Die Arbeit setzt sich im ersten Teil kritisch mit feministischer Forschungsliteratur zum Thema Häusliche Gewalt auseinander. Im zweiten Teil beschäftigt sie sich mit empirischen Studien um daraus Schlussfolgerungen zur Rolle der Geschlechter bei Häuslicher Gewalt zu ziehen.
INHALTSVERZEICHNIS
1. Einleitung
2. Geschlechtsspezifische Theorien zur Entstehung von häuslicher Gewalt
3. Kritik der feministischen Forschungsliteratur
3.1 Frauen als Opfer und Männer als Täter
3.2 Häusliche Gewalt als alltägliches Problem
3.3 Empirische Belege für die Annahme, dass die Geschlechterrollen der Grund für die häusliche Gewalt sind
4. Untersuchungen zur Rolle von Männern und Frauen bei häuslicher Gewalt
4.1 Die Conflict Tactics Scales
4.1.1 Kritik an der CTS
4.2 Geschlechtsspezifische Unterschiede
4.3 Fazit
Literatur
1. Einleitung
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Rolle des Geschlechts bei häuslicher Gewalt. Ein Thema, das bereits in den siebziger Jahren insbesondere von feministischer Seite große Aufmerksamkeit genoss und intensiv untersucht wurde. Trotzdem handelt es sich noch immer um ein sehr aktuelles Thema – nicht nur, weil häusliche Gewalt natürlich noch immer vorkommt, sondern weil es innerhalb einer Fachwelt mindestens noch zwei unvereinbare Positionen gibt, die sich schon in ihren Grundannahmen widersprechen. So ist es denn auch das Anliegen dieser Arbeit, beide Positionen vorzustellen und so weit das möglich ist, kritisch zu durchleuchte. Entsprechend ist die Arbeit, abgesehen von einer kurzen Übersicht über verschiedene Theorien zweigeteilt. Zuerst wird auf die feministische Sichtweise und vor allem Vorgehensweise eingegangen. Das kann nur exemplarisch geschehenen. In einem zweiten Schritt gehe ich auf eine widersprechende Forschungsrichtung ein, die ihre Grundlage in empirischen Studien hat, von denen die erste in den siebziger Jahren entstanden ist. Die Ergebnisse dieser Studien lassen sich nur schwer mit den feministischen Theorien vereinbaren.
Die ausgewählte Literatur ist zu beiden Bereichen natürlich alles andere als vollständig. Das gilt insbesondere für die feministische Literatur. Eine Beschäftigung geschieht hier nur exemplarisch. Jedoch sind die behandelten Arbeiten auch danach ausgesucht, dass sie eine gewisse Wirkmächtigkeit entfaltet haben und in den Kanon feministischer Forschungsliteratur eingegangen sind. Entsprechend oft zitiert oder reproduziert findet man ihre Ergebnisse. Es handelt sich also nicht um obskure Nischenprodukte, von denen sich die restliche feministische Forschungsliteratur grundlegend unterscheidet.
Diese Arbeit ist ursprünglich im Rahmen einer Gemeinschaftsarbeit zum Thema häuslicher Gewalt entstanden. Dabei hat sich jedoch herausgestellt, dass man das Thema aufgrund der sehr konträren Theorien und Ansicht nicht auf drei Seiten abhandeln kann. So ist dann letztlich eine eigenständige Arbeit daraus geworden.
