf das Involvement deutlich herausgestellt. Kapferer und Laurent führen in ihren Ausarbeitungen ein Beispiel an, welches das situative Involvement gut verdeutlicht: ״A consumer may be uninvolved in champagne, but, receiving the boss at home may recognize that the type of champagne offered will tell a lot about himself‘ (Kapferer/Laurent, 1986, s. 50).
Eine weitere Determinante, die das komplexe Konstrukt ״Involvement“ bestimmt, sind die Medien. Das sogenannte Medieninvolvement wird durch das Medium bestimmt, welches auf den Konsumenten wirkt. Man unterscheidet hierbei zwischen aktiven Medien wie Z.B. Printmedien und passiven Medien wie Z.B. TV oder Radio (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, s. 620, Zaichkowsky, 1986, s. 5). Mit den Printmedien zum Beispiel, muß sich der Konsument aktiv beschäftigen, bei einem Medium wie TV oder Radio kann sich der Konsument hingegen passiv verhalten. Die allgemeine Meinung ist dahingehend, dass TV oder Radio besser für die Werbung von Produkten geeignet ist, denen geringe Aufmerksamkeit (geringes Involvement) entgegengebracht wird, wohingegen Güter, denen eine hohe Aufmerksamkeit (hohes Involvement) entgegengebracht wird, eher in Printmedien dargeboten werden sollten (vgl. Kroeber-Riel/Esch s. 138ff, Trommsdorff, 2002, s. 60). Zaichkowsky (1986) kommt allerdings zu der Erkenntnis, dass sowohl TV-Werbung als auch Print-Werbung den selben Grad an Involvement bei einem interessierten Kunden erzeugt: ״In summary, television advertising might be just as involving as print for a person highly interested in the topic of communication (.. .)“(Zaichkowsky, 1986, s. 8).
Die letzte Determinante, die das Involvement bestimmt, ist das Werbemittel selbst (Werbemittelinvolvement). Insbesondere die Aktivierungskraft der Werbemittel ist hier ausschlaggebend. Die Werbung selbst kann durch die Stärke ihrer Aktivierung[3] eine Veränderung des Involvements der Konsumenten bewirken (vgl. Kroeber-Ri el/Weinberg, 2003, S.620, Kroeber-Riel/Esch, 2000, s. 135). Nach Kroeber-Riel und Weinberg wird allerdings hier davon ausgegangen, dass die Involvement Steigerung durch das Werbemittel selbst nicht von Dauer ist, sondern nur kurze Zeit aktiviert (vgl. Kroeber-Ri el/Weinberg, 2003, s. 621).
2.4 Wirkungen des Involvements
Ausprägung oder Grad des Involvements bestimmen also das Engagement, mit dem sich ein Konsument mit einem Objekt oder Sachverhalt auseinandersetzt. Darüber hinaus ist es aber auch dafür verantwortlich, wie Informationen verarbeitet und gespeichert werden (vgl. Kroeber-Ri el/Weinberg, 2003, s. 247ff).
Zunächst jedoch zu den Ausprägungen des Involvements. Die Literatur unterscheidet zunächst zwischen starkem und niedrigem Involvement, dem sogenannten high- bzw. low- Involvement. Unter high-involvement versteht man ein hohes Interesse an dem jeweiligen Sachverhalt oder Objekt. Informationen werden in einem solchen Fall stärker analysiert und aufgenommen. ״High-Involvement Käufe sind für den Konsumenten wichtig und Stehen sogar in enger Verbindung zur Persönlichkeit und zur Selbsteinschätzung des Individuums“ (Meffert, 2000, s. 112). Bei Entscheidungen unter solchen Voraussetzungen nimmt der Konsument ״ein gewisses finanzielles, soziales, psychologisches oder gesundheitliches Risiko wahr. Daher verwendet er viel Zeit und Energie für die Auswahl der Produktalternativen“ (Meffert, 2000, s. 112, vgl. Esch, 2004, s. 139, vgl. Kapferer/Laurent, 1986, s. 54). Low-Involvement Käufe bringen hingegen nur begrenzte Entscheidungsprozesse mit sich. ״Sie sind dem Konsumenten weniger wichtig, nur mit geringem Risiko verbunden und oft durch verfestigte Kaufprogramme bestimmt“ (Meffert, 2000, s. 112). Es ist zu beobachten, dass der durchschnittliche Konsument dutzende von Entscheidungen jeden Tag trifft, wobei nur wenige von wirklich wichtiger Bedeutung sind. Für solche Entscheidungen, die eher unwichtig sind, scheint es nicht angemessen, aktiv nach Informationen zu suchen (vgl. Zaichkowsky, 1985, s. 341). Man spricht hierbei also von low-Involvement.
Die Ausprägung des Involvements beeinflusst jedoch nicht nur den ״Grad der Ich- Beteiligung“, den ein Konsument einem Objekt oder Sachverhalt entgegenbringt (KroeberRiel/Esch, 2000, s. 133, vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, s. 92). Sie ist auch dafür verantwortlich, wie ein Konsument die dargebotenen Informationen aufnimmt, verarbeitet und speichert (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, s. 613). An dieser Stelle sollte auch der Begriff der Verarbeitungstiefe eingeführt werden: ״Unter Verarbeitungstiefe kann man das Ausmaß an kognitiven Aktivitäten verstehen, die das Individuum bei der Verarbeitung von Informationen entfaltet“ (Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, s. 229). Der Grad der Verarbeitungstiefe ist vergleichbar mit dem Grad des Involvements (vgl. Kroeber- Ri el/Weinberg, 2003, s. 344ff, vgl. Trommsdorff, 2002, s. 56). Kroeber-Riel und Weinberg stellen in ihren Ausführungen fest: ״Eine Erhöhung der Verarbeitungstiefe kann unter anderem dadurch erreicht werden, dass der Empfänger durch das Lemmaterial oder durch aktivierende Techniken dazu angeregt wird, sich mit der dargebotenen Information auseinander zu setzten und gedankliche Aktivitäten zu entfalten“ (Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, s. 345). Nicht zuletzt diese Überlegungen weisen auf eine enge Beziehung zwischen Verarbeitungstiefe und Involvement hin (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2000, s. 345). Je höher also das Involvement, desto stärker setzt sich der Konsument mit den dargebotenen Informationen auseinander (vgl. Trommsdorff, 2002, s. 56). Das Involvement geht nach Esch und Kroeber-Riel ״vor allem auf die subjektive Wahrnehmung zurück, das ein
Gegenstand dazu geeignet ist, starke persönliche Motive zu befriedigen“ (vgl. KroeberRiel/Esch, 2000, s. 135).
