1969 erscheint in der DDR Jurek Beckers Erstlingswerk „Jakob der Lügner“. Der Roman stößt im In- und Ausland auf eine außergewöhnlich positive Resonanz. Becker erhält dafür den Heinrich-Mann-Preis der DDR und den Schweizer Charles-Veillon-Preis. Der Autor schreibt auf eine leichte, amüsante Art, mit Humor Charme und Grazie über ein unerfreuliches und düsteres Thema: das Leben und Überleben von Juden in einem nationalsozialistischen Ghetto.
„Nacht“ erscheint erstmals 1964 in einer Miniauflage bei Kindler. Der Titel verschwindet jedoch schnell wieder in der Versenkung, aus dem Kindler Verlag hieß es damals zur Begründung: „in Deutschland darf ein solches Buch nicht verbreitet werden.“ Nina Raven-Kindler, Frau des Verlegers und damalige Geschäftsführerin sagte sogar: „In unserem Verlag fand sich keine Stimme dafür... Ich fürchte die falsche Reaktion des Publikums, das sehr gerne etwas finden möchte, um seine antisemitische Haltung zu rechtfertigen.“ Diese Angst, Antisemitismus zu schüren, liegt darin begründet, daß Hilsenrath in seinem Roman erstmals mit der damaligen Tradition bricht, jüdische Figuren ausschließlich positiv darzustellen. Er schreibt gegen philosemitische Haltungen an, indem er ohne Schönfärberei schildert, wie die Bewohner eines jüdischen Ghettos unter Hunger, Kälte und Krankheiten leidend, zu kämpfenden Rivalen um jedes Stück Brot oder einen Schlafplatz werden. Erst nach weltweitem Erfolg wird der Roman 1978 neu verlegt.
Die offensichtliche Gegensätzlichkeit zweier von jüdischen Autoren geschriebenen Ghettoromane hat mich zur genaueren Betrachtung der beiden Werke veranlaßt. Da für eine umfassende Interpretation in dieser Arbeit nicht genug Platz sein wird, möchte ich mich auf die Untersuchung wichtiger Figuren konzentrieren. Ich werde zeigen, wie unterschiedlich, in einigen Punkten aber doch ähnlich, die Autoren ihre Figuren im Ghetto agieren lassen, wie diese sich zwar an das Grauen gewöhnt haben, dennoch aber versuchen, dagegen anzukämpfen. Ich habe mich dabei auf die Opfer – also auf die jüdischen Ghettobewohner – konzentriert. Die Täter spielen in beiden Romanen keine große Rolle, bei Becker bleiben sie meist typenhaft. In „Nacht“ werden die Opfer gleichzeitig zu Tätern, die wahren Täter tauchen nur schemenhaft auf.
Inhaltsverzeichnis
- EINLEITUNG
- FIGUREN IN „JAKOB DER LUGNER"
- DIE HAUPTFIGUR JAKOB HEYM
- DER ERZÄHLER
- KOWALSKI
- MISCHA UND ROSA
- HERSCHEL STAMM, LEONARD SCHMITT UND PROF. KIRSCHBAUM
- LINA
- FIGUREN IN „NACHT"
- DIE HAUPTFIGUR RANEK
- DEBORA
- WEITERE FIGUREN
- VERGLEICH
- LITERATURVERZEICHNIS
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Hausarbeit befasst sich mit dem Vergleich der Figuren in den Romanen „Jakob der Lügner" von Jurek Becker und „Nacht" von Edgar Hilsenrath. Die Arbeit untersucht, wie die Autoren die Menschlichkeit im Ghetto darstellen und wie die Figuren mit dem Grauen der Situation umgehen.
- Darstellung von Menschlichkeit im Ghetto
- Verhalten und Reaktionen der Figuren auf das Grauen
- Vergleich der beiden Romane und ihrer Figuren
- Die Rolle der Hoffnung und des Überlebenskampfes
- Die Bedeutung der Kinderfiguren in den Romanen
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die beiden Romane „Jakob der Lügner" und „Nacht" ein und erläutert die Intention der Arbeit. Im ersten Kapitel werden die Figuren aus „Jakob der Lügner" vorgestellt, darunter die Hauptfigur Jakob Heym, der Erzähler, Kowalski, Mischa und Rosa, Herschel Stamm, Leonard Schmitt, Professor Kirschbaum sowie Lina. Das Kapitel analysiert die Charaktereigenschaften und das Verhalten der Figuren im Ghetto, wobei ein besonderer Fokus auf Jakobs Rolle als Lügner und Hoffnungsträger liegt.
Das zweite Kapitel widmet sich den Figuren aus „Nacht", insbesondere der Hauptfigur Ranek, Debora und weiteren Nebenfiguren. Es werden die Lebensbedingungen im Ghetto und die Überlebensstrategien der Figuren dargestellt. Die Arbeit beleuchtet Raneks Kampf ums Überleben, Deboras Rolle als Hoffnungsträgerin und die verschiedenen Charaktertypen, die im Ghetto leben.
Im dritten Kapitel werden die beiden Romane und ihre Figuren miteinander verglichen. Die Arbeit untersucht die Unterschiede und Gemeinsamkeiten in der Darstellung des Ghettos, der Figuren und der Themen. Es wird deutlich, wie die Autoren die Menschlichkeit im Ghetto und die Reaktionen der Figuren auf das Grauen unterschiedlich darstellen.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter und Schwerpunktthemen des Textes umfassen die Menschlichkeit im Ghetto, die Figuren in den Romanen „Jakob der Lügner" und „Nacht", die Darstellung von Grauen und Hoffnung, die Überlebensstrategien der Figuren, die Rolle der Kinderfiguren sowie der Vergleich der beiden Werke und ihrer Autoren.
- Arbeit zitieren
- Juliane Barth (Autor:in), 1999, Menschlichkeit im Ghetto: Jurek Beckers Jakob der Lügner und Edgar Hilsenraths Nacht, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/12368
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