2. Geschlechtsspezifische Theorien zur Entstehung von häuslicher Gewalt
Geschlechtsspezifische Theorien zur häuslichen Gewalt gehen davon aus, dass die Ursache ihrer Entstehung in den unterschiedlichen Geschlechterrollen liegt. Dabei kann man verschiedene Ansätze unterscheiden, die jedoch meist miteinander verknüpft werden. Der erste Ansatz nimmt vor allem die sozialen Hintergründe der Entstehung von häuslicher Gewalt in den Blick. Es wird davon ausgegangen, dass die Ausübung von Männergewalt gegen ihre Ehefrauen mindestens gesellschaftlich toleriert, wenn nicht sogar erwünscht sei. Die private Gewalt habe die gesellschaftliche Funktion, die weiblichen Autonomie-bestrebungen einzuschränken und die männliche Dominanz abzusichern[1]. Die Frau habe ihre untergeordnete Rolle beizubehalten. Tut sie das nicht, so sei es das Recht des Mannes, Gewalt anzuwenden[2]. Das gesamte Gesellschaftssystem beruhe auf der Ausbeutung der Frauen und werde auch durch die innerfamiliäre Gewaltanwendung des Mannes aufrechterhalten[3]. Das ist gemeint, wenn geschrieben wird: „Rapists are The shock troops of male supremacy, batterers are the home guard”[4]. Andere vergleichen das Verhältnis des Ehemannes zu seiner Ehefrau mit einer Kolonialbeziehung. Dem entsprechend sähen die Männer ihre Gewalt nicht als zerstörerisch, sondern als paternalistisches Wohlverhalten.[5] Dies würde ich als eigentlich feministische Position bezeichnen, da sie die am weitesten gehende Gesellschaftskritik enthält. Eine Grundlage der feministischen bzw. patriarchatskritischen Theorie ist die Lerntheorie, nach der gewalttätiges Verhalten durch Männer gegenüber ihren Frauen Erfolg versprechend sein muss und nur eine geringe Gefahr bestehen darf, sanktioniert zu werden.[6]
Andere Argumentationen die auf Grundlage des Geschlechterverhältnisses erfolgen, betreffen bei der feministischen Position nur noch das Wie, während das Warum mit der obigen Theorie bereits geklärt ist. Allerdings können diese Theorien auch in nicht-feministischen Positionen durchaus eine Rolle spielen.
Folgende Theorien werden hier genannt:
- Frauen seien aufgrund ihrer ökonomischen und sozialen Abhängigkeit vom Mann nicht in der Lage, sich seiner Gewaltanwendung zu entziehen. Der Mann geht üblicherweise arbeiten, während die Frau auf die Hausfrauenrolle beschränkt bleibe. Beim Verlassen der Ehe verliere sie ihre ökonomische Basis und drohe in die Armut abzurutschen. Aufgrund der traditionellen Rollenverteilung erlerne die Frau oftmals gar keinen Beruf, so dass ihr letztlich auch nur einfache und schlecht bezahlte Tätigkeiten offen stehen. Das werde noch dadurch verstärkt, dass Frauen generell auf dem Arbeitsmarkt diskriminiert würden. Übt auf der anderen Seite die Frau Gewalt aus, so riskiere sie ebenfalls mit der Ehe ihre Existenzbasis[7].
- Frauen bekämen bei häuslicher Gewalt keine Hilfe wenn sie sich an Dritte wenden. Zum Teil werde von diesen argumentiert, dass es sich um Privatangelegenheiten handele. Zum Teil würde die Schuld bei der Frau gesucht[8], bzw. der Mann würde aufgrund beruflicher Belastung vom Umfeld entschuldigt, wenn ihm „die Hand ausrutscht“.
- Gewaltanwendung sei für Männer allgemein akzeptierte Handlungsoption. „Unsere Kultur (bietet Männern an, Einfügung durch Schweikert), männliches Selbstwertgefühl durch Unterwerfung eines anderen Menschen zu stabilisieren.“[9] Es „wird Männer zugestanden, die durch die Abhängigkeit am Arbeitsplatz erlebte Ohnmacht außerhalb des Arbeitsprozesses in Freizeit und Familie durch starkes, aggressives, männliches Auftreten zu kompenisieren“.[10]
- Männliche Sozialisation geschehe in der frühen Kindheit durch die Abwendung vom Weiblichen, da in dieser Zeit als Bezugsperson nur die Mutter vorhanden sei. Ein Vater, der bei der Herausbildung einer positiven Geschlechtsidentität Vorbild sein könnte, fehle meistens. Entsprechend werde alles Weibliche vom Jungen als minderwertig angesehen und abgelehnt[11] ; damit auch die der Frau zugeschriebenen Eigenschaften wie z. B. Bezogenheit und Verantwortungsgefühl[12].
Die größte Rolle spielen die geschlechtsspezifischen Theorien beim feministischen Ansatz. Bei der Beschäftigung mit dem Thema häuslicher Gewalt kommt man an diesem Ansatz nicht vorbei. Das liegt vor allem daran, dass das Thema in den siebziger Jahren vor allen von der feministischen Seite forciert wurde. Aus diesem Grund setze ich mich zuerst mit zwei Büchern der feministischen Literatur auseinander.