Was bei der Einteilung des Involvements in hoch und niedrig bzw. stark und schwach jedoch stets beachtet werden sollte ist, dass Involvement nicht strikt eindimensional ist. Untersuchungen zeigen, dass Fälle, in denen Konsumenten in allen Facetten high- oder low- involviert sind, äußerst selten Vorkommen und eher Extremfälle darstellen. Die Mehrzahl der Konsumenten haben kontrastreiche Profile mit hohen als auch mit niedrigen Interessen an verschiednen Facetten des jeweiligen Sachverhalts (vgl. Kapferer/Laurent, 1985, s. 293, Kapferer/Laurent, 1986, s. 52). Vor dem theoretischen Hintergrund des Involvement-Begriffs wird im Weiteren nun auf die Darstellungsform von Informationen und dessen Auswirkungen auf den Konsumenten eingegangen. Nach den Involvement-Erläuterungen ist davon auszugehen, dass mit steigendem Involvement auch die kognitive Beschäftigung und Verarbeitung von Produktinformationen zunimmt.
3. Informationsdarbietung
3.1 Informationsdarbietung als Entscheidungsgrundlage für den Konsumenten
Eine Hauptaufgabe des Marketings ist, den Konsumenten Informationen darzubieten, um deren Entscheidungen zu stärken und zu fundamenti eren (vgl. D. Ariely 2000, s. 233). Eine solche Informationsdarbietung ist allerdings nicht ohne Schwierigkeiten durchführbar, ja sie führt häufig gar zu einem Dilemma. Auf der einen Seite kann eine große Anzahl von Informationen für den Konsumenten relevant sein. Dies ist häufig bei high-Involvement Produkten der Fall, bei denen sich der Konsument verschiedenen Risiken gegenüber sieht. Auf der anderen Seite kann die Präsentation von zu viel Information (manchmal sogar überflüssiger Information) die Fähigkeit des Konsumenten einschränken, gute Entscheidungen zu treffen. In solchen Fällen kommt es nicht selten zu einer Entscheidungsverzögerung oder gar einem Abbruch der Kaufsituation. ״Die Vielzahl, die Ähnlichkeit und die Unklarheit der für eine Kaufentscheidung verfügbaren Informationen führen zu einer hohen wahrgenommenen Ähnlichkeit der entsprechenden Produkte“ (S. Möller, 2004, s. 27). Auch zu große Produktsortimente erwarten den Konsumenten mit viel zu komplexen Informationsstrukturen (vgl. A .Chemev, 2003, s. 170). Häufig wird hier auch von ״Consumer Confusion“ gesprochen, auf die noch an anderer Stelle in dieser Arbeit näher eingegangen wird.
Ariely stellt in seinen Ausführungen fest, dass die Aufgabe des Marketings daher nicht nur die Präsentation von jeder, auch weniger wichtigen, Information ist, sondern dass dem Konsumenten Informationen darzubieten sind, die jeweils für die entsprechende Situation und die spezifischen Bedürfnisse angemessen und gewünscht sind (vgl. D. Ariely 2000, s. 233). Da sich das Marketing generell allerdings Konsumenten mit unterschiedlich starkem Involvement und unterschiedlichen Vorlieben gegenüb ersieht, gibt es nicht ״die perfekte Darbietungsform“, allerdings gewisse ״Regeln“, an denen man sich bei der Darstellung von Informationen orientieren sollte.
v.w. Mitchell und V. Papavassiliou stellen Z.B. einige Anforderungen an die Informationsdarbietung: Jede Produktinformation sollte eindeutig und klar formuliert sein. Sie sollte den Konsumenten nicht in die Irre führen oder ihn mit Informationen belasten, die für die Entscheidung nicht von Belang sind. Idealerweise sollten die verschiedenen Merkmale und Attribute eines Produktes in einen Produktnutzen für den Konsumenten übersetzt und so kommuniziert werden (vgl. v.w. Mitchell & V. Papavassiliou, 1999, s. 326). Doch gehen wir zunächst auf einige theoretische Grundlagen ein, die die Informationsaufnahme und Verarbeitung beim Konsumenten näher beleuchten helfen.
3.2 Theoretische Grundlagen
3.2.1 Kulturell geprägte Normen und Eigenschaften
Um die individuell unterschiedliche Auffassung und Reaktion auf Informationsdarbietungen zu verstehen, werden zunächst Eigenschaften und Normen der Konsumenten betrachtet, die auf deren Kultur zurückgehen. Kroeber-Riel und Weinberg sprechen in ihren Ausführungen von ״gewohnheitsmäßigem Reagieren auf die Gestaltung einer visuellen Vorlage“ und von einem ״automatischen Reagieren auf bestimmte Reizeigenschaften“ (Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, s. 255ff). Für die Autoren ist ״gewohnheitsmäßiges Blickverhalten letztlich nichts anderes als eine immer wiederkehrende Erfahrung bei der Dechiffrierung von visuellen Vorlagen, die im Sozialisationsprozess oder durch individuelles Lernen erworben wurde und sich verfestigt hat“ (Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, s. 255). Das heißt, wie die dargebotene Information vom Konsumenten aufgenommen wird, hängt im Wesentlichen von der Sozialisation des Individuums ab. Weiter erkennen die beiden Autoren ״dass es erklärbar ist, dass dieses Blickverhalten entscheidend durch das gewohnheitsmäßige Lesen von Texten westlicher Sprache (beginnend oben links, endend unten rechts) geprägt wird“ (Kroeber- Ri el/Weinberg, 2003, s. 258). Auch Kroeber-Riel und Esch finden eine Erklärung für das gewohnheitsmäßige Verhalten bei der Informationsaufnahme: ״Bei Textanzeigen, die wenig aktivierende Besonderheiten auf einer Seite aufweisen, ist damit zu rechnen, dass der oben stehende Text mehr beachtet wird als der untere Text, links oben erzielt die höchste Beachtung, links unten die schwächste. Das hängt mit unseren kulturell geprägten Lesegewohnheiten zusammen“ (Kroeber-Riel & Esch, 2000 s. 188).
Es herrscht also Einigkeit darüber, dass die Kultur, in der ein Konsument aufwächst und von der er maßgeblich geprägt wird, eine Grundlage für dessen Informationsaufnahme und Informationsverarbeitung darstellt. Ebenso wird die Informationsaufnahme von gelernten Gewohnheiten gesteuert, wie zum Beispiel von der Blickreihenfolge. Auch biologisch programmierte Gewohnheiten, wie zum Beispiel das reflexartige Ansprechen unserer Aufmerksamkeit durch unterschiedliche Reize, sollten bei der möglichen Informationsdarbietungsform beachtet werden (vgl. www.kommdesign.de).
