Was macht einen Staat zum Staat? Reicht es, wenn sich die betroffene Bevölkerung eines Gebietes als eigenständig betrachtet und den Wunsch nach Unabhängigkeit äußert? Oder wenn sich eine Regierung einer Provinz, eines Bundesstaates oder einer Region für unabhängig erklärt? Muss dieses Gebilde von seinen Nachbarn oder gar von allen Staaten anerkannt werden? Ist es vielleicht ein Sitz in den Vereinten Nationen, der die reale Unabhängigkeit und Souveränität eines Staates markiert?
Im Juni 2004 hatte die UNO 191 Mitglieder (Woyke S. 534), seit 2006 gehört auch Montenegro zu diesem erlauchten Kreis. Da die meisten Staaten tatsächlich kurz nach der internationalen Anerkennung ihrer Unabhängigkeit einen UN-Sitz bekommen, so zum Beispiel fast alle ehemaligen Sowjetrepubliken, die sich zu Beginn der 1990er Jahre für unabhängig erklärten, könnte man der Versuchung anheim fallen, die Mitgliedschaft in internationalen Organisationen und speziell die in der UNO als Kennzeichen von Staatlichkeit zu betrachten. Wenn aber die UN-Mitgliedschaft ausschlaggebendes Kriterium für Staatlichkeit sein soll, als was kann man dann die Schweiz bezeichnen? Obwohl formal schon seit 1648 unabhängig, trat dieses Land erst im Jahre 2002 der UNO bei. Und wie kann man die Defacto- bzw. Möchtegern-Staaten Berg Karabach, Kosovo, Südossetien oder Transnistrien in dieses Raster einordnen?
Besonders das letztgenannte Beispiel erregt hier unsere Aufmerksamkeit. Obwohl im Zuge des Zerfalls der Sowjetunion eine ganze Reihe von Staaten die Unabhängigkeit erlangte, so auch Moldawien, zu dessen Staatsgebiet Transnistrien offiziell gehört, konnte das seit Ende der 1980er Jahre um seine Unabhängigkeit strebende Land diese nicht erreichen.
Im Folgenden wird der Konflikt um das Gebiet, welches kaum größer als das Saarland ist, näher beleuchtet. Dafür werden zuvorderst einige Kriterien zur Staatlichkeit herausgearbeitet. Anschließend wird das Gebiet in seiner Bevölkerungszusammensetzung, seiner Wirtschaft und seiner aktuellen Situation dargestellt. Darauffolgend wird der Fokus auf den eigentlichen Konflikt gerichtet. Wer sich die entscheidenden Akteure? Wo verlaufen die Konfliktlinien? Wie gestaltet sich der Konflikt? Abschließend werden dann mögliche Konfliktlösungskonzepte für die Region vorgestellt.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Was macht einen Staat zum Staat?
- Transnistrien - Ein Staat der keiner ist
- Ursachen und Verlauf des Konflikts
- Die Konfliktparteien
- Moldawien und Transnistrien
- Russland
- Die Europäische Union
- Die OSZE
- Konfliktlösungspotentiale
- Zusammenfassung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht den Konflikt um Transnistrien, ein Gebiet, das sich de facto von Moldawien abgespalten hat, aber international nicht anerkannt ist. Ziel ist es, die Kriterien von Staatlichkeit zu beleuchten und diese auf den Fall Transnistrien anzuwenden. Der Konflikt wird in seinen Ursachen, Akteuren und möglichen Lösungsansätzen analysiert.
- Kriterien der Staatlichkeit
- Die sozio-ökonomische Situation Transnistriens
- Die Konfliktparteien und ihre Interessen
- Der Verlauf des Konflikts
- Potentiale zur Konfliktlösung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik ein und stellt die Forschungsfrage nach den Kriterien von Staatlichkeit. Kapitel 2 definiert Staatlichkeit anhand klassischer Kriterien und diskutiert die Rolle internationaler Organisationen. Kapitel 3 beschreibt Transnistrien hinsichtlich seiner Demografie, Wirtschaft und politischen Strukturen. Es wird die Frage untersucht inwiefern Transnistrien die Kriterien eines Staates erfüllt.
Schlüsselwörter
Transnistrien, Staatlichkeit, Konflikt, Moldawien, Russland, OSZE, Europäische Union, Souveränität, Internationale Anerkennung, Konfliktlösung.
- Quote paper
- Toni Börner (Author), 2009, Der Konflikt um Transnistrien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122903