Um zu klären, ob das Reenactment tatsächlich eine eigenständige künstlerische Strategie ist und sich damit von anderen künstlerischen Formaten abgrenzen kann, beschäftigt sich die folgende Arbeit mit verschiedenen künstlerischen Wiederholungsstrategien sowie deren Funktion und Wirkung. Zudem ordnet die Arbeit das Reenactment in die Entwicklung der aktuellen Performancekunst ein. Abschließend wird untersucht, inwiefern sich Milo Raus "Moskauer Prozesse" in diese einordnen lässt, und ob sich seine Herangehensweise von anderen Reenactments unterscheidet.
Nur wenige Sekunden protestieren vier junge Frauen unmittelbar vor den russischen Präsidentschaftswahlen in der Erlöser-Kirche in Moskau. Mit einem "Punk-Gebet" demonstrieren sie gegen Wladimir Putins Wiederwahl sowie die enge Verbindung zwischen ihm, Staat und Kirche. Obwohl die Künstlerinnen bei ihrem Protest keinerlei Gewalt anwendeten und auch keinen Schaden an der Erlöser-Kirche angerichtet haben, folgten harte Urteile mit mehrjährigen Lagerhaftstrafen, die sowohl in Russland als auch in der Welt Diskussionen über Kunst, Religion und Politik auslösten. Es stellte sich die elementare Frage was Kunstfreiheit ausmacht und wie die Gesellschaft sowie das russische Recht in einem unabhängigen Prozess entschieden hätten.
Milo Rau versucht auf diese Fragen Antworten zu finden. Er ist ein Schweizer Theater- und Filmregisseur und für seine Vielzahl an politischer Theaterprojekte bekannt. Seine Arbeiten, zu denen auch die "Moskauer Prozesse" zählen, spielen insbesondere mit den Grenzen des Dokumentarischen, indem er die künstlerische Strategie des Reenactments für seine Performances nutzt. Diese künstlerische Strategie scheint sich insbesondere in der gegenwärtigen Medien- und Performancekunst als eine unabhängige Kunstform durchzusetzen.
Inhaltsverzeichnis
- I. Einleitung
- II. Zum Ereignis und dessen Spur
- III. Exkurs: Wiederholungsstrategien der bildenden Kunst
- IV. Performancekunst und Reenactment
- V. Die Moskauer Prozesse von Milo Rau
- VI. Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Hausarbeit untersucht die künstlerische Strategie des Reenactments am Beispiel der „Moskauer Prozesse“ von Milo Rau. Dabei wird das Reenactment als neue Wiederholungsstrategie in der Performancekunst positioniert und in Beziehung zu anderen Wiederholungsstrategien in der Kunst gesetzt.
- Das Ereignis und dessen Spur in der Performancekunst
- Die Funktion und Wirkung von Wiederholungsstrategien in der Kunst
- Reenactment als eigenständige künstlerische Strategie
- Die „Moskauer Prozesse“ von Milo Rau im Kontext der Performancekunst
- Die Besonderheiten von Milo Raus Herangehensweise an das Reenactment
Zusammenfassung der Kapitel
- I. Einleitung: Diese Einleitung stellt die Ausgangssituation des Reenactments am Beispiel der Moskauer Prozesse von Milo Rau vor. Sie führt in die Thematik der Kunstfreiheit und die Rolle der Performancekunst in der Auseinandersetzung mit politischen Ereignissen ein.
- II. Zum Ereignis und dessen Spur: Dieses Kapitel beleuchtet die Rolle des Ereignisses und der Ereignisspur in der Performancekunst. Es wird diskutiert, inwiefern Performancekunst Ereignisse festhalten und gleichzeitig das Ereignishafte bewahren kann. Der Autor beleuchtet verschiedene Positionen innerhalb der Performancekunst, die sich mit der Frage der Dokumentation und des Erlebniseffekts auseinandersetzen.
- III. Exkurs: Wiederholungsstrategien der bildenden Kunst: Dieser Exkurs widmet sich verschiedenen Wiederholungsstrategien in der bildenden Kunst und untersucht deren Funktion und Wirkung. Das Kapitel soll einen breiteren Kontext für das Reenactment in der Performancekunst schaffen.
- IV. Performancekunst und Reenactment: Dieses Kapitel fokussiert die Entwicklung des Reenactments als neue Wiederholungsstrategie in der Performancekunst. Es wird die Frage aufgeworfen, ob das Reenactment eine eigenständige künstlerische Strategie ist und sich von anderen künstlerischen Formaten abgrenzen lässt. Die Entwicklung des Begriffs „Reenactment“ in der Performancekunst wird anhand von relevanten theoretischen Positionen beleuchtet.
Schlüsselwörter
Performancekunst, Reenactment, Wiederholungsstrategie, Ereignis, Ereignisspur, Dokumentation, Moskauer Prozesse, Milo Rau, Kunstfreiheit, Politische Theater, Medienkunst, Dokumentarisches Theater.
- Quote paper
- Felix Straub (Author), 2022, Reenactment als neue Wiederholungsstrategie am Beispiel der "Moskauer Prozesse" von Milo Rau. Ereignis, Dokumentation und Neuverhandlung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/1236495