3.2.2 Konzept der dualen Codierung nach Paivio
Um die Aufnahme der dargebotenen Information besser zu verstehen, sollte auch das Konzept der dualen Codierung nach Paivio als theoretische Grundlage erwähnt werden. Paivio untersuchte die Gedächtnisleistung für elementare Bilder, deren entsprechenden Wörter dazu, sowie für abstrakte Wörter. Demzufolge erweist sich die Konkretheit einer Information als Schlüsselgröße für deren Erinnerung. Seine Erkenntnisse waren wie folgt: ״Eine abstrakte bildliche Information lässt sich kaum in einen verbalen Code übersetzten, sie ist deswegen nur in ihrem spezifischen Bildercode vorhanden. Konkrete Bilder werden wiederum doppelt codiert, sie werden in den Bildercode und zusätzlich in einen verbalen Code übersetzt. Konkrete Worte und Bilder werden aufgrund ihrer doppelten Codierung besser behalten“ (Paivio nach Kroeber-Riel/Weinberg 2003 s. 354ff). Es lassen sich hierzu drei einfache Aussagen aufstellen, die die Informationserinnerung in Abhängigkeit von ihrer Darbietung zum Ausdruck bringen:
1. Reale Objekte werden besser erinnert als Bilder.
2. Bilder werden besser erinnert als konkrete Worte.
3. Konkrete Worte werden besser erinnert als abstrakte Worte.
Es kann also festgehalten werden, dass unterschiedliche Arten der Informationsdarbietung auch unterschiedlich vom Konsumenten verarbeitet werden.
3.2.3 Fluency
Die Fluency Forschung beschreibt einen direkten Zusammenhang zwischen dem kognitiven Aufwand, der zur Verarbeitung eines Objektes aufgebracht werden muss und dessen Ästhetik.
Reize, die kognitiv einfach verarbeitet werden können, werden von den Konsumenten bevorzugt. So werden zum Beispiel vertraut wirkende Objekte leichter und schneller verarbeitet als dies bei neuartigen Reizen der Fall ist. In diesem Zusammenhang sei auch auf den Mere-Exposure-Effekt hingewiesen. Nach diesem führt eine wiederholte Konfrontation mit einem Stimulus zu einer Präferenzsteigerung beim Konsumenten (vgl. Janiszweski, Meyvis, 2001, s. 19).
Im Rahmen der Wahrnehmungswissenschaft wird der Fluency Begriff unterschieden in ״Perceptual Fluency“ und ״Conceptual Fluency“. Unter ״Perceptual Fluency“ versteht man die Vorgänge der sensorischen Entschlüsselung von Reizen. Sie beschreibt, wie leicht, schnell und genau sensorische Stimulusmerkmale vom Konsumenten identifiziert werden können. Hauptsächlich werden modalitätsspezifische Eigenschaften von verbaler und non-verbaler Stimuli im sensorischen Gedächtnis system gespeichert (vgl. Lee, Labroo 2004, s. 152). Im Gegensatz zur ״Perceptual Fluency“ bezieht sich die ״Conceptual Fluency“ auf die semantische Verarbeitung der dargebotenen Stimuli. Auch hier wird betrachtet, wie leicht, schnell und genau zum Beispiel die Stimulusbedeutung und die Einordnung des Stimulus in bereits vorhandene Wissensstrukturen des Konsumenten erfolgt (vgl. Janiszweski, Meyvis, 2001, Lee, Labroo 2004, Shapiro, 1999).
Die Ergebnisse der Fluency Forschung lassen sich demnach zusammenfassen: ״Sehr komplexe Reize verfügen über eine geringe ״Perceptual Fluency“ und gefallen deshalb schlechter als weniger komplexe. Neuartige oder mehrdeutige Reize erschweren die semantische Verarbeitung und werden deshalb schlechter beurteilt als vertraute und eindeutige Stimuli“ (Vgl. Esch/Langner, 2004). Die Informationsdarbietung sollte demnach möglichst wenig komplex und nicht neuartig oder mehrdeutig sein. Soweit zunächst die theoretischen Grundlagen zur Informationsaufnahme und -Verarbeitung durch den Konsumenten. Im nächsten Abschnitt werden nun die Wirkungen der Darbietungsformen näher beleuchtet.
3.3 Wirkung unterschiedlicher Formen der Informationsdarbietung
3.3.1 Hierarchische Informationsdarbietung
Die Wirkung einer Information ist wesentlich davon abhängig, in welcher Form sie dargeboten wird. Im Folgenden werden zunächst grundlegende Bausteine einer Informationsgestaltung dargestellt, bevor auf die individuellen Verhaltensmuster der Konsumenten eingegangen wird.
Vor dem Hintergrund der steigenden Informationsüberlastung (vgl. Kroeber Riel/Esch, 2000, s. 9ff.) wird es immer wichtiger, die Informationsdarbietung so zu gestalten, dass sie auf die Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten ist. ״Die Konsumenten erwarten, dass die Informationen in kleinen handlichen Einheiten dargeboten werden, schnell und leicht verständlich, unterhaltsam verpackt“ (Kroeber-Riel, 1988, s. 184). Um dieser Forderung auch im high-Involvement Fall gerecht zu werden, ist eine hierarchische Informationsdarbietung nahezu unumgänglich. Ziel dieser Hierarchie in der Information ist es, dem Konsumenten eine sichere Übersicht zu verschaffen und ihn nicht zusätzlich zu verwirren. Kroeber-Riel meint dazu ״bei hohem Involvement, das eine weitgehende Informationsaufnahme und das Lesen von Teilen des Textes mit sich bringt, verlangt die Regel der hierarchischen Informationsdarbietung eine klare Textstruktur und Zwischenüberschriften, die eine schnelle Orientierung über den Inhalt des Textes und eine selektive Informationsaufnahme ermöglichen“ (Vgl. Kroeber-Riel, 1988, s. 189)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.8 Fließtext olme hierarchische Infonnationsdarbietung[4]
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb.9 Gegliederter Fließtext mit hierarchischer Informationsdarbietung[5]
Auch Mitchell und Papavassiliou fordern eine eindeutige und klar formulierte Produktinformation, die den Konsumenten nicht in die Irre führt oder ihn mit entscheidungsirrelevanten Informationen belastet (vgl. v.w. Mitchell & V. Papavassiliou 1999, s. 326). Ist ein Informationstext hierarchisch gegliedert, erkennt der Konsument sofort, welche Informationen für seine Entscheidung von Relevanz sind, bzw. welche es eben nicht sind. ״Ein Text, der nicht hierarchisch gegliedert ist, ist eine Zumutung für den Empfänger, da er nicht selektiv gelesen werden kann. Der Empfänger wird praktisch gezwungen, Informationen aufzunehmen, ohne vorher (durch hervorgehobene Stichwort, Zwischenüberschriften etc.) darüber informiert zu werden, ob ihn diese Informationen interessieren. Die Bereitschaft sich einem solchen Informationsangebot zuzuwenden, wird bei zunehmender Informationsüberlastung immer geringer“, so Kroeber-Riel (Kroeber-Riel, 1988, s. 189). Der Konsument erwartet bei einer Textbetrachtung keine eintönigen Buchstabenlandschaften, insbesondere bei niedrigem Involvement, sie erwarten ein visuell klar gegliedertes Layout, in welchem sie wichtige Schlüsselinformationen rasch finden, um Inhalte überblicken, bewerten und Leseentscheidungen treffen zu können (vgl. www.kommdesign.de).