3. Kritik der feministischen Forschungsliteratur
Bei den untersuchten Arbeiten handelt es sich um einen kleinen Ausschnitt aus der feministischen Literatur. Dementsprechend kann die feministische Position nicht an sich kritisiert werden. Auch will ich nicht unterstellen, dass alle Forscher, die die feministische Position vertreten so vorgehen, wie es die von mir angeführten Beispiele tun. Allerdings stimmt mich der Anspruch eines Teiles der feministischen Forschung skeptisch. Sie besteht laut Godenzi „auf einem autonomen und alternativen Wissenschaftsparadigma, welches sich auf der Basis von Betroffenheit, Parteilichkeit und partieller Identifikation mit den untersuchten Frauen der Erforschung und der Aufhebung bestehender gesellschaftlicher Machtverhältnisse widmet.“[13]
Eine Kritik der Internetquellen lasse ich im Folgenden aus, obwohl folgende Quelle Ausgangspunkt meiner Recherchen war: http://www.uni-potsdam.de/u/ifk/sites/curriculum-site/modul1.htm . Stattdessen kritisiere ich die verwendete Literatur, was in diesem Fall Schweikert (2000) und Bergdoll/ Namgalies-Treichler (1987) ist. Firle, Hoeltje, Ninni (1995) ist eine weitere verwendete Quelle. Da sie jedoch weniger dezidiert eigene Positionen vertreten, als vielmehr verschiedene Forschungsmeinungen wiedergeben, will ich diese Arbeit außen vor lassen.
Sowohl Schweikert als auch Bergdoll/ Namgalies-Treichler verstehen sich als feministische Autorinnen[14]. Insbesondere bei Schweikert ist in der Arbeit diese Parteilichkeit deutlich zu merken. Sie versucht häufig auf unzulässige Weise, ein Bild zu vermitteln, dass die feministische Sichtweise stützt. An drei zentralen Punkten will ich das nachzeichnen.
3.1 Frauen als Opfer und Männer als Täter
Bei Gewalt seien Männer Täter und Frauen Opfer. Das gelte insbesondere für den häuslichen Bereich und gebe daher auch die Definition von häuslicher Gewalt vor: „Bei häuslicher Gewalt geht es um Handlungen, die mit der Geschlechtlichkeit von Opfer und Täter zusammenhängen: es geht um männliche Gewalt gegen Frauen im sozialen Nahraum“[15]. Ganz abgesehen davon, dass damit die Gewalt gegen Kinder ausgeblendet wird (soweit sie nicht der angenommenen Geschlechterverteilung entspricht) ist diese Aussage falsch. Ein Teil der Forschung zu häuslicher Gewalt wird hier völlig außen vor gelassen[16]. Aber auch die von Schweikert angegebenen Zahlen zeigen ein anderes Bild.
[...]
[1] Firle, Michael/ Hoeltje, Bettina/ Nini, Maria: Gewalt in Ehe und Partnerschaft. Anregungen und Vorschläge zur Beratungsarbeit mit misshandelten Frauen. Hamburg 1995. S.19.
[2] ebd.
[3] Schweikert, Birgit: Gewalt ist kein Schicksal. Ausgangsbedingungen, Praxis und Möglichkeiten einer rechtlichen Intervention bei häuslicher Gewalt gegen Frauen unter besonderer Berücksichtigung von polizei- und zivilrechtlichen Befugnissen. Baden-Baden 2000. S.83.
[4] zit. nach Godenzi, Alberto: Gewalt im Sozialen Nahraum. Basel, Frankfurt/ Main 1994. S. 124.
[5] ebd. S.126.
[6] Schweikert S.82.
[7] Firle, Hoeltje, Ninni S.19.
[8] Ebd. S. 200 ff.
[9] Schweikert S. 85.
[10] Berdoll, Karin/ Namgalies-Treichler, Christel: Frauenhaus im ländlichen Raum. Stuttgart 1987. S. 17.
[11] Schweikert S. 86 f.
[12] Firle, Hoeltje, Ninnie S. 20.
[13] Godenzi S. 123.
[14] Schweikert S. 40, Bergdoll/ Namgalies-Treichler S. 14 f.
[15] Schweikert S. 40.
[16] s. u.
- Quote paper
- M.A. Markus Herter (Author), 2009, Frau = Opfer, Mann = Täter? Die Rollen der Geschlechter bei häuslicher Gewalt, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/122717
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