3.3.2 Personenspezifische Informationsneigung
Eine hierarchische Informationsdarbietung macht also durchaus Sinn. Was allerdings nicht vergessen werden sollte, sind individuelle Vorlieben der Konsumenten für bestimmte Arten der Informationsdarbietung. Diese Vorlieben sind von dem Wesen und den
Charakterzügen der Konsumenten abhängig, und damit von Konsument zu Konsument unterschiedlich (vgl. J.z.Sojka & J.L.Giese, 2001, s. 92). Die Autoren Sojka und Giese untersuchten in ihrer Arbeit den Einfluss von persönlichen Charakterzügen auf die Verarbeitung von visuellem bzw. verbalem Informationsmaterial. Ihr Herangehen an die Darbietung von Informationen ist in dem Sinne anders, als das nun nicht mehr von einem allgemeinen Konsumenten ausgegangen wird, sondern von einem Konsumenten, dessen Vorliebe für visuelle Produktinformation bzw. verbale Produktinformation von seinen individuellen Charakterzügen abhängt.
Es wird hier zwischen ״need for cognition“ und ״need for affect“ unterschieden. Als ״need for cognition“ bezeichnen die Autoren die Tendenz eines Individuums, das Denken zu genießen (vgl. J.Z.Sojka & J.L.Giese, 2001, s. 93). Diese Konsumenten suchen intrinsisch die Herausforderung des Denkens und analysieren daher die dargebotenen Informationen stärker. Aufgrund dieser Charaktereigenschaft bevorzugen solche Konsumenten eher eine verbale Informationsdarbietung. Selbst komplexe Informationen werden durchsucht und entschlüsselt. ״Need for affect“ bezeichnet im Gegensatz dazu die Motivation der Konsumenten sich eher den Gefühlen hinzugeben. Solche Individuen bevorzugen weniger komplexe Informationen, eine visuelle Darbietung wird der verbalen vorgezogen. An dieser Stelle muß darauf hingewiesen werden, dass natürlich auch ״Mischformen“ der oben genannten Konsumententypen vorhanden sind, auf die aber hier nicht näher eingegangen werden soll, (vgl. J.Z. Sojka & J.L. Giese, 2001, s. 102). Auch Kroeber-Riel und Weinberg greifen diese Idee der personenspezifischen Informationsneigung auf: ״Die Konsumenten unterscheiden sich in ihrer persönlichen Informationsneigung. Solche mit stärkerer Informationsneigung suchen wesentlich mehr Informationen (Informationssucher)“ (Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, s. 249). Die Autoren machen diese verstärkte Informationssuche mancher Konsumenten von ihrem jeweiligen persönlichen Involvement abhängig. ״Personen mit durchgehend starkem persönlichen Involvement bei der Informationssuche werden als Informationssucher bezeichnet. Sie unterscheiden sich von den anderen Konsumenten dadurch, dass sie ״informatinsbewusster“ sind und generell darauf bedacht sind, beim Einkauf über genügend Informationen zu verfügen (...)“ (Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, s. 250).
Es sollte also stets im Hinterkopf behalten werden, dass ein enger Zusammenhang zwischen der Informationsverarbeitung bzw. der bevorzugten Informationsdarbietung und den individuellen Charakterzügen der Konsumenten besteht.
3.3.3 Repräsentation von Produktinformation im Gedächtnis
Ein weiteres Hauptaugenmerk in der Konsumentenforschung liegt in der Repräsentation von Produktinformation im Gedächtnis der Konsumenten. Hier wird nun über eine Form der Informationsdarbietung diskutiert, die leicht vom Konsumenten verarbeitet werden kann und somit besser gelernt wird. T.L. Childers und M. Viswanathan beschäftigen sich in ihrer Arbeit mit der Repräsentation von numerischer Information und verbaler Information in der Erinnerung der Konsumenten. Ihrer Ansicht nach können Konsumenten Informationen in der Art und Weise abspeichem, wie sie dargeboten werden - oder die Konsumenten übersetzten die dargebotene Information und speichern sie in einer anderen Form im Gedächtnis ab. Die Form, in der die gespeicherte Information vorliegt, hat weitreichende Konsequenzen für die Erinnerung an diese, für die Nutzung dieser Information zur Entscheidungsfindung und für die Zufriedenheit mit der Entscheidung. Die Autoren kommen zu der Erkenntnis, dass numerische Information genauso abgespeichert wird, wie sie dargeboten wird. Verbal dargebotene Information wird hingegen vorher in eine andere Form übersetzt und auch in dieser anderen Form abgespeichert. Offensichtlich hat allerdings die identische Speicherung Vorteile bei der Repräsentation, Erinnerung und Nutzung der entsprechenden Information (vgl. T.L. Childers, M. Viswanathan, 1999, s. 11 Iff). Im übertragenen Sinne würde dies bedeuten, dass eine numerische Informationsdarbietung, die im Grunde mit einer ״einfachen“, schnell erfassbaren Darbietung identisch ist, klare Vorteile gegenüber einer verbalen, also schwerer zu erfassenden Darbietung der Informationen aufweist. Die numerische Information wird besser im Gedächtnis verankert und kann dadurch besser in einer Entscheidungssituation verwendet werden. Diese Erkenntnis spiegelt auch unsere Erwartungen, die in Hypothese 4 (siehe Kapitel III.4) zum Ausdruck kommen, wider.
Die Entscheidungsqualität kann also durch eine Vielzahl von Informationen auch geschwächt werden. Hauptsächlich leidet die Kaufentscheidungsgüte unter widersprüchlichen und unklaren Botschaften sowie unter komplexen Produktinformationen und -botschaften (vgl. Walsh, 2004, s. 5). Unklarheiten in der Informationsdarbietung oder auch sehr komplexe Botschaften sind Gegenstand vieler Untersuchungen, die in der Literatur unter dem Stichwort ״Consumer Confusion“ wieder zu finden sind. Walsh schreibt in seinem Artikel: ״Diese Unklarheit beschreibt ein diffuses, durch widersprüchliche oder mehrdeutige Stimuli ausgelöstes Unwohlsein in einer Kaufentscheidungssituation, welches der Konsument zu vermeiden versucht“ (Walsh, 2004, s. 6). Weiter geht der Autor davon aus, dass der menschlichen Informationsverarbeitung (interindividuell variierende) Grenzen gesetzt sind (vgl. Walsh, 2004, s. 6). Dies erklärt, dass zu viele oder zu komplexe Informationen zu einem ״Overload Effect“ führen. Das sollte stets bei der Informationsdarbietung beachtet werden. Walsh schreibt weiter: ״Tatsächlich wird Konsumentenverwirrtheit häufig mit Informationen und Produkten in Verbindung gebracht, die Konsumenten nicht aufgrund ihres Umfangs oder ihrer Ähnlichkeit zu anderen Stimuli Verarbeitungsprobleme bereiten“ (Walsh, 2004, s. 6, vgl. auch s. Möller, 2004, s. 27).
Das Konzept der ״Consumer Confusion“ geht dementsprechend davon aus, dass eine komplizierte, komplexe und unübersichtliche Informationsdarbietung zu entsprechender Verwirrtheit bei den Konsumenten führt und damit eine Entscheidungssituation erschwert. Ein weiterer Aspekt, der bei der Informationsdarbietung Berücksichtigung finden sollte, ist der Effekt von irrelevanter Produktinformation. Um eine Produkt oder eine Dienstleistung zu beurteilen, suchen Konsumenten nach wichtigen Produktinformationen für spezifische Produktnutzen. Dabei Stoßen sie häufig auf irrelevante Informationen, die völlig nutzlos für den Konsumenten sind. Bisher ging man davon aus, dass solche Informationen keinen Einfluss auf die Wahrnehmung und Einschätzung des Produktnutzens durch den Konsumenten habe. Forschungsarbeiten von T. Meyvis und c. Janiszewski ergaben allerdings, dass solche irrelevanten zusätzlichen Informationen dazu führen, dass der Glaube der Konsumenten an den Produktnutzen geschwächt wird. In der Forschung spricht man hierbei von einem ״Dilution-Effekt“ (Verwässerungseffekt) (vgl. T. Meyvis & c. Janiszewski, 2002, s. 618). Zusätzliche Informationen führen also nicht nur zu Consumer Confusion, sondern sie verwässern auch den Nutzen, den sich der Konsument von einem Produkt verspricht.
Weiterhin wurde festgestellt, dass eine große Anzahl von Informationen bei dem Konsumenten dazu führt, das dieser die vorhandenen Informationen stärker selektiert und sich mit Schlüsselinformationen[6] beschäftigt, anstatt alle vorhandenen Informationen zu verarbeiten (vgl. N. Lurie, 2004, s. 482).
3.4 Informationsdarbietung in Abhängigkeit vom Kommunikationskanal
3.4.1 Klassische Werbung
Unser Augenmerk fällt in diesem Kapitel auf die Informationsdarbietung in unterschiedlichen Medien. Zunächst soll die Informationsdarbietung in der klassischen Werbung betrachtet werden. Kroeber-Riel schreibt dazu: Wichtiger als die Informationsdarbietung in der
Werbung ist eine auffällige Gestaltung der Werbung, damit die Marke positioniert wird und eine starke Aktualisierungswirkung erreicht wird (vgl. Kroeber-Riel, 1988, s. 184). Hier ist auch das Problem der Informationsdarbietung in der Werbung zu sehen: ״Der vorrangigen Aufgabe folgend, für die Aktualisierung des Angebots zu sorgen, büßt die Werbung in zunehmenden Maße ihre Funktion ein, sachliche Informationen zu vermitteln“ (Kroeber-Riel, 1988, s. 184). Es wird in Frage gestellt, ob die Hauptaufgabe der Werbung überhaupt die Informationsvermittlung und -darbietung sein sollte. Der Autor schlägt vor: ״Falls von Seiten der Empfänger Informationsbedürfnisse bestehen, so können diese über andere Instrumente der Marktkommunikation wie persönliche Beratung oder Prospekte befriedigt werden“( Kroeber-Riel, 1988, s. 184). Die zunehmend nachlassende Informationsfunktion der klassischen Medienwerbung begründet Kroeber-Riel damit, dass auf den weitgehend gesättigten Märkten mit ausgereiften und vergleichbaren Produkten die Qualitätsunterschiede zwischen den verschiedenen Angeboten verschwindend gering werden, und damit eine ausführliche Informationsdarstellung überflüssig wird. Durch die zunehmende Informationsüberlastung wird die Medienwerbung ohnehin nur kurz und flüchtig betrachtet - dargebotene Informationen werden also zum Großteil nicht wahrgenommen (vgl. Kroeber- Riel, 1988, s. 184).
3.4.2 Produktverpackung
Ein weiterer Kommunikationskanal, über den Informationen dargeboten werden, ist die Produktverpackung selbst. Die Verpackung nimmt bei der Vermarktung eines Produktes eine ganz wesentliche Stellung ein: sie ist unter anderem Kommunikations- und Informationsträger (vgl. M.Amann & D.Rippstein, 1999, s. 203). Bei kommunikativer Wirkung denkt man hier schnell an Kommunikation durch Worte, im Fall der Verpackung eben durch den aufgedruckten Text. Amann und Rippstein geben aber hier zu bedenken, dass ״Text ein Bestandteil einer Verpackung ist, welchem bestimmt eine gewisse Bedeutung zukommt - aber nicht ohne Grund sagt man ״Bilder sprechen Bände“ (vgl. M.Amann & D.Rippstein, 1999, s. 204). Die Autoren spielen hier auf die Überlegenheit der Bilder gegenüber Fließtext an.
Da in Europa 67,2% und in Deutschland 49,9% der Kaufentscheidungen am Point-of-Sale getroffen bzw. flnalisiert werden (vgl. M.Amann & D.Rippstein, 1999, s. 202), muss die Produktverpackung ihre volle Macht und Ausdruckskraft entfalten, denn am Point-of-Sale steht sie im direkten Konkurrenzumfeld. Die Informationsdarbietung auf der Produktverpackung ist jedoch häufig (aus Marketingsicht) mehr als mangelhaft. Zunächst unterstützt die Verpackungsinformation die Konsumentenverwirrtheit, weil allzu oft zu viele oder gar irreführende Informationen vom Hersteller angegeben werden. Um die Menge an Informationen auf einer Verpackung noch zu maximieren, benutzen die Hersteller häufig eine sehr kleine und damit schlecht lesbare Schrift. Diese Schrift führt damit nicht selten - wegen der schlechten Lesbarkeit - auch zur Konfusion (vgl. V.W.Mitchell & V.Papavassiliou, 1999, s. 324). Hier wird eine Informationsaufnahme letztlich durch formale Mängel erschwert. Oft unterstützt diese kleine, schwerleserliche Schrift noch ein zu geringer Figur-Grund-Kontrast zwischen Schrift und Hintergrund, der die visuelle Wahrnehmung zusätzlich beeinträchtigt. Bei der Schrift wird die Wahrnehmung durch Verwendung von Negativschrift, von Großbuchstaben, seltenen und extrem verschnörkelten Schrifttypen sowie ungewöhnlichen Schriftanordnungen erschwert (vgl. Kroeber-Riel / Esch, 2000, s. 206ff ).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 10, Schlecht lesbare Informationsdarbietung auf Produktverpackungen[78]
Ein weiterer Punkt, der die Informationsaufnahme erschwert sind Hintergrundgraphiken. ״Alle Hintergrundgraphiken erzeugen ein visuelles Störfeuer für die anspruchsvollen Steuervorgänge, welche für die Blickbewegungen beim Lesen erforderlich sind“ (vgl. www.kommdesign.de). Durch Hintergrundgraphiken wird häufig ein Grundprinzip des Lesens verletzt, das sogenannte ״Fluchtliniengesetz“. ״Unsere Aufmerksamkeit tendiert im allgemeinen dazu, sich an prägnanten Linien entlang zu bewegen“ (vgl. www.kommdesign.de). Hauptorientierungslinien stellen häufig die Textzeilen dar. Aus einer gewissen Anordnung von Elementen in der Hintergrundgraphik können Störlinien erzeugt[7] [8] werden, ״die die Blickbewegungen wie magnetische Feldlinien von der waagrechten Zeilenflucht ab - und ins typographische Nirwana lenken“ (vgl. www.kommdesign.de).
3.4.3 Persönlicher Verkauf
Neben dem Kommunikationskanal Verpackung spielt häufig auch der persönliche Verkauf eine entscheidende Rolle bei der Kaufentscheidung. Hier wird die Information dementsprechend durch den Verkäufer dargeboten. Auch hier besteht die Gefahr beim Konsumenten Konfusion zu verursachen. Dies ist möglich durch die Übermittlung inadequater, unklarer, konfliktårer, irreführender oder einfach durch zu viel Information (vgl. V.w. Mitchell & V. Papavassiliou, 1999, s. 326). Die Informationsdarbietung ist beim persönlichen Verkauf also sehr stark von der Kompetenz des jeweiligen Verkäufers abhängig. Besonders problematisch beim persönlichen Verkauf erweisen sich unklare und konfliktäre Beratungen von unterschiedlichen Verkäufern in verschiedenen oder gar in denselben Geschäften (vgl. V.w. Mitchell & V. Papavassiliou, 1999, s. 326).
Abschließend lässt sich festhalten, dass bei der Informationsdarbietung viele unterschiedliche Aspekte beachtet werden müssen. Zunächst ist davon auszugehen, dass aufgrund der Involvement Ausprägung mit einer mehr oder weniger starken kognitiven Verarbeitung der dargebotenen Informationen gerechnet werden kann. Geht man nun speziell auf die Darbietungsform von Informationen ein, beginnt die Spannweite der zu beachtenden Aspekte bei kulturellen Normen, denen die Konsumenten unterliegen und geht bis zu interindividuellen Vorlieben bei der Verarbeitung der dargebotenen Information. Auch ein Mere-Exposure-Effekt, also das Gefallen durch wiederholte Darbietung, hat Einfluss auf die Verarbeitung und Beurteilung von Informationen. Unterschiede in der Verarbeitung von verbal dargestellten Informationen und numerisch dargestellten Informationen wurden ebenfalls in der vorliegenden Arbeit berücksichtigt.
Einigkeit besteht darüber, dass eine zu komplexe Informationsdarstellung zu ״Consumer Confusion“ führen kann, wodurch letztlich die Kaufentscheidung negativ beeinflusst wird. Besonders problematisch erweisen sich hier ungegliederte Fließtexte, kaum lesbare Schriftgrößen und schlechte Figur-Grund-Kontraste, besonders auf Produktverpackungen selbst. Darüber hinaus bleibt festzuhalten, dass eine komplizierte, häufig eine sehr komplexe verbale Informationsdarbietung zu einem längeren Entscheidungsprozess führt als es bei einer leicht auffassbaren Darbietungsform der Fall ist. Diesen Aspekt soll eine empirische Studie im Rahmen dieser Seminararbeit untermauern. Die Studie untersucht das Entscheidungsverhalten und die Entscheidungsdauer für ein high - und ein low-Involvement
Produkt, jeweils mit einer komplexen Informationsdarbietung und mit einer leicht erfassbaren Informationsdarbietung. Die Ergebnisse sind in dem Empirieteil zusammengefasst.
4. Kaufentscheidung
4.1 Entscheidungsverhalten der Konsumenten
Aufgrund steigender Wettbewerbsintensität auf den Konsumgütermärkten, ist es für die Unternehmen zunehmend unerlässlich geworden, das Verhalten ihrer Kunden umfassend zu verstehen, um dadurch eine effektive Kundenansprache zu garantieren. Wichtig ist es im Kern zu verstehen, wie die Konsumenten ihre Kaufentscheidungen treffen. Hierfür muss auf die Wissenschaft zurückgegriffen werden, genauer gesagt auf die Konsumentenforschung. Die Konsumentenforschung ist eine angewandte Wissenschaft mit dem Ziel, das Verhalten der Konsumenten zu beobachten, zu beschreiben und aufzuklären. Sie versucht also zu ermitteln, auf welche Art und Weise Individuen oder Gruppen Entscheidungen treffen. Die Erforschung des Konsumentenverhaltens ist schon seit geraumer Zeit primärer Gegenstand der Marketingforschung und dieser Trend hält weiter an. ״The study of consumer decision processes has been a focal interest in consumer behaviour for over 30 years“(vgl. Bettmann/Luce/Payne, 1998).
Man kann den zentralen Begriff der Kaufentscheidung eng oder weit fassen: In der weiten Definition, auf die im Folgenden eingegangen wird, geht es um den gesamten Kaufentscheidungsprozess der Konsumenten (z.B. von der Produktwahrnehmung bis zum Produktkauf). In der engen Fassung wird nur das Zustandekommen des Kaufentschlusses, zum Beispiel eine bestimmte Marke zu kaufen, analysiert (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, s. 369).
4.2 Einflussfaktoren auf die Kaufentscheidung
Kaufentscheidungen setzen sich aus mehren Elementen zusammen. Der Grundtyp, der jeder Einkaufsentscheidung zu Grunde liegt, beeinflusst diese selbst in hohem Masse. Es ist also entscheidend, ob es sich um eine Einzelentscheidung des Konsumenten handelt oder um eine Kollektiventscheidung wie es zum Beispiel die Familienentscheidung ist. Bei einer solchen Art von Kollektiventscheidung dominiert exemplarisch in einem Fall der Mann, im anderen die Frau und auch in zahlreichen Fällen die Kinder - je nachdem, um welches Produkt es sich bei der Kaufentscheidung handelt. Bei den Grundtypen der Kaufentscheidung ist auch zu beachten, ob es sich um eine Entscheidung mit stärkerer oder schwächerer kognitiver
Kontrolle handelt. Wie diese einzelnen Formen auf die Entscheidung wirken, wird im weiteren Verlauf der Arbeit genauer erläutert. Eine weitere Einflussgröße ist das Involvement des Entscheiders (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, s. 175). Das Involvement lässt sich wie in Abschnitt 2. beschrieben, in das personenspezifische, das situationsspezifische und das stimulusspezifische Involvement unterteilen und nimmt so Einfluss auf die jeweilige Kaufentscheidung. Eine weitere große Bedeutung für die Kaufentscheidung haben auch die situativen Einflüsse. Situative Bedingungen lassen sich nach Kroeber-Ri el/Weinberg in zwei Gruppen einteilen: Zum einen in die individuellen und sozialen Normen, welche das Verhalten in der Kaufsituation lenken, zum anderen aber auch in die unmittelbaren Gegebenheiten der Kauf situati on (vgl. Kroeber-Ri el/Weinberg, 2003, s. 175). Zu den sozialen Normen zählen vor allem gesellschaftliche beziehungsweise Bezugsgruppennormen. So wird in der Kaufsituation zum Beispiel auch auf Prestige und Image des Produkts geachtet, damit man sich vor Freunden und Kollegen nicht ״blamiert“. Eine persönliche Norm zeigt sich zum Beispiel im Kauf von meist teureren, aber dafür ökologischen Lebensmitteln. Seine persönliche Norm des Gesundheitsbewusstseins hat sich der Konsument dadurch erfüllt. Zu den unmittelbaren Gegebenheiten der Kaufsituation zählt vor allem das Umfeld, in der die Kaufentscheidung getroffen wird. Ob sich der Konsument in einer angenehmen Einkaufsatmosphäre wieder findet oder sich etwas unwohl und verloren fühlt, hat einen erheblichen Einfluss auf die Kaufentscheidung. Hierzu zählt natürlich auch, ob der Konsument unter Zeitdruck steht, oder sich sonst in irgendeiner Stresssituation befindet. Die Bedeutung dieses Faktors wird im Teil der ״Mental Convenience“ noch näher erläutert. Auch die Einstellung[9] des Konsumenten hat einen erheblichen Einfluss auf die Kaufentscheidung. Hier ist besonderes Augenmerk auf die so genannte E-V-Hypothese[10] zu legen. Diese besagt, dass die Einstellung des Konsumenten und die Kaufwahrscheinlichkeit in einem unmittelbaren Zusammenhang Stehen. Mit zunehmender Stärke einer positiven Einstellung zum Produkt, steigt folglich auch die Kaufwahrscheinlichkeit (vgl. Kroeber-Ri el/Weinberg, 2003, s. 171). Zu beachten ist hier auch das wahrgenommene Kaufrisiko. ״Es beschreibt das wahrgenommene Risiko als die vom Konsumenten nachteilig aufgefassten Folgen seines Verhaltens, die der Konsument nicht vorhersehen kann“ (Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, s. 397). Es hat folglich erheblichen Einfluss auf die Einstellung und somit auf die Kaufentscheidung. Je größer das wahrgenommene Kaufrisiko ist, desto größer ist auch der Antrieb des Konsumenten, nach zusätzlichen Informationen zu suchen (vgl. Kroeber- Ri el/Weinberg, 2003, s. 251). Der letzte Faktor, der Einfluss auf die Kaufentscheidung nimmt, sind die Informationen. Die von einem Durchschnittskonsument bevorzugten Informationsquellen sind nach Kroeber-Riel/Weinberg: Verkaufsgespräche, Beratung im Bekanntenkreis, Informationen in Zeitschriften, Schaufenster und Werbung (Kroeber- Ri el/Weinberg, 2003, s. 253). Diese vorhandenen Informationsquellen, die der Konsument nutzt, lassen sich dementsprechend unterscheiden in persönliche und unpersönliche Quellen. Die Informationen, die dem Konsumenten während der Kaufsituation geliefert werden, lassen sich gliedern in direkte Produktinformationen und Produktumfeldinformationen. Als direkte Produktinformationen werden die physikalisch-technischen Eigenschaften des Produkts (wie Farbe und Form) und die wahrgenommenen sonstigen Merkmale des Produktangebots (wie Preis oder Garantieleistung) bezeichnet. Zu den Produktumfeldinformationen zählen die wahrgenommene Angebotssituation (wie Geschäftsaustattung und Verkaufspersonal) sowie die wahrgenommene sonstige Situation (wie die Begleitung eines Freundes beim Einkauf), welche in keinem direkten Zusammenhang mit der Produktdarbietung steht (vgl. Kroeber- Ri el/Weinberg, 2003, s. 281).
4.3 Kognitive Steuerung bei Kaufentscheidungen
Eine Möglichkeit der Unterscheidung von Kaufentscheidungen liegt in der Intensität der kognitiven Kontrolle. Kognitiv bedeutet hier die gedankliche Steuerung der Kaufentscheidung, da kognitive Prozesse schließlich die Informationsaufnahme, -Speicherung und -Verarbeitung Steuern. Bei einer weiteren, verfeinerten Differenzierung berücksichtigt man auch noch emotionale und reaktive Prozesse. Die emotionalen Prozesse beinhalten das Ausmaß an Aktivierung[11] und somit auch die Interpretation der jeweiligen Aktivierung. Die reaktiven Prozesse kann man als eine Art Reflex, also ein automatisches Reagieren auf die jeweilige Aktivierung bezeichnen.
Man unterscheidet insgesamt vier Arten von Kaufentscheidungen im Rahmen der Intensität der kognitiven Kontrolle, die im weiteren Verlauf genauer erklärt werden. Zu den Kaufentscheidungen mit stärkerer kognitiver Kontrolle gehören die extensiven und limitierten Kaufentscheidungen und zu den Kaufentscheidungen mit geringerer kognitiver Kontrolle zählt man die habitualisierten und impulsiven Kaufentscheidungen (vgl. Kroeber- Ri el/Weinberg, 2003, S.369).
Die allgemeine Motivation, die den Konsumenten bei allen Arten seiner Kaufentscheidungen antreibt, ist es positive Erfahrungen zu erlangen oder bestimmte Bedürfnisse zu befriedigen. ״Choices are made to achieve goals“ (vgl. Bettmann/Luce/Payne, 1998).
Jeder dieser genannten Kaufentscheidungsarten (extensive, limitierte, habitualisierte und impulsive Kaufentscheidung) kann man differenziert nach emotionaler, kognitiver oder reaktiver Dominanz die jeweiligen psychischen Prozesse zuordnen:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 11 Entscheidungsarten (Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, s. 370)
4.4 Arten von Kaufentscheidungen
4.4.1 Extensive Entscheidungen
Bei den extensiven Kaufentscheidungen wird der Entscheidungsprozess vom Konsumenten gedanklich gesteuert. Synonym verwendet werden Begriffe wie echte Entscheidung, Suchkauf, Planungshandeln, innovative Entscheidung oder komplexe Entscheidung. Es handelt sich um Entscheidungen, die einen hohen Bedarf an Informationen haben und somit eine lange Entscheidungsdauer mit sich ziehen (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, s. 382). Als Beispiel hierfür eignet sich der Hauskauf. Die Entscheidung für das richtige Haus erfordert intensive Bemühungen und Überlegungen und kann einige Monate in Anspruch nehmen.
Extensive Kaufentscheidungen lassen sich anhand der kognitiven, emotionalen und reaktiven Prozesse wie folgt beschreiben (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, s. 382f):
- Kognitive Prozesse: Extensive Kaufentscheidungen zeichnen sich durch eine sehr hohe kognitive Beteiligung der Konsumenten aus. Im Extremfall handelt es sich um ein dem Konsumenten noch nicht bekanntes Problem, ohne vorstrukturierte Lösung bzw. ohne vorhandene Entscheidungsmuster. Dies kann man auch an dem Beispiel des
Hauskaufes nachvollziehen. Die Informationen, die man hierfür benötigt, sind sehr komplex und fordern eine enorm hohe kognitive Beteiligung des Käufers.
- Emotionale Prozesse: Für die kognitive Steuerung ist das Vorhandensein einer starken emotionalen Schubkraft zwingend erforderlich. Das Anspruchsniveau hat hier eine hohe Bedeutung. Es aktiviert das Informationsverhalten und wird dadurch auch konkretisiert. Die emotionale Schubkraft im genannten Beispiel des Hauskaufes könnte zum Beispiel die individuelle Bedeutung des Hauses für das eigene Lebensumfeld sein.
- Reaktive Prozesse: Diese Prozesse lassen sich bei extensiven Kaufentscheidungen kaum finden. Der Konsument zeigt in der Entscheidungssituation kein reflexartiges Handeln, sondern es findet ein intensiver Informationsverarbeitungsprozess zwischen Reiz und Reaktion statt. Ein Haus wird beispielsweise in der Regel nicht aus einem einfachen Reflex hinaus gekauft. Im Gegenteil: eine solche Entscheidung kann mehrere Monate oder sogar Jahre dauern.
Zu beachten ist, dass der Konsument vor allem bei extensiven Kaufentscheidungen Restriktionen in der Informationsverarbeitung unterliegt. Diese Restriktionen sind wie folgt zu berücksichtigen (vgl. Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, s. 380):
- Kognitive Restriktionen: Die Kapazität zur Informationsaufnahme, -Verarbeitung und - Speicherung eines jeden Konsumenten ist begrenzt. Oft folgen die Konsumenten einer subjektiven Psycho-Logik, anstelle eines rationalen und logischen Verhaltens. Bei Kroeber-Riel wird die subjektive Psycho-Logik wie folgt beschrieben: ״...die menschlichen Entscheidungen umfassen auch intuitive, subjektive Formen des Schließens, die den Regeln des formalen Logik nicht immer entsprechen“ (Kroeber- Ri el/Weinberg, 2003, s. 297). Für das Beispiel des Hauskaufs bedeutet dies, dass man bei seiner Entscheidung auch Kriterien wie Nachbarschaft, Infrastruktur etc. berücksichtigt.
[...]
[1] multimodal = mehrere Sinnesbereiche betreffend.
[2] sensomotorisch = Sinne und Bewegungsapparat betreffend.
[3] ״Unter Aktivierung wird ein zentralnervöser Erregungsvorgang verstanden (...)“, Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, s. 13. ״Die Stärke der Aktivierung ist ein Maß dafür, wie wach, reaktionsbereit und leistungsfällig ein Organismus ist“ Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, s. 60. Aktivierung kann ausgelöst werden durch emotionale Reize, physich-intensive Reize oder durch kognitiv-überraschende Reize.
[4] Screenshot von http://www.eecs.tufts.edu/~jac°h/papers/barfield.html (vom 17.01.02)
[5] Screenshot von http://www.iud.fl1-dannstadt.de/iud/www1netl1/pubk/ausarb/1n1nk/ausarb2c.ht1n (vom 17.01.02)
[6] ״Schlüsselinformationen (information chunks) sind Informationen, die für die Produktbeurteilung besonders wichtig sind und mehrere andere Infonnationen substituieren oder bündeln“ Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, s. 284
[7] Produkt 1: ״Primadonna Geschälte Tomaten” von Lidi Stiftung & Co KG, 74167 Neckarsulm
[8] Produkt 2: ״First Selection Cashew Nuts“ von Lidi Stiftung & Co KG, 74167 Neckarsulm
[9] Die Einstellung lässt sich als subjektiv w ahrgenommene Eignung eines Gegenstandes zur Befriedigung einer Motivation bezeiclmen (vgl. Krocbcr-Ricl/Wcinbcrg. 2003, s. 169)
[10] ״Einstellungen bestimmen das Verhalten“ (Krocbcr-Ricl/Wcinbcrg. 2003, s. 171)
[11] ״Aktivierung ist die Grunddimension aller Antriebsprozesse“ (Kroeber-Riel/Weinberg, 2003, S.58), sie versetzt den Körper in einen Zustand der Leistungsbereitschaft und Leistungsfälligkeit. Sie wird auch als ״Erregung“ oder ״innere Spannung“ bezeichnet.
- Quote paper
- Dipl.-Kauffrau Juliane Bohl (Author), 2005, Wirkung der Darbietungsform von Informationen auf die Entscheidung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/123